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UC-NRLF
REESE LIBRARY ■ 5
iir 1 III.
UNIVERSITY OF CALIFORNIA.
1 'X
KRYSTALLSYSTEME
UND
KRYSTALLSTRUCTUR
VON
db. abthur schoenflies,
PBIYATSOORT DER MATHEMATIK AH DER UNITERSITIT OÖTTUfaBH.
MIT 73 IN DEN TEXT GEDRÜCKTEN FIGUREN.
">
LEIPZIG,
DRUCK UND VERLAG VON B. G. TEÜBNER.
1891.
^^^^3
Yo r w o r t.
In der Behandlung derjenigen Fragen, welche die Ein-
theilung der Krystalle nach den Symmetrieeigenschaften, sowie
die Theorie der Structur betreffen, ist man in den letzten
Jahrzehnten mehr und mehr von der empirischen zur deduc-
tiven Methode übergegangen. Wir verdanken diesem Schritt
die Erkenntniss, dass sich ^ie Systematik der Ery stalle aus
einem einzigen Grund^es^ier und die Theorie der Structur
aus einer einzigen fundamentalen Hypothese in mathematischer
Weise ableiten lässt.
Nach moderner Ansicht tritt die Eigenart der Erystall-
snbstanz in der Abhängigkeit des physikalischen Verhaltens
Yon der Richtung in die Erscheinung. Das Grundgesetz,
welches das physikalische Verhalten regelt, ist das Symmetrie'
gesetz. Wie HesseH) zuerst gelehrt hat, kann es im Ganzen
genau 32 durch ihre Symmetrie yon einander verschiedene
Krystallclassen geben. Diese 32 Classen mit durchaus ele-
mentaren Hilfsmitteln aufzustellen, bildet die Aufgabe, deren
Losung ich in dem ersten Theil dieser Schrift unternom-
men habe.
Der zweite Theil enthält eine ausführliche Erörterung
der Theorieen der Krystallstructur. Die Structurtheorieen
knüpfen bekanntlich an Bravais und Sohncke an; sie gehen
von der allseitig angenommenen Hypothese aus, dass die
1) Vgl. hierüber die während des Druckes dieser Schrift erschienene
Arbeit von Sohncke, Die Entdeckung des EintheilnDgsprincips der
Krystalle durch J. F. C. Hessel, Zeitschr. f. Eryst., Bd. 18, S. 486.
- IV -
Stractur der Krystalle ihren Ausdruck in der regelmässigen
Anordnung der Molekeln findet. Hieran anschliessend habe
ich mir die Aufgabe gesetzt, zu erörtern, welche Structur-
theorieen auf Grund der eben genannten Hypothese überhaupt
möglich sind, und in welchem Yerhältniss die verschiedenen
Structurauffassungen zu einander stehen/ Ferner ist die Frage
eingehend geprüft worden, welche speciellen Annahmen über
Form und Qualität der Molekel den einzelnen Theorieen zu
Grunde liegen, und welche weiteren Folgerungen implicite mit
ihnen verbunden sind. Durch ausführliche Untersuchung dieser
Fragen hoffe ich das abschliessende Urtheil über den Werth
oder Unwerth der einzelnen Structurvorstellungen erleichtert
zu habeu. Eine mathematische Entscheidung, welcher Theorie
der Vorzug gebührt, ist allerdings unmöglich; hierfür können
nur physikalische oder speciell krystallographische Gesichts-
punkte massgebend sein. Um so mehr scheint es aber ge-
boten, die geometrische Seite des Problems zu erledigen und
auf alle diejenigen mathematischen und * krystallographischen
Consequenzen hinzuweisen, welche jeder einzelnen Theorie
eigenthümlich sind.
Bei dem besonderen Interesse, welches seit kurzer Zeit
den Theorieen der Krystallstructur entgegengebracht wird,
gebe ich mich der Hoffnung hin, einen günstigen Zeitpunkt
für meine Arbeit gewählt zu haben.
Göttingen, August 1891.
A. Schoenfiies.
Inhaltsverzeichniss.
Erster Abschnitt.
Die KrystaUsysteme und ihre Unterabtheilnngen.
Einleitung.
° Seite
§ 1—2. Definition der Kry'atalle 3
§ 3—4. Gleichwerthige Richtungen 6
§ 5—7. Symmetrieeigenschaften und Deckoperationen 8
§ 8. Symmetrie der Krystalle 13
§ 9—10. Eintheilung der Krystalle 14
#
Gap. I. Allgemeine Sätze über Operationen und
ihre Zusammensetzung.
§ 1. Aequivalente Bewegungen 20
§ 2. Drehung um eine Axe 21
§ 3 — 4. Zusammensetzung yon Drehungen 22
§ 6. Der Euler'sche Satz 25
§ 6—8. Die Operationen zweiter Art 26
§ 9. Die typischen Formen der Bewegungen und Operationen zweiter
Art • 29
§ 10. Znsammensetzung beliebiger Operationen 30
Cap.'II. Das Rechnen mit Operationen.
% 1. Einführung neuer Bezeichnungen 31
§ 2. Potenzen von Drehungen 32
§ 3. Die Identität 33
§ 4—5. Producte yon Drehungen * 34
§ 6—7. Producte und Potenzen yon beliebigen Operationen. ... 36
§ 8. Scfalnssbemerkung 42
- VI -
Cap. III. Der Gcuppenbegriff.
§ 1. Die Symmetrieeigenschaften 43
§ 2. Die Potenzen und Prodacte der Deckoperationen 44
§ 3—5. Die Symmetrieaxen erster Art 45
§ 6. Die Symmetrieaxen zweiter Art. . . . ' 49
§ 7 — 8. Die Abhängigkeit der Symmetrieeigenschaften von einander 52
§ 9—10. Der Gruppenbegriff 54
Cap. IV. Die Drehungsgruppen und die ihnen^
entsprechenden Erystallclassen.
§ 1. Definition der Drehungsgruppen 57
§ 2. Die KrystallclasBen mit einer einzigen Symmetrieaze .... 57
§ 3—5. Die Kry stalle! aasen mit einer Hauptaze und mehreren
Nebenaxen 58
§ 6—8. Die Krystallclassen mit mehr als einer n- zähligen Axe
(n>2). Ihre Beziehung zu den regelmässigen Körpern . . 62
§ 9 — 13. Aufstellung der Erystallclassen mit mehr als einer n-zäh-
ligen Axe (»>2) 69
§ 14. Tabelle der Krystallclassen, die nur Symmetrieaxen besitzen 72
Cap. V. Die Gruppen zweiter Art
§ 1 — 3. Gruppen mit einer Axe zweiter Art 75
§ 4. Beziehung der Gruppen zweiter Art zu den Gruppen erster Art 81
§ 6. Eintheilung der Gruppen zweiter Art 85
§ 6—9. Gruppen zweiter Art mit einer Symmetrieaxe 85
§ 10. Allgemeiner Satz über die Ableitung der Gruppen zweiter Art 90
§ 11—16. Die Diedergruppen zweiter Art 91
§ 16. Die Tetraedergruppen zweiter Art 97
§ 17. Die Octaedergruppe zweiter Art 99
§ 18. Tabellen 101
Cap. VI. Die Krystallsysteme.
§ 1—3. Eintheilung der Krystallclassen in Systeme 106
§ 4—5. HauptabtheiluDg und Unterabtheilungen 112
§ 6. Der monogonale Typus 115
§ 7. Der digonale Typus 116
§ 8. Der trigonale TjpuB 118
§ 9. Der tetragonale Typus 119
§ 10. Der hexagonale Typus 121
§ 11'. Der reguläre Typus 122
§ 12. Allgemeiner Character der Eintheilung in Typen 124
§ 13—15. Die gewöhnlichen Krystallsysteme 125
- VII —
Seite
§ 16. Das trikline and monokline System 129
§ 17. Das rhombische System 130
§ 18. Hauptgruppen und Untergruppen 131
§ 19. Gruppentheoretische Beziehung zwischen den Claasen des-
selben Kry stall Systems 133
§ 20. Ausgezeichnete Untergruppen und ihre Beziehung zum Kry-
stallsystem 134
§ 21. Beziehung zwischen der Zahl der Deckoperationen der Haupt-
gruppen und Untergruppen 139
§ 22. Holoedrieen und Meroedrieen 143
§ 23—24. Tabellen der Erystallsysteme und ihrer Unterabtheilungen 146
Cap. VII. Die Krystallformen.
§ 1. Die N gleichwerthigen Geraden 153
§ 2. Besondere Lagen der N Geraden 165
§ 3—4. Die einfache Krystallform 158
§ 6—6. Beziehung der Krystallform zu den Symmetrieelementen . 161
§ 7—8. Zahl der Flächen und Kanten der Krystallform 164
§ 9—13. Das reguläre System 169
§ 14—16. Die Krystallsysteme mit einer zwei-, drei-, vier- oder
sechszähligen Hauptaxe 177
§ 16. Combination von Krystallformeü 182
§ 17. Die Benennungen der Unterabtheilungen 183
§ 18—20. Kaleidoscopische Erzeugung der Krystallformen. . . . 186
Cap. Vni. Analytische Darstellung der Sym-
metrie Verhältnisse.
§ 1 — 2. Coordinatentransformationen und Substitutionen ' 195
§ 3. Die Coordinaten der gleichwerthigen Punkte 198
§ 4 — 6. Das digonale und monogonale System 200
§ 6. Allgemeiner Satz über die Coordinaten der gleichwerthigen
Punkte 203
§ 7. Erzeugende Operationen und Substitutionen 204
§ 8—10. Die Erzeugungsarten der einzelnen Gruppen 207
§ 11—13. Öas trigonale System 211
§ 14—16. Das tetragonale System 216
§ 16—19. Das hexagonale System 219
§ 20. Das reguläre System 223
§ 21. Die Normalen der Krystallformen 226
Cap. IX. Physikalische Consequenzen.
§ 1 — 2. Die Symmetrie der einzelnen physikalischen Erschei-
nungen . . . , • , 227
— vni —
Seite
§ 3. Eintheilang der Erystalle für Erscheinungen mit einem Sym-
metriecentmm 229
§ 4. Beispiele aus der mathematischen Physik 231
Zweiter Absehnitt.
Theorie der KrystallBtruotur.
Cap. I. Die fundamentalen Hypothesen.
§ 1. Die Structur der homogenen Körper 237
§ 2^3. Hypothese über die Strnctar der Krystallsubstanz .... 238
§ 4. Zweck der Stracturtheorieen 240
§ 5— -6. Die Theorie von Bravais 240
§ 7. Die an Wiener-Sohncke anschliessenden Theorieen . . . 243
§ 8. Die Symmetrie der Molekelhanfen 244
§ 9. Werth der Stracturtheorieen 246
Cap. IL Raumgitter und Translationsgruppen.
§ 1. Die regelmässigen Punktgebilde 260
§ 2—3. Die Zusammensetzung der Strecken und Translationen. . 252
§ 4. Die TranslatioDSgruppen 255
§ 5. Die lineare Translationsgruppe 258
§ 6. Die ebene Translatiopsgruppe 259
§ 7. Die r¨ichen Translationsgruppen 261
§ 8—10. Systeme primitiYer Translationen 264
§ 11—12. Primitive Translationstripel der räamlichen Gruppen. . 268
§ 13. Invarianter Inhalt der primitiven Parallelogramme und Pa-
rallelepipeda 272
Cap. lU. Symmetrische Punktnetze und Baumgitter.
§ 1. Der Symmetriecbaracter der Punktnetze und Baumgitter . . 275
§ 2. Symmetrie der Punktnetze 276
§ 3. Die symmetrischen Netze 278
§4—5. Die Symmetrieverhältnisse der Baumgitter ...*... 281
§ 6—7. Die Systeme primitiver Translationen der symmetrischen
Gitter 284
§ 8. Die Gitter vom triklinen und monoklinen Typus 290
§ 9—10. Die Gitter vom rhombischen Typus 292
§ 11. Die Gitter vom rhomboedrischen Typus 296
§ 12. Die Gitter vom tetragonalen Typus 297
§ 13. Die Gitter vom hexagonalen Typus 299
§ 14. Die Gitter vom regulären Typus 300
§ 15. Tabelle der BAumgitter • 301
- IX —
Cap. IV. Die Bravais'sche Theorie. g^.^^
§ 1. Die Molekelgitter 305
§ 2. Homogene Natur der Molekelgitter 306
§ 3—4. Symmetriecbaracter der Molekelgitter 307
§ 5—6. Darstellung der Bravais'Bchen Gittertheorie 310
§ 7. Die Yariabeln Parameter der Molekelgitter 315
§ 8. Die BravaiB*8cbe Grenzbedmgung 817
§ 9. Zusammenhang zwischen der BrayaiB^scben Gittertheorie und
den andern Structurtbeorieen 321
Cap. Y. Die Zusammensetzung beliebiger räum-
licher Operationen.
§ 1. Aequivalenz und Zasammensetzong von Bewegungen .... 326
§ 2. Yertauscbbare Bewegungen 328
§ 3. £infacb8te Fälle der ZasammeDsetzung yon Bewegungen . . 330
§ 4. Die Scbraubenbewegung a33
§ 5. Zusammensetzung Yon Scbraubenbewegungen 337
§ 6 — 7. Zusammensetzung beliebiger räumlicher Operationen . . 340
§ 8. Die typischen Formen der räumlichen Operationen zweiter Art 344
§ 9—10. Gesetz des Isomorphismus für beliebige Operationen . . 346
§ 11—14. Die transformirten Operationen 351
Cap. VI. Gruppentheoretische Hilfssatze.
§ 1. Definition der Raumgrnppen 359
§ 2. Die Axenarten der Baumgruppen 361
§ 3. Die in den Baumgruppen enthaltenen Translationsgruppen . 362
§ 4. Isomorphismus zwischen Baumgruppeu und Punktgruppen . 363
§ 5—6. Beducirte Bewegungen 367
§ 7. Die Symmetrieazen der Baumgitter und Molekelgitter . . . 371
§ 8. Beducirte Operationen zweiter Art 373
§ 9. Beziehungen zwischen den Punktgruppen und den ihnen iso-
morphen Baumgruppen 374
§ 10—12. Erzeugung der Baumgrnppen . . . , 378
§ 13. Besondere Bedingungen fdr die Erzeugung Yon Baumgruppen
zweiter Art 386
§ 14. Kriterien für die Identität verschiedenartig erzeugter Gruppen 388
§ 15. Analytische Darstellung der Baumgruppen 890
% 16. Classificirung der Baumgruppen 393
Cap.YII. Die Gruppen des triklinen und mono-
klinen Systems.
$ 1. Bezeichnungen 396
§ 2. Die Hemiedrie des triklinen Systems 397
Schoen flies, Krjstallstructur. a**
- X -
Seite
§ 3. Die Holoedrie des triklinen Systems 398
§ 4—6. Die Hemiedrie des monoklinen Systems 399
§6—7. Die Hemimorphie des moDoklinen Systems 406
§ 8. Die Holoedrie des monoklinen Systems 409
Cap. VIIL Die Gruppen des rhombischen Systems.
§ 1. Vorbemerkungen 414
§ 2. Allgemeine Eigenschaften der hemimorpben Gruppen. ... 415
§ 3. Die Gruppen mit der Translationsgruppe F^ 417
§ 4 — 5. Die Gruppen mit der Translationsgpmppe F^' 423
§ 6. Die Gruppen mit der Translationsgruppe T^" 428
§ 7. Die Gruppen mit der Translationsgruppe F^'" 430
§ 8. Allgemeine Bemerkungen über die hemiedriscben Gruppen . 433
§ 9. Die Gruppen mit der Translationsgruppe F^ 436
§ 10. Die Gruppen mit der Translationsgruppe T^' 439
§ 11. Die Gruppen mit der Translationsgruppe T^" 441
§ 12. Die Gruppen mit der Translationsgruppe F^'" 442
§ 13. Allgemeine Bemerkungen über die boloedriscben Gruppen . 445
§ 14 — 15. Die Gruppen mit der Translationsgruppe F^ . . . . . 446
§ 16. Die Gruppen mit der Translationsgruppe F^' 452
§ 17. Die Gruppen mit der Translationsgruppe F^" 465
§ 18. Die Gruppen mit der Translationsgruppe F^"' 456
Cap. IX. Die Gruppen des rhomboedrischen Systems.
§ 1. Vorbemerkungen 459
§ 2—4. Die Tetartoedrie 461
§ 5. Die paramorpbe Hemiedrie 465
§ 6. Die hemimorpbe Hemiedrie 466
§7—8. Die enantiomorphe Hemiedrie 469
§ 9—10. Die Holoedrie 473
Gap. X. Das tetragonale System.
§ 1. Vorbemerkungen 479
§ 2. Die sphenoidiscbe Tetartoedrie 480
§ 3—4. Die Tetartoedrie erster Art 481
§ 5. Allgemeine Bemerkungen zur Hemimorphie 486
§ 6. Die Gruppen mit der Translationsgruppe F 487
S 7. Die Gruppen mit der Translationsgruppe F' 489
§ 8. Die paramorpbe Hemiedrie 491
§ 9. Allgemeine Bemerkungen über die spbenoidisebe Hemiedrie . 494
§ 10. Die Gruppen mit der Translationsgruppe F 496
§ 11. Die Gruppen mit der Translationsgruppe P' 499
§ 12. Allgemeine Bemerkungen über die enantiomorphe Hemiedrie 501
- XI --
Seite
§ 13. Die Gruppen mit der Traoslationsgriippe F 503
§ 14. Die Gnippen mit der TraoBlationsgrappe P ' 607
§ 15. Allgemeine Bemerkungen über die holoedrischen Gruppen . 508
§ 16. Die Gruppen mit der Translationsgruppe F 510
§ 17. Die Gruppen mit der Translationsgruppe F' 516
Cap. XI. Das hexagonale System.
§ 1. Vorbemerkungen 519
§ 2. Die Tetartoedrie mit dreizähliger Hauptaze 519
§ 3. Die Hemiedrie mit dreizähliger Axe 520
§ 4. Die Tetartoedrie mit sechszähliger Hauptaxe 521
§ 5. Die hemimorphe Hemiedrie 524
§ 6. Die paramorphe Hemiedrie 526
§ 7. Die enantiomorphe Hemiedrie 528
§ 8. Die Holoedrie .• 530
Cap. XII. Das reguläre System.
§ 1. Vorbemerkung 534
§ 2. Die Tetartoedrie 534
§ 3. Die paramorphe Hemiedrie 537
§ 4. Die hemimorphe Hemiedrie 539
§ 5. Die enantiomorphe Hemiedrie 541
§ 6. Die Holoedrie 545
§ 7. Die Coordinaten der gleichwerthigen Punkte 549
§ 8. Tabelle aller Baumgruppen 554
Cap. XIII. Die regelmässigen Molekelhaufen.
§ 1 — 2. Die reguläre Baumtheilung 558
§ 3—5. Reguläre Raumtheilung und regelmässige Punktsysteme . 560
§6—8. Beziehungen zwischen Raumtheilung und Raumgruppen . 566
§ 9—10. Die Form des Fundamentalbereichs 672
§ 11 — 12. Raumtheilungen allgemeinster Art 575
§ 13—15. Die Fundamentalbereiche der Raumtheilungen allgemein-
ster Art 579
§ 16—18. Die regelmässigen Molekelhaufen mit beliebiger Molekel 584
§ 19—20. Die regelmässigen Molekelhaufen mit symmetrischer
Molekel 590
§ 21. Beispiele Yon Molekelhaufen mit symmetrischen Molekeln.
Die Theoxieen von Sohncke und Wulff 593
§ 22. Synmietrie der regelmässigen Molekelhaufen 599
§ 23 — 25. Die überhaupt möglichen Structurtheorieen, welche mit
regelmässigen Molekelhaufen operiren 602
§ 26. Die variablen Grössen der reinen Structurtheorie 609
- XII -
Seite
§ 27. Unmöglichkeit anderer Structnrtheorieen , welche mit regel-
mässigen Molekelhanf en operiren 610
§ 28—80. Vergleich der Gitterfcheorie nnd der reinen Stmctartheorie 612
§ 31. SohnckeU erweiterte Theorie 617
§ 82. Die Mallard*8chen Stmcturformen 622
Cap. XIV. Das Gesetz der rationalen Indices.
§ 1. Formulimng der Aufgabe 627
§ 2. Beweis einiger Hilfssätze 628
§ 3—6. Auftreten unendlich kleiner Bewegungen 631
§ 6. Nachweis der Gruppen endlicher Translationen 636
§ 7. Das Gesetz der rationalen Indices 637
Yerzeichniss der Berichtigungen am Schluss des Buches.
ERSTER ABSCHNITT.
DIE KRISTALLSYSTEME UND IHRE ÜNTERABTHEI LUNGEN.
Schoenfliet, KrystalUlructur.
Einleitung.
Dasjenige Naturgesetz, welches es möglich macht, die
Lehre Yon den Erystallsystemen deductiv mathematisch zu
entwickeln, ist das Symmetriegesetz. Den erfahrungsgemässen
Inhalt desselben genauer auseinander zu setzen, und zu zeigen,
dass auf Grund desselben die Eintheilung der Krystalle nach
den Symmetrieeigenschaften auf ein mathematisches Problem
hinausläuft, bildet den Gegenstand der nachfolgenden Ein-
leitung.
§ 1. Definition der Krystalle. Die homogenen festen
Körper kommen theils in Jcrystallinischem, theils in amorphem
Zustand vor. Der Unterschied zwischen beiden Eörperclassen
beruht auf ihrer Structur^) und tritt in ihrem physikalischen
Verhalten in die Erscheinung.
Als Krystalle bezeichnet man vielfach nur solche Stücke
krystallinischer Materie, welche eine mehr oder weniger voll-
kommen entwickelte, regelmässige äussere Form besitzen. Den
unregelmässig geformten krystallinischen Partikeln wird dabei
der einzelne Erystall als selbstständiges Individuum gegen-
übergestellt. Die Structur erscheint bei dieser Auffassung nur
als allgemeines Kennzeichen des krystallinischen Zustandes,
während für den einzelnen Krystall ausserdem die wesentliche
äussere Form als characteristisch angesehen wird. In neuerer
Zeit wird jedoch von vielen Autoren jedes beliebige Stück
krystallinischer Masse mit dem Namen i&y^^a!! belegt Zwischen
einem allseitig gut entwickelten Krystall und einem beliebigen
1) Das Nähere hierüber im zweiten Abschnitt.
Stück krystallinischer Substanz kommen nämlich so viele und
so mannigfache Zwischenformen vor, dass es schwierig ist, eine
bestimmte Grenze zu fixiren.
Da in der vorliegenden Schrift nur solche Fragen be-
handelt werden, welche sich auf das Verhalten jedes beliebigen
Stückes krystallinischer Substanz beziehen, so scheint es im
Interesse der Darstellung zweckmässig zu sein, wenn wir uns
ebenfalls dem neueren Sprachgebrauch anschliessen.
§ 2. Untersuchen wir die Ausdehnung, welche ein homo-
gener Erystall durch die Wärme erfährt, so zeigt sich der Aus-
dehnungscoefficient in allen parallelen Geraden als constant;
dagegen hängt er im Allgemeinen von der Richtung ab, in
welcher er gemessen wird. Dasselbe gilt von den elastischen
Kräften, ebenso von der Brechung, welche das Licht beim
Durchgang durch den Krystall erleidet, von den electrischen
Spannungen, welche durch Erwärmung auftreten u. s. w. Alle
physikalischen Eigenschaften, welche ein Krystall zeigt, stim-
men längs paralleler Geraden überein, sind aber im übrigen
in verschiedenen Richtungen im Allgemeinen auch unter
einander verschieden.
Die homogenen amorphen Körper verhalten sich dagegen
im wesentlichen physikalisch isotrop; d. h. in welcher Rich-
tung man sie auch untersucht, man findet stets die nämlichen
physikalischen Erscheinungen. Keine ihrer Richtungen ist vor
einer andern ausgezeichnet. Korper wie Glas, Opal, u. s. w. be-
sitzen in ihrer ganzen Ausdehnung und nach allen Richtungen
dieselbe physikalische Beschaffenheit
Die vorstehenden Sätze sind jedoch nicht ausnahmslos
giltig. Einerseits giebt es auch für die Krystalle verschiedene
Richtungen, in denen sie die gleichen physikalischen Eigen-
schaften aufweisen, andrerseits kommt es aber auch vor, dass
sich amorphe Körper nicht in allen Zuständen isotrop ver-
halten. Um die Krystalle von ihnen zu sondern, reicht daher
der blosse Hinweis auf die Abhängigkeit des physikalischen
Verhaltens von der Richtung nicht aus; in der That liegt erst
in der besonderen Art dieser Abhängigkeit das unterscheidende
Merkmal.
— 5 -
Die Art, in welcher ,die physikalischen Eigenschaften
eines Krystalles mit der Richtung wechseln, ist durch feste
einfache Grundgesetze geregelt. Diese Gesetze sind, wie alle
Naturgesetze, durch Beobachtung uud Experiment gefunden
worden; man pflegt sie als die Symmetriegesetze (§ 8) zu be-
zeichnen. Hiernach dürfen wir die Definition der homogenen
Kry stalle folgendermassen präcisiren: Ein Krystall ist ein
homogener fester Körper, dessen physikalische Eigenschaften in
verschiedenen Richtungen im Allgemeinen verschieden sind und
sich nach festen Symmetriegesetzen mit der Richtung ändern.
Die äussere Form der Krystalle ist, wie bereits oben er-
wähnt, vielfach durch eine mehr oder weniger stark ausgeprägte
Regelmässigkeit der Begrenzungsflächen ausgezeichnet. Diese
Eigenthümliclikeit bildet das geometrische Merkmal, welches
für die Krystalle characteristisch ist. Da aber die Ausbildung
bestimmter ebener Grenzflächen bei jedem Krystall offenbar in
den molecularen Gesetzen der Krystallisation, d. h. also wieder
in den physikalischen Eigenschaften der Krystallsubstanz be-
gründet ist, so leuchtet ein, dass sich in den regelmässigen
Gestalten der Krystalle ebenfalls eine physikalische Eigenart
documentirt; so dass die obenstehende Definition auch die geo-
metrische Regelmässigkeit der äusseren Form einschliesst.
Die geometrische Form wurde lange Zeit als das wesentliche,
resp. ausschliessliche Unterscheidungsmerkmal der Krystalle an-
gesehen. Von dieser Ansicht scheint sich in voll bewusster Weise
zuerst Franz Neumann losgesagt zu haben; er hat ganz aus-
drücklich auf die Nothwendigkeit „des physikalischen Verständ-
nisses von Strnctur und Gestaltung'^ hingewiesen.^) Mit der fort-
schreitenden Erkenntniss der physikalischen Eigenschaften der
Krystalle, besonders im Gebiete der Optik und Elasticität, traten
die physikalischen Gesichtspunkte mehr und mehr in den Vorder-
grund; augenblicklich ist die Auffassung, dass im physikalischen
Verhalten der wesentliche und unzerstörbare Character der Krystall-
sobstanz zu Tage tritt, während* die äussere Form, weil von den
umständen des Krjstallwaehsthums abhängig, nar eine zufiLllige
1) Beitrage zur Krystallonomie, 1823. Vorrede, S. 8 u. 4. Dort
heisst ea auch: Die Erystallflächen sind nicht als etwas ursprünglich
seiendes im Krystall zu betrachten, sondern nar als Erscheinung, als
Resultat der Thätigkeiten in den Flächenrichtungen.
- 6 —
Eigenschaft repräsentirt, so gut wie allgemein angenommen. Bei
Naumann-Zirkel werden die FormuUrungen noch von dem oben er-
wähnten Gegensatz zwischen Krjstallindividuen und Kr jstallsub stanz
beherrscht; die ersteren werden im wesentlichen geometrisch, die
letztere rein physikalisch definirt/) Eine Definition der Krystalle,
welche ausschliesslich auf das physikalische Verhalten ba'sirt ist,
wurde zuerst von P. Groth aufgestellt.^)
§ 3. Gleiohwerthige Biohtungen. Es seien g und h zwei
Geraden^ welche das Innere eines Krystalles durchdringen.
Besitzt der Erystall in der Richtung von g und h denselben
Elasticitätscoefficienten, so stimmen in diesen Richtungen auch
die optischen Kräfte überein. Dagegen braucht das umgekehrte
nicht der Fall zu sein. Ueberhaupt zieht die üebereinstim-
mung gewisser physikalischer Eigenschaften längs gegebener
Richtungen durchaus nicht die Uebereinstimmung aller übrigen
Eigenschaften nach sich.
Es giebt aber in jedem Erystall zu einer beliebigen
Geraden g andere Geraden von bestimmter Richtung so, dass
längs derselben der Erystall in jeder Beziehung dasselbe physi-
kalische Verhalten zeigt^ also sowohl die gleiche Elasticität,
als auch die gleiche Wärmeleitung, die gleichen optischen
Eigenschaften u. s. w. Solche Geraden existiren sowohl im
Innern, wie auf der Oberfläche des Erystalles, sie heissen
hrystcdlographisch gleichwerthig, oder kurz gleichwerthig.
Die Erfahrung lehrt, dass alle parallelen Geraden als
gleichwerthig zu betrachten sind. Um die Abhängigkeit der
physikalischen Eigenschaften von der Richtung zu studiren, ist
es daher ausreichend, wenn wir uns auf solche Richtungen
beschränken, welche von einem und demselben Punkt ausgehen.
1) Lehrbuch der Mineralogie, § 3. Erystall ist jeder starre an-
organische Körper, welcher eine wesentliche und ursprüngliche, mehr
oder weniger regelmässige, polyedrische Form besitzt, die mit seinen
physikalischen Eigenschaften zusammenhängt. Ferner, § 6, Denjenigen
physikalischen Zustand der Materie, welcher sowohl den normal aus-
gebildeten Erystallen, als nicht minder auch den in ihrer äusseren Form-
entwickelnng gehemmten Individuen eigen ist, bezeichnet man als den
krystallinischen.
2) Ein Erystall ist ein homogener fester Eörper, dessen Elasticität
sich mit der Richtung ändert Ber. d. Berl. Akad. 1875. S. 549.
— 7 —
Ein solcher Punkt 0. kann beliebig im Innern der Erystallmasse
gewählt werden; um alle Punkte herum verhält der Erystall
sich gleichartig.
Jede Gerade, welche durch den eben genannten festen
Punkt 0 geht, hat zwei entgegengesetzte Richtungen. Die-
selben müssen auch krystallographisch von einander geschieden
werden. Besitzt z. B. ein Krystall Pyroelectricität, so zeigen
^ die beiden Enden der electrischen Aze bekanntlich entgegen-
gesetzte Polarität, sie spielen daher nicht die Rolle von kry-
stallographisch gleichwerthigen Richtuugen. Wir werden in
Folge dessen die durch den Punkt 0 gehenden Geraden immer
nur als einseitig unbegrenzt voraussetzen. Die meisten physi-
kalischen Eigenschaften, wie Elasticität, Lichtbrechung u. s. w.
sind allerdings für entgegengesetzte Richtungen identisch; es
ist auch an sich klar, dass z. B. die Ausdehnung eines Ery-
Stalles durch die Wärme in der einen Richtung genau dieselbe
Intensität zeigen muss, wie in der entgegengesetzten. Eine Ver-
schiedenheit kann offenbar nur für solche physikalischen Er-
scheinungen auftreten, welche wie Electricität, magnetisches
Verhalten u. s. w. polarer Natur sind.
Wenn zwei Ebenen, die im Innern oder auf der Ober-
fläche eines Erystalles verlaufen, in der Beziehung zu einander
stehen, dass zu jeder durch einen Punkt 0 gehenden Geraden
der einen Ebene eine durch einen gewissen Punkt 0^ gehende
Gerade der andern Ebene existirt, welche ihr gleichwerthig
ist, so heissen auch diese Ebenen krystallographisch gleich-
werthig. Parallele Ebenen sind stets gleichwerthig, ebenso solche,
welche auf gleichwerthigen Geraden senkrecht jstehen u. s. w.
§ 4. Ist 0 irgend ein beliebiger Punkt im Innern der
Erystallmasse und g eine durch ihn gehende Gerade, so giebt
es, wie die Erfahrung gelehrt hat, für jeden Erystall eine
bestimmte Anzahl anderer durch 0 gehender Ge)raden, g^, g^,
. . . gif^i, welche mit g krystallographisch gleichwerthig sind.
Die Zahl N dieser gleichwerthigen Geraden ist bei einem und
demselben Erystall im Allgemeinen constant, welches auch
die Richtung der beliebig gezogenen Geraden g sein mag.
Nur für einzelne specielle Richtungen kann — aber auch dies
— 8 —
nur scheinbar — eine Ausnahme eintreten. Welcher Art diese
Ausnahmeerscheinung ist, und worauf sie beruht, wird Cap.
VII, 2 erwähnt werden.
Denken wir uns für irgend einen Krystall die zugehörige
einfache Krystallform und fallen von dem Mittelpunkte der-
selben die N Lothe auf die N Begrenzungsflächen, so bilden
dieselben das einfachste, resp. anschaulichste Beispiel für N gleich-
werthige Gej-aden, und die zu ihnen senkrechten Flächen der
Krystallform bilden ihrerseits ein Beispiel für eine Gruppe
von N gleichwerthigen Ebenen des Krystalles. Im Allgemeinen
pflegt man die theoretischen geometrischen Erörterungen an
die Krystallform, d. h. also an die Grenzflächen derselben an-
zuknüpfen. Hier sind jedoch aus verschiedenen Gründen statt
dessen die N Lothe oder genauer gesprochen solche N Geraden
gewählt worden, fftr welche die N Lothe ein einfaches Beispiel
abgeben; und zwar besonders deshalb, weil die nachfolgenden
Eutwickelungen sich im Allgemeinen leichter an die Figur
der N gleichwerthigen Geraden, wie an die Krystallform an-
knüpfen lassen. Gleichzeitig ist aber ersichtlich, dass der
Uebergang von der einen Betrachtungsweise zur andern un-
mittelbar und ohne die geringste Schwierigkeit ausgeführt
werden kann.^)
§ 5. Symmetrieeigenschaften und Deokoperationen. Die
Lage der N Geraden im Raum gehorcht in allen Fällen einem
einfachen Grundgesetz. Um dasselbe möglichst einfach zu
formuliren, ist es zweckmässig zuvor auf einige elementare
geometrische Thatsachen hinzuweisen.
Wird eine ebene oder räumliche Figur F durch Bewegung
in eine Lage F^ gebracht, so sind die beiden Figuren F und
1) Die Einfuhrang einseitig begrenzter Geraden, statt der Grenz-
flächen der Krystallform findet sich wohl zaerst bei He s sei; vgl. den
Artikel über J^rystallographie in Gehl er s physikalischem Wörterbuch,
S. 1062 ff. Vgl. ferner Gadolin, Memoire sur la d^daction d'un seul
principe de tous les syst^mes cristallographes, Acta soc. scient. fennicae,
Helsingfors, Bd. 9, S. 1 n. 2, sowie V. v. Lang, Lehrbuch der Erystallo-
graphie, S. 17 und Minnigerode, Untersuchungen über die Symmetrie-
Terhältnisse und die Elasticität der Krystalle, Nachrichten v. d. Götting.
Ges. d. Wiss. 1884, S. 195.
— 9 -
JF\ oflfenbar congruent. Umgekehrt, sind F und F^ irgend zwei
congruente Figuren, so lassen sie sich durch Bewegung mit
einander zur Deckung bringen.
Wird eine räumliche Figur F an irgend einer Ebene
gespiegelt, so geht sie dadurch in ihr Spiegelbild F' über.
Die beiden Figuren F und F' heissen spiegelhildlich (oder sym-
metrisch) gleich; congruent dagegen sind sie im Allgemeinen
nicht. Die Figuren F und F' bleiben natürlich spiegelbild-
lich gleich, wenn eine oder jede von ihnen noch in eine andere
Lage gebracht wird.
Sind umgekehrt F und F' zwei raumliche Figuren, die
einander spiegelbildlich gleich sind, so haben sie entweder
eine solche Lage, dass die eine direct das Spiegelbild der
andern in Bezug auf eine gewisse Ebene ist, oder wenn dies
nicht der Fall ist, so kann jedenfalls F' in eine solche Lage
gebracht werden, dass F und F' als Spiegelbilder von einander
erscheinen. Um daher F mit F' zur Coincidenz zu bringen,
bedarf es entweder nur einer Spiegelung oder einer Spiegelung
in Verbindung mit einer Bewegung.
§ 6. Es giebt Figuren, welche die besondere Eigenschaft
haben, sich selbst auf verschiedene Weise congruent oder spiegel-
bildlich gleich zu sein. Solche Figuren heissen symmetrische^)
1) Die Bedeatung des Wortes „Symmetrie" ist leider keine ein-
heitliche. Es gehen im wesentlichen zwei verschiedene Bedeotongen
neben einander her. Im Gegensatz zu „congruent** heisst „symmetrisch"
resp. „symmetrisch gleich" soviel wie „spiegelbildlich gleich", und dies
ist (vgl. oben § 6) derjenige Begriff der „Symmetrie", welcher in der
reinen Geometrie vorwiegend auftritt. Seiner Natur nach bezieht er sich
im Allgemeinen auf zwei verschiedene räumliche Objecte; in diesem Sinn
bezeichnet man z. B. linke und rechte Gliedmassen als symmetrisch.
Hiervon ist der mehr krystallographische Begriff der „Symmetrie" wesent-
lich verschieden. Seine genauere Bedeutung wird oben im Text ge-
geben. Er bezieht sich im Unterschied zum vorigen stets auf eine und
dieselbe Banmfigur, und ist immer das Kennzeichen für eine gewisse
Begelmässigkeit derselben.
In dieser Schrift wird der Symmetriebegriff dnrchgehends nnr in
der zweiten Bedeutung angewandt. Wo ein Hinweis auf die erste Be-
deutung nöthig ist, wie z. B. oben, wird dies stets besonders hervor-
gehoben werden.
- 10 -
Figuren; man sagt^ dass sie durch Symmetrieeigenschaften aus-
gezeichnet sind.
Derartige Figuren, ebene wie räumliche, sind uns aus der
Anschauung in Menge geläufig; einige Beispiele mögen hier
folgen.
Beispiel 1. Das gleichschenklige Dreieck ABC kommt
(Fig. 1) durch Umklappung um die Höhe AD mit sich zur
Coincidenz. Es ist sich daher selbst congruent, nämlich
ABG^ ACB,
wo die Buchstaben, wie üblich, so geordnet sind, dass die
entsprechenden Punkte an entsprechender Stelle stehen.
Fig. 1.
Fig. 2.
Ist ABC gleichseitig, so kommt es durch Umklappung
um jede der drei Höhen, sowie durch Drehung um seinen
Mittelpunkt mit sich zur Deckung. Es ist also beispielsweise
ABC <^ BCA cv CAB.
Beispiel 2. Eine gerade Pyramide, deren Grundfläche das
Parallelogramm AB CD ist (Fig. 2). Da die Pyramide, wenn
sie um 180^ um ihre Äxe gedreht wird, mit sich selbst zur
Deckung gelangt, so ist
SAB CD ~ SCDAB.
Auf andere Art ist die Pyramide nicht mit sich selbst con-
gruent, abgesehen von der Beziehung, dass jeder Punkt sich
selbst entspricht, was natürlich für jede Raumfigur gilt.
Ebenso wenig ist die Pyramide in irgend einer Weise sich
selbst spiegelbildlich gleich. Dies tritt aber ein, wenn ABCD
ein Bhombus ist, denn in diesem Fall wird die Pyramide
- 11 -
durch die Ebene SAG so in zwei Theile 8 ABC und 8ADC
getheilt, dass jeder das Spiegelbild des andern in Bezug auf
die Ebene 8AC ist. Durch Spiegelung an dieser Ebene geht
daher die Pyramide in sich selbst über. Dasselbe gilt für die
Ebene 8Bn.
Beispiel 3. Es ist zweckmässig, noch eine etwas compli-
cirtere Raumfigur ins Auge zu fassen. Wir denken uns dazu
ein reguläres Dreieck ABC und über und unter demselben je
eine gerade Pyramide von derselben
Höhe. Nun drehen wir die obere Pyra- ^***J*
mide um 180^ um ihre Axe, so dass
ihre Grundfläche, wie die nebenstehende
Figur 3 zeigt, in die Lage A^B^C^^
kommt. Die so entstandene Figur ist
sich mehrfach selbst congruent und
spiegelbildlich gleich; im besondern
auch so, dass die obere und untere
Pyramide sich entsprechen. Beispiels-
weise geht durch Umklappung um die
Gerade u die Grundfläche ABC in C^B^A^ über, während
die Axen der unteren und oberen Pyramide sich vertauschen;
es ist daher
8ABC8,A,B,C, ^ 8,C,B,A,8CBA.
Die Doppelpyramide ist sich aber in dem angegebenen
Sinn auch spiegelbildlich gleich. Allerdings giebt es keine
Spiegelung, welche die obere und untere Pyramide mit einander
vertauscht. Wenn wir aber ausser der Spiegelung gegen die
Grundfläche noch eine Drehung um 60^ um die Axe vor-
nehmen, so gelangt die Figur dadurch ebenfalls mit sich zur
Coincidenz. Wir lernen daraus, dass in manchen Fällen wirk-
lich erst Spiegelung und Bewegung zusammen die Coincidenz
der Figur herbeiführen, während die bezügliche Spiegelung
oder Bewegung allein dies nicht leistet.
Beispiel 4. Fällen wir in den beiden zuletzt betrachteten
Beispielen von der Mitte der Grundfläche die Lothe auf die
Seitenflächen, so bilden auch diese N einseitig begrenzten Ge-
~ 12 ~
raden stets eine Figur, die sich auf mehrfache Art selbst con-
gruent resp. spiegelbildlich gleich ist. In der That ist un-
mittelbar einleuchtend, dass wenn z. B. die gerade rhombische
Pyramide (Bsp. 2) auf irgend eine Art in sich übergeht, dies
auch von den vier Lothen gilt, die sich vom Centrum der Grund-
fläche auf die Seitenflächen fallen lassen, und das Gleiche gilt
für die Doppelpyramide.
§ 7. Ist F irgend eine räumliche Figur, die sich auf
gewisse Art selbst congruent ist, so giebt es stets eine oder
mehrere Bewegungen, welche sie in sich überführen. Die
hierin ausgedrückte Regelmässigkeit der Figur bezeichnen wir
als eine Symmetrieeigetischaft der ersten ÄrL Es ist evident,
dass die specielle Natur solcher Symmetrieeigenschafteu von
der Art und Weise abhängen wird, auf welche sich die ein-
zelnen Punkte und Linien derselben unter einander vertauschen,
d. h. von der Natur der bezüglichen Bewegungen. Dasselbe
ist natürlich der Fall, wenn die Figur aus N von demselben
Punkt ausgehenden Geraden besteht.
Hat zweitens die Figur F die Eigenschaft sich selbst
spiegelbildlich gleich zu sein, so geht sie, wie das obige zeigt,
entweder durch blosse Spiegelung oder durch Spiegelung und
Bewegung in sich über (vgl. Beispiel 3). Ist im besondem
F die Figur der N gleich werthigen Geraden ^, ^1,0^3, .. ., und
gehen aus ihnen durch Spiegelung an ircrend einer Ebene die
Geraden g\ g^, g^, . . . hervor, so müssen dieselben entweder
mit den Geraden 5^, 5^1, ^2» • • • ^^ irgend einer Reihenfolge iden-
tisch sein, oder sie müssen durch Bewegung mit S', 5^1,5^2? •• •
zur Deckung gebracht werden können. Das letztere ist z. B.
für die sechs Geraden der Fall, welche von der Mitte der
Doppelpyramide (Bsp. 3) auf die Seitenflächen gefällt werden
können.
Die hierin ausgedrückte Regelmässigkeit der Figur jP,
resp. der N gleichwerthigen Geraden bezeichnen wir als
eine Symmetrieeigenschaft der zweiten Art, Die besondere
Natur dieser Symmetrieeigenschaft ist durch die Lage der
spiegelnden Ebene e und die Natur der Bewegung charac-
terisirt
— 13 —
Wir bezeichnen nunmehr eine Bewegung, welche eine
Figur F in sich überführt, als eine Beckhewegxing^ resp. eine
Deckoperation der ersten Art Ebenso werden wir jede Spiege-
lung, oder die Verbindung einer Spiegelung mit einer Be-
wegung, welche eine Figur F in sich überführt, eine Beck-
Operation der gweiten Art nennen.
Alsdann folgt sofort, dass jede Symmetrieeigenschaft der
ersten oder zweiten Art einer Figur jdurch eine gewisse Deck-
operation der ersten oder zweiten Art veranschaulicht werden
kann, und dass die besondere Art der Symmetrieeigenschaft
durch die Natur der zugehörigen Deckoperation genau und
sicher characterisirt ist. Nach der Art der DecJcoperationeti
kötmen daher die SyfMnetrieeigenschaßen unterschieden resp. ein-
getheüt werden. In welcher Weise dies stattzufinden hat, werden
wir später ausführlicher erörtern.
§8. Symmetrie der Krystalle. Die Oesammtheit aller Sym-
metrieeigenschaften einer Figur bezeichnen wir als ihren Sym-
metriecharctcter oder kurz als ihre Symmetrie. In diesem Sinne
kommt, wie wir aus der Erfahrung wissen, den N gleich-
werthigen Geraden eines Erystalles stets ein bestimmter Sym-
metriecharacter zu und ebenso der Krystallform, resp. dem
Polyeder, welches (§ 4) von den zu diesen Geraden senkrechten
Ebenen gebildet wird. Die Erfahrung lehrt aber noch mehr.-
Der Symmetriecharacter der N Geraden g^Oug^y ' i^^ näm-
lich ganz unabhängig davon, wie die Ausgangsrichtung g
innerhalb der ErystaUmasse angenommen wird. Er erhält sich
überdies während der wechselnden physikalischen Zustände, in
denen sich der Krystall befinden kann; natürlich vorausgesetzt,
dass die auf den Krystall wirkenden Kräfte nicht etwa seine
Structur wesentlich ändern oder gar zerstören. Diese That-
sache bildet den Inhalt des sogenannten Symmetriegesetzes (§ 2),
des obersten Grundgesetzes der physikalischen Krystallographie.
Es zeigt, dass die im Symmetriecharacter vereinigten Sym-
metrieeigenschaften eine bleibende Eigenschaft des Krystalles
selbst vorstellen; sie repräsentiren dasjenige, was man in Folge
dessen die Symmetrie resp. den Symmetriecharacter des Krystalles
zu nennen pflegt.
" N
— 14 —
Da jede Symmetrieeigenschaft ihren Ausdruck in einer ge-
wissen Deckoperation findet, so kann die Symmetrie des Ery-
stalles stets durch gewisse Deckoperationen definirt werden,
nämlich durch die Gesammtheit derjenigen, welche die dem
Erystall zugehörigen N gleichwerthigen Geraden in sich über*
führen. Ausdrücklich möge noch bemerkt werden, dass wie
unmittelbar ersichtlich, jede dieser Deckoperationen den Punkt
0 unverändert lässt.
Es kann vorkommen, dass bei Anwendung geeigneter äusserer
Kräfte der Kry stall seine physikalische Eigenart ändert; beispiels*
weise kann ein optisch einaxiger Kry stall unter gewissen Um-
ständen in einen optisch zweiaxigen übergehen, und damit eine ge-
ringere Symmetrie annehmen. Im allgemeinen bleibt das Symmetrie-
gesetz dabei erfüllt; von denjenigen Zuständen, in denen dies nicht
der Fall ist, sehen wir ab.
§ 9. Eintheilung der Krystalle. Krystalle, welche dieselben
Symmetrieverhältnisse aufweisen, werden zu einer und derselben
Classe gerechnet. Die Frage ist, wie viele solcher Classen es
giebt, und durch welche Symmetrieeigenschaften jede derselben
characterisirt ist Wie das Vorstehende zeigt, führt diese Auf-
gabe auf das geometrische Problem, auf die verschiedenste
Weise ^ durch einen Punkt gehende Geraden so zu ziehen,
dass sie durch gewisse Deckoperationen in sich übergeführt
werden können. Ist dieses Problem gelöst, so ist damit die
Frage nach den möglichen Krystallclassen von selbst erledigt.
Construiren wir die Ebenen, welche auf den N Geraden in
gleichem Abstand vom Pimkt 0 senkrecht stehen, so geht
diese Ebenenschaar, resp. das von ihnen begrenzte Polyeder
durch dieselben Deckoperationen in sich über, wie die Figur
der N Geraden; beide besitzen daher die gleiche Symmetrie.
Dies findet statt, in welcher Entfernung vom Punkt 0 die
Ebenen auch liegen mögen. Die so bestimmten Raumfiguren
sind keineswegs die einzigen, welche durch dieselben Sym-
metrieeigenschaften characterisirt sind, wie die N Geraden,
vielmehr giebt es stets eine unbegrenzte Zahl noch anderer
Gebilde dieser Art. Um dies an einem Beispiel anschaulich
zu machen, betrachten wir die in § 5, 2 erwähnte rhom-
bische gerade Pyramide. Zunächst ist evident, dass jede Py-
— 15 -
ramide dieser Art durch die gleichen Deckoperationen in sich
übergeht. Dasselbe gilt aber auch von jeder derartigen ab-
gestumpften Pyramide mit parallelen Grundflächen^ femer auch
yon zwei derartigen Pyramiden oder Pyramidenstumpfen , die
auf derselben Grundfläche stehen, ebenso aber auch, wenn wir
noch auf jede Seitenfläche analoge Körpertheile aufsetzen,
u. 8. w. u. s. w. * •
Wir wollen alle Körper, welche durch die gleichen Deck-
operationen zur Coincidenz mit sich gebracht werden können,
zu einer Classe symmetrischer Polyeder rechnen, alsdann ist das
oben genannte Problem, wie übrigens auch aus § 4 unmittel-
bar hervorgeht, in der Aufgabe enthalten, alle symmetrischen
Polyeder zu ermitteln. Diese Aufgabe kann durch geometrische
Betrachtungen ohne Schwierigkeit erledigt werden. Die Lösung
derselben bildet den Inhalt der nächstfolgenden Entwickelungen.
Das geometrische Resultat lautet, dass es unendlich viele Classen
symmetrischer Polyeder giebt, so dass also eine aus N Geraden
bestehende symmetrische Figur auf unendlich viele Arten con-
struirt werden kann« Aber nur einer ganz beschränkten Zahl
von ihnen entspricht eine Krystallclasse. Der Grund hierfür
liegt in dem sogenannten Gesetz der rationalen Indices^). Es
bedingt, dass unter der unendlichen Zahl von Classen sym-
metrischer Figuren nur 32 existiren, welche eine Krystallclasse
liefern können. Ob alle diese Krystallclassen in der Natur
wirklich vertreten sind, ist eine Frage, die natürlich nur an
der Hand der Erfahrung geprüft werden kann^). Andere
Krystallclassen dagegen können, wie sich aus dem Vorstehen-
den schliessen lässt, nicht existiren; wir dürfen sicher sein,
dass es in der Natur keinen Krystall giebt, der bezüglich
seiner Symmetrieverhältnisse nicht in eine der genannten
32 Classen fiele.
Als Schlussresultat können wir demnach die höchst bemerJcens-
werthe Thatsache aussprechen, dass unter Voraussetzung der er-
1) Vgl. das letzte Capitel dieses Abschnittes.
2) Man hat bisher noch nicht Erystalle einer jeden der 32 Classen
kennen gelernt.
- 16 -
fakrungsmässigm Grundgesetee der geometrischen Krysiallographie
die Aufgabe, alle Krystallclassen 0u finden, einer rein mathema-
tischen BehandUmg fähig ist.
§ 10. Die Definition resp. Ableitung der Symmetrieyerhält-
nisse, welche wir in den vorstehenden Paragraphen gegeben
haben, weicht von der in den krjstallographischen LehrbQchem
sonst üblichen ziemlich erheblich ab. Mab pflegt gewohnlich
diejenigen Symmetrieelemente , welche durch die Anschauung
unmittelbar gegeben sind^ nämlich Axe, Ebene, Gentrum der
Symmetrie zu Grunde zu legen, und von ihnen aus weiter zu
operiren. Es hat sich aber gezeigt, dass man auf diese Weise
zu allen theoretisch möglichen Krystallclassen nicht gelangen
kann; es ist nöthig, ausserdem noch die sogenannten Sym-
metrieaxen zweiter Art einzufahren (vgl. Gap. III, 6). Wollten
wir nun, unter Anlehnung an die gewohnlichen krystallogra-
phischen Darstellungen, die oben genannten drei Symmetrie-
eigenschaften ohne weitere Begründung durch die Axen zweiter
Art ergänzen, und von dieser Grundlage aus die Untersuchung
durchführen, so würden doch wiederum Zweifel entstehen
müssen, ob mit den so erhaltenen Krystallclassen alle über*
haupt theoretisch denkbaren Symmetrieverhältnisse erschöpft
sind. Die Frage, welches diejenigen elementaren Symmetrie*
eigenschaften pind, auf welche sich alle Symmetrieverhaltnisse
zurückführen lassen, muss ja selbst erst ein Gegenstand der
Untersuchung sein. Aus diesem Grunde ist es nöthig, einen
Weg einzuschlagen, welcher von einer ganz allgemeinen Defi*
nition der Krystallsymmetrie ausgeht, wie sie die vorstehende
Einleitung enthält.
Wir erlangen hierdurch die Gewissheit, dass uns bei
richtiger Deduction keine Krystallclasse entgehen kann; aller'*
dings werden wir zu diesem Zweck die Mühe nicht scheuen
dürfen, zunächst einige rein mathematische Hilfsbetrachtungen
durchzuführen. Es wird in erster Linie nöthig sein, dass wir
uns mit den wichtigsten Gesetzen über Deckoperationen ver-
traut machen und eine Methode kennen lernen, nach welcher
sie der Rechnung unterworfen werden können. Wenn diese
Vorbereitungen getroffen sind, lässt sich die Lösung des Pro-
— 17 —
blems, alle denkbaren Erystallclassen aufzustellen^ in einfacher
und elementarer Weise durchführien. *
Die Eenniniss der Krystallsysteme und ihrer ünterabtheilungen
ist ursprünglich das Resultat empirischer Beobachtung. Die sieben
auch jetzt noch gebräuchlichen Krystallsysteme wurden von Weiss
eingeführt^). Die Einsicht in das gesetzmässige Verhältniss ihrer
ünterabtheilungen zu den Hauptabtheilungen lenkte das Augenmerk
der Erystallographen schon früh auf die Aufgabe, auch diejenigen
ünterabtheilungen aufzufinden, welche zunächst nur als theoretisch
möglich erscheinen. Man verfuhr dabei im wesentlichen inductiy
und Hess sich meist von Analogieverhältnissen leiten; allerdings
haben sich auf diese Weise mehi*fach irrthümliche Folgerungen er:
geben'). Der erste, welcher in der Aufzählung aller Symmetriearten
ein geometrisches Problem erkannte, und die Nothwendigkeit be-
griff, dasselbe deductiy mathematisch zu behandeln, war He s sei').
Ohne in der oben angegebenen Weise von der Aufsuchung der
einfachsten Symmetrieelemente auszugehen, ist er auf originellem,
wenn auch nach heutiger Auffassung umständlichem Wege, zur
Aufstellung aller möglichen Symmetriearten, resp. der 32 Erystall-
classen gelangt Die Nomenclatur allerdings ist wenig durch-
sichtig; in einer zweiten, später erschienenen Darstellung hat er
sie selbst durch eine sachgemässere ersetzt^). Dieser äussere um-
stand scheint bedauerlicher Weise veranlasst zu haben, dass seiner
Arbeit nicht diejenige Aufmerksamkeit zu Theil wurde^ welche sie
verdiente*^). Zwanzig Jahre nachher wurde das Problem, und zwar
unabhängig von Hessel, von neuem der Behandlung unterworfen.
Dies geschah durch Bravais' Arbeit über die symmetrischen Po-
lyeder*). Diese mit vielem Scharfsinn und in klarer Darstellung
durchgeführte Untersuchung ist jedoch leider nicht erschöpfend; eine
der möglichen Symmetrieclassen, nämlich diejenige, welche durch
eine 4n-zählige Aze zweiter Art characterisirt ist, ist Bravais
1) Chr. S. Weiss, Uebersichtliche Darstellung der verschiedenen
natfirlichen Abtheilongen der Krystallisationssjsteme. Abhandig. d. Berl.
Akad. 1815, S. 289.
2) Vgl. hierzu z. 6. die oben S. 8 erwähnte Arbeit von Gadolin,
besonders S. 29, 86, 39.
8) Vgl. das oben S. 8 befindliche Citat.
4) Ueber gewisse merkwürdige statische und mechanische Eigen-
schaften des Raumes. Marburg 1862. üniversitätsschrift.
5) Auch der Verfasser wurde erst von befreundeter Seite auf die*
selbe aufmerksam gemacht.
6) Memoire sor les polyädres de forme symätrique. Journal de
math. par Liouville, Bd. 14, S. 141— isa
Behoenflies, KrysUUstractor. 2
- 18 -
entgangen^). Dem Ausgangspunkt seiner Betrachtungen haftet
nämlich noch der empirische Character an; er glauhte, dass man
mit den drei elementaren Symmetrieelementen, Axe, Ehene, Centrum
der Symmetrie auskomme, und ist in Folge dessen zu der ehen
genannten Krystallclasse nicht gelangt. Die zweite erschöpfende
Erledigung der Aufgahe, alle theoretisch denkharen Krystallclassen
aufzustellen, verdanken wir Gadolin*); er hat von neuem, und
zwar wie es scheint, ohne die Bravaisschen Arheiten zu kennen,
die 32 Krystallclassen geometrisch abgeleitet In jüngster Zeit ist
dasselbe und zwar nach wesentlich verschiedener Methode auch von
Fedorow*), P. Curie*) und Minnigerode^) geschehen®).
Ausser den eben genannten Autoren hat sich auch Möbius
eingehend mit der Theorie der symmetrischen Polyeder beschäftigt.
Seine erste Arbeit hierüber^) erschien im Jahre 1849; sie betrifft
im wesentlichen nur die Ableitung der KrystoWsysteme. Wie
Möbius selbst mittheilt®), war sie bereits abgefasst, ehe die Bravais-
schen Untersuchungen vorlagen. Diese Untersuchungen bestimmten
ihn aber, die Theorie der symmetrischen Figuren von neuem ein-
gehender in Angriff zu nehmen. Ueber die erste Hälfte seiner Re-
sultate hat Möbius im Jahre 1851 in der sächsischen Gesellschaft
der Wissenschaften einen kurzen Bericht erstattet; er bekämpft
den oben skizzirten empirischen Standpunkt von Bravais, stellt
dem gegenüber die allgemeine Definition der Symmetrieeigen-
schaften auf, und gelangt in Folge dessen auch zu den Symmetrie-
axen zweiter Art^). Das Gesammtergebniss seiner Untersuchungen
1) Vgl. die Bemerkung auf S. 79 dieser Schrift.
2) a. a. 0. S. 2.
S)Fedorow hat seine Resultate bereits im Jahre 18B3 in der Peters-
burger mineralogischen Gesellschaft bekannt gemacht; vgl. Verhdlg. v.
Jahre 1884, Bd. 20, S. 334.
4) Sur les questione d'ordre, Bull, de la soc. min. de France, Bd. 7,
S. 89 u. 418, 1884.
5) Untersuchungen über die Symmetrieyerhältnisse der Erystalle,
Neues Jahrb. f. Min. Beilageb. 6, S. 146, 1887.
6) Mit den oben erwähnten Problemen hängt auch Hess, Lehre
von der Eugeltheilung, vielfach zusammen. Vgl. übrigens auch Cap. YU
dieser Schrift.
7) Ueber das Gesetz der Synunetrie der Erystalle, Ber. d. Sachs.
Ges. d. Wiss. 1849, Bd. 1, S. 66.
8) Ueber symmetrische Figoren, Ber. d. Sachs. Ges. d. Wiss. 1851.
Bd. Sf S. 19.
9) Vgl. die vorstehende Abhandlung, sowie die auf folgender Seite
citirte nachgelassene Arbeit, Vorrede, S. 664.
— 19 —
hat Möbius nicht mehr selbst veröffentlicht, obwohl sie im
Jahre 1851 schon so gut wie vollständig fertiggestellt waren.
In der von F. Klein besorgten Gesammtausgabe seiner Werke sind
sie von Reinhardt ans dem Nachlass herausgegeben worden^).
Vgl. die Vorrede, S. 563 ff. üebrigens ist zu bemerken, dass
Möbius in Folge einer irrigen Annahme bei dem Ausgangspunkt
seiner Ableitung nicht zu sämmtlichen Arten von Symmetrie, resp.
von symmetrischen Figuren gelangt. Vgl. hierüber die Bemerkungen
am Ende von Cap. V, S. 100.
1) Werke, herausgegeben auf Veranlassung der kdnigl. sächs. Ges.
d. Wiss., Bd. II, S. 667. Die Erörterungen, welche sich auf die den Axen
zweiter Art entsprechende Symmetrie beziehen, finden sich besonders
§ 14 und 15. Vgl. auch die unter Anm. 8 der vorigen Seite citirte Ab-
handlung, § 4.
Erstes Capitel.
Allgemeine Sätze ftber Operationen und ihre
Zusammensetzung.
§ 1. Aeqnivalente Bewegungen. Die Deckoperationen
erster Art sind Bewegungen^ welche einen festen Punkt 0
unverändert lassen. Diese wollen wir jetzt ins Auge fassen.
Als Objekt der Bewegung betrachten wir fürs erste irgend
einen festen Körper S. Die Bewegung eines solchen Körpers
um einen festen Punkt ist uns zwar aus der Anschauung un-
mittelbar vertraut; aber doch wird es zweckmässig sein, auf
diejenigen Verhältnisse; welche für uns in Frage kommen,
nochmals in präciser Form hinzuweisen.
Wir bezeichnen im Folgenden durchgehends den beweg-
lichen Körper durch einen einfachen Buchstaben ohne Index,
wenn es sich nur darum handelt, ihn von andern Körpern zu
unterscheiden, ihm also gleichsam einen Namen zu geben.
Während er sich bewegt, kommt er in verschiedene Lagen;
diese Lagen sollen durch Indices angedeutet werden. Sj, 5,,
S^ u. s. w. werden daher irgend welche Lagen bedeuten, die
der Körper S bei der Drehung um den festen Punkt 0 an-
nehmen kann.
Was von dem ganzen Körper gilt, soll auch von den
einzelnen Punkten 'desselben gelten. Wir bezeichnen durch
den Buchstaben Ä ohne Index irgend einen seiner Punkte,
um ihn aus der Gesammtheit der Punkte herauszuheben, und
verstehen unter Ä^y A^y A^ u. s. w. verschiedene Lagen, in
welche A in Folge der Bewegungen gelangen mag.
Es seien nnn S^ und S^ irgend zwei Lagen des beweg-
lichen Körpers; S^ wollen wir als Anfangslage, S^ als Endlage
— 21 —
betrachten. Der Weg, welchen der Körper zu durchlaufen
hat, um von S^ nach S^ zu gelangen, kann offenbar sehr
mannigfaltig gewählt werden. Es giebt daher eine grosse
Zahl von Bewegungen, welche den Uebergang aus einer Lage
Si in die Lage S^ yermitteln können.
Alle diese Bewegungen sollen als äquivalent betrachtet
werden; d. h. wir stellen folgende Definition auf:
Zwei Bewegungen heissen äquivalent, wenn sie einen Körper
aus derselben Anfangslage in dieselbe Endlage vberführen.
§ 2. Drehung um eine Axe. Für den Zweck, den wir
einzig und allein im Auge haben, handelt es sich bei der Be-
wegung niemals um den Weg, den der Körper zurücklegt,
sondern immer nur um Anfangslage und Endlage. Den Ueber-
gang aus der Anfangs- in die Endlage können wir uns so
einfach wie möglich denken; es sind daher immer nur die
einfachsten Bewegungs Vorgänge, auf welche wir unsere Auf-
merksamkeit zu lenken haben.
Wir betrachten zunächst die Drehung um eine durch 0
gehende Axe. Während der Drehung beschreibt jeder Punkt
P von S einen Kreisbogen, dessen Mittelpunkt auf der Axe a
liegt. Die Länge des Kreisbogens bestimmt den zugehörigen
Drehungswinkel. Ist l eine durch 0 gehende Gerade des
Körpers S, und sind l-^ und l^ ihre Lagen vor und nach der
Drehung, so bilden auch die Ebenen (a2J und (al^ den
DrehungswinkeU Der Drehungswinkel ist daher bestimmt, so-
bald ausser der Axe Anfangs- und Endlage irgend einer durch
0 gehenden Geraden l bekannt sind. In dem besonderen Fall,
dass der Drehungswinkel 180^ resp. n beträgt, bezeichnen wir
die Drehung als UnJcUvppung oder Umwendung.
Gelangt der Körper S durch Drehung um a aus einer
Lage Si in eine Lage S^, so bleibt die Axe a unbeweglich;
d. h. ihre Lagen a^ und a, sind identisch. Es ist aber auch
das umgekehrte richtig; d. h. sind Si und S^ zwei Lagen
des Körpers 8, und weiss man, dass Anfangs- und Endlage
einer gewissen Geraden a coincidiren, so bedarf es nur einer
Drehung um a, um den Uebergang des Körpers S aus der Lage
Si in die Lage S^ zu vermitteln.
- 22 -
Es sei a der Winkel einer Drehung^ die um die Axe a
stattfindet. Lassen wir nicht eine Drehung um a^ sondern
eine Drehung um den Winkel a '•\'2x eintreten, so nimmt der
bewegte Körper dieselbe Endlage ein; das gleiche findet statt,
wenn der Drehungswinkel die Grösse a + 4jr besitzt, u. s. w.
Alle diese Drehungen sind in dem oben definirten Sinn äqui-
valent; d. h. es gilt der Satz:
Lehrsatz L Drehungen um dieselbe Axe sind äquivalent^
wenn sie sich um eine oder mehrere volle Umdrehungen unter-
scheiden y d. h. wenn die Differenz der Drehungswinkel ein Viel-
faches von 2% ist,
Bemerkung 1. Es kann in bestimmten Fällen vorkommen,
dass die beiden Lagen 8^ und S^j die wir zu betrachten haben,
identisch sind. In diesem Fall kann von einer eigentlichen
Drehung nicht mehr die Rede sein. Es ist aber zweckmässig,
auch dann noch von einer Drehung zu sprechen, und zwar
von einer solchen, für welche sich der Drehungswinkel auf
Null reducirt. Dies wird auch durch den vorstehenden Satz
nahe gelegt; denn diese uneigentliche Drehung ist ja einer
wirklichen Drehung von der Grösse 2Xy resp. 43t... äquivalent
Bemerkung 2. Der Uebergang aus der Anfangslage S^
in die Endlage 8^ lässt sich auch dadurch vermitteln, dass wir
den Körper 8 um die Axe a im entgegengesetzten Sinn drehen,
und zwar um den Winkel 2% — a; auch hier dürfen ausser-
dem noch eine oder mehrere volle Umdrehungen um die Axe
a vorgenommen werden.
Im Gegensatz zu den vorher betrachteten Drehungen
pflegt man solche Drehungen als negativ zu bezeichnen; es ist
ersichtlich, dass jede Ortsveränderung des Körpers 8 sowohl
durch positive, als durch negative Drehungen herbeigeführt
werden kann. Da aber unter allen äquivalenten Drehungen
immer nur eine zu berücksichtigen ist^ so werden wir, um die
Darstellung möglichst einfach zu halten, immer nur mit posi-
tiven Drehungen operiren und die negativen ganz aus dem
Spiele lassen.
§ 3. ZusammensetKimg von Drehungen. Es seien a und
h zwei durch den Punkt 0 gehende Axen. Eine Drehung um
— 23 -
ng. 4.
a von der Grosse a möge den Körper S aus der Lage Si in
eine Lage S^ bringen. Sodann trete eine zweite Drehung um
die Äxe b ein, vermöge deren der Körper 8 aus der Lage /Sa
in die Lage S^ übergeht; der bezügliche Drehungswinkel sei ß.
Wie nun auch die Axen a und
b liegen mögen, so lässt sich
beweisen; dass es stets möglich
isi^ den Körper S aus der An-
fangslage Si in die Endlage S^
durch eine einjsige Drehung um
eine Axe c überzuführen.
In dem einfachen Fall, dass
die beiden Axen a und b mit
einander zusammen fallen, ist
die Behauptung unmittelbar evi-
dent; alsdann fallt auch c mit
a und b zusammen. Wenn dagegen a und b verschiedene
Axen sind, so ist (Fig. 4) c so zu bestimmen, dass in der
ans üj b, c gebildeten Ecke dem Sinn und der Grösse nach
^ cab =» i« und ^C abc «= ^ß ^)
ist.
Der Beweis ist leicht zu führen. Wir ziehen noch die-
jenige durch 0 gehende Gerade c\ welche das Spiegelbild von
e in Bezug auf die Ebene (ab) ist, so folgt, dass die Bogen
1) ac ■= ac' und bc = bc'
sind; und dass auch
^ bac' = \a und ^ c'ba = \ß
ist. Daher ist nach Sinn und Grösse
'^cac^=cc und ^cbc = ß.
Wir wollen nun diejenige Gerade des Körpers S ins Auge
fassen, welche bei der Anfangslage S^ mit der Axe c zusammen-
fallt. Da ac = ac und ^ cac = a ist, so gelangt sie in
1) Die Bezeichnungen der Winkel sind stets so gewählt, dass durch
die hesügliche Drehnng die zaletzt genannte Gerade ans der zuerst ge-
nannten hervorgeht. Die Figur enth< anch die Schnittpunkte der Ge-
raden mit einer um 0 als Mittelpunkt constrairten Kugel.
^ 24 -
Folge der Drehung um a nach c, und da auch hc^^hc' und
^ che ea ß ist, 80 kommt sie von hier aus in Folge der
Drehung um h wieder nach c zurück; ihre erste Lage fallt
also mit ihrer Endlage zusammen. Gemäss § 2 bedarf es
daher in der That nur einer Drehung um diese Axe c, um den
Körper S in die Endlage S^ zu bringen. Damit ist die obige
Behauptung erwiesen; also folgt:
Lehrsatz IL Führt ein Körper S nach einander Drehungen
um ewei Äxen a und b aus, welche sich in einem Punkte 0
schneiden, so kann die hierdurch bestimmte Ortsveränderung durch
eine einzige Drehung um eine ganz bestimmte Axe c vermittelt
werden, welche ebenfalls durch 0 geht^).
Man pflegt diesen Satz oftmals kurz dahin auszusprechen,
dass sich zwei Drehungen, deren Axen sich schneiden, stets
wieder zu einer Drehung zusammensetzen lassen. Dieselbe
heisst die zusammengesetzte oder resultirende Drehung und die
JDrehungen um a und b heissen ihre Camponenten.
1) Der Winkel der um c stattfindenden Drehung spielt zwar far die
Zwecke der vorliegenden Schrift keine Rolle, im Interesse der Voll-
ständigkeit des obigen Satzes möge jedoch die Bestimmung desselben
hier eine Stelle finden.
Wir haben (§ 2) Anfangs- und Endlage einer durch 0 gehenden
Geraden ins Auge zu fassen. Wir wählen dazu diejenige Gerade von
5, welche in der Anfangslage mit der Axe a coincidirt. Bei der Drehung
um a bleibt sie in Buhe, d. h. a und a^ sind identisch, durch Drehung
um b gelangt sie in die Endlage Oj, so dass
^aba,^ß
und Bogen
ab '^ a^b
ist Der Winkel der resultirenden Drehung ist daher
'^aea^ — y.
Denken wir uns nun wieder die Schnittpunkte Äy B, C7, A^ der Geraden
a, &, c, a, mit einer um 0 als Mittelpunkt gelegten Kugel, so sind die
Dreiecke ABC und A^BÖ congruent. Daher halbirt der Bogen BC
den Winkel AOA^; d. h. es ist
aus dem Dreieck ABC folgt daher noch' die symmetrisch gebaute
Gleichung
sin bc : sin ca : sin ab =^ sin ^a : sin ^ß : sin -^y.
— 25 -
Es folgt nun sofort^ dass sich auch beliebig viele Dre-
hungen^ deren Axen sämmtlich durch 0 gehen^ zu einer Drehung
zusammensetzen lassen, d. L es gilt der
Lehrsatz III. Drehungen um Axen a, b, c . . ., die durch
einen und denselben Fjunkt 0 gehen, lassen sich stets zu einer
eineigen Drehung um eine bestimmte Axe ß msammensetzen^ die
gleichfalls durch 0 geht,
§ 4. Wenn erst die Drehung um b vom Winkel ß und
dann erst die Drehung um a vom Winkel a erfolgt, so ist
auch die so bestimmte Bewegung einer einzigen Drehung um
eine durch 0 gehende Axe äquivalent Es entsteht aber die
Frage, ob diese Axe d mit der Axe c identisch ist oder nicht.
Wir betrachten zunächst wieder den einfachen Fall, dass a
dieselbe Gerade ist wie b. Alsdann ist auch d mit a und b
identisch, also auch mit c. Sind a und h verschiedene Axen,
so construiren wir d nach den oben angegebenen Vorschriften.
Da aber jetzt die erste Drehung um b stattfindet, so haben
wir gemäss § 3 e2 so zu zeichnen, dass in der aus b, a, d ge-
bildeten Ecke (vgl. Fig. 2) nach Sinn und Grosse
^(eZ6a) — i/5 und ^{bad) = \a
ist. Diese Gleichungen, mit den Gleichungen des § 3 ver-
glichen, ergeben unmittelbar, dass d mit c' identisch ist; d. h.
c und d sind verschiedene Geraden, und zwar ist d das Spiegel-
bild von c in Bezug auf die durch a und b gehende Ebene.
Die letzte Bemerkung gestattet übrigens auch die Frage
zu beantworten, unter welchen Bedingungen die Axen c und
d identisch werden. Dies kann offenbar nur für solche Ge-
raden c eintreten, welche mit ihrem Spiegelbild zusammen-
fallen, bei verschiedenen Axen a und b also nur, wenn die Axe
c auf der Ebene (ab) senkrecht steht.
Das Vorstehende führt zu dem
Lehrsatz IV. Bei der Zusammensetzung von Drehungen
hängt die resuiHrende Drehung im Allgemeinen von der Beihen-
folge äby in loelcher die einzelnen Drehungen ausgeführt werden.
§ 5. Der Snlersohe Satz. Es seien 8^ und S^ irgend
zwei beliebige Lagen des beweglichen Körpers, so sagt der
- 26 —
Eulersclie Satz aus^ dass es stets möglich ist den Körper S
aus der Anfangslage 5^ in die Endlage S^ durch Drehung am
eine einzige durch 0 gehende Axe überzuführen. Um dies zu
beweisen^ fassen wir Anfangslage und Endlage irgend einer
Fig. 5. durch 0 gehenden Geraden l von S ins Auge
und bezeichnen sie durch l^ und 2,. Diese
Geraden bestimmen (Fig. 5) eine Ebene; sei
n die durch 0 gehende Normale dieser Ebene
und V der Winkel (Zj Zg). Wir nehmen nun den
Körper S zunächst in der Anfangslage an^
und lassen um die Gerade n eine Drehung
vom Winkel v eintreten. Dadurch gelangt
offenbar l^ nach l^y d. h. die Gerade l in ihre Endlage; gemäss
§ 2 bedarf es daher nur noch einer gewissen Drehung um die
Gerade l^^ um den Körper S in die Endlage S^ zu bringen.
Der Uebergang des Körpers S aus der Lage S^ in die
Lage 8^ kann daher durch zwei auf einander folgende Dre-
hungen um resp. n und l^ vermittelt werden. Diese beiden
Drehungen sind aber, wie eben (§ 5) bewiesen, stets einer
einzigen Drehung um eine durch 0 gehende Axe c äquivalent;
also folgt:
Lehrsatz V. Ein um einen festen PunJct 0 beweglich
Körper S kann atis einer beliebigen Anfangslage 5^ in eine be-
liebige Endlage S^ stets vermittelst einer Drehung um eine einstige
durch 0 gehende Axe übergeführt werden,
§ 6. Die Operationen zweiter. Art. Die Deckoperation
zweiter Art ist entweder eine Spiegelung an einer durch 0
gehenden Ebene, oder sie ist aus einer solchen Spiegelung
und einer Bewegung um den Punkt 0 zusammengesetzt. Jede
Spiegelung, sowie jede mit einer Spiegelung verbundene Be-
wegung bewirkt, dass ein Körper S in einen ihm spiegelbildlich
gleichen Körper 8' übergeht. Den Vorgang, welcher einen
Körper S in einen ihm spiegelbildlich gleichen Körper S' ver-
wandelt, wollen wir allgemein als eine Operation der zweiten
Art bezeichnen, und analog dazu die Bewegungen auch Opera-
tionen erster Art nennen.
— 27 —
Für die Operationen zweiter Art lässt sich in ähnlicher
Weise^ wie für die Bewegungen ^ der Begriff der Aequivalenz
einführen, und zwar stellen wir folgende Definition auf:
Operationen zweiter Art heissen äquivalent, wenn sie einen
Körper 8 in denselben ihm spiegelbildlich gleichen Körper S'
überfuhren.
Es handelt sich daher auch hier in erster Linie darum,
die einfachsten unter den Operationen zweiter Art ausfindig
zu machen.
Die allgemeine Operation zweiter Art besteht aus einer
Spiegelung und einer Bewegung^), welche Punkt 0 unverändert
lässt. Aber nach dem Eulerschen Satz kann jede Bewegung
durch eine Drehung um eine durch 0 gehende Axe ersetzt
werden; folglich ist jede Operation zweiter Art durch eine
Spiegelung und eine Drehung ausführbar, und zwar so, dass
die spiegelnde Ebene und die Drehungsaxe beide durch den
Punkt 0 gehen.
§ 7. Ueber die Lage der Drehungsaxe zu der Spiegelungs-
ebene lässt sich aus dem Vorstehen'
den keine Folgerung ziehen. Dies
ist daher noch besonders zu unter-
suchen.
Den einfachsten Fall repräsentirt
diejenige Operation, bei welcher eine
Drehung nicht auftritt, d. h. die Spie-
gelung selbst. Jeder Punkt und jede
Gerade geht durch sie in ihr Spiegel-
bild über.
Nehmen wir ferner an, dass (Fig. 6) die Drehungsaxe u
auf der spiegelnden Ebene e senkrecht steht, und dass der
zugehörige Drehungswinkel die Grösse it hat, d. h. dass die
Drehung eine Umklappung um u ist, so erhalten wir ebenfalls
einen einfachen Typus einer Operation zweiter Art, nämlich
Fig. 6.
U
<- 1- 7.1^
Z
LI
y
V
I
1) Ist eine Bewegung nicht yorhanden, so können wir, wie oben,
wieder von einer Drehung vom Winkel Nnll sprechen. Alsdann ist die
reine Spiegelung wieder mit einbegriffen.
— 28 —
deDJenigeii; welcher als Inversion bezeichnet wird. Ist nsunlich
Ä^ irgend ein Punkt in der Anfangslage, so gelangt er in
Folge der Spiegelung an £ in die Lage Äj^ und von da in
Folge der Umklappung um u in die Endlage A^] und zwar
geht ÄiÄ^ durch 0 und 0 ist der Mittelpunkt dieser Strecke.
Die Inversion ersetzt daher jeden Punkt durch denjenigen Punkt,
welcher ihm in Bezug auf 0 diametral gegenüber liegt. Der
Punkt 0 wird das Centrum der Inversion genannt.
Wenn wir annehmen, dass zuerst die Umklappung um
die Axe u und dann die Spiegelung gegen die Ebene e ein-
tritt, so gelaugt A^ zunächst nach A^' und dann ebenfalls
nach A2] die Reihenfolge, in welcher die Umklappung und die
Spiegelung eintreten, ist daher für die Endlage aller Punkte
völlig gleichgiltig. Beachten wir ferner, dass die Endlage A^
ausser von A^ nur von 0 abhängt, so ist ersichtlich, dass wir
stets zu demselben Punkt A^ gelangen müssen, welche Lage
auch die Ebene s haben möge. Also folgt:
Lehrsatz VI. Die Inversion kann durch eine Spiegelung und
eine Umklappung um die zur spiegelnden Ebene senkreckte Axe
ersetzt werden. Die Lage der spiegelnden Ebene ist beliebig, ebenso
die Beihenfolge, in welcher Spiegelung und UmJdappung ausgeführt
werden,
§ 8. Wir hatten oben (§ 5) gefunden, dass jede Bewegung
um einen Punkt einer Drehung um eine Axe äquivalent ist;
ebenso lässt sich auch für die allgemeine Operation zweiter
Art eine typische Form angeben. Die bezügliche Operation
möge den Körper S aus der Lage S^ in den ihm spiegelbild-
lich gleichen Körper S^ überführen. Diesen Process denken
wir uns etwas abweichend von der früheren Art in folgender
Weise ausgeführt. Zunächst möge eine Inversion gegen 0 ein-
treten. Dieselbe verwandelt den Körper S^ in den ihm spiegel-
bildlich gleichen Körper S^. Nun ist noch S^ mit 5/ zur
Deckung zu bringen, und dies geschieht, da beide Körper con-
gruent sind, vermittelst einer Drehung um eine bestimmte
durch 0 gehende Axe. Die Operation zweiter Art kann dem-
nach in eine Inversion gegen 0 und eine Drehung um eine
Axe u aufgelöst werden; cd sei der zugehörige Drehungswinkel.
- 29 -
Nun lässt sich aber die Inversion in der oben angegebenen
Weise durch eine Spiegelung an einer beliebigen Ebene und
eine ümklappung ersetzen. Diesen Umstand wollen wir so
ausnützen, dass wir (Tgl. Fig. 6) die spiegelnde Ebene s senk-
recht auf der eben genannten Drehungsaxe u annehmen, also
die Ümklappung um die Axe u stattfindet Alsdann folgt un-
mittelbar, dass die bezügliche Operation zweiter Art der Spie-
gelung gegen s und derjenigen Drehung um u äquivalent ist^
deren Winkel ä + a> ist.
Der Herleitung nach hat zuerst die Spiegelung einzutreten;
es ist aber leicht ersichtlich, dass dieselbe Operation erzielt
wird, wenn zuerst die Drehung und dann die Spiegelung aus-
geführt wird. In der That gelten die Betrachtungen, die an
der Hand von Fig. 6 eben für die Inversion angestellt wurden,
in derselben Weise auch hier, nur dass die Geraden A^Ai'
und Ä^Ä^ nicht mehr mit der Drehungsaxe in einer Ebene
liegen. Wir erhalten demnach folgendes Resultat:
Lehrsatz VII. Die Operation eweiter Art kann so durch
eine Spiegelung und eine Drehung ersetsst werden, dass die Dre-
hungsaxe auf der siegelnden Ebene senkrecht steht. Die Beihen-
folge, in welcher Spiegelung und Drehung ausgeführt werden, ist
beUAig.
Für die so aus Spiegelung und Drehung bestehende Ope-
ration möge die Bezeichnung Drehspiegelung eingeführt werden.
Die oben bereits erörterten einfachsten Operationen zweiter
Art, Spiegelung und Inversion, entsprechen den besonderen
Fallen, dass der Drehungswinkel resp. den Werth Null oder
X hat
§ 9. Die typisohen Formen der Bewegungen nnd Ope-
rationen Bweiter Art. Das Ergebniss der vorstehenden Er-
örterungen lässt sich dahin aussprechen, dass unr für Opera-
tionen erster und eweiter Art je eine einfachste typische Form
ermiiteU haben. Die typische Form der Operationen erster Art,
d« h. der Bewegungen, ist die Drehung um eine Axe; jede Be-
wegung um einen festen Punkt ist einer solchen Drehung
äquivalent Als typische Form für die Operationen zweiter
Art hat sich die Drehspiegelung ergeben; d. h. die Verbindung
- 30 —
einer Drehung mit einer Spiegelung , deren Ebene senkrecht
auf der Drehungsaxe steht Jede Operation zweiter Art, die
einen Punkt unverändert lässt, kann durch eine Drehspiege-
lung bewirkt werden.
Für die Praxis ist es zweckmässig, die beiden einfachsten
Fälle der Drehspiegelung, die den Winkeln Null und n ent-
sprechen, d. h. die reine Spiegelung und die Inversion, beson-
ders herauszuheben. Der Grund ist ein doppelter. Einerseits
sind diese Operationen, wenn wir ihre Anschaulichkeit ins
Auge fassen, viel einfacher als die allgemeine Dreh Spiegelung,
andrerseits aber, und das ist die Hauptsache, pflegt man in
den meisten Fällen mit Spiegelung und Inversion vollkommen
auszureichen.
§ 10. Zasammensetzung beliebiger Operationen. Wir
schliessen das vorstehende Capitel, indem wir den Begriff der
Zusammensetzung auf beliebige Operationen übertragen. Es
ist unmittelbar evident, dass irgend zwei Operationen erster
oder zweiter Art hinter einander ausgeführt, wieder einer Ope-
ration erster resp. zweiter Art äquivalent sind. Wir werden
später für verschiedene specielle Fälle die Art der resultirenden
Operation genauer bestimmen. An dieser Stelle beschränken
wir uns darauf, einen einzigen Satz allgemeineren Inhalts ab-
zuleiten. Derselbe lautet:
Lehrsatz VIII. Ztoei Opefationen jsweiter Art, die einen
Punkt 0 unverändert lassen, sind ettsammen in allen Fallen einer
Drehung um eine durch 0 gehende Axe äquivalent
Die erste Operation zweiter Art verwandelt nämlich einen
Körper 8^ in einen ihm spiegelbildlich gleichen Korper S/.
Unterwerfen wir nunmehr den Körper S^ einer zweiten Ope-
ration zweiter Art^ so geht aus ihm offenbar ein Körper S^
hervor, welcher mit S^ congruent ist. Aber S^ und S^ lassen
sich durch blosse Bewegung, resp. Drehung um eine durch 0
gehende Axe zur Deckung bringen, und damit ist der Satz
bewiesen.
Zweites Capitel.
Das Rechnen mit Operationen.
§ 1. Einführiiiig neuer Bezeichnungen. Die im Yor-
stebenden Capitel abgeleiteten Sätze knüpften sich an die
Existenz eines Körpers S, welcber gewissen Drehungen oder
Operationen zweiter Art unterworfen wird. Die Gestalt dieses
Körpers blieb ganz willkürlich, sie spielt weder bei den Be-
weisen noch im Wortlaut der Lehrsätze irgend eine Rolle.
In Folge dessen ist es zweckmässig, den Korper S ganz und
gar ausser Acht zu lassen. Wir werden daher, um die Dar-
stellung zu kürzen, im Folgenden in einer etwas mehr ab-
stracten Form von den Operationen selbst handeln, ohne uns
darum zu kümmern, welches die Raumgebilde sind, die den-
selben unterworfen werden.
Dasjenige, was wir für die Zwecke der Krystallographie
über Drehungen und Operationen zweiter Art zu wissen nöthig
haben, betrifft ausschliesslich die Zusammensetzung derselben.
Die Ableitung der hierauf bezüglichen Gesetze wird durch
einen bemerkenswerthen Umstand ausserordentlich vereinfacht.
Bei der Zusammensetzung der Operationen kann nämlich, wie
wir sofort erkennen werden, mit gutem Erfolg eine Rech-
nungssymbolik benutzt werden, welche Aehnlichkeit mit der
Multiplikation der Zahlen hat. Dies wollen wir zunächst er-
läutern.
Im Interesse einer einfachen Darstellung scheint es zweck-
mässig zu sein, wenn wir uns vorläufig allein auf Drehungen
beschränken, also zunächst nur die Zusammensetzung der Dre-
hungen selbst ins Auge fassen.
- 32 —
Eine Drehung um die Axe a, deren Winkel a ist, be-
zeichnen wir von nun an durch S((a) oder kurz durch S(. Unter
«(«), JBOJ), e(y)...
resp.
a, 85, e ...
sind daher Drehungen zu yerstehen, deren Axen resp. a, &, c
sind, und deren Grosse durch die Winkel a, ß^y . .. bestimmt
ist. Für diese Winkel gelten die oben Cap. 1, 2 getroflfenen
Festsetzungen. Wir nehmen dieselben also stets als positiv
an; im übrigen können sie jede beliebige Grosse haben; wie
schon oben bemerkt, wird es ja bisweilen nöthig sein, auch
solche Drehungen ins Auge zu fassen, die aus mehr als einer
Yollen Umdrehung bestehen.
§ 2. Fotensen von Drehungen. Betrachten wir nun die
Drehungen, welche resp. durch
«(a), «l(2a), a(3a) ^(na) ....
dargestellt sind. Wir können uns yorstellen, dass die Drehung
?[(2a) entsteht, wenn die Drehung 8[(a) um die Axe a zwei-
mal hinter einander ausgef&hrt wird. Ebenso ergiebt sich
?[(3a) bei einer dreimaligen Wiederholung der Drehung Ä,
und allgemein ?l(na), wenn die Drehung % nmal hinter
einander erfolgt. Im Anschluss an diese Ueberlegungen soll
jetzt eine neue Bezeichnung eingeführt werden. Wir bejseichnen
nämlich die vorstehenden Drehungen Tcurz durch
a, a^ «», a»,
so dass also ganz allgemein für jede positive ganze Zahl n
«(na) = a»
gesetzt ist. Die Drehung «(«) nmal hinter einander ausge-
führt, wird also genau so bezeichnet, als ob sie die nte Potenz
von a wäre.
In dieser Bezeichnung steckt aber nicht allein eine äusser-
liche Analogie zu den Potenzen; vielmehr ~ und hierauf be-
ruht ihre Zweckmässigkeit — kann bei der neuen Bezeichnungs-
weise mit den Drehungen genau so gerechnet werden, als ob sie
Potenzen wären. Dies werden wir sofort erweisen.
— 33 —
Es seien h und k irgend zwei positive ganze Zahlen^
80 dass also
a(Äa) — «* und %(ka) = «*
gesetzt werden kann. Sind nun 81* und Ä* wirkliche Potenzen,
so bestellt die Gleichung
1) «*.«* = «*+*.
Die Frage ist, ob diese Gleichung auch für die Drehungen
einen wirklichen Sinn hat. Dies ist in der That der Fall.
Die Drehungen W^ und W' sind nämlich zusammen einer
Drehung um den Winkel (A-|-A;)a, d. h. eben der Drehung
?l*+* äquivalent; die obige Gleichung gilt daher in dem Sinne,
dass die Multiplication die Zusammensetzung der bezüglichen
Drehungen bedeutet und beide Seiten der Gleichung äqui-
valente Drehungen repräsentiren. Auf Grund dessen dürfen
wir mit den Drehungen
«, a«, W
genau so rechnen, wie mit Potenzen; in der That ist
« . «« = «8, a« . 21« — a . «* = ?i» . « = a* u. 8. w,
§ 3. Die IdenÜt&t« Die in der Krystallographie auf-
tretenden Drehungswinkel stehen sämmtlich in einem ratio-
nalen Yerhaltniss zu 2x, Ist beispielsweise a = 120^, so ist
Ä* eine Drehung um 240^ und ?[* eine Drehung um 360®,
d. h. eine volle Umdrehung. Eine volle Umdrehung ist aber
einer Drehung vom Winkel Null äquivalent; es ergiebt sich
also auch hier die Nothwendigkeit, die Drehung vom Winkel
Null ins Auge zu fassen. Wir bezeichnen sie durch 9(0).
Wenn wir versuchen, die Analogie mit den Potenzen auch
auf die Drehung von der Grosse Null auszudehnen, so können
wir dafür nur das Symbol %^ s=s l einführen. Dies ist in der
That nothwendig, wenn wir im Einklang mit den obigen
Bezeichnungen bleiben wollen. Setzen wir nämlich die Dre-
hung 91(0) mit irgend einer andern Drehung Sl^ »» a(Aa)
zusammen, so ergiebt sich als resultirende Drehung natürlich
wieder W^ selbst; das Zeichen für 21(0) muss daher so gewählt
Sehoenfliet, KrysUlIitractar. 3
— 34 —
werden, dass es mit Ä* multiplicirt wieder Ä* giebt; und dies
ist gerade für die Zahl 1 resp, für die Potenz Ä® der Fall.
Wir beschliessen diese Erörterungen durch folgende Definition:
Die Drehung von der Grösse Null heisst Identität Das
Zeichen' für dieselbe ist 1.
^ § 4. Froduote von Drehnngen. Die im vorstehenden
entwickelte Methode , die Zusammensetzung von gewissen
Drehungen^ die um dieselbe Axe stattfinden, symbolisch durch
die Multiplication von Potenzen auszudrücken, lässt sich auf
Drehungen um beliebige durch denselben Punkt gehende Axen
übertragen und zwar auf folgende Weise. Sind Ä und 85
irgend zwei Drehungen, deren Axen durch den Punkt 0 gehen,
uud @ die ihnen äquivalente resultirende Drehung, so wollen
wir von nun an diese Beziehung durch die Gleichung
as3 = ©
characterisiren, und nennen ^ das Product von % und iB.
Offenbar wird diese Bezeichnung durch die eben erörterte An-
wendbarkeit des Potenzbegriffes nahe gelegt
Die Berechtigung der vorstehenden Definition ist nunmehr
zu prüfen. Dazu haben wir zu untersuchen, ob und wie sich
mit solchen Producten rechnen lässt.
Zunächst springt ein wesentlicher Unterschied gegen die
aus Zahlen gebildeten Producte in die Augen. In dem aus
% und S3 gebildeten Product ist nämlich die Reihenfolge der
Drehungen, gemäss Gap. I, IV im Allgemeinen nicht gleich-
giltig; die resultirende Drehung ist davon abhängig, ob erst
die Drehung % und dann 93, oder erst die Drehung S3 und
dann % ausgeführt wird. Es ist daher festzusetzen, welche
Reihenfolge gemeint ist, wenn wir dem aus % und 93 gebildeten
Product die Form 2193 geben. Dies geschieht folgendermassen.
Unter dem Product Ä93 verstehen wir diejenige Ortsver-
änderung, welche eintritt, wenn euerst die Drehung Sl und dann
die Drehung 93 ausgeßihrt unrd.^)
1) Der hier benutzte Productbegriff deckt sich also nicht voll-
ständig mit dem arithmetischen Productbegriff. Darin liegt natürlich
kein Hindemiss, das Wort „Product" far den oben angegebenen Zweck
zu benutzen.
— 35 —
Die Reihenfolge, in welcher die Drehungen vor sich
gehen, entspricht also in den Formeln der Bichtnng von links
nach rechts. Dass in speciellen Fällen die resultirende Dre-
hung sich nicht ändert, wenn die Reihenfolge der Compo-
nenten vertauscht wird, haben wir bereits oben bemerkt. Für
Drehungen, die um dieselbe Axe stattfinden, ist dies immer
der Fall, daher war es auch nicht nöthig, in den vorher-
gehenden Paragraphen beim Rechnen mit Potenzen auf die
Reihenfolge Rücksicht zu nehmen.
§ 5. Die einzige Operation, die wir für unsere Zwecke
mit den Drehungen vorzunehmen haben, ist die wiederholte
Zusammensetzung derselben. Dieselbe führt auf Producte von
beliebig vielen Factoren, so dass jeder Factor eine Drehung
repräsentirt* Wir wollen nunmehr untersuchen, wann diese
Producte derselben resultirenden Drehung äquivalent sind,
resp. welche formalen Aenderungen die Producte gestatten,
ohne dass sie aufhören, derselben Ortsveränderung äquivalent
zu bleiben.
Sind a, &, c Zahlgrossen, so besteht die fundamentale
Gleichung
(ab)c = a(bc),
Sie bewirkt, dass in einem Zahlenproducte, ohne dass der Werth
desselben sich ändert, Factoren beliebig in Klammem einge-
schlossen werden können, und umgekehrt derartige Klammem
sich tilgen lassen. Das Grundgesetz, welches sich darin aus-
spricht, ist auf Drehungen übertragbar; d. h. es gilt die
Gleichung ^
(5135)© = si(95S).
In der That, die linke Seite repräsentirt diejenige Ortsver-
anderung, welche eintritt, wenn erst die Drehungen 8 und
SB, und dann noch @ ausgeführt wird. Die rechte Seite ver-
langt, dass erst die Drehung 21, und dann noch nacheinander
die Drehungen S3 und (S ausgeführt werden; d. h. aber in
beiden Fällen sollen der Reihe nach die drei Drehungen
8, S3, (S vor sich gehen. Damit ist die obige Gleichung als
richtig nachgewiesen. Daraus folgt^ dass wir in den beiden
- 36 --
obigen Producten genau wie bei Zahlen die Klammem ganz
und gar weglassen konneu; jedes dieser Producta kann ein-
fach durch
SIS5©
bezeichnet werden. Dies gilt natürlich auch für beliebig viele
Drehungen. Beispielsweise ist
«(936)® = («83)63),
denn beide Producte sagen aus, dass hinter einander die vier
Drehungen 21, 83, S, S) ausgeführt werden sollen u. s. w. Wir
haben daher für die Rechnung mit Drehungen folgende beiden
Hauptgesetze gewonnen:
Lehrsatz I. In einem Prodwt von Drehungen darf die
Beihenfolge derselben im Allgemeinen nicht geändert werden,
Lehrsatz IL Jedes Product von Drehungen bleibt ungeändert^
wenn man beliebig viele auf einander folgende derselben in eine
Klammer einsMiesst, resp. derartige Klammern tilgt.
§ 6. FrodXLOte und Fotenssen von beliebigen Operationen.
Die vorstehenden Definitionen und Sätze haben wir aus dem
Grunde zunächst für Drehungen allein abgeleitet, weil bei
dieser Beschränkung die Darstellung einfacher und anschau-
licher ist. Es ist aber unmittelbar evident, dass die Definition
der Potenz, resp. des Products und die von demselben giltigen
Lehrsätze I und II auf beliebige Operationen übertragbar
sind. In der That sind ja irgend zwei Operationen erster oder
zweiter Art, die nach einander eintreten, stets wieder einer
gewissen Operation erster oder zweiter Art äquivalent; es
lässt sich also in demselben Sinne von einem Product von
beliebigen Operationen sprechen, wie von einem Product von
Drehungen. Ist z. B. @ eine Spiegelung und U eine Um-
klappung um eine zur spiegelnden Ebene senkrechte Axe, so
ist das Product beider Operationen diejenige Operation, welche
ihnen beiden zusammen äquivalent ist, also (Cap. I, VI) eine
Inversion 3; es besteht daher die Gleichung
3 = ©U = U@.
Andrerseits bleiben aber offenbar alle die Schlüsse, welche
zu den beiden Sätzen des vorstehenden Paragraphen führten,
— 37 —
unverändert bestehen, wenn wir statt der Drehungen beliebige
Operationen erster oder zweiter Art betrachten; wir sind daher
zu folgenden Aussprüchen berechtigt
Unter einem Prodtwt vmi beliebigen Operationen S und SR
versteht man diejenige Operation SR, welche eintritt, wenn erst die
Operation S und dann SR ausgeführt wird.
Lehrsatz III. In einem Product von Operationen darf die
Beihenfolge derselben im Allgemeinen nicht geändert werden.
Lehrsatz IV. Jedes JProduct von Operationen bleibt unge-
ändert, wenn man beliebig viele derselben in Klammem ein-
schliesst, oder solche Klammem tügt.
(S2K)9l • • . = S(2R9l) • • • = SaRSR - • •
Es ist zweckmäasig, an der Hand dieser Sätze auf die-
jenigen Bechnungsregeln hinzuweisen, von denen im Folgenden
immer Gebrauch gemacht werden wird.
1) In jedem Product von Operationen ist es gestattet,
eine beliebige Operation durch andere ihr äquivalente zu er-
setzen und umgekehrt. Beispielsweise kann man in jedem
Product die Inversion 3 durch U@ ersetzen und umgekehrt.
2) Jede Gleichung zwischen Operationen darf in der Weise
mit derselben Operation multiplicirt werden, dass die Multi-
plication auf beiden Seiten gleichzeitig von rechts oder gleich-
zeitig von links erfolgt. Denn sind 91, S, S^, 3R, 9R^, ...
beliebige Operationen, und ist
&m Si2»i---,
so ist offenbar auch
S2R...5ft = S^aRj...gt
und ebenso ist, wie leicht ersichtlich, auch
gtSSR . . • = «SiSRi • • •
Wir sagen, dass die letzten beiden Gleichungen aus der
ersten durch rechtsseitige resp. linksseitige Multiplication mit
91 hervorgehen.
3) Enthalten die beiden in einer Gleichung stehenden
Producte recht>s resp. links dieselbe Operation, so kann die
- 38 —
Gleichung durch diese Operation dividirt werden. D. h. be-
stehen die Gleichungen
saß. .SR-Sia», ...gt
oder
9lSaÄ-- = 3lSi3Ri.--,
so ist in beiden Fällen
ßüR 2,3», . . .
Bezeichnen wir nämlich die im umgekehrten Sinn aus-
geführte Operation 91 durch Wy so ist evident , dass 91 und
9r sich gegenseitig aufheben^ d. h. es ist
9191' = 9l'9l = 1.
Wenn wir nun die ersten beiden Gleichungen rechts resp.
links mit 9i' multipliciren, so ergiebt sich die dritte Gleichung,
um die Yorstehende Rechnungssymbolik auf ein Beispiel
anzuwenden, wollen wir den Cap. I, VII bewiesenen Satz, dass
jede Operation zweiter Art einer gewissen Drehspiegelung
äquivalent ist, hier nochmals ableiten. Wir hatten gesehen
(S. 28), dass eine Operation zweiter Art — wir bezeichnen sie
durch ß — durch eine Inversion und eine Drehung vermittelt
werden kann. Nennen wir die Drehung % und die Inversion 3,
so besteht in Folge dessen die Gleichung
2 = 3a(a).
Die Inversion 3 ist aber, wie Cap. I, VI bewiesen, gleich
dem Product aus der Spiegelung @ an der zu a senkrechten
Ebene und einer Umklappung um a; d. h. es ist
S = ©«(«), .
und wird dies eingesetzt, so folgt
ß = ©Sl(Ä)2l(a)
= ©«(ä + «)
und dies ist die Behauptung.
Wir bezeichnen von nun an eine Operation der zweiten
Art, deren Axe a und deren Winkel a sein möge, durch-
gehends durch
g(Ä), resp. S.
— 39 --
Für a == 0, reep. a = ä erhalten wir die Spiegelung und
Inversion. Für diese beiden Operationen wollen wir^ da sie
vielfach gebraucht werden^ besondere einfache Zeichen ein-
fahren^ nämlich @ für die Spiegelung und 3 für die Inversion^
so dass die Gleichungen gelten
©==ä(o), 3 = a(^).
§ 7. Speoielle Fälle. Es ist in vielen Fällen nothwendig
zu wissen^ welche Operation durch das Product gewisser ein-
facher Operationen wie Drehung, Spiegelung u. s. w. repräsen-
tirt wird. Diejenigen hierauf bezüglichen Sätze, von denen
wir im Folgenden Gebrauch zu machen haben^ sollen nach-
stehend abgeleitet werden.
Wir beginnen mit zwei einfachen Gleichungen, deren
Richtigkeit unmittelbar ersichtlich ist, nämlich es ist
1) @« = 1 und 3*==1;
in der That heben sich ja zwei Spiegelungen an derselben
Ebene gegenseitig auf und ebenso zwei Inversionen gegen
denselben Punkt; d. h.
Lehrsatz V. Das Quadrat einer Spiegelung oder Inversion
gid)t die Identität.
Sind femer @ und ©^ zw&i Spiegelungen an verschie-
denen Ebenen s und f^, die den Winkel a mit einander bilden,
und ist a ihre Schnittlinie, so ist, wie wir sofort zeigen werden,
2) @©i = a(2a); d. h.
Lehrsatz VI. Das Product von m/oei Spie-
gelungen ist eine Drehung um die Schnittlinie
der spiegelnden Ebenen.
Zunächst nämlich ist evident, dass (Fig. 7)
jeder Punkt der Geraden a bei beiden Spie-
gelungen seinen Platz nicht ändert; daher ist
das Product eine Drehung um a. Ist nun {
irgend eine auf a senkrechte Gerade der Ebene
Bj so bleibt dieselbe bei der Spiegelung gegen
i ebenfalls unverändert; und tritt alsdann die
Spiegelung ©^ ein, so geht l in die Gerade l^ über, welche
ihr Spiegelbild in Bezug auf die Ebene e^ ist Der Winkel
Fig. 7
- 40 —
(üij) = 2a ist demnach der Drehungswinkel. Wie die Her-
leitung zeigt, ist genauer gesprochen a derjenige spitze Winkel^
um welchen die Ebene e gedreht werden muss, um mit e^ zu-
sammenzufallen. Die Reihenfolge der Spiegelungen ist daher
im Allgemeinen nicht vertauschbar.
Stehen die spiegelnden Ebenen senkrecht auf einander^
so ist das Product eine Umklappung. In diesem besonderen
Fall ist übrigens die Reihenfolge^ in welcher die Spiegelungen
vor sich geheu^ gleichgiltig.
Aus dem eben abgeleiteten Satz fliesst eine wichtige Fol-
gerung. Wir multipliciren die Gleichung 2) und zwar beide
Seiten von links mit ©, so folgt wegen ©^ =« 1, dass
3) ©1 = ©21
ist. In derselben Weise ergiebt sich, wenn wir Gleichung 2)
rechtsseitig mit ©^ multipliciren,
4) © = «@i.
Dies giebt den
Lehrsatz VII. Das Product aus einer Drehung und einer
Spiegelung, deren Ebene die Drehungsaxe enthält, ist mieder eine
Spiegelung, deren Ebene durch die Drehungsaxe geht
Der Winkel der spiegelnden Ebenen ist, wie das vor-
stehende zeigt, gleich dem halben Drehungswinkel.
Lehrsatz VIII. Ist 3 eine Inversion, © eine Spiegelung und
U dne Umklappung, deren Axe auf der spiegelnden Ebene senk-
recht steht, so ist das Product von eweien der drei Operationen
3; @, U stets der dritten äquivalent
Wir wissen nämlich bereit^; dass
3 = ©U und S = U©
ist. Hieraus folgt durch linksseitige, resp. rechtsseitige Mul-
tiplication mit ©, da ja ©* = 1 ist,
@3 = ©m = U,
3@ = U@« — U.
Wenn die ersten beiden Gleichungen von rechts resp.
links mit U multiplicirt werden, so ergiebt sich, da auch
U* = 1 ist,
U3-U«© = ©.
- 41 —
Diese Gleichungen sind übrigens sämmtlich in der einen Glei-
chung
S@U = 1
enthalten, welche mittelst der vorstehenden leicht verificirt
werden kann.
Wir beweisen schliesslich noch einen Lehrsatz allgemei-
neren Characters, der sich auf jedes Product bezieht^ das von
der Reihenfolge der Operationen unabhängig ist. Er lautet:
Lehrsatz IX. Ist das aus fi und SR gebildete Product von
der Beihenfolge der Operationen unabhängig^ so ist die n** Poteng
von SSK dem Product aus 2"^ und SW" äquivalent.
Nach Voraussetzung ist nämlich
S3R = 2RS.
Daher wird gemäss Lehrsatz IV
(22R)*-=(S3R)(SaK)
« iJ(2R2)aR
= S(23R)2R = S»3R^
Ebenso folgt nun
(ßmy = (2a»)«(SüR)
= 2«aR«2aR
= 2*aR(aK2)aR
= 2«2R(2aR)aR
= 2*(2R2)aR*
= 2«(2ÜR)2R» = 2»2R»,
In derselben Weise kann man weiter schli^ssen und erhält
^22Ä)" = S*aR».
Beispiel. Die Drehspiegelung ist gemäss der Definition
dem Product aus einer Drehung und einer Spiegelung äqui-
valent; d. h. es ist
ä = ©« = «©.
Daher folgt aus dem obigen Satz
a« = @«at = ««©«,
gS = ©8^3 _ a»@%
u. &• w.
— 42 —
§ 8. SohllUHibeinerkling. Das fdndameiitale Princip; welches
das vorstehend definirte Rechnen mit Operationen ermöglicht,
beruht auf dem Euler 'sehen Satz. Aus ihm folgt nämlich^
dass jede Folge von Operationen erster oder zweiter Art immer
wieder einer eineigen Operation äquivalent ist, und dies allein ist
in Wirklichkeit diejenige Thatsache, welche die Uebertragung
des Productbegriffes auf die Zusammensetzung von Operationen
gestattet. Wie nämlich erstens das Product zweier Zahlen
wieder eine Zahl ist, d. h. ein Ding derselben Art, so ist auch,
was wir oben § 4 und 6 als Product zweier Operationen de-
finirt haben, immer wieder eine bestimmte Operation. Ist
femer c das Product der Zahlen a und &, also
ah = Cf
so ist es gleicbgiltig, ob ich dieses Product durch c oder durch
ab bezeichne, und ebenso ist es, wenn
saß -91
gesetzt wird, völlig gleichbedeutend, ob die resultirende Orts-
Veränderung durch die Operation 91 oder durch die Aufein-
anderfolge der Operationen S und SDl vermittelt wird.
Dies sind in der That diejenigen Analogieen, welche die
Uebertragung des Productbegriffes veranlasst haben. Gleich-
zeitig ist ersichtlich, worauf schliesslich noch kurz hingewiesen
werden möge, dass es noch viele andere Gebiete giebt, auf
welche sich die Productbegriffe ebenso übertragen lassen.
Beispielsweise gehört die Zusammensetzung der Kräfte hier-
her, ebenso die Zusammensetzung beliebiger räumlicher Be*
wegungen, u. s. w. u. s. w.
Drittes Capitel.
Der Gnippenbegriff.
§ 1« Die SymmetrieeigenBOhaften. Jede Deckoperation,
welche eine Figur in sich überfahrt, definirt eine Symmetrie-
eigenschaft derselben (Einleitung, § 7).
Gemäss den Erörterungen des ersten Capitels zerfallen die
Deckoperationen in vier yerschiedene Typen, nämlich in Dre-
hung, Spiegelung, Inversion und Drehspiegelung. Es muss
daher auch vier yerschiedene Typen von Symmetrieeigen-
schaften geben. Wie definiren dieselben wie folgt.
Wenn eine Figur durch Inversion gegen einen Punkt in
sich übergeht, so sagt man, sie besitze Symmetrie gegen einen
Funkt und nennt diesen Punkt ihr Symmetriecentnim.
Ist die Operation, welche die Figur in sich überführt,
eine Spiegelung an einer Ebene, so sagt man, die Figur be-
sitze Symmetrie gegen eine Ebene und nennt diese Ebene eine
Wenn die Figur durch einfache Drehung um eine Axe in
sich übergeführt werden kann, so sagt man, sie besitze Sym-
metrie gegen eine Axe und nennt diese Axe eine Symmetrieaxe^
oder genauer eine Symmetrieaxe der ersten Art
Ist endlich die Deckoperation eine allgemeine Operation
zweiter Art^ d. h. eine wirkliche Drehspiegelung, so sagen wir,
die Figur besitze gemischte Symmetrie und nennen die zu-
gehörige Axe eine Symmetrieaxe der 0weiten Art^).
1) P. Curie gebraucht für die bezügliche Symmetrie den Ans-
dmck plan de symitrie älteme (a. a. 0. S. 430), Hessel bezeichnet die
Axe als gegenstellig (a.-a. 0. S. 1058), Gadolin nnd Fedorow sagen
tymitrie »phmoidaU (a. a. 0. S. 17, resp. 80) mid Minnigerode nennt
die Axe einseitig wn der moeiten Art (a. a. 0. S. 161).
- 44 —
Jeder Erystall ist durch gewisse Symmetrieeigenschaften
ausgezeichnet; die Besonderheit der Sjmmetrieeigenschaften
bildet das specifische Merkmal jeder Erystallclasse. Statt
ihrer werden jedoch nach wie vor die Deckoperationen in
erster Linie den Gegenstand der mathematischen Betrachtung
ausmachen. In ihnen besitzen wir nämlich dasjenige Substrat,
welches, wie wir sahen, mit besonderem Vortheil der Rech-
nung unterworfen werden kann. Haben wir die für die Deck-
operationen giltigen Sätze abgeleitet, so ist es allemal ein
leichtes, diese Sätze auf die Symmetrieeigenschaften zu über-
tragen; die eben zwischen ihnen angegebenen Beziehungen
sind hierzu vollständig ausreichend.
§ 2. Die Potenzen und Froduote der Deokoperationen.
Die Bedeutung der Deckoperation für einen Erystall besteht
darin, dass sie die N gleich werthigen Geraden g, g^y g^ . . . in
sich überfährt. Geht die Figur der N Geraden durch irgend
welche Deckoperationen in sich über, so giebt es nach § 9
der Einleitung noch andere Raumfiguren, denen dieselbe Eigen-
schaft zukommt. Naturlich sind die Gesetze, denen die Deck-
operationen folgen, durchaus unabhängig davon, welches die
Figur ist, die bei den Deckoperationen in sich übergeht; wir
können daher, um diese Gesetze abzuleiten, statt der N Ge-
raden auch jede andere Art solcher Figuren ins Auge fassen,
wie z. B. die regelmässigen Polyeder, die Krystallformen u. s. w.
Lehrsatz I. Jede Potene einer Deckoperation ist selbst eine
Deckoperation.
Geht nämlich eine Figur durch eine Operation fi in sich
über, so thut sie es offenbar auch dann, wenn die Operation
S zweimal oder mehrmals hinter einander ausgeführt wird.
Mit anderen Worten, ist fi eine Deckoperation, so sind auch
S*, S', S* . . . Deckoperationen.
Beispielsweise kommt eine gerade sechsseitige Pyramide
mit regulärer Basis, wenn sie um 60^ um die Axe gedreht
wird, mit sich selbst zur Deckung, und es ist evident, dass
dies auch bei Drehungen um 120®, 180® . . . geschieht
Der vorstehende Satz ist eio specieller Fall desjenigen
fundamentalen Theorems, welches die Gedammtheit der Deck-
^ 45 -
Operationen, welche eine nnd dieselbe Figur in sich überführen,
mit einander verknüpft. Dasselbe lantet:
Lelirsatz II. Sind 2 und SDt irgend fswei DeckopercUionen
einer Figur, so ist auch das Product SaR eine Deckoperation
derselben.
Der Beweis folgt unmittelbar aus der Definition. Lassen
wir nämlich die Operation S eintreten, so geht die Figur nach
Annahme in sich über; tritt nun ^ ein, so findet dasselbe
statt; es führt also in der That auch das Product fiSDt die
bezügliche Figur in sich über.
So einfach und durchsichtig dieser Satz ist, so ist er doch,
wie bereits erwähnt, von fundamentaler Bedeutung, um dies
ins rechte Licht zu setzen, erinnern wir daran, dass ja das
Product S3R stets einer einzigen, von S und 9K verschiedenen
Operation 91 äquivalent ist. In ihr haben wir dem Satze ge-
mäss eine neue Deckoperation der Figur zu erblicken. Nun-
mehr lässt sich der Satz auf jede der Operationen S, SDl, 91 an-
wenden; wir sehen also, dass durch die Deck Operationen fi und
9R sofort eine ganze Reihe weiterer Deckoperationen der Figur
bestimmt wird.
Betrachten wir z. B. ein gerades quadratisches Parallel-
epipedon und die acht Geraden, welche den Mittelpunkt des-
selben mit den acht Ecken verbinden. Dasselbe gestattet
einerseits eine Spiegelung @ gegen eine Ebene, welche parallel
zu den Grundflächen durch den Mittelpunkt geht, andrerseits
eine Umklappung U um die Höhe des Parallelepipedons. Es
muss daher dem vorstehenden Satze zufolge auch das aus @
und U gebildete Product eine Deckoperation sein. Dieses Pro-
duct ist aber (Cap. I, VI) einer Inversion gegen die Mitte des
Parallelepipedons äquivalent, und in der That führt die Inver-
sion das Parallelepipedon und die acht Geraden in sich über.
§ 3. Die Symmetrieazen erster Art, Die Sjmmetrieaxen
erster und zweiter Art bedürfen einer eingehenderen Betrach-
tung. Wir beginnen mit den Symmetrieaxen erster Art
Wir haben bisher den Drehungswinkel ganz beliebig ge-
lassen, wollen aber nun die eigentlich krystallographischen
Zwecke ins Auge fassen. Nach dem Gesetz der rationalen
— 46 -
Indices^) kommen in der Erystallographie nur solche Winkel
in Frage, die in einem einfachen rationalen Verhältniss zu 23r
stehen, nämlich diejenigen, welche durch eine Gleichung von
der Form
« = — 2ä
n
bestimmt sind, wo n nur die vier Werthe 2, 3, 4, 6 haben kann
und m kleiner als n ist. Auf diese werden wir uns Ton nun
an beschränken. Ich bemerke noch, dass es natürlich genügt«
solche ganzen Zahlen m und n ins Äuge zu fassen, die keinen
gemeinsamen Theiler haben.
Wir bilden die unendliche Reihe von Drehungen, welche
aus den sämmtlichen positiven Potenzen der Drehung S( be-
steht, die wir überdies um die Identität vermehren. Diese
Reihe ist
1, a, a*, a», • . in inf.
Von dieser Reihe gilt folgender
Lehrsatz HL In der unendlichen Reihe 1, Ä, a^ • • in inf.
giebt es genau n einander nicht äquivalente Drehungen , nämlich
die Drehungen 1, a, a* • • • a**"^. Jede Drehung der Beihe ist
einer dieser n Drehungen äquivalent.
Beweis. Es sei zunächst ni'^^l, also
= — .
n
Die Drehung
a« = a(na)-a(2Ä)
ist eine volle Umdrehung, sie führt die bewegliche Figur
wieder in ihre Anfangslage Zurück und ist daher gemäss Cap.
II, 3 der Identität äquivalent; d. h. es ist
1) a« = 1 .
Daraus folgt nun unmittelbar, dass
2) a»+i-a, a«+« = as •..
ist; die sämmtlichen in der obigen Reihe enthaltenen Drehungen
sind also in der That einer der n Drehungen
3) 1, a, a«, . . . a»-^
1} HierCiber vgL das letzte Capitel dieses Abschnittes.
— 47 —
äquivalent Es ist jetzt nur noch zu zeigen^ dass diese n
Drehungen auch wirklich n verschiedene Ortsveränderangen
repräsentiren. Dazu beachten wir die Drehungswinkel; diese
sind resp.
4) 0, -2«, ~2ä, ... ^'^^2ä;
alle diese Winkel sind aber, da jeder kleiner als 2% ist, von
einander verschieden, also sind es auch die zugehörigen Dre-
hungen.
§ 4. Dieselben Schlüsse bestehen, wenn m > 1 ist In
diesem Fall ist
la) «• = a(n • ^ 2«) = Sl(2mjr),
also besteht die Drehung ^l** aus m vollen Umdrehungen« Sie
ist demnach ebenfalls der Identität äquivalent, und es bestehen
auch hier, die Gleichungen
2a) ?l»+i = «, S[«+2_3i2^ ...^
alle Drehungen W sind also wieder einer der n Drehungen
3a) 1, SC, «% ... a»-^
äquivalent. Es ist wieder zu beweisen, dass diese n Dre-
hungen auch wirklich verschieden von einander sind. Die
Drehungswinkel sind
4a) 0, ^2«, ^2«, ...(5^lil^2«;
dieselben sind aber in diesem Fall nicht sämmtlich kleiner
als 23r. Nun sind zwei Drehungen um dieselbe Axe nur dann
äquivalent) wenn (Gap. I, Lehrsatz I) die Drehungswinkel sich
um ein ganzes Vielfaches von 2it unterscheiden. Wäre dies
far die Winkel
— 2ä und — 2ä ,
wo A < % sein möge, der Fall, so müsste ihre Differenz
n
ein ganzes Vielfaches von 2% sein. Es müsste also (/; — }i)m
durch n theilbar sein. Da nun m und n nach Voraussetzung
keinen gemeinsamen Theiler haben, so müsste /; — * & durch n
— 48 -
theilbar sein und dies ist^ da & < n und h<n ist^ nicht mög-
lich, den einen selbstverständlichen Fall ausgenommen, dass
h'^h ist. Damit ist der obige Satz bewiesen.
Neimen wir noch zwei Winkel, die sich um ein ganzes
Vielfaches von 2^ unterscheiden, äquivalent, so lässt sich be-
haupten, dass die unter 4a) stehenden Winkel in irgend einer
Reihenfolge den n Winkeln 4) äquivalent sind.
Die Winkel 4a) sind nämlich sämmtlich Vielfache yon
2x1 n. Einige von ihnen sind sicher grösser als eine volle Um-
drehung. Lassen wir aber die eventuellen vollen Umdrehungen
unberücksichtigt, so reduciren sie sich auf einfache Vielfache
von 2% in und da sie sämmtlich verschieden von einander
sind, so müssen sie in der That in irgend einer Reihenfolge
den n Winkeln 4) äquivalent sein. Es sind also auch die zu-
gehörigen Drehungen in derselben Reihenfolge äquivalent, und
es folgt
Lehrsatz IV. Sind % und %^ 0wei Drehungen um dieselbe
Axe, deren Drehungswinkel resp.
« = — 2« und a. = — 2ä
n * n
sind, wo m und n keinen gemeinsamen Theiler häben^ so sind
die n Drehungen 1, ?t, ?[* • • Ä"""^ in irgend einer Reihenfolge
den Drehungen 1, Äj, %* • • • Äi"""^ äquivalent
Ist z. B. n = 6 und w = 5, so sind die Drehungswinkel,
welche den Potenzen von % entsprechen, resp.
0, i-2;r, 1-2«, '^2«, ^2«, |- 2«,
und diejenigen, welche den Potenzen von %^ entsprechen,
0, i.2«, ^2«, H2„, ^2«, ^2«,
diese letzteren sind äquivalent zu
0, |2«, i-2«, -i2«, |2«, |2«.
§ 5. Aus den vorstehenden Erörterungen ziehen wir noch
eine wichtige Folgerung. Weiss man nämlich, dass irgend eine
Figur, also z. B. die N gleichwerthigen Geraden g^g^ g%7 - ' *
die Deckoperation
- 49 —
gestatten^ so ist auch
eine Deckoperatioo. In der That muss es ja unter den Po-
tenzen von 8| genau eine geben ; deren Winkel die Grösse
2nin hat^ und damit ist die Behauptung bewiesen.
' Für jede Symmetrieaxe giebt es daher stets einen kleinsten
Drehungswinkel «, so dass a = 2ä : w ist. Eine solche Sym-
fndrieaxe heisst n-zählig; die in der Krystallographie auf-
tretenden Symmetrieaxen müssen daher gleichfalls alle von
dieser Art sein. Wir hatten die eben bewiesene Thatsache
auch als eine solche einführen können^ die aus der Erfahrung
stammt. In der That kann man sie implicite als einen Theil
des Gesetzes von der Rationalität der Indices betrachten.
Wenn wir vorgezogen haben, dies nicht zu thun, so liegt der
Grund darin, dass sie sich einerseits, wie das Vorstehende
zeigt, ohne Mühe deductiy ableiten lässt, und dass andrerseits
die in dieser Schrift enthaltene Ableitung aller möglichen
Erystallclassen gerade von dem Gesichtspunkt aus unternommen
ist, zu zeigen, welches die nothwendigen und hinreichenden
Erfahrungsthatsachen sind, auf die sich das Gebäude der geo-
metrischen Krystallographie mathematisch aufbauen lässt ^).
§ 6. Die Symmetrieaxen «weiter Art. Die für die Axen
zweiter Art characteristische Deckoperation ist das Product
aus einer Drehung und einer Spiegelung. Von der Drehung
dürfen wir nach dem Vorhergehenden die beschränkende Vor-
aussetzung machen, dass ihr Winkel a='2n:n ist. Daher
dürfen wir (}ie Deckoperation in der Form
voraussetzen. Wir nennen dieselbe eine n-mhlige Symmetrieaxe
der eweiten Art Gemäss dem Gesetz der rationalen Indices
kann n wieder nur die Werthe 2, 3, 4, 6 haben.
1) Möbius und Qadolin haben gleichfalls den obigen Standpunkt
eingenommen; vgl. a. a. 0. § 61 ff reap. S. 8.
Scboen flies, KryitaUitraotor. 4
— 50 -
Wir bilden wieder die unendliche Reihe von Operationen
1, «, %\ f^ .-.in inf.
und beweisen y dass auch sie nur eine endliche Zahl nicht
äquivalenter Operationen enthalten kann. Wir wissen bereits
(Gap. I, VIII), dass alle geraden Potenzen yon S( Bewegungen
sind, und demnach die ungeraden Potenzen Operationen zweiter
Art repräsentiren. An der Hand der Anschauung lässt sich
im besondem leicht erkennen, dass W eine Drehung nm a
ist, deren Winkel 2a ist, dass 9^ aus einer Spiegelung und
einer Drehung um a vom Winkel 3 a besteht u. s. w. Das-
selbe ergiebt sich auch leicht mittelst unserer Formeln. Ge-
mäss der Definition ist
daher folgt aus dem für vertauschbare Operationen bestehen-
den Lehrsatz (Gap. II, IX), wenn wir noch beachten, dass
©^ = 1 ist,
ä* «=«*©* = «*,
u. s. w.
Die Operation W^ ist demnach, wenn X eine gerade Zahl ist,
eine einfache Drehung um den Winkel Aa; während, wenn X
ungerade ist, zu der Drehung noch eine Spiegelung gegen die
zu a senkrechte Ebene hinzukommt
Ist nun im Besondern n eine gerade Zahl, so folgt
sofort, dass
ist, d. h. in diesem Fall können nur die ersten n Glieder der
obigen Beihe unter einander verschieden sein. Dass sie es
auch wirklich sind, beruht auf denselben Gründen, wie im vor-
hergehenden Paragraphen für die Reihe 3); also folgt:
Lehrsatz V. In der unendlichen Beihe 1, % Ä*, • • • in inf.
gid)t es, wenn n eine gerade Zahl ist^ genau n ^lander nicht
äquivalente Operationen^ nämlich 1, ?l, Ä*, • • • Sl"''^ Keine
derselben ist eine reine Spiegelung.
— 51 —
Ist dagegen n eine ungerade Zahl, so ist n -f 1 gerade,
« + 2 ungerade u. s. w.; also ist
a« =«»©» = ©,
u. s. w.;
bis wir schliesslieli zu der Relation
gelangen. In diesem Fall sind, wie die Yergleicliung un-
mittelbar zeigt, die Operationen Ä", S!l'*+* • • • von den Ope-
rationen
1, a, «»-.. «"-1
wirklich verschieden. Femer ist ersichtlich, dass sich diese
2n Operationen in der Form
1, a®, w, a«s •..,
@, a, a«@, «» ...
darstellen lassen, resp. wenn wir die zweiten, vierten u. s. w.
Glieder beider Reihen vertauschen, in der übersichtlicheren An-
ordnung
1, a, a« ...a»-s
@, a@,'a*@ .-. a»-^®.
Dies fährt zu folgendem Resultat:
Lehrsatz VI. In der unendlichen Reihe 1, a, a^ . . . in inf.
gieht es, wenn n ungerade ist, genau 2n einander nicht äquivalente
Operationen, nämlich die ersten 2n Glieder. Eine dieser Opera-
Horten ist eine reine Spiegelung.
Wir wollen die beiden Sätze durch Beispiele illustriren.
Es sei zunächst n «= 4, so giebt es vier nicht äquivalente
Operationen, nämlich
1, a@, a% a«©.
a^ ist eine Umklappung, a® und a^@ sind Drehspiegelungen,
deren Winkel resp 90^ und 270^ sind. Eine reine Spiegelung
kommt nicht vor.
4*
— 52 -
Ist dagegen n »^S, so giebt es sechs nicht äquivalente
Operationen, nämlich drei Bewegungen um resp, 0®, 120** und
240«, d. h.
1, «, a*
und drei Operationen zweiter Art
©, a®, a^@.
Die eine von ihnen ist eine reine Spiegelung; die anderen sind
Drehspiegelungen mit den Winkeln 120«, resp. 240«
§ 7. Die Abhängigkeit der Symmetrieeigensohaften von
einander. Zwischen den Symmetrieeigenschaften, durch welche
eine und dieselbe Figur ausgezeichnet ist^ besteht eine gesetz-
massige Abhängigkeit. Dies ist eine unmittelbare Folgerung
des Lehrsatzes II. Sowohl jede der beiden Deckoperationen
2 und 3W, wie auch das Product ßSW definirt ja eine ge-
wisse Symmetrieeigenschaft der Figur, und zwar wird im All-
gemeinen durch 2201 eine neue Symmetrieeigenschaft der-
selben repräsentirt. Dies gilt daher im besondem auch von
der Figur der N gleich werthigen Geraden; die Symmetrie-
eigenschaften, welche einer und derselben Erystallclasse ent-
sprechen, sind also dergestalt mit einander verbunden, dass
irgend zwei derselben im Allgemeinen eine dritte von ihnen
verschiedene nach sich ziehen. So entspricht in dem oben
(Gap. II, 6) betrachteten Beispiel den Operationen fi und 3St eine
zweizählige Symmetrieaxe und eine zu ihr senkrechte Sym-
metrieebene, dem Product dagegen ein Symmetriecentrum; eine
zweizählige Symmetrieaxe und eine zu ihr senkrechte Sym-
metrieebene bedingen also mit Nothwendigkeit die Existenz
eines Symmetriecentrums.
Die Existenz von Gesetzen, welche die einer und derselben
Figur resp. einer und derselben Kryställclasse zugehörigen Sym-
metrieeigenschaften unter einander verknüpfen, ist diejenige fun-
damentale Thatsache, welche eine mathematische Ableitung aUer
theoretisch möglichen Kryställclassen gestattet. Wir haben uns nur
die Frage vorzulegen, welche Symmetrieeigenschaften gleich-
zeitig neben einander auftreten können; wenn es uns gelingt,
diese erschöpfend zu beantworten, so kennen wir damit alle
- 53 —
VerbindaDgen von Sjmmetrieen, die geometrisch möglich sind,
wir müssen also auch za allen theoretisch denkbaren Krystall-
classen gelangen.
§ 8. Ehe wir zur eigentlichen Lösung dieser Aufgabe
übergehen, ist es zweckmässig^ fär gewisse specielle Fälle die-
jenigen neuen Symmetrieeigenschaften zu bestimmen, welche
durch die gleichzeitige Existenz von irgend zwei Symmetrie-
eigenschaften bedingt sind. Die bezüglichen Sätze ergeben
sich unmittelbar aus denjenigen, die wir im letzten Capitel
über Producte von Operationen abgeleitet haben. Wir brauchen
diese Sätze nur auf unsere Deckoperationen anzuwenden, und
dann von den Deckoperationen zu den durch sie characterisirten
Symmetrieeigenschaften überzugehen.
Da das Product von zwei Spiegelungen eine Drehung um
die Schnittlinie derselben ist (Cap. II, VI), so folgt:
Lehrsatz VII. Die Schnittlinie von gwei Symmetrieebenen ist
eine Symmetrieaxe^). Bilden die Ebenen den Winkel a «= fcin
mit einander, so ist die Symmetrieaxe n-zählig.
Aus Gap. II, VII folgt, dass wenn eine Symmetrieebene
eine Symmetrieaxe enthält, dadurch noch eine zweite durch
letztere gehende Symmetrieebene bedingt ist. Ist die Symmetrie-
axe n-zählig, so schliessen beide Ebenen den Winkel a = n :n
ein. Indem wir diesen Satz wiederholentlich anwenden, er-
giebt sich:
Lehrsatz Vm. Enthält eine Symmetrieebene eine n-eahlige
Symmetrieaxey so gehen durch sie n Symmetrieebenen. Je zwei
auf einander folgende Ebenen bilden den Winkel a = ^:n
mit einander. ^
Im besondern ergiebt sich für w = 2, dass die Schnitt-
linie Ton zwei zu einander senkrechten Symmetrieebenen eine
zweizählige Symmetrieaxe ist, und dass umgekehrt eine zwei-
zählige Symmetrieaxe, die in einer Symmetrieebene liegt, noch
eine zweite durch sie gehende Symmetrieebene bedingt, die
auf der ersten senkrecht steht, d. h.:
1) Hier, wie in den folgenden Sätzen, sind stets Azen erster Art
gemeint
- 54 —
Lehrsatz IX. Eine zweieäklige Symmetrieaxe und zwei durch
sie gehende senkrechte Symmetrieehenen kommen stets vereinigt vor;
d. h. enthält eine Erystallclasse ewei dieser Symmetrieelemente, so
enthält sie auch das dritte.
Femer erhalten wir schliesslich aus den Gleichungen
4 — 6 den folgenden Satz:
Lehrsatz X. Ein Symmetriecentrum, eine Symmetrie^ene und
eine m dieser senkrechte geradzahlige Symmetrieaxe sind drei Sym-
metrieelemente, die stets verbunden vorkommen; d. h. enthält eine
KrystaUclasse zwei derselben, so enthält sie auch das dritte.
Da nämlich die Symmetrieaxe geradzahlig ist^ so existirt
unter den zugehörigen Deckoperationen immer eine Umklappung.
Einige analoge Sätze über Symmetrieaxen zweiter Art
werden wir später an geeigneter Stelle besonders mittheilen.
§ 9. Der Gruppenbegriff. Die eben erörterte gesetz-
mässige Verbindung, welche die für eine KrystaUclasse charac-
teristischen Symmetrieeigenschaften und Deckoperationen um-
schliesst, lässt sich dahin aussprechen, dass dieselben einen
geschlossenen Ereis bilden, so dass irgend zwei derselben
immer eine dritte bedingen, welche wiederum diesem Kreise
angehört Dieser Umstand ist von ausserordentlicher Wichtig-
keit. Er bewirkt, dass wir für die Aufgabe, alle denkbaren
Krystallclassen zu ermitteln, mit grossem Yortheil von einem
mathematischen Grundbegriff Gebrauch machen können, der,
wenn auch erst in neuerer Zeit in die Wissenschaft eingeführt^
doch seiner Einfachheit und Anwendbarkeit wegen einen elemen-
taren Gharacter besitzt, und daher in einer elementaren Dar-
stellung mit vollem Recht eine Stelle findet. Dieser Begriff
ist der „Gruppenbegriff". Wir knüpfen ihn an die Deckopera-
tionen an und stellen über ihn folgende Definition auf:
Unter einer endlichen Gruppe von Operationen verstehen unr
eine endliche Beihe nicht äquivalenter Operationen von der beson-
deren Beschaffenheit, dass das Product von irgend zweien derselben
stets einer Operation der Beihe äquivalent ist.
Wie die Fassung der Definition zeigt, soll die Zahl der
Operationen, welche die Gruppe enthält, eine endliche sein.
Ferner ist zu beachten, dass alle äquivalenten Operationen
— 55 -
wieder als identisch betrachtet werden; sie sind in der Gruppe
durch eine Operation repräsentirt. Wenn wir femer irgend zwei
dieser Operationen zusammensetzen, so verlangt die Definition,
dass die resultirende Operation selbst in der Gruppe vorkommt^
oder doch einer Operation der Gruppe äquivalent ist.
Denken wir uns nun aüe Deckoperationen aufgestellt^
durch welche irgend eine räumliche Figur Fj also im beson-
dem die N gleichwerthigen Geraden in sich übergehen. Nach
Satz II ist das Prodnct von irgend zweien derselben immer
wieder einer dieser Deckoperationen äquivalent. Es ist daher
unmittelbar evident, dass die Gesammtheü der Deckoperationen,
welche die Figur der N Geraden resp. die Figur F in sich über-
führen, stets eine solche Gruppe bilden. In der That, sind
S, 2», 91 . • •
die sämmÜidien Deckoperationen, so muss ja, wenn wir irgend
zwei derselben multipliciren, die dem Product äquivalente Ope-
ration sicher in der obigen Seihe enthalten sein. Diese That-
sache ist die Basis der nachfolgenden Entwicklungen; wir
sprechen sie in folgendem Hauptsatz aus:
Hauptsatz. ÄUe Deckoperationen, welche eine symmetrische
Baumfigur in sich überfuhren, lüden eine endliche Gruppe von
Operationen.
Insbesondere ergiebt sich
Lehrsatz XI. Für jeden KrystaU bildet die OesammÜheit der
Deckoperationen, welche die eugehörigen N gleichwerthigen Geraden
in sich überfuhren, eine endliche Gruppe von Operationen.
§ 10. Die innige Beziehung, in weFcher die KrystaU-
classen und der Gruppenbegriff zu einander stehen, tritt durch
diesen Satz deutlich hervor. Die Aufgabe, alle theoretisch
möglichen Krjstallclassen zu finden, ist offenbar in dem all-
gemeineren Problem enthalten, alle endlichen Gruppen von
Operationen aufzustellen. Dieses Problem werden wir in den
beiden folgenden Capiteln erledigen. Vorher mögen jedoch
noch einige Bemerkungen allgemeiner Natur über endliche
Gruppen von Operationen eine Stelle finden. Die Definition
sagt auS) dass wenn wir irgend zwei Operationen S und äR
- 56 —
der Gruppe hinter eiDander ausfahren^ die resaltirende Opera-
tion ebenfalls der Qruppe angehört. Diese Bestimmung gilt
natürlich auch, wenn jD2 dieselbe Operation ist, wie S. Ist
daher S eine Operation der Gruppe, so gehören auch alle
Potenzen Ton S der Gruppe an. Es handelt sich aber bei
jeder Gruppe nur um die nicht äquivalenten Operationen,
also folgt:
Lehrsatz XII. Enthalt eine endliche Crruppe von Operationen
eine Operation S, so enthält sie auch sämmtliche nicht äquiva-
lente Potenzen von 2,
Wie wir oben bewiesen haben, giebt es immer eine Potenz
von fi, welche der Identität äquivalent ist. Also folgt:
Lehrsatz XIII. Jede endliche Crruppe von Operationen ent-
hält die Identität.
Viertes Capitel.
Die Drehungsgrappen und die Urnen entsprecliendeii
Krystallclassen.
§ 1. Definition der Drehnngsgnippen. Die Aufgabe^ alle
endlichen Grappen von Operationen abzuleiten, soll auf die
Weise behandelt werden, dass wir zunächst solche Gruppen
suchen, die nur Drehungen enthalten, und dann diejenigen,
welche auch mit Operationen zweiter Art gebildet sind. Die
erstere Classe Ton Gruppen nennen wir Gruppen erster Art
oder Drehungsgruppen, die andern bezeichnen wir als Gruppen
zweiter Art Die Krystallclassen, welche den Gruppen erster
Art entsprechen, sind dadurch ausgezeichnet, dass sie nur
Sjmmetrieaxen erster Art besitzen.
Da zwei Drehungen um einen Punkt 0 mit einander zu-
sammengesetzt stets wieder einer Drehung um den Punkt 0
äquivalent sind, so ist klar, dass es Drehungsgruppen wirklich
geben kann, und damit ist die Berechtigung unseres Verfahrens
dargelegt.
§ 2. Die Krystallolassen mit einer einaigen Symmetrieaxe.
Als den einfachsten Fall bezeichnen wir denjenigen, in welchem
nur eine einzige Symmetrieaxe a vorhanden ist. Die Existenz
einer solchen Symmetrieaxe bewirkt (Gap. IIT, 5), dass es unter
den bezüglichen Deckoperationen stets eine Drehung giebt, deren
Winkel die Grosse a«=»2%:n hat Es muss daher in den
Drehungsgmppen, welche wir suchen, jedenfalls die Drehung
«-«(v)
vorkommen. In diesem Fall gilt der folgende
— 58 —
Lehrsatz I. Ist der Drehungswinkel a «= 2n; : n^ so hüden
die n Drehungen 1, % Ä^ • • • Ä*""* eine •Drehungsgruppe.
Der Satz ist eine unmittelbare Folge der in Cap. III be-
wiesenen Theoreme. In der That sind ja erstens die n Dre-
hungen sämmtlich von einander verschieden und zweitens ist
auch das Product von irgend zwei Potenzen SC^ und Ä'* stets
wieder einer in der obigen Reihe enthaltenen Potenz von %
äquivalent; es sind daher die in der Definition einer Gruppe
enthaltenen Bedingungen wirklich erfüllt.
Gleichzeitig folgt, dass es andere Drehungsgruppen , bei
welchen alle Drehungen um dieselbe Axe stattfinden, nicht
geben kann. Die Gruppen, deren Existenz wir eben nach-
gewiesen haben, heissen cyclische Gruppen. Wir bezeichnen sie
durch das Symbol C«. Sie sind durch die Drehung Ä voll-
ständig bestimmt. Dies wollen wir dadurch ausdrücken, dass
wir die Bezeichnung
<'-(«(v)l
einführen.
Die Krystallclassen, für welche sämmtliche Deckopera-
tionen durch die n Drehungen der Gruppe C« repräsentirt
werden, besitzen nur eine Symmetrieaxe. Dieselbe ist n-zählig.
Nun kann, wie aus dem Gesetz der rationalen Indices folgt,
n nur die Werthe 2, 3, 4, 6 haben. Also folgt:
Lehrsatz II. Es sind vier Krystallclassen möglich, deren
Symmetrie durch die Existenz einer einzigen Symmetrieaae erster
Art charaderisirt ist. Die Axe ist resp. zwei-, drei-, vier- oder
sechszählig.
Die zugehörigen Drehnngsgruppen sind resp.
§ 3. Die Erystallolassen mit einer Hanptaxe und mehreren
Nebenaxen. Unter den Krystallclassen, welche mehr als eine
Symmetrieaxe besitzen^ fassen wir zuerst denjenigen einfachen
Fall ins Auge, dass zwei zweizählige Axen u und u^ vorhanden
sind. Dieselben mögen den Winkel a einschliessen. Die zu-
gehörige Drehungsgruppe, wenn eine solche existirt, enthält
- 59 —
jedenfalls die Umklappungen U und U^; also auch das Pro-
duct derselben. Sei liun a diejenige Gerade, welche (Fig. 8)
auf der yon u und u^ gebildeten Ebene (Zeichnungsebene)
im Punkt 0 senkrecht steht. Tritt
zunächst die Umklappung U ein, so
vertauschen sich die beiden Hälften
Ton a mit einander, und wenn jetzt
die Umklappung U^ erfolgt, so ge-
langt jeder Punkt von a wieder an
seinen ursprünglichen Platz. Das
Product UUi ist daher einer Dre-
hung um a äquivalent; d. h. die be-
trachtete Erystallclasse enthält auch eine zu u und u^ senk-
rechte Symmetrieaxe. Es handelt sich nur noch um die Be-
stimmung des bezüglichen Drehungswinkels.
Zu diesem Zwecke suchen wir die Endlage der Geraden u.
Während der Umklappung U bleibt sie unverändert und ge-
langt dann, wie leicht zu sehen, in Folge der Umklappung
U| in eine Lage u^, so dass nach Sinn und Grosse
^(«♦Ui) = ^(Wit«,)
ist. Daher ist der Drehungswinkel
und es besteht die Relation
1) UU,-Sl(2ai).
§ 4. Eine Erystallclasse, welche die Symmetrieaxen u
und u^ enthält, enthält, wie bewiesen, auch die Symmetrie-
axe a. Wir können daher die zugehörige Drehungsgruppe
auch dadurch zu bestimmen suchen, dass wir von der Drehung
Sl und einer der beiden Umklappungen, z. B. U ausgehen.
Dies soll nunmehr geschehen^). Es sei a eine M-zählige Sym-
metrieaxe, so enthält die fragliche Gruppe jeden&Us die Dre-
hungen
A) 1, «, «« ... %--\
1) Eine andere, noch einfachere Ableitung der bezüglichen Dre-
iiiiDgflgnippe findet sich S. 67.
~ 60 —
wo der Winkel a «== 2ä : n ist. Ferner enthält sie diel)rehung
U; also auch alle' diejenigen ^ welche durch Multiplication der
Potenzen W- mit U entstehen^ nämlich:
ü) U; n%, USl« . . \m—K
Es ist nützlich, wenn wir uns auch von diesen letzteren eine
anschauliche Vorstellung bilden. Aus der obigen Gleichung 1)
folgt, wenn wir auf beiden Seiten von links mit U multipli-
ciren und beachten, das U^ = 1 ist,
2) Ui = U8l(2ai),
wo Ui und u den Winkel m einschliessen, übrigens m ein be-
liebiger Winkel sein kann. Zeichnen wir nun die Axen
«<2; ^y '" <««-l
senkrecht zu a so, dass
^ Kw) = ^ (WgMi) = ^ (WM._i) = y « = |-
ist, so folgt
ua(«) = Ui,
U«»(«) = USl(2a) = U,,
U?l— i(a) = \X%i(n - 1)«) = U,_i
und zwar sind Ui, U, ■ • • U.— i Umklappungen um die Äxen
Ui, u^ "* ^*n—i) 80 dass sicli die Reibe U) auch folgender-
massen schreiben lässt
uo U, Ui, Ua, ••• U«-i.
Die 2n Drehungen A) und ü) resp. Uj) bilden eine Gruppe.
Zunächst ist offenbar, dass sie sämmtlich Yon einander ver-
schieden sind. Es ist daher nur noch der Gruppencharacter nach-
zuweisen. Nun ist das Product zweier Potenzen von % stets
einer Drehung um a äquivalent, und dasselbe gilt gemäss Glei-
chung 1) Ton dem Product zweier Umklappungen U;i und U^.
Ferner ist aber auch, wie aus Gleichung 2) folgt, das aus
einer Umklappung und einer Potenz von ^ gebildete Product
stets einer Umklappung der Reihe U) äquivalent, und damit
ist die Behauptung erwiesen.
Wir gelangen daher zu folgendem Resultat:
— 61 —
Lelirsatz III. Wenn die n-zahlige Axe a und die niveissählige
Axe u senkrecht auf einander stehen, so büden die 2n Drehungen
u, ua, u«^ ... usi»-^
eine Gruppe von Drehungen,
Die Krystalle^ welche diesen Gruppen entsprechen^ be-
sitzen ausser einer n-zähligen Symmetrieaxe noch n auf der-
selben senkrechte zweizählige Axen, so dass je zwei auf ein-
ander folgende denselben Winkel x:n einschliessen; a heisst
Mauptaxe, u, u^ • • . u«-.i heissen Nebenaxen. Die bezüglichen
Gruppen sollen DiMergruppen heissen und durch Dn bezeichnet
werden. Sie sind, wie das Vorstehende zeigt, durch % und U
bestimmi Dies drücken wir aus, indem wir die Formel
^- («(")-«)
einführen. Auch hier kann n die Werthe 2, 3, 4, 6 erhalten.
Also folgt:
Lelirsatz IV. Es giebt vier Kryställdassen, welche durch
eine n-eahlige Symmetrieaxe und n zu ihr senkredhte Bweizahlige
Symmebtieaxen characterisirt sind; sie entsprechen den Zahlen
fi — 2, 3, 4, 6.
Fig. 9.
n-G
^
'^J
^-
u, \
/
\
«<»
\
Slfj
'^f
/"
■^
/
^^
u.
Ly
y^
\>
^
\
A,
u*
V
Die zugehörigen Drehungsgruppen sind (vgl. Fig. 9):
A -{«(«), U}, A- (5t (¥),«), A-=(si(f),u),
Da
(«(!)>"!
^ 62 —
Fig. 10.
§ 5. Wenn n den Werth 2 hat, also die Drehungsaxe
a ebenfalls zweizählig ist, so ergiebt sich eine Gruppe, die
besondere theoretische Bedeutung hat. Sie heisst die Vierer-
gruppe. Sie ist durch drei Umklappungen characterisirt, deren
Axen dieselbe Lage zu einander haben
wie drei rechtwinklige Coordinaten-
axen. Wir wollen sie (Fig. 10) durch
u, v, w bezeichnen. Die Gruppe be-
steht aus den vier Operationen
1, U, », SB.
Diese vier Operationen müssen also
die bemerkenswerthe Eigenschaft be-
sitzen, dass jedes aus ihnen gebildete
Product wieder einer von ihnen äquivalent ist Es ist von
Interesse, dies in dem yorliegenden Fall wirklich nachzuweisen.
Es ist leicht ersichtlich, dass (vgl. § 3, Gleichung 1)
»SB-U, 2BU = », U» = aB
ist; aber ebenso ist auch
Der Vollständigkeit halber -fügen wir hierzu noch die einfache
Gleichung
USS 838 = 1,
welche sich z. B. aus der ersten Gleichung durch linksseitige
Multiplication mit U ergiebt
Wir bezeichnen die Gruppe durch V und nennen sie
Vierergruppe, Die zugehörigen Krystalle besitzen drei zu ein-
ander senkrechte, zweizählige Symmetrieaxen.
§ 6. Die ErystallclaBBen mit mehr als einer n-sShligen
Aza (n > 2). Ihre Beziehung zu den regelmässigen Eöri>enx.
Die oben § 3 in Angriff genommene Aufgabe, die Krystall-
classen mit mindestens zwei Symmetrieaxen zu finden, ist noch
nicht vollständig erledigt. Wir haben bisher über die beiden
Axen, von deren Existenz wir ausgingen, bestimmte Annahmen
gemacht. Diese lassen wir jetzt fallen und suchen demenir
sprechend sofort alle Drehungsgruppen, die mit zwei beliebig
— 63 —
angenommenen Drehnngsaxen a und b gebildet werden können.
Hierzu bedürfen wir des folgenden Hilfssatzes.
Lehrsatz V, Sind a und b irgend zwei Symmetrieaxen, so
ist auch diejenige Gerade b , in welche b durch die zu a gehörige
Drehung übergeht^ eine Symmetrieaxe und zwar ist, wenn b eine
p-mhlige Axe ist, V ^enfcdls p-zäMig.
Beweis. Es sei a eine n- zählige und b eine 2>-zäliIige
Axe; femer seien wieder g^ g^, g^ • • • die N gleich werthigen
Geraden. Infolge der Drehung um a mögen sie in die Lage
9i 9ij 9% ' " gelangen; natürlich sind diese Geraden von
9} 9\i 9% ' ' ' ^^^ ^^ d^^ Bezeichnung verschieden. Durch die-
selbe Drehung gehe b in die Lage V über^ so dass also b' zu
den Geraden fl^, g^', g^ ' ' ' ebenso liegt, wie b ^^ g^ g^ 9%* - "
Nun ist nach Annahme b eine Symmetrieaxe für die Geraden
9i 9ii 9% " "y ^^ muss daher auch V eine Symmetrieaxe für
die Geraden g\ g(, g% - - - sein. Da aber, wie wir eben sahen,
die Geraden g, ^/, g^ • • • von den Geraden g, gu g^ - ' - nur
in der Bezeichnung verschieden sind, so ist V auch eine Sym-
metrieaxe für die N Geraden g, gi, g^ • • • und zwar, wie b,
eine j>-zahlige; q. e. d.
N Eine wiederholte Anwendung des Satzes Y lehrt die
Existenz von n Axen &, &', 6" • • •, welche sich aus b ergeben,
wenn die Drehung um a wiederholt ausgeführt wird. Ebenso
ist evident, dass ausser Or noch andere n-zahlige Axen a', a ' • • •
Torhanden sind, die sich aus a durch Drehung um b ergeben.
Auf ii^end zwei dieser Axen können wir ebenfalls den vor-
stehenden Satz anwenden und uns auf diese Weise scheinbar
immer neue Symmetrieaxen ableiten.
Dies ist in der That der Fall, wenn a und b willkürlich
angenommen werden. Aber jede wirkliche Erystallclasse be-
sitzt nur eine endliche Anzahl von Symmetrieaxen. Es ist
daher zu prüfen, welchen Bedingungen a und b zu genügen
haben, damit bei dem eben skizzirten Verfahren sich nur eine
endliche Anzahl von Axen ergiebt, d. h. die neu abgeleiteten
Axen sich schliesslich einmal unter den bereits vorhandenen
vorfinden.
— 64 -
§ 7. Es sei die n-zählige Axe a und die |>-zählige Aze b
so gewählt, dass wir nur za einer endlichen Zahl ron Axen
gelangen. Aus der Gesammtheit aller Axen heben wir für einen
Augenblick a heraus. Lassen wir* nun um a eine Drehung
um den Winkel 2x:n eintreten , so muss, wie unmittelbar
folgt, jede andere Axe an eine Stelle gelangen, an der sich.
bereits eine Axe befindet; dies heisst aber weiter nichts
anderes, als dass die Gesammtheit der Axen durch die zu a
gehörige Drehung in sich übergeht. Da aber a vor den
andern Axen keineswegs ausgezeichnet ist, so gilt dies ron
jeder n-zähligen resp. f?-zähligen Axe, d. h.:
Lehrsatz VL Jede der Gruppe angehörige Drehung fuhrt
das Axensystem der Gruppe in sich über.
Auf Grund dieser Bedingung lassen sich die Axen a und h
leicht bestimmen. Wir bemerken zunächst, dass wir davon
absehen können, dass eine der beiden Axen zweizählig ist-.
Ist z. B. h zweizählig, so existirt nach dem Vorstehenden jeden-
falls noch eine von h verschiedene zweizählige Axe h\ und
wir kommen daher auf den schon erledigten Fall zurück, dass
zwei zweizählige Axen vorhanden sind.
Es werde nun festgesetzt, dass unter allen n-zähligen
resp. j)-zähligen Axen a und h zwei solche sein sollen, dass
keine andern zwei einen kleineren Winkel einschliessen, als
a und h. Um den Schnittpunkt
0 aller Axen legen wir nun
(Fig. 11)*) eine Kugel, und
markiren alle Punkte, in denen
dieselbe von den Axen durch*
schnitten wird; diese Punkte
seien A, Ä^ Ä\ . , resp. jB, ^,
jB" . . . Da a eine n-zahlige
Axe ist, so liegen n von den
Punkten jB, J3', ^'. , ., darunter
auch B selbst, auf einem Kreis, dessen Mittelpunkt A ist, und
es liegt keiner dieser Punkte innerhalb des Ejreises, da es
1) Die Figur entspricht den Werthen n^^^h^ pt»^.
-- 65 -
sonst eine |>-zählige Axe geben würde, die mit a einen kleineren
Winkel einschliesst als b. Was aber für die Axe a resp. den
Pankt Ä gilt; gilt^ wie wir oben gesehen haben, für jede
n- zählige Symmetrieaxe resp. für jeden der Punkte A,Ä\A'\,.]
d. h. jeder dieser Punkte ist der Mittelpunkt eines Kreises^
welcher n der Pnnkte jB, jB', B" . . . enthält.
Jeder der Punkte B, B', JB" . . . kommt in p solchen
Kreisen Tor. Um die p-zählige Symmetrieaxe b liegen nämlich,
wie wieder aus dem obigen Satze folgt, p Axen a, a, a ' . . . ,
welche denselben Winkel mit b bilden, wie a] daher kann
jeder der zugehörigen Punkte Ä, A', Ä\ , . Mittelpunkt eines
Kreises werden, welchem der Punkt B angehört; durch B
gehen daher wirklich p Kreise. Was für B gilt, gilt aber
auch für jeden der Punkte B^ JB', B!\ .. und damit ist die
Behauptung erwiesen.
Die Vertheilung der Punkte jB, BfyS'.., ist daher eine
solche, dass je n derselben auf einem Kreise liegen, und dass
jeder yon ihnen p solchen Kreisen angehört. Denken wir uns
nun in jedem dieser Kreise je zwei auf einander folgende
Punkte durch eine Gerade yerbunden, so entstehen lauter
reguläre Polygone von n Seiten, und da keiner der Punkte
jB, Sy B" . . . im Innern eines solchen Polygons liegt, so um-
schliessen alle diese Polygone einen einfachen Körper. Dieser
Körper hat die Eigenschaft, dass jede seiner Flächen n Ecken
hat, und in jeder Ecke p Flächen zusammenstossen; er ist
daher einet" der sogenannten einfachen regelmässigen Körper.
Was wir eben für die Punkte B^ B', JB" . . . abgeleitet
haben, lässt sich in derselben Weise auch für die Punkte
Aj Äy Al' .. . beweisen. Auch sie bilden ein regelmässiges
Polyeder, nämlich dasjenige, dessen Begrenzungsflächen p Ecken
haben, während, in jeder Ecke n Polygone zusammenstossen.
§ 8. Wir waren von der Aufgabe ausgegangen, die Be-
dingungen zu suchen, unter welchen sich mit zwei Axen a
und b eine endliche Drehungsgruppe bilden lässt. Als BesuUat
ergiebt sich die interessante Thatsache, dctss die nrjgäMige Axe a
und die p-zäMige Axe b in einer innigen Beziehung zu den
regelmässigen Körpern stehen; die Zählen n und p können nur
Schoen flies, KrystallatractTir. 5
^ 66 -
solche Werthe haben, welche hei den regelmässigen Körpern auf-
treten. Dies sprechen wir folgendermassen als Lehrsatz aus.
Lehrsatz VIL Bei Drehungsgruppen, die mehr als eine n-jsahlige
Äxe haben (n > 2), sind die Drehungsaxen in allen FäMen iden-
tisch mit den Symmetrieaxen eines regelmässigen Polyeders.
Die regelmässigen Körper sind: das Tetraeder^ das Octaeder
und Hexaeder^ das Ikosaeder und Dodekaeder. Dem Tetraeder
entsprechen die Zahlen n = 3, p = S, dem Octaeder und
Hexaeder die Zahlen n <=» 3, |) «= 4 und umgekehrt ^ dem
Ikosaeder und Dodekaeder die Zahlen n == 3, jp = 5 und um-
gekehrt Dies sind daher die einzigen Werthe von n und p^
welche zu endlichen Drehungsgruppen führen können. Wir
wollen zeigen^ dass diese Gruppen aber auch wirklich existiren.
Dazu schicken wir einige Hilfssätze voraus.
§ 9. Ableitung einiger Hilfssätze.
1. ÄUe Drehungen^ welche ein reguläres Polyeder in sich
überfiihren, bilden eine Gruppe. Dieser Satz folgt unmittelbar
aus der Erwägung^ dass die regulären Polyeder zu den sym-
metrischen Raumfiguren gehören.
2. Ein regelmässiges Polyeder mit Je Kanten kann auf 2 k
verschiedene Arten durch Bewegung mit sich zur Deckung ge-
bracht werden.
Beweis: Soll allgemein irgend ein Körper S in eine
bestimmte Lage gebracht werden^ so brauchen wir nur zu
wissen y an welche Stelle irgend drei seiner Punkte kommen
sollen^). Wenn diese die vorgeschriebene Stelle eingenommen
haben^ so ist damit auch der Körper S festgelegt. Dies wenden
wir auf das Polyeder an. Bei jeder Deckbewegung kommt
es in eine andere Lage. Nun bleibt bei allen Deckbewegungen
des Polyeders sein Mittelpunkt 0 unveränderlich; daher wird
die Endlage desselben bestimmt s^n^ sobald man die Endlage
für irgend eine seiner Kanten — sie heisse AB — kennt.
1) Ist ein Pankt A eines Körpers S an eine Stelle Ai gelangt, so
kann sich S um Ai noch beliebig bewegen. Sind zwei Punkte A und
B von S mit zwei Punkten A^ und B^ zusammengefallen, so kann sich
der Körper S noch um ÄiB^ als Aze drehen. Sind endlich drei Punkte
Yon S an vorgescbriebene Stellen gelangt, so liegt der Körper fest.
~ 67 -
Die Kante AB {Sllt dabei natürlich stets wieder mit einer
Polyederkante znsammen. Nun kann aber AB mit der Kante
A'B^ noch auf zwei verschiedene Arten zur Deckung gebracht
werden ; nämlich entweder so dass A auf A' und B auf B'
fallt^ oder so dass A auf B^ und B auf A' fallt; daher giebt
es in der That 2 Je Lagen des Polyeders, also auch 2 Je ver-
schiedene Deckbewegungen. Dabei ist natürlich , wie immer,
die Identität ebenfalls als eine Deckbewegung gerechnet.
Dieser Satz gilt offenbar auch für andere symmetrische
Polyeder, wenn man sich auf die gleichartigen Kanten be-
schränkt. Wir wollen ihn benutzen, um eine zweite Ableitung
der Diedergruppen zu geben. «
Giebt es ausser den Gruppen Cn noch andere Gruppen mit
einer n-zähligen Axe, so müssen nach Satz Y die andern Azen
so liegen, dass die zugehörigen Bewegungen die Axe a in
sich überführen; sie müssen daher zweizählige Axen sein, die
auf a senkrecht stehen. Ist u eine derselben, so giebt es, wie
aus den Gleichungen des § 4 folgt, n solcher Axen u. Es
ist zu zeigen, dass diese Axen eine Gruppe bestimmen. Wir
betrachten dazu irgend eine gerade Doppelpyramide, deren
Grundfläche ein reguläres n-Eck isi Dieselbe hat n gleiche
horizontale Kanten; und diese gehen bei jeder Deckbewegung
in einander über. Es giebt daher im Ganzen 2n Deckbewe-
gungen für die Doppelpyramide, wobei natürlich die Identität
mitgerechnet isi Diese 2n Drehungen sind aber genau die-
jenigen, welche oben § 4 aufgeführt p^^ 12
sind, nämlich die n Drehungen um
die Axe a, und die n Umklappungen
um Ui...tin] es folgt also auch hier,
dass dieselben eine Gruppe bilden.
Ist z.B. n — 4, so sind (Fig. 12)
dies erstens vier Drehungen um die
Axe; dazu kommen die vier Um-
klappungen um diejenigen Geraden,
welche entweder zwei gegenüber-
liegende Ecken, oder die Mitten zweier gegenüberliegender
Kanten der Grundfläche verbinden; in der That führt jede
^ 6Ö -
dieser Umklappungen die Grundfläche, also auch die Doppel-
pyramide in sich über. Analoge Verhältnisse bestehen immer
dann, wenn n eine gerade Zahl ist (vgl. Fig. 13). Ist jedoch
n ungerade, so liegen die Umklappungsaxen etwas anders;
Fig. 13.
Fig. u.
'V \
\"' .//
jede verbindet eine Polygonecke mit der Mitte der gegen-
überliegenden Seite, wie z. B. für n = 3 die obenstehende
Figur 14 zeigt.
3. Ein dritter Hilfssatz, dessen wir benöthigt sind, ist
der folgende.
Weldies auch die Werthe von n und p sein möffen^ so ist
das Produd aus % und S3 stets einer Umklappung äquivalent.
Während der Drehung um S
(Fig. 15) behält nämlich die Axe a
ihren Platz und gelangt in Folge der
Drehung um b in die Lage a . Ferner
wollen wir diejenige Gerade b^ ins
Auge fassen, welche durch die Drehung
um a mit b zusammenfallt Die erste
Drehung bringt sie nach b] die zweite,
die um b selbst stattfindet, ändert ihre
Lage nicht Die Drehungen S( und 93
bringen also a in die Lage a und b^ in die Lage b. Bezeichnen
wir nun den Schnittpunkt der Bogen ÄÄ' und B^B durch C,
so ist evident, dass die eben genannte Ortsveränderung durch
Umklappung um c vermittelt werden kann. Damit ist der
obige Satz bewiesen. Beachten wir noch, dass C die Bogen
AÄ und B^B halbirt, so folgt:
— 69
Vis. 16.
^^
Lehrsatz YIII. Einer Drehimgsgruppef welche n-mfUige
Äxen a und p-mhlige Axen b enthält ^ gehören stets auch gwei-
zählige Axen an, nämlich diejenigen, welche die von je einer
n-mhligen resp. p-gäMigen Axe gebildeten Winkel halbiren.
Da die Werthe von n und p ohne Bedeutung für den
Beweis des Satzes sind; so gilt er auch^ wenn n^'p ist.
§ 10. Anfstelltuig der Erystallolassen mit mehr als einer
»-zahligen Axe (n> 2). Ist n = 3 und i> = 3, so sind (Fig. 16)
die Punkte A, A'... die Ecken eines Tetraeders^ welches
natürlich der oben ge-
nannten Kugel eingeschrie-
ben ist. Es müssen daher
vier dreizählige Axen a,
a, a", d" existiren, näm-
lich die Verbindungslinien
der Tetraederecken mit
dem Mittelpunkt der Kugel.
Die zweizähligen Axen
halbiren die von a, a\ a ,
d" gebildeten Winkel, also
auch die Teiraederkanten.
Solcher Axen giebt es drei; jede ist Verbindungslinie der Mitten
Ton zwei gegenüberliegenden Kanten; sie steht überdies senk-
recht auf ihnen. Diese Axen mögen u^ v, w heissen; jede von
ihnen ist senkrecht zu den beiden andern; sie haben daher
dieselbe Lage zu einander, wie die Axen der Vierergruppe.
Die so definirten 12 Drehungen
1, U, », SB,
%\ r^ «"*, a'"»
bilden eine Gruppe. Jede von ihnen führt nämlich das Tetra-
eder in sich über; andrerseits hat ein Tetraeder sechs Kanten,
und damit ist nach Hilfssatz 1 und 2 die Behauptung er-
wiesen.
Die vorstehende Gruppe soll die Tetraedergruppe heissen;
wir bezeichnen dieselbe durch T, Die zugehörige Krjstall-
70 -
classe ist durch drei zweizählige und yier dreizahlige Syui-
metrieaxen ausgezeichnet. Also folgt:
Lehrsatz IX. Es giebt eine Erystallclasse, welche vier
dreizäMige und drei tmeizahMge Symmetrieaxen hesitet. Dieselben
sind gerichtet wie die Diagonalen und die Höhen eines Würfels.
Die Drehungen 1, U, SS, SB bilden die Vierergruppe; die
Täraedergruppe enthält also alle Operationen der Vierergruppe.
§ 11. Ist n = 3, 1) = 4, so bilden (Fig. 17) die Punkte
-4, J.' ... ein Hexaeder, und die Punkte B^D^ . . . ein Octaeder.
Die zugehörige Gruppe heisst Octaeder gruppe. Für die Vor-
stellung ist es einfacher, dieselbe durch Betrachtung des
Hexaeders abzuleiten.
Fig. 17.
Die Geraden, welche zwei gegenüberliegende Ecken des
Hexaeders verbinden, sind dreizahlige Axen, und die Höhen
sind yierzahlige Axen. Es existiren daher im Ganzen yier
dreizahlige Axen a, a , a'\ d" uud drei vierzahlige Axen J, 6', V\
Die zweizähh'gen Axen halbiren die von den Axen a, a', a", a'^
gebildeten Winkel, also auch die Kanten des Hexaeders.
Solcher Axen giebt es sechs; jede verbindet die Mitten von
zwei gegenüberliegenden Kanten und steht senkrecht auf den-
selben; wir bezeichnen sie durch m', w", v', v\ w\ w\
Die den vorstehenden Axen entsprechenden 24 Drehungen
— die besondere Reihenfolge, in welcher dieselben hier er-
scheinen, werden wir sofort begründen —
1, S3^ a3'^ a"^ u-, u", », s»,
a, ?l', «", 21'", »', SB", 83', 93'»,
%\ %:\ %:'\ r"^ 838', SB", 83", 83"»
- 71 —
bilden eine Gruppe. Jede führt nämlich das Hexaeder in sich
über, andrerseits hat das Hexaeder 12 Kanten, womit gemäss
Satz 1 und 2 die Behauptung erwiesen ist.
Wir bezeichnen die Octaedergruppe durch 0. Ihr ent-
spricht eine Erystallclasse, die folgendermassen bestimmt ist:
Lehrsatz X. Es giebt eine Krystalldasse, die drei vier-
zäMige, vier dreizählige und sechs ßtoeimhlige Symmetrieaxen
enthält Die Axen sind gerichtet wie die drei Hohen , die vier
Körperdiagonälen und die secJhs Flächendiagonälen eines Würfels.
Anmerkung, Die Axen h, V, V entsprechen der Lage
Dach genau den Axen u, v, w der Tetraedergruppe. Da b, V, V
yierzählig sind, so ist überdies
d. h. die in obigem Schema links stehenden 12 Drehungen
sind genau die Drehungen der Tetraedergruppe; d. h.
Die Octaedergruppe enthalt sämmtliche Operationen der
Tetraedergruppe.
§ 12. Die Drehungsgruppe, welche den Zahlen n = 3,
p = 5 entspricht, heisst Ucosaedergruppe. Sie enthält fünf-
zählige Symmetrieaxen, und hat daher keine krystallographische
Bedeutung. Wir können daher eine ausführliche Ableitung
der in ihr enthaltenen Drehungen unterlassen.^)
§ 13. Mit den für n und p gefundenen Zahlenwerthen
haben wir im vorstehenden je eine Drehungsgruppe abgeleitet
Wir wollen noch zeigen, dass dies wirklich die einzigen dieser
Art sind. Betrachten wir z. B. den Fall n = 3, p = 4, so
zeigt das Vorhergehende, dass jede zugehörige Drebungsgruppe
dieselben drei yierzähUgen und vier dreizähligen Axen ent-
1) Im Interesse der Vollslftndigkeit gebe ich hier noch -eine kürze
Characteristik der Ikosaedergruppe. Sie enth<, da das Ikosaeder 30
£anten besitzt, 60 DrehuDgen. Nun existiren beim Ikosaeder 10 drei-
dhlige, 6 fanfz&hlige and 16 zweiz9hlige Axen; dies giebt bereits
20 -\- 2A '\- Ib = 69 Drehangen, welche zasammen mit der Identität die
60 Drehungen der Ikosaedergruppe constituiren. Das genauere ygl. man
s. B. bei F. Klein, Vorlesungen aber das Ikosaeder. 1882.
- 72 —
halten muss. Dies gilt aber auch aUgemein; denn die Lage
und Zahl der Axen a, a . . . resp. b, b\ . . ist ja mit den
Werthen von n und p unmittelbar gegeben. Für jede Grappe
dieser Art gilt nun folgendes.
Es sei 6 irgend eine Drehung der bezüglichen Gruppe^
deren Axe von den Axen a,a\., und b,b'... verschieden isi
Nach dem oben bewiesenen Hilfssatz (§ 6) gehören nun auch
diejenigen Axen der Gruppe an, in welche die Axen a^ a .. .,
b,V. .. durch Drehung um c übergehen. Durch diese Drehung
dürfen aber keine neuen Axen entstehen; d. h. auch die Drehung
^ muss das System der Axen a^ a , . ., b,b\,., also auch
das bezügliche regelmässige Polyeder, welches Ton den Punkten
AfÄ\.. resp. B, ff . . . gebildet ist, in sich übeiführen. Nur
solche Drehungen S, welche diese Bedingung erfüllen, können
daher einer durch a und b bestimmten Gruppe angehören.
Die oben abgeleiteten Gruppen enthielten aber bereits aüe
derartigen Drehungen; sie sind daher die einzigen, welche
überhaupt existiren können. Damit ist die Behauptung er-
wiesen.
§ 14. Tabelle der EryBtallclaaseny die nnr Symmetrie-
axen besitzen. Die vorstehend abgeleiteten Erystallclassen
sind dadurch characterisirt, dass sie nur Symmetrieaxen be-
sitzen. Zu ihnen fügen wir noch diejenige Glasse hinzu, die
gar keine Symmetrie besitzt. Für sie existirt daher nur eine
uneigentliche Deckoperation, nämlich die Identität Andrer-
seits kann man in gewissem Sinn auch die Identität als Gruppe
betrachten; die Identität, wiederholt ausgeführt, wenn wir uns
dieses Ausdrucks bedienen wollen, giebt immer wieder die
Identität.
Im Ganzen haben wir demnach bereits elf theoretisch mög-
liche Ejrystallclassen gefunden, entsprechend den elf Gruppen
erster Art, die nur Deckoperationen erster Art d. h. Deck-
bewegungen enthalten.
Wir lassen hier noch eine Tabelle derselben folgen. Zum
Yerständniss derselben schicke ich folgende Bemerkungen
voraus.
Eine j}-zählige Symmetrieaxe ist durch Ap, resp. Ip he-
— 73 —
zeichnet worden; und zwar soll hp immer eine Hauptsymmetrie-
axe bedeuten^).
Man pflegt ferner solche Symmetrieaxen^ welche bei den
Drehangen der Gruppe auf einander fallen, als gleiche oder
gleidiberechtiffte Axen zu bezeichnen; dieselben repräsentiren
nur einen besonderen Fall solcher Geraden, die wir in der
Einleitung als gleichwerthige Richtungen eines Erystalles de-
finirt haben. Zwei gleichberechtigte Axen Ip werden wir durch
2lp bezeichnen, u. s. w. Wie die vorstehenden Entwickelungen
unmittelbar zeigen, sind gleichzählige Symmetrieaxen im All-
gemeinen auch gleichberechtigt; eine Ausnahme tritt nur für
die zweizähligen Nebenaxen der Diedergruppen ein; diese sind
(§ 9), wenn n ungerade ist, sämmtlich gleichberechtigt, wenn
dagegen n gerade ist, so zerfallen sie in zwei Classen gleich-
berechtigter Axen (vgl. Fig. 7, S. 61).
Jede Symmetrieaxe besteht aus zwei Hälften von ent-
gegengesetzter Bichtung. Sind diese beiden Richtungen kry-
stallographisch gleichwerthig, kommen sie also durch die
Drehungen der Gruppe zur Deckung, so heisst die Axe
ztceiseitig; ist dies nicht der Fall, so heisst die Axe einseitig^
ihre entgegengesetzten Richtungen sind dann nicht gleich-
werthig. Einseitige Axen treten, wie unmittelbar ersichtlich,
bei den cyclischen Gruppen auf; ferner sind auch die drei-
zahligen Axen der Tetraedergruppe, sowie die zweizähligen
Axen der Diedergruppe fQr n «» 3 einseitig.
Die besondere Hervorhebung dieser Verhältnisse bedeutet,
wie bereits erwähnt, nichts anderes, als die Anwendung des
Begriffes der gleichwerthigen Richtungen auf die Symmetrie-
axen. Die Zweckmässigkeit davon beruht darauf, dass dieser
Begriff in vielen Fällen gerade für die Symmetrieaxen be-
sonders in Frage kommi
1) In der Bezeichnnng habe ich mich im Ganzen Bravais an-
gdschloBsen; nur mit dem Unterschied, dass ich, dem allgemeinen
geometrischen Qebranch folgend, zur Bezeichnnng der Geraden kleine
Bachsiaben benutze.
74 —
Tabelle L
Die Erystallclassen, die nur Symmetrieaxen enüialten.
No.
DrehuBgsgruppen
Zahl der
Drehungen
Die ein- Die swei-
seitigen Sjm- aeitigen Sym-
metrieaxen metrieaxen
1
Identität Cj
1 - ' - 1
2
Cyclische Gruppe Cg 1 2
h
—
3
4
Cyclische Gruppe Cg
Cyclische Gruppe C^
3
h
—
4
K
—
5
Cyclische Gruppe Cg
6
K
h, V, k"
6
Vierergruppe V
4
7
Diedergruppe D^
6 1 3i,
h
8 Diedergruppe D^
8 , -
K, 2k, 2V
9
Diedergruppe Dq
12
—
^,sl,,3k'
10
11
Tetraedergruppe T
12
^h
^k
Octaedergruppe 0
24
—
3i*,4t„6l,
Fünftes Capitel.
Die Gruppen zweiter Art.
§ 1. Gruppen mit einer Axe zweiter Art« Wie im
vorigen Capitel bewiesen, bilden die sämmtlichen nicht äqui-
valenten Potenzen einer Drehung 9 eiue Drehungsgruppe, und
zwar repräsentirt dieselbe unter allen Drehungsgruppen den
einfachsten Typus. In analoger Weise stellen die sämmtlichen
nicht äquivalenten Potenzen einer symmetrischen Operation
eine Gruppe zweiter Art dar. Denken wir iins nämlich diese
Potenzen
1, S, ä« ... etc. ...
sämmtlich aufgestellt, so ist ja das Product von irgend zweien
derselben stets wieder einer Potenz der vorstehenden Reihe
äquivalent, und damit ist die Behauptung erwiesen. Die An-
zahl der nicht äquivalenten Potenzen hängt davon ab, ob n
gerade oder ungerade ist (Cap. 111,6). Daher gilt der Satz:
Lehrsatz L Die sämmüichen nicht äquivalenten Potenzen
einer Operation zweiter Art S bilden eine Gruppe zweiter Art,
Ist der zugehörige Brehungswinkd a^^2x:n, so enthält die
Gruppe n oder 2n Operationen, je nachdem n gerade oder un-
gerade ist.
Die Oruppe möge durch
S.- {8(^)1
bezeichnet werden« Ihr entspricht eine Erystallclasse, deren
Symmetrie in der Existenz einer n-zahligen Axe zweiter Art
besteht. Fdr manche Werthe von n kann übrigens, wie wir
-- 76 -
sehen werden^ die Symmetrie der Krystallclasse noch anders
definirt werden.
Die einfachsten Gruppen ergeben sich, wenn a den Werth
0 oder n hat Die Operation ^ ist dann eine Spiegelung^
resp. Inversion. Also folgt:
Ist @ irgend eine Spiegelung, so bilden die Operationen
1 und @ eine Gruppe; wir bezeichnen sie einfacher durch
Ist 3 eine Inversion, so bilden die Operationen 1 und 3
eine Gruppe; das Zeichen für dieselbe sei
5, -{3}.
Jeder dieser beiden Gruppen entspricht eine mögliche
Krystallclasse. Wir erhalten daher:
Lehrsatz IL Es giebt eine Krystallclasse, deren Symmetrie
in der Existenz einer einzigen Symmetrieebene besteht.
Lehrsatz III. Es giebt eine Krystallclasse, welche durch die
Existenz eines blossen Symmäriecentnims definirt ist
Da der Werth n = 2 der Inversion entspricht, so sind
nur noch die Zahlen n = 3, 4, 6 zu behandeln, also die
Gruppen C^, C^, Cq resp. die zugehörigen Erystallclassen zu
erörtern.
Ist zunächst n = 3, so sind die sechs Operationen der
bezüglichen Gruppe resp. die Bewegungen
1, a, r
und die Operationen zweiter Art
die Axe a ist daher eine dreizählige Symmetrieaxe der ersten
Art. Alle sechs Operationen lassen sich aus der Drehung 9
und der Spiegelung @ zusammensetzen; die entsprechende
Krystallclasse kann daher durch eine dreizählige Symmetrie-
axe erster Art und eine zu ihr senkrechte Symmetrieebene
definirt werden, also folgt:
Lehrsatz IV. Es giebt eine Kryställdasse, die eine drei-
zahUge Axe erster Art und eine zu ihr senkrechte Symmetrie-
ebene besitzt.
— 77 —
Ist n «= 4, 80 besteht die zugehörige Gruppe aus den
Bewegungen
1, ««
und den Operationen zweiter Art
ä = a@, «« = «»©.
Die Gerade a ist daher als Drehungsaxe nur zweizählig^ als
Sjmmetrieaxe der zweiten Art dagegen yierzählig^ sie ist
daher eine eigentliche Sjmmetrieaxe der zweiten Art« Dieser
Gruppe entspricht daher eine Erystallclasse, welche durch
eine einzige yierzählige Symmetrieaxe der zweiten Art de-
finirt ist; d. h.
Lehrsatz V« Es giä>t eine Ärystailclasse, wdche eine em-
jsige viergäMige Äxe zweiter Art besitzt.
Hat endlich n den Werth 6, ist also a «=> 60^, so ent-
hält die zugehörige Gruppe sechs Operationen^ nämlich die
Bewegungen
1, «S «*
und die Operationen zweiter Art
%, r, W]
die Gerade a ist daher als Drehungsaxe nur dreizahlig und
ist mithin ebenfalls eine eigentliche Sjmmetrieaxe der zweiten
Art. Die entsprechende Erystallclasse kann aber in diesem
Fall noch auf andere Art definirt werden. Es ist nämlich
nach Cap. II, IX
nun ist 9^ eine Drehung. um n, d. h. eine Umklappung, also
ist gemäss Gap. 11, YIII
a» = 3,
die Erystallclasse besitzt daher ein Symmetriecentrum. Dem-
nach folgt weiter
und ebenso, da ja Ä^ = 1 ist,
- 78 -
die drei yorstelienden Operationen der Gruppe lassen sich
daher in der Form
darstellen. Alle sechs Operationen lassen sich daher aas der
Drehung %% d. h. einer Drehung um 120^ und der Inversion
zusammensetzen. Daher folgt:
Lehrsatz VI. Es giebt eine Erystallelasse, die durch eine
sechsjsäMige Symmetrieaxe »weiter Art characterisirt ist Dieselbe
kann auch durch eine dreieahlige Axe erster Art und ein Sym-
metriecentrum definirt werden.
§ 2. Die dreizählige und sechszählige Symmetrieaxe zweiter
Art könuen^ wie das vorstehende zeigt, in einfachere Symmetrie-
eigenschaften aufgelost werden. Nur für die vierzählige Axe
zweiter Art ist dies nicht der Fall; sie ist daher die einzige
krystallographisch mögliche Symmetrieaxe zweiter Art, welche
nicht durch einfachere Symmetrieeigenschaften ersetzt werden
kann.
Wenn eine sechszählige Symmetrieaxe zweiter Art dieselbe
Symmetrie repräsentirt, wie eine dreizählige Axe erster Art
und ein Symmetriecentrum, so ist auch umgekehrt evident,
dass einer Krystallclasse, welche die beiden letztgenannten
Symmetrieelemente enthält, auch eine sechszählige Axe zweiter
Art zukommt. Es ist im Allgemeinen üblich, die Symmetrie-
axen zweiter Art nur dann besonders zu erwähnen, wenn sie,
wie oben die vierzählige Axe, nicht durch einfachere Sym-
metrieelemente ersetzbar sind. Wir werden jedoch, um eine
vollständige Aufzählung aller Symmetrieeigenschaften zu er-
zielen, die Axen zweiter Art bei den bezüglichen Ejrystall-
classen ebenfalls erwähnen, üeberdies treten dadurch auch
die Analogieen, wie sich später (Gap. YII) zeigen wird, deut-
licher hervor. ^
Bemerkung. Die Gruppen C^ und Cq bezeichnen wir
noch durch
iS^ resp. Sß .
Es geschieht dies, weil ihnen (vgl. Cap. VI) diejenigen Unter-
abtheilungen der Erystallsysteme entsprechen, welche man als
„sphenoidisch'' zu bezeichnen pflegt.
— 79 -
Die im Lehrsatz IV beschriebene ErystallclaBBe ist diejenige,
welche in der Bravaisschen Abhandlung über die symmetrischen
Poljeder nicht enthalten ist. Sie wird aber in den ]£]tude8 cristallo-
graphiqnes doch erwähnt. Dort geht Bravais von der Aufgabe
aas, alle Unterabtheiltmgen der sieben Erystallsjsteme zu er-
mitteln; hierbei ist ihm die bezügliche Polyederart nicht entgangen.
Er sagt darüber folgendes: Un tel polyddre ob6irait ik des lois
de sym^trie diff^rentes de Celles que je me suis bom6 ä consid6rer
dans mon Memoire sur les polyddres de forme sym6trique. Ces
polyddres offriraient cette circonstance digne de remarque que deux
faces inyersement semblables pourraient dtre identiques quoique le
polyödre molöculaire ne poss^d&t ni plans, ni centre de symötrie;
rien de pareil n'a lieu poor les polyödres mol6culaires que nous
neos sommes bom68 k consid6rer jusqu'ici, on que nous consid6-
rerons par la suite.
J'ai exclu les poly^res qni offriraient ce singolier genre de
sym^trie de T^tnde g6n6rale que j'ai faite des polyddres sym6tri-
ques, ayec d'autant moins de scmpules qu'il ne parait pas que ce
cas singolier se rencontre dans la natare. (^tndes cristallographi-
ques, Jonrn. de Töcole polytechnique, Heft 34, S. 229.)
üebrigens hat Bravais das bezügliche Polyeder in der Schluss-
tabelle doch aufgeführt; vgl. a. a. 0. Tabelle IX, S. 275 nebst An-
merkung.
§ 3. Die soeben für n = 2, 3, 4, 6 besonders durchgeführte
Untersuchung der Oroppen
ä-läf^)!
soll nun noch f&r beliebiges n durchgeführt werden. Wir ge-
langen dadurch zu einer einfachen Uebersicht über alle mög-
lichen Falle.
Die Frage ist, wann die Symmetrieaxen zweiter Art in
einfachere Symmetrieelemente auflösbar sind, d. h. in Axen
erster Art, Ebene, resp. Centrum der Syihmetrie.
Ist zunächst n eine ungerade Zahl, so ergiebt sich aus
Cap. III^ 6 unmittelbar, dass die 2n Potenzen von 9 stets aus^
der Drehung % und einer Spiegelung zusammengesetzt werden
können. In diesem Fall ist die n- zählige Axe zweiter Art
gleichzeitig n-zählige Axe erster Ari
Ist dagegen n gerade, und setzen wir n i» 2m, so ist
— 80 -
gemäss Cap. III; 6 die Axe a als Drehungsaxe nur m- zahlig.
Ferner ist^ da bereits
ist; unter den Potenzen von % eine reine Spiegelung nicht
vorhanden. Es fragt sich also nur, ob unter ihnen eine In-
version vorkommt. Wir haben dazu diejenige Operation zu
betrachten, deren Winkel x ist; nämlich W^. Nun ist
wenn nun tn ungerade ist; so ist
ä- = »(«)© = 3,
wenn dagegen m selbst gerade ist; so wird
die Gruppe G^m enthält daher stets und nur dann eine In-
version; wenn m ungerade ist
Ist zunächst m gerade; d. h. ist n durch 4 theilbar, so
giebt es unter den Potenzen von % weder eine Spiegelung
noch eine Inversion, es lässt sich demnach die n-zählige Sym-
metrieaxe zweiter Art nicht in einfachere Symmetrieelemente
auflösen. Der kleinste derartige Werth von n ist 4 selbst; er
ist der einzige, der krystallographisch in Frage kommt
Ist dagegen m ungerade, so kann die n-zählige Axe
zweiter Art, wie in dem speciellen Fall n «= 6; stets durch
eine m-zählige Axe erster Art und ein Symmetriecentrum er-
setzt werden. Für die Potenzen von % folgt nämlich, da ja n
gerade, m ungerade, also m — 1 und m -j- I gerade sind,
also lassen sich die 2 m Potenzen folgendermassen schreiben
1, «©, «S ...«-"S
Nun ist
««©«3,
- 8i -
also
femer
d. h. jede dieser Operationen ist dem Product aus 3 und der-
jenigen Drehung äquivalent, welche in dem obigen Schema
resp. über oder unter ihr steht. Die n Potenzen von 9[ können
daher, wie oben für n =» 6, auch durch
1, a^ ... a—%
3, a*3 ••• a»-«3
dargestellt werden. Also ergiebt sich insgesammt
Lehrsatz VII. Eine n-zäMige Symmetrieaxe eweUer Art ist,
icenn n ungerade ist, gleichmtig n-eöMige Symmetrieaxe erster
Art; sie bedingt überdies immer eine Symmetrieebene, Ist n ge-
rade und n = 2m, so ist die Axe als Symmetrieaxe der ersten
Art nur m-zaklig. Ist nun m ungerade, so ist die n-zählige Axe
moeiter Art einer m-zähligen Axe erster Art und einem Symmetrie-
centrum äquivalent, ist aber m selbst gerade, so kann sie nicJit
in einfachere Symmetrieelemente aufgelöst werden.
§ 4. Besiehung der Gruppen rweiter Art zu den
Gruppen erster Art. Die eben abgeleiteten Gruppen bilden
das Analogon zu den cyclischen Drehungsgruppen des vorigen
Capitels. Dies ist ein Specialfall eines allgemeineren Satzes.
Es wird sich ergeben^ dass alle Grupjpen zweiter Art einer der
Drehungsgruppen des vorigen Capitels in analoger Weise zur
Seite stehen. Hierzu leiten wir zunächst einige Hilfssätze ab.
1. Für jede Gruppe zweiter Art bilden die in ihr vor-
kommenden Drehungen eine Drehungsgruppe.
Beweis. Da das Product von zwei Operationen zweiter
Art einer Drehung äquivalent ist, so ist zunächst klar, dass
jede Gruppe zweiter Art auch Drehungen enthält Es sei Q
eine solche Gruppe und
1, ®i, ®, ... ®i-i
die in ihr enthaltenen X Drehungen. Das Product zweier von
ihnen ist wieder eine Drehung und muss daher in G, also
Schoenfliea, S^ystallBtnictar. 6
— 82 -
auch in vorstehender Reihp enthalten sein, womit der Satz
bewiesen ist.
Man wird den Inhalt dieses Satzes in den bisher behan-
delten Fällen leicht bestätigt finden. Die Drehungsgruppe
wird immer von denjenigen Potenzen von 31 gebildet, welche
selbst Drehungen sind. Ist z. B. n eine ungerade Zahl, so
zerfallen die 2n Operationen, wie Cap. III, Satz VI lehrt, in
die n Drehungen
1, Sl, Sl«...2l«-S
welche eine cyclische Gruppe Cn darstellen, und in die n Ope-
rationen zweiter Art
©, a©, 3i2@ ... 21»-^©.
Dies Beispiel zeigt noch, dass die Zahl der Drehungen
der Zahl der Operationen zweiter Art gleich ist. Dies ist
eine allgemeine Eigenschaft dieser Gruppen; es gilt nämlich
der Satz:
2. Hauptsatz: Jede Gruppe zweiter Art enthalt ehenso viele
Drehungen^ wie Operationen zweiter Art.
Es seien
1) 1, ®i, ®2 ••• ®^-i
die Drehungen der Gruppe G, und
2) @, ©„ @, •••©^-1
die Operationen zweiter Art. Wir beweisen zunächst, dass
fi nicht grösser sein kann als A. Nämlich jedes der Producta,
welches durch Multiplication der letzten Reihe mit © ent-
steht, d. h.
©% ©©1, ©©2 .•■ ©©;.-l
muss der Gruppe G angehören. Sind nun alle Operationen
der Reihe 2) verschieden, so müssen oflFenbar auch alle diese
Producte verschieden sein, da ja in ihnen auf dieselbe Opera-
tion © lauter verschiedene andere Operationen folgen. Jedes
dieser Producte ist aber eine Bewegung, und diese Bewegungen
müssen unter den obigen A Bewegungen enthalten sein*, daher
kann fi niemals grösser sein als A.
Andrerseits kann A auch nicht kleiner sein als ft. Näm-
— 83 —
lieh die Operation, welche durch MuUiplication der Reihe 1)
mit irgend einer Operation zweiter Art, z. B. mit @ ent-
stehen, d. h.
gehören ebenfalls der Gruppe an» Dies sind nun aber lauter
Operationen zweiter Art, überdies sind sie sämmtlich ver-
schieden, da sie aus derselben Operation © und lauter ver-
schiedenen Bewegungen bestehen; die Gruppe G enthält daher
sicher A Operationen zweiter Art. Damit ist der Satz be-
wiesen. Gleichzeitig zeigen die letzten Erörterungen, dass
auch folgender Satz besteht:
3. Enthält eine Gruppe zweiter Art G eine Operation zweiter
Art @, so ergeben sich alle ihre Operationen zweiter Art, wenn
die Drehungen der in ihr enthaltenen Drehungsgruppe G mit ©
midtiplidrt werden.
Diese Gruppe ist also durch die Drehungen von G und
die eine Operation @ völlig bestimmt. Man sagt daher auch,
dass die Gruppe zweiter Art G durch MuUiplication der Gruppe
G mit @ entsteht. Von diesem Sprachgebrauch werden wir
im Folgenden häufiger Anwendung machen.
4. Jede einer Gruppe zweite Art ungehörige Operation zweiter
Art führt die Sjfmfnetrieaxcn der Gruppe in sich über.
Beweis^). Wir denken uns wieder (vgl. S. 63) die ^gleich-
werthigen Geraden g, gi, g^^ • • •, deren Symmetriecharacter
durch die Gruppe G repräsentirt wird, so dass also diese Ge-
raden durch jede Operation von G unter sich zur Deckung
gelangen.
Nun sei © irgend eine Operation zweiter Art von G. In
Folge derselben möge die Symmetrieaxe a in die Lage a und
die Geraden g, g^ g^ - - resp. in g, (//, g^ - - * übergehen, wo
natürlich g\ gl, 9% " von g, g^^ g^' ' ' i^ur in der Bezeichnung
▼erschieden sind. Wie evident, hat a' zu g\ ^/, gl ' ' ' dieselbe
Lage, wie a z\x g, g^, g^ - " • Nun ist a eine p-zählige Sym-
metrieaxe für g, gi, g2 • ■ *, daher ist auch a' eine p-zählige
Symmetrieaxe für g\ gl, gl • • •; folglich, da die Geraden g{
1) Vgl. den aHalogen Beweis des Hilfssatzes in Cap. IV, 6.
^ 84 —
dieselben Geraden sind wie die ^,-, so ist a' aucli p- zahlige
Symmetrieaxe für die Geraden g\ g^y g^ • • • • Die p-zahlige
Symmetrieaxe wird also durch die Operation @ wieder in eine
p-zählige Symmetrieaxe übergeführt und da dies für jede Sym-
metrieaxe von 6r gilt; so ist der Satz damit bewiesen.
5. Ist © eine Ovation zweiter Art, welche das Axen-
System einer Drehungsgruppe G in sich überfuhrt^ so giebt es
stets eine Gruppe zweiter Art, die durch die Gruppe G und die
Operation @ bestimmt ist^ die also durch Mtdtiplication von G
mit @ entsteht.
Beweis. Es seien
1, ®i, &, " ®x^i
die Drehungen der Gruppe G] jede derselben führt das Axen-
system von G in sich über. Dies gilt daher auch von den
Operationen
@, ©®i ••• ©®;i-i,
da ja nach Voraussetzung @ die Axen von G in sich überführt
Gleichzeitig folgt aber, dass es andere Deckoperationen
für diese Axen nicht geben kann. Denn wäre dies doch der
Fall, so müssten nach Hilfssatz 2 darunter auch Drehungen
sein, was aber unmöglich ist. Obige Deckoperationen bilden
daher in der That zusammen eine Gruppe zweiter Art Damit
ist der Satz bewiesen.
Endlich bedürfen wir noch eines letzten Hilfssatzes. Näm-
lich, es seien aus G durch Multiplication mit @ und @| zwei
Gruppen zweiter Art G resp. G^ abgeleitet, so ist noch die
Ftage zu erledigen, ob G und G^ immer verschiedene Gruppen
sind, resp. wann dies nicht der Fall Ist Hierüber gilt fol-
gender Satz: ^
6. Ist jede der Operationen isweiter Art © resp. ©^ eine Spiege-
lung oder Inversion und ist ihr Produd einer Bewegung von G
äquivalent, so sind die Gruppen (^weiter Art, die aus G durch
Multiplication mit © und ©^ gebildet werden können, identisch^).
\) Der Satz gilt auch, wenn @ und @, beliebige Operationen sind;
wir bedürfen aber seiner nur in dem speciellen Fall.
- 85 —
Es seien G resp. G^ die Gruppen, die aus G durch Mul-
tiplication mit @ resp. Q^, entstehen. Ist nun
wo &g irgend eine Drehung der Gruppe G bedeutet, so folgt
durch Multiplication mit @; da ja in den hier betrachteten
Fällen & = 1 ist, _ _
©j == @@^,
d. h., die Operation ©^ gehört der Gruppe G an. Die Gruppe
G kann daher gemäss Hilfssatz 3 auch durch Multiplication
von G mit ©^ erhalten werden; d. h. aber G und G^^ sind
identisch.
Andrerseits ist auch evident, dass wenn G und G^ dieselbe
Gruppe zweiter Art vorstellen, @ und ©^ gleichzeitig dieser
Gruppe angehören müssen; es muss daher @ ©^ eine Bewegung
von G sein.
§ 5. Eintheiltmg der Gruppen zweiter Art. Wir können
nunmehr zu einer systematischen Ableitung der Gruppen zweiter
Art, resp. der zugehörigen Erystallclassen übergehen. Wir
haben von den im vorigen Capitel aufgestellten Drehungs-
gruppen auszugehen und alle Operationen zweiter Art aus-
zuspüren, welche das Axensystem der Gruppe in sich über-
führen. Jede derselben erzeugt nach Hilfssatz 5 eine Gruppe
zweiter Art.
Die Gruppen zweiter Art zerfallen also wieder in Gruppen
mit einer Hauptaxe, in solche mit einer Hauptaxe und einer
Schaar zu ihr senkrechter Nebenaxen und in diejenigen Gruppen,
welche mit den regelmässigen Körpern gebildet sind. Haben
wir dieselben sämmtlich aufgestellt, so ist an der Hand des
letzten Hilfssatzes nur noch zu prüfen, ob alle so erhaltenen
Gruppen auch wirklich verschieden sind oder nicht.
§ 6. Gruppen zweiter Art mit einer Symmetrieaxe. Für
den Fall, dass die Symmetrieaxe a von der zweiten Art ist,
haben wir die « bezüglichen Gruppen schon oben aufgestellt.
Ist die Symmetrieaxe von der ersten Art, so ergeben sich
die zugehörigen Gruppen zweiter Art im Anschluss an die
vorstehenden Hilfssätze folgendermassen. Es sei die Sym-
— 86 —
metrieaxe a n-zahlig, so dass die Drehungen der Gruppe erster
Art G resp.
1, «, %^ '" 3t«-^
sind. Aus ihr ergiebt sich eine Gruppe G durch Multiplication
dieser Potenzen mit einer Operation zweiter Art, welche die Axe
a in sich überführt. Solcher Operationen kann es, wie wir sofort
zeigen werden, im ganzen drei geben. Nämlich eine Dreh-
spiegelung ist ausgeschlossen, da ja nur die eine Symmetrie-
axe a existiren und eine Axe erster Art sein soll. Es können
daher nur Spiegelung und Inversion, d. h. also Symmetrieebene
und Symmetriecentrum in Frage kommen, und zwar ist die
Symmetrieebene entweder senkrecht zur Axe, oder sie enthält
dieselbe. Um die Begriffe zu fixiren, wollen wir ims die
Symmetrieaxe a vertical vorstellen, alsdann ist die spiegelnde
Ebene entweder vertical oder horizontal zu denken. Bezeichnen
wir die Spiegelung, je nachdem die Ebene derselben vertical
oder horizontal liegt, durch ©,, resp. @a; so sind also
diejenigen drei Operationen zweiter Art, mit denen sich eine
Gruppe zweiter Art bilden lässt, welche die Drehungen 1, ?t,
«2 . . . ?ln-i enthält.
Wir Icönnen daher ans jeder der cycUscJien Gruppen auf
drei verschiedene Arten eine Gruppe ztveiter Art ahleiten.
Es ist aber noch zu untersuchen, ob die so gebildeten
Gruppen auch sämmtlich verschieden sind. Wir haben dazu
nach Hilfssatz 6 die Producte
3@A, 3®., @.@A
zu betrachten. Die beiden letzten sind gemäss Gap. III, 7
Umklappungen um eine zu a senkrechte Axe; dieselbe ist von
allen Potenzen von % verschieden. Dagegen ist das erste
Product eine Umklappung um die Symmetrieaxe a; und diese
ist unter den Potenzen von Sl enthalten oder nicht, je nach-
dem n gerade oder ungerade ist. Daraus folgt:
Lehrsatz VIII. Ist n ungerade, so ergehen sich drei verschie-
dene Gruppen zweiter Art; ist n gerade ^ nur zwei.
Da diese Gruppen durch die in ihnen enthaltene Drehungs-
— 87 —
gruppe Cn und die bezügliche Operation zweiter Art vollständig
bestimmt sind, so bezeichnen wir sie^ wie folgt:
Cn'={Cn, 3},
wobei zu beachten^ dass die letztere Gruppe nur dann beson-
ders zu zählen ist, wenn n ungerade ist.
§ 7. Für w = 3 erhalteh wir drei verschiedene Gruppen.
Die erste derselben, •
C3'={Q, 3},
enthält die sechs Operationen
1, 31, %\
3, Z%r 321*,
sie ist daher mit der oben S. 76 erwähnten Gruppe identisch.
Die dreizählige Hauptaxe ist daher gleichzeitig eine sechszählige
Symmetrieaxe zweiter Art, wie es übrigens auch dem Lehrsatz
VII entspricht.
Die zweite Gruppe ist
sie ist, da sie die Spiegelung @a enthält, ebenfalls mit einer
schon oben erwähnten Gruppe identisch, nämlich mit der Gruppe
des Lehrsatzes lY.
Die dritte Gruppe ist
Sie enthält die Drehungen
1, 8(, a*^
und die Operationen zweiter Art
©„ 3t©„ St^©,.
Jeder derselben entspricht gemäss Gap. II, 7 eine durch a
gehende Symmetrieebene; dieselben schneiden sich unter einem
Winkel von 60®. Zu dieser Gruppe sind wir noch nicht ge-
langt. Die zugehörige Erystallclasse enthält eine dreizählige
Symmetrieaxe und drei durch sie gehende Symmetrieebenen,
die sich unter gleichen Winkeln schneiden; d. h.
' — 88 —
Lehrsatz IX. Es giebt eine ErystaUdasse, weMie durch eine
dreimhlige Symmdrieaxe und drei durch sie gehende Symmetrie'
ebenen definirt ist
§ 8. Ist n gerade y hat es also die Werihe 2, 4, 6, so
giebt es nur je zwei Gruppen, nämlich
und
Die erstere enthält die Bewegungen
und die Operationen zweiter Art
©., si©Ä, w®, ..■ a«-i©A.
unter denselben ist natürlich auch die Inversion 3 enthalten;
in der That ist ja
Die übrigen Operationen der zweiten Zeile drücken aus, dass
die Hauptaxe gleichzeitig als Sjmmetrieaxe zweiter Art auf-
gefasst werden kann, aber auch höchstens als n-zählige. Darin
spricht sich keine neue Sjmmetrieeigenschaft aus. Die entr
sprechende Erystallclasse ist daher durch eine n-zählige Axe,
eine zu ihr senkrechte Symmetrieebene und ein Symmetrie-
centrum ausgezeichnet; d. h.
Lehrsatz X. Für gerades n, d. h. w = 2, 4, 6, giebt es
je eine Krystallclasse^ die eine n-ssahlige Symmetrieaxe, eine eu
derselben senkrechte Symmetried>ene, sowie ein Symmetriecentrum
besitzt.
Die Gruppe Cn^ enthält ebenfalls die n Drehungen
1, si, a« ... si»-s
sowie die n Operationen zweiter Art
©„ a©,, w®, . . . ««-!©..
Aus der Existenz der durch die Axe a gehenden Symmetrie-
ebene folgt nach Cap. III, YIII, dass im ganzen n solcher
Ebenen vorhanden sind. Die obigen n Operationen zweiter
Art repräsentiren genau die Spiegelungen an diesen n Ebenen.
Also folgt:
Lehrsatz XI. Für gerades n, d.h, n = 2,4t^ 6, gieht es je
äfu Erystaildasse, welche eine n-zählige Symmetrieaxe, sowie n
duwcit sie hindurchgehende Symmetrieebenen hesiUt
§ 9. Die soeben für die Werthe n = 2, 3, 4, 6 im Ein-
zelnen durchgeführte Untersuchung, welche von den Gruppen
sich schon unter den Gruppen mit einer einzigen Symmetrie-
axe zweiter Art vorfinden, moge^ um eine bessere Uebersicht
über die Einzelresultate zu erzielen, wieder für beliebige Werthe
n durchgefahrt werden. Es ergeben sich unmittelbar die fol-
genden Resultate:
1) Die Gruppe C«' kommt gemäss Lehrsatz VIII über-
haupt nur für ungerades n in Frage; sie ist aber stets mit
der Gruppe C^» identisch. In der That zeigt ja Lehrsatz VII,
dass die Gruppe 02 n für ungerades n neben einer n-zähligen
Axe erster Art immer ein Symmetriecentrum enthält.
2) Die Gruppe 0^*- ist für ungerades n mit der Gruppe
C« identisch; ist n gerade, so repräsentirt sie eine neue Gruppe.
In der That folgt ja aus Cap. III, 6, dass für ungerades n
unter den Operationen der Gruppe Cn die Spiegelung © ent-
halten ist, für gerades n aber nicht.
Da die Gruppe C7„ für ungerades n eine w- zählige Axe
erster Art besitzt, so ziehen wir vor, sie für derartige Werthe
von n durch C„* zu bezeichnen.
3) Die Gruppe C«* enthält verticale Symmetrieebenen,
kann daher niemals mit einer Gruppe identisch sein, die nur
eine Symmetrieaxe zweiter Art besitzt. Also folgt:
Es gid>t im ganzen vier verschiedene Typen von Gruppen
mit einer einzigen Symmetrieaxe ^ nämlich die Chruppen (7«, C7«'
und C„* ßr jedes n, und die Gruppen Cn für gerades n.
Es existiren demnach im ganzen vier verschiedene Gat-
tungen von Eiystallclassen, die eine einzige Symmetrieaxe be-
sitzen. Bezeichnen wir wieder die Gruppen (7», für gerades
n, wie oben in § 2 geschehen, durch 5», so sind dies die-
jenigen, welche den Gruppen
Cn, Cn', Cn% Sn
— 90 —
entsprechen. Die drei ersteren besitzen eine n-zählige Axe
erster Art, die letzteren nur eine n-zählige Axe zweiter Art.
Bemerkung. Hiermit sind die Erörterungen über die-
jenigen Gruppen, für welche nur eine einzige Symmetrieaxe
der ersten oder zweiten Art vorhanden ist, abgeschlossen.
Wir fügen denselben noch eine Bemerkung hinzu. Sie betrifft
den Umstand, dass wir im Vorstehenden niemals direct von
einer zweizähligen Symmetrieaxe zweiter Art gesprochen haben.
Dies erklärt sich folgendermassen. Diejenige Operation, welche
für die zweizählige Symmetrieaxe zweiter Art characteristisch
ist, ist die Inversion, die Axe stellt daher dieselbe Symmetrie-
eigenschaft dar, wie ein Centrum der Symmetrie. Für ein
Symmetriecentrum giebt es aber keinerlei ausgezeichnete Rich-
tung mehr, jede zweizählige Axe zweiter Art ist ihm äquivalent.
Aus diesem Grunde ist es angezeigt, die Axen zweiter Art ganz
aus dem Spiele zu lassen; es konnte sich sonst leicht die irr-
thümliche Auffassung bilden, dass auch für sie die durch die
Axe repräsentirte Richtung eine besondere Bedeutung für die
bezügliche Symmetrieeigenschaft hat.
§ 10. Allgemeiner Satz über die Ableitung der Gruppen
zweiter Art. Die Aufstellung der übrigen Gruppen zweiter
Art, resp. der entsprechenden Krystallclassen, wird durch eine
einfache üeberlegung, die wir vorausschicken wollen, beträcht-
lich erleichtert. Wir fassen zu diesem Zwecke wieder die
Kugel ins Auge, deren Centrum der Schnittpunkt 0 aller Axen
ist, und markiren ihre Durchschnittspunkte mit den Axen.
Dadurch entsteht in jedem Fall ein reguläres Polyeder, und
zwar entweder eine Doppelpyramide oder einer der regel-
mässigen Körper.
Sei nun G eine der entsprechenden Drehungsgruppen.
Sie enthalte 21c Drehungen, so besitzt das bezügliche Polyeder
(Cap. IV, 9) h Kanten, die sich bei diesen Drehungen auf alle
mögliche Weise vertauschen; und zwar ist, wie wir sahen,
jede Drehung bestimmt, wenn bekannt ist, mit welcher Poly-
ederkante irgend eine derselben — sie heisse wieder AB —
zusammenfallt. Nun sei wieder G eine Gruppe zweiter Art,
welche G als Drehungsgruppe enthält. Ist © eine ihrer
^ 91 -
Operationen zweiter Art^ so führt sie die Axen von G^ also
auch das zugehörige Polyeder in sich über, und zwar natür-
lich ebenfalls so, dass die k Kanten sich unter einander ver-
tauschen. Es wird daher durch die Operation @ die Kante
AB mit irgend einer Kante ÄB^ zusammenfallen, so dass A
mit Ä' und B mit B' coineidirt.
Es giebt aber auch unter den Drehungen der Gruppe G
eine, welche die Kante AB mit der Kante AB' auf die an-
gegebene Art zusammenfallen lässt; dieselbe sei ®q. Denken
wir uns nun erst die Operation © und dann eine Spiegelung
® gegen die Ebene OÄB! ausgeführt, so sind diese beiden
Operationen einer Bewegung äquivalent, und das ist, da die
Spiegelung © die Punkte Ä.B' unverändert lässt, genau die-
jenige, welche die Polyederkante AB auf AB! fallen lässt,
d. L die Bewegung @^. Es besteht also die Gleichung
Ist nun © eine solche Operation zweiter Art, dass
©« = 1
ist, 80 folgt, wenn wir die erste Gleichung von links mit
@*~^ multipliciren,
© = ©'»-1®^;
die Gruppe G enthält daher unter ihren Operationen auch die
Spiegelung ©. Nach Hilfssatz 3 kann demgemäss die Gruppe
zweiter Art G durch Multiplication der Drehungsgruppe G mit
der Spiegelung © gebildet werden.
Da somit jede Gruppe zweiter Art durch Multiplication
mit einer reinen Spiegelung gebildet werden kann, so haben
wir, um aus der Drehungsgruppe G eine Gruppe zweiter Art
G abzuleiten, als erzeugende Operationen nur einfache Spiege-
lungen ins Auge zu fassen.
Wir haben daher nur die Frage zu discutiren, ob es
Spiegelungen giebt, welche das Axensystem einer Gruppe G
in sich überführen. Jede hierzu geeignete Spiegelung © führt
nach Hilfssatz 5 zu einer Gruppe zweiter Art.
§ 11. Die Diedergruppen zweiter Art. Bei den Dieder-
gruppen kann die Symmetrieebene sowohl horizontal als ver-
- 92 —
tical laufen; im letzteren Fall mnss sie entweder eine Nebenaxe
enthalten, oder den Winkel zweier nächsten Nebenaxen hal-
biren. Wir bezeichnen die zugehörigen Spiegelungen wieder
durch @A, resp, ©». Jede von ihnen führt zu einer Gruppe
zweiter Art; es ist nur zu prüfen, ob beide verschieden sind.
Die mit der horizontalen Spiegelung @a gebildete Gruppe
zweiter Art bezeichnen wir durch
Das Product ®h®v ist (Cap.11,7) einer ümklappung um die
Schnittlinie der spiegelnden Ebenen äquivalent; daher kann
gemäss Hilfssatz 6 die Operation ©« nur dann zu einer von
D»* verschiedenen Gruppe führen, und ist daher nur dann zu
berücksichtigen, wenn die bezügliche Symmetrieebene den
Winkel zweier Nebenaxen halbirt. Indem wir sie in dieser
Lage als eine Diagonalebene auffassen, bezeichnen wir die
zugehörige Spiegelung durch @d und die vermittelst @i ge-
bildete Gruppe zweiter Art durch
Diese Gruppen, resp. die zugehörigen Erystallclassen sind
nun wieder genauer zu erörtern. Von besonderem Interesse
sind für uns die einfachen Symmetrieelemente, durch welche
jede Gruppe, resp. jede Krystallclasse ausgezeichnet ist Wir
können sie wie bisher aus dem Schema, welches die Gesammt-
heit der Operationen bilden, durch Deutung dieser Operationen
unmittelbar ablesen. Sie lassen sich aber auch ableiten, ohne
dass es nöthig wäre, dieses Schema zu benutzen. Die Sym-
metrieelemente der Diedergruppen zweiter Art bestehen näm-
lich einerseits aus den Symmetrieaxen der Drehungsgruppe Dn,
andrerseits natürlich aus denjenigen, welche durch die Sym-
metrieaxen und die Spiegelung @a resp. ®d bestimmt werden.
Um dieselben in jedem Fall zu ermitteln, bedürfen wir ausser
den oben (§ 4) abgeleiteten Sätzen noch des folgenden Hilfs-
satzes:
Wird die Diedergruppe Dn fnit der Spiegelung ©^ erweitert,
so wird die n- zählige Hauptaxe dadurch eine ineöMige Sym-
metrimxe zweiter Art
- 93 -
Wir nehmen die Symmetrieebene von ®a so an^ dass sie
(vgl. Fig. 9, S. 61) den Winkel zwischen den Nebenaxen u
und u^ halbirt, merken an^ dass
ist nnd betrachten das Product ll©«^. Ist nun @a wieder eine
horizontale Spiegelung, @p eine verticale, deren Ebene durch
u geht, 80 ist gemäss Gap. II, 7
folglich ist
U©d = ©A©.©d
und da die Ebenen von ©« und ©<{ den Winkel 7c:2n ein-
schliessen, so folgt weiter (vgl. Cap. II, 7)
U©.= ©A«(-J).
Das Product U©«] ist daher in der That einer solchen Dreh-
spiegelung um die Axe a äquivalent, dass die Axe a dadurch
eine 2n-zählige Symmetrieaxe zweiter Art wird.
Hieraus ziehen wir sofort die wichtige Folgerung, dciss
die vorstehenden Gruppen für w = 4 und w «= 6 Iceine JcrystdUo-
graphische Bedeutung mehr haben können; wirkliche KrystaU-
classen können ihnen nur ßr n =» 2 und w = 3 entsprechen.
§ 12. Für n -a 2 ist D« die Vierergruppe F; die ihr ent-
sprechenden Krystallclassen sollen wieder besonders erörtert
werden. Wir bezeichnen die bezüglichen Gruppen resp. durch
F* = {r,©.},
7-={r, ©,}.
Die Operationen der Gruppe F* sind
1, U, », SB,
©A, U©A, »©A, aB©A.
Da die Sjmmetrieebene 6, welche der Spiegelung ©a ent-
spricht, die Axen u und v enthält, so existiren noch zwei
andere zu 6 senkrechte Symmetrieebenen (Cap. III, VIII). Sie
entsprechen der zweiten und dritten unter den Operationen
der zweiten Zeile. Die letzte dieser Operationen zeigt, dass
(Cap. III, X) auch ein Symmetriecentrum vorhanden ist.
- 94 —
Dagegen sind die Operationen der Gruppe F"*
1, U, SB, 2B,
@^, U©d, SB@^, 2ö®rf.
Die Ebene (? der Spiegelung ©^ geht durch die tv-Axe, ohne eine
der andern Axen zu enthalten. In diesem Falle giebt es daher
nur noch eine zweite Symmetrieebene; sie geht ebenfalls durch
tv und steht senkrecht auf 6. Ihr entspricht die letzte unter
den Operationen der zweiten Zeile. Die andern Operationen
zeigen^ dass gemäss dem obigen Hilfssatzc die Hauptaxe
gleichzeitig eine vierzählige Symmetrieaxe zweiter Art ist.
Wir erhalten demnach folgende Sätze:
Lehrsatz XII. Es giebt eine Krystallclasse, tvelche drei sfcei-
zaiilige Symmetrieaxen hesitist, drei zu einander senkrechte Sym-
metrieehe7teny welche je zwei dieser Axen enthalten, und ein Sym-
metriecefntrum,
Lehrsatz XIII. Es gieht eine Krystallclasse, welche eine vier-
zählige Hauptaxe zweiter Art besitzt, zwei zu ihr und unter ein-
ander senkrechte zweizählige Symmetrieaxen sowie zwei Symmetrie-
ebenen, welche durch die Hauptaxe gehen und die von den andern
Axen gebildeten WinJcel halbiren.
§ 13. Die Fälle n = 3, 4, 6 wollen wir gemeinsam be-
trachten. ^Wir fassen zunächst die Gruppen
D„* ={!)„, ©/,}
ins Auge. Die zugehörigen Operationen sind:
1,
91,
W ■
• • si—s
u,
Ux,
u, •
•• u„_„
@/„
91©/,,
W®, ■
• • 31—»©,,,
U®/„
Ui©/„
112 @A •
• ■ U,_i©..
Die horizontale Symmetrieebene, welche der Spiegelung ©^
entspricht, enthält n zweizäbiige Symmetrieaxen, daher existiren
(Gap. ni, VIII) noch w andere Symmetrieebenen, welche durch
die w-zählige Hauptaxe gehen; sie entsprechen, wie leicht zu
sehen, den n Operationen der vierten Zeile. Ist n == 4 oder
6, so ist unter den Drehungen, welche um die Hauptaxe statt-
finden, auch eine Umklappung vorhanden; daher giebt es
gemäss Cap. III, X in der bezüglichen Krystallclasse ein
— 95 -
Symmetriecentrum ^). Für n = 3 kann dies jedoch nicht der
Fall sein; also folgt:
Lehrsatz XIV. Es giebt eine Krystallclasse, welche eine drei-
mlüige Hauptaxe, drei zweizählige Nehenaxen und 3 + 1 Symmetrie-
ebenen besitzt; eine dieser Ebenen steht auf der Hanpfaxe senkrecht,
jede der andern enthält die Hauptaxe und je eine Nebenaxe,
Lehrsatz XV. Für n == 4 oder 6 giebt es je eine Krystaü-
' dasse, welche eine n-mhlige Hauptcuve, n zu ihr senkrechte Neben-
cucen, ein Symmetriecentrum und w + 1 Symmetrieebenen besitzt.
Die eine Ebene steht auf der Hauptaxe senkrecht, die andern
verbinden die Hauptaxe mit je einer Nebenaxe.
§ 14. Die Gruppen Dn^ kommen gemäss § 11 nur für
w = 2 und « = 3 in Frage. Dem Werth w = 2 entspricht
die Vierergruppe F^, die wir oben betrachtet haben. Es ist
daher nur noch die Gruppe
A"={^3
©J
ZU erörtern. Ihre Operationen sind
1, 31, %\ ©„ «@„ 21«®,,
U, U,, W,, U@,, U,©., U^®..
Die Symmetrieebene, welche der Spiegelung ©,/ entspricht, enthält
die Hauptaxe a, es giebt daher
drei solcher Symmetrieebenen.
Sie entsprechen den drei Opera-
tionen der dritten Zeile ^). Weil
(vgl. Fig. 18)») die Ebene 6d auf
einer der zweizähligen Nebenaxeu
senkrecht steht, so existirt auch
ein Symmetriecentrum. üeber-
dies ist die Hauptaxe als Sym-
metrieaxe zweiter Art sechszählig.
Also folgt:
1) Es entspricht einer Operation der dritten Zeile. Alle diese Ope-
rationen bedeuten Drebspiegelungen um die Axe a (vgl. oben § 8).
2) Die Operationen der vierten Zeile bedeuten wieder Drehspiege-
lungen bezüglich der Axe a.
3) Die (Jeraden s^, »g, 8.^ sind Schnittlinien der horizontalen und
Yerticalen Symmetrieebenen.
— 96 -•
Lehrsatz XVI. Es ffiebt eine Erystailclassey welche eine sechs-
eählige Hauptaxe zweiter Art, drei zu ihr senkreckte dreizäJUige
Nebenaxen^ ein Symmetriecentrum und drei Symmetrieebenen be-
sitzt, welche durch die Hauptaxe gehen und die von den zwei-
zähligen Axen gdnldeten WinM haUnren.
§ 15. Um den Zusammenhang der Diedergruppen mit den
cyclischen Gruppen ins rechte Licht zu setzen, geben wir noch
einen zweiten Weg an^ auf welchem man zu den Diedergruppen
zweiter Art gelangt. Wir knüpfen dazu an die Frage an, ob
sich aus den Gruppen Gn mit einer Symmetrieaxe zweiter Art
in ähnlicher Weise Diedergruppen ableiten lassen, wie aus
den cyclischen Gruppen mit Symmetrieaxen erster Art.
Soll es eine Gruppe geben, welche eine n-zählige Axe a
zweiter Art, ausser ihr aber noch andere Axen besitzt^ so muss
jede Operation der Gruppe nach Hilfssatz 4 die Axe a in
sich überführen. Ausser der Axe a kann daher die bezüg-
liche Gruppe nur noch zweizählige Axen enthalten und zwar
enthält sie, wenn sie eine enthält, auch diejenigen, welche aus
dieser durch die Operation $( hervorgehen, d. h. n solcher
Axen. Andrerseits gelangen wir aber auch wirklich, wenn wir
die Gruppe C» mit einer ümklappung multipliciren, zu einer
der Diedergruppen zweiter Ari
Dies ergiebt sich wie folgt Zunächst ist zu bemerken,
dass nach Lehrsatz YII nur gerade Zahlen n zu berücksichtigen
sind. Ist nun wieder n = 2m, so enthält die Gruppe Cn
2m Operationen, die sich wie folgt schreiben lassen:
1, a* ... ««->,
und wenn diese mit U multiplicirt werden, so ergiebt sich
u, u«^ ... u««-s
U«, US« ... U^—K
Nun ist, wie aus Cap. IV, 4 folgt
d. h. die erste und dritte der vorstehenden Zeilen bilden die
Diedergruppe Dm- Ferner ist, wenn wir die Spiegelung,
- 97 --
deren Ebene durch a und w geht, wieder durch ©p bezeichneu,
gemäss den Gap. II, 7 entwickelten Hilfssätsen
uä« = u©2i» = ©,?i^ = @;,
wo die zu ©d resp. ©/ gehörigen Symmetrieebenen resp. die
von uuy, «1^2 • • • gebildeten Winkel halbiren. Dies zeigt, dass
die vorstehenden 2n Operationen genau die Gruppe Dm^ bilden.
Diese Gruppen lassen sich also au<ßi als Diedergruppen auffassen,
die aus den Gruppen zweiter Art Cn genau so gebildet sind, wie
die Diedergruppen Dn aus den Gruppen Cn*
Wir hatten oben die Gruppen C« — wegen ihrer Be-
ziehung zu gewissen Krystallclassen — durch Sn bezeichnet.
Analog dazu werden wir die aus Sn gebildeten Diedergruppen
durch Sn^ repräsentiren. Die zugehörigen Krystallclassen be-
sitzen eine eigentliche n- zählige Symmetrieaxe zweiter Art
Wir können daher auch folgenden Satz aussprechen :
Lehrsatz XVII. Für jedes gerade w (d. ä. w = 4 und 6) giebt
es zwei Krystallclassen, die eine n-zäJdige Hauptaxe zweiter Art
besitzen. Sie entsprechen den Gruppen Sn und /Sn".
Im besondem ist noch
§ 16. Die Tetraedergmppen zweiter Art und die zu-
gehörigen Krystallclassen. Es ist noch übrig, mit der Tetra-
edergruppe, resp. Octaedergruppe Gruppen zweiter Art zu bilden
und die entsprechenden Krystallclassen zu characterisiren. Nach
Gap. IV, 10 enthält die Tetraedergruppe auch die Axen t«, v, w
einer Vierergruppe. Soll daher eine Spiegelung sämmtliche Axen
der Tetraedergruppe in sich überführen, so muss sie jedenfalls
auch die Axen w, v, w in sich überführen. Es können daher
höchstens die oben betrachteten Spiegelungen ©^ und ©«i die
Eigenschaft haben, das gesammte Axensystem der Tetraeder-
gruppe mit sich zur Deckung zu bringen. Dies ist aber auch
wirklich der Fall. Die Ebene von ©a ist nämlich eine Sym-
metrieebene dieses Axensystems, und ebenso die Ebene ®d»
Schoen flies, KrystaUBtractor. 7
— 98 -
Die mit ©;, resp. @d gebildeten Gruppen zweiter Art sind
von einander verschieden. Das Product von @a und @ci ist
nämlich einer Umklappuug um eine Gerade äquivalent, die
den Winkel der Azen u und v halbirt, also der Tetraedergruppe
nicht angehört, womit nach Hilfssatz 6 die Behauptung erwiesen
ist. Wir bezeichnen die so definirten Gruppen durch
r* = {r, @ä} und
T^==[T, ©,}.
Die Operationen von I* sind
1, U, », SB ©„ U©„ »@Ä, 2B@*,
«, «', «", «'" und a©A, r©Ä, a"©A, «'"©*,
«s r^ «"s «'"« a»@A, «'*©*, «"*©*, «'"'©*.
Wie bei der Vierergruppe ist jede der drei von u, v, w ge-
bildeten Ebenen eine Symmetrieebene und ebenso existirt
ein Symmetriecentrum. Diese Symmetrieelemente entsprechen
wieder den Operationen der ersten Zeile rechts. Die andern
Operationen zeigen, dass die vier dreizähligen Axen a, a\ a", a"
gleichzeitig als sechszählige Symmetrieazen zweiter Art auf-
zufassen sind.
Dagegen sind die Operationen von T^
1, U, », SB, e^, U©^, »©rf, 2B©^,
a, «', r, «"' und a©^, a'©^, r©^, «"'©.y,
a^ a'^ «"^ a'"^ a«©^, a'*©^, a"«©^, a"'^©.,.
Die vorstehende Gruppe enthält die sämmtlichen Operationen
der Gruppe F^; die erste Zeile enthält dieselben. Wie bei
der Gruppe V^ schneiden sich daher zwei Symmetrieebenen
in der w-Axe, also auch in der u- resp. t;-Axe. Jede dieser
Symmetrieebenen enthält überdies, wie aus den bekannten
Eigenschaften der regelmässigen Körper folgt, zwei von den
dreizähligen Axen.
Ferner ist, ebenfalls wie bei V^, die Axe w gleichzeitig
als vierzählige Symmetrieaxe zweiter Art zu betrachten; das-
selbe gilt daher für die u- und v-Axe. Also folgt:
Lehrsatz XVIII. Es gieht ewei verschiedene KrysUüUlasseny
welche die der Te^aedergmppe entsprechenden Symmetrieaaien ent-
— 99 —
halten. Die eine hesitsst ausserdem drei auf einander senkredite
Symmetrieehenen und ein Symmetriecentrum, die andere sechs
Sjfmmetrieä)enen, deren jede durch zwei dreimhlige Axen hin-
durchgeht. Für die letztere sind die zumeäJdigen Axen gleich-
zeitig vierzählige Axen zweiter Art, und für die erstere sind die
dreiaiäiligen Axen sechsgählige Axen zweiter Art.
§ 17. Die Ootaedergmppe zweiter Art und die bu-
gehörige Erystallolasse. Die Octaedergruppe euthält auch
die Axen der Tetraedergruppe. Für sie können daher nur
solche Spiegelungen in Frage kommen, welche die Tetraeder-
gruppe in sich überführen, also ebenfalls @a nnd ^a- Jede
derselben bringt in der That sämmtliche Axen der Octaeder-
gruppe zur Deckung. Aber in diesem Fall ist das Product
@A®<i einer in der Octaedergruppe enthaltenen Umklappung
äquivalent; denn die Schnittlinie der horizontalen Symmetrie-
ebene und einer Diagonalebene ist stets eine der Axen u, u\
v\ v'\ w\ w'\ Es giebt daher gemäss Hilfssatz 6 nur eine
Gruppe zweiter Art, die sich mittelst der Octaedergruppe
bilden lässt; wir bezeichnen sie durch
Ihre 48 Operationen sind
I.
1 SB» 85'« W
% a' a" «'"
a* a'* a"* a"'*
III.
@ SB»© »'»© S3"»®
a© a'© a"@ a"'©
a»@ a'»© a"»© a'"»©
Da die Gruppe, wie wir eben sahen, sowohl die Spiegelung
@A als ©d enthält, so besitzt sie offenbar sämmtliche Sym-
metrieelemente, welche in T*, resp. T^ Torkommen, d. h. die
drei Symmetrieebenen, welche die vierzähligen Äxen verbinden,
and die sechs andern, in denen sich je zwei der zweizähligen
Symmetrieaxen der Octaedergruppe schneiden. Ein Symmetrie-
IL
U'
U"
SB
85»
SB-
SB"
85'
SB'»
SB'
' 2B"
SB"
85"»
IV.
U'©
U"©
SB©
85»©
S'©
SB"©
83'©
85'
>@
SB'©
SB"©
85"©
; 85"
■»©,
7
*
- 100 —
centrum ist überdies auch yorhanden^)^ endlich ist jede der
dreiz£^Iigen Axen gleichzeitig als sechszählige Symmetrieaxe
zweiter Art zu betrachten; also folgt:
Lehrsatz XIX. Es gieU eine KrystaVdasse, die ausser den
Symmetrieaxen der Odaedergruppe noch ein Symmetriecentrum
iesitztj femer drei Symmetrieebenen ^ welche je awei viereäJdige
Axen verbinden y und je sechs, welche je ßwei dreieahlige Axen
enthalten. Die letzteren sind gleichzeitig sechszählige Symmetrie^
axen zweiter Art; je zwei von ihnen schneiden sich {überdies in
einer zweizöMigen Symmetrieaxe.
Die Thatsachc; dass die^Gruppe 0^ alle Symmetrieeigen-
schaften enthält, welche den Gruppen T^ und T^ zugehören,
muss sich auch in dem Yerhältniss ausdrücken, in welchem
die Operationen dieser Gruppen zu einander stehen. Beachten
wir nun wieder, dass die Bewegungen
»S »'*, 95"*
resp. mit den Umklappungen
U, », SB
identisch sind, so folgt unmittelbar, dass die mit I and III
bezeichneten Operationen genau die Operationen der erweiterten
Tetraedergruppe T^ darstellen; d. h.
Die Operationen der Tetraedergruppe T^ sind sämmtlich
unter den Operationen der Octaedergruppe 0* enthalten.
In derselben Weise bilden die Operationen I und IV die
Operationen der Gruppe T^. Nämlich gemäss Cap. III, VIII
ist ja
also enthält die Gruppe 0* auch die Spiegelung ®d] daher
auch alle diejenigen Operationen, welche sich durch Multi-
plication der Bewegungen I mit @«f ergeben, d. h. eben die
Operationen zweiter Art von T**. Die eben erwähnten Ope-
rationen müssen überdies genau die Operationen IV sein, weil
1) Die Operationen, denen die bezuglichen Symmetrieelemente ent-
sprechen, sind leicht anzugeben. So giebt S3''@ eine der erstgenannten,
U'6 und U"@ zwei der letztgenannten Symmetrieebenen n. 8. w.
- 101 -
weil keine von ihnen unter III vorkommen darf. Damit ist
die Behauptung erwiesen; d. h.
Die Operationen der Tetraedergruppe T^ sind sämmtlidi
unier den Operationen der Octaedergnippe 0* enthalten^).
§ 18. Tabellen. Die vorstehend abgeleiteten Krystall-
classen werden wir wieder durch eine Tabelle veranschaulichen.
Die Symmetrieaxen bezeichnen wir, wie in der Tabelle I
(S. 74) durch Ip, resp. Äp. Ein Symmetriecentrum werde
durch C reprasentirt; endlich sollen ri und 6 die Symmetrie-
ebenen bedeuten, r^ immer diejenige, welche auf der Haupt-
a3[e % senkrecht steht. Wie die Symmetrieaxen, so heissen
auch die Symmetrieebenen gleich, resp. gleidiberechtigt, wenn
sie durch die Operationen der Gruppe auf einander fallen. Die
Axen unterscheiden wir in dem oben S. 73 angegebenen Sinn
wieder in einseitige und zweiseitige; dabei ist zu beachten,
dass Axen, die für eine Drehungsgruppe einseitig sind, durch
Hinzutreten von Symmetrieeigenschaften zweiter Art zweiseitig
werden können^). Ausserdem sind hier die Symmetrieaxen
zweiter Art noch besonders aufzuführen; sie sind der Defini-
tion gemäss immer als zweiseitige Axen aufzufassen. Es ge-
schieht dies, um dadurch eine vollständige Angabe aller Sym-
metrieelemente zu erzielen; natürlich führen wir wie bisher
eine Axe als n^zahlige Axe zweiter Art nur dann auf, wenn
sie nicht etwa schon eine n-zählige Axe erster Art ist.
1) Bezüglich der Ikosaedergrnppen zweiter Art vgl. man die oben
S. 71 genannte Schrift von F. Klein.
2) Abweichend vom obigen pflegt man eine Aze dann als einseitig
zu bezeichnen, wenn ihre Hälften nicht durch Bewegung zur Drehung
gelangen. Man unterscheidet demnach zwei Arten einseitiger Axen, je
nachdem ihr^ Enden nur durch Operationen zweiter Art oder überhaupt
nicht gleichwerthig werden. Die letzteren heissen auch polar einseitige
odet polare Axen.
- 102 -
Tabelle II.
Die Erystallclassen, die auch Sjmmetrieeigenscbaften
zweiter Art enthalten.
No.
Gruppe zweiter Art
Zahl der
Deck-
opera-
tionen
Symmetrieaxen
ein- zweiseitige zweiseitige
seitige erster Art zweiter Art
Symmetrie- ,
ebenen und !
Symmetrie- 1
centrum |
1
Ä-{@}
2
2
—
—
—
n 1
C ;
2
3
1 '^
5
~G
7
5* -{3}
—
— .
—
s^-im]
4
6 ~
r
K
Ä« = {6'„3}
,
h
c 1
CV = {C„@*}
h.
—
C/ = {C„S,}
Ä, 1 -
—
2tf
C,*={Cs,@*}
6
____
" 8~
—
V
8
9
10
11
C,' = {C„Br]
h
— -
3ff
C/ = {C„©,}
K
C4'={C„@.}
8
K
—
—
40
Ce*={q,.@*)
12
12
8
K
—
Cn
12
13
14
15
16
17
18
"l9"
20
121
Ce'-ICe,©.)
h
—
—
6«
F* = {r,©,}
—
^2? 'a » h
—
2>,* = {D„©*}
12
- -
16
12~
3?,
\
s*'' = {f;@.}
h, 2k
K
K,2l„2k'
K
a,ij,2tf,2tf
C,3o 1
K ^k
A* = {A,©*)
24
~~24~
24'~
•—
Ag,3Z„3ig'
—
C,ij,3ff,3tf!
—
4i„ 3?,
4?«
0,36 1
ik
3/,
31^
6ff 1
48
- 'ii,Ah,Qk
^h
C, 3«, 6ff' 1
— 103 -
Endlich folgt hier eine Tabelle, au8 der man entnehmen
kann, wie die von den yerschiedenen Autoren eingeführten
Bezeichnungen einander entsprechen.
Für die Hesseische Ausdrucksweise vgl. man die oben
S. 17 erwähnte Festschrift der Universität Marburg, Tabelle I.
Die Bezeichnungen von Bravais finden sich in dem
S. 17 genannten Memoire sur les poly^dres de forme symetrique
a. a. 0. S. 179, sowie in den l^tudes cristallographiques a. a. 0.
S. 271.
Die Bezeichnungen von Möbius sind der nachgelassenen
Abhandlung „Theorie der symmetrischen Figuren" entnommen,
Werke, herausgegeben von F. Klein, Bd. II, S. 567; man vgl.
die §§ 22, 24, 65, sowie 76 ff. Die in der Tabelle enthalteneu
Zahlen bedeuten die Paragraphen.
Möbius hat die Identität nicht besonders erwähnt.
Ausserdem fehlen ihm aber auch die Gruppen Dn*^ für gerades n.
Dies Versehen ist dadurch verursacht, dass er glaubte, alle
Symmetriegruppen, die eine n-zählige Hauptaxe enthalten, mit
nur zwei verschiedenen Symmetrieeigenschaften erzeugen zu
können (a. a. 0. § 66 u. 69). Dies trifft aber für die Gruppen
^n {f^ gerade) nicht zu. Ferner ist die Classe Dxf da sie keine
neuen Gruppen liefert^ überflüssig.
Die Gadolinsche Classificirung aller Krystallclassen findet
sich in der oben S. 8 citirten Abhandlung, Memoire sur la de-
duction etc., S. 26—38.
Fedorows Tabelle findet sich in den oben erwähnten
nissisch geschriebenen „Elementen der Lehre von den Figuren"
(ha^iaja yiiEHiH 0 «HTypAXTb) Petersburg 1885, S. 163, sowie § 38
bis 42. Die drei Gruppen von Krystallclassen, die dort auf-
geführt sind, habe ich durch I, II, III bezeichnet.
Die Bezeichnungen von Curie sind der Tabelle ent-
oommen, die er im Bull, de la soc. min. de France, S. 102 und
450 entworfen hat.
Endlich vgl. man bezüglich der Minnigerodeschen Be-
zeichnung seine „Untersuchungen über die Symmetrieverhält-
nisse der Krystalle" (Neues Jahrb. für Miner., Beilageb. 5,
S. 157 ff.).
- 104 -
Ta1>elle III.
HoBsel
Bravais
1
MObiuB
Gadolin
F. 2
Curie Fedorow
_ __ _
U..I 1 in, 8
Mlnni-
gerode
32
Schoonflies
Vg^
2
24(0)1)
^.2
IX. 3
in, 4
31 : S, \
l'G'*)
3
24(6)
IX. 2
111,7
30
s
11 u« 8)
4,^-1
22 a, n— 2
^.3
VI,1,2«2
VI,2,2-2
111,6
29
0.*
VG^*)
6, g^l
An = 2*)
^.1
111 ,2
III, 5
28
l«W»ö)
7,5 = 1
10, g « 1
12,(7-1
^,n — 2
22a,w"— 3
22 c, M — 6
D. 3 VI, 4,2 = 2
26
C,'
Vu^
C. 12
VI, 1,2-3
1,10
17
12
c.
VG^
l*u«
i'G*
VI, 2,2-3
0/
U,g-1
i4,n — 3
22a,w = 4
22 6, n— 4
an
B.b
J5.4
B.6
C. 10
^6"
VI, 4,2-3
VI, 1,2-4
VI, 3,2 = 2
VI, 2,2-4
VI, 4,2-4
1,11
11,7
11,5
14
22 ~
4, g = 2
-')
24
5,3 = 2
Aw-4«)
11,4
21
19
10
c/
7,3«2
4,5 = 3
^,n — 4
22o,n=6
11,6
c:
VI, 1.2-6
1,7
c.
11^»
11, g«-l
D,n — 3^')
VI,3,2«3
VI, 2^2 ==6
VI, 4,2-6
1,5
1,4
16
S,-C,'
VG^
6,(? = 3
An=6 »<>)
.4,« — 6
C.4
0.9
9
Ce"
7, 2«3
1,6
7
27
c,'
6,3 — 1
B,n — 2
D.2
V,1.2 = 2
111,3
1»6?«
8,2-1
—
D. 1
V,2,2 = 2
111,1
25
v"
VG^
13,2 = 1
16,2-1
5, n — 3
(7.7
V,l,2 = 3
1,9
15
A
C,n-3
B,n — 4
C.6
B. 2
V,2,2 = 3
V,l,2-4
1,8
11
A*
lig*
6,2«2
11,3
11,2
20
9,2«1
a,« — 4
£.3
V,3,2-2
23
8,2-2
—
B.l
V,2,2=-4
II. 1
18
1 l^e«
6. 2 = 3 1 £ , n — 6
C.2
V,l,2«6
1,3
8
16, 2 — 1 (7, n — 6
0.3
C.l
J.4
V,3,2«3
1,2
13
S." ■=-!>,''
8,2-3| -
V,2,2-6
1,1
6
D/
17 76, T,
IV, 1
§42
6
T
18 1 86, H,
IV, 2
§40
4
T*
4*1*«
19 ; 78. r.
^.3
IV, 3
§39
2
md
41,.
20
84, E, »)
92,0.
A2
AI
111,1
§41
§38
3
0
1 4^^»
21
m,2
1
0*
— 105 —
Anmerkungen zu nebenstehender Tabelle.
1) Auch D*, n = 2.
2) Auch IW.
3) Auch 1*«^
4) Auch 1*^*.
6) Auch 0, n = 2.
6) Auch 1*GK
7) Diese Klasse fehlt, wie oben S. 79 bemerkt, bei Bravais. In
der S. 103 citirten Miunigerodeschen Abhaudlung ist sie durch 4, ^«a i
bezeichnet worden. Allerdings besitzt sie, wie die bezügliche Bravaissche
Klasse, eine zweizählige Axe erster Art, aber damit ist ihre Symmetrie
noch nicht erschöpft.
8) Auch JD*, n =» 4.
9) Auch D*, n «- 6.
10) Auch Z)*, n =» 3.
11) Auch Ol, §89.
^
Sechstes Capitel.
Die Krystallsysteme.
§ 1. Eintheilong der Erystallolassen in Systeme. Die im
Vorstehenden abgeleiteten 32 Krystallclassen pflegt man in yer-
schiedene grössere Gruppen za scheiden, welche man KrystdU-
systeme nennt. Als Eintheilangsgrund kommt in erster Linie
die Analogie des symmetrischen Verhaltens in Betracht; daneben
sind Speculationen über die Structur der Krystalle, «owie spe-
cielle physikalische und schliesslich auch practische Gesichts-
punkte für die Ausgestaltung der üblichen Systematik mass-
gebend gewesen. Was zunächst den letzten Punkt betrifft, so
sind Yon den 32 möglichen Krystallclassen bisher keineswegs
alle in der Natur aufgefunden worden^ und es ist natürlich,
dass sich die historisch entstandene Construction der Systeme
ausschliesslich auf diejenigen Krystallclassen aufgebaut hat,
von denen in der Natur Vertreter vorhanden waren. Es er-
klärt sich hieraus von selbst, dass dieselbe dem practischen
Bedürfhiss sehr gut entspricht; überdies wird sie aber auch,
was hier ausdrücklich schon bemerkt werden möge und später
ausführlich begründet werden wird ^), durch die Ansichten über
die Structur resp. die moleculare Beschaffenheit der Krystalle
gestützt, resp. geradezu gefordert.
Wenn hier trotzdem zunächst eine andere Gruppirung der
Krystallclassen in grössere Abtheiluhgen gegeben werden soll,
so geschieht dies aus dem Grunde, weil wir damit gleichzeitig
eine zweite Ableitung aller möglichen Krystallclassen verbinden
1) Vgl. im zweiten Abschnitt das Capitel über Raumgitter und ihren
Zusammenhang mit der KryataUstructur.
- 107 —
wollen, und zu diesem Zweck die Bevorzugung der rein geo-
metrischen Analogieen von grossem Yortheil ist. Ueberdies
erweist sich diese Eintheilung aber auch für solche Fragen
als zweckmässig, in denen es sich gerade um geometrische
Analogiebeziehungen handelt, wie z. B. f&r diejenigen Probleme,
welche wir im nächsten Capitel zu besprechen haben.
Wie in der Einleitung mehrfach erörtert worden ist, hängt
die Frage nach den möglichen Erystallclassen mit der Frage
nach den sämmtlichen symmetrischen Polyedern auf das engste
zusammen, oder vielmehr die erste ist in der zweiten ent-
halten. Nun lassen sich die symmetrischen Polyeder, nach
ihren Symmetrieaxen, in mehrere grosse Hauptclassen son-
dern. Die erste wird vdn denjenigen Polyedern gebildet, für
welche es mehrere Symmetrieaxen giebt, die mehr als zweizählig
sind. Die sämmtlichen Polyederclassen dieser Art haben wir
oben Cap. lY abgeleitet; sie zerfallen in drei Gruppen, je
nachdem ihre Symmetrie mit der des Tetraeders, Octaeders
oder Ikosaeders übereinstimmt. Ihnen stehen alle andern
symmetrischen Polyeder gegenüber, d. b. diejenigen, die höch-
stens eine mehr als zweizählige Aze besitzen. Sollen diese
in engere Abtheilungen geschieden werden, so bietet sich als
natürlicher Eintheilungsgrund die Zähligkeit der Hauptaxe dar;
alle Polyeder, für welche diese Axe n- zählig ist, wird man
naturgemäss in eine Hauptclasse rechnen; wobei wir noch]^hiu-
zufügen, dass es hierbei als gleichgiltig gelten soll, ob die
Hauptaxe von der ersten oder zweiten Art ist.
An der Hand dieser Erwägungen ist es nun nicht schwierig,
die Frage nach der Gesammtheit aller symmetrischen Polyeder
von neuem zu beantworten. Da wir bereits ein Eintheilungs-
princip für die Hauptclassen gewonnen haben, und damit
die letzteren sämmtlich kennen, so brauchen wir für jede
von ihnen nur die Frage zu lösen, wieviele Polyederclassen ihr
.angehören können. Gerade diese Untersuchung gestaltet sich
aber bei dem hier gewählten Eintheilungsprincip besonders
einfach; es wird sich zeigen, dass sie für jede Hauptclasse
auf die nämlichen Erwägungen, und dementsprechend auf die
gleichartigen Resultate hinausläuft
- 108 —
Ehe wir uns der hiermit angedeuteten Untersuchung zu-
wenden, werde daran erinnert^ dass ihr Ergebniss natürlich
mit demjenigen übereinstimmen muss^ welches in den vor-
stehenden Gapiteln gefunden wurde. Um dies leicht ersichtlich
zu machen, ist es zweckmässig, zuvor diejenigen Polyeder-
classen, welche den einzelnen eben definirten Hauptclassen
angehören, mit Hilfe der Sätze von Capitel lY und Y aufzu-
stellen; wir können uns alsdann unmittelbar überzeugen, dass
die bezüglichen Resultate sich decken. Uebrigens ist es aus-
reichend, wenn wir uns hierfür, dem practischen Zweck dieser
Schrift nachgebend, auf diejenigen Polyederclassen beschränken,
welche auch krystallographische Bedeutung haben, d. h. auf
diejenigen, welche den in den Tabellen I und II aufgeführten
Erystallclassen entsprechen. Ausgeschlossen werden dadurch
einerseits solche symmetrischen Polyeder, deren Symmetrie
von der Natur der Ikosaedersymmetrie ist, andererseits die-
jenigen mit einer n- zähligen Hauptaxe, wenn n gleich 5,7,8...
ist. Die Yerhältnisse der letzteren sind aber genau analog zu
denen, für welche n die krystallographisch zulässigen Werthe
2, 3, 4, 6 hat, so dass nur die Polyeder von der Ikosaedernatur
unberücksichtigt bleiben.^)
§ 2. Solcher Polyederclassen von krystallographischer Be-
deutung, welche durch ihre Yerwandtschaffc mit den regel-
mässigen Körpern cbaracterisirt sind, giebt es fünf, nämlich
diejenigen, welche den Gruppen
0*, 0, T<^, T\ T
entsprechen. Sie sind, was für keine andere Krystallclasse zu-
trifft, durch den Besitz von vier gleichwerthigen dreizähligen
Symmetrieazen ausgezeichnet. Diese bezeichnen wir als ihren
Symmetriecharacter. Die Polyeder, resp. die Erystallclassen
selbst, sollen diejenigen von reguUkem Typus heissen. Sie
bilden die erste Hauptclasse symmetrischer Polyeder.
In die zweite Hauptclasse rechnen wir diejenigen Polyeder,
welche eine sechszählige Hauptaxe besitzen, und bezeichnen
sie als die Polyeder von hexagondlem Typus. Wir rechnen
1) Hierüber vgl. man die mehrfach citirte Schrift von F Klein.
- 109 —
zu ihnen sowohl diejenigen; für welche die Axe von der ersten
Ari^ als auch diejenigen, für welche sie von der zweiten Art
ist; sie entsprechen den sieben Gruppen
Rücksichtlich ihrer Symmetrie constituiren sie ebenfalls eine
wohldefinirte geschlossene Abtheilung; wir sagen, dass der ihnen
allen gemeinsame Symmetriecharacter in einer sechszähligen
Axe besteht
Die nächste Hauptclasse wird von denjenigen Polyedern
gebildet, deren Symmetriecharacter durch eine vierzählige
Hauptsymmetrieaxe gebildet wird. Wir nennen sie die Poly-
eder von tetragonalem Typus. Zu ihnen gehören diejenigen
Polyederclassen, deren Symmetrie durch die Gruppen
D,\ D„ C^\ C:, C„ 8,", s,
bestimmt ist. Die Anzahl derselben ist ebenfalls sieben. Analog
zu den Polyedern von hexagonalem Typus finden sich unter
ihnen auch solche, für welche die Hauptaxe von der zweiten
Art ist.
Diejenigen Polyeder, welche den Gruppen
entsprechen, bilden die Polyeder, deren Symmetriecharacter in
einer dreizähligen Axe besteht; sie heissen die Polyeder von
trigonalem Typus. Ihnen kommen sämmtlich dreizählige Haupt-
axen erster Art zu; eine eigentliche dreizählige Axe zweiter
Art existirt nach Cap. V, 3 nicht Ihre Zahl beträgt daher
nur fünf.
Ebenso rechnen wir die Polyeder, welche eine oder mehrere
zweizählige Symmetrieaxen besitzen, zu einer Hauptclasse; sie
stellen die Polyeder von digonälem Tffpus dar. Die zugehörigen
Gruppen sind
Die Gruppe S^^ deren Symmetrie in der Existenz eines
Symmetriecentrums besteht, kennzeichnet diejenigen Polyeder,
ffir welche die zweizählige Symmetrieaxe von der zweiten Art
ist;; wir haben ja oben Cap. V, 9 gesehen, dass das Symmetrie-
centrum dieselbe Symmetrie darstellt, wie eine Symmetrieaxe
— 110 -
der zweiten Art. Da nur eine derartige Polyederciasse existirt,
so ist die Zahl der Glassen sechs.
Endlich bleiben noch die beiden Polyederclassen übrig,
welche den Gruppen
S und C^
entsprechen. Sie haben den gemeinsamen Character, dass sie
eine Symmetrieaxe überhaupt nicht mehr besitzen; es liegt
daher ebenfalls nahe, sie als eine letzte Hauptclasse aufzu-
fassen.
Man kann übrigens die Analogie zu den andern Glassen
symmetrischer Polyeder formal auch dadurch herstellen, dass
man den beiden fraglichen Classen eine einmhlige Symmetrie-
axe beilegt. Als einzählige Symmetrieaxe eines Korpers haben
wir eine solche zu betrachten, welche denselben erst bei einer
▼ollen Umdrehung mit sich selbst zur Deckung bringt. Dies
trifft natürlich für jeden Körper zu, and schliesst daher eine
eigentliche Symmetrieeigenschaft nicht ein. Mit Rücksicht hier-
auf bezeichnen wir die beiden vorliegenden Polyederclassen als
diejenigen von monogonalem Typus.^)
Wir sind damit zu folgender Eintheilung gelangt:
I. Begol&rer Typus.
Symmetriecharacter: Vier dreizählige Axen.
n. Hexagonaler Typus.
Symmetriecharacter: Eine sechszählige Axe.
1) Die obige Classificirung lässt sich allgemein auf Polyeder mit
n-zähliger Hauptaxe ausdehnen. Es ist nur za unterscheiden, ob n ge-
rade oder ungerade ist. Ist n gerade, so sind die Verhältnisse denen
des tetragonalen, resp. hexagonalen Typus analog; die bezüglichen
Polyeder entsprechen den Gruppen
-^n*> -^»1 ^n*» ^n"» ^n' ^n"» ^n '
Ist dagegen n ungerade, so giebt es wie für n = 3 nur fünf Classen,
nämlich diejenigen, deren Gruppen
sind. (Vgl. hierzu noch Cap. V, 9 und 11.)
— 111 —
m. Tetragonaler Typus.
Symmetriecharacter: Eine vierzählige Axe.
IV. Trigonaler Typus.
Symmetriecharacter: Eine dreizählige Axe.
V. Digonaler Typus.
Symmetriecharacter: Nur zweizählige Axen.
VI. Monogonaler Typus.
Symmetriecharacter: Keinerlei Symmetrieaxe. (Eine
einzählige Axe.)
§ 3. Die eben gegebene Eintheilung der krystallographi-
schen Polyeder repräsentirt gleichzeitig eine analoge Einthei-
lang der Erystaliclassen, und da sie den specifischen Symmetrie-
character der Classen desselben Typus deutlich und einheitlich
hervortreten läset, so besitzt sie den Vorzug grosser Einfachheit
und Natürlichkeit. Allein wenn sie auch theoretisch als die
am meisten naheliegende erscheint^ so deckt sie sich doch^
wie oben bereits erwähnt wurde, nicht mit derjenigen, welche
im Allgemeinen in Geltung ist. Wir werden auf die letztere
später (§ 16 ff.) genauer eingehen, zuvor soll es unsere Auf-
gabe sein, Natur und Bedeutung der eben gegebenen Ein-
theilung genauer zu prüfen und zu zeigen, dass die der obigen
Tabelle zu Grunde liegenden Gesichtspunkte für die Lösung
der Frage nach allen symmetrischen Polyedern, resp. allen
theoretisch möglichen Erystallclassen in der That mit beson-
derem Vortheil benutzt werden können.
Den Weg, den wir hierbei einschlagen werden, haben wir
bereits oben mit einigen Worten angedeutet. Wir werden uns
die Aufgabe stellen^ alle Polyederclassen, resp. alle Krystallclassen
^ bestimmen^ denen in dem oben definirten Sinn ein gewisser
9^fischer Symmetriecharacter snikonfwnt; hei richtiger Äusfühnmg
müssen wir unbedingt zu allen Classen des bezüglichen Typus
gingen. Die Ausführung bietet keinerlei Schwierigkeiten.
Zuuächst erinnere ich daran, dass wir jeden Typus, sowie
den zugehörigen Symmetriecharacter bereits bestimmt, resp.
— 112 -
definirt Laben. Handelt es sich nun z. B. um die Classen vom
tetragonalen Typus^ so haben wir alle Symmetrieelemente zu
suchen, die sich mit einer vierzähligen Hauptaxe erster oder
zweiter Art verbinden lassen, und die bezüglichen Polyeder-
classen, resp. Erystallclassen zu bilden. Das gleiche gilt für
die Polyeder eines jeden andern Typus, da ja jeder durch
einen bestimmten Symmetriecharacter gekennzeichnet ist.
§ 4. Hanptabtheilung und Unterabtheilungen. Den eben
skizzirten Gedanken werden wir nun im Folgenden zur Aus-
führung bringen, übrigens in einer etwas modificirten Form,
welche die Untersuchung wesentlich vereinfachen wird. Es ist
zweckmässig, das Resultat, zu dem wir gelangen werden, im
Voraus in Kürze zu skizziren. Fassen wir z. 6. wieder den
tetragonalen Typus in's Auge, so besteht in demselben eine
bestimmte Krystallclasse, welche vor allen andern durch eine
doppelte Eigenschaft hervorragt, und zwar diejenige, welche der
Gruppe D/ entspricht. Sie enthält einerseits die grösste Zahl
von Symmetrieeigenschaften, die sich mit der für den tetra-
gonalen Typus specifischen Symmetrie, d. h. mit einer vier-
zähligen Hauptaxe verbinden lassen, andrerseits kommt ihr
aber auch jede Symmetrieeigenschaft zu, welche in irgend einer
der andern Erystallclassen auftritt. Sie spielt daher die Bolle
einer Hauptabtheilung, welcher die andern als Unterabthei-
lungen gegenübergestellt werden können. Die gleichen Yeiv
hältuisse treffen, wie sich zeigen wird, in derselben Weise
auch für die Polyeder eines jeden andern Typus zu.
Durch diesen Umstand wird die Aufgabe alle Unter-
abtheilungen eines gegebenen Typus zu finden, wesentlich er-
leichtert Ist nämlich die Hauptabtheilung bekannt, so sind
uns gemäss dem Vorstehenden bereits alle diejenigen Sym-
metrieelemente unmittelbar gegeben, welche in den Unter-
abtheilungen auftreten. Um daher die Unterabtheilungen zu
finden, haben wir weiter nichts zu thun, als diese Symmetrie-
elemente auf jede mögliche Art mit der bezüglichen specifi-
schen Symmetrie zu verbinden.
Wir werden nunmehr die vorstehenden Ueberlegungen im
Einzelnen durchführen und zeigen, dass die eben geschilderten
~ 113 —
Verhältnisse für die Polyeder resp. die Krystallclassen jedes
einzelnen Typus wirklich zutreffen. Dazu schicken wir zu-
nächst einige Hilfssätze voraus.
In den Lehrbüchern der Krystallographie ist es im Allgemeinen
üblich, fttr jeden Typus von der Hauptabtheilung direct auszugehen,
und ohne weiteres anzunehmen, dass diejenigen Symmetrieelemente,
die sie enthält, die einzigen sind, welche mit der bezüglichen
specifischen Symmetrie des Typus verbunden werden können. Dies
ist jedoch, wenn man deductiv zu Werke gehen, und sich nur auf
das Symmetriegesetz stützen will, ohne Beweis nicht gestattet.
Es versteht sich durchaus nicht von selbst, dass alle Sym-
metrieelemente, die einzeln mit einer n- zähligen Hauptaxe ver-
bunden vorkommen können, auch gleichzeitig zusammen mit ihr
bestehen können, und wenn wir zum regulären Typus übergehen,
80 trifft diese Voraussetzung allgemein gar nicht mehr zn. Mit
den vier dreizähligen Azen lassen sich nämlich sowohl die zwei-
zShligen Azen, welche die Octaedergruppe liefern, als auch die
fünfzähligen verbinden, welche zur Ikosaedergruppe fahren *) ; wenn
aber beide zusammen gleichzeitig mit den vierzähligen Axen vor-
kommen sollen, so stellt sich eine unendliche Zahl von Axen ein,
und die Oruppe hört auf, endlich zu sein.
Da die Ikosaedersymmetrie krystallographisch nicht existirt,
so fahrt allerdings das bezügliche Verfahren practisch ebenfalls
zum richtigen Besultat. In dieser Schrift können wir jedoch
keinen andern Standpunkt einnehmen, als dass wir die angezogene
Thatsache für jeden Typus als richtig nachzuweisen haben.
§ 5. Ableitung einiger Hilfssätze. Die Hilfssätze^ deren
wir benötigt sind, sind die folgenden.
1. In jeder Unterabtheüung treten gleicht^erthige Symmetrie-
demente stets vereinigt auf. Dies folgt unmittelbar aus der
Definition des V7ortes gleichwerthig. Enthält z. B. eine Unter-
abtheüung des trigonalen Typus eine durch die Axe gehende
Symmetrieebene, so enthält sie alle drei; denn die beiden
andern sind durch die eine Ebene und die dreizählige Axe
gemäss Cap. III; 8 von selbst bedingt.
Suchen wir daher die sämmtlichen Verbindungen, welche
zwischen der specifischen Symmetrie und den andern Symmetrie-
elementen der Hauptabtheilung möglich sind, so brauchen wir
von gleichwerthigen Symmetrieelementen immer nur je eines
1) Auf den Beweis soll hier nicht eingegangen werden.
Sehoenflies KrystallBtructor. 8
— 114 —
ins Auge zu fassen. Ueberdies können wir dasselbe beliebig
auswählen; wir werden die Wahl stets so zu treffen suchen,
dass die Untersuchung dadurch möglichst einfach wird.
2. Der vorstehende Satz ist ein specieller Fall eines
allgemeineren Theorems, welches aus Cap. III, 7 zu folgern
ist und aussagt, dass in jeder Unterahtheiliing solche Symmetrie-
elemente, die sicli gegenseitig bedingefif vereinigt vorJcommen. Dies
kommt für uns besonders für die nicht gleichwerthigen zwei-
zähligen Nebenaxen in Frage. Enthält z. B. eine Polyeder-
classe oder Erystallclasse des tetragonalen Typus ausser der
Hauptaxe irgend eine der Nebenaxen, so kommen ihr alle Neben-
axen zu; denn diese sind ja,Vie Cap. IV, 4 lehrt, durch die Exi-
stenz einer derselben nothwendig bedingt. Dasselbe gilt von
den Nebenaxen der Glassen des hexagonalen Typus u. s. w.
Um alle möglichen Unterabtheilungen einer Hauptab-
theilung zu erhalten, genügt es daher wieder, die specifische
Symmetrie mit irgend einer dieser zweizähligen Nebenaxen
zu verbinden; wir werden dieselbe ebenfalls so auswählen,
wie es für die Einfachheit der Entwickelungen am zweck-
mässigsten ist.
3. Einen speciellen Fall des vorstehenden Satzes wollen
wir besonders erwähnen, weil wir sehr oft von ihm Gebrauch
zu machen haben.
Ist ?2 ^W6 Bweizählige Symmetrieaxe, und sind rj und 6
zwei durch sie gehende zu einander senkrechte Symmetrieebenen,
so Jcontmt jeder Krystallclasse, toelche zwei dieser Elemente ent-
hält, auch das dritte zu. Dieser Satz ist bereits oben Cap. HI,
Lehrsatz IX bewiesen worden. Verschiedene Krystallclassen
können sich daher nur dann ergeben, wenn die specifische
Symmetrie des Typus mit je einem der obigen drei Symmetrie-
elemente oder mit allen dreien gleichzeitig verbunden wird.
4. Wird eine n-zählige Axe zweiter Art mit einer zu ihr
senkrechten Symmetrieebene verbunden, so wird die Axe dadurch
eine solche erster Art.
Der Beweis ergiebt sich unmittelbar aus der Definition
der Axen zweiter Art. Eine w- zählige Axe zweiter Art ist
nämlich durch die Operation
- 115 —
definirh Tritt zu ihr die Symmetrieebene tj hinzu, so befindet
sich unter den Deckoperationen auch die Spiegelung @, also
ist auch das Product beider, nämlich
eine Deckoperation; d« h. die Axe a ist n- zählige Symmetrie-
axe der ersten Art.
5. Tritt zu einer 2m'Zalüigen Axe zweiter Art a eine durch
sie gehende Symmetrieebene, so treten von selbst auch gweizahlige
Nd)enaxen auf, und umgekehrt.
Diesen Satz leiten wir aus der Endgleichung des Gap. V, 11
ab. Bilden l^ und 6 den Winkel %:2m, so ist
Setzen wir noch n = 2m, so geht diese Gleichung in
Über. Durch Multiplication mit @^ folgt
und durch Multiplication mit U
und dies ist die Behauptung. Zweizählige Nebenaxen und
verticale Symmetrieebenen sind also immer zugleich mit der
2f»- zähligen Axe zweiter Art verbunden.
§ 6. Der monogonale TypuLS.*) Dem monogonalen Typus
gehören die beiden Classen von Polyedern, resp. diejenigen
Erystallclassen an, welche den Gruppen
8 und Ci
entsprechen. Die Gruppe S ist in dem oben definirten Sinne
als Hauptgruppe zu betrachten. Um dies auch in formaler
Hinsicht hervortreten zu lassen^ bedienen wir uns der oben
(§ 1) zu diesem Zweck eingeführten einzähligen Axen; als-
1) Vgl hier und im Folgenden die Tabellen I u. H (S. 74 u. 102).
8*
- 116 —
dann können wir sagen ^ dass jede der beiden Glassen eine
einzählige Axe besitzt^ und die Gruppe S ausserdem eine
Symmetrieebene. Die in § 2 behauptete Beziehung zwischen
Hauptabtheilung und Unterabtheilung tritt dadurch auch hier
deutlich an's Licht. Um dieses Yerhältniss auch in formaler
Hinsicht anschaulich zu characterisiren, bezeichnen wir die
Gruppe S noch durch Cj*; in der That stellt ja die Gruppe S
den einfachsten Fall der Gruppe (7„* dar. Alsdann ist der
monogonale Typus dureh die beiden Gruppen
Ci* und Gl
characterisirt.
Da eine einzelne Symmetrieebene das einzige Symmetrie-
element ist; welches beim monogonalen Typus zulässig ist,
so ist gleichzeitig klar, dass es andere Glassen von Polyedern,
resp. Krystallen mit einzähliger Axe nicht geben kann.
§ 7. Der digonale Typus« Dem digonalen Typus ge-
hören diejenigen Classen von Polyedern, resp. diejenigen
Krystallclassen an, welche den Gruppen
entsprechen. Ihre Symmetrieaxen sind sammtlich zweizählig,
fQr die Gruppe 82 ist die Axe überdies von der zweiten Art
(vgl. Gap. V, 9); die bezügliche Symmetrie läuft daher auf
ein Symmetriecentrum hinaus.
Wir fassen zunächst die Gruppen mit Axen erster Art
in's Auge. Als Hauptabtheilung haben wir die zur Gruppe F*
gehörige Glasse zu wählen; ihre Symmetrieelemente sind, wenn
wir für den Augenblick eine, und zwar beliebig welche, ihrer
Axen mit h^ und die zu ihr verticale Symmetrieebene mit rj
bezeichnen,
Äg, I2, V? Vf ^7 ^ f G.
Nun möge Äj diejenige Axe sein, welche in allen Unterab-
theilungen erhalten bleibt, die also die specifische Symmetrie
darstellt. Um die Vorstellung zu fixiren, denken wir uns
dieselbe vertical. Um alle möglichen Unterabtheilungen zu
erhalten, haben wir sie mit den Symmetrieelementen
— 117 —
zü verbinden. Aber gemäss Satz 2 des vorstehenden Para-
graphen kommt von den Axen Z^ und den durch h^ gehenden
Ebenen <T nur je eine in Frage; es genügt daher zu prüfen,
auf welche- nur mögliche Art sich die Elemente
h> n> ^P G
mit der Axe h^ verbinden lassen.
Die Untersuchung lässt sich aber noch weiter reduciren«
Nämlich durch h^ und ij ist das Symmetriecentrum C von
selbst bedingt-, es braucht daher nach Hilfssatz 2 ebenfalls
nicht besonders berücksichtigt zu werden^ so dass zur Ab-
leituDg aller möglichen ünterabtheilungen mit Axen erster Art
nur die Elemente
zu berücksichtigen sind. Wir wählen dieselben — was ja
zulässig ist — in solcher Lage, dass 1^ die Schnittlinie von ij
und 6 ist.
Wir erhalten nunmehr folgende ünterabtheilungen:
Die erste Unterabtheilung ist diejenige, welche nur die
zweizählige Axe h^ selbst enthält. Ihr entspricht die Gruppe C^.
Verbinden wir die Axe ä^ mit der zweizähligen Neben-
axe l^j so ergiebt sich diejenige Unterabtheilung^ welche der
Vierergruppe V entspricht.
Wird zu der Axe h^ die zu ihr senkrechte Symmetrie-
ebene ri gefügt, so entsteht diejenige Unterabtheilung, deren
Symmetrie durch die Gruppe Cg* dargestellt ist. Sie enthält
auch ein Symmetriecentrum.
Endlich geht durch Verbindung der Axe h^ mit der
durch sie gehenden Symmetrieebene 6 diejenige Unterabthei-
lung hervor, welche der Gruppe C^ entspricht.
Andere Ünterabtheilungen, welche ausser \ eines der drei
Symmetrieelemente l^, rij 6 enthalten, giebt es nicht. Jede
weitere Abtheilung des digonalen Typus muss nämlich min-
destens zwei dieser Elemente enthalten. Aber nach Hilfssatz 3
kommen sie stets vereinigt vor; eine Abtheilung, welche zwei
von ihnen enthält, enthält sie daher sämmtlich und ist die
Hauptabtheilung.
— 118 —
Es handelt sich jetzt noch um die Unterabtheilungen mit
Axen zweiter Art. Die erste ist wieder diejenige, welche nur
diese Axe, resp. nur ein Symmetriecentrum enthält. Weitere
Unterabtheilungen dieser Art giebt es aber nicht; denn wird
das Symmetriecentrum mit irgend einem der andern Symmetrie-
elemente, d. h. einer Axe oder Ebene der Symmetrie verbunden,
so tritt stets eine zweizählige Axe erster Art auf, die bezüg-
liche Abtheilung ist daher bereits unter den vorher betrachteten
vorhanden.
Es treffen daher auch für den digonalen Typus die in
§ 3 behaupteten Verhältnisse vollständig zu, und dasselbe
wird sich für jeden andern Typus heraus stellen.
§ 8. Der trigonale Typus. Die Classen symmetrischer
Polyeder, resp. die Krystallclassen , welche eine dreizahlige
Hauptaxe besitzen, sind diejenigen, welche den Gruppen
entsprechen. Die Hauptaxe ist, wie es die ungerade Zahl
drei mit sich bringt (Cap. V, 3), stets von der ersten Art.
Als Hauptabtheilung kann nur die zur Gruppe B^ gehörige
Classe in Frage kommen, sie enthält die Symmetrieelemente
Es ist zu zeigen, dass wir alle Unterabtheilungen erhalten,
indem wir die Hauptaxe \ auf jede mögliche Weise mit den
übrigen Symmetrieelementen verbinden.
Gemäss dem ersten Hilfssatz des vorstehenden Para-
graphen 5 brauchen wir nur die Symmetrieelemente
zu betrachten. Dieselben lassen sich wieder so wählen^ dass
Zg die Schnittlinie von 17 und 6 isi Wir erhalten folgende
Unterabtheilungen.
Die erste ist diejenige, welche nur die dreizahlige Symmetrie-
axe selbst enthält; sie entspricht der Gruppe Q.
Verbinden wir die Axe Ä5 mit der zweizähligen Neben-
axe Z27 <3o ergiebt sich diejenige Unterabtheilung, welche der
Gruppe J)^ entspricht.
- 119 —
Durch Verbindung der Axe h^ mit der zu ihr senkrechten
Symmetrieebene 17 geht diejenige Unterabtheilung hervor, welche
der Gruppe C^^ entspricht.
Endlich entsteht durch Verbindung der Axe h^ mit der
durch sie gehenden Symmetrieebene 6 diejenige ünterabthei-
lung, welche der Gruppe Cg* entspricht.
Andere Unterabtheilungen giebt es uichi Denn wegen
der besonderen Lage der Elemente fi, <f, l^ muss nach Hilfs-
satz 2 jede Abtheilung , die zwei derselben enthält, auch das
dritte enthalten, und ist daher die Hauptabtheilung.
§ 9. Der tetragonale Typus. Die Polyeder resp. die Kry-
stallclassen yom tetragonalen Typus entsprechen den Gruppen
D/, D„ C,% C/, (7„ S,% 8^.
Die ersten fünf besitzen eine vierzählige Axe erster Art^ die
beiden letzten eine solche zweiter Art Als Hauptabtheilung
kann wiederum nur diejenige Classe in Frage kommen, welche
der Gruppe D/ entspricht. Sie enthält die Symmetrieelemente
Ä^, 2/2, 2//, C, rj, 26, 2ff,
Wir suchen zunächst die Unterabtheilungen mit einer Haupt-
symmetrieaxe erster Art.
Gemäss den ersten beiden Hilfssätzen ist von den Neben -
axen und Symmetrieebenen nur je eine in's Auge zu fassen;
d. h. es ist nur zu prüfen, wie sich die Symmetrieelemente
\, (7, 12, 6
mit der Hauptaxe \ verbinden lassen. Dabei dürfen wir die
Ebenen 17 und 6 wiederum so wählen, das \ ihre Schnitt-
linie ist.
Da aber h^ eine geradzahlige Axe ist, so müssen gemäss
Cap. III, X auch die Ebene 17 und das Symmetriecentrum G
stets gleichzeitig auftreten; es genügt also schliesslich, wenn
wir zur Bildung der Unterabtheilungen die drei Symmetrie-
elemente
Zg, Tl\, 6
yerwenden. Es sind dies wieder dieselben drei Elemente,
welche beim digonalen und trigonalen Typus auftraten.
- 120 —
Die erste Unterabtheilung ist wiederum diejenige, welche
allein die Tierzählige Symmetrieaxe h^ enthält. Sie entspricht
der Gruppe C4.
Wird zu der Symmetrieaxe h^ die Nebenaxe l^ gefügt^
so ergiebt sich diejenige Unterabtheilung, welche der Gruppe
D4 entspricht
Fügen wir zur Symmetrieaxe h^ die zu ihr senkrechte
Symmetrieebene tj, so erhalten wir diejenige Unterabtheilung,
welche der Gruppe (7/ entspricht. Sie besitzt, wie wir eben
sahen, auch ein Symmetriecentrum.
Endlich führt die Verbindung der Axe h^ mit der durch
sie gehenden Symmetrieebene 6 zu derjenigen Unterabtheilung,
welche der Gruppe C^** entspricht.
Andere Unterabtheilungen, deren Symmetrieaxe von der
ersten Art ist, giebt es nicht. Analog wie für den digonalen
und trigonalen Typus folgt auch hier, dass die einzige noch
mögliche Abtheilung, resp. Krystallclasse die drei obigen Sym-
metrieelemente gleichzeitig enthält, sie muss daher die Haupt-
abtheilung sein.
Ist die vierzäblige Symmetrieaxe von der zweiten Art, so
kann sie zunächst das alleinige Symmetrieelement darstellen.
Dieser Fall liefert diejenige Unterabtheilung, welche der Gruppe^
8^ entspricht.
Um die andern Unterabtheilungen dieser Art aufzustellen,
haben wir die vierzählige Axe zweiter Art wieder mit den
Symmetrieelementen
h) f^7 Vy ^
zu verbinden. Durch Verbindung mit der Symmetrieebene ij
geht gemäss dem Hilfssatz 4 die Axe zweiter Art in eine
Axe erster Art über. Dasselbe tritt ein, wenn die Axe
zweiter Art mit dem Symmetriecentrum verbunden wird; in
der That, da diese Axe zugleich zweizählige Axe erster Art
ist, so muss nach Hilfssatz 2 die bezügliche Abtheilung auch
eine zur Axe senkrechte Symmetrieebene besitzen. Es können
daher als Symmetrieelemente, welche die Axe zweiter Art be-
stehen lassen, nur l^ und 6 in Frage kommen. Nun folgt
aber aus dem fünften Hilfssatz des § 5, dass diese Symmetrie-
- 121 —
elemente stets gleichzeitig auftreten; es giebt daher nur eine
ünterabtheilung dieser Art und zwar ist es diejenige, welche
der Gruppe 54** entspricht
§ 10. Der hezagonale Typus. Der hexagonale Typus
umfasst diejenigen Classen Yon Polyedern, resp. diejenigen
Ejystallclassen, welche den Gruppen
A*, A, c,\ c,% Ce, s««, 8,
entsprechen; von ihnen sind die ersten fünf mit einer Haupt-
axe erster Art, die beiden letzten mit einer Hauptaxe zweiter
Art begabt. Als Hauptabtheilung haben wir wiederum die-
jenige zu betrachten, welche zur Gruppe D^ gehört. Ihre
Symmetrieelemente sind
Aß, 3/2, 3V, C, 71, 3tf, dtf'.
Wir suchen zunächst wiederum die Classen mit einer
Hauptaxe erster Art. Genau wie im vorstehenden Paragraphen
lässt sich schliessen, dass zur Bildung derselben wieder nur die
Symmetrieelemente
hl Vf ^
zu verwenden sind. Wir wählen dieselben ebenfalls so, dass
^2 Schuittlinie von fj und 6 ist.
Die erste Unterabtheilung ist wiederum diejenige, welche
nur eine sechszählige Symmetrieaxe enthält; sie entspricht
der Gruppe C^.
Wird die Symmetrieaxe Äg mit der Nebenaxe l^ verbunden,
80 ergiebt sich .diejenige Unterabtheilung, welche durch die
Gruppe Dg characterisirt ist.
Wird zu der Symmetrieaxe Ag die zu ihr senkrechte
Symmetrieebene ij gefügt, so enthält die zugehörige Unter-
abtheilung nach Hilfssatz 2 auch das Symmetriecentrum (7;
sie entspricht der Gruppe Cg*.
Wird endlich die verticale Symmetrieebene 6 mit der
Symmetrieaxe Ag verbunden, so ergiebt sich diejenige Unter-
abtheilung, für welche Cg* die zugehörige Gruppe ist.
Andere Unterabtheilungen mit einer sechszähligen Axe
erster Art kann es wiederum nicht geben; nach Hilfssatz 2
ist jede Abtheilung.. die mehr als eines der obigen drei
— 122 -
Symmetrieelemente enthält, auch in diesem Fall mit der Haupt-
abtheilong ideqj;isch.
Es ist noch übrig, die ünterabtheilungen zu ermitteln,
für welche die sechszählige Symmetrieaxe von der zweiten
Art ist Die erste derselben ist. wieder diejenige, welche
allein durch die sechszählige Axe characterisirt ist; sie ent-
spricht der Gruppe Sq resp. G,*. Wie oben Cap. V, VI be-
wiesen wurde, enthält sie auch ein Symmetriecentrum.
Die Symmetrieelemente, die wir in Bezug auf die Ver-
bindungsfähigkeit mit der Axe zweiter Art zu prüfen haben, sind
hy (^) V> ^'
Von ihnen ist aber, wie eben erwähnt wurde, das Symmetrie-
centrum C von selbst mit der Axe zweiter Art yerbunden, so
dass nur noch die Elemente
h7 V, ^
in's Auge zu fassen sind.
Fügen wir nun zur Hauptaxe die zu ihr senkrechte
Symmetrieebene 17, so wird sie nach Hilfssatz 4 dadurch eine
Symmetrieaxe der ersten Art, es kommen daher nur noch Z,
und 6 in Frage. Diese beiden treten aber nach Hilfssatz 5
stets gleichzeitig auf, es ergiebt sich daher, wie oben für
den tetragoualen Typus nur eine derartige Unterabtheilung.
Es ist diejenige, welche der Gruppe S^^ entspricht.
§ 11. Der reguläre Typus. Zum regulären Typus ge-
hören diejenigen Glassen symmetrischer Polyeder resp. alle die-
jenigen Erystallclassen, welche den Gruppen
0*, 0, T*, !<', T
entsprechen. Sie besitzen sämmtlich vier dreizählige Axen,
die übrigens in manchen Fällen sogar sechszählige Axen zweiter
Art werden können. Ausserdem existiren für alle Glassen
noch drei zweizählige Axen, die gemäss Gap. IV, 9 durch
die dreizähligen Axen bedingt sind, und für einige Yon ihnen
ebenfalls in Axen höherer Symmetrie übergehen. Die speci-
fische Symmetrie des regulären Typus besteht daher in den
yier dreizähligen und den drei zweizähligen Axen.
Die Hauptabtheilung kann nur diejenige sein, welche der
— 123 —
Octaedergrnppe 0^ eDtspricht Sie besitzt folgende Symmetrie-
elemente:
41,, 3k, 6Z„ H, G, 3tf, 6f/.
Die sechszähligen Axen zweiter Art sind (Cap. V, 3) mit den
specifischen dreizähligen Axen und die drei vierzähligen Sym-
metrieaxen mit den specifischen zweizähligen Axen identisch.
Um die ünterabtheilungen zu erhalten, haben wir diese Axen
auf alle mögliche Weise mit den Symmetrieelementen
hf h) G, 6, 6'
zu verbinden. Wie aus Cap. V, 17 folgt, dürfen wir dieselben
in der Lage voraussetzen, dass 6 und tf' durch l^ gehen und auf
einander senkrecht stehen. Im einzelnen ergiebt sich folgendes.
Die Unterabtheilung, welche nur die vier dreizähligen
und die drei zu einander senkrechten zweizähligen Axen besitzt,
ist diejenige, welche der Tetraedergruppe T entsprichi
Werden die zweizähligen Axen vierzählig, so stellen sich,
wie aus Cap. IV, 11 folgt, die Axen l^ ebenfalls ein; die bezüg-
lichen Symmetrieeigenschaften bedingen daher einander. Die
zugehörige Unterabtheilung entspricht der Octaedergrnppe 0.
Tritt zu den dreizähligen und zweizähligen Axen das
Inversionscentrum C hinzu, so treten gemäss Cap. II, Lehr-
satz VIII die zu den zweizähligen Axen senkrechten Symmetrie-
ebenen 6 von selber auf-, zugleich gehen die dreizähligen
Axen gemäss Cap. V, VI in sechszählige Axen zweiter Art
über. Die bezügliche Unterabtheilung entspricht der Gruppe T\
Werden endlich die dreizähligen und zweizähligen Axen
mit der Symmetrieebene tf' verbunden, so ergiebt sich die-
jenige Unterabtheilung, welche der Gruppe T** entspricht. In
diesem Fall gehen die drei zweizähligen Axen, wie Cap. V,
§ 16 erwähnt ist, in vierzählige Axen zweiter Art über.
Die drei letztgenannten Unterabtheilungen lassen sich
daher auch hier in der Weise bilden, dass zu den specifischen
Symmetrieeigenschaften des regulären Typus je eines der drei
Symmetrieelemente
- 124 -
hinzutritt. Die andern Symmetrieelemente sind in der That^
wie wir eben sahen^ durch die vorstehenden bedingt
Sollen nun noch andere als die eben abgeleiteten Unter-
abtheiluDgen existiren, so müssen sie wieder mehr als eines
der drei genannten Symmetrieelemente besitzen. Aber ge-
mäss Hilfssatz 3 treten diese drei Symmetrieelemente stets
gemeinsam auf; eine Abtheilung, welche mehr als eines der-
selben besitzt, besitzt sie daher alle drei und ist die Haupt-
abtheilung.
§ 12. Allgemeiner Charaoter der Eintheilung in Typen.
Durch die vorstehenden Entwickelungen finden sich die in
§ 3 ausgesprochenen Behauptungen in vollem Umfang be-
stätigt; die Polyederclassen, resp. die Erystallclassen lassen
sich in der That derartig in Gruppen von bestimmtem Typus
anordnen, dass
1) alle Glassen desselben Typus, abgesehen von sonstigen
Symmetrieverhältnissen, in einem bestimmten specifischen Sym-
metriecharacter übereinstimmen,
2) für jeden Typus eine Hauptabtheilung existirt, welche
alle den verschiedenen Uuterabtheilungen eigenthümlichen
Symmetrieeigenschaften in sich enthält; und
3) die Unterabtheilungen sich so construiren lassen, dass
der specifische Symmetriecharacter des T;fpus auf alle mög-
liche Art mit den Symmetrieelementen der Hauptabtheilung
combinirt wird.
Gleichzeitig ist damit die Aufgabe, alle theoretisch mög-
lichen Erystallclassen aufzufinden, in der That auf eine zweite
Weise gelöst worden.^) Bei der Lösung haben wir allerdings
die Eintheilung in Gruppen von bestimmtem Symmetrie-
character, resp. die Eenntniss der Hauptabtheilungen als be-
kannt vorausgesetzt.
Wenn wir daher die Eintheilung nach dem Symmetrie-
1) Die AufatelluDg aller Polyeder mit beliebiger n- zähliger Axe
läuft den Untei-BuchuDgen der § 8—10 genau parallel. Ist n gerade,
80 treten die Resultate von § 9, 10 in Baraft, und wenn n ungerade ist,
diejenigen von § 8. Bezüglich der Polyeder mit Ikosaedersymmetrie
vgl. S. 108.
— 125 -
character^ resp. die Hauptabtheilang eines jeden Typus als
gegeben betrachten, so lässt sich die eben dargestellte Ab-
leitung mit besonderem Yortheil verwenden.
§ 13. Die gewöhnliohen Erystallsysteme. Wie schon
oben erwähnt, deckt sich die Yorstehend erörterte Eintheilung
der Erjstallclassen nicht gacz mit derjenigen; welche allge-
mein in Geltung ist Die Differenzpunkte der Elassificirung
betreffen einerseits die Abtheilungen des hexagonalen und
trigonalen Typus, andrerseits diejenigen, welche wir dem digo-
nalen und monogonalen Typus zugerechnet haben. Was zu-
nächst die letzteren betrifft, so werden sie in drei verschiedene
Systeme gesondert, und zwar nach folgenden Gesichtspunkten.
Alle Erystallclassen, die hier in Frage stehen, haben
höchstens zweizählige Symmetrieaxen. Jede Symmetrieaxe,
ebenso jede auf einer Symmetrieebene senkrechte Gerade, de-
finirt eine ausgezeichnete Richtung des Erystalls. Nun giebt
es zunächst zwei unter den obigen Erystallclassen, für welche
derartige Richtungen gänzlich fehlen, nämlich diejenigen, welche
den Gruppen
Äg und Gl
entsprechen, sie werden daher zu einem Erystijlsystem ge-
rechnet Es heisst das asymmetrische oder trtkline System und
stellt das Erystallsystem von der niedrigsten Symmetrie dar.
Die übrigen hier besprochenen Erystallclassen unterscheiden
sich von den beiden vorstehenden dadurch, dass für sie min-
destens eine ausgezeichnete Richtung existirt, also mindestens
eine Symmetrieebene oder Symmetrieaxe. Diejenigen unter
ihnen, welche nur eine ausgezeichnete Richtung besitzen, wer-
den wieder als eine engere Gruppe betrachtet, und bilden das
manohline Erystallsystem^)] die bezüglichen Gruppen sind
CA Ca, S.
Ebenso werden schliesslich die noch übrigen Erystallclassen
za einem Erystallsystem gerechnet, sie entsprechen den Gruppen
F*, F, C,^
Für jedes von ihnen giebt es drei ausgezeichnete Richtungen*
1) Auch monosymmetrisches System.
— 126 —
Sie lassen sich demnach dahin definiren^ dass für sie nur
zweizählige Axen existiren, aber mehr als eine solche Axe,
oder doch mehr als eine Symmetrieebene. Das bezügliche
Erystallsystem heisst das rhombische System.^)
Die übrigen Erystallclassen werden im wesentlichen nach
denselben Gesichtspunkten eingetheilt, die oben in § 1 mass-
gebend waren. Zunächst constituiren die Erystallclassen von
regulärem Typus das reguläre oder cübische System. Es bleiben
also noch die Erystallclassen mit einer Hauptaxe, die ent-
weder drei-, vier- oder sechszählig ist. Von ihnen bilden die
Classen von tetragonalem Typus das tetragonale oder quadr(i-
tische System}) Dagegen deckt sich die Eintheilung derjenigen^
denen eine dreizählige oder sechszählige Hauptaxe zukommt^
nicht Yollständig mit der oben gegebenen. Diejenigen von
ihnen^ deren Gruppen
sind, werden nämlich dem hexagonälen System^ zugerechnet,
während das System mit dreizähliger Hauptaxe diejenigen
Erystallclassen enthält, welche den Gruppen
^6**; ^6J -^3} ^3} Q
entsprechen, und rhomhoedrisches Krystallsystem*) genannt wird.
Da wir die Gruppe Sq"* auch durch Dj** und Sg auch durch C,'
characterisiren können, so ist ersichtlich, dass zwar die Olassen
des rhomboedrischen Systems sämmtlich eine dreizählige Axe
erster Art haben, dass aber das hexagonale System auch
solche Classen enthält, denen nur eine dreizählige Symmetrie-
axe zukommt, und zwar diejenigen, welche ausserdem eine zur
Hauptaxe senkrechte Symmetrieebene besitzen. Das rhombo-
edrische System umfasst daher die Erystallclassen mit drei-
zähliger Hauptaxe, aber ohne Hauptsymmetrieebene, und ist
dadurch vollständig characterisirt.^)
1) Auch Systeme terbinaire.
2) Aach systäme quatemaire.
8} Auch systäme sänaire.
4) Auch Systeme ternaire.
6) Vgl. hierüber aach Abschnitt II dieser Schrift
— 127 -
§ 14 Für die Yorstehend besprochene Systematik sind
zwar auch noch die Symmetrieverhältnisse massgebend^ aber
einerseits kommen sie, im Gegensatz zu der oben Yoran-
gestellten rein theoretischen Eintheilnng, im wesentlichen nur
in ihrer geometrischen Bedeutung ft&r die äussere Form der
Erystalle in Frage, und andrerseits stellen sie überdies nicht
das alleinige Eintheilungsprincip dar, Yielmehr kommt noch
ein zweiter Gesichtspunkt hinzu. Bekanntlich bezieht man
bei der Berechnung und Bestimmung der geometrischen Ele-
mente eines Krystalles die Flächen und Kanten desselben auf
gewisse Coordinatenebenen und Coordinatenaxen, die soge-
nannten Krystallaxen. Sollen diese, wie es natürlich zweck-
mässig ist, möglichst einfach gewählt werden, so lässt man
sie in geeigneter Weise mit den ausgezeichneten Geraden und
Ebenen des Krystalles, d. h. also mit den Ebenen und Axen
der Symmetrie zusammenfallen.
Das trikline System lässt sich hiemach dahin definiren,
dass es ausgezeichnete Coordinatenaxen nicht besitzt, das
monokline System besitzt eine ausgezeichnete Axe, und das
trikline besitzt deren drei. Diese stehen senkrecht aufeinander,
sind aber im übrigen, da sie krystallographisch ungleich-
werthig sind, Yerschieden lang. Bei den Krystallen, welche
den Gruppen F* und V entsprechen, werden sie direct von
den Symmetrieaxen geliefert, bei den Krystallen der Gruppe
O2' treten dafQr die Symmetrieaxe und die zu den Symmetrie-
ebenen senkrechten Geraden ein.
Bei den Krystallsystemen mit einer Hauptaxe ist die
Hanptaxe stets ausgezeichnete Coordinatenaxe. Die anderen
Coordinatenaxen werden Yon den zweizähligen Symmetrieaxen
geliefert resp. wenn dieselben fehlen, von andern geeigneten
gleichwerthigen Richtungen, die zur Hauptaxe senkrecht sind.
Beim quadratischen System hat man dazu zwei zu wählen,
die aufeinander senkrecht stehen; beim rhomboedrischen und
hexagonalen dagegen je drei, die gleiche Winkel einschliessen.
Diese Axen sind in jedem Fall gleichwerthig, und müssen da-
her am Krystall selbst als gleich lange Hauptaxen kenntlich
sein. Beim hexagonalen und quadratischen System sind über-
— 128 —
dies auch ihre entgegengesetzten Richtungen im Allgemeinen
gleichwerthig^ beim rhomboedrischen System dagegen ist dies
meist nicht der Fall. Endlich werden für das reguläre System die
drei zu einander senkrechten Symmetrieaxen als Coordinaten-
axen gewählt; da sie sämmtlich gleichwerthig sind, so sind
die bezüglichen drei Hauptaxen des Erystalles auch unter sich
gleich lang.
Da die Krystallaxen des rhomboedrischen und hexagonalen
Systems genau übereinstimmen , so werden die Classen des
rhomboedrischen Systems von yielen Autoren ^ besonders von
den deutschen, dem hexagonalen System zugerechnet
§ 15. Die eben erörterte Systematik findet in folgender
Tabelle ihren Ausdruck.
A. Das System mit mehreren mehr als zweizfthligen Axen.
I. Das regoläre System.
Symmetriecharacter: Vier dreizählige Axen.
B. Die Systeme mit einer Hauptsymmetrieaxe (mehr als
zweizfthlig).
n. Das hezagonale System.
Symmetriecharacter: Eine sechszählige resp. drei-
zählige Hauptaxe.
m. Das quadratische oder tetragonale System.
Symmetriecharacter: Eine vierzählige Hauptaxe.
C. Die Systeme mit höchstens zweizähligen Axen.
IV. Das rhombische System.
Symmetriecharacter: Mehrere Symmetrieaxen oder
Symmetrieebenen.
V. Das monokline System.
Symmetriecharacter: Eine Symmetrieaxe resp. Sym-
metrieebene.
VI. Das trikline System.
Symmetriecharacter: Keinerlei Symmetrieaxe oder
Symmetrieebene.
— 129 —
Die oben in § 12 für die Eintheilung des § 2 angeführten
Eigenschaften und Gesetze treffen auch für die vorstehende
Systematik ausnahmslos zu. Wie obeu^ ist auch hier die Exi-
stenz der HauptabtheiluDg; welche die Symmetrieelemente aller
Unterabtheilungen enthält^ in allen sechs Systemen vorhanden^
und ebenso können die ünterabtheilungen auf die oben aus-
führlich erörterte Weise aus der Hanptabtheilung abgeleitet
werden.
Die Richtigkeit dieser Behauptung braucht nur für die
letzten drei Systeme und das hexagonale dargethan zu werden.
Was zunächst das letztere betrifft^ so besteht die Abweichung
Ton den oben ausgeführten Ueberlegungen im wesentlichen
nur darin, dass jetzt die drei Fälle, dass die Hauptaxe sechs-
zählig von der ersten Art, oder sechszählig von der zweiten
Art, oder dreizählig ist, gleichzeitig zu betrachten sind, wäh-
rend dies oben an zwei getrennten Stellen durchgeführt wurde.
Dagegen bedürfen die Verhältnisse der letzten drei Systeme
einer ausführlicheren Erörterung.
§ 16. Das trUdine und monokline System. Dem triklinen
System gehören die beiden Ery stallclassen an, welche den Gruppen
S^ und Cj
enisprechen. Die erstere besitzt ein Symmetriecentrum und
muss als Hauptabtheilung figuriren. In der That lassen sich
beide Erystallclassen, wenn wir uns wieder der einzähligen
Axen bedienen, auch so definiren, dass die Gruppe S^ ausser
einer einzähligen Axe noch ein Symmetriecentrum, die Gruppe
Ci dagegen nur eine einzählige Axe besitzt Alsdann ist die
Richtigkeit der in § 3 ausgesprochenen Behauptung auch hier
deutlich erkennbar. Gleichzeitig ist wieder ersichtlich, dass
es andere Erystallclassen von dem Oharacter des triklinen
Systems ausser den beiden genannten nicht geben kann.
Dem monoklinen System gehören diejenigen drei Erystall-
classen an^ welche den Gruppen
C,\ C„ S
entsprechen. Die erste von ihnen kann als Hauptabtheilung
figuriren; sie enthält eine Symmetrieebene ij und eine zu ihr
Selioenfllefl, KrTitaUstraotiir. 9
— 130 —
senkrechte zweizählige Symmetrieaxe Äg, während von den
beiden übrigen Glassen die eine nur die Symmetrieebene und
die andere nur die Symmetrieaxe besitzt. Zu diesen drei
Krystallclassen gelangen wir in Bestätigung der Behauptungen
des § 3 auch sO; dass wir diejenigen Krystallclassen suchen,
die als Symmetrieelemente nur h^y resp. fj besitzen. In der
That sind drei solcher Classen möglich; sie entsprechen den
Fällen, dass entweder nur die Axe Äg, oder nur die Ebene tj
oder beide Symmetrieelemente zugleich auftreten.
§ 17. Das rhombische System. Die vorstehenden Er-
wägungen lassen sich ohne weiteres auf das rhombische System
ausdehnen. Die Krystallclassen , welche ihm angehören, ent-
sprechen den Gruppen
Als Hauptabtheilung haben wir diejenige zu wählen, welche
der Gruppe F* entspricht; sie enthält drei zu einander senk-
rechte Symmetrieebenen ri, ri', tjf'y und drei einander senkrechte
zweizählige Axen I2, l^, h'\ ^^^ gleichzeitig die Schnittlinien
der Ebenen ij» Vj v' ^^^i' ^^^ ^^^ beiden andern Krystall-
classen besitzt die eine, nämlich F, nur die drei Symmetrie-
axen, während die andere, nämlich Q*, zwei einander senk-
rechte Symmetrieebenen, also auch eine Symmetrieaxe enthält,
nämlich die Schnittlinie beider Ebenen.
Die genannten drei Krystallclassen sind wiederum die
einzigen, welche innerhalb des rhoqibischen Systems möglich
sind. Die specifische Symmetrie des rhombischen Systems
ist nämlich dadurch characterisirt, dass drei ausgezeichnete
Richtungen vorhanden sind, und. neben Symmetrieebenen nur
zweizählige Symmetrieaxen auftreten. Von den letzteren müssen,
damit sich keine Axen andrer Art einstellen, gemäss Cap. IV, 4
je zwei senkrecht aufeinander stehen, und da, wie an der-
selben Stelle bewiesen wurde, zwei senkrechte Axen von selbst
die dritte zu ihnen senkrechte bedingen, so treten stets ent-
weder alle drei Axen gleichzeitig auf, oder es giebt nur eine
solche Axe.
Sind drei Axen vorhanden, so sind damit bereits drei
ausgezeichnete Richtungen gegeben; sollen daher auch Sym-
- 131 —
metrieebenen yorkommen, so stehen sie senkrecht auf den
Axen. Gemäss Cap. III^ 8 folgt aber aas der Existenz einer
Symmetrieebene auch die Anwesenheit der beiden andern;
diesem Fall entspricht daher die Hauptabtheilung des rhom-
bischen Systegis. Treten die Symmetrieaxen allein auf, so
erhalten wir diejenige Krystallclasse, deren Symmetrie durch
die Gruppe V gekennzeichnet ist. Ist dagegen nur eine Sym-
metrieaxe vorhanden, so müssen mindestens noch zwei Sym-
metrieebenen vorhanden sein, und da jede Schnittlinie zweier
Symmetrieebenen eine Symmetrieaxe ist, so ist nur der Fall
denkbar, dass die £benen durch die Axe gehen und senkrecht
aufeinander stehen. Es giebt daher ^nur noch eine letzte
Classe des rhombischen Systems, nämlich diejenige, welche
der Gruppe Cg*' entspricht.
§ 18. Hanptgruppen und Untergruppen. Die geome-
trischen Beziehungen, welche die Krystallclassen desselben
Typus, resp. desselben Krystallsystems mit einander verbinden,
sind durch das Vorstehende hinreichend gekennzeichnet worden.
Wir gehen nun zur Characteristik der gruppentheoretischen
Verhältnisse über. Da diese, ebenso wie die in § 12 hervor-
gehobenen geometrischen Eigenthümlichkeiten sowohl für die
Eintheilung des § 2, als auch für die Systematik des § 13
zutreffen, so wollen wir im Folgenden, um die Darstellung
möglichst kurz und einfach zu halten, auch die in § 2 auf-
geführten Gruppen als Krystallsysteme bezeichnen. Dies kann
um so eher geschehen, als ja die Definition der Krystallsysteme
an und für sich dem willkürlichen Ermessen nicht ganz ent-
zogen ist, und überdies vom theoretiscben Gesichtspunkt aus
nicht allein nichts gegen eine derartige Begriffserweiterung
spricht, sondern vielmehr^ wie die vorstehenden Entwickelungen
zur Genüge erkennen lassen, manche üeberlegungen ihr sogar
den theoretischen Vorzug vor der allgemein üblichen Syste-
matik zuerkennen lassen.
um die gruppentheoretischen Beziehungen aufzudecken,
scheint es zweckmässig, die bezüglichen Verhältnisse zunächst
an einem Beispiel zu veranschaulichen, für welches dieselben
- 132 —
in dem vorhergehenden Capitel bereits gelegentlich gestreift
worden sind.
Unter den fünf Gruppen von Operationen , welche dem
regulären Typus entsprechen, nämlich
0*, 0, T\ T^, T
giebt es eine, nämlich die Octaedergruppe zweiter Art 0*, welche
die in den vier andern Gruppen auftretenden Deckoperationen
sammt und sonders enthält, sodass also — nach dem Sprach-
gebrauch des vorigen Capitels § 17 — die andern vier Gruppen
sämmtlich in ihr enthalten sind. In der That bilden ja, in
dem oben S. 99 stehenden Schema, wie bereits S. 71 resp.
S. 100 erwähnt,
die Operationen I und II die Gruppe 0
die Operationen I und III die Gruppe T*
die Operationen I und IV die Gruppe T^ und
die Operationen I die Gruppe T,
Wir werden eine Gruppe, deren sämmtliche Operationen unter
den Operationen einer andern Gruppe enthalten sind, eine
Untergruppe der letzteren nennen, d. h. wir stellen folgende
Definition auf:
Sind die Operationen einer Gruppe G sämmtlich unter den
Operationen einer Gruppe H enthalten, so heisst G eine Unter-
gruppe von H.
Gemäss dieser Definition sind die vier Gruppen 0, T\
T^ und T sämmtlich Untergruppen der Gruppe 0* . Nennen
wir noch 0* die Hauptgruppe, so liefert die Hauptgruppe die
Hauptabtheilung des Krystallsystems, während die vier Unter-
gruppen den vier Unterabtheilungen desselben entsprechen.
Die vier Gruppen 0, T*, T**, T sind keineswegs die ein-
zigen Untergruppen von 0*, vielmehr enthält, wie leicht zu
erhärten, 0* noch eine ganze Zahl anderer Untergruppen.
Beispielsweise bilden die vier Drehungen, welche um eine der
vierzähligen Axen von 0* stattfinden, resp. die drei Drehungen,
welche einer der dreizähligen Axen entsprechen, je eine Unter-
gruppe von 0*; die erstere ist Q und die letztere C^, und
auch ihnen entsprechen Erystallclassen. Ueberhaupt ist evident,
— 133 —
dass jeder Untergruppe Ton 0* eine Krystallclasse entspricht,
denn dies ist ja f&r jede Gruppe von Deckoperationen der Fall.
Aber die bezüglichen Erystallclassen gehören dem regulären
Krystallsystem nicht an; hierfür kommen entsprechend dem
Symmetriecharacter desselben nur diejenigen Untergruppen von
0* in Frage, welche durch vier dreigählige Axen gekennzeichnet sind
§ 19. GrappentheoretiBOhe Beziehung Ewisohen den
Classen desselben ErystaUsysteniB. Analoge Verhältnisse
lassen sich für die Erystallclassen eines jeden andern Krystall-
systems aufzeigen. Bei der innigen Verbindung, in welcher
die Symmetrieeigenschaften einer Krystallclasse und die Deck-
operationen der zugehörigen Gruppe zu einander stehen, ist
der Nachweis dafür leicht zu führen. Er folgt fast unmittelbar
aus den vorstehend abgeleiteten Resultaten; wir brauchen die
oben für die Symmetrieverhältnisse gewonnenen Sätze nur
gmppentheoretisch zu übersetzen.
Um dies möglichst präcise auszuführen, schicken wir den
folgenden Lehrsatz voraus.
Lehrsatz I. Sind K und K^ zwei Krystdllclassenj von denen
die letztere nur einen Theil der Symmetrieeigenschaften der ersteren
hesüzt, so stehen die zugehörigen Operationsgruppen G und G^ in
dem Verhältniss zu einander, dass Gi eine Untergruppe von G
ist, und umgekehrt.
Der Beweis ist unmittelbar ersichtlich. Denn wenn die
Krystallclasse K alle Symmetrieeigenschaften von K^ enthält,
so heisst dies eben nichts anderes, als dass auch alle Opera-
tionen von (tj in G enthalten sind. Ebenso leuchtet das Um-
gekehrte ein; enthält die Gruppe G alle Operationen der
Gruppe Gl, so besitzt auch die Krystallclasse K alle Sym-
metrieeigenschaften von K^.
Diesen Satz wenden wir nun auf die Krystallclassen des-
selben Krystallsystems an. Da die Hauptabtheilung alle Sym-
metrieeigenschaften enthält, die in irgend einer der Unter*
abtheilungen vorkommen, so folgt unmittelbar, dass die
zugehörigen Gruppen von Operationen in dem Verhältniss
Yon Hauptgruppe und Untergruppe zu einander stehen; und
da die Unterabtheilungen gleichzeitig alle Krystallclassen
— 134 -
bilden, welche die specifische Symmetrie des bezüglichen Sy-
stems besitzen, so repräsentiren die zugehörigen Gruppen wirk-
lich alfe Untergruppen der Hauptgruppe, welchen die specifische
Symmetrie des Krystallsystems zukommt. Also ergiebt sich:
Hauptsatz. Für jedes Kryställsystem sind die zugehörigen
Gruppen von Operationen so mit einander verbunden, dass eine,
die Hauptgruppe, alle andern als Untergruppen enthält. Die
erstere entspricht der Hauptabtheilung, die andern den Unter-
ahtheilungen. Die letzteren bilden gleichzeitig alle Untergruppen,
welchen der specifische Symmetriecharacter des Krystallsystems
zukommt
Aus dem vorstehenden Satz lässt sich wiederum eine neue
Methode herleiten, um die sämmtlichen Erystallclassen zu er-
mitteln. Dies kann nämlich so geschehen, dass man die Auf-
gabe in Angriff nimmt, alle Untergruppen zu finden, welche
die specifische Symmetrie des Krystallsystems besitzen. Die
Lösung dieser Aufgabe ist in den §§ 5 — 11 im wesentlichen
bereits implicite enthalten; um dieselbe durchzuführen, würde
es sich im Allgemeinen nur darum handeln, die gruppen-
theoretische Uebersetzung der in §§5 — 11 oben gegebenen
Ableitung der Unterabtheilungen zu finden. Historisch ist zu
bemerken, dass der hier angedeutete Weg sich im Ganzen mit
demjenigen deckt, welcher Yon Minnigerode eingeschlagen
worden ist. Die Minnigerode'sche Arbeit geht von der Auf-
stellung gewisser Hauptgruppen aus und bestimmt dann die
sämmtlichen in ihnen enthaltenen Untergruppen.^)
§ 20. AuBgezeichnete Untergruppen und ihre Besiehung
zum Erystallsystem. Von den Gruppen, welche den sämmt-
lichen Unterabtheilungen eines Krystallsystems entsprechen,
lässt sich noch eine wichtige Eigenschaft nachweisen; jede
derselben stellt nämlich eine sogenannte ausgezeichnete Unter-
gruppe der Hauptgruppe dar. Wir definiren eine ausgezeichnete
Untergruppe folgendermassen:
1) üntereuchungen über die Symmetrieverhältnisse der Erjetalle.
Neues Jahrb. f. Miner. Beilagebd. 6. S. 164. üebrigens läuft auch
die Hessersche Darstellung im Ganzen auf den obigen Gedankengang
hinaus. Vgl. Gehler'« phys. Wörterbuch, Bd. 6, S. 1063 ff.
— 135 —
Eine Untergruppe soU eine ausgeeeichnete Untergruppe der
Hauptgruppe heissen, wenn die ihr zugehörigen Symmetrie'
elemente durch jede Operation der Hauptgruppe in sich seihst
übergeßhrt werden.
Zum besseren Yerständniss derselbeo mögen folgende
Bemerkungen dienen.
Wir haben bewiesen, dass jede einer Gruppe angehörige
Operation erster oder zweiter Art die Gesammtheit der Sym-
metrieaxen der Gruppe in sich überführt (vgl. Gap. IV, VI und
Cap. V, 4). Hat die Gruppe ausser den Symmetrieaxen noch
andere Symmetrieelemente, so müssen auch diese dabei in
sich übergehen, da sie mit den Symmetrieaxen fest verbunden
sind und eine ganz bestimmte symmetrische Lage zu ihnen
haben. Heben wir nun aus der Gesammtheit der Symmetrie-
elemente einer Gruppe irgend einen beliebigen Theil heraus,
so können zwei Fälle eintreten. Entweder nämlich vertauschen
sich die herausgehobenen Symmetrieelemente bei jeder Deck-
operation der Gruppe nur unter einander, oder es giebt Deck-
operationen, welche aus ihnen andere Symmetrieelemente ent-
steheu lasseu. Betrachten wir z. B. die Gruppe D/. Jede
ihrer -Operationen führt, wie unmittelbar evident ist, die
Hauptaxe in sich über; es ist ja nur eine solche Axe vor-
handen. Femer enthält die Gruppe vier durch die Axe
gehende Symmetrieebenen. Die Gesammtheit derselben geht
ebenfalls bei allen Operationen der Gruppe in sich über, da-
gegen ist dies für jede einzelne der vier Ebenen nicht der
Fall, vielmehr vertauschen sie sich durch die Operationen der
Gruppe gegenseitig. Dasselbe gilt von den vier Nebenaxen,
welche die Gruppe D/ enthält.
Ist nun Ui eine dieser Nebenaxen, so seien
1 und Ui
die zugehörigen Deckoperationen. Dieselben bilden natürlich
eine Gruppe und sind unter den Operationen von D/ ent-
halten, sie bestimmen daher eine Untergruppe von 2)/.
Dieselbe ist aber nicht ausgezeichnet; denn die Axe u^
ninimt in Folge mancher Operationen die Lage u^ an; sie
— 136 —
geht daher nicht bei allen Operationen von D^ in sich selbst
über. Das gleiche findet statt, wenn wir die zu einer Sym-
metrieebene gehörige Grnppe in s Auge fassen, die aus den
Operationen 1 und @ besteht.
Dagegen bilden die sammtlichen Operationen, welche der
Hauptsymmetrieaxe entsprechen, d. h. also die Operationen
1, «, «S t\
eine ausgezeichnete Untergruppe, denn erstens bilden sie eine
wirkliche Gruppe, nämlich C^, und zweitens geht die Haupt-
axe stets in sich über. Dasselbe ist für die Gruppe D^ der
Fall, welche die Hauptaxe und die yier Nebenaxen als Sym-
metrieelemente enthält u. s. w.
Die vorstehenden Ueberlegungen gelten in ähnlicher Weise
augenscheinlich auch für jede andere Gruppe und ihre aus-
gezeichneten Untergruppen. Sie führen daher zu folgendem Lehr-
satz über die Eigenschaften einer ausgezeichneten Untergruppe:
Lehrsatz IL Ist G^ eine ausgemchnete Untergruppe wm (r,
so enfhält G^ von jeder Art gleichwerihiger Sffmmetriedemente von
G entfveder alle oder keine.
Es ist nicht schwierig, nunmehr zu beweisen, dass jeder
Unterabtheilung eines Erystallsystems eine ausgezeichnete
Untergruppe der Hauptgruppe entspricht. Es folgt aus der
mehrfach erwähnten Thatsache, dass in allen diesen Unter-
abtheilungen die gleichwerthigen Symmetrieelemente der Haupt-
gruppe stets vereinigt auftreten. Was im besondern die
Systeme des § 2 betrifiFt, so sind dort die Unterabtheilungen
direct so gebildet, dass die specifische Symmetrie des Erystall-
systems mit irgend welchen weiteren gleichwerthigen Symmetrie-
elementen verbunden wird. Dasselbe gilt, wie die Erörterungen
von § 13 unmittelbar zeigen, für das trikline und monokline
System. Auch für das rhombische System lässt sich die
Richtigkeit des obigen Lehrsatzes leicht einsehen. Die Haupt-
gruppe desselben ist F^, den Unterabtheilungen entsprechen
die Gruppen V und Cj*. Von ihnen bedarf nur die Gruppe
C7g* einer genaueren Betrachtung. Sie enthält eine Symmetrie-
axe der Hauptgruppe und zwei durch sie gehende Symmetrie-
- 137 —
ebenen. Wir brauchen uns aber nur zu erinnern, dass die
Axen der Vierergruppe nicht gleich werthig sind (S. 73), um
zu erkennen, dass jede dieser Axen bei allen Operationen der
Gruppe nur in sich selbst übergeht. Die Eigenschaften der
ausgezeichneten Untergruppe kommen also auch 0/ zu.
Es bedürfen daher nur noch die Verhältnisse des hexa-
gonalen Systems des § 13 der Prüfung. Aber auch hier trifft
der Satz zu, weil die Symmetrieaxen und Symmetrieebenen,
die für die Hauptgruppe Dg* gleichwerthig sind, auch für die
Erystallclassen mit dreizähliger Hauptaxe gleichwerthig bleiben,
80 dass wirklich die irgend einer der bezüglichen Untergruppen
angeborigen Symmetrieelemente immer nur in sich übergehen.
Bei»pielsweise besitzt die Oruppe Dq^ sechs durch die Haupt-
axe gehende Symmetrieebenen. Dieselben lassen sich in zwei
Paare von je dreien zerfallen, welche zu einander dieselbe Lage
haben, wie die Symmetrieebenen von C^^. Je drei solche
Ebenen lassen sich daher mit der Axe zu einer Gruppe Og'
yerbinden, so dass sich zunächst noch zwei verschiedene
derartige Gruppen bilden lassen. Aber keine Operation von
De* führt die Ebenen der einen Untergruppe in die der
andern über, eine jede von ihnen ist daher eine ausgezeichnete
Untergruppe von D^^. Das gleiche gilt für die andern Unter-
gruppen.
Endlich ist zu bemerken, dass der eben erhärtete Satz
auch dann noch in Kraft bleibt, wenn wir die rhomboedrische
ünterabtheilung des hexagonalen Systems als besonderes Ery-
stallsystem figuriren lassen. In diesem Fall ist D,^ die Haupt-
gruppe, und es lässt sich ohne Weiteres erkennen, dass die
Symmetrieelemente der Gruppen
A; C^sS ^d"} C),
sämmtlich in D,^ enthalten sind , und dass ^ diese Gruppen
ausgezeichnete Untergruppen der Hauptgruppe darstellen.
Wir gelangen somit zu folgendem für jedes der obigen
Krystallsysteme gütigen Resultat:
Lehrsatz HI. Für jedes Krystdüsystem sind die Gruppen
w» Operationen y toelche den Unterahtheilungen desselben ent-
- 138 —
sprechen, ausgezeichnete Untergruppen der bezüglichen Haupt-
gruppe.
Ich bemerke Doch; dass der Begriff der ausgezeichneten
Untergruppe gruppentbeoretisch von grosser Bedeutung ist.
Seine Wichtigkeit tritt allerdings hier noch wenig hervor;
erst im zweiten Abschnitt werden wir eingehender mit dem-
selben zu operiren haben.^)
Das Vorstehende führt mit Nothwendigkeit zu der Folgerung,
dass die Eintheilung der Erjstalle in Systeme, wenn man, wie
bisher ausschliesslich geschehen, nur die Analogieen des symmetri-
schen Verhaltens zum Gesichtspunkt der Classification wählt, und
ferner von den Systemen nur die oben in § 12 angegebenen
Eigenschaften verlangt, durchaus nichts Zwingendes besitzt. In
der That erfüllt die eine Systematik ebenso vollständig die dort
genannten Bedingungen wie die andere. Welche von beiden daher
zu benutzen ist, wird ganz davon abhäugig sein müssen, welchen
Zweck man erreichen will.*)
Empfiehlt es sich, für die practischen Zwecke an der all-
gemein üblichen Systematik festzuhalten, so ist doch die in § 2
enthaltene allemal dann vorzuziehen, wenn es sich um rein theo-
retische Fragen, wie z. B. um die Analogiebeziehungen des sym-
metrischen Verhaltens für die Gesammtheit der möglichen Erystall-
classen handelt, überhaupt für alle Fragen, bei denen die natürliche
Eintheilung nach der Symmetrie von Wichtigkeit ist. Sie drängt
sich überdies bei^der geometrischen Ableitung aller Erystallclassen
mit Nothwendigkeit auf und findet sich daher gerade bei solchen
Autoren, welche an diesem Problem gearbeitet haben. H es sei
hat sie in ganz präciser, einheitlicher Form ausgestaltet^); von
1) Eb liegt nahe, der Vermuthung Raum zu geben, dass auch
umgekehrt jeder ausgezeichneten Untergruppe einer Hauptgruppe eine
Unterabtheilung des durch die Hauptgruppe bestimmten Erystallsystems
entspricht. Die Begriffe Unterabtheilung und ausgezeichnete Unter-
gruppe würden sich in diesem Fall decken. Dies . trifFt jedoch nicht
zu. Es genügt, darauf hinzuweisen, dass die meisten Hanptgruppen
ein Symmetriecentrnm enthalten, dass das Symmetriecentrum bei allen
Operationen in sich übergeht, und dass ihm daher ebenfalls eine aus-
gezeichnete Untergruppe entspricht, bestehend aus den Operationen
1 und 3. Die zugehörige Gruppe stellt aber nur für das digonale
System eine Unterabtheilung dar.
2) Vgl. auch die Untersuchungen über die Beziehungen der BAum-
gitter zu den Erystallsystemen, Abschnitt IL
3) Vgl. Gehler's physikal. Wörterbuch, Bd. 6, S. 1078 ff. Hessel
— 139 —
ihm wird als characteristisches Merkmal der Eintbeilung bereits
ausschliesslich die Zähligkeit der Symmetrieaxe benutzt, und ebenso
hat sich Fedorow in seinen neuesten Arbeiten über die Symmetrie-
yerhftltnisse von diesem Gesichtspunkt leiten lassen.^)
§ 21. Besiehung swiBOhen der Zahl der Deokoperationen
der Hatiptgrapi>en und der Untergruppen. Wir kehren im
Folgenden zu den allgemeinen Untersuchungen zurück, be-
merken übrigens ausdrücklich, dass sich dieselben auf das
Yerhältniss jeder Hauptgruppe zu ihren Untergruppen be-
ziehen, sowohl für die eine wie filr die andere Systematik.
Jeder Gruppe kommt eine ganz bestimmte Zahl von
Deckoperationen zu. Diese Zahlen stehen für die Gruppen
desselben Erystallsystems in einem einfachen Yerhältniss.
Beispielsweise enthält die Hauptgruppe O des regulären
Systems 48 Deckoperationen; die Untergruppen 0, jT*, T^
enthalten je 24, also die Hälfte davon, und endlich besteht
die Gruppe T nur aus 12 Deckoperationen, d, h. dem vierten
Theil. Aehnliche Verhältnisse lassen sich auch für die andern
Erystallsysteme nachweisen.
Wir schicken zu diesem Zweck zunächst folgende Be-
merkungen voraus.
Es sei S irgend eine Operation, und in der Reihe der
Potenzen von 2, nämlich in der Reihe
1, 2, 2S 2^..
die Potenz 2** die erste, welche der Identität äquivalent ist,
so besteht die Gleichung
2/' = 1 .
In diesem Fall möge 2^"^ auch durch 2~* bezeichnet
werden.^) Alsdann ergeben sich unmittelbar die nachstehenden
Polgerungen:
zieht die Krysialle mit sechs- und dreisäbliger Aze, ebenso diejenigen
nut zwei- und einzähliger Aza in je ein System zusammen.
1) Vgl z. 6. die S. 103 erwähnten Elemente der Lehre von den
PigQten, S. 163. Die in § 1 angewandte Bezeichnung digonal ist auch
▼on Fedorow gebraucht worden. Wie Hessel, führt auch Fedorow
nur ein hozagonales, tetragonales und digonales System ein.
2) Die Bezeichnung 2~~^ ist ganz analog zu derjenigen der Potenzen
— 140 —
1) Es ist
Die Operationen ß und 2^^ sind daher entg€geng€set0te Opera-
tionen; jede wird durch die andere aufgehoben. Kommt daher
durch die Operation S ein Körper S in die Lage 8\ so fuhrt
ihn die Operation S~~^ wieder aus der Lage S' nach S zurück.
2) Enthält eine Gruppe die Operation &, so enthält sie
auch die entgegengesetzte Operation 2~^. In der That; wenn
ß der Gruppe angehört, so auch S^^^, d. h. eben S""^
Nunmehr gehen wir an den eigentlichen Beweis der obigen
Behauptung. Derselbe gründet sich auf folgenden fundamen-
talen Satz:
Lehrsatz IV. Ist G^ eine Untergruppe von G, so ist die
Äneähl der Operationen von G^ ein aliquoter Theil der Zahl
der Operationen von G.
Beweis: Es seien
1) 1, 2x, S2...ßi.-i
die Operationen der Gruppe Gi, so giebt es mindestens eine
von ihnen verschiedene Operation SDij der Gruppe G. Wir
bilden die Operationen
so ist jede von ihnen, wie aus dem Gruppenbegriflf folgt, eine
Operation von G. Ferner sind alle diese Operationen unter
einander und von den Operationen der Reihe 1) verschieden.
Wäre nämlich
so müsste, wenn wir rechts durch SÄ^ dividiren (vgl. S. 37),
^u ^^ ^v
mit negativem Exponenten gebildet. Da die Potenzen der Operation 2
auch sonst dieselben Gesetze befolgen wie die wirltlichen Potenzen, so
ist klar, dass man für das Rechnen mit den Operationen ebenfalls ganz
allgemein negative Potenzen einführen könnte. Es ist bisher nur darum
nicht geschehen, weil das Rechnen mit blossen positiven Exponenten
vorzuziehen ist, so lange dadurch keine Schwerfälligkeit bewirkt wird.
- 141 -
sein, was^ wean fi und v verschiedeDe Indices sind^ nicht der
Fall ist^
Ebenso lässt sich beweisen, dass die Operationen der
Zeile 1) nnd 2) verschieden sind. Denn wäre
80 müsste anch; wie durch Multiplication mit &^^ folgt;
sein. Nun ist aber nach Folgerung 2) S~* eine Operation von
6fi, also müsste auch das Product von S und S~^, d. h. Wt^,
eine Operation von G^ sein, was aber ausdrücklich aus-
geschlossen wurde.
Die obigon 2p Operationen sind daher wirklich von ein-
ander verschieden. Nun können zwei Fälle eintreten. Ent-
weder diese 2p Operationen repräsentiren bereits die sämmt-
lichen Operationen von G, oder dies ist nicht der Fall. Tritt
das letzte ein^ so giebt es mindestens eine Operation äJig ^^^
G, die von den Operationen 1) und 2) verschieden ist. Wir
bilden nun die Operationen
3) SK,, S,ÜR„ &,m,...2p-im,,
80 folgt genau wie oben: Erstens, diese Operationen gehören
sämmtlich der Oruppe G an; zweitens, sie sind sämmtlich
unter einander verschieden, und drittens, sie sind sämmtlich
von den Operationen der Zeile 1) verschieden. Sie sind aber
auch sämmtlich von den Operationen der Zeile 2) verschieden.
Denn wäre
so mösste, wie^ durch Multiplication mit ß~^ folgt,
sein. Nun ist aber ß^^S;^ jedenfalls eine Operation der Zeile 1),
also würde ^R^ ^^^ ^^^^ Operation der Zeile 2) identisch
sein müssen, was nicht der Fall ist.
Die Oruppe G enthält daher jedenfalls die 3p Operationen
1) Die Verflchiedenheit beider Prodaete läset sich auch an der
Hand der Anschauuiig leicht erkennen.
- 142 —
der Zeilen 1), 2), 3). Sind damit noch nicht alle Operationen
von G erschöpft, so sei SDig eine von ihnen verschiedene. Wir
bilden die Reihe
4) m„ s,aR3...s,-.aÄ3
und können wieder beweisen, dass alle diese Operationen der
Gruppe G angehören, und dass sie unter einander und von
den Operationen 1), 2), 3) verschieden sind; u. s. w. Jede
neue in G enthaltene Operation führt daher stets zu p neuen
Operationen. Da aber G nur eine endliche Anzahl von Opera-
tionen enthält, so muss das vorstehende Verfahren schliesslich
einmal alle Operationen von G liefern; die Anzahl der Opera-
tionen ist daher ein ganzes Vielfaches von p, Q. e. d.^)
Beispiele. Die Untergruppe G^ sei die Gruppe C» und
die Gruppe G sei C*. In diesem Fall enthält die erstere halb
so viele Operationen als die letztere. Sind die Operationen von
Cn resp.
1, «, «^..«-^
so haben die noch fehlenden Operationen von C^ die Form
©, 21®, Sl^®...««-^©,
wie es dem Satze entspricht.
Analog sind die Verhältnisse in jedem Fall, wenn die
Untergruppe G^ aus den sämmtlichen Drehungen einer Haupt-
gruppe besteht. Die im Satz mit Wti bezeichnete Operation
ist dann eine Spiegelung, der Zeile 1) entsprechen die sämmt-
lichen Drehungen der Hauptgruppe und der Zeile 2) ihre Opera-
tionen zweiter Art, wie dies ausführlich in Gap. VI, § 4
dargestellt worden.
Als letztes Beispiel betrachten wir das Verhältniss der
Hauptgruppe D^ zur Untergruppe Cn- Die Operationen von
Cn sind wieder
1, % «^,.?[«-^
1) Der Beweis läset sich auch so fahren, dass die Reihen 2), 3), 4)
durch linksseitige Multiplication mit resp. ^^ , ^^, 9^3 .. . gebildet
werden. Natürlich sind die so gebildeten Producte denen des Textes
in irgend einer Weise äquivalent.
— 143 —
Aus ihnen ergiebt sich durch Multiplication mit der Drehung U
Ferner erhalten wir hieraus durch Multiplication mit @ als
dritte und vierte Zeile die Operationen
wo @ die Spiegelung an der zur Hauptaxe senkrechten Ebene
ist Dies sind die sämmtlichen Operationen der Hauptgruppe
2),*; sie gehen unmittelbar in die auf S. 94 angegebenen Opera-
tionen über, wönn wir uns erinnern, dass dort die Producte
resp. durch
u., u,...
bezeichnet wurden. Das Schema entspricht genau dem obigen
Satz. Die Operationen 3R^, ^2f ^ ^^^^ i'^sp* U; ® ^^^
U@ = @|, wo @i die Spiegelung an einer durch die Hauptaxe
gehenden yerticalen Ebene bedeutet.
Wenden wir- nun den vorstehenden Satz auf die demselben
Erystallsjrstem angehörigen Gruppen an, so folgt:
Lehrsatz V. Für jedes Kryställsystem ist die Anzahl der
Beckoperationen einer Unteräbtheilung ein genauer Theil der Deck-
Operationen der Hauptdbtheüung.
§ 22. Holoedrieen und Meroedrieen, Mit Rücksicht auf
den eben bewiesenen Satz werden die Hauptabtheilungen der
Erystallsysteme als Holoedrieen bezeichnet; sie enthalten die
Gesammtheit der bei dem Kryställsystem möglichen Deck-
operationen. Die Unterabtheilungen dagegen heissen Mero-
edrieen, weil ihnen nur ein Theil dieser Deckoperationen zu-
kommt. Im besonderen spricht man von einer Hemiedrie^
wenn dieser Theil die Hälfte der Gesammtheit ist, von einer
Tetartoedrie, wenn er ein Viertel davon beträgt, u. s. w.
In dem Verhältniss der Meroedrieen zu den Holoedrieen
bestehen für die verschiedenen Erystallsysteme mancherlei
Analogien. Am reinsten treten dieselben bei den Systemen
des § 2 hervor. Wir wollen daher diese zunächst besonders
characterisiren.
— 144 —
Erstens findet sich in jedem System eine Hemiedrie^
welche dieselben Symmetrieaxen besitzt, wie die Holoedrie^
aber kein weiteres Symmetrieelement. Die zugehörige Gruppe
enthält von den Operationen der Hauptgruppe nur die
Drehungen. Die bezüglichen Hemiedrieen sind diejenigen,
welche resp. den Gruppen
0, De, A, A, y* C,
entsprechen; beim monogonalen System kann, wie ersichtlich,
die Identität C^ die bezügliche Gruppe repräsentiren. Wir werden
diese Hemiedrie als enantiomorphe Hemiedrie bezeichnen. ^)
Eine zweite Unterabtheilung lässt sich folgendermassen
characterisiren. Die specifischen Symmetrieaxen der einzelnen
Erystallsysteme sind für die Holoedrie in allen Fällen zwei-
seitige Axen. Es giebt nun, wenn wir vom monogonalen
System absehen, stets eine Hemiedrie, für welche die speci-
fischen Symmetrieaxen nur einseitig sind; die bezüglichen
Hemiedrieen entsprechen den Gruppen
T^ Oe% C,% (73% C,\^
Für keine derselben giebt es eine Operation, welche die
beiden Hälften der specifischen Axen in einander überführt.
Alle diese Gruppen sind von den oben genannten verschieden.
Wir bezeichnen die zugehörigen Erystallclassen als hemi-
morphe oder antimorphe Hemiedrieen.*)
Endlich giebt es für die Systeme des § 2 ~- abgesehen
natürlich vom monogonalen — noch eine dritte Hemiedrie,
welche für alle Systeme durch die gleiche Beziehung zur
Holoedrie gekennzeichnet ist Sie entspricht den Gruppen
TA rih rjh rjh rjh
und ist dadurch definirt, dass fQr sie die Hauptsymmetrie-
ebenen bestehen bleiben, welche zu den Hauptaxen der Kry-
stalle senkrecht stehen. Für das reguläre System können als
solche Hauptaxen nur die zu einander senkrechten zwei- resp.
1) Die franzOsiBchen Aatoren bezeichnen dieselbe als h^Uidrie
holoaxe.
2) Von den französischen Aatoren als AntiMmiedrie bezeichnet.
— 145 -
yierzähligen Axen in Frage kommen^ da ja keine auf den
dreizähligen Axen senkrechte Symmetrieebenen existiren. In
der That entspricht die Gruppe T* dieser Bedingung. Für
das hexagonale, tetragonale^ trigonale und digonale System
ist die Hauptaxe vorgeschrieben und die zu ihnen senkrechte
Symmetrieebene ist In den Gruppen C^y (7/, C3*, C^ in
der That enthalten. Wir bezeichnen diese Hemiedrie als
paramorphe Hemiedrie,^)
Die Gruppen T*, (7ß*, CJ^*, C^* besitzen, da ihre Haupt-
axe geradzahlig ist, ein Symmetriecentrum. Für die Gruppe
Cs* existirt dasselbe nicht; das Fehlen desselben verstosst
aber nicht gegen die Analogiebeziehung, und zwar deshalb,
weil auch der Holoedrie des trigonalen Systems ein Sym-
metriecentrum mangelt.
Für das hexagonale und tetragonale System giebt es
noch je eine weitere Hemiedrie. Sie entspricht resp. den
Gruppen
Sg- und 5^«
und ist in beiden Fällen dadurch definirt, dass die Hauptaxe
eine Symmetrieaxe der zweiten Art wird. Beim digonalen
System tritt sie nicht auf; die analog gebildete Gruppe S^"
existirt zwar, ist aber, da sie ein Symmetriecentrum und eine
zweizählige Axe enthält, von Cg* nicht verschieden. Wir
bezeichnen diese Hemiedrie als Hemiedrie mit einer Axe
zweiter Art.
Ausser den Hemiedrieen kommen den meisten Erystall-
systemen noch Tetartoedrieen zu; sie fehlen nur in dem mono-
gonalen System. Für das reguläre und trigonale System
giebt es nur eine Tetartoedrie, für das hexagonale, tetra-
gonale und digonale dagegen je zwei. Die eine Tetartoedrie
dieser drei Erystallsysteme ist dadurch characterisirt, dass
die Hauptaxe eine Axe der zweiten Art wird; die zugehörigen
Gruppen sind
Se, S^ und S^.
Die andern Tetartoedrieen entsprechen resp. den Gruppen
1) Von den französischen Autoren Parahimiedrie genannt.
SchoenflioB, Krystallistructur. 10
— 146 -
T} ^6> Ci, C3, Cg;
sie besitzen ebenfalls gemeinsame Merkmale^ und zwar in-
sofern^ als sie einerseits nur Symmetrieaxen besitzen und
andrerseits durch den Verlust der Nebenaxen gekennzeichnet
sind. Gleichzeitig sind die specifischen Symmetrieaxen für
sie nur einseitig. Mit Benutzung der eben eingeführten Ter-
minologie können sie als enantiomorphe oder auch als hemi-
morphe Tetartoedrieen bezeichnet werden. Da jedoch die Tetar-
toedrieen sich danach scheiden^ ob ihuen eine Axe erster oder
zweiter Art zugehört, so bedarf es eines unterscheidenden Bei-
wortes für sie nicht.
§ 23. Tabellen der ^rystallsysteme und ihrer Unter-
abtheilungen. Wir geben zunächst eine Tabelle; welche sich
an die Systematik des § 2 anschliesst und yon den vorstehend
eingeführten Bezeichnungen Gebrauch macht.
I. Begulftres System.
1. 0*. Holoedrie.
2. 0. Enantiomorphe Hemiedrie.
3. T"^, Hemimorphe Hemiedrie.
4 T^, Paramorphe Hemiedrie.
5. T, Tetartoedrie.
n. Hexagonales System.
A. Krystallclassen mit einer Axe erster Art
1. Dfi*. Holoedrie.
2.
3.
4.
5.
D,. Enantiomorphe Hemiedrie.
üg'. Hemimorphe Hemiedrie.
Cg*. Paramorphe Hemiedrie.
Cg. Tetartoedrie.
B.
Krystallclassen mit einer Axe zweiter Art
6."
fiy,". Hemiedrie.
7.
S. . Tetartoedrie.
m. Tetragonales System.
A. Krystallclassen mit einer Axe erster Art.
1. D/. Holoedrie.
147
2.
Z>4. Enantiomorphe Hemiedrie.
3.
C/. Hemimorphe Hemiedrie.
4-
C7/. Paramorphe Hemiedrie.
5.
Cf,. Tetartoedrie.
B.
Krystallclassen mit einer Axe zweiter Art.
6.
S4". Hemiedrie.
7.
£(4. Tetartoedrie.
rV. Trigonales System.
1.
D,*. Holoedrie.
2.
Dg. Enantiomorphe Hemiedrie.
3,
C/. Hemimorphe Hemiedrie.
4.
C/. Paramorphe Hemiedrie.
5.
(7,. Tetartoedrie.
V. Digonales System.
A.
Krystallclassen mit einer Axe erster Art.
1.
F*. Holoedrie.
2.
F. Enantiomorphe Hemiedrie.
3.
Cj". Hemimorphe Hemiedrie.
4.
Cj*. Paramorphe Hemiedrie.
5.
C,. Tetartoedrie.
B.
Erystallclasse mit einer Axe zweiter Art.
6.
5,. Tetartoedrie.
VI. IConogonales System.
1.
Ci*. Holoedrie.
2.
C, . Hemiedrie.
Die Tabelle läset wiederum erkennen^ dass die Systeme
des § 2 dm'ch aasnahmslose Analogiebeziehungen ausgezeichnet
sind, sowohl in gruppentheoretischer Hinsicht, als auch mit
Rücksicht auf die Natur der Symmetrieeigenschaften, welche
das Yerhältniss der Holoedrie zu den Unterabtheilungen
characterisiren. Nur scheinbar tritt für die Systeme niederer
Symmetrie eine Ausnahme insofern ein, als für sie gewisse
Unterabtheilungen identisch werden, die bei den andern Sy-
stemen verschieden sind. Übrigens tritt die gruppentheoretische
10*
— 150 —
genannte rhombotype Hemiedrie; sie ist analog zu der enantio-
morphen Hemiedrie des rhomboedrischen Systems gebildet, ihre
Hauptaxe ist daher nur zweizählig. Bücksichtlich der Symmetrie
würde ihr aber die Gruppe V zugehören; sie kann daher von der
Hemiedrie des rhombischen Systems nicht verschieden sein und
ist somit nicht dem quadratischen System zuzurechnen. Aehnliche
Verhältnisse gelten auch für die übrigen sonst eingeführten Kry-
stallclassen.^)
Naumann hat sogar den Versuch gemacht, ein ganzes Kry-
Stallsystem neu zu creiren, nämlich das diclinoedrische ; die Auf-
stellung desselben ist aber bereits allseitig als ein Irrthum erkannt
worden.*)
Die Definition des specifischen Symmetriecharacters der Kry-
stallsysteme ist nicht von allen Autoren gleichmässig gefasst worden.
Die Differenz ist darin begründet, dass man von vielen Seiten nicht
die eigentliche specifische Symmetrie des Systems, sondern die
Symmetrie der Hauptabtheilung als das definirende Merkmal be-
trachtet hat. So ist V. v. Lang davon ausgegangen, für die
Characteristik der Symmetrieverhältnisse die Symmetrieebenen
allein zu benutzen. ^) Dies ist sehr wohl angängig, wenn der
Gharacter des Systems mit dem Character der Hauptabtheilung
identificirt wird, für die allen ünterabtheilungen gemeinsamen Sym-
metrieverhältnisse ist es natürlich deshalb unmöglich, weil ja in
jedem Erystallsystem ünterabtheilungen ohne alle Ebenen^ymmetrie
existiren. Sohncke hat dagegen die Symmetrieaxen allein zu
benutzen versucht.*) Durch sie kann, wie wir bereits mehrfach
erwähnten, bei der in § 2 und 23 enthaltenen Systematik die
specifische Symmetrie sehr wohl gekennzeichnet werden, diese
Systematik beruht ja ausschliesslich auf den Synmietrieaxen. Für
die im Allgemeinen benutzten Systeme trifiFt dies nicht mehr aus-
nahmslos zu; denn für das rhombische und monokline System
reicht die Bestimmung nicht aus. Zur Sache selbst ist zu be-
merken, dass die Angabe der specifischen Symmetrie natürlicher
Weise nicht unserm Belieben unterliegen kann. Mit den Systemen
ist auch der ihnen eigenthümliche Symmetriecharacter direct gegeben,
und es kann deshalb nicht von unserm Ermessen abhängen, ob
wii* ihn durch Ebenen oder Axen der Synmietrie definiren wollen;
eine Willkür kann zwar bei der Aufstellung der Systeme resp.
bei der Festsetzung darüber, ob die Natur der Holoedrie oder der
1) und 2) Man findet Genaueres über diese Krystallclassen bei
Gadolin, a. a. 0. S. 26, 36, 39.
3) Vgl. Lehrbuch der Krystallographie, Wien 1866, §§ 24—26.
4) Entwickelung einer Theorie der EryatallBtructar, S. 184.
— 151 —
eigentliche Sjmmetriecharacter zu definiren ist, aber wenn dies
geschehen ; höchstens, in dem Wortlaut der Definitionen hervor-
treten.
Endlich möge noch eine Bemerkung Platz finden, welche sich
anf die Stellung der sphenoidischen Erystallclassen im hexagonalen
und tetragonalen System bezieht. Man würde irren, wenn man
hier eine Analogiebeziehung zu finden glaubte. Die sphenoidischen
Classen des hexagonalen Systems besitzen nämlich wie die Be-
zeichnungen J)^ und C3* erkennen lassen, beide eine zur Hauptaxe
senkrechte Symmetrieebene, wahrend dieselbe bei den Classen des
tetragonalen Systems nicht vorhanden ist; bei der besonderen
Bedeutung gerade dieser Symmetrieebene kann daher von einem
analogen Character fttr die genannten Erystallclassen nicht die
Bede sein* Vielmehr liegt die Sache so, dass die sphenoidische
Hemiedrie und Tetartoedrie des tetragonalen Systems bezüglich
des Symmetriecharacters ihr Analogen in der rhomboedrischen
Hemiedrie und Tetartoedrie des hexagonalen Systems besitzen,
w&hrend Erystallclassen, die der sphenoidischen Abtheilung des
hexagonalen Systems entsprechen, im tetragonalen System über-
haupt nicht existiren können. Es ist dies darin begründet, dass
die Systeme mit 2j?-zShliger Hauptaxe bezüglich ihrer Unter-
abtheilungen überhaupt ein verschiedenes Verhalten zeigen, je
nachdem p eine gerade oder ungerade Zahl ist, wie dies aus den
früher gegebenen allgemeinen Entwickelungen (vgl. besonders
Cap. V, §§ 3, 9, 11 — 15) deutlich zu erkennen ist
Dieser Thatsache ist nicht von allen Autoren gebührend
Rechnung getragen worden. Hessel war sich hierüber bereits
ganz klar und hat sich ausführlich darüber ausgesprochen.^) Da-
. gegen hat sich Minnigerode in Folge der von ihm angewandten
Bezeichnungen bestimmen lassen, gerade den umgekehrten Stand-
punkt einzunehmen. Seine Tabelle zeigt nämlich eine scheinbare
Analogie zwischen den sphenoidischen Abtheilungen^), während
eine Analogie zwischen der rhomboedrischen Hemiedrie des hexa-
gonalen Systems und der sphenoidischen Hemiedrie des tetra-
gonalen Systems in den Formeln nicht hervortritt und demgemäss
auch bestritten wird.') Es ist dies aber nur eine Folge davon,
dass die Minnige rode sehen Bezeichnungen die Gesammtsymmetrie
nicht unmittelbar erkennen lassen, während doch gerade der ge-
1) Gehler'B physikaliBches Wörterbuch, Bd. 5r Vgl. z. B. S. 1078 flf.,
sowie die Tabellen S. 1280—1283.
2) Untersuchungen über die Symmetrieverhältnisse der Ery stalle,
Neues Jahrb. f. Min. Beilagebd. 5, S. 159 und 162.
3) a. a. 0. 8. 146—147.
- 152 —
sammte Symmetriecharacter und nicht die znfUllig gewählte Be-
zeichnung desselben für die Analogieverhältnisse entscheidend ist.
Diese Bemerkungen lassen es als wünschenswerth erscheinen,
die Benennung „sphenoidiscb^^ im hexagonalen System entweder
ganz aufzugeben oder sie denjenigen Erystallclassen znzutheilen,
welche das eigentliche Analogen der sphenoidischen Abtheilung
des tetragonalen Systems sind. Von den neueren Autoren hat
sich Fedorow bereits auf diesen Standpunkt gestellt. Von ihm
wird die der Gruppe D^ entsprechende Krystallclasse einfach als
„Hemiedrie" bezeichnet, während für die Klassen, welche den
Gruppen S^ = D^ und S^ entsprechen , eine gemeinsame Be-
zeichnung und zwar „skalenoedrische Hemiedrie" angewandt wird.*)
1) Vgl. die russisch geschriebene ,, Symmetrie der regelmässigen
Systeme von Figuren**. (CHMMETPIfl ÜPABHJIbHHX'b CHCTEM1>
*HryFb.) Petersburg 1890, S. 142. Die dort aufgestellte Tabelle ent-
hält auch die deutsche Uebersetzung.
Siebentes Capitel.
Die Krystallformen.
§ 1. Die N gleiohwertliigen Geraden. Für jede Kry-
stallclasse existiren N von demselben Punkt ausgehende ein-
seitig unbegrenzte Geraden
9} 9u 92'"9n--i,
welche bei den sämmtlichen Deckoperationen der zugehörigen
Gruppe auf die verschiedenste Weise in einander übergehen.
Mittelst dieser Geraden ist die Krystallsymmetrie ursprünglich
erklärt worden; (vgl. S. 7).
Von ihnen gilt eine Reihe besonderer Sätze, die wir im
Folgenden ableiten.
Lehrsatz I. Fällt eine der N gleichwerthigen Geraden in
eine Symmetrieaxe oder Symmetrieebene , so gilt dies von alleix.
Dieser Satz ergiebt sich unmittelbar daraus, dass bei den
Deckoperationen zugleich mit den N Geraden auch die Sym-
metrieaxen und Symmetrieebenen in sich übergehen. Ebenso
trifft das Umgekehrte zu-, d. h. wenn irgend eine der JS
Geraden weder mit einer Axe noch einer Ebene der Sym-
metrie zusammenfallt, so gilt dies für alle. Wir wollen die
dem letzteren Fall entsprechende Lage der N Geraden die
allgemeine Lage^ derselben nennen.
Lehrsatz H. Bei jeder Deckoperation faUt im Allgemeinen
jede der N gleichvoerthigen Geraden mit irgend einer andern von
ihnen zusammen.
Bleibt nämlich bei de^ Operation ß die Gerade g unver-
ändert, so kann zunächst fi die Identität sein; alsdann bleibt
jede Gerade an ihrer Stelle. Ist dies nicht der Fall, so muss
9 selbst Symmetrieaxe sein oder in einer Symmetrieebene
— 154 -
liegen^ was im allgemeinen Fall nicht zutriffl;. Damit ist der
Satz für die Gerade g bewiesen. Was aber für g gilt, gilt
aus denselben Gründen aucb für jede andere dieser Geraden.
Lelirsatz III. Jede der N gleichwerthigen Geraden kommt
hei verschiedenen Deckoperationen auch in verschiedene Lagen.
Wären nämlich ß und 3Ä zwei verschiedene Deck-
operationen, welche die Gerade g in dieselbe Lage g^ bringen^
so führt gemäss Cap. VI, 21 die Operation SK"*^ die Gerade
(/i wieder nach g zurück. Das Product von 2 und SW""* bringt
also g erst nach g^ und dann wieder in die Lage g\ es lässt
daher die Lage der Geraden unverändert. Dieses Product ist
daher der Identität äquivalent; d. h. es ist
Multipliciren wir nun beide Seiten von rechts mit 9R, so folgt
S = 2R,
d. h. die Operationen 2 und SW sind identisch. Was aber
für g gilt, gilt für jede der N gleichwerthigen Geraden.
Damit ist der Satz bewiesen.
Hieraus ziehen wir eine wichtige Folgerung:
Lehrsatz IV. Für jede Krystailclasse ist die Zahl der
gleichtverthigen Geraden gleich der Zahl der Operationen der
zugehörigen Gruppe.
In der That, ist G die Gruppe, welche der Krystailclasse
K entspricht, und sind
die Operationen von G, so bringt nach dem eben bewiesenen
Lehrsatz jede derselben g in eine andere Lage. Weitere Lagen
von g können überdies nicht existiren, und damit ist der Satz
bewiesen. •
Um daher die Figur der N gleichwerthigen Geraden m
construireHy nehmen wir eine derselben ganz beliebig an und
unterwerfen dieselbe den sämmtlichen Operationen der zugehörigen
Gruppe.
Aus diesen Sätzen folgt die schon in der Einleitung
erwähnte Thatsache, dass die Zahl der gleichwerthigen Geraden
von der Lage der Ausgangsgeraden g im Allgemeinen unab-
— 155 —
hängig ist. Die dort aogedeutete Ausnahme kann, wie sich
nan ergiebt, nur dann eintreten^ wenn g eine Symmetrieaxe
der Erystallclasse ist, oder in einer Symmetrieebene derselben
liegt Dabei haben wir die Symmetrieaxen zweiter Art nur inso>
weit zu berücksichtigen, als sie gleichzeitig Axen der ersten
Art sind. Fällt nämlich g in eine Symmetrieaxe zweiter
Art, so geht infolge der Drehspiegelung g in die entgegen-
gesetzte Richtung über; nur die wirklichen Drehungen lassen g
imyeränderi
§ 2. Besondere Lagen der N Geraden. Wie sich in den
AusnahmeföUen die bezüglichen Verhältnisse gestalten, ergiebt
sich aus folgenden Sätzen:
Lehrsatz V. Fällt die Gerade g in eine Symmetrieeheney
ohne jedoch mit einer Symmetrieaxe identisch 0U sein, so ist die
Anzahl der gleichwerthigen Geraden die Hälfte von N.
Wenn nämlich g in eine Symmetrieebene fällt, so gilt
dies für alle gleichwerthigen Geraden. Jede d^selben geht
durch Spiegelung an der bezüglichen Ebene in sich über. In
jeder von ihnen liegen daher in diesem speciellen Fall zwei
Geraden vereinigt, die im Allgemeinen von einander verschieden
sind, und durch die bezügliche Spiegelung aus einander hervor-
gehen. Die Gesammtheit der gleichwerthigen Geraden ist also
die Hälfte von N,
Beispielsweise hat für die Gruppe Og* die Zahl N den
Werth 12. Denken wir uns die Symmetrieebene i^ wieder
horizontal, so liegen im allgemeinen Fall sechs von den gleich-
werthigen Geraden auf der obern Seite der Symmetrieebene i^
und sechs auf der untern. Die letzteren sechs Geraden bilden
das Spiegelbild der andern. Fällt aber g in die Symmetrie-
ebene, so liegen alle Geraden in ihr; je eine obere und je
eine untere Gerade fallen zusammen und werden identisch.
Lehrsatz VI. Fällt die Gerade g in einep-zählige Symmetrie-
axe^ aber nicht in eine Symmeirieebene, so beträgt die Zahl der
gleichwerthigen Geraden nur den pten Theil von N.
Zunächst ist einleuchtend, dass jede der gleichwerthigen
Geraden mit einer j>-zähligen Axe zusammenfällt und bei den
um diese Axe stattfindenden Drehungen in sich übergeht. In
— 156 -
jeder von ihnen liegen daher in diesem Fall p Geraden ver-
einigt^ die im Allgemeinen verschieden sind und darch Dre-
hung um die bezügliche j?- zählige Axe auseinander hervorgehen.
Die Anzahl aller gleichwerthigen Geraden ist daher nur der
pte Theil von N.
Fällt also in dem eben betrachteten Beispiel g in die
sechszählige Axe^ so giebt es nur noch eine ihr gleichwerthige
Gerade, nämlich diejenige, die entgegengesetzt gerichtet ist
Folgerung. Fällt g in eine p- zählige Symmetrieaxe, so
ist die Zahl der gleichwerthigen Geraden entweder gleich der
Zahl der gleichwerthigen 2)- zähligen Axen oder doppelt so
gross. Das letztere tritt ein, wenn die Axen zweiseitig sind;
denn alsdann ist zu jeder Geraden auch die entgegengesetzt
gerichtete vorhanden, es fallen daher zwei verschieden ge-
richtete Geraden mit jeder Symmetrieaxe zusammen. Da nun
in jeder _p-zähligen Axe p im Allgemeinen verschiedene Ge-
raden vereinigt liegen, so gelangen wir zu folgendem Satz:
Enthält eine KrystcUldasse nur Axen^ymmetrie, und hesitet
sie a gleichwerthige p- zählige Symmetrieaxen, so ist das Prodact
aus a und p gleich oder halb so gross als die Zahl der Opera-
tionen der zugehörigen Gruppe. Bas letztere tritt ein, tvenn die
Sym^netrieaxoi zweiseitig sind.
Enthält daher eine Krystallclasse a j}- zählige Axen,
a p'- zählige . ., die sämmtlich einseitig sind, so besteht die
Gleichung
ap = ap = N,
und wenn unter den zweiseitigen Axen ß (7-zählige, ß' g'- zäh-
lige . . vorhanden sind, so ist
Bemerkung. Beide Gleichungen lassen sich dadurch
vereinigen, dass wir jede zweiseitige Axe als aus zwei gleich-
werthigen einseitigen Axen bestehend auffassen. Die q zwei-
seitigen Axen repräsentiren dann 2q einseitige gleichwerthige
Axen, und es besteht bei dieser Zahlung der Axen durch-
gängig die Gleichung
ap = N.
— 157 —
Für die Tetraedergruppe T giebt es z. B. vier einseitige drei-
zählige und drei zweiseitige zweizählige Axen; demgemäss ist
4.3 = 12 und 3.2 = -^^ = 6.
Für die Oetaedergruppe 0 dagegen existiren drei vierzählige,
vier dreizablige und sechs zweizählige Axen^ die sämmtlich
zweiseitig sind; und dementsprechend ist
3.4 = 4.3 = 6.2=y = 12.
Tritt endlich der besondere Fall ein, dass die Gerade g
zugleich in eine Symmetrieaxe und eine Symmetrieebene fällt,
80 treten die vorstehenden Sätze V und VI gleichzeitig in
Kraft, und es folgt
Lehrsatz VII. Fällt g gleichjseitig in eine p-mhlige Sym-
mebrieaxe und eine Sffmmetrieebene, so gilt dies für jede mit ihr
gkichtverthige Gerade. Die Anzahl derselben ist der 2pte Theil
von N.
Unter diesen Umständen fallen nämlich je 2p im All-
gemeinen verschiedene Geraden in jeder der ^- zähligen Axen
zusammen, nämlich erstens p, die sonst durch Drehung um
die Axe entstehen, und dann noch diejenigen, welche aus
diesen durch Spiegelung an der Symmetrieebene hervorgehen.
Fällt z. B. g in eine vierzählige Axe der Oetaedergruppe
zweiter Art 0*, so gehen durch sie gleichzeitig Symmetrie-
ebenen; also giebt es im Ganzen 48 : 8 <= 6 gleichwerthige
Geraden. Es sind die Hälften der drei einander senkrechten
vierzähligen Axen.
Analog der oben abgeleiteten Folgerung ergiebt sich hier,
dass fQr gleichwerthige Symmetrieaxen, welche in Symmetrie-
ebenen liegen, die Gleichungen
€cp = -^ und ßq^-^
bestehen, vorausgesetzt, dass die a |)- zähligen Axen einseitig,
dagegen die ß g- zähligen Axen zweiseitig sind.
Beispielsweise ist für die Oetaedergruppe 0* zweiter Art
- 158 -
N '=' 48; sie besitzt überdies lauter zweiseitige Axen, and
dementsprechend ist
3. 4 = 4. 3 = 6. 2 = ^-
4
Dagegen sind die dreizähligen Axen der Gruppe T"^ einseitig,
dementsprechend ist
4.3 = -.
§ 3. Die einfache Erystallform. Wir denken uns um
den Punkt 0, von welchem die N gleichwerthigen Geraden
9} 9i" ' 9n—i ausgehen, als Mittelpunkt eine Kugel gelegt.
Jede Gerade schneidet die Eugel in einem Punkt; die Schnitt-
punkte seien E, E^, . , En—i . Nun construiren wir die Ebenen
B, e^y Sjf-^i, welche in diesen Punkten auf den Geraden senk-
recht stehen und die Eugel berühren; sie stellen, wie in der
Einleitung erwähnt, N gleichwerthige Ebenen dar. Wie die
JT Geraden, so gehen auch die JT Ebenen bei allen Deck-
operationen der bezüglichen Gruppe in einander über; aus einer
beliebigen von ihnen können die andern ebenfalls dadurch
abgeleitet werden, dass wir, genau wie bei den N Geraden,
die erstere der Reihe nach den sämmtlichen Operationen der
Gruppe unterwerfen.
Die N gleichwerthigen die Eugel berührenden Ebenen
bilden meisten theils einen geschlossenen Eörper; in manchen
Fällen begrenzen sie einen offenen Baumtheil, und wenn die
bezügliche Erystallclasse von sehr niederer Symmetrie ist, so
kann sich ihre Zahl auf zwei oder gar nur eine reduciren.
Diese Ebenen bilden die sogenannte allgemeine einfache Krystaü-
form; sie heisst geschlossen oder offen, je nachdem sie einen
wirklichen Eörper darstellt oder nicht. Die Erystallform geht
durch dieselben Operationen in sich über, wie die N Geraden.
Von der Ebene b gehört im Allgemeinen der Erystall-
form nur ein begrenztes Stück als Grenzfläche an, und das-
selbe gilt für jede andere Ebene. Ist dieses Stück ein wirk-
liches Polygon, wie dies für die geschlossenen Erystallformen
der Fall sein muss, so ist jede Eante des Polygons Schnitt-
linie von B mit einer der benachbarten Ebenen. Das analoge
gilt, wenn die Erystallform eine körperliche Ecke ist.
— 159 —
Die Geraden g fallen im Allgemeinen weder in die Sym-
metrieaxen^ noch in die Symmetrieebencn^ es sind daher auch
die Flächen der Erystallform im Allgemeinen weder zu den
Axen noch zu den Ebenen der Symmetrie senkrecht. Haben
die Geraden specielle LagC; so gilt dies auch von den Flächen
der Erystallform. Diesen Fall wollen wir wiederum zunächst
ausschliessen.
§ 4. Für jedes Erystallsystem besteht gemäss Cap. VI, 21
die Gruppe irgend einer Meroedrie nur aus einem Bruchtheil
derjenigen Operationen^ welche die Gruppe der Holoedrie bilden.
Denken wir uns daher die Erystallform der Meroedrie und
der Holoedrie mit derselben Ausgangsebene £ gebildet, so
stehen beide Formen in der Beziehung zu einander, dass jede
Grenzfläche der meroedrischen Form unter den Grenzflächen
der holoedrischen Form vorkommt, während ein gewisser Theil
der letzteren sich nicht unter den Flächen der ersteren vor-
findet. Sind nun s, s^j £2* • - diejenigen Ebenen der holoedri-
schen Form, welche Ebenen der meroedrischen Form bleiben,
und i|, 1^^, 1^2- •• die andern Ebenen der holoedrischen Form,
so können wir uns die Erystallform der Meroedrie auch so ver-
schaffen, dass wir die Ebenen iy, ly^, i?». . . tilgen, dagegen jede
der Ebenen £, «j, ^g. . . sich soweit ausdehnen lassen, bis dieselben
zusammenstossen resp. wieder einen geschlossenen Eörper bilden.
Auf diese Verhältnisse wollen wir noch etwas genauer
eingehen. Ist zunächst die Meroedrie eine Hemiedrie, so ist
die Zahl der Flächen £, fj . . . die Hälfte der Gesammtzahl N,
also auch gleich der Zahl der Fachen 1^, i?i . . . Die Grenz-
flächen e, £j . . . gehen aus der Fläche s durch die Operationen
der hemiedrischen Gruppe hervor. Seien diese Operationen resp.
wo ^ =s 2fn ist, so bilden dieselben, wie oben Cap. VI, 21 be-
wiesen, eine in der holoedrischen Gruppe H enthaltene Unter-
gruppe G. Alsdann enthält die Gruppe H in jedem Fall noch
w weitere Operationen, welche sich, wenn SWj irgend eine
derselben ist, in der Form
- 160 -
darstellen lassen, und es sind offenbar die Flächen rj, i2|...
mit denjenigen Grenzflächen identisch, in welche die Fläche £
durch die vorstehenden Operationen übergeht. Ist nun e,- die-
jenige Fläche, welche sich aus e mittelst der Operation S«
ergiebt, und 17,- diejenige, welche der Operation fi,-9Rj ent-
spricht, so geht rii aus € durch die nacheinander eintretenden
Operationen ß,- und äW^ hervor; iy,- entsteht demgemäss, wenn
€i der Operation äß^ unterworfen wird. Das heisst aber nichts
anderes, als dass rj, 17^ ... diejenigen Ebenen sind, in welche
die Ebenen £, f^... durch die Operation SJ^^ übergehen; mit
andern Worten, die Flächen 1^, ly^... bilden diejenige Raum-
figur, welche aus der von den £, f^. . . begrenzten Kry stallform F^
durch die Operation 3Wi hervorgeht. Daraus folgt aber, dass
auch die Ebenen 17, i^^ . . . eine Krystallform F^ der Hemiedrie
bilden. In der That muss ja diese Krystallform dieselbe
Symmetrie besitzen, wie die von den Flächen e, b^. . , begrenzte
Form Fl, da die Symmetrieelemente der letzteren durch die
Operation Wl^ in ihrer Lage zu einander nicht geändert werden.
Also folgt:
Lehrsatz VIII. Die allgetneine einfache holoedrische Krystall-
form F kann stets in zwei hemiedrische Formen gespalten werden,
Sie entstehen aus solchen zwei Ebenen s und 17 als Ausgangs-
ebenenj welche für die Hemiedrie ungleichwerthig sind.
Enthält die hemiedrische Gruppe Symmetrieeigenschaften
erster und zweiter Art, so ist die Krystallform F^ sich selbst
spiegelbildlich gleich. Die Operation üKi ist in diesem Fall
stets eine Drehung, die beiden Krystallformen F^ und F^ sind
daher einander congruent.
Besteht dagegen die hemiedrische Gruppe aus lauter
Drehungen, so besitzt die Krystallform F^ nur Axensymmetrie.
Die Operation SK^ ist in diesem Fall stets von der zweiten
Art, im besondern sogar (vgl. Cap. V, 10) eine Spiegelung,
Alsdann sind die beiden Krystallformen Fi und F^ einander
spiegelbildlich gleich und nicht congruent; sie unterscheiden
sich wie rechte und linke Gliedmassen. Für die hemiedrische
Classe giebt es alsdann Krystallformen , bei denen , wfe
man sich ausdrückt^ die Aufeinanderfolge der Grenzflächen in
— 161 -
yerschiedenem Sinn angeordnet ist. Solche Formen heissen
enanHomarphe Formen; wir werden sie bei der Discussion der
einzelnen Erystallsysteme genauer kennen lernen.
Analog sind die Beziehungen zwischen der holoedrischen
und den tetartoedrischen Formen. Sie ergeben sich genau wie
die Torstehenden Resultate. Die Entwickelungen des § 21 des
Toligen Capitels lassen erkennen, dass sich die Operationen
der holoedrischen Gruppen in der Form
1- ; ^) *^ • • • ^w» — 1
anordnen lassen, so dass die erste Zeile die tetartoedrische
Grappe bildet. Es können daher die Flachen der holoedrischen
Form in vier verschiedene Gruppen zerlegt werden, welche für
die Tetartoedrie ungleichwerthig sind, und jede derselben bildet
eine tetartoedrische Erystallform. Aus einer derselben F^
geben die drei andern F^, F^, F^ hervor, indem die Form F^
den Operationen 3Wi, SK^, SKj unterworfen wird. Auch hier
können wieder die beiden Fälle eintreten, dass diese Formen
nur Axensymmetrie, oder auch Symmetrieeigenschaften zweiter
Art besitzen. Mechanisch kann man sie ebenfalls so erhalten,
dass man die bleibenden Flächen e, s^. , . sich soweit aus-
dehnen lässt, bis sie zusammenstossen.
Endlich besteht auch zwischen den hemiedrischen und
tetartoedrischen Formen ein ähnliches Yerhältniss, denn die
Tetartoedrie ist ja ihrerseits wieder eineHemiedrie der Hemiedrie.
§ 5. Beziehung der Ejrystallform su den Symmetrie-
elementen. Die besondere Gestalt der allgemeinen einfachen
Krystallform ist einzig und allein durch die Symmetrieelemente
der bezüglichen Erystallclasse bestimmt Hierfür gelten fol-
gende Sätze:
Lehrsatz IX. Enthält eine Erystallclasse Symmärieebenen,
so schneidet jede Symmetrieebene die Krystallform in Geraden,
welche sämmüich Kanten derselben sind.
Sohoenfliea, KryatmllBtructar. 11
— 162 —
Durch Spiegelung an der Symmetrieebene ö geht nämlich
die Krystallform in sich über. Die Schnittlinie der Symmetrie-
ebene ö mit der Krystallform kann daher nur dann in das
Innere einer Grenzfläche £ fallen^ wenn b auf 6 senkrecht
steht^ was im Allgemeinen nicht der Fall ist.
Lehrsatz X. Eine p-gählige Symmetrieaoce der KrystdU-
form (p > 2) trifft dieselbe nur in Eckpunkten. Die Ecke ist
2p'SeUig oder p-seitig, je nachdem durch die p-zählige Axe
Symmetrieebenen hindurchgehen oder nicht.
Der Beweis ist dem vorstehenden analog. Fällt nämlich
der Schnittpunkt der Krystallform mit der |)- zähligen Sym-
metrieaxe a in das Innere oder in eine Kante der Krystallform^
so kann die Krystallform nur dann bei Drehung um die Axe a
in sich übergehen^ wenn a auf der Ebene £ senkrecht steht,
was im Allgemeinen wieder nicht der Fall ist. Es sei nun A
diejenige Ecke der Krystallform, welche von a getroffen wird.
Durch Drehung um a gehen aus der Fläche e p — 1 andere
Flächen hervor, die sämmtlich an der Ecke a liegen. Gehen
durch a keine Symmetrieebenen, so sind dies die einzigen
Flächen dieser Art; sie bilden daher eine |)-seitige Ecke.
Gehen durch a auch Symmetrieebenen, so giebt es noch
weitere |)- Operationen (vgl. Cap. V, 4), welche den Punkt A
unverändert lassen und die Ebene b in neue Lagen bringen,
die Ecke ist alsdann 2j7-seitig.
Für den Fall p = 2 gilt ein besonderer Satz. Ist nämlich
a eine zweizählige Axe, durch welche keine Symmetrieebenen
gehen, so ist zunächst wieder klar, dass ihr Schnittpunkt A
mit der Krystallform nicht in das Innere der Fläche b fallen
kann, denn sonst müsste wieder b auf a senkrecht stehen.
Der Schnittpunkt kann aber, da a zweizählige Axe ist, auch
nicht eine Ecke sein. Die Axe trifft daher eine Kante, diese
Kante geht bei der Umklappung um a in sich über und steht
daher senkrecht auf a.
Gehen durch die zweizählige Axe a Symmetrieebenen, so
erhalten wir im Ganzen vier Ebenen der Krystallform, welche
durch A gehen; in diesem Fall bildet sich also in A eine
wirkliche, und zwar vierseitige Ecke. D. h.
— 163 —
Lehrsatz ZI. Jede ßumzählige Axe der KrystaUform, durch
wdche Iceine Si/mmetrieAenen gehen, trifft die Kanten der Krystall-
form senkrecht. Liegt die aweizählige Axe in einer Symmetrie-
ebene, so ist ihr Schnitt mit der ErystdUform eine vierseitige
Ecke derselben.
Wir sahen eben; dass durch Umklappung um a die zu
ihr senkrechte Kante k in sich selbst übergeht Ist daher k
eine begrenzte Kante ^ so ist A ihr Mittelpunkt. Ist die
Erystallform ein geschlossener Körper, so steht demnach jede
zweizahlige Axe, durch welche keine Symmetrieebenen hin-
durchgehen; auf zwei gegenüberliegenden Kanten der Krystall-
form senkrecht.
Endlich beweisen wir noch folgenden
Lehrsatz Xn. Enthält eine Kryställclasse ein Centrum der
Symmetrie, so existirt zu jeder Fläche der Erystallform eine
parallele Fläche.
Das Symmetriecentrum bedingt; dass die Krystallform
durch Inversion in sich übergeht. Dabei muss sich in der
That die Ebene e in eine ihr parallele Fläche verwandeln.
Nämlich die Inversion kann durch eine Spiegelung gegen eine
zu £ parallele Ebene ö und eine Umklappung um eine zu
derselben senkrechte Axe u ersetzt werden; und bei beiden
Operationen bleibt e mit sich parallel.
§ 6. Für specielle Lagen der Ausgangsebene s ergeben
sich wieder besondere Folgerungen. Dieselben fliessen un-
mittelbar aus denjenigen; die wir oben für die gleichwerthigen
Geraden abgeleitet haben.
1) Ist s senkrecht zu einer Symmetrieebene; so fallen
zwei im Allgemeinen verschiedene Flächen der Krystallform
in s zusammen. Jede Ebene der Krystallform steht auf einer
ihrer Symmetrieebenen senkrecht und ist daher doppelt zu
rechnen; die Anzahl derselben ist die Hälfte von N,
2) Ist 6 senkrecht zu einer jp- zähligen SymmetrieaxC;
welche nicht in einer Symmetrieebene liegt; so fallen p Flächen
der Krystallform in s zusammen. Jede Ebene der Krystall-
form steht auf einer Symmetrieaxe senkrecht; die Zahl der
Ebenen ist der jpte Theil von N.
11*
— 164 —
3) Ist £ gleichzeitig zu einer Symmetrieebene und einer
p- zähligen Symmetrieaxe senkrecht, so gilt dies von allen
Ebenen der Ery stallform; in jeder von ihnen fallen je 2 p im
Allgemeinen verschiedene Flächen zusammen. Die Zahl der-
selben ist der 2pte Theil von N.
§ 7. Zahl der Flächen nnd Kanten der Erystallform.
Die Zahl der Flächen, welche die allgemeine einfache Kry stall-
form bilden, ist entsprechend den oben für die gleichwerthigen
Geraden bewiesenen Sätzen gleich der Zahl der Deckoperationen
der zugehörigen Gruppe.
Fassen wir zunächst eine Erystallclasse ins Auge, di^
nur Symmetrieaxen erster Art besitzt. Ist a eine j>- zählige
Axe, so enthält die Gruppe die j? — 1 Drehungen
und analog für jede andere |>-zählige Axe. Andrerseits ent-
hält die Gruppe — abgesehen von der Identität — keine
andern Operationen, als die Drehungen um die verschiedenen
Symmetrieaxen und ihre Potenzen. Daraus fliesst sofort der
folgende
Lehrsatz XIIL Enthalt eine Krystalldasse, die nur Axen-
Symmetrie besitzt, a p-eäJilige, ß q-eählige Axen . . ., so ist die
Anjsähl N der Flächen der mgdiörigen einfachen Krystcdlform
durch die Gleichung
N^l + a(p~l) + ß(q^l) + '^^
gegä>en.
Besitzt die Erystallclasse auch Symmetrieeigenschaften
zweiter Art, so ist die Gesammtzahl ihrer Operationen, wie
Cap. y, 4 bewiesen, doppelt so gross, als die Zahl ihrer
Drehungen; dasselbe gilt daher auch von der Zahl der Flächen
der zugehörigen Erystallform. Also folgt:
Lehrsatz ZIV. Enthalt eine Erystaüclasse ausser a p-zähligen,
ß q-eahligen . . . Symmetrieaooen ^) auch Symmetrieeigenschaften
1) Hier sind nur Symmetrieaxen erster Art gemeint.
— 165 —
ßweiter Ärty so ist die AnmM N der Flächen der einfachen Ery stall-
form durch die Gleiditmg
2V^= 2 { 1+ a(i>-l) + /J(2-l) + . . .}
iestimmt
Bemerkung. Die Sätze, die soeben über den Durch-
schnitt der Erystallform mit den Symmetrieelementen abge-
leitet worden sind, gelten natürlicherweise für jede Gerade
und jeden Punkt, in welchem die Erystallform von einer
Symmetrieebene oder Symmetrieaxe getroffen wird. Im beson-
dem ist zu bemerken, dass sie für einseitige und zweiseitige
Axen gleichmässig in Geltung bleiben; es ist klar, dass die
obigen Erörterungen in gleicher Weise auf die beiden Punkte
anwendbar sind, in denen die Erystallform von einer Symmetrie-
axe geschnitten wird. Ist die Axe einseitig, so tritt nur der
besondere umstand ein, dass ihre beiden Endpunkte nicht
gleichwerthig sind, und bei den Deckoperationen der Erystall-
form nicht auf einander fallen. Endlich ist klar, dass die Axen
zweiter Art immer nur insoweit in Betracht zu ziehen sind,
als sie gleichzeitig Axen erster Art darstellen, denn auf die
Operation zweiter Art, d. h. die Drehspiegelung sind die obigen
Erörterungen nicht anwendbar.^)
§ 8. Ist die Erystallform ein geschlossener Eörper, so
ist jede ihrer Flächen ein Polygon; wir wollen allgemein
untersuchen, wie gross die Zahl der Eanten desselben ist.
Dazu beweisen wir zunächst folgenden Lehrsatz.
Lehrsatz XV. Für jede beliebige Grenzfläche einer KrystaU-
form gid)t es in jdder Gattung gUichtverthiger Axenrichtimgen
genau einCy von welcher sie getroffen wird.
Wir bemerken zunächst, dass in diesem Lehrsatz nur
von den gleichwerthigen Richtungen der Symmetrieaxen die
Bede ist Bei einer zweiseitigen Axe sind beide Richtungen
gleichwerthig; fassen wir für den Augenblick wie oben S. 156
eine zweiseitige Axe als aus zwei gleichwerthigen einseitigen
Axen bestehend auf, so haben wir nur mehr mit einseitigen
1) Vgl. die Schlassbemerkung zu § 1 dieses Gapitels.
— 166 —
Axen zu operiren, für welche (§ 2) allgemein die Gleichung
ap = N
besteht; wenn a die Anzahl der gleichwerthigen Axen bedeutet.
Nun seien a^y a^, . . irgend welche gleichwerthigen Axen;
alle Grenzflächen haben übereinstimmende Lage zu ihnen.
Daraus folgt zunächst, dass die Grenzfläche b von mindestens
einer dieser Axen getroffen werden muss; denn wäre dies
nicht der Fall; so konnte überhaupt keine Grenzfläche von
den Axen geschnitten werden. Es sei Ä der Punkt, in welchem
a^ die Grenzfläche s durchsetzt. Ist nun a^ eine |)- zählige
AxC; von der wir zunäcHst voraussetzen; dass sie nicht in
einer Symmetrieebene liegt, so ist gemäss § 2
N
a = —
P
Andrerseits giebt es auch N Grenzflächen; wird jede von ihnen
von A Axen a getroffen, so folgt daraus, da im Punkte A
p Grenzflächen znsammenstosseU; dass solcher Axen
IN
a = —
i>
existiren. Es muss daher A = 1 sein. Das gleiche gilt, wenn
die Axen a in Symmetrieebenen liegen; in diesem Fall haben
wir, wenn 1^ wieder die Zahl der Grenzflächen der Krystall-
form bedeutet, gemäss § 2 zunächst die Gleichung
Am Punkt A liegen aber diesmal 2p Grenzflächen, und daraus
folgt, dass die Zahl der Axen a den Werth
IN
"^■^
hat; es muss daher wieder A «» 1 sein.
Wir fassen nun in erster Linie eine Erystallclasse ins
Auge, die nur Axensymmetrie besitzt. Die sämmtlichen in
der Grenzfläche £ liegenden ' Kanten sind Schnittlinien von b
mit den benachbarten Flächen, und alle diese Flächen ent-
stehen aus B durch Drehung um diejenigen Symmetrieaxen,
welche durch die Ecken resp. Kanten des in b liegenden Po-
— 167 -
lygons gehen. Nub sei wieder a eine |>-zählige (p > 2)
Symmetrieaxe, und die Ecke Ä ihr Schnittpunkt mit der
KrystallforiDy so gehen von Ä im Ganzen p Kanten aus, und
zwei derselben liegen in £. Sie sind Schnittlinien von s mit
denjenigen Flachen^ welche aus s durch die Drehungen % und
8~^ entstehen. Dies gilt für jede derartige Axe. Trifft also
die Axe b die Krystallform in der auf s liegenden Ecke B,
80 gehen auch von B zwei in s liegende Kanten aus. Diese
Kanten sind von den von Ä ausgehenden Kanten verschieden,
denn sie sind die Schnittlinien von e mit verschiedenen Nach-
barflächen; nämlich mit denjenigen^ welche aus € durch die
verschiedenen Drehungen % Ä""^, 85, 95"^ hervorgehen.
Die vorstehende Ableitung bedarf nur in dem Fall einer
Modification, dass die Axe zweizählig ist. Eine zweizählige
Axe geht^ wie wir oben sahen, nicht durch eine Ecke des in
£ liegenden Polygons, sie trifft vielmehr eine Kante desselben
and zwar senkrecht; mit andern Worten, sie liefert nur eine
Kante für das in e liegende Polygon, während eine mehr-
zahlige Axe zwei Kanten bedingt.
Nun giebt es, wie die Tabelle I lehrt, für jede Krystall-
classe, die nur Axensymmetrie besitzt, entweder nur eine ein-
zige Axe, die überdies stets einseitig ist, oder es giebt drei
Arten von gleichwertigen Axenrichtungen. Existirt nur eine
Axe, so ist die Krystallform eine einfache räumliche Ecke;
für die andern Krystallclassen dagegen ist die Krystallform
ein geschlossenes Polyeder; unter den Axen derselben giebt
es stets zweizählige, und damit gewinnen wir schliesslich
folgenden Lehrsatz:
Lehrsatz XVI. Die Orenaflächen der Krystdllformen, die
nur Axensymmetrie enthalten, sind Fünfecke^ Vierecke oder Drei-
ecke. Das letztere tritt ein, wenn alle Axen zweizählig sind,
das erstere, wenn nur eine Gattung gleichwerthiger ztveizähliger
Axen existirt.
Der Fall, dass die Krystallclasse auch Ebenensymmetrie
enthält, erledigt sich folgendermassen. Jede Symmetrieebene
geht vom Mittelpunkt der Krystallform aus. Die Gesammt-
heit derselben zerlegt den Innenraum der Krystallform, resp.
- 168 —
der Hilfskugel in lauter körperliche Ecken , und mit den
Ebenen gehen auch diese körperlichen Ecken bei den sämmt-
liehen Operationen der bezüglichen Gruppe in sich über^ sind
also sämmtlich congruent oder spiegelbildlich gleich. Gemäss
Satz IX dieses Capitels laufen die Seitenflächen der körper-
lichen Ecken sämmtlich durch Kanten der Erystallform. Wenn
nun auch umgekehrt alle Kanten der Krystallform in den
Symmetrieebenen liegen, so ist jede Grenzfläche der Krystall-
form ein ebener Schnitt mit einer der oben genannten körper-
lichen Ecken. In diesem Fall kann es ausser den Symmetrie-
axen, die in die Schnittlinien der Symmetrieebenen fallen,
keine andern Äxen geben, es kann also keine innerhalb der
körperlichen Ecken verlaufen. Ebenso ist das umgekehrte
richtig; denn giebt es eine Symmetrieaxe, welche im Innern
einer körperlichen Ecke verläuft, so geht sie entweder durch
eine Ecke der Krystallform, oder sie trifft doch wenigstens
eine Eatnte derselben, es liegen also nicht alle Kanten in den
Symmetrieebenen.
Die sämmtlichen Symmetrieebenen, resp. die körperlichen
Ecken schneiden die Kugel in lauter gleichen sphärischen
Polygonen. Die Ecken der Polygone sind Schnittpunkte der
Kugel mit den Symmetrieaxen. Sind dies wieder die einzigen
Symmetrieaxen, so berührt jede Grenzfläche der Krystallform
die Kugel innerhalb eines andern Polygons. Wir erhalten
also eine Grenzfläche, indem wir innerhalb eines sphärischen
Polygons einen Punkt E auf der Kugel beliebig annehmen,
in ihm die Berührungsebene an die Kugel legen und ihren.
Schnitt mit der bezüglichen körperlichen Ecke bestimmen.
Dies giebt folgenden
Lehrsatz XVII. Liegen alle Symmetrieaxen einer KrystaU-
classe in Symmärie^>eneny so ist die Grenzfläche der KrystaU-
form ein ebener Schnitt derjenigen einfachsten körperlichen Eckcj
welche von den Symmetrieebenen gebildet mrd.
Die Form der Grenzfläche kann durch die Wahl des
Berührungspunktes E auf der Kugel mannigfach variirt
werden.
Liegen Symmetrieaxen auch innerhalb der körperlichen
- 169 -
Plg. 19.
Ecken, so fallen innerhalb desselben sphärischen Polygons
die Berührungspunkte mehrerer Grenzflächen der Erystallform.
In diesem Fall bestimmt sich die Natur der Grenzfläche durch
gleichzeitige Anwendung derjenigen Sätze, die wir im Vor-
stehenden über Symmetrieaxen und Symmetrieebenen ab-
geleitet haben. Das Genauere enthalten die nachstehenden
Entwickelungen. Die Gestalt der Flächen ist wiederum von
der Lage des Berührungspunktes E zu den Symmetrie-
elementen abhängig.
§ 9. Das reguläre System. Für die Holoedrie existiren
ausser den Symmetrieaxen die sechs Symmetrieebenen </ und
die drei zu einander senkrechten
Symmetrieebenen <r. Die letzteren
zerlegen die Kugel in acht Octanten;
einen derselben zeigt die nebenste-
hende Figur, Durch, Ä resp* Ä'
geht eine dreizählige, durch JB, ff B"
je eine yierzählige und durch Z7, F, W
je eine zweizählige Axe; endlich sind
die Bogen BAU, ffÄV, ff'AW
Schnittlinien der Kugel mit den
Symmetrieebenen </. Der Kugel-
octant wird dadurch in sechs gleich-
werthige Dreiecke zerlegt.
Da alle Symmetrieaxen in die Symmetrieebenen fallen,
so ist das in e liegende Polygon ein Dreieck, und zwar der
Schnitt mit derjenigen körperlichen Ecke, innerhalb deren der
Berührungspunkt E liegt. Das Dreieck ist im Allgemeinen
weder gleichseitig noch gleichschenklig; 48 solcher Dreiecke
bilden die Krystallform. Nach den vorstehenden Sätzen ent-
steht auf den Axen a resp. a je eine sechsseitige Ecke-, von
den sechs Kanten sind zweimal je drei einander gleich, und
solcher Ecken giebt es acht. Auf den Axen b, h\ V bildet
sich je eine achtseitige Ecke, von ihren Kanten sind zweimal
je vier einander gleich, und solcher Ecken giebt es sechs.
Endlich liegt auf w, v, w je eine vierseitige Ecke der Kry-
stallform, solcher Ecken giebt es zwölf, und von den vier
A'
— 170 —
Kanten sind immer zweimal zwei einander gleich. Die Ery-
stallform lieisst HexaMsoctaeder.
Wird die Ebene b in besonderer Lage angenommen , so
ergeben sich specielle Gestalten för die Krystallform. Ist
zunächst e senkrecht zu 6^ so rückt der Punkt E in den
Bogen BWj und die Fläche, welche das Dreieck 1 berührt^
fallt daher mit derjenigen, die das im benachbarten Octanten
liegende Dreieck 1' berührt, zusammen. Das in b liegende
Polygon ist Schnitt mit der aus a, h und a gebildeten drei-
seitigen Ecke, also ein gleichschenkliges Dreieck. Auf &, &', V
bilden sieb vierseitige Ecken, deren Kanten sämmtlich gleich
sind, die auf a resp. a liegende Ecke bleibt sechsseitig und
Yon der gleichen Art, wie im Hauptfall, und die Ecken auf
Uy V, w verschwinden gänzlich; dafür bilden sich Kanten, die
auf diesen Azen senkrecht stehen. Die bezügliche Krystall-
form heisst Teträkishexaeder; sie besitzt acht sechsseitige und
sechs vierseitige Ecken und wird von 24 gleichschenkligen
Dreiecken begrenzt.
Ist die Ebene b senkrecht zu einer der Ebenen 0' und
fallt der Berührungspunkt E in den Bogen ÄB^ so werden
diejenigen beiden Flächen der Krystallform identisch, welche
die Dreiecke 1 und 2 berühren. Die auf m, v, w liegenden
Ecken bleiben vierseitig und von der gleichen Art, wie im
Hauptfall, aber die Ecken auf a resp. a werden gleichkantig
dreiseitig, und die auf h, b', V werden gleichkantig vierseitig.
Wir erhalten daher einen Korper, der ausser acht dreiseitigen
Ecken sechs vierseitige Ecken besitzt, die auf den vierzähligen
Axen liegen, und zwölf vierseitige Ecken auf den zweizähligen
Axen. Er wird von 24 Vierecken begrenzt. Das in der
Ebene b liegende Viereck ist der Schnitt mit der von a, &,
t;, w gebildeten körperlichen Ecke. Es besitzt zwei Paar
gleicher anstossender Seiten. Der Körper heisst Ikositetraeder.
Ist die Ebene b so auf 0' senkrecht, dass der Berührungs-
punkt E in den Bogen Ä W föllt, so fallen die in den Drei-
ecken 1 und 6 berührenden Flächen mit einander zusammen.
Dadurch bildet sich auf a eine dreiseitige gleich kantige Ecke,
während die auf &, b\ V liegenden Ecken achtseitig und von
- 171 -
derselben Art wie im Hauptfall bleiben.' Die auf m, v, w
liegenden Ecken verschwinden gänzlich, statt ihrer stellen
sich Kanten ein, die auf diesen Axen senkrecht stehen. Die
Erystallform besitzt daher sechs achtseitige und acht drei-
seitige Ecken. Die in £ entstehende Grenzfläche ist Schnitt
mit der von a, h^V gebildeten Ecke, also ein gleichschenk-
liges Dreieck. Die von 24 gleichschenkligen Dreiecken be-
grenzte Erystallform heisst TriaMsoctaeder.
Ist die Ebene b senkrecht zu einer zweizähligen Axe,
also auch zu den durch sie gehenden Symmetrieebenen, so
wird die Erystallform ein Zwolfflächner. Der Berührungs-
punkt E mit der Eugel rückt in den Punkt Wy die Flächen,
welche in 1 und 6 berühren, fallen unter sich und mit denen
des angrenzenden Octanten zusammen. Auf a resp. a ent-
steht je eine gleichkantige dreiseitige, auf &, &', V je eine
gleichkantige vierseitige Ecke, das in e liegende Polygon ist
Schnitt mit der von a, a\ b, V gebildeten Ecke, also ein
Rhombus. Die Erystallform enthält sechs vierseitige* und
zwölf dreiseitige Ecken; sie wird von zwölf Rhomben be-
grenzt und ist ein Bhombendodekaeder.
Ist die Ebene e senkrecht zu der dreizähligen Axe a,
also auch zu den dujrch sie gehenden Symmetrieebenen, so
fallen die Berührungspunkte der Dreiecke 1, 2, 3, 4, 5, 6
sämmtlich in den Punkt Ä. Als Eckpunkte bleiben nur
diejenigen auf den vierzähligen Axen übrig; jeder dieser
Punkte wird eine gleichkantige vierseitige Ecke. Die Ery-
stallform enthält sechs vierseitige Ecken und ist von acht
gleichseitigen Dreiecken begrenzt; sie ist daher ein regel-
mässiges Odaeder. •
Ist endlich s senkrecht zu einer vierzähligen Axe, so
werden J5, B', B" Berührungspunkte mit der Eugel, während
auf a und a sich je eine gleichkantige vierseitige Ecke bildet.
Die Erystallform wird von acht regulären Vierecken begrenzt
und ist ein regtdäres Hexaeder.
§ 10. Die enantiomorphe Hemiedrie ist durch den Mangel
aller Symmetrieebenen characterisirt. Es bildet sich daher
auf a resp. a eine gleichseitige dreiseitige und auf b, b\ b"
."•TT?
— 172 -
je eine gleichseitige vierseitige Ecke; solcher Ecken giebt es
resp. acht und sechs. Auf den Axen te, v, w entstehen
Mittelpunkte Ton Kanten, die senkrecht zu ihnen verlaufen,
und solcher Kanten giebt es zwölf. Das in der Ebene b
liegende Polygon ist, da eine Symmetrieaxe zweizahlig ist,
gemäss Lehrsatz XYI ein Fünfeck; es besitzt zwei Paar
gleicher anstossender Seiten. Die Krystallform wird von 24
solchen Fünfecken begrenzt und heisst Pentagon-Ikositeiraeder.
Nach § 4 dieses Capitels kann diese Krystallform auch
dadurch hergestellt werden, dass man von denjenigen Flachen
der holoedrischen Form, welche resp. in den Dreiecken 1, 2,
3, 4, 5, 6 berühren, nur die in 1, 3, 5 berührenden beibehalt.
Ebenso lässt sich aber auch, wie wir in § 4 zeigten, mit den
Flächen 2, 4, 6 und den gleichwerthigen ein Pentagon-Ikosi-
tetraeder bilden. Das erste besteht aus denjenigen Grenz-
flächen, die wir oben in § 4 als die Flächen s bezeichneten,
das andere aus den Flächen 17.
Da die hier betrachtete Hemiedrie nur Axensymmetrie
enthält, so sind, wie wir oben nachgewiesen haben, die beiden
bezüglichen Krystallformen einander spiegelbildlich gleich, aber
nicht congruent. Die Reihenfolge, in welcher analoge Kanten
resp. Flächen aneinander stossen, ist in ihnen nach entgegen-
gesetzten Richtungen gewendet. Solche Gestalten haben wir
oben als enantiomorph bezeichnet; dies ist der Grund, weswegen
wir der Hemiedrie den Namen „enantiomorphe Hemiedrie^
beigelegt haben.
Die speciellen Formen, welche sich bei besonderer Lage
von s ergeben, stimmen mit den in § 9 erwähnten überein.
Es kommen zunächst nur die Fälle in Frage, dass s resp.
auf einer zweizähligen, einer dreizähligen oder einer vierzähligen
Axe senkrecht steht. Ihnen entspricht wieder resp. das Rhom-
bendodekaeder, das Octaeder und das Hexaeder.
Eine besondere Gestalt der Krystallform stellt sich aber
auch dann ein, wenn die Ebene £, ohne auf einer der Sym-
metrieaxen senkrecht zu stehen, eine besondere Lage zu den-
selben hat. Liegt z. B. der Berührungspunkt auf dem Bogen
BA, so fallen die von B ausgehenden Kanten in die Ebenen
- 173 —
(bv) nnd (hw), die entstehende Erystallform muss daher das
oben betrachtete Ikositetraeder sein, welches sich bei der be-
zQglichen Lage von £ auch für die Holoedrie ergiebt.
Es lässt sich übrigens ganz allgemein zeigen, dass in
den hier genannten Fällen sich immer nur solche Formen er-
geben können, die auch bei der Holoedrie auftreten. Dies
tritt jedesmal dann ein, wenn wir die Ebene s so spedalisiren,
dass die oben mit € und 17 bemchneten Grenzflächen der höh'
edrischen Form identisch werden; d. h., wie wir es auch aus-
drücken können, wenn die Ebene € so liegt, dass sie durch
das der Hemiedrie fehlende Symmetrieelement in sich selbst
übergeht. In diesem Fall sind in der That die zu s und 17
gehörigen hemiedrischen Eiystallformen unter sich und mit
der holoedrischen Form identisch.
Uebrigens ist zu bemerken, dass diese Uebereinstimmung
nur eine geometrische sein kann. Physikalisch verhalten sich
die Flachen für Hemiedrie und Holoedrie nicht gleichartig.
Die holoedrische Grenzfläche zeigt ein Verhalten, das in sich
symmetrisch ist, für die hemiedrische Fläche ist dies aber
nicht der Fall, da ihr Inneres von keinerlei gleichwerthigen
Richtungen getroffen wird.
§ 11. Die hemimorphe Hemiedrie ist durch den Mangel
der zweizähligen Axen u, v, w und der Symmetrieebenen 6
characterisirt; überdies sind die dreizähligen Axen nur ein-
seitig^ und 6, 6', 6" als Symmetrieaxen erster Art nur zwei-
zählig. Die auf a und a liegenden sechsseitigen Ecken sind
Yon derselben Art, wie im Hauptfall; aber die beiden Ecken,
in denen die Axe a die Erystallform trifft, sind, da die Axe
einseitig ist, nicht mehr gleichwerthig, und das gleiche gilt
daher von den Ecken, welche auf den in Fig. 19 enthaltenen
Axen a und a liegen. Auf den Axen b, b\ b" bildet sich je
eine vierseitige Ecke mit abwechselnd gleichen Kanten. Jede
Symmetrieaxe liegt in einer Symmetrieebene ; alle diese Ebenen
theilen die Eugel in 24 gleichwerthige sphärische Dreiecke;
die Dreiecke 1 und V bilden zusammen eines davon. Das in
£ liegende Polygon ist Schnitt mit der von a, &, d gebildeten
— 174 —
dreiseitigen Ecke, also ein Dreieck. Die Krystallform heisst
Hexakisietraeder.
Die Krystallform entsteht aus der holoedrischen Form,
indem von den acht an der Axe h liegenden Grenzflächen nur
vier beibehalten werden, darunter 1 und 2, während die neben
ihnen in den benachbarten Octanten berührenden Flächen
verschwinden. Die letzteren und die ihnen gleichwerthigen
bilden ebenfalls eine Krystallform der Hemiedrie. Beide Formen
sind einander congruent, jede ist sich selbst spiegelbildlich
gleich.
Das Hexakistetraeder ist^ was Ecken und Begrenzungs-
flächen betrifft, der allgemeinste Typus desjenigen Körpers,
den wir oben als Tetrakishexaeder bezeichnet haben. Der
Unterschied zwischen beiden Korpern besteht darin, dass das
Dreieck des Tetrakishexaeders gleichschenklig ist, das des
Hexakistetraeders dagegen beliebig. Bezüglich der Entstehung
beider Körper läuft; die Differenz darauf hinaus, dass bei
ersterem Körper der Berührungspunkt E der Grenzfläche s
ein Punkt des Bogens B W ist, während er bei letzterem be-
liebig innerhalb des aus 1 und V bestehenden Dreiecks liegt.
Für specielle Lagen von b ergeben sich hier ausser den
schon oben abgeleiteten Formen noch zwei neue. Den Fall,
dass £ senkrecht zur Ebene 6 ist, haben wir bereits oben
erledigt. Ist a senkrecht zu einer Ebene «t", und liegt der
Berührungspunkt E auf AW^ so. fallen je zwei sonst ver-
schiedene Ebenen zusammen^ die auf a liegende Ecke wird
gleichkantig und dreiseitig und die in £ liegende Grenzfläche
ist der Schnitt mit der durch a, h, V, a bestimmten vier-
seitigen Ecke. Sie ist daher ein Viereck, welches zwei Paar
gleicher anstossender Seiten besitzt. ' Die Krystallform wird
von zwölf solchen Vierecken begrenzt und heisst Deltoeder oder
Deltoiddodekaeder; sie ist der allgemeinste Typus derjenigen
Figur, von welcher das Rhombendodekaeder einen speciellen
Fall darstellt.
Ist £ in der Weise zu einer Ebene f^ senkrecht, dass der
Berührungspunkt auf dem Bogen AB liegt, so entsteht eben-
falls eine neue Form. Auf der Axe a bildet sich wieder eine
- 175 -
gleichkantige dreiseitige Ecke, während^ was ausdrücklich zu
bemerken ist, die auf d liegende Ecke sechsseitig bleibt; die
beiden Hälften der dreizähligen Axen sind in diesem Fall
nicht gleichwerthig; und ebensowenig die Bogen BA und HÄ.
Die auf h^ h\ V liegenden Ecken gehen ganz verloren*, diese
Axen werden Normalen zu Kanten der Erjstallform. Solcher
Kanten giebt es im Ganzen sechs. Keine dieser Kanten geht
durch die auf a liegende Ecke; dagegen treffen sie die auf d
liegende Ecke, und da es sechs Kanten und vier solche Ecken
giebt, so sind diese sechs Kanten einander gleich und bilden
ein regelmässiges Tetraeder; jede der vier Ecken wird von
drei Kanten getroffen, und je zwei gegenüberliegende Kanten
des Tetraeders stehen auf einer der Axen 6, h\ 6" senkrecht.
Die in s liegende Grenzfläche ist Schnitt mit derjenigen drei-
seitigen Ecke, welche von den Ebenen OA F, OAWxmA OBÄ
gebildet wird. Die Krystallform ist daher ein Zwölfflächner,
der vier dreiseitige und vier sechsseitige Ecken hat, und von
12 gleichschenkligen Dreiecken begrenzt wird. Er heisst Tria-
hisietraedery und kann dadurch hergestellt werden, dass man
auf jede Fläche des regulären Tetraeders je eine gerade drei-
seitige Pyramide aufsetzt.
Ist £ zu irgend einer der Symmetrieaxen senkrecht, so
stimmen, wie evident, die bezüglichen Krystallformen mit den
für die Holoedrie vorhandenen überein.
§ 12. Für die letzte Hemiedrie, die noch zu untersuchen
ist, nämlich die paramarphe, sind die Axen b, b\ V je zwei-
zahlig und die Axen a resp. d dreizählig; ferner kommen ihr
die Symmetrieebenen 6 und ein Symmetriecentrum zu. Alle
Axen sind zweiseitig. Es bildet sich daher auf a und d je
eine gleichkantige dreiseitige und auf 6, 6', 6" je eine vier-
seitige Ecke mit abwechselnd gleichen Kanten. Von den in
der Grenzfläche e liegenden Kanten gehen je zwei von der
Axe a und je zwei von der Axe b aus, die letzteren liegen
gleichzeitig in den Symmetrieebenen. Die Krystallform wird
daher von 24 Vierecken begrenzt, und besitzt acht dreiseitige
und sechs vierseitige Ecken. Sie heisst Diploeder oder Dydkis-
(ioddsaeder. Sie stimmt bezüglich der Begrenzungsverhältnisse
— 176 —
mit dem Ikositetraeder überein, und bildet den allgemeinen
Typus eines derartigen Körpers. Die Differenz läuft darauf
hinauf, dass während hier der Berührungspunkt E der Fläche €
innerhalb des von den Dreiecken 1 und 2 gebildeten Vierecks
beliebig bleibt^ er beim Ikositetraeder in einen Punkt des
Bogens AB fallt.
Die Erystallform kann gemäss § 4 auch dadurch herge-
stellt werden, dass von den acht um den Punkt B liegenden
Flächen abwechselnd vier beibehalten und vier getilgt werden;
überdies bestimmen auch die letzteren vier Ebenen und die
ihnen gleichwerthigen eine Krystallform.
Von speciellen Formen kann neben dem Ikositetraeder
auch das Triakisoctaeder auftreten; es entspricht derselben
Lage von £, wie bei der Holoedrie. Ist s zur Symmetrie-
ebene ff senkrecht, so ergiebt sich eine bisher noch nicht er-
wähnte Form. Auf a bleibt eine dreiseitige Ecke; die auf
b, V, V liegenden Ecken dagegen gehen verloren; es bilden
sich Kanten, die auf diesen Axen senkrecht stehen, und in
den Symmetrieebenen 6 liegen. Die in der Ebene b liegende
Grenzfläche wird von der Ebene OB V und den Axen a und a
getroffen; sie ist daher nach Satz XVI ein Fünfeck. Da die
Axen a zweiseitig sind, so hat das Fünfeck vier gleiche Kanten;
es liegt überdies symmetrisch zur Ebene tf; die fünfte Kante
wird von 6 senkrecht getroffen. Die Krystallform wird von
zwölf solchen Fünfecken begrenzt und heisst Pentagondodekaeder,
Von andern speciellen Lagen kommen nur noch die Fälle
in Frage, dass e zu einer Symmetrieaxe senkrecht ist; sie
führen daher nicht zu neuen Formen.
§ 13. Die Tetartoedrie enthält keinerlei Symmetrieebenen,
überdies nur die zweizähligen Axen &, &', V und die ein-
seitigen dreizähligen Axen. Auf a und d entsteht je eine
dreiseitige gleichkantige Ecke, solcher Ecken giebt es acht;
aber wegen der Einseitigkeit der dreizähligen Axen sind sie
nicht sämmtlich gleichwerthig, sondern zerfallen in zwei Paare
von je vieren, die sich bei den Deckoperationen immer nur
untereinander vertauschen. Auf jeder der zweizähligen Axfen
steht eine Kante der Krystallform senkrecht, und solcher
— 177 —
Kanten giebt es sechs. Die in der Ebene € liegende Grenz-
flache enthält von jeder der beiden Arten dreiseitiger Ecken
je eine, überdies wird sie von einer zweizahligen Axe b ge-
troffen; sie ist daher gemäss § 8 ein Fünfeck, das zwei Paar
gleicher Seiten hat. Die Erystallform wird von zwölf solchen
FQnfecken begrenzt und heisst das tetraedrische Pentagondodeka-
eder. In den geometrischen Begrenznngsverhältnissen stimmt sie
mit demjenigen besondem Pentagondodekaeder überein, dem wir
eben bei der paramorphen Hemiedrie begegnet sind; sie bildet
den aUgemeinsten Typus eines derartigen Körpers. Während
aber der Berührungspunkt der Grenzfläche b hier beliebig
bleibt, fiel er oben in einen Punkt des Bogens AB,
Als specielle Lagen von s kommen nur diejenigen in Be-
tracht, dass £ zu einer Symmetrieaxe oder zur Symmetrie-
ebene i^ senkrecht liegt Der letztere Fall ist durch das Vor-
stehende erledigt, den beiden andern entspricht das reguläre
Hexaeder, resp. das reguläre Tetraeder.
Die Tetartoedrie lässt sich in dem oben § 4 angegebenen
Sinn selbst wieder als Hemiedrie jeder der drei vorstehenden
Hemiedrieen betrachten; in der That haben die zugehörigen
Gruppen das oben Cap, V, 17 und Cap. VI, 21 hierfür als charac-
teristisch geschilderte Verhältniss. Einerseits enthält ja die
Tetraedergruppe T die Hälfte der Operationen der Octaeder-
gruppe 0 und andrerseits bilden auch die Drehungen der
Gruppen T* und T^ beidemal die Gruppe jT. Wir können
daher die Krystallform der Tetartoedrie aus den Krystall-
formen der Hemiedrieen in der oben § 4 genannten Weise
entstehen lassen. Bei der Krystallform der enantiomorphen
Hemiedrie haben wir am Punkt B diejenige Grenzfläche zu
tilgen, welche durch Drehung der Fläche e um 90® entsteht;
bei der hemimorphen Hemiedrie fällt diejenige Fläche aus,
welche durch Spiegelung gegen </ aus s hervorgeht, und end-
lich geht bei der paramorphen Hemiedrie diejenige Grenzfläche
verloren, welche sich aus s durch Spiegelung gegen 6 ergiebt.
§ 14. Die ErystaUflysteme mit einer swei-, drei-, vier-
oder seohssSbligen Hanptaxe. Für diese Krystallsysteme sind
die bezüglichen Krystallformen so einfache Korper resp. Raum-
Schoen flies, Kryatallstmctur, 12
— 178 —
figuren, dass wir die Angabe der bezüglichen Verhältnisse
nicht mehr so eingehend zu begründen brauchen, wie dies
soeben für das reguläre Krystallsystem geschehen ist Wir
werden uns im .wesentlichen auf die geometrischen Haupt-
sachen beschränken.
Für die Ableitung der bezüglichen Krystallformen wird
am zweckmassigsten die Eintheilung VI, 23 zu Grunde gelegt.
Die Krystallformen für die Systematik von VI, 24 sind damit
von selbst bestimmt.
Wir legen für die folgenden Betrachtungen ^ um sie für
alle Krystallsysteme gleichzeitig abzuleiten, eine n-zählige
Hauptaxe zu Grande. Sehen wir von den einfachen Ver-
hältnissen des monogonalen Systems ab, so kann n die Wert.he
2, 3, 4, 6 haben.
Für die Holoedrie existireu ausser der Hauptaxe und den
n Nebenaxen die Symmetrieebene 17 und die n Symmetrie-
ebenen 6 resp. ^. Die Ebene iy denken wir uns, um die Vor-
stellung zu fixiren, als Aequatorialebene. Die Kugel wird,
wie aus den allgemeinen Sätzen folgt, durch die Symmetrie-
ebenen in 4w gleichwerthige Dreiecke zerlegt, und zwar Hegt
eine Ecke jedes Dreiecks auf der Hauptaxe, während die andern
beiden Ecken Schnittpunkte der Kugel mit zwei benachbarten
Nebenaxen sind; die Seiten des Dreiecks liegen in den Sym-
metrieebenen. Da jede Symmetrieaxe Schnittlinie von Sym-
metrieebenen ist, so ist die . Grenzfläche der Krystallform ein
Dreieck, das im Allgemeinen nicht gleichschenklig ist; 4n solche
Dreiecke bilden die Krystallform. Auf der Hauptaxe liegt je
eine 2n-seitige Ecke, während jede Nebenaxe je eine vier-
seitige Ecke trifft; nur die abwechselnden Kanten aller Ecken
sind einander gleich. Die Schnittfigur mit der Aequatorial-
ebene ist ein 2n-Eck; dasselbe ist im Allgemeinen nicht
gleichseitig, vielmehr bilden die abwechselnden Ecken je ein
reguläres n-Eck. Nur wenn die Ebene a mit 6 und f^ gleiche
Winkel bildet, wird das 2n-Eck regelmässig.
Ist im besondern n = 2, so ist die Figur ein Rhombus,
und bei der eben genannten speciellen Lage von s ein Quadrat.'
Jenachdem n = 6, 4, 3 ist, heisst die Krystallform dihexa-
- 179 —
gondle, düetragonale, ditrigonale Pyramide. Für n = 2 ist sie
ein Octaeder, yod dem jede Diagonalebene ein Rhombus ist.
Sie heisst rhombische Pyramide und ist gleichzeitig die holo-
edrische Erystallform des rhombischen Systems.
Ist e der Hanptaxe parallel, so geht die Pyramide in
einen 2n-seitigen prismatischen Körper über, dessen Seiten-
flächen sich ins unbegrenzte erstrecken. Ist e zu einer Sym-
metrieebene 6 oder ^ senkrecht; so entsteht im Allgemeinen
eine reguläre n-seitige Doppelpyramide , für n = 2 dagegen
ergiebt sich eine offene Erystallform von prismatischer Gestalt,
deren Schnitt ein Rhombus ist. Wenn e zu einer Nebenaxe
senkrecht ist, so wird die Erystallform wieder prismatisch.
Ist endlich b zur Hauptaxe senkrecht, so entseht ein Ebenen-
paar. ^)
Die enarUiomorphe Hemiedrie ist durch den Mangel der
Symmetrieebenen characterisirt. Auf der Hauptaxe bilden sich
daher gleichkantige n-seitige Ecken, die Nebenaxen laufen
senkrecht zu Eanten der Erystallform, und solcher Eanten
giebt es 2n; je n von ihnen sind gleichwerthig. Bei allge-
meiner Lage von e ist das von ihnen gebildete 2n-Eck nicht
mehr eben, sondern windschief. Die in e liegende Grenzfläche
wird von einer n- zähligen und zwei zweizähligen Axen ge-
troffen, sie ist daher gemäss Lehrsatz XYI dn Viereck, das ein
Paar gleicher anstossender Seiten enthält. Die von 2n solchen
Vierecken eingeschlossene Erystallform heisst im Allgemeinen
Trapezoeder, und zwar hexagonales, tetragonales oder trigonales
Trapejsoeder, je nachdem n «= 6, 4, 3 ist. Für n = 2 ist die
Erystallform ein analog gebildeter Vierflächner, d. h. ein Tetra-
eder; jede der zweizähligen Axen steht auf zwei gegenüber-
liegenden Eanten des Tetraeders senkrecht, überdies sind je
zwei solcher Eanten einander gleich und kreuzen sich recht-
winklig. Dieses Tetraeder heisst, weil es bei der gewohn-
lichen Systematik der Hemiedrie des rhombischen Systems ent-
spricht, rhombisches Sphenoid.
1) Das Prisma selbst ist keine eigentliche einfache Erystallform,
68 ist vielmehr die Combination eines prismatischen Baumtheils mit
einem Ebenenpaar. Vgl. § 16.
12*
- 180 —
Aus der holoedrischen Form lässt sich die enantiomorphe
Form bilden, wenn von den Grenzflächen der 2n- seitigen Ecken
nur die abwechselnden beibehalten worden. Je nach der Wahl
dieser n Ebenen erhalten wir gemäss § 4 zwei verschiedene
Erystallformen; die eine ist der andern spiegelbildlich gleich.
Für specielle Lagen von e kann das Trapezoeder in eine
n-seitige Doppelpyramide, einen prismatischen Korper u. s. w.
übergehen.
Die hemimorphe Hemiedrie ist durch den Mangel der Neben-
axen characterisirt; mit ihnen fehlt auch die zur Hauptaxe
senkrechte Symmetrieebene. Die Hauptaxe wird dadurch ein-
seitig und die Erystallform reducirt sich auf eine 2n'Seitige
Jcörperlicke Ecke, welche der einen (oberen oder unteren) Hälfte
der holoedrischen Form entspricht. Von letzterer gehen die
sämmtlichen Flächen verloren, welche an dem einen Ende der
Hauptaxe liegen. Die speciellen Formen sind theils prismati-
scher Natur, theils wird die Ecke n-seitig u, s. w.
Die paramorphe Hemiedrie enthält eine w- zählige Hauptr
axe a und die zu ihr senkrechte Symmetrieebene. Die Kry-
stallform ist daher eine regtdäre gerade n-seitige Doppelpyramide,
die im besondern auch in eine prismatische Raumfigur über*
gehen kann. Für n = 2 hat die Krystallform bei beliebiger
Lage von € ein oiffene prismatische Gestalt mit rhombischem
Querschnitt.
Die hemimorphe Tetartoedrie besitzt nur eine n- zählige
Axe; durch Drehung um sie entsteht aus s eine n-seitige
Ecke; diese stellt daher die Erystallform dar. Sie kann eben-
falls prismatische Gestalt annehmen u. s. w.
§ 15. Die Meroedrieen der zweiten Abtheilung kommen
nur für n «= 6, 4, 2, resp. da wir den einfachen Fall n = 2,
dem ein paralleles Flächenpaar entspricht, unberücksichtigt
lassen können, nur für n = 6 und 4 in Frage. Setzen wir
n = 2m, so ist die Hemiedrie durch m zweizählige Neben-
axen und m nicht durch sie gehende Symmetrieebenen charac-
terisirt. Die in s liegende Grenzfläche ist daher gemäss § 8
ein Dreieck, von dem eine Eante auf einer Nebenaxe senk-
recht steht, während zwei andere Eanten von der Hauptaxe
- 181 -
ausgehen und in den Symmetrieebenen liegen. Diese Kanten
sind im Allgemeinen nicht gleich lang. Die auf den Neben-
axen senkrechten Kanten sind sämmtlich gleich lang und bilden
ein windschiefes n-Eck, dessen Ecken in die Symmetrieebenen
fallen. Die Krystallform wird Ton 2n solchen Dreiecken be-
grenzt und heisst Skalenoeder, und zwar hexagonaies oder tetra-
gcnales Skalenaeder% je nachdem n = 6 oder 4 ist
Wenn b auf einer Symmetrieebene senkrecht steht, so
erscheinen specielle Formen. Ist zunächst n^=^&, so ist die
Krystallform ein regelmässiges Ehomhoeder. Nämlich da der
Hemiedrie mit einer Axe zweiter Art ein Symmetriecentrum
zukommt, so folgt zunächst gemäss Gap. VI, § 22, dass ihre
sechs Flächen ein Parallelepipedon bilden, und da überdies
je drei von der Hauptaxe ausgehende Kanten gleich lang sind,
so ist jede Grenzfläche ein Rhombus; dasselbe steht, wie aus-
drücklich bemerkt werden möge, auf einer Symmetrieebene
senkrecht.
Ist n = 4, so ist die Hauptaxe als Drehungsaxe nur
zweizählig; es verschwinden daher für die besondere Lage
Yon e gemäss § 8 die auf der Hauptaxe liegenden Ecken,
dafür treten Kanten auf, welche auf der Hauptaxe senkrecht
stehen; sie sind überdies gleich lang und kreuzen sich recht-
winklig. Ausser ihnen bleiben nur noch diejenigen Kanten
bestehen, die senkrecht zu den Nebenaxen laufen und das
windschiefe Viereck bilden. Die vier Grenzdreiecke sind gleich-
schenklig. Die Krystallform ist daher ein Tetraeder von be-
sonderer Art und heisst tetragonales Sphenoid.
Für die Tetartoedrie mit einer Axe zweiter Art existirt,
wenn ' zunächst n «=» 6 angenommen wird, nur eine sechs-
zahlige Axe zweiter Art, und diese ist einer dreizähligen Axe
erster Art und einem Symmetriecentrum äquivalent. An jedem
Axenende bildet sich daher eine dreiseitige gleichkantige Ecke.
Das Symmetriecentrum bedingt wieder, dass die sechs Grenz-
flächen ein Parallelepipedon bilden, und zwar^ da die von der
Axe ausgehenden Kanten gleich sind, wieder ein Ehofnboeder.
1) Das tetragonale Skalenoeder wird auch tetragonales Disphenoid
genannt
— 182 —
Von dem regelmässigen Rhomboeder unterscheidet es sich
dadurch, dass seine Diagonalebenen nicht mehr gleichzeitig
Symmetrieebenen sind.
Die bezügliche Erystallform des tetragonalen Systems ist
wieder ein Tetraeder besonderer Art. Da die Hauptaxe vier-
zählig von der zweiten Art ist, trifft sie zwei zu ihr senk-
rechte Kanten, die gleich lang sind und sich rechtwinklig
kreuzen. Ebenso sind die Kanten, welche die Axe nicht treffen,
gleichwerthig und gleich lang. Das Tetraeder heisst wie das
obige ebenfalls Sphenoid; es bildet den allgemeinen Typus
des obigen. N^ämlich während bei diesem die Kanten des
Vierecks die Hauptaxe rechtwinklig kreuzen, ist das bei dem
hier betrachteten im Allgemeinen nicht der Fall.
§ 16. Combinationen von Krystallformen. Die in obiger
Tabelle aufgeführten Kry stallformen stellen, wie in der Ein-
leitung hervorgehoben wurde, die einfachsten Polyeder dar,
welche dieselbe Symmetrie besitzen, wie die bezüglichen Ery-
stallclassen. Beispielsweise haben wir im Ganzen vier ver-
schiedene Arten symmetrischer Tetraeder kennen gelernt, näm-
lich ausser dem regelmässigen diejenigen, welche bei den
Gruppen S^^, 8^, D^ als allgemeine resp. specielle Formen
auftraten. Sie sind aber nicht die einzigen Polyeder dieser
Art. Wie oben angegeben, wurden die Krystallformen dadurch
erzeugt, dass wir eine beliebige Ausgangsebene s den sämmt-
lichen Operationen einer gewissen Gruppe unterwarfen. Gehen
wir statt von einer solchen Ebene von mehreren, unter sich
nicht gleichwerthigen Ebenen aus, so erhalten wir ebenfalls
ein Polyeder, dessen Symmetrie durch die genannte Gruppe
characterisirt ist, und wenn wir Lage und Zahl der Ausgangs-
ebenen in geeigneter Weise variiren, so werden wir auf diese
Weise nach und nach immer neue Polyedertypen ableiten können.
Wir können uns ein derartiges Polyeder auch als Durch-
dringungsfigur verschiedener einfacher Polyeder vorstellen, und
zwar derjenigen, welche sich mit den einzelnen Ausgangs-
ebenen bilden lassen. Die Form eines allseitig gut entwickelten
Krystalls muss daher, wenn wir noch hinzufügen, dass alle
Grenzflächen desselben von einem Punkte gleich weit abstehen,
- 183 ~
stets mit einem derartigen Polyeder übereinstimmen. Mit Rück-
sicht darauf pflegt man ein solches Polyeder als Combination
wn Krystallformen zu bezeichnen.
Auf eine hieraus fliessende Folgerung sei besonders hin-
gewiesen. Es folgt nämlich, dass die einfachen holoedrischen
Krystallformen auch als Krystallformen der Meroedrieen auf-
treten können. Sie bilden allerdings nicht mehr die einfache
Krystallform derselben , vielmehr sind sie so zu betrachten,
als seien sie mit zwei resp. vier ungleichwerthigen Ausgangs-
ebenen gebildet.
Schliesslich sei noch erwähnt, dass, wenn wir die vor-
stehenden Ueberlegungen auch auf diejenigen Gruppen von
Operationen ausdehnen, welche eine krystallographische Be-
deutung nicht haben, wir auf diese Weise sämmtliche symme-
trischen Polyeder ableiten können.^)
§ 17. Die Benennungen der Unterabtheüungen. Die
folgenden Bemerkungen knüpfen sich in erster Linie an die
Benennungen resp. an die Systematik von Cap« VI, § 23, sie
gelten aber im Ganzen auch für die sonst übliche Systematik.
Gemäss Gap. IV giebt es elf Krystallclassen, deren Gruppen
nur Drehungen enthalten. Es geht daher auch die zu irgend
einer derselben gehörige Krystallform nur durch Drehungen
in sich über, gleichgiltig, ob sie einfach oder zusammengesetzt
ist. Eine solche Krystallform ist sich daher niemals selbst
spiegelbildlich gleich. Denken wir uns irgend eine derselben,
Fy und construiren ihr Spiegelbild F\ so sind beide Körper
von einander verschieden; sie unterscheiden sich, wie wir oben
§ 4 bereits erwähnten, wie rechte und linke Gliedmassen,
durch den Unterschied von rechts und links. Der Körper F'
ist aber ebenfalls eine Krystallform der bezüglichen Krystall-
classe. Er enthält nämlich diejenigen Symmetrieaxen, welche
sich aus denen von F durch Spiegelung ergeben; und da das
Axensystem von F sich in allen Fällen selbst spiegelbildlich
gleich ist, so müssen die Symmetrieaxen von F und diejenigen
1) Das Genauere hierüber findet man in Hess' „Lehre von der
Kngeltheilnng'S worin die Bestimmung aller symmetriechen Polyeder
Yollständig imd ausführlich durchgeführt ist.
- 184 —
von F' übereinstimmen. Für die elf hier betrachteten Erystall-
classen giebt es daher Formen, bei denen die Reihenfolge, in
welcher die Flächen aneinander stossen, in entgegengesetztem
Sinn verläuft, und die deshalb, wie bereits oben erwähnt^
enantiomorphe Formen heissen; mit Rücksicht hierauf sind alle
bezüglichen Hemiedrieen und Tetartoedrieen oben als enantio-
morph bezeichnet worden.^)
Bei den andern Erystallclassen können enantiomorphe
Formen nicht auftreten ; die zugehörige Erystallform geht
stets auch durch Operationen zweiter Art in sich über, ist
sich daher stets selbst spiegelbildlich gleich.
Die hemimorphen Erystallclassen sind dadurch characte-
risirt, dass für sie die specifischen Symmetrieaxen einseitig
werden. Bei den Erystallsystemen mit einer Hauptaxe bleibt
demgemäss von der holoedrischen einfachen Erystallform d. h.
^ von der Doppelpyramide nur die eine Hälfte, resp. Ecke als
hemimorphe Erystallform übrig; die hemimorphe Gestalt ist
die gehälfbete holoedrische Gestalt und hat daher ihren Namen
erhalten. Im regulären System ist die Beziehung der hemi-
morphen und holoedrischen Erystallform eine etwas andere.
Eine Analogie zum Vorstehenden bleibt aber auch für das
reguläre System bestehen. Nämlich, wenn die dreizähligen
Hauptaxen einseitig werden, so sind die an ihnen liegenden
Ecken nicht mehr gleichwerthig , sondern verschieden ge-
staltet, ebenso wie auch an den beiden Enden der Hauptaxe
eines der andern Erystallsysteme verschiedene Ecken auftreten.
Mit Rücksicht hierauf scheint es angemessen, die sämmtlichen
Unterabtheilungen mit einseitigen Hauptaxen als hemimorphe
zu bezeichnen.
Uebrigens sei bemerkt, dass diese Verhältnisse sich auch
im rhomboedrischen, rhombischen und monoklinen System
vorfinden.
Die Bezeichnung paramorph ist im Hinblick auf die-
jenigen Erystallclassen gewählt, welche ein Symmetriecentrum
besitzen. Dasselbe kommt abgesehen vom trigonalen System
1) Pasteur hat dafür den Ausdrack hömiedrie non saperposable
eingeführt.
- 185 -
jeder paramorphen Hemiedrie zu. Wenn aber eine Krystall-
classe mit einem Symmetriecentrum begabt ist^ so giebt es
nach Lehrsatz XII zu jeder Fläche der einfachen Krystallform
eine parallele Fläche. Ausser den holoedrischen Erystallformen
giebt es keine andern hemiedrischen Formen, welchen diese
Eigenthümlicbkeit zukommt; sie ist also für dieselben charac-
teristisch. Die Ausnahme beim trigonalen System erklärt sich
dadurch, dass auch die Krystallform der trigonalen Holoedrie
parallele Flächen nicht besitzt. Wir können daher die Eigenart
der paramorphen Hemiedrie dahin characterisiren, dass in ihr
zu jeder Fläche eine parallele existirt, falls derartige Flächen-
paare an der holoedrischen Krystallform überhaupt auftreten.
Der Gharacter der paramorphen Hemiedrie findet sich im
Allgemeinen auch bei der Systematik von VI, 24. Zunächst
liegt im rhomboedrischen System die Sache diesmal so, dass
jetzt sowohl die Hauptabtheilung Sq** als auch die paramorphe
Unterabtheilung S^ ein Symmetriecentrum besitzen. Dagegen
fehlt fär das rhombische System eine Hemiedrie dieser Art
gänzlich, und auch das monokline System zeigt eine Ausnahme;
^ie Krystallform der Holoedrie besitzt parallele Flächen, wäh-
rend die Krystallform der bezüglichen Hemiedrie einzig eine
Symmetrieebene besitzt und daher parallele Flächen nicht
enthält.
§ 18. Kaleidosoopisohe Erzeugiing der Krystallformen.
Diejenigen Krystallformen, welche Symmetrieebenen besitzen,
sind kaleidoscopische Figuren, ihre Bilder können mittelst ein-
facher Apparate hergestellt werden. Dies wollen wir im
Folgenden beweisen. Wir schicken zunächst folgende vorbe-
reitende Ueberlegungen voraus.
Wie die Tabelle I lehrt, giebt es für keine Drehungs-
gruppe mehr als drei verschiedene Arten gleichwerthiger
Axen. Manche dieser Axen ist einzig in ihrer Art, wie z. B.
die Hauptaxe der Gruppen (7» resp. Dn, von mancher Art
giebt es mehrere gleichwerthige. Fassen wir nun von jeder
Art eine ins Auge, so sind durch sie nach dem Symmetrie-
gesetz alle andern Axen nothwendig bestimmt. Im Einzelnen
ergiebt sich, dass bei den Diedergruppen D„, wie Cap. IV, 4
- 186 -
lehrt, die Gesammtheit aller Axen bereits durch die Haupt-
axe und eine Nebenaxe bestimmt ist. Für die Tetraeder-
gruppe T und die Octaedergruppe 0 folgt aus Cap. IV, 7,
dass alle nicht zweizähligen Axen a und b sämmtlich durch
zwei von ihnen bedingt sind, und endlich zeigt der in dem-
selben Capitel bewiesene Lehrsatz YIII, dass diese beiden Axen
auch bereits die Existenz der zweizähligen Axen im Gefolge
haben. Bei der Tetraedergruppe kann daher die Gesammtheit
aller Axen aus zwei dreizähligen, bei der Octaedergruppe aus
einer dreizähligen und einer vierzähligen Axe hergeleitet werden.
Uebersetzen wir die vorstehenden Erwägungen in die
gruppentheoretische Sprache, so gelangen wir zu der Erkennt-
Miss, dass die Gruppen Z)„, T, 0 durch zwei ihrer Axen voll-
ständig definirt sind. Das kann aber nichts anderes heissen,
als dass sich die sämmtlichen Deckoperationen der bezüglichen
Gruppe als Producte resp. Potenzen der zu diesen Axen ge-
hörigen Bewegungen darstellen lassen; denn ob die Gleichung
8158 = U
so interpretirt wird, dass die Axen a und b die zweizählige
Axe u bedingen, oder dahin, dass die Deckoperation U der
Octaedergruppe 0 das Product von 8( und SB ist, läuft nur
auf einen Unterschied in der Ausdrucksweise hinaus. Ueber-
dies sei noch bemerkt, dass diese Eigenschaft bereits oben
Cap. IV, 4 für die Diedergruppen entwickelt worden ist, in
der That ist dorther ersichtlich, dass die sämmtlichen Deck-
operationen dieser Gruppen aus zwei von ihnen, 8( und U, ab-
geleitet werden können; d. h.
Lehrsatz XVIII. Alle Deckoperationen der Gruppe Dn lassen
sich durch MultiplicaMon aus den Drehungen % und U darstellen.
Für die Teiraedergruppe und die Octaedergruppe bedarf
die Behauptung eines besonderen Nachweises. Wir schicken
dazu folgenden Hilfssatz voraus:
Lehrsatz XIX. Gelangt die n-mfUige Axe a durch Drehung
um die p-gählige Axe b in die Lage a', so wird die zu a ge-
Iwrige Drehung %' durch das Product 83*"^?IS3 dargesteUt,
Beweis. Wie in Cap. IV, 9 bewiesen, besteht, wenn c
— 187 —
eine der zweizähligen Axen ist (vgl. Fig. 15), fQr die im obigen
Lehrsatz genannten Axen a und b stets die Gleichung
«95 = e.
Es gilt aber auch, wie die Figur und der dazu gehörige
Satz unmittelbar erkeuneu lassen, die analoge Gleichung
9381'= S.
Daher ist
838l'=Sia3;
und hieraus folgt durch linksseitige Multiplication mit 95""^
r=99-^«95.
Es lässt sich übrigens auch direct zeigen, dass das Product
93"" ^8193 der Drehung W äquivalent ist. Betrachten wir zu
diesem Zweck die Lagen, welche die Gerade a nach Eintritt
der Bewegungen 93""^, %, 95 annimmt. Die Gerade a ist so
definirt) dass sie aus a in Folge der Drehung 93 hervorgeht.
Durch die Drehung 93~* gelangt sie daher nach a, während
der Drehung 9( fallt sie mit a zusammen, bleibt also in Ruhe,
und die Drehung 93 bringt sie wieder nach a'^ das Product
93*"*Ä93 ist daher in der That einer Drehung um a' äquivalent.
Uebrigens folgt noch
31'* = 93-^a93 . 95-12193 =
= 95~ia^95
3l'8 = a3-is2l2a3. 93-131 95
= 95-ia«95
u. s. w. u. s. w.
Aus dem vorstehenden Lehrsatz lässt sich die obige Be-
hauptung ohne Mühe folgern. Zunächst ist evident, dass was
für die Axe a gilt, für alle mit a gleichwerthigen Geraden
gelten muss, und vertauschen wir 31 mit 95, so ergiebt sich,
dass der Satz auch für die mit b gleichwerthigen Axen zu-
trifft. Endlich möge noch bemerkt werden, dass er auch
dann in Geltung bleibt, wenn n=j}.ist, also a und b gleich-
artige Axen sind, denn dies ist für den in Gap. IV, 9 be-
wiesenen Satz der Fall.
Nun enthält die Tetraedergruppe die Drehungen um die
vier dreizähligen Axen a, a^, a\ a"' und die Umklappungen
- 188 -
um die zweizähligen Axen. Aus dem obigen Satz folgern
wir zunächst, dass sich die Drehungen Ä" und Ä'" aus Ä und W
durch Multiplication zusammensetzen lassen; und damit folgt
dasselbe auch für die Umklappungen U^ SB, SB, denn sie sind ja
selbst Producte von je zwei der Drehungen um die dreiz'ähligen
Axen. Damit ist der Satz fQr die Tetraedergruppe bewiesen; d. h.
Lehrsatz XX. AUe Drehungen der Tetraedergruppe lassen
sich durch Multiplication aus W und W gusammenseUsen,
Analog ist der Beweis für die Octaedergruppe. Nämlich
aus % und 93 gehen durch Multiplication gemäss dem obigen
Lehrsatz zunächst die Drehungen 91', «", 91'", 95', 93" hervor,
also auch ihre Potenzen, und die aus ihnen durch Multipli-
cation gebildeten Umklappungen; also folgt:
Lehrsatz XXI« Alle Drehungen der Octaedergruppe lassen
sich durch Multiplication aus 9( und 93 Busammenseteen,
§ 19. Es sei wieder G irgend eine Gruppe zweiter Art,
welche aus einer der vorstehend genannten Drehungsgruppen
Dn, T, 0 abgeleitet ist. Die bezügliche Drehungsgruppe be-
zeichnen wir wieder durch 6r. @ sei die Spiegelung, welche
(Cap. V, 10) zur Bildung der Gruppe G benutzt worden ist;
wie bewiesen, kann dazu jede der Gruppe angehörige Spiegelung
benutzt werden. Wie in Cap. V, 4 bewiesen, erhalten wir
alle Operationen zweiter Art der Gruppe Gy wenn wir die
Operationen von G mit der Spiegelung © multipliciren. Die
Operationen von G lassen sich aber sämmtlich aus zwei Dre-
hungen — sie mögen 91 und 93 genannt werden — zusammen-
setzen; und daraus folgt, dass die Operationen von ^ sämmt-
lich aus 91, 93 und @ durch Multiplication gebildet werden
können.
Fassen wir nun eine solche Erystallclasse K ins Auge,
für welche die Symmetrieaxen sämmtlich in die Symmetrie-
ebenen fallen. Dies sind diejenigen, welche den Gruppen
o\ T^ A*, A*, A*, ^*
entsprechen, also die sämmtlichen Holoedrieen der Systeme
VI, 23, das monogonale ausgenommen und ausserdem die hemi- .
morphe Hemiedrie des regulären Systems. Wir bezeichnen
- 189 -
die zur Krystallclasse K zugehörige Gruppe wieder durch G,
Die Symmetrieebenen zerfallen den Raum in lauter dreiseitige
Ecken. Eine dieser Ecken greifen wir heraus; ihre Ebenen
seien 6, <T|, 6^y und a^ h, c seien die Schnittlinien derselben.
Diese drei Geraden sind in jedem Fall drei Symmetrieaxen^
die nicht gleichberechtigt sind; es kommen unter ihnen dem-
nach stets zwei solche Axen vor — sie seien a und h —
das3 sich alle Drehungen der Gruppe G aus den zugehörigen
Drehungen^ d. h. aus % und 93 zusammensetzen lassen. Aus
Ä, SS und einer der drei Spiegelungen ©, ©j, ©g können da-
her sämmtliche Operationen von G durch Multiplication ge-
bildet werden. Ist nun a Schnittlinie von a und tf^ und b
Schnittlinie von ff und ö^f so ist
« = ©©1 und » = ©©2.
Ä und S3 lassen sich also selbst aus ©, ©j, ©g durch Multi-
plication darstellen, und daraus folgt schliesslich, dass alle
Operationen von G aus ©, ©j, ©^ durch Multiplication ge-
bildet werden können. Also:
Hauptsatz. Ist K eine Krystdlldassef deren Sytnmetrieaxen
sämmÜich in den Symmetried)enen liegen^ so können alle Opera-
turnen der zugehörigen Gruppe durch Multiplication aus drei
Spiegelungen gebildet werden. Als siegelnde Ebenen können die
Seitenflächen einer der dreiseitigen Ecken genommen werden, in
welche die Gesammtheit der Symmetrieebenen den Baum gertheilt.
Nun sei wieder F die Erystallform der Krystallclasse K,
und B diejenige ihrer Grenzflächen, welche innerhalb der aus
(f, ^i; <^2 gebildeten dreiseitigen Ecke liegt. Aus ihr gehen
alle andern Flächen hervor, wenn sie den sämmtlichen Opera-
tionen der Gruppe G unterworfen wird. Nun haben wir aber
eben bewiesen, dass jede dieser Operationen durch Spiege-
lungen an den Ebenen 6, 6^, 6^ ersetzbar ist, und dass auch
jedes Product derartiger Spiegelungen eine Operation von G
liefert. Das heisst aber nichts anderes, als dass alle Bilder
von f, welche durch einmalige oder wiederholte Spiegelung
an tf, 6^, ö^ entstehen können, genau die sämmtlichen jy Grenz-
flächen der durch s bestimmten Krystallform F darstellen.
— 190 ~
Dabei ist nur noch die Bedingung zu erfüllen^ dass die Aus-
gangslage von B diese Bilder für uns wirklich sichtbar ent-
stehen lässt^ was im Allgemeinen der Fall ist. Also folgt:
Lehrsatz XXTT, Die Krystdllformen, deren Symmeirieaxen
sämmtlich in Symmetrieebenen liegen, also auch alle holoedri-
schen KrystaUformen^) sind käleidoscopische Figuren; sie enU
stehen aus einer Qrenjsfläche durch Spiegelung an den durch die
Seiten dieser Grenefläche gehenden Symmetriedfenen.
Um sich das Bild der Krystallformen zu verschaffen, ver-
fahrt man daher zweckmässig so, dass man in die aus drei
spiegelnden Flächen gebildete Ecke eine Flüssigkeit giesst
Durch Veränderung der Oberfläche kann man der Krystall-
form alle möglichen Gestalten geben, auch die besonderen,
die oben § 9 ff. erwähnt wurden; man hat nur dafür zu sorgen,
dass die Oberfläche der Flüssigkeit die geeignete Lage erhält.
Natürlich ist darauf zu achten, dass die Oberfläche mit den
drei Seitenflächen keine spitzen Winkel bildet (von aussen ge-
sehen), weil sonst der Berührungspunkt der Oberfläche mit
der bezüglichen Eugel nicht in das Innere der dreiseitigen
Ecke fiele.
Die vorstehenden üeberlegungen treffen auch für die-
jenigen Krystallclassen zu-, welche nur eine einzige n- zählige
Sjmmetrieaxe und n durch sie gehende Symmetrieebenen be-
sitzen. Diese Krystallclassen entsprechen den Gruppen
C»', C,% C/, Cs'
d. h. also den hemimorphen Hemiedrieen bei der Systematik
VI, 23. Sind tf und 6^ zwei Symmetrieebenen, deren Winkel
den kleinsten möglichen Werth hat, also gleich ar : n ist, so
besteht gemäss Gap. 11, 7 die Gleichung
wenn @ und ©^ die Spiegelungen an 6 und 6^ bedeuten. Es
können daher auch alle Potenzen von % aus @ und ©^ durch
Multiplication gebildet werden, und demnach auch alle Opera-
tionen der Gruppe Cn^ . Aus denselben Gründen, wie eben,
1) Hier wird die Systematik von Cap. VI, § 28 vorauBgesetzt.
— 191 —
folgt alsOy dass die Erystallform eine kaleidoscopische Figur
ist; sie entsteht^ wenn man in den von 6 und 6^ gebildeten
Winkelraum irgend einen geeigneten Winkelstreifen aus Papier
oder sonstigem festen Material einfügt. Will man sich wieder,
um die wechselnden Formen der gleichseitigen Ecke auf ein-
mal zu erzeugen^ der Flüssigkeiten bedienen, so hat man nur
nothig, den von 6 und 6^ gebildeten Ebenenwinkel an einer
Seite durch eine — nicht spiegelnde — Wand abzuschliessen.
Wir können demnach schliesslich folgendes zusammenfassende
Resultat aussprechen:
Hauptsatz. Die Krystallformen der Holoedrieen und hemi-
morphen Hemiedrieen dller Krystcdlsysteme sind kaleidoscopische
Figttren, die sich mit einer beliebigen Ausgangsebene bilden lassen.
§ 20. Endlich lassen sich die obigen Sätze in gewisser
Weise auch auf diejenigen Krystallclassen ausdehnen, deren
Symmetrieaxen nicht sämmtlich in den Symmetrieebenen liegen.
Dies sind in erster Linie diejenigen, welche den Gruppen
entsprechen; dazu würden noch, wenn wir aile mit Ebenen-
symmetrie begabten Krystallclassen durchmustern , die zu
den Gruppen
(7* c^ ^'* n^ n^ = s
gehörigen kommen; bei den letzteren treten aber, da sie nur
eine Symmetrieebene enthalten, so einfache Verhältnisse auf,
dass sie Ton vom herein aus dem Spiele bleiben können.
Die zur Gruppe T* gehörige Krystallform besitzt (§ 2)
drei Symmetrieebenen, die sich in den zweizähligen Axen
schneiden; sie bilden daher acht dreiseitige Ecken um den
Punkt 0. Innerhalb jeder derselben liegen drei Grenzflächen
der Erystallform. Auf den aus ihnen gebildeten Körper und
die spiegelnden Wände der dreiseitigen Ecke lassen sich die
obigen Betrachtungen ohne Mühe ausdehnen. In diesem Fall
ist nämlich unmittelbar ersichtlich, dass die in den andern
körperlichen dreiseitigen Ecken liegenden Grenzflächen aus
den obigen durch wiederholte Spiegelung an den drei senk-
rechten Symmetrieebenen entstehen müssen. Bringt man da-
- 192 —
her in die dreiseitige Ecke einen Körper, welcher drei um
eine dreizählige Axe liegende Grenzflächen der Erjstallform
repräsentirt, so geht aus ihm durch Spiegelung an den Wänden
der Ecke das Bild der ganzen Erjstallform hervor.
Das gleiche gilt für die Gruppen Sg" und ^4**. Die erstere
enthält drei durch die Hauptaxe gehende Symmetrieebenen;-
diese zertheilen den Raum um die Axe in SQchs Flächenwinkel,
und innerhalb eines jeden verläuft eine zweizählige Axe.
Innerhalb jedes Winkelraums liegen daher zwei Grenzflächen
der Krystallform , und man erhält, wenn man einen Körper,
der zwei derartige Grenzflächen darstellen kann, in einen der
Winkelräume hineinbringt, durch Spiegelung an den Wänden
das Bild der gesammten Kxystallform. Dies folgt ebenso,
wie der entsprechende Satz für die Gruppen (7»'. Genau das
analoge gilt für diejenige Krystallform, welche der Gruppe /S4"
entspricht.^)
Die folgende Tabelle über die Winkel, welche die spie-
gelnden Seitenflächen mit einander bilden, ergiebt sich un-
mittelbar aus den oben § 18 über Natur und Character der
Krystallform gemachten Bemerkungen.
A. Die Holoedrieen.
1. 0*. Reguläres System 45^ 60^ 90<».
2. Dg*. Hexagonales System .... 30<>, 90^, 90^.
3. D/. Tetragonales System .... 45^, 90^, 90^.
4. D3*. Trigonales System 60<>, 90«, 90^.
f). V\ Digonales System 90^, 90«, 90^
B. Die hemimorphen Hemiedrieen.
1. T^, Reguläres System 60^, 60®, 90^
, 2. Cq\ Hexagonales System .... 30®.
3. C^\ Tetragonales System .... 45®.
4. C3^ Trigonales System 60®.
5. CJ^ Digonales System 90®.
1) Vgl. über die kaleidoscopischen Figaren z. B. Hess, Neaes
Jahrb. f. Min. 1889, S. 54, sowie FedQrow, ebenda, 1890, S. 234.
— 193 —
Die Thatsache, dass die holoedrischen Krystallformen kalei-
dosoopische Figuren sind, ist bereits von Mob ins ausgesprochen
worden.^) Dagegen ist man erst in neuerer Zeit auf den Gedanken
gekommen, die Gestalt der Krystallformen durch kaleidoscopische
Apparate anschaulich zu machen. Solche Apparate sind zuerst
von Hess angegeben worden.*) Das Hessische Verfahren muss
im Princip natürlich mit dem oben im Text dargestellten überein-
stimmen; es unterscheidet sich von demselben darin, dass Hess
in die spiegelnde Ecke ein passendes festes Dreieck einftlgt. Von
diesem Dreieck wird überdies das Innere ausgeschnitten; dies hat
den Erfolg, dass in dem von den Spiegeln erzeugten Bild auch
das Innere der Erjstallform sichtbar wird, so dass mit der Ery-
stallform zugleich ihre Sjmmetrieebenen unmittelbar zur Wahr-
nehmung gelangen, ünabh&ngig von Hess haben auch G.Werner')
und £. C. Fedorow^) kaleidoscopische Apparate zur Demonstra-
tion Yon Krystallformen angefertigt.
Man verdankt Fedorow auch die Construction von Apparaten,
welche zur Demonstration derjenigen Krystallformen dienen können,
die keinerlei Symmetrieebenen enthalten.^) Die Apparate beruhen
auf folgenden Erwägungen. Für jede Krystallform sind die Winkel
der Begrenzungsflächen, also auch die Winkel des ihnen entspre-
chenden Polygons auf der Kugel bekannt. Femer gehen in diesem
Polygon die Halbirungslinien der Winkel sämmtlich durch den-
jenigen Punkty in welchem die betrachtete Grenzfläche der Krystall-
form die Kugel berührt. Soll nun beispielsweise die Grenzfläche
der einfachen Krystallform der enantiomorphen Hemiedrie des
regulären Systems construirt werden, welche
vierzählige, dreizählige und zweizählige Axen
enthält, so yerfUhrt man folgendermassen.
Man yerfertige sich Winkelstreifen aus festem
Messingblech, wie sie die nebenstehende Figur
darstellt, und zwar einen solchen von 90^,
einen von 120^ und einen von 180^ Die
Winkel sind mit Halbirungslinien versehen, überdies sind senk-
recht zu ihren Flächen in ihren Scheitelpunkten Stifte angebracht.
1) Ueber das Gesetz der Symmetrie der Erystalle, Werke, heraus-
gegeben von F. Klein. Bd. II, S. 349.
2) Die Apparate sind im Jahr 1882 in der Marborger Gesellschaft
rar Beförderung d. Naturw. demonstrirt worden.
8) Vgl. Progr. d. Realgymn. zu Stnttg., 1882, (Posthnme Abhandl.)
4) Vgl. Verhandig. d. Petersburger Miner. Gesellschaft, 1884, S.181,
sowie Neues Jahrb. f. Min. 1890, S. 284.
5) a. a. 0. S. 246.
Sohoenflies, KryiUllstrnotar. 13
— 194 ^
Ferner sei eine Holzkugel vorhanden, welche (vgl. Fig. 19, S. 169)
in den Punkten Ä^ B^ W Vertiefungen enthält. In diese werden
die Stifte eingelassen, so dass der Scheitel des Winkels von 90^
auf B f^lt, derjenige von 120^ auf A und deijenige von 180^
auf W, Nun hiege man die Drähte und Metallstreifen noch so,
dass sie sich möglichst der Oherfläche der Kugel anpassen, und
richte die halbirenden Drähte sO; dass sie sämmtlich durch den
beliebig gewählten Berührungspunkt E der Kugel gehen, so bilden
die von A^ B^ W ausgehenden Metallstreifen dasjenige Polygon
auf der Kugel, welches der im Punkte E berührenden Krjstallform
entspricht. Analog hat man in den anderen Fällen zu verfahren,
wenn die Krystallform nur Axensymmetrie besitzt. In den wenigen
Fällen, dass auch Axen zweiter Art auftreten, bedarf es, wie
a. a. 0. angegeben ist/) einer geringen Modification.
Vgl. S. 247.
Achtes CapiteL
Analytische Darstellnng der Symmetrieverhältnisse.
§ 1. Ck>ordinatentraii8formationen und Substitutionen.
Für die mathematische Behandlung der auf der Erystall-
symmetrie beruhenden Erscheinungen ist es nothig, die ver-
schiedenen Symmetrieeigenschaften analytisch im Bereich der
Coordinatenrechnung auszudrücken. Dies soll nunmehr für
jede Symmetrieeigenschaft und auf Grund davon für jede Exy-
stallclasse durchgeführt werden.
Jede Symmetrieeigenschafi; ist durch eine Operation S
erster oder zweiter Art charakterisirt. Denken wir uns jetzt
ein rechtwinkliges Goordinatensystem mit dem Anfangspunkt 0,
dessen Axen X^ Y, Z sind, und stellen wir uns vor, dass die
Coordinatenaxen der Operation S unterworfen werden, so gehen
aus ihnen drei neue Axen X', Y^ Z hervor, welche denselben
Anfangspunkt besitzen. Sie sind, was ihre gegenseitige Lage
betrifft, mit den Axen X, F, Z congruent oder spiegelbildlich
gleich, je nachdem S eine Operation der ersten oder zweiten
Art ist. Sind nun die Winkel
(XZ) = «, (Z'r)-=/J, (X'Z) = y,
1) (rx)-«,, (rr) = /j,, (rz) = n,
SO gelten für die Coordinaten X, Y, Z, resp. X', Y , Z' des-
selben Punktes P in Bezug auf das erste und zweite Axen-
system die Gleichungen
Z' == Z cos a -f F cos /S + Z cos y
2) F = Z cos «1 + Fcos /J, + Z cos y^
Z' = X cos a, + Fcos ft + -^ cos y^
18*
— 196 -
und
X = X' cos a + y cos a^ -f- Z' cos a^
2*) r= X' cos /J + F cos /Jj + Z' cos /3,
Z = X' cos y + i^ cos yi + Z' cos y^ .
Ferner hat die Determinante
cos a cos /S cos y
3) -^ = cos «1 cos /Jj cos yi
cos «2 cos /Sj cos y^
den Werth + 1 oder — 1, je nachdem die Axen X', Y*, Z'
den Axen X, Y^ Z congruent oder spiegelbildlich gleich sind.
§ 2. Da jeder Symmetrieeigenschaft eine Deckoperation S
entspricht, so entspricht ihr in dem vorstehenden Sinn auch
immer eine bestimmte Coardinatentrafisformatian, die durch die
Gleichungen 2) resp. 2*) und den Werth der Determinante z/
bestimmt ist. Wird das Axensystem X', T^, Z' einer neuen
Coordinatentransformation unterworfen, welche zu den Axen
X", F", Z" fahrt, so giebt es auch eine Coordinatentrans-
formation, welche den üebergang der Axen X, Z, Z in die
Axen X", F", Z" vermittelt Wie also zwei Operationen S
und 9R, die nach einander ausgeführt werden, einer bestimmten
Operation 9t aequivalent sind, so stellen auch zwei Coordinaten-
transformationen, die nach einander eintreten, immer wieder
eine Coordinatentransformation dar. Dies legt den Gedanken
nahe, mit den CoordinatenformcUionen ebenso m rechnen^ wie mit
den Operationen. Wir bezeichnen zu diesem Zweck diejenige
Coordinatentransformation, welche der Operation S entspricht,
durch L. Sind ebenso Jlf, resp. N diejenigen Transformationen,
welche den Operationen SR und 91 entsprechen, und besteht
zwischen £, äR und SSI in dem bekannten Sinn die Gleichung
Sa» — 91,
so besteht in dem gleichen Sinn augenscheinlich auch die
Gleichung
Wir können hinzufugen, dass jeder Formel, welche wir für
- 197 —
Operationen abgeleitet haben, eine analoge Formel für Goordi-
natentransformationen zur Seite steht, die aus der ersteren
einfach dadurch hervorgeht, dass w^ir die deutschen Buchstaben
durch die lateinischen ersetzen. Denn da wir in den Coordi-
natentransformationen nur den analytischen Ausdruck der geo-
metrischen Operationen zu erblicken haben^ so muss wirklich
zu jedem Satz und jeder Formel, die von Operationen gilt,
ein parallel laufender Satz^ resp. eine parallel laufende Formel
fär Coordinatentransformationen existiren. Da die Glei-
chungen 2) diejenigen Werthe X', T\ Z' geben, welche bei
der Transformation des Coordinatensystems an die Stelle von
Z, y, Z zu setzen sind, so pflegt man zu sagen, dass sie
eine Sf^äbsi^ücm darstellen. Es ist evident, dass auch die
Substitutionen der Rechnung unterworfen werden können; wir
können geradezu festsetzen, dass wir unter h neben der Coordi-
Datentransformation die ihr entsprechende Substitution ver-
stehen wollen.
Die vorstehenden Ausführungen lassen erkennen, dass
man, wie dies von mancher Seite geschehen ist, die Ableitung
der 32 Krystallclassen auch so durchführen kann, dass man
nicht die Operationen £, sondern die Coordinatentransforma-
tionen, resp. die Substitutionen L als Object der Rechnung
einführt.^) Man braucht in den Capiteln III bis Y unter den
dort benutzten Zeichen anstatt der Operationen nur die Sub-
stitutionen zu verstehen, und man hat die genannte Ableitung
unmittelbar vor Augen. Dass hier vorgezogen worden ist, die
Rechnungen an die Operationen selbst anzuknüpfen, dafür war
im wesentlichen der Umstand bestimmend, dass Bewegungen,
Spiegelungen u. s. w. der Anschauung leichter zugänglich sein
dürften, als die durch die Formeln dargestellten Substitutionen,
zumal wenn es sich um die Interpretation der zusammen-
gesetzten Operationen, resp. Substitutionen handelt. Andrer-
seits lässt sich aber auch der Uebergang von einer Betrachtungs-
weise zur andern mit leichter Mühe bewerkstelligen.
Es seien, wie oben, Z, F, Z die ursprünglichen Coordi-
1) So z. B. bei Minnigerode, Nenes Jahrb. f. Min. Beilagebd. 6,
S. 146.
— 198 —
naten eines Punktes P, X', F, Z' diejenigen^ welche ans
ihnen durch die Transformation L hervorgeheo^ endlich mögen
aus diesen durch die Transformation M die Coordinaten
Z", F", Z' entstehen. Sie sind mit X', Y\ Z' durch Glei-
chungen von der Form 2) verbunden. Werden die bezüglichen
Werthe von X', F', Z in die oben stehenden Gleichungen 2)
eingesetzt; so ergeben sich diejenigen Gleichungen, welche
X, F, Z durch X", F", Z" ausdrücken und die Ooordinaten-
transformation Hi darstellen. Analytisch beruht daher die
Möglichkeit; mit den Coordinatentransformationen zu rechnen,
darin, dass durch Verbindimg linearer Gleichungen, wieder lineare
Gleichungen entstehen.
§ 3. Die Coordinaten der gleiohwerthigen Ptmkte. Man
kann übrigens die Gleichungen 2) und 2*) noch etwas anders
interpretiren. Man denke sich den beliebig angenommenen
Punkt P fest mit den Coordinatenaxen X, F, Z verbunden,
und bezeichne denjenigen Punkt, in welchen P durch die Ope-
ration S der ersten oder zweiten Art übergeht, durch P\ so
hat P' zu den Axen X', F', Z' dieselbe Lage, wie P zu den
Axen X,' F, Z. Verstehen wir jetzt unter X', F', Z' die Coordi-
naten des Punktes P' gegen die gestrichenen Axen, so geben
die Gleichungen 2*) in X, F, Z die Coordinaten dieses selben
Punktes P' gegen die ungestrichenen Axen. Andrerseits stimmen
die Coordinaten des Punktes P" gegen die gestrichenen Axen
mit den Coordinaten des Punktes P gegen die ungestrichenen
Axen überein; d. h. in den obigen Gleichungen lassen sich
X, F, Z und X", F, Z' als Coordinaten der beiden verschiedenen
Punkte P" und P gegen dasselbe Axensystem, nämlich dasjenige
der ungestrichenen Axen auffassen; und zwar stehen die Punkte
P' und P in der Beziehung zu einander, dass P'(X, F,Z) aus
P(X', F', Z') durch die Operation S hervorgeht.
Um die Bezeichnung natürlicher zu gestalten, mögen jetzt
X, ify 0 die Coordinaten eines Punktes P bezüglich der X, F, Z-
Axen bedeuten und x^y y^^ z^ die Coordinaten desjenigen
Punktes P, bezüglich derselben Axen, welcher aus P durch
die Operation fi hervorgeht. Alsdann bestehen gemäss dem
Vorstehenden die Gleichungen
— 199 -
x^ = X cos a + y <50s «1 4" ^ cos «^
4) yi = X cos /J + y cos A + ^ cos /J,
;erj = a: cos y + y cos yi + ^ cos y, ,
wenn die Operation £ die Axen X^ F, Z in Axen X^, F,, Z,
so überfahrt, dass
5) (r.z) = «,, (rir)=-A, (r,^ = y.,
ist.
Die Beziehung, in welcher die analytischen Formeln zu
der ihnen entsprechenden Operation & stehen, gewinnt hier-
durch in hohem Grade an Einfachheit. Wir sprechen sie in
folgendem Satz aus:
Lehrsatz I. Ist 2 eine Operation ^ welche durch die Glei-
chungen 5) bestimmt ist, so gd>en die Gleichungen 4) die Coordi-
tuUen Xi, yi, 0^ desjenigen Punktes Pj, wdcher aus P{x,y,z)
durch die Operation 2 hervorgeht, und m/oar le^üglich derselben
CoordincUenaxen X, F, Z. '
Welcher Art die Operation & ist, spielt bei dem Beweis
des Satzes keine Rolle; derselbe gilt daber für Operationen
erster und zweiter Art
Für das Studium der Symmetrieeigenschaften eines Ery-
stalles ist die Eenntniss der Ooordinaten derjenigen Punkte
P^, P, , welche aus einem beliebig gewählten Ausgangs-
punkt P durch alle Operationen der zugehörigen Gruppe G
hervorgehen, von grosser Wichtigkeit. Die bezüglichen Punkte
sind sämmtlich unter einander gleichwerthig, ebenso also auch
diejenigen Richtungen, welche die Punkte mit dem Anfangs-
punkt 0 der Ooordinaten verbinden. Wenn nun eine Erystall-
eigenschaft für jeden Punkt, resp. jede Richtung durch einen
Ausdruck in den Ooordinaten dargestellt werden kann, so wird,
wie unmittelbar klar ist, dieser Ausdruck für alle gleich-
werthigen Punkte denselben Werth annehmen, der Ausdruck
darf sich daher nickt ändern, wenn ßr x, y, z die Coordinaten
irgend eines andern mit x, y^ 0 gleichwerthigen Punktes gesetzt
werden. Dies ist ein fundamentales Princip, welches für die
- 200 -
theoretische Untersuchung der Erystalle eine hervorragende
Rolle spielt, und von dem hei allen Prohlemen, in denen der
Symmetriecharacter in Frage steht, Gebrauch zu machen ist«
Wir wollen nun im Folgenden die den verschiedenen
Operationen entsprechenden Gleichungen 2*) herstellen, und
auf Grund dessen für jede Erystallclasse die einander gleich-
werthigen Punkte bestimmen. Um die Untersuchung möglichst
zu vereinfachen, erscheint es als das zweckmässigste, die Axen
und Ebenen der Symmetrie stets in einfachster Lage anzu-
nehmen.
§ 4. Das digonale und monogonale System« Die für
dasselbe in Frage kommenden Operationen sind die Spiegelung,
die Inversion und die Umklappung^i Wir setzen ausdrücklich
fest^ dass dieZ-Axe stets Hauptsymmetrieaxe und die XF-Ebene
die Hauptsymmetrieebene sein soll. Femer bezeichnen wir die
Coordinaten des Ausgangspunktes durch xyM, überdies soll
für diese Untersuchung
x^ y, 0 statt — X, — y, — 0
geschrieben werden.
Die Inversion ersetzt (Cap. II, 7) jeden Punkt durch den-
jenigen, welcher ihm in Bezug auf 0 diametral gegenüber
liegt; daraus folgt unmittelbar, dass
X y z und x y 0
die beiden gleichwerthigen Punkte sind.
Ist die ZF- Ebene die spiegelnde Ebene, so sind, wie eben-
falls unmittelbar ersichtlich ist,
X y 0 und x y 0
die beiden gleichwerthigen Punkte.
Für die Umklappung nehmen wir die Z-Axe als entspre-
chende zweizählige Symmetrieaxe. Die beiden gleichwerthigen
Punkte seien P und P^. Beachten wir, dass ihre Projectionen
auf der XF- Ebene gegen den Anfangspunkt centrisch sym-
metrisch liegen, so folgt leicht, dass ihre Coordinaten
X y 0 und x y 0
sind.
— 201 -
Die Inversion gegen 0 ist bekanntlich der Spiegelung
gegen die XF- Ebene und der Umklappung um die Z-Axe
aequiralent. Dies muss daher auch in den vorstehenden Re-
sultaten zu Tage treten. In der That, denken wir uns aus
X y 0 zuerst durch die Umklappung den Punkt x y is abge-
leitet, und dann aus diesem sein Spiegelbild gegen die XF-Ebene
bestimmt, indem wir gemäss dem Obigen das Vorzeichen der
dritten Coordinate umkehren, so ergeben sich für dieses Spiegel-
bild die Coordinaten x y ss. Wir finden also hier in Wirk-
lichkeit diejenigen Analogieen zwischen den Operationen und
den Substitutionen der Coordinaten bestätigt, auf welche oben
in § 2 hingewiesen wurde.
§ 5. Durch das Vorstehende sind die gleichwerthigen
Punkte für die Erystallclassen des monogonalen Systems und
die den Gruppen S^ und C^ entsprechenden Olassen des digo-
nalen Systems unmittelbar bestimmt. Auch für die Classen,
welche den andern Gruppen des digonalen Systems ent-
sprechen, können sie ohne Weiteres angegeben werden. Die
Gruppen C^^ und G^^ enthalten gemäss Gap. V, 8 beide die
Identität und die Drehung um die Z-Axe; dazu kommen für
Cj* die Spiegelung an der XT-Ebene und die Inversion, für
C{ die Spiegelungen an der XZ- und ZZ-Ebene. Daher sind
die gleichwerthigen Punkte für CJ^
X y 0, sc y e y ^ y ^7 (Xi y 0
und für (?,•
X y 0 , ^ y ^ 9 ^ y ^ j X y 0,
Die Vierergruppe V besteht gemäss Gap. IV, 5 aus den
vier Operationen
1, U, 5B, SB,
d. h. aus der Identität und den Umklappungen um die X, Y^Z-
Axe; die bezüglichen gleichwerthigen Punkte sind daher
X y 0, X y 0, X y Zj X y 0.
Um endlich für F^ die gleichwerthigen Punkte zu erhalten,
haben wir zu den vier vorstehenden nach Gap. V, 12 noch die-
jenigen vier zu fügen, welche sich aus x y 0 durch Spiegelung
- 202 —
an den Coordinatenebenen und durch Inversion ergeben, d. h.
die Punkte
X y z, X y ßy X y z, x y z.
Wir gelangen somit für die im Vorstehenden angenommene
Lage der Symmetrieaxen und Symmetrieebenen zu folgendem
Schema:
Monogonales System.
Gl. Hemiedrie. x y z.
(7i*. Holoedrie. x y z und x y z,
Digonales System.
Sj. Zweite Tetartoedrie. x y z und x y z.
• C^. Erste Tetartoedrie. x y z und x y z.
Cg*. Paramorphe Hemiedrie.
x y z, X y 3, X y z, x y z.^)
C^". Hemimorphe Hemiedrie.
X y z, X y z, x y z, x y z.^)
F. Enantiomorphe Hemiedrie.
X y z, X y Zy ^ y ^, x y z,
F*. Holoedrie.
X y z, X y z, x y z, x y z
X y Zy X y 0, X y z, x y z.^)
In allen diesen Erystallclassen drücken sich die Coordi-
naten der gleichwerthigen Punkte durch dieselben Grössen
aus; nur ihre Vorzeichen sind verschieden. Für die Gruppen
V und F* ändern sich die Vorzeichen in einer regelmässigen
rücksichtlich der drei Goordinatenrichtungen symmetrischen
Weise. Hierüber gelten folgende Sätze.
Lehrsatz IL Die Holoedrie F* ist durch die acht Vorzeichen-
combinationen
1) Die Reihenfolge weicht von derjenigen der vorigen Seite etwas
ab. Sie ist so gewählt, um das formale Gresetz, welches in den Aus-
drücke u der gleichwerthigen Punkte zu Tage tritt, möglichst leicht er-
kennbar zu machen.
— 203 —
+ + +, +--, - + -, -- +
, - + +, +-+, + + -
charaderisirt
Andere Yorzeichencombinationen lassen sich, wie aus-
drücklich bemerkt werden möge, überhaupt nicht aufstellen.
Femer folgt:
Lehrsatz ni. Die Hemiedrie Vist dtirch die vier Vorzeichen-
combinationen
+ + +, +--, - + -, -- +
characterimH.
Dagegen können die vier Zeichencombinationen, welche
der zweiten Zeile von F^ entsprechen, für sich allein nicht
die Substitutionen einer Gruppe darstellen.
§ 6. Allgemeiner Satss über die Coordinaten der gleioh-
^werthigen Funkte. Wir haben die Coordinaten der gleich-
werthigen Punkte bisher dadurch ermittelt, dass wir von den
einzelnen Operationen jeder Erystallclasse ausgingen, und die
ihnen entsprechenden Substitutionen bestimmten. Es ist evi-
dent, dass sich dieser Weg an der Hand der Resultate der
Cap. IV und V auch für die andern Erystallclassen einschlagen
läset und immer zum Ziele fährt. Er würde aber offenbar
einen sehr grossen Aufwand von Rechnung erforderlich machen;
wir ziehen daher vor, ihn durch ein mehr systematisches, und
in Folge dessen einfacheres Verfahren zu ersetzen. Dasselbe
beruht auf der Erwägung, dass^ wie wir oben in § 2 aus-
einandergesetzt und f&r das Beispiel der Inversion in § 4 aus-
gef&hrt haben, die Zusammensetzung der Goordinatensubstitu-
tionen der Zusammensetzung der entsprechenden Operationen
parallel läuft. Betrachten wir z. B. die vorstehend schon be-
handelte Erystallclasse F^, so sind ihre Operationen
1, U, », äB,
@A, U@A, »@A, aB©A,
und zwar sind die Operationen der zweiten Zeile diejenigen,
welche sic& ergeben, wenn man auf die Operationen der ersten
Zeile die Spiegelung @a an der XT^Ebene folgen lässt Nun
sind, wie oben angegeben,
— 204 -
X y z, 30 y z, x y z, x y z
die Punkte, welche den Operationen der ersten Zeile entsprechen;
gemäss dem vorstehenden Schema erhalten wir daher die den
Operationen der zweiten Zeile entsprechenden Coordinaten, in-
dem wir die ersten vier Punkte an der XF-Ebene spiegeln,
d. h. indem wir die Vorzeichen ihrer dritten Coordinaten um-
kehren. In der That gelangen wir dadurch zu den Coordinaten
X y Zy X y Zf 3C y z, x y z, #
welche wir auch oben gefunden haben.
Es liegt nahe, bei dieser Gelegenheit die Frage auf^u-
werfen, welche Anordnung der Operationen von F* dem in
obiger Tabelle (S. 202) enthaltenen Schema
X y z, X y z, x y z, x y z
X y z, X y z, x y z, x y z
zu Grunde liegt. Die erste Reihe entspricht wieder den Opera-
tionen
l, U, », SB.
Die zweite Reihe entsteht aus der ersten durch Vertauschung
der Vorzeichen aller Coordinaten; jeder ihrer Punkte entsieht
also aus dem darüber stehenden durch Inversion; die bezüg-
lichen Operationen sind daher
3, U3, m, äBS.
Dem obigen Schema entspricht daher diejenige Erzeugungs-
art der Gruppe Q*, bei welcher sie aus der Gruppe Cg durch
Multiplication mit der Inversion 3 hervorgeht.
Es ist evident, dass sich das an dem Beispiel der Gruppe
F* dargestellte Princip auf alle Gruppen übertragen lasst;
d. h. es gilt folgender
Hauptsatz. Ebenso toie sich die Beckoperationen jeder Ery-
sUülclasse aus einzelnen durch Muttiplioation bilden Uissen, so
können auch die Coordinaien aller gUichwerthigen Funkte erhalten
werden^ indem wir einzelne bestimmte Coordinatensubstitutionen in
analoger Weise zusammensetzen.
§ 7. ESneugende Operationen und SubstitationezL Die-
jenigen Operationen, aus denen sich die sämmtlichen Opera-
- 205 —
tionen einer Gruppe durch beliebige MnltiplicatioD bilden
lassen, wollen wir erzeugende Operationen nenneo. Ebenso
mögen die ihnen entsprechenden Coordinaten Substitutionen
ergeugende Substitutionen heissen; sie sind diejenigen; aus welchen,
wie eben gezeigt, alle andern Substitutionen hergestellt werden
können. Solche Operationen für jede Gruppe zu kennen, ist
daher von Wichtigkeit.
Für die meisten Gruppen können die erzeugenden Opera-
tionen mannigfach gewählt werden. Bei denjenigen Gruppen,
welche nur aus den Potenzen einer und derselben Operation
bestehen, kann offenbar diese Operation als die erzeugende
betrachtet werden. Aber selbst in diesem Fall ist die bezüg*
liehe Operation nicht immer bestimmt. Z. B. kann, wie aus
Cap. III, IV hervorgeht, die Gruppe C^ auf zwei verschiedene
Arten aus den Potenzen einer Drehung gebildet werden, näm-
lich aus
jede von ihnen kann daher die erzeugende Operation darstellen.
Es giebt übrigens noch eine dritte Erzeugungsweise der
Gruppe Cq. Verstehen wir unter 9L die Drehung um 60^,
so sind
1, a, 5a% a% «s «^
die Drehungen von G^. Setzen wir nun
a, = a« = 8i(^)
«3 = «» = «('3-)^
so dass 3(2 und K^ Drehungen um 120^ und 180^ sind, so
stimmen die sechs Drehungen
1, «,, a,*
augenscheinlich mit den obigen sechs Drehungen überein; 9^
und ^[3 können daher ebenfalls als erzeugende Operationen der
Gruppe C^ dienen. Es ist leicht ersichtlich, dass in dieser
Erzeugungsart die Thatsache zum Ausdruck gelangt, dass eine
- 206 —
Aze, die gleichzeitig zweizählig und dreizählig ist^ eine sechs-
zählige Axe bildet.
Je höher die Symmetrie einer Gruppe wird, um so mannig-
facher lässt sich die Auswahl der erzeugenden Operationen
treffen. Von den Gruppen D« haben wir in Cap. IV, 3 gezeigt^
dass sie sowohl durch zwei Nebenaxen als auch durch eine
Nebenaxe und die Hauptaxe bestimmbar sind, das gleiche gilt
daher auch von den zugehörigen Drehungen. Femer wurde
von den Gruppen zweiter Art bewiesen, dass sie durch Multi-
plication einer Drehungsgruppe mit irgend einer ihrer Opera-
tionen zweiter Art gebildet werden können. Um endlich eia
letztes besonders eigenartiges Beispiel zu geben, sei darauf
hingewiesen, dass nach Cap. VII, 19 die holoedrischen Gruppen
der höheren Systeme sämmtlich durch drei Spiegelungen be-
stimmt sind, so dass jede Operation aus ihnen durch Multi-
plication zusammengesetzt werden kann.
Bemerkung. Um Irrthumer zu vermeiden, möge an
dieser Stelle ausdrücklich darauf hingewiesen werden, dass
wir in dieser Schrift unter MtUtiplication einer Gruppe G mit
einer Operation 2 immer solche Multiplication verstanden haben,
bei welcher & an alle Operationen von G von derselben Seite
als Factor herantritt. Solche Multiplication wird auch genauer
als einseitige Multiplication, resp. als linksseitige oder rechts-
seitige Multiplication bezeichnet. Alle speciellen Fälle der
Multiplication von Gruppen, die wir bisher zu betrachten
hatten, sind von dieser Art. Man vgl. z. B. Cap. IV, 4, Cap. V, 4 ff.,
sowie Cap. VI, 21 u. s. w. Die einseitige Multiplication ist auch
diejenige, welche theoretisch am häufigsten auftritt. Wenn
dem gegenüber im Vorigen davon die Bede ist, dass sich alle
Operationen einer holoedrischen Gruppe durch Multiplication
aus drei Spiegelungen erzeugen lassen, so sind in diesem Fall
Producte jeder Art in's Auge zu fassen, die sich aus den be-
züglichen Spiegelungen bilden lassen, und ähnlich steht es,
wenn es sich darum handelt, die Drehungen einer Gruppe D«
aus zwei Umklappungen U und U| durch Multiplication dar-
zustellen, sowie überhaupt bei den erzeugenden Operationen
allgemeinster Art.
- 207 -
Im Folgenden wird jedoch ^ wie auch bisher, unter der
MyUiplicaHofi einer Grt(ippe immer die einseitige MuUiplicatian
ihrer Operationen verstanden werden.
§ 8. Die EneneimgBarten der einaelnen Gruppen. Es
wurde zu weit führen, wollten wir für jede der 32 Gruppen G
alle überhaupt möglichen Erzeugungsarten angeben; auch wird
es keineswegs durch die Zwecke des vorliegenden Buches ge-
fordert. Nur auf diejenigen Erzeuguugsarten soll hingewiesen
werden^ von denen wir in diesem oder in einem der späteren
Capitel Gebrauch zu machen haben; es sind zugleich diejenigen,
welche von besonderem theoretischen Werth, sowie von
typischer Bedeutung sind.
Wir beginnen mit den Drehungsgruppen. Für die Gruppen
Cn werden wir, wie es naturgemäss ist, die einfache Drehung
um die n- zählige Axe als erzeugende Operation betrachten.
Auch für die Gruppen
bedarf es besonderer Betrachtungen nicht; wir benutzen die-
jenige Erzeugung derselben, welche in der in Cap. lY, 4 ge-
gebenen Ableitung hervortritt. Wir haben die Drehungen einer
jeden Gruppe Z>. dort durch
1, a, «» a»-i
u, ua, ua« u«»-^
dargestellt; ßir jede Diedergruppe bilden daher % und U ein
Paar eraeugender Operationen. Beachten wir noch, dass die
Operationen der ersten Zeile die Gruppe Cn bilden, dass 1 und
U zusammen eine Gruppe C^ bestimmen, deren Axe u ist, und
dass alle Operationen der Gruppe D» entstehen, wenn die Opera-
tionen der Gruppe C« mit denen der Gruppe (7^ multiplicirt
werden, so folgt noch:
Lekrsatz IV. Die Gruppe D» kann durch MulMplication
der Gruppe Cn fnit einer Gruppe C^ erzeugt werden^ deren Axe
H auf der n-eäfUigen Axe a senkrecht steht.
Die Erzeugung der Tetraedergruppe T basiren wir auf
den in Cap. VI, 21 ausgesprochenen Lehrsatz. Wie in Cap. IV, 9
— 208 —
nachgewiesen, enthalt die Tetraedergruppe die Vierergmppe V
als Untergruppe. Die Drehungen von V bezeichnen wir, wie
gewohnlich, durch
1, U, », 2B.
Nun muss es, dem angezogenen Satz zufolge, zwei Operationen
Wt^ und 3R^ der Tetraedergruppe geben, so dass durch links-
seitige oder rechtsseitige Multiplication vorstehender yier Dreh-
ungen die übrigen acht Operationen der Tetraedergruppe ent-
stehen. Wir behaupten, dass Sl und 9t' diese Operationen sind,
wenn % die einfache Drehung um die dreizählige Axe bedeutet.
Da % keine Operation der Vierergruppe ist^ so sind, wie aus
dem Beweis des angezogenen Satzes folgt, die Producte
a, ua, «a, asa
unter sich und von den Drehungen der ersten Zeile verschieden.
Femer ist kein Product der zweiten Zeile der Drehung Ä*
äquivalent, da keines dieser Producte eine Drehung um die
Axe a darstellen kann, folglich sind dem genannten Satze
gemäss
«« ua« »a^ asa»
die noch übrigen Drehungen der Tetraedergruppe. Als er-
zeugende Operationen der Tetraedergruppe können daher diejenigen
der Vierergruppe, sowie eine Drehung von 12(fi betrachtet u>erden,
deren Axe symmetrisch m den Axen der Vierergruppe liegt.
Die vorstehenden Operationen
1, U, SB, . äB
a, ua, ä^a, ssa
a% ua% »31% asä«
ergeben sich, wenn die Operationen der ersten Zeile resp. mit
1, a, %^
multiplicirt werden. Nun bilden aber diese drei Drehungen
eine Gruppe Q, also folgt:
Lehrsatz V. Die Tetraedergruppe geht durch Muitiplieation
der Vierergruppe mit einer Gruppe Cj hervor, deren Axe sym-
metrisch 0u den Ajxen der Vierergruppe liegt,
^ 209 -
Es ist evident, dass die obigen 12 Drehungen mit den
8. 69 angefahrten Drehungen identisch sind; im besondem
sind daher die Producte der zweiten und dritten Zeile Dreh-
ungen um die dreizähligen Axen der Tetraedergruppe.
§ 9. Eine erste Erzeugung der Oetaedergruppe 0 ist aus
Cap. lY, 11 zu entnehmen. Wir haben dort gezeigt, dass sie
sammtliche Operationen der Tetraedergruppe enthält. Ist
femer U' eine nicht in der Tetraedergruppe enthaltene üm-
klappung der Oetaedergruppe, so sind nach Cap. VI, 21 alle
Operationen, die aus der Tetraedergruppe durch Multiplication
mit U' hervorgehen, verschieden und müssen die 12 andern
Operationen der Oetaedergruppe darstellen. Als erzeugende
Operationen der Oetaedergruppe können also diejenigen der Tetra-
edergruppe in Verbindung mit der Umhlappiing U' betrachtet
toerden. Beachten wir noch, dass die Axe u auf einer der
dreizähligen Axen von T senkrecht steht, so folgt:
Lehrsatz VI. Die Oetaedergruppe entsteht durch MuUipti-
cation der Tetraedergruppe T mÜ einer Gruppe (7g, deren Axe
auf einer der dreigahligen Axen von T senkrecht steht
Vt^ir bedürfen für spätere Zwecke einer zweiten Erzeugungs-
weise der Oetaedergruppe, bei welcher sie durch einseitige
Multiplication von zwei ihrer Untergruppen entsteht. Hierfür
können offenbar nur solche Untergruppen in Frage kommen,
für welche das Product der Zahl ihrer Operationen gleich 24
ist. Derartige Paare von Gruppen sind D^ und C^, J)^ und C^^
sowie Dg und V. Jedes Paar bestimmt eine Erzeugungsweise
der Oetaedergruppe; wir beschränken uns darauf, diejenige
abzuleiten, welche dem ersten Paar entspricht.
Wir stützen uns wieder auf die in Gap. VI, 21 enthaltenen
Ausführungen. Bezeichnen wir, wie in Cap. IV, 4, die Neben-
axen der Gruppe D^ durch u, u^, Ug, t4g, nennen analog zu
Cap. IV, 11 die zugehörige Hauptaxe b und die dreizählige
Axe a, so sind
1, ö, ö«, »», u, u„ u,, u,
die Drehungen von D^. Das Product der Gruppen D^ und C,
wird daher durch die Operationen
Sohoenfliei, KryitaUstraotor. 14
— 210 -
1, 83, »S S5% U, U„ U,, U3
a, 85«, 85% 85»«, ua, U,«, U,«, U,«
ä«, 85«*, a5*«S 85»«% U««, Ui«% Ü,«% U3«*
dargestellt. Sind diese Operationen sämmÜich verschieden,
so bilden sie die Oetaedergruppe. Hierzu ist gemäss Cap. VI^ 21
nur zu zeigen, dass alle Operationen der ersten und zweiten
Zeile von «* verschieden sind. Dies muss aber deshalb der
Fall sein, weil keine Operation der ersten Zeile mit « oder
«* äquivalent ist Demnach folgt:
Lehrsatz VII. Die Oetaedergruppe kann durch Multiplication
einer Gruppe D^ mit einer Gruppe C^ gebildet werden, deren
Axe symmetrisch zu drei einander senkrechten Axen von D^ liegt.
§ 10. Für die Gruppen zweiter Art lassen sich die ein-
schlägigen Verhältnisse an der Hand der vorstehenden leicht
klar stellen. Wie wir in Cap. V^ 4 gesehen haben, enthält
jede von ihnen eine der vorstehenden Drehungsgruppen als
Untergruppe, und kann erzeugt werden, indem diese Drehungs-
gruppe mit irgend einer der Gruppe angehorigen Operation
zweiter Art multiplicirt wird. Für die Gruppen mit einer
einzigen Axe zweiter Art kann iusofem eine Vereinfachung
eintreten, als augenscheinlich die Operation « allein eine er-
zeugende Operation darstellt. Nothwendig wird die Berück-
sichtigung dieser Operation allerdings nur für die Gruppe 8^,
für jede andere derartige Gruppe können gemäss Satz VII von
Cap. V einfachere Operationen zweiter Art im Verein mit einer
Drehung benutzt werden.
Für diese Gruppen zweiter Art bedienen wir uns der
eben genannten Erzeugungsart. Ihre erzeugenden Operationen
bestehen daher aus denjenigen der bezüglichen Drehungsgruppe
in Verbindung mit irgend einer Operation Zureiter Art^ welche
das Axensystem der Drehungsgruppe in sich überfuhrt
Welche dieser Operationen wir hierzu auswählen, ist theo-
retisch gleichgiltig, practisch zweckmässig ist es, eine der
einfachsten zu nehmen. Hierzu kann gemäss Cap. V, 10 stets
eine Spiegelung benutzt werden. Für unsere Zwecke empfiehlt
es sich aber, für diejenigen Gruppen, welche ein Symmetriecenbrum
- 211 -
besagen, die Inversion als erzeugende Operation zu tmhlen. Die
Coordinatensnbstitution, welche der Inversion entspricht^ ver-
wandelt jeden Punkt x y 0 in x y Z] sie ist vom Coordinaten-
System unabhängig und deshalb diejenige^ mit welcher am
besten operirt werden kann.
§ 11. Das trigonale System. Wir beginnen mit der Ho-
loedrie, die der Gruppe Dg* entspricht. Als erzeugende Opera-
tionen wählen um die Drehung % , die Umklappung U und die
Spiegelung @ä. Sie führen, wenn wir wie in Cap. IV, 4 und V, 13
die Producte USl, U9l^ durch U^, U, bezeichnen, zu folgendem
Schema
1, «, st«, u, u„ u,
@», a@», si*@», u©», u,@*, u,©*.
Wir lassen die dreizählige Symmetrieaxe wieder mit der
Z-Axe zusammenfallen, und legen die Nebenaxe u in die X-Axe.
Es handelt sich zunächst darum, diejenige Coordinatensubsti-
tution zu finden, welche einer Drehung um die Z-Axe um
den Winkel 120^ entspricht. Hierzu benutzen wir die oben
abgeleiteten Gleichungen 4) und 5). Die bezüglichen Axen-
winkel erhalten die Werthe:
(z,z) = \', (z,r)= J, (z,z) = f
(r.z) = ^, (r,r) = Y' (y,z) = 1
iz,x) = }, (^,r)-=.|-, iz,z) = 0;
demgemäss nehmen die Gleichungen 4), wenn wir den in ihnen
enthaltenen Grossen «,- ßt y, die entsprechenden Werthe er-
theilen, folgende Form an:
X, Lx-\yy~3
yi= ^^/3- ly
z^^= z ,
Analog ergeben sich die üoordinaten x^y y^, z^ desjenigen
Punktes, welcher aus P vermittelst Drehung um 240^ entsteht,
in der Form
U*
— 212 —
a;« = — 2^4- 2 yV^
Nachdem wir so die Coordinaten der Punkte P^ und Pg
bestimmt haben, welche aus P durch die Drehungen Ä und
Ä* hervorgehen, können wir die zwölf gleich werthigen Punkte,
welche den obigen zwölf Operationen entsprechen, unmittelbar
bilden. Wir haben dazu zunächst in den Coordinaten der
Punkte P, Pj, Pg der Umklappung um die X-Axe entspre-
chend die Zeichen der zweiten und dritten Coordinate umzu-
kehren. Dadurch ergeben sich die Coordinaten der sechs Punkte
der ersten Zeilen. Aus ihnen gehen die übrigen dadurch her-
vor, dass wir in ihnen das Vorzeichen der dritten Coordinate
verändern. So ergeben sich folgende zwölf Coordinatentripel :
I.
II.
III.
IV.
wo £? = 0, = i?2
Diese zwölf Punkte bilden die gleich werthigen Punkte der
Holoedrie des trigonalen Systems. Damit sind gemäss Cap.Vl,12
die bezüglichen Punkte für die Hemiedrieen und die Tetartoedrie
gleichzeitig ermittelt. Nämlich die enantiomorphe Hemiedrie D^
enthält (Cap. IV, 4) die Operationen der ersten und zweiten
Zeile des oben stehenden Schemas, die hemimorphe Hemiedrie
entspricht (Cap. V, 13) der Zeile I und IV, die paramorphe
(Cap. V, 8) der Zeile I und ÜI, und die Tetartoedrie der Zeile I
allein. Also ergiebt sich:
Trigonales System.
Dg*. Holoedrie. I, II, HI, IV.
Dg. Enantiomorphe Hemiedrie. I, II.
Cs*. Hemimorphe Hemiedrie. I, IV.
Oj*. Paramorphe Hemiedrie. I, III.
Cj. Tetartoedrie. I.
X y e,
«1 y_i «1 ,
«2 y« «i .
X y a,
«1 yi «i,
«» y% ^j,
xy s,
«1 Vi «17
«« y* «2,
o^y e,
«1 »1 «1 ,
«1 y, H>
ist.
— 213 —
Die Coordinaten von je vier unter einander stehenden
Punkten sind dadurch characterisirt^ dass für y und si alle
überhaupt möglichen Zeichencombinationen auftreten.
§ 12. Es ist für einzelne Classen des trigonalen Systems
oftmals zweckmässig; die Hauptaxe nicht in die Z-Axe zu
legen, sondern sie symmetrisch gegen die drei Coordinatenaxen
anzunehmen. Eine solche Gerade ist diejenige, welche im
ersten Octanten verläuft und mit den drei Axen gleiche Winkel
bildet. Wird eine Drehung um 120^ ausgeführt, so geht da-
durch, wie evident ist, die X-Axe in die F-Axe, diese in die
Z-Axe, und diese wieder in die.X-Axe über. Bei dieser Wahl
der Hauptsymmetrieaxe sind von den in den Gleichungen 5)
auftretenden Winkeln alle gleich 90^, bis auf
(z,r), (Y,Z), (z,X),
die den Werth Null haben; die Coordinaten der durch die
Drehungen 1, %, %^ entstehenden Punkte haben demgemäss
die Werthe
X y 0, 0 X y, y z X.
Die Nebenaxe u nimmt man am zweckmässigsten so an, dass
sie in die XF- Ebene fällt; sie halbirt alsdann den Winkel
der X- und F-Axen, und verläuft im zweiten und vierten
Quadranten. Die Gleichungen 5) lauten demnach in diesem Fall
(ixX;-¥'
(X,Y) = «,
(X,Z) = ^
{Y,X) = n,
(r.T) = ^,
(r.z) = |-
(Z,X)=^,
(^.r) = |-,
(Z.Z) = «
und die Gleichungen 4) ergeben, wie übrigens auch aus der
Figur leicht zu entnehmen,
x^ = — y
»^ ^ -- z.
Die Umklappung U lässt daher aus den obigen drei Punkten
resp- die Punkte
yxz, X z y, z y x
entstehen.
— 214 —
Die dritte Operation, welche auf einfache Formeln führt,
ist die Spiegelung gegen eine Ebene, welche durch die ^-Axe
geht, und den Winkel zwischen der positiven X- und F-Axe
halbirt. Da sie die beiden Axen mit einander yertauscht, so
ergiebt sich unmittelbar, dass
X y 0 und y x b
die Coordinaten der ihr entsprechenden gleichwerthigen
Punkte sind.
Die Spiegelung an der Hauptsymmetrieebene fuhrt nicht
mehr auf einfache Formeln; die vorliegende Wahl des Coordi-
natensystems empfiehlt sich daher innerhalb des trigonalen
Systems nur fOr die Gruppen CJ,, C^ und Dj, und liefert
folgendes Resultat:
C^, Tetartoedrie.
X y ssy y e X, z x y^).
2)9. Enantiomorphe Hemiedrie.
xy0, y fi X, B X y] y X z, xzy, z y x.
G^. Hemimorphe Hemiedrie.
X y z, y B Xy z X y\ x z y, y x z, z y x.
Der Anblick vorstehender Substitutionen f&hrt unmittelbar zu
folgendem
Lehrsatz Vni. Wird die Eauptaxe des trigonalen Systems
symmetrisch gegen die Coardinatenaxen angenommen, so ist die
Tetartoedrie C^ durch die cyclischen Vertauschwngen der Coordi-
naten characterisirt, die Hemiedrie D, durch die cyclischen Ver-
tauschungen und die inversen nd)st Wechsel aller Vorzeichen und
die Hemiedrie Cg* durch aUe Permutationen der Coordinaten,
§ 13. Ausser den beiden eben erörterten Coordinaten-
systemen ist noch ein drittes im Gebrauch. Es ist -mit einer
überzähligen Coordinatenaxe gebildet, und zwar so, dass die
Goordiuatenaxen direct mit der Hauptaxe und den Nebenaxen
der Holoedrie identisch sind. Je zwei positive Nebenaxen
1) VgL die Anmerknng auf 8. 208.
— 215 -
Fig. 21.
schliessen daher einen Winkel von 120*^ ein. Wir bezeichnen
die der Hanptaxe parallele Coordinate durch i, und durch
Si Ss Is ^^^ 2" ^^^ Nebenaxen senkrechten Coordinaten; |^
werde im ersten Winkelraum,
§g im zweiten, und ^ im dritten
positiv gerechnet Die neben-
stehende Figur zeigt unmittel-
bar, dass
Sl Ss ^ b; Sa «8 «1 «7 bs bi bs b
die Coordinaten der drei Punkte
sind, welche durch Drehung um
die t-Are in einander über-
gehen.
Lassen wir dieUmklappungs-
axe u mit der Nebenaxe 1^ zusammenfallen, so geht dadurch
t in ^ über, während, wie die Figur erkennen lässt, |j Sj Ss
sich in I, ^ I2 verwandeln. Die Umklappung lässt daher aus
den obigen drei Punkten resp.
bi bS bs b; b2 bi bs b> bS bg b] b
hervorgehen.
_ Die Spiegelung gegen die Hauptsymmetrieebene führt i
in i über, und lässt ^^ 1^ £3 unverändert; endlich bewirkt die
Spiegelung gegen eine durch die g- und I^-Axe gehende Ebene,
dass S unverändert bleibt, während, wie die Figur lehrt, |^ g, ^
in li I3 ig übergehen. Dies letztere kann man auch aus der
Erwägung entnehmen, dass die zugehörige Spiegelung @« dem
Product aus @a und U äquivalent ist; die bezüglichen Punkte
müssen sich daher ergeben, wenn in den durch U entstandenen
Coordinatenwerthen S ii^ S verwandelt wird.
Wir erhalten demnach für die Holoedrie des trigonalen
Systems folgende zwölf Punkte
I- li I, I3 S, S, I, li t, Ss Si s« t
II. I, 1, 1, §, U gl U ~t, 1» 1« s. t
III. t, fe 63 e, 6, I, g, 5, I» gl I, S
IV. ii 1, 1. 5, Ulli, I, fe ii e
— 216 —
und es ergiebt sich, genau wie oben:
D3*. Holoedrie. I, II, III, IV.
Dg. Enantiomorphe Hemiedrie. I, IL
Cj*. Hemimorphe Hemiedrie. I, IV.
C3*. Paramorphe Hemiedrie. I, HL
Cj. Tetarfcoedrie. I.
§ 14. Das tetragonale System. Für das tetragonale
System lassen wir die Hauptaxe wieder mit der Z-Axe eines
gewohnlichen Coordinatensystems zusammenfallen, und legen
die Nebenaxe u so, dass sie den Winkel zwischen den posi-
tiven X- und F-Axen halbirt. Zur Erzeugung der holoedri-
schen Gruppe D^^ benutzen wir, wie in § 10 angegeben, die
Inversion, alsdann lassen sich die Operationen von D4* in
folgendes Schema bringen:
1
«
a»
«»
u
Ui
u,
u,
3
«3
?P3
a»3
U3
Ui3
U,3
U,3.
Die Operationen der letzten Zeile bedeuten, wie in Cap. V, 13,
die Spiegelungen an den durch die Hauptaxe gehenden Sym-
metrieebenen.
Die Umklappung U führt, wie leicht ersichtlich, den Punkt
X y 0 in y X 0
über. Ferner geht durch die Drehung Ä aus xy is der Punkt
y X 0 hervor; die vier Punkte, welche den Drehungen 1, Ä,
Sl^, W entsprechen, sind daher
X y e y X 0 X y 0 y x 0,
Demgemäss ergeben sich die 16 gleichwerthigen Punkte der
Holoedrie D^ in folgender Form*):
X y 0 y X 0 y X 0 x y 0
y X 0 X y 0 X y 0 y x 0
X y 0 y X 0 y X 0 x y 0
y X 0 X y 0 X y 0 y x 0 ,
1) Vgl die Anmerkung auf S. 202.
— 217 -
Wie bei dem ta-igohalen System sind gemäss Cap. VI, 12
auch hier die bezüglichen Punkte für alle Meroedrieen nun-
mehr ebenfalls bestimmt. Für diejenigen mit einer Hauptaxe
erster Art ergiebt sich wieder folgende Tabelle:
Tetragonales System.
i),*. Holoedrie. I, II, III, IV.
D^. Enantiomorphe Hemiedrie. I, II,
C^^. Hemimorphe Hemiedrie. I, IV.
C/. Paramorphe Hemiedrie. I, III.
C4. Tetartoedrie. I.
Das Bildungsgesetz für die Substitutionen der Holoedrie
und der Meroedrieen- drückt sich in folgenden Sätzen aus:
Lehrsatz IX. I>ie Substitutionen der Holoedrie B^ sind
durch die Vertauschung der "beiden ersten Coordinaten in Verbin-
dung mit den Zeichenconibinationen
+ + H-, +--, - + --, -- +
• ~^-, - + +, +-+, + + -
characterisirt
Die obige Tabelle zeigt nämlich, dass die dritte Coordinate
stets g oder z ist. Andrerseits sind die vorstehenden acht
Zeichencombinationen die einzig möglichen, sie lassen daher
aus xy 0 und y x 0 je acht feinkte — sie selbst eingeschlossen
— hervorgehen; diese U.^'4^unkte müssen mit den obigen 16
identisch sein.
Lehrsatz X. Die Si^stitutionen der Hemiedrie D^ sind
durch die Zeichencombinationen
+ + +, +~-, - + ~, -- + "
und die Vertauschung der beiden ersten Coordinaten in Verbindung
mit gleichzeitiger Zeichenänderung der dritten Coordinate chor
racterisirt.
Um diesen Satz zu bestätigen, braucht man nur die Zeilen
I und II anders zu ordnen. Er sagt aus, dass die Substitu-
tionen von 2)4 erhalten werden, indem man zu den Zeichen-
combinationen der Gruppe V diejenige Substitution fügt, welche
ay 0 durch y x 0 ersetzt, also der Umklappung um die Axe u
- 218 -
entspricht Er zeigt überdies^ dass die Gruppe D^ sich auch
durch Multiplication der Yierergruppe V mit einer Umklappung
erzeugen lässt, deren Axe den Winkel zwischen zwei Axen
der Vierergruppe halbirt.
Die Punkte der Hemiedrie 64^ besitzen sämmtlich dieselbe
dritte Coordinate 0; die ersten beiden Coordinaten zeigen alle
Werthepaare, die sich durch Permutation und Zeichenänderung
ergeben können. Also folgt:
Lehrsatz XI. Die Substihitionen der Hemiedrie C^ sind
durch alle Permutationen der beiden ersten Coordinaten in Verbin-
dung mit allen ZeichencombincUionen
+ +, +-, -.+ , --
characterisirt.
Für die paramorphe Hemiedrie C^^ und" die Tetartoedrie
O4 lässt sich das Bildungsgesetz nicht so einfach ausdrücken.
Um dasselbe anzugeben ^ geht man daher am besten auf die
erzeugenden Substitutionen zurück.
§ 15. Für die Meroedrieen der zweiten Abtheilung er-
geben sich die gleichwerthigen Punkte durch folgende Erwä-
gung. Die Operationen der Classe 8^ sind nach Cap. V, 1
1, ä, a«, a»
und zwar ist 31 = 21© und 31' = 2l'@. Die entsprechenden
Punkte sind daher
X y $^ y X B, X y 0, y x z.
Werden die Operationen der Gruppe 8^ mit U multiplicirt,
so ergiebt sich (Cap. V, 15) die Gruppe 8^. Lassen wir die
Axe tt diesmal in die X-Axe fallen, so gehen die noch fehlen-
den Punkte aus den vorstehenden durch Vorzeichenwechsel
der zweiten und dritten Coordinate hervor. So entstehen die
acht Punkte
L X y z, y X 0, X y 0, y x 0.
IT. X y 0, y X 0, x y 0, y x 0.
Für die Meroedrieen der zweiten Abtheilung folgt daher
A4«. Hemiedrie. I, IL
8^. Tetartoedrie. L
— 219 —
Die Substitutionen der Hemiedrie 8^^ lassen sich auch in
folgende Tabelle
X y $, X y 0, X y 0, x y z
y X 0, y X 0f y ^ ^, y X 0
setzen, so dass das Bildungsgesetz folgendermassen ausge-
sprochen werden kann.
Lehrsatz XII. Die Substitidionen der Hemiedrie S^ sind
durch die Vertauschung der leiden ersten Coordinaten und die
Zeiehencomhinationen
+ + +, + , - + -, +
charaderisirt,
um diese Substitutionen zu erhalten, hat man daher zu
den Substitutionen der Yierergruppe V diejenigen zu fügen,
welche aus ihnen durch Yertauschung der beiden ersten Coordi-
naten hervorgehen. I)ie8 entspricht der Thatsache, dass sich
die Gruppe 8^ durch Multiplication von V mit einer Spiegelung
büden lasst (vgl. Cap. V, 12)"
§ 16. Das hexagonale System. Wir denken uns die
Holoedrie Dg* für unsere Zwecke der Vorschrift des § 10 ge-
mäss durch Multiplication von D^ mit der Inversion 3 erzeugt;
alsdann sind ihre Operationen
\ % %^ w a* «^
U U, U, U, U, U,
3 «3 «*3 «^3 a*3 58^3
U3 U,3 U,3 U33 U,3 U53.
Die Operationen der letzten Zeile entsprechen, wie in Cap. V, 13,
den Spiegelungen an den durch die Hauptaxe gehenden Sym-
metrieebenen.
Wir lassen die Z- Axe mit der Hauptaxe zusammenfallen
und legen die Nebenaxe u in die X*Axe. Anstatt die Punkte,
welche den Drehungen der ersten Zeile entsprechen, mittelst
der Gleichungen 4) und 5) abzuleiten, empfiehlt es sich, hier-
für den Umstand zu benutzen, dass diese Drehungen, wie in
§ 7 erwähnt, durch Multiplication von 1, Sl^, %^ mit 1 und
8(^ dargestellt werden können.
— 220 —
Diejenigen Punkte, welche den Drehungen 8^ und 9(^ ent-
sprechen, haben wir oben für das trigonale System bereits
bestimmt; wie dort, bezeichnen wir sie durch
X y z Xi yi Zi x^ y^ 0^,
An ihnen haben wir nun diejenige Substitution auszuführen,
welche der ümklappung um die Z-Axe entspricht. Die be-
züglichen Punkte sind daher
Wenden wir hierauf diejenigen Substitutionen an, welche der
Umklappung um die X-Äxe und der Inversion entsprechen,
so sind damit die 24 gleichwerthigen Punkte der Holoedrie
Dg* bestimmt. Ihre Coordinaten sind:
I. xyzj iCiy,0i, x^y^Zj, xye, x^y^z^, ^2^2^
IL xyzj ^^1^, x^yj^z^, xyz^ ^iVxhy ^y%^%
ilL xyz, x,y,Zi, x^y^z^, xyz, x^y^z^, ^^^2
IV. xyz, x^y^z^, ^iV^^^, ^V^y ^iVi^i, ^»2^2
und wir erhalten folgende Tabelle.
Hexagonales System.
D^K Holoedrie. I, II, III, IV.
2)4. Enantiomorphe Hemiedrie. I, II.
C4*'. Hemimorphe Hemiedrie. I, IV.
C4*. Paramorphe Hemiedrie. I, III.
Q. Tetartoedrie. I.
§ 17. Für die Meroedrieen der zweiten Abtheilung exi-
stirt (vgl. S. 77) eine dreizählige Axe erster Art und ein Sym-
metriecentrum. Daraus folgt, dass die Punkte, welche den
Operationen
1, ä, 8l^ W\ «S W
entsprechen, resp.
xyz, x^y^z^, ^2^2^«, «y^, ^S^^, ^2y2^2
sind. Aus ihnen gehen diejenigen, welche für die Hemiedrie
Sg« hinzutreten (Cap. V, 15), durch Multiplication mit U herror.
Es entsteht dadurch folgendes Schema.
— 221 —
I. xyz, x^y^Zy x^y^^j, ~xye, ^i^i^, ^^^
n. xyz, x^y.jg^, x^Vi^i, xyz, x,y,B^, x^y^z^,
so dass für
8^. Hemiedrie. 1, II.
iSß. Tetartoedrie. I.
die bezüglichen gleichwerthigen Punkte abgeben.
§ 18. Für die letzten beiden Erystallclassen lässt sich
auch dasjenige Coordinateusystem mit Erfolg benutzen, bei
welchem die Hauptaxe symmetrisch zu den drei positiven
Coordinatenaxen angenommen wird. Beachten wir, dass die
Operationen von Äg" gemäss Cap. V, 14 durch Multiplication
derjenigen von Dg mit der Inversion 3 entstehen, so ergiebt
sich, dass für
8^ = Cg' , Tetartoedrie mit Axe zweiter Art
X y z, y z X, z x y')
xyz, yzx, zxy
und für
iSg" «= Dj**, Hemiedrie mit Axe zweiter Art
xyzy yzxy zxy\ yxz, eyXy xzy^)
xyzj ysiXy zxy] yxz, zyx, xzy
die Goordinaten der gleichwerthigen Punkte sind. Dies führt
zu folgenden einfachen Bildungsgesetzen:
Lehrsatz Xlll. Die Hemiedrie Sg"* ist durch alle Perfnuta-
iionen von xy z und Zeichenwechsel characterisirt.
Lehrsatz XIV. Die Tetartoedrie 8^ ist durch die cyclischen
Vertauschungen, sowie Zeichenwechsel characterisirt.
Für diejenigen Krystallclassen, welche eine sechszählige
Hauptaxe erster Art enthalten, liefert das hier benutzte Coordi-
nateusystem keine einfachen Formeln.
§ 19. Endlich soll auch für das hexagonale System ein
Coordinateusystem zu Grunde gelegt werden, wie es oben in
§ 13 eingeführt wurde; es enthält die Hauptaxe g, sowie drei
zu ihr senkrechte Axen li $2 Sj» die gleiche Winkel von je
1) Vgl. die Anmerkung auf S. 202.
— 222 —
120^ mit einander bilden. Die Goordinaten Si Ig ^ sollen in
derselben Weise positiv gerechnet werden, wie in § 11. Es
handelt sich zunächst um diejenigen Substitutionen, welche
den Drehungen
1, a, «% «1% 81S 81^
entsprechen. Wir befolgen die in § 16 angewandte Methode.
Wie in § 13 ausgeführt worden ist, haben die Punkte P^ und
Pj, die aus P durch die Drehungen 81* und W' entstehen, die
Goordinaten g, g^ g,? ^^^P- la Is li • ^^ ^^^ ^^^ Umklappung
um die g-Axe die Vorzeichen derselben sämmtlich ändert, so
sind die sechs gesuchten Punkte durch die Goordinaten
bi bS §8 by b2 bs bi b; bs bi b2 b; bi bg bft by bg bs «1 »> bs bl b2 S
dargestellt. Lassen wir die Nebenaxe u mit der S^-Axe zu-
sammenfallen, so entspricht der Umklappung U, wie in § 13,
diejenige Substitution, welche
^i^ist in Iiisigl
überfahrt Endlich verwandelt die Inversion auch hier jede
Goordinate in ihren negativen Werth; wir erhalten demnach
folgendes Schema für die 24 gleichwerthigen Punkte
1* bi ba b8 9) ba b8 Sl b; bs bl ba 9? bl ba bs 9; ba 93 vi 9 y bs bi ba b
n. I,?3^5, iJJse, SsfeiiS, ii^^l I,5i6,£, 6,6,6,5
Hl, g| %2 §3 g, %2 bS »1 S; bs bl ba b> bi ba b8 b? ba bS bl b? bs bl ba b
I^* ^1 Ss Sa £; Sa Si Ss ^9 Ss Sa Si S; Si Ss Sa £> Sa Si Ss t} Ss Sa Si £•
Sie vertheilen sich auf die einzelnen Unterabtheilungen
folgendermassen:
Dß*. Holoedrie. I, II, lU, IV,
Dg. Enantiomorphe Hemiedrie. I, 11.
Cß*'. Hemimorphe Hemiedrie. I, IV.
Cß*» Paramorphe Hemiedrie. I, III.
Cß. Tetartoedrie. I.
In Uebereinstimmung mit den Untersuchungen von § 17 sind
diejenigen Punkte, welche für die Exystallclassen mit einer
Axe zweiter Art beizubehalten sind.
—
223 -
I.
S»lsl,S.
fei, 1x5,
felifeS
II.
liS«l,S,
U fe 1. t,
feg,fe§
III.
lllt,
i;ixi",5,
Wlri
IV.
iiUi^t,
feSifee,
l,feg.5
and es entsprechen den Giassen
Se". Hemiedrie. I, II, III, IV.
iSg. Tetartoedrie. I, II.
§ 20. Das reguläre System. Für das reguläre System
legen wir diejenigen Erzeugungsarten zu Grunde, die wir oben
in § 8 bis 10 ausführlich erörtert haben. Wir bilden daher
die Tetraedergruppe durch Multiplication der Vierergruppe mit
der Drehung %, und die Octaedergruppe durch Multiplication
der Tetraedergruppe mit der Umklappung U'. Endlich leiten
wir aus der Octaedergruppe 0 die Gruppe 0* durch Multipli-
cation mit der Inyersion 3 ab.
Das Goordinatensystem wählen wir so, dass die vier-
zahligen Hauptaxen mit den drei Goordinatenaxen zusammen-
fallen. Die dreizähligen Axen erhalten dadurch die oben in
§ 12 angegebene zu den Goordinatenaxen symmetrische Lage.
Die gleichwerthigen Punkte der Vierergruppe V sind, wie
oben abgeleitet wurde,
X y 0, X y ä, x y z^ x y z.
Den Drehungen Sl und W entsprechen gemäss § 10 die cycli-
schen Vertauschungen der Goordinaten, d. h. diejenigen, welche
aus xy z resp. y z x und zxy entstehen lassen. Nehmen wir
die zweizählige Nebenaxe, wie zulässig, so an, dass sie den
Winkel zwischen der X- und Z-Axe halbirt, so führt die zu-
gehörige Umklappung xyz in yxz über; endlich verändert
die Inversion die Vorzeichen der Goordinaten. Wir erhalten
daher für die Holoedrie 0* des regulären Systems folgende
48 gleichwerthigen Punkte
xyz, xyz, xyz, xyz, y x z, y x z, y x z, y x z ,
I) yzx, yzxy yzx, yzx, 11) zyx, zyx, zyx, zyx,
zxy, zxy, zxy, zxy, x zy , x zy, x zy, x zy,
— 224 ~
xy z, xy z, xy Zf xy z^ y x z, y x z, y x z, y x z ,
III) yzx, yzxy yzx, yzxj IV) zyx, zyx, zyx, zyx^
zxy, zxy, zxy, zxy, x z y ^ x zy ^ x zy , x zy ,
und demgemäss ergiebt sich (vgl. Gap. VI, 18)
Begruläres System.
0*. Holoedrie. I, II, III, IV.
0. Enantiomorphe Hemiedrie. I, II.
T^. Hemimorphe Hemiedrie. I, IV.
T*. Paramorphe Hemiedrie. I, III.
T. Tetartoedrie. I.
Für die Substitutionen, welche den Krystallclassen des
regulären Systems entsprechen, lassen sich folgende Sätze auf-
stellen:
Lehrsatz XV. Die Holoedrie des r^dären Systems ist
durch edle Permtäationen von x y z, sowie durch aUe möglichen
Zeichencambinationen
+ + +, + + -, +-+, - + +
, --+, - + -, +~~
charaderisirt.
Es giebt nämlich sechs Permutationen von x y z und aus
jeder lassen sich durch die acht Vorzeichencombinationen acht
Coordinatentripel bilden, nämlich
xyz^ xyzy xyz, xyz,
xyzy xyZy xyz, xyz.
So entstehen im Ganzen 48 Coordinatentripel, die sämmtlich
verschieden sind. Da nun jedem der 48 Punkte ein derartiges
Coordinatentripel entspricht, so müssen sie mit den 48 Coordi-
natentripeln der Tabelle identisch sein.
Lehrsatz XVI. Die Tetartoedrie des regulären Systems ist
durch die cyclischen Vertauschungen von xyz und die Zdchen-
conibinationen
+ + +, +--, - + -, -- +
characterisirt.
Die Zeichencombinationen entsprechen nämlich der Vierer-
— 225 —
grnppe und die cyclischen Vertauschungen der Drehung S.
Auch ist direct ersichtlich, dass die erste Zeile von I die ge-
nannten Zeichencombinationen und die erste Colonne die be-
züglichen cyclischen Vertauschungen enthält.
Lehrsatz XVII. Die paramorphe Hemiedrie ist durch die
cyclischen Vertauschungen in Verbindung mit allen möglichen
cxkt Zeichencombinationen charaderisirt.
Unter den 24 Coordinatentripeln von I und III treten
nämlich drei mit lauter positiven Grössen auf, und zwggr
X y z, y z Xy s xy\ die andern entstehen aus ihnen durch
blosse Vorzeichenvertauschung. Auf diese Weise müssen sich
daher aus jeder von ihnen sieben neue bilden.
Lehrsatz XVIII. Die hemimorphe Hemiedrie des regulären
Systems ist durch äUe Permutationen von x y z^ sowie durch die
vier Zeichencombinationen
+ + +, +--, - + -, -- +
charaderisirt
In der That enthalten I und IV einerseits alle Permuta-
tionen von xyZy andrerseits, wie die erste Zeile von I zeigt,
neben dem Punkt xyz die Punkte xyz, xyZy xyz.
Lehrsatz XIX. Die enantiomorphe Hemiedrie ist durch die
cyclischen Vertauschungen^ die Vorzeichencombinationen
+ + +, + , - + -, -- +
und diejenige Substitution characterisirty welche die ersten beiden
Coordinaten vertauscht und das Vorzeichen der dritten ändert.
Dieser Satz drückt nur nochmal aus, dass die Octaeder-
gruppe aus der Tetraedergruppe durch Multiplication mit einer
Umklappung entsteht, deren Axe den Winkel zwischen der
X- und F-Axe halbirt.
§ 19. Die Normalen der Erystallformen. Verbinden
wir den Punkt xyz mit dem Anfangspunkt, nennen den Ab-
stand r, und l ^v die Winkel, welche dieser Abstand mit den
Coordinatenaxen bildet, so ist
X = r cos k, y = r cos fi, z = r cos v ,
und wenn rr^ y^ z^ irgend ein mit xyz gleichwerthiger Punkt
Sohoenfliai, Kryitftllitmotiir. 15
— 226 -
ist, dessen Verbindungslinie mit 0 die Winkel k^ ^^ v^ mit
den Axen einschliesst; so ist
Xi = r cos Ai , yi = ^ cos f4 , e^ =r cos v^ .
Bezeichnen wir nun die Cosinus der bezüglichen Winkel kurz
durch a ß y, cc^ ßiyi und setzen den Abstand r = 1 , so be-
stehen direct die Beziehungen
rc=a, y=ßj ^=y,
Betrachten wir nun den Punkt x y z als Punkt einer Kugel
mit dem Radius 1, und legen in diesem Punkt die BerOhrungs-
ebene an die Kugel ^ so ist der Radius der Kugel Normale
dieser Ebene. Diese Ebene ist daher gleichzeitig Grenzfläche
einer Krystallform, deren andere Grenzflächen die Kugel in
x^y^sfi berühren; mit andern Worten aßy, ccißiyi
werden die Cosinus der Winkel, welche die sämmtlichen Nor-
malen der Krystallform mit den Axen bilden« Dies giebt
den Satz:
. Lehrsatz XX. Die Substitutionen, welche die Normalen'
richtungen einer Krystallform unter einander verbinden, ergeben
sich für jede Kryställfläche dadurch, dass man die Goordinaten
der gleichwerthigen Funkte durch die Cosinus der Normalen'
udnkel ersetzt.
Dieser Satz bedarf nur in dem Fall einer eingehenderen
Prüfung, dass wir das Coordinatensystem mit einer überzähligen
Axe zu Grunde legen. Bezeichnen wir in diesem Fall die Winkel,
welche eine Gerade mit den Axen ii,ii,^z,t bildet, resp. durch
Y ^if "2 ^f "2 ^^ ^
so gelten auch in diesem Fall die Gleichungen
Ij = r cos Ai , 6a = ^ cos A^ , 63 = r cos A3
g e= r cos V ,
denn diese Gleichungen sprechen nur die bekannte Thatsache
aus, dass für jede Strecke r und jede Gerade g die Projection
von r auf g durch Multiplication von r mit dem Cosinus des
Winkels beider Geraden erhalten wird.
Neuntes Capitel.
Physikalische Conseqaenzen.
§ 1. Die Symmetrie der einzelnen physikalisclien £r-
soheinungen. Wir haben in der Einleitung den Symmetrie-
eharacter eines Erystalls durch sein physikalisches Gesammt-
verhalten definirt, und haben im besonderen unter N gleich-
tverthigen Geraden solche von demselben Punkt ausgehende N
Richtungen verstanden, längs deren der Krystall in jeder Be-
ziehung die gleichen physikalischen Eigenschaften erkennen
lässt. Gleichzeitig wurde bereits darauf hingewiesen^ dass ein-
zelnen physikalischen Vorgängen höhere Symmetrie zukommen
kann, als der Symmetriecharacter angiebt, dass aber keine
physikalische Eigenschaft des Krystalles geringere Symmetrie
besitzt.
Welcher Art die Symmetrie der Krystalle für besondere
physikalische Vorgänge ist, dafür kommen einerseits Erfahrungs-
thatsachen, andererseits theoretische Erwägungen in Betracht.
Wir wollen an einigen Beispielen die Natur derselben klar-
stellen, um besonders die principiellen Gesichtspunkte zu be-
leuchten, welche in ihnen hervortreten.
Hier drängt sich sofort die Frage in den Vordergrund,
ob und wie sich eine Symmetrieeintheilung der Erystalle für
die einzelnen physikalischen Vorgänge deductiv aufstellen lässt-,
resp. wie der allgemeine Symmetriecharacter des Erystalls
durch die besondere Eigenart des physikalischen Vorgangs
modificirt wird. Diese Frage lässt sich, wie wir sofort er-
kennen werden, sehr leicht beantworten. Es beruht dies darauf,
dass die hemigliche physikalische Eigenart in allen in der Natur
bdumnten Fällen selbst durch Symmetrieeigenschaften characterisirt
16 ♦
- 228 —
ist. Ist daher Z der all gemeine Symnietriecharacter eines
Erystalles, und 27, die characteristische Symmetrie der bezüg-
lichen physikalischen Eigenschaft^ so zeigt das physikalische
Verhalten des Krystalles die Symmetrie £ und S^ gleichzeitig;
nach der in Cap. III eingeführten Bezeichnung ist daher die
Symmetrie das Product aus U und I\. Also folgt:
Lehrsatz I. Für jeden physikalischen Vorgang setzt sich die
bezügliche Symmetrie aus der characteristischett Symmetrie 27^
dieses Vorgangs und dem allgemeinen Symmetriecharacter des
Krystaües zusammen^ d. h. die Gesammtsymmetrie ist das Product
von S und Z^.
§ 2. Es giebt nur wenige physikalische Erscheinungen^
deren Symmetrie nicht höher ist, als der allgemeine Symmetrie-
character. Dies können offenbar nur solche sein, welche polarer
Natur sind. In der That ist evident, dass für alle diejenigen
Erscheinungen, welche nach entgegengesetzten Richtungen
keinerlei Verschiedenheit aufweisen^ wie die Elasticität, die
mechanischen Deformationen, Wärmeleitung, Lichtfortpflanzung
u. s. w. u. s. w., die zugehörige Gesammtsymmetrie ein Sym-
metriecentrum besitzt und daher zum Theil höher ist als der
allgemeine Symmetriecharacter. Dies ist dagegen nicht der
Fall für diejenigen Erscheinungen, bei denen sich iu ent-
gegengesetzten Richtungen entgegengesetzte physikalische Pole
ausbilden, wie für die Erscheinungen der Pyro- und Piezo-
electricitat. Sie liefern uns in der That diejenigen Natur-
Yorgänge, welche, soweit bekannt, neben den Wachsthuma-
erscheinungen den reinen Symmetriecharacter des Krystalles
erkennen lassen.
Man darf jedoch, wie eine einfache üeberlegung zeigt,
nicht etwa annehmen, dass für die genannten electrischen
Erscheinungen sich wirklich 32 Classen von Krystallen beob-
achten lassen. Wenn nämlich ein Krystall ein Symmetrie-
centrum besitzt, so können polare elektrische Erscheinungen
überhaupt nicht auftreten; denn ihr Auftreten würde dagegen
Verstössen, dass das Symmetriecentrum einen Theil des all-
gemeinen Symmetriecharacters ausmacht. Es leuchtet daher
ein, dass sich die genannten Vorgänge höchstens bei solchen
— 229 —
Erystallen beobachten lassen, die ein Centrum der Symmetrie
nicht besitzen.^)
§ 3. Eintheiliing der Krystalle für Ersoheintingen mit
einem Symmetriecentriun. Es wurde oben darauf hingewiesen,
dass für diejenigen Erscheinungen, welche in entgegengesetzten
Richtungen identisch verlaufen, die centrische Symmetrie immer
die Rolle der Zusatzsymmetrie spielt. Für solche Erscheinungen
besitzen demgemäss aUe Krystallclassen ein Centrum der Sym-
metrie, und es fallen dadurch mehrere im Allgemeinen ver-
schiedene Krystallclassen mit einander zusammen. Welche
Krystallclassen dies sind, ergiebt sich unmittelbar, wenn wir
die in Cap. III, 8 abgeleiteten Sätze in's Auge fassen. Be-
achten wir, dass eine geradzahlige Symmetrieaxe und ein
Symmetriecentrum eine zur Axe senkrechte Symmetrieebene
bedingen, so. sehen wir, dass für das reguläre, hexagoncde,
tetragoMÜe und digoncUe System (Cap. VI, 23) die enantiomorphe
und hemimorphe Hemiedrie mit der Holoedrie identisch werden,
und dasselbe gut von der paratnorphen Hemiedrie und der Te-
tartoedrie (resp. der Tetartoedrie mit einer Axe erster Art).
Bezüglich der Krystallclassen mit einer Axe zweiter Art ist
zu bemerken, dass (Cap. V, 3) diejenigen des hexagonalen,
resp. digonalen Systems ein Symmetriecentrum von selbst be-
sitzen, also nicht modificirt werden. Dagegen kommt den
bezüglichen Classen des tetragonalen Systems ein Symmetrie-
centrum nicht zu; sie erlangen daher durch Hinzutritt des-
selben höhere Symmetrie, und zwar wird die Hemiedrie S^^
mit der Holoedrie D/ und die Tetartoedrie S^ mit der Hemi-
edrie C^ identisch.*) Was endlich das trigonale System be-
trifft, so fehlt bekanntlich dtten Classen desselben ein Sym-
metriecentrum; sie werden also sämmtlich durch das Auftreten
desselben verändert Die Holoedrie D^ geht, da sich auch
1) Die weiteren theoretischen Erwägungen hierüber findet man bei
Mallard, trait^ de cristallographie, Paris, Bd. II, 1884, S. 661 n. 671,
sowie bei Liebisch, Physikalische Krystallographie, 1891, S. 694.
2) Für diese Verhaltnisse ist im Gegensatz zu den Bemerkungen
auf 8. 161 eine Analogie zwischen den Krystallclassen S^^^ S^ und 6',",
S^ nicht vorhanden. Dies beruht auf Cap.Y, 4.
- 230 ~
die zu den Nebenaxen senkrechten Symmetrieebenen einstellen,
in die Holoedrie D^ des hexagonalen Systems über. Beachten
wir endlich, dass gemäss Cap. Y, VI eine dreizählige Axe und
ein Symmetriecentrum einer sechszähligen Axe zweiter Art
äquivalent sind, so ist ersichtlich, dass die Hemiedrieen D,
und C^ in die Hemiedrie S^ des hexagonalen Systems über-
gehen, dass aus der Hemiedrie C^ durch Multiplication mit dem
Symmetriecentrum die Hemiedrie CJ^ entsteht, und dass sich
die Tetartoedrie C^ in die Tetartoedrie S^ verwandelt Bezüg-
lich derjenigen Naturvorgänge, für welche das Symmetrie-
centrum eine nothwendige Symmetrieeigenschafb repräsentirt,
zerfallen demnach die Eiy stalle höchstens in folgende Classen:
I, Begulftres System.
0*.
Holoedrie,
T*.
Hemiedrie.
D,K
Holoedrie.
c^
Hemiedrie mit einer Axe erster Arti
S,".
Hemiedrie mit einer Axe zweiter Art
s,-
Tetartoedrie.
DX Tetragonales System.
D,\
Holoedrie.
C,\
Hemiedrie.
rv. Digonales System.
F*. Holoedrie.
Cg*. Hemiedrie.
S^ Tetartoedrie.
um hieraus sofort diejenige Systematik zu erhalten, welche
der oben Cap. VI, 24 aufgestellten Tabelle entspricht^ braucht
man nur die drei Classen des digonalen Systems als drei
Ery Stallsysteme zu betrachten; es giebt F* das rhombische
System, Cj" das monokline und S^ das trikline.
Das vorstehende lässt die Art, in welcher die characte-
ristische Zusatzsymmetrie die Eintheilung der Erystalle ver-
einfacht, deutlich erkennen. Wir wollen nun noch an einigen
~ 231 —
Beispielen zeigen, welche Folgerungen der obige Lehrsatz I
innerhalb der mathematischen TheoriecD nach sich zieht.
§ 4. Beispiele aiui der mathematlsohen Physik. Eine
physikalische Eigenschaft lasse sich darch eine geometrische
Strecke ausdrücken^ und diese sei durch eine homogene lineare
Function f der Goordinaten, resp. ihrer Differestialquotienten
bestimmt. Ersetzt man die Goordinaten x y ß durch x y Zj bo
nimmt f den entgegengesetzten Werth an; in entgegengesetzt
ten Richtungen hat ' daher f entgegengesetzte Werthe. Die
physikalische Eigenschaft besitzt daher centrische Symmetrie,
umgekehrt ist evident, dass sich ein Vorgang, dem die Punkt-
symmetrie mangelt, nicht durch einen homogenen linearen
Ausdruck dieser Art darstellen kann.
unter dieses Beispiel fallen z. B. Ausdehnungen durch
Wärme, femer alle Erscheinungen, welche auf der Gohäsion
beruhen, wie elastische und ähnliche Deformationen u. s. w.
Für alle derartigen Vorgänge kann es daher höchstens die elf
in § 3 aufgestellten verschiedenen Erystallclassen geben. Für
jede dieser Glassen gehorchen die Coefficienteu der Function f
bestimmten Gesetzen; dieselben ergeben sich, wenn wir aus-
drücken, dass die Function bei den bezüglichen Goordinaten-
substitutionen unverändert bleibt. Es ist nicht ausgeschlossen,
dass sich für manche nach § 3 verschiedene Erystallclassen
dasselbe Goefficientengesetz einstellt Hierin darf jedoch kein
Verstoss gegen § 3 erblickt werden. Die^Ursache dieser Aus-
nahmeerscheinung ist vielmehr darin zu sehen, dass der wahre
Ausdruck der durch Punktsymmetrie characterisirten physika-
lischen Eigenschafben durch eine nach ungeraden Potenzen
der Variabein fortschreitende Reihe gegeben ist, während die
lineare Function f nur eine erste Annäherung darstellt aller-
dings eine solche, die practisch und theoretisch ausreichend ist.
2. Die Natur eines physikalischen Vorganges sei durch
die Radien einer centrischen Fläche zweiter Ordnung, im be-
sondem durch ein Ellipsoid characterisirt, und zwar so, dass
eventuelle Symmetrieaxen und Symmetrieebenen des Erystalles
mit den Hauptaxen resp. Hauptebenen des Ellipsoids zusammen-
fallen. Hieraus folgt sofort, dass im regulären System die
- 232 -
drei Hauptaxeu des EUipsoids einander gleichwerthig^ d. h.
gleichlang sind; dasselbe wird also eine Kugel. Ebenso sieht
man, dass für das hexagonale und tetragonale System (Cap. VI,
24) das EUipsoid ein Rotationsellipsoid ist, dessen Hauptaxe
mit der Hauptaxe des Erjstalles zusammenfallt. Für die
Krystallclassen des rhombischen Systems (Cap. VI, 24) fallen
die drei ausgezeichneten Richtungen mit den ausgezeichneten
Richtungen des Ellipsoids zusammen. Für die yorstehendeu
Krystallclassen ist daher, welches auch die wirkenden Kräfte
seien, die Lage des Ellipsoids zum Krystall immer die gleiche.
Für die übrigen Krystallclassen ist dies nicht mehr der Fall.
Für diejenigen-, welche das monokline System bilden, ist eine
ausgezeichnete Richtung vorhanden, damit ist eine Axe des
Ellipsoids von vornherein bestimmt, während die Lage der
beiden andern im Krystall variabel ist und von den wirkenden
Kräften abhängt. Endlich kommt für die Classen des triklinen
Systems keiner der drei Hauptaxen des Ellipsoids eine im
Krystall feste Richtung zu.
Für diejenigen Vorgänge, die durch die Radien eines der-
artigen Ellipsoids gekennzeichnet sind, zerfallen 'demnach die
Krystalle in fünf Classen.
1. Kugel. Isotrope Krystalle.
Reguläres System.
2. Rotationsellipsoid. Eine Axe der Isotropie.
Hexagonales und tetragonales System.
3. Allgemeines EUipsoid.
a. Rhombisches System. Bestimmte Axen.
b. Monoklines System. Eine Axe ist bestimmt,
c Triklines System. Keine Axe ist bestimmt
3. Wenn die physikalischen Vorgänge ihren Ausdruck in
einer homogenen Function F zweiter Ordnung finden, sei es
der Coordinaten oder der Differentialquotienten, so bestehen
für jede Krystallclasse wieder bestimmte Coefficientengesetze,
die sich ergeben, wenn wir die Bedingung dafür suchen, dass
die Function F bei den bezüglichen Substitutionen in sich
— 233 -
übergeht. Diese Gesetze aufzustellen, ist in jedem Fall eine
einfache Aufgabe. Die Anzahl der verschiedenen Functionen F
beträgt übrigens stets weniger als 32; die Reduction beruht
immer auf dem oben genannten Grunde. Hierher gehören die
Ausdrücke für Potentialgrossen u. s. w.
Für das genauere hierüber wolle man die Lehrbücher über
mathematische Physik, resp. physikalische Krystallographie
vergleichen. Ein specielleres Eingehen geht über den Rahmen
dieses Buches hinaus; es sollte sich nur darum handeln^ die
principiellen Fragen klarzustellen und an einigen Beispielen
die Art und Weise darzulegen, in welcher die gefundenen Re-
sultate anzuwenden sind.
ZWEITER ABSCHNITT.
THEORIE DEE KEYSTALLSTEUCTUR
Erstes Capitel.
Die fandamentalen Hypothesen.
§ 1. Die Structur der homogenen Körper. Wir nehmen
an, dass die homogenen festen Körper , und nur von solchen
wird hier die Rede sein, aus gleichartigen Individuen bestehen,
welche als Molekeln bezeichnet werden sollen. Ob wir in ihnen
die kleinsten Bausteine des Erystalles zu erblicken haben,
oder ob sie selbst wieder in kleinere Einzelbestandtheile zer-
fallen, lassen wir vorläufig unbestimmt; ebenso soll ihre Form,
ihre physikalische Qualität, ihre chemische Natur u. s. w. zu-
nächst nicht in Frage kommen. Der atomistischen Denkweise
entsprechend nehmen wir an, dass sie durch Zwischenräume
von einander getrennt sind.
Es ist in der Einleitung darauf hingewiesen worden, dass
die homogenen festen Körper in zwei scharf von einander ge-
trennte Classen zerfallen, in amorphe und krystallisirte Körper.
Als inneren Unterscheidungsgrund haben wir die Stnictur zu
betrachten, d. h. die räumliche Anordnung der constituirenden
Molekeln. Die Art, in welcher sich ein amorpher oder ein
krystallisirter Körper aus den kleinsten substantiellen Indi-
viduen aufbaut, unterliegt den allgemeinen Naturgesetzen und
ist daher bei jeder dieser Körperarten eine bestimmte, die
nicht allein mit den Molekularkräften verträglich sein muss,
sondern als eine nothwendige Consequenz derselben zu be-
trachten ist Hat sich dieselbe auch bisher der empirischen
Erkenntniss vollständig entzogen, so giebt es doch ver-
schiedene Erscheinungen, welche gewisse Schlüsse auf die Art
des Aufbaues der Körper nahe legen. Sie sind es, auf Grund
deren sich unsere Vorstellungen über die Constitution der
Materie ausgebildet haben.
— 238 —
Würde es möglich seiu, die Molekularstructor eines
amorphen Korpers der Beobachtung zugänglich, zu machen,
so würde im Allgemeinen^ nach der Meinung, welche hierüber
die herrschende ist, selbst ein geometrisch anf's Beste ge-
schultes Auge doch ein formales Gesetz in der Lagerung der
Molekeln nicht erkennen; dieselbe würde den Eindruck der
Regellosigkeit, resp. von unserem subjectiyen Standpunkt aus,
der Willkür machen. Dies ist gemeint, wenn man die Strnctur
der amorphen Körper als eine regellose bezeichnet. Aus-
nahmen hiervon kommen allerdings yor; einerseits können,
wie man annimmt, unter dem Einfluss bestimmter Einwirkungen
gesetzmässige Veränderungen in der Anordnung der Molekeln
eintreten, welche die gegenseitige Lage derselben vereinfachen;
andrerseits aber kann auch die Entstehung des Körpers seine
Structur so beeinflussen, dass eine bestimmte einfache Vor-
stellung über dieselbe zulässig, resp. geboten ist. Derartige
Fälle sind in letzter Zeit, besonders im Anschluss an Gohäsions-
untersuchungen, mehrfach bekannt geworden.^)
§ 2. Hypothese über die Stmotur der Erystallsubstans.
Die Entstehung eines Krystalles beim Uebergang eines Körpers
aus dem flüssigen in den festen Aggregatzustand ist ebenfalls
als ein Vorgang zu betrachten, welcher eine einfache An-
ordnung der Molekeln bewirkt, und zwar als derjenige, für
welchen das Gesetz der Anordnung die denkbar einfachste und
damit zugleich eine typische Form annimmt. Von ihr wird
vorausgesetzt, dass sie durch dcQ höchsten Grad der Begd-
mässigkeit ausgezeichnet ist. Wir stellen nämhch die Hypo-
these auf, dass jede KrystaMmolekel von der Gesammtheü der
NachbannolekeJn auf gleiche Weise umgeben ist Ist ^i irgend
eine Molekel des Krystalls, so reicht es in praktischer ELin-
sicht aus, die Hypothese für alle diejenigen um fi herum-
liegenden Molekeln als erfüllt zu betrachten, welche innerhalb
der Wirkungssphäre der Molekel ^i liegen, die also für das
physikalische Verhalten von (i allein in Frage kommen. Theo-
1) Vgl. z. B. die Unterauchungen von W. Voigt, Ber. d. Berl. Ak.
1883, S. 961 ff.
- 239 —
reidsch lässt sich der Hypothese eine präcisere, mehr mathe-
matische Form geben. Da nämlich für die Structur die
Grösse der Körper ohne Bedeutung ist, so pflegt man für die
Zwecke der Structurtheorieen die Erystallsubstanz als unend-
lich ausgedehnt zu betrachten. Diese Conception führt zu der
mathematischen Vorstellung eines sogenannten regelmässigen
Molekelhaufens, der sich folgendermassen definiren läsat:
Unter einem regelmässigen Molekelhanfen von unbegreneier
Ausdehnung verstehen wir einen solchen nach allen Ricktungen
unendlich ausgedehnten Mölehelhaufeny der aus lauter gleichartigen
Molekeln besteht und die Eigenschaft besitzt, dass jede Molekel
auf die gleiche Art von der Gesammtheit aller Molekeln um-
geben ist.
Beachten wir nun, dass sich die Structurtheorieen der
Natur der Sache nach nur auf die inneren Punkte des Krystalles
beziehen, so lässt sich die fundamentale Hypothese, welche
allen modernen Structurtheorieen zu Grunde liegt, folgender-
massen aussprechen:
Onmdhypothese : Um jeden in seinem Innern gelegenen
Punkt zeigt ein homogener Krystaü die Structur eines regel-
mässigen Molekdhaufens von unbegrenzter Ausdehnung.
§ 3. Der eben aufgestellte Begriff der Regelmässigkeit
bedarf genauerer Interpretation. Zu diesem Zweck fassen wir
für den Augenblick nur die Schwerpunkte der Molekeln in's
Auge. Sind P und P^ irgend zwei davon, und Aj B, C ., .
die Schwerpunkte derjenigen Molekeln, welche P am nächsten
liegen, so verlangt die Definition, dass- sich um P^ Molekeln
mit den Schwerpunkten A^j B^, 0^ . . . so finden, dass die
Entfernungen
PA = P,A,, PB = P^B^, PC=P,C,...
sind, und dass die Strecken PA, PB, PC . . • die gleichen
Winkel mit einander einschliessen, wie die Strecken PiA^,
PiB^, P^Ci . . . Dies ist aber bekanntlich noch auf zwei
Arten möglich; die durch PABC . , . und P^AiBiC^ . . . be-
stimmten Körper können nämlich congruent oder spiegel-
bildlich gleich sein. Beide Möglichkeiten sind in's Auge zu
— 240 —
fassen; im Gebiet der Krystallsyminetrie stehen ja überall die
Begriffe „cangruenf' und ^^spiegelbildlich gleichf^ gleichberechtigt
neben einander.
Erscheint auch der Hinweis auf die Gleichberechtigung
beider Begriffe zunächst nur im Interesse einer allgemeinen
geometrischen Fragestellung geboten zu sein, so werden wir
später den Nachweis führen, dass hier ein Postulat jeder
Structurtheorie vorliegt, welche mit der Hypothese des regel-
mässigen Aufbaues operirt.
§ 4. Zweck der Stniotortheorieen. Der nächste Zweck
einer jeden Structurtheorie ist die Erklärung der geometrischen
Gesetzmässigkeit des physikalischen Verhaltens, d. h. der
Homogenität und der Symmetrie der Erystalle. Die Sym-
metrie ist im ersten Abschnitt ausführhch erörtert worden.
Das homogene Verhalten eines Krystalles spricht sich darin
aus, dass alle seine Punkte und alle parallelen Geraden
krystallographisch als gleich werthig zu betrachten sind; der
Krystall zeigt bezüglich aller Punkte und längs aller parallelen
Geraden, die sein Inneres durchsetzen, resp. auf seiner Ober-
fläche enthalten siud, die nämlichen physikalischen Eigen-
schaften. Von jeder Structurtheorie, welche den Anspruch
erhebt, eine hinreichende Erklärung der geometrischen Gesetz-
mässigkeit der Krystalle zu geben, ist daher zu verlangen,
dass sie für alle bekannten, resp. alle theoretisch möglichen
Krystallgestalten Molekelhaufen von unbegrenzter Ausdehnung
anzugeben vermag, welche genau dieselbe homogene Be-
schaffenheit und dieselbe Symmetrie aufweisen, wie der be-
zügliche Krystall selbst. Nun zerfallen' die Krystalle, wie wir
im ersten Abschnitt gezeigt haben, bezüglich der Symmetrie
in die bekannten 32 Classen; eine Structurtheorie wird daher
der eben aufgestellten Forderung immer und nur dann ge-
nügen, wenn sie für jede der 32 Erystallclassen Molekelhaufen
von analoger homogener Zusammensetzung und analogem
Symmetriecharacter enthält.
§ 5. Die Theorie von Bravais. Ehe wir dazu übergehen,
zu prüfen, wie wir die homogene Beschaffenheit und die Sym-
metrie derjenigen Molekelhaufen zu definiren haben, durch
— 241 —
welche wir uns der Theorie nach einen Krystall repräsentirt
denken, wollen wir die oben ausgesprochene Ausgangshypo-
these genauer erörtern, und im Besondern diejenigen beiden
Hauptfalle derselben in's Auge fassen, welche den beiden
augenblicklich in Geltung stehenden Theorieen zu Grunde
liegen. Von ihnen ist die eine von Bravais aufgestellt, die
andere knüpft an einen von Wiener und Sohncke aus-
gesprochenen Grundgedanken an und ist von verschiedenen
Autoren ausgestaltet worden. Von jeder der beiden Theorieen
wird, wie hier bereits bemerkt werden möge^), die aufgestellte
Forderung ausnahmslos erfüllt.
Die Grundlage der Theorie von Bravais bilden seine
Untersuchungen über die sogenannten RaumgiUer^) und die
Symmetrie der Polyeder^), Die Eigenschaften der letzteren,
sowie ihre Eintheilung in Symmetrieclassen haben wir im
ersten Abschnitt ausführlich dargestellt. Die Theorie der
Raumgitter werden wir im nächsten Gapitel behandeln. Hier
genüge die Bemerkung, dass ein Raumgitter aus den Schnitt-
punkten von drei Zügen paralleler äquidistanter Ebenen be-
steht. Diese Ebenen zerlegen den Raum in lauter congruente
Parallelepipeda, und es ist evident, dass jeder Gitterpunkt von
der Gesammtheit aller übrigen Gitterpunkte auf gleiche Weise
umgeben ist.
Bravais nimmt nun an, dass die krystallisirte Materie
aus lauter congruenten Molekeln besteht, deren Mittelpunkte
resp. Schwerpunkte ein Raumgitter bilden. Diese Molekeln
stellen sämmtlich parallel zu einander. Ist fi eine von ihnen,
so fallt sie in die Ecke irgend eines Parallelepipedons, welches
dem Raumgitter angehört. Aus ihr gehen diejenigen, welche
in die anderen Ecken dieses Parallelepipedons fallen, dadurch
bervor, dass man diese Molekel ^i um Strecken, gleich den
Kanten des Parallepipedons, parallel mit sich fortbewegt. Man
sagt, dass alle Molekeln parallel orientirt sind.
1) Der Nachweis ist in Cap. XIII enthalten.
2) Vgl. Journ. de Tficole polyt. Bd. 19. Heft Z& S. 1 ff.
d) Vgl. die Anmerkung auf S. 17.
SchoenflieSf KryitaUvtruotnr. 16
- 242 —
Wir werden später genauer zu betrachten haben, wie sieh
die besondere Art des Raumgitters und die Symmetrie der
Molekel ^ durch den Erystall bestimmt^ welcher durch den
bezüglichen Molekelhaufen vertreten wird. Dagegen können
diejenigen Fragen^ welche die homogene Beschaffenheit der
Krystallmasse betreffen, bereits an dieser Stelle hinreichend
erörtert werden. Die homogene Natur der Erystallsubstanz
verlangt, dass der Molekelhaufen ^, welcher den Erystall re-
präsentirt, bezüglich irgend zweier Punkte P und Pj^, resp.
längs irgend zweier parallelen Geraden g und g^ das gleiche
physikalische Verhalten erkennen lässt. Nun hängt die physi-
hüische Wirkungsweise des Molekelhaufens in Bessug auf einen
Punkt P oder längs einer Geraden g augenscheinlich einzig und
allein davon ab, une sich die Molekeln um P resp, um die Gerade
g gruppiren; die sich in der Erfahrung documentirende homo-
gene Natur der Erystalle nöthigt daher, die Forderung aus-
zusprechen, dass die Gesammtheit aller Molekeln bezüglich
irgend zweier Punkte P und P^, ebenso bezüglich irgend zweier
parallelen Geraden g und g^ die nämliche Lage hat.
§ 6. Es springt in die Augen, dass dieser Forderung im
strengen Sinne des Worts nicht genügt wird. Es giebt aller-
dings zahllose gleichwerthige Punkte und zahllose gleich-
werthige parallele Geraden innerhalb des Molekelhaufens, aber
die Gleichwerthigkeit kann bei weitem nicht von allen be-
hauptet werden. So hat der Molekelhaufen in Bezug auf jeden
Gitterpunkt die gleiche Lage, aber es ist andrerseits evident,
dass dies für keinen andern Punkt zutrifft, z. B. für einen
Punkt, der zwischen zwei Molekeln liegt. Ebenso sind alle
parallelen Geraden gleichwerthig, welche Eanten der Parallel-
epipeda enthalten, aber jede andere mit ihnen parallele Gerade
durchsetzt den Molekelhaufen in abweichender Art und kann
daher nicht mit ihnen gleichwerthig sein. Der Mangel, der
sich hierin documentirt, ist aber ohne sonderlichen Belang.
Er haftet an jeder atomistischen Theorie, also auch an den-
jenigen, welche sich auf den Wiener-Sohncke'schen Ge-
danken aufbauen; überdies sind auch die Theorieen, welche
eine stetige Raumerfüllung imter der Voraussetzung individueller
— 243 -
körperlicher Molekeln annehmen, von ihm nicht frei. Er be-
ruht demnach auf einer immanenten formalen Folgerung, die
bei keiner Structurtheorie zu umgehen ist. Practisch ist er
allerdings ohne jede Tragweite; denn die Abstände der näch-
sten Raumgitterpunkte haben wir als so klein anzunehmen,
diLss — wenigstens für uns — physikalische Verschieden-
heiten längs paralleler Geraden gar nicht messbar sein können.
Es liegt übrigens nahe, und zwar gerade auf Grund der
Torstehenden Ueberlegungen, umgekehrt den Standpunkt ein-
zunehmen, dass in Wirklichkeit die Erystallsubstanz aus lauter
getrennten Molekeln besteht und dass «Ue parallelen Rich-
tungen, sowie alle Erystallpunkte uns nur deshalb physikalisch
gleichwerthig erscheinen, weil in dem Resultat unserer Beob-
achtung stets das Verhalten sehr vieler äusserst naher Molekeln
oder paralleler Molekelgeraden zu Tage tritt. ^) Von diesem
Gesichtspunkt aus würde auch in formaler Beziehung von
einem Mangel nicht mehr die Rede sein, denn bei dieser Auf-
fassung ist die Forderung der Gleichwerthigkeit aller Punkte
und aller parallelen Geraden nur eine scheinbare Folgerung
der Erfahrung, deren Grund in der mangelhaften Beschaffen-
heit der Instrumente^ resp. in der mangelhaften Perceptions-
fahigkeit unserer Sinne zu suchen ist
§ 7. Die an Wiener- SohnokeanaohliessendenTheorieen*
Die Bravais'sche Theorie erfüllt die oben aufgestellte Be-
dingung der Regelmässigkeit vollständig; die Anschauung
zeigt unmittelbar, dass den mittelst der Raumgitter gebildeten
Molekelhaufen die typische Eigenschaft der Regelmässigkeit
innewohnt. Die Bravais' sehen Molekelgitter bilden aber nur
den einfachsten Fall der regelmässigen Molekelhaufen. Der
allgemeinste Typus derselben ergiebt sich, wenn wir die von
Bravais eingeführte Annahme fallen lassen, dass alle Molekeln
parallele Stellung im Räume haben. Hierauf haben, und zwar
unabhängig von einander, Wiener*) und Sohncke^) auf-
1) Vgl. Sohncke, Theorie der Krystallstructur. § 36, S. 207 flF.
2) Grnndzüge der Weltordnung. Zweite Ausgabe, 1869. S. 82 ff.
3) Theorie der Krystallstructur, S. 23.
16*
- 244 -
merksam gemacht. ,. Warum sollte z.6/'^ heisst es bei Sohn cke,
,,nicht eine derartige Anordnung der Molekelcentra in gewissen
Krystallen möglich und sogar wahrscheinlich sein, bei der sie
in einer Ebene die Ecken ron lückenlos an einander liegenden
regelmässigen Sechsecken , wie Bienenzellen bilden? Und
doch ist eine solche Anordnung bei Annahme der RaumgitteP-
structur ausgeschlossen ! " ^)
An diese Ueberlegungen haben sich die neueren Unter-
suchungen über die Theorie der Krystallstructur angeschlossen.
Die Aufgabe, dieselben eingehend zu entwickeln^ bildet den
Gegenstand der folgenden Oapitel. Als Resultat ist auszu-
sprechen, dass es möglich ist, in übereinstimmender Weise für
jede der 32 Krystallclassen regelmässige Molekelhaufen allgemeinster
Art aufzufinden, welche neben der homogenen Beschaffenheit^ wie
sie im vorigen Capitel definirt worden ist, auch die Symmetrie
des physikalischen Verhaltens zum Ausdruck bringen. .
§ 8. Die Symmetrie der Molekelhanfen. Ehe wir uns
der Aufgabe zuwenden, die vorstehende Behauptung zu yeri-
iiciren, ist zunächst die Frage zu erledigen, welche geo-
metrischen Eigenschaften ein Molekelhaufen aufweisen muss,
damit wir ihm einen gewissen Symmetriecharacter beizulegen
haben. Hierüber wollen wir uns bereits an dieser Stelle orien-
tiren, um dadurch einen Ueberblick über diejenigen geo-
metrischen Probleme zu gewinnen, welche die Theorie der
Krystallstructur aufwirft. Erinnern wir uns zunächst daran,
dass in dem in § 6 angegebenen Sinn alle parallelen Rich-
tungen innerhalb eines Molekelhaufens als gleichwerthig zu
betrachten sind. Jede Richtung kann daher durch irgend eine
ihr angehörige Gerade repräsentirt werden. Nun spricht sich,
wie wir in der Einleitung gezeigt haben, die Symmetrie des
Erystalles in der physikalischen Gleichwerthigkeit der von
demselben Punkt ausgehenden Richtungen g, giy g^ • ,- , gx—i
aus; es folgt daher ohne Weiteres, dass dem Molekel häufen ^
dieselbe Symmetrie, wie dem Ery stall, beizulegen ist, wenn
es irgend welche Geraden g\ g\, g\ . . . g'^—i parallel zu
1) Theorie der KryatallBtractur, S. 23.
— 245 —
^) 9u 9%-"9if—i innerhalb des Molekelhaufens ^ giebt, in
Bezug auf welche der Molekelhaufen resp. die Gesammtheit
der Molekeln die nämliche Lage hat. Sind nun ^ und ^^
irgend zwei derartige Richtungen, so lässt sich der Molekel-
hänfen so in sich überführen, dass g auf ^^ föUt und jede
Molekel wieder in eine Molekel übergeht; denn wäre dies nicht
der Fall, so würden die Geraden ^ und /^ auf keinen Fall die
gleiche Li^e zur Gesammtheit aller Molekeln Yon ^ besitzen.
Es giebt daher eine Deckoperation des Molekelhaufens, welche
die Geraden g und g\ zur Ooincidenz' bringt Damit haben
wir den Symmetriecharacter des Molekelhaufens auf analoge
Weise erklärt, wie die Symmetrie des Krystalles. In der That
ist ja die letztere durch die Deckoperationen characterisirt,
welche die N gleichwerthigen Geraden g^ g^ g% * - * gN-^i in
sich überführen, und ebenso sind für die Symmetrie des
Molekelhaufens solche Deckoperationen als massgebend zu be-
trachten, welche irgend eine Ausgangsgerade g' mit den zu
fff ffiy ffi*' -gy-'i parallelen Geraden jf', g\, g\ , . . g'y^i zur
Coincidenz bringen.
Die vorstehenden Erörterungen über die Symmetrie eines
unbegrenzten Molekelhaufens gestatten, die Aufgaben, mit
welchen sich die Structurtheorie zu befassen hat, einiger-
massen zu übersehen. Es wird sich darum handeln, die Existenz
▼on Molekelhaufen jeglicher Symmetrieart nachzuweisen. Dies
ist die einzige geometrische Aufgabe, welche aus den voran-
gehenden Betrachtungen resultirt. Wollen wir sie etwas ge-
nauer präcisiren, so ist zu zeigen, dass sich für jede der
32 Krystallclassen Molekelhaufen angeben lassen, welche durch
analoge Deckoperationen ausgezeichnet sindy une die N gleich-
fverthtgen Geraden der Krystallclasse.
Hiermit ist das mathematische Problem, auf welches die
Structurtheorieen hinauslaufen, genügend skizzirt Nur eine
Bemerkung möge noch eine Stelle finden. Wir haben im
Vorstehenden zwei verschiedene Theorieen kurz skizzirt; die
eine knüpft an Bravais an, die andere an die Namen Wiener
und Sohncke. Es entsteht aber naturgemäss die Frage, ob
noch andere Theorieen möglich sind, und wenn dies der Fall
- 246 -
ist, iu welchem VerhältDiss dieselben zu den erstgenannten
und zu einander stehen. Dabei wird im besondern die bisher
noch nicht aufgeworfene Frage nach dem Einfluss der Molekel
auf die Symmetrie des Molekelhaufens ^ zu prüfen sein. Diese
Frage bedarf einer genauen Erörterung; sie ist schon deshalb
von grosser Wichtigkeit, weil augenscheinlich die Symmetrie
des regelmässigen Molekelhaufens $ ausser von der Structur nur
von der Molekelqualität bestimmt werden kann. Auf alle diese
Fragen werden wir im vorletzten Capitel genauer eingehen.
§ 9. Werth der Straotnrthecrieen. Alle Autoren, welche
versucht haben, sich über die Structur der Krystalle eine be-
stimmte Vorstellung zu bilden, gehen von der Voraussetzung
aus, dass die Erystallelemente auf irgend eine Weise „re^eZ-
mässig^^ im Raum vertheilt sind.') Worin der Character der
regelmässigen Anordnung zu erblicken sei, darüber gingen
1) Dies gilt nicht allein von den Erystallographen und Physikern,
sondern auch von den Mathematikern, soweit sie sich überhaupt mit
dem Gegenstand beschäftigt haben. Bezüglich der Literatur verweise
ich in erster Linie auf die ausgezeichnete historische Einleitung in
Sohncke*s Theorie der Erystallstructur. Auf die später erschienenen
neueren Arbeiten komme ich im vorletzten Capitel zurück. Hier be-
schränke ich mich, die wichtigsten mathematischen Untersuchungen zu
nennen, welche die molekulare Hypothese zu Grunde legen. Mit regel-
mässigen Punktsystemen, welche der Gitterstqictur entsprechen, hat
bereits Cauchy operirt (Ezerc. de math. Bd. 8. S. 198 u. Bd. 4. S. 129),
allerdings ohne ihre Beziehung zu den Krystallen zu erw&hnen. Hier-
über scheint sich zuerst Poisson ausgesprochen zu haben; er nimmt
ausdrücklich an, dass die Schwerpunkte der Krystallmolekeln ein Gittef*
bilden, vgL M^oire sur T^uilibre et le mouvement des corps cristallis^s.
M^m. de TAcad. roy. de Paris. B. 18. S. 12. Dieselbe Annahme hat
Voigt seinen Untersuchungen über die Elasticitätsverhältnisse der
Eiystalle zu Grunde gelegt. Vgl. Abhandl d. Götting. Ges. d. Wiss. Bd. 34.
Es heisst dort auf S. 6: „Die Anordnung der Moleküle sei in der Art
regelmässig, dass ein jedes von ihnen in derselben Weise von Nachbar-
molekülen umgeben ist,*'* doch wird dies S. 18 im Anschluss an Poisson
dahin präcisirt, dass im natürlichen Zustand alle Molekeln parallel
orientirt sind. Man vgl. auch die S. 84 behandelten Beispiele. Endlich
bemerke ich, dass auch Hess el mit den oben geschilderten Vorstellungen
operirt; man vgl. z. B. die S. 17 genannte Marburger Universitäts-
Schrift, § 86 ff.
— 247 —
allerdings die Meinungen ursprünglich auseinander; erst den
Untersuchungen der letzten Jahrzehnte ist es geglückt^ die
hierauf bezüglichen Fragen endgiltig zu klären.
Wenn, wie sich zeigen wird, auf Grund der vorstehend
geschilderten ^i^^^h&^u'ig^i^ ^^ Erscheinungen, welche die
Symmetrie der Erystalle betreffen, ohne jede Ausnahme ihre
Erklärung finden, wenn sich im besondem das erfahrungs-
mässig gewonnene Gesetz der rationalen Indices als eine an
der Spitze der Theorie stehende Oonsequenz von principieller
Bedeutung ergiebt, wenn endlich auch diejenige Systematik
der Ejrystalle, zu welcher eine langjährige Beobachtung hin-
geführt hat, als natürliche Folgerung der genannten An-
schauung erscheint, so darf die auf ihr beruhende Hypothese
mit Fug und Recht als das Fundament einer wohlbegründeten
Theorie betrachtet werden. Ob der Aufbau der Erystalle aus
ihren sogenannten kleinsten Theilen in Wirklichkeit denjenigen
Character besitzt, welchen die Hypothese vorschreibt^ ist aller-
dings eine andere Frage. Diese Frage wird, wie so viele andere,
welche die Physik aufwirft, vielleicht niemals beantwortet
werden können. Aber das Bedürfniss, eine Theorie der Kr^^stall-
struetur auszubilden, ist einmal unab weislich vorhanden, und
wie man auch über den Werth atomistischer oder anderer
naturwissenschaftlicher Theorieen überhaupt denken mag, ob
mehr oder weniger skeptisch, jedenfalls ist zuzugeben , dass
bei dem heutigen Standpunkt der Wissenschaft eine Structur-
theorie nur in dem oben skizzirten Sinne möglich ist. Es
lässt sich in der That kein Princip aussinnen, das einfacher
wäre, als die Annahme, dass die Molekeln mit Regelmässig-
keit im Räume vertheilt sind; die in diesem Princip aus-
gesprochene Anschauung ist mit Rücksicht auf das molekulare
Verhalten der Erjstalle von geradezu zwingender Eraft
Die so definirten Theorieen sind bisher ausschliesslich
von dem Gesichtspunkt aus in Betracht gekommen, dass sie
zur Erklärung der allgemeinen Symmetrieverhältnisse geeignet
sind. Damit ist ihnen jedoch ein durchgängiger physikalischer
Werth noch nicht gesichert. Ob sie einen solchen beanspruchen
können, hängt von ihrer physikalischen Brauchbarkeit ab. Erst
— 248 —
wenn sich herausstellt^ dass sie sich auch zur Erklärung der
physikalischen Erscheinungen mit Nutzen verwenden lassen,
und dass sie an keiner wesentlichen Stelle versagen, werden
sie den Rang einer physikalischen Theorie zu fordern be-
rechtigt sein. Ein abschliessendes Urtheil hierüber dürfte für
den Augenblick noch nicht möglich sein^); wie dem aber auch
sei, so ist doch klar, dass für diese Entscheidung das letzte
Wort den Physikern und Mineralogen überlassen bleiben muss.
Für die mathematische Untersuchung kann es sich einzig und
allein darum handeln, die nothwendigen Voraussetzungen der
einzelnen Theorieen festzustellen und die innere Consequenz
derselben zu prüfen. Es ist vor allem m untersuchen^ welche
speciellen Annahmen über Form und Qualität der Molekel ihnen
zu Grunde liegen, und welche weiteren Folgerungen implicite mit
diesen Annahmen verbunden sind. Erst wenn darüber keine
Ungewissheit besteht, wird man zu einem gegründeten Urtheil
über den krystallographischen Werth der Theorieen gelangen
können. Dem Mathematiker fallt daher, wie öfters im Be-
reich der Naturwissenschaften, nur die Rolle des unentbehr-
lichen Handlangers zu. Er muss den Spielraum genau db-
gr engen y welcher bei jeder Theorie für die weiteren Hypothesen
über die Naiwr der KrystaMba/usteine ilberhaupt noch übrig bleibt,
damit der Krystallograph nicht im Zweifel darüber ist, innerhalb
welches Rahmens sich in jedem Fall die zulässigen Annahmen
über die chemische oder physikalische Qualität der Molekel noch
bewegen können. Dies ist um so mehr geboten, als erfolgreiche
Speculationen über die Beschaffenheit der Molekeln in letzter
Zeit mehrfach angestellt worden sind.^)
Dies sind die Gesichtspunkte, von denen sich der Ver-
fasser bei der Abfassung des vorliegenden Lehrbuches hat
leiten lassen. Es steht zu hoffen, dass es ihm gelungen ist,
die geometrische Seite der Frage endgiltig zu erledigen. Auf
diese Weise wird es möglich werden, auch in Bezug auf die
1) Vgl. Cap. XIU, § 29.
2) Eb mag genügen, hierfür auf die Bede von Groth über „die
MolekularbeBchaffenheit der Kiyetalle'^ hinzuweisen. München. 1888.
- 249 —
physikalische Bedeutung der Theorieen Einstimmigkeit zu er-
zielen. Jede Theorie, welche es auch sei, wird nur dann als
physikalisch brauchbar zu betrachten sein, wenn die in ihr
enthaltenen Voraussetzungen gestatten, zur Erklärung der
Erfahrungsthatsachen allemal noch diejenigen weiteren An-
nahmen zu formuliren^ welche durch die Natur der bezüg-
lichen Erscheinungen unbedingt gefordert werden.
Zweites Capitel.
Ranmgitter und Translationsgrappen.
§ 1. Die regelmässigen Punktgebilde. Erklärung I. Eine
geradlinige Reihe von Punkten, vou denen je zwei auf ein-
ander folgende gleichen Abstand besitzen, heisst eine regd-
massige Funktreihe.
Erklärung IL Die Gesammtheit der Schnittpunkte zweier
Schaaren von parallelen Geraden, von denen je zwei benach-
barte gleichen Abstand von einander haben, heisst ein regel-
mässiges ebenes Punktnetsi, oder kurz ein Punktnetz.
Erklärung III. Die Gesammtheit der Schnittpunkte von
drei Schaaren (Zügen) von parallelen Ebenen, von denen je
zwei benachbarte denselben Abstand von einander haben, heisst
ein regelmässiges Baumgitter, oder kurz ein Baumgitter,
Fig. 22.
P'
^~A' O A ~A^ ~A^ P~
Ist 0 irgend ein Punkt einer regelmässigen Punktreihe
(Fig. 22) und sind A und Ä die beiden zu 0 benachbarten
Punkte, so sollen ihre Entfernungen von 0 durch 2r, resp.
— 2t^) ausgedrückt werden. Wir versehen also in üblicher
Weise die Entfemungsgrössen mit Vorzeichen, um ihre Rich-
tung anzudeuten. Welche !ß*ichtung als positiv gewählt wird,
ist dem Belieben überlassen. Es folgt noch:
Lehrsatz I. Die Entfernung jedes Punktes P einer regel-
mässigen Punktreihe von einem beliebigen derselben ist durch
1) Der Factor 2 ist hinzugefugt, am bei den sp&teren Unter-
Buchungen möglichst die Brflcbe zu vermeiden.
— 251 —
Sint darstellbar, wo m irgend eine positive oder negative ganze
Zahl ist
Die Länge 2t möge primitive Strecke genannt werden.
Die parallelen Geraden^ welche das regelmässige Punkt-
netz bestimmen , theilen die Ebene in lauter congruente
JPig. 28.
Parallelogramme. Wir greifen (Fig. 23) zwei dieser Geraden
beliebig heraus; ihr Schnittpunkt sei 0, A und B seien die-
jenigen Netzpunkte der Geraden, welche 0 am nächsten
liegen. Wir setzen
OA = 2ri und OB = 2r8.
Jede der parallelen Geraden' ist Träger einer regelmässigen
Punktreihe, für welche 2ti, resp. 2t^ die bezüglichen primi-
tiven Strecken bilden. Betrachten wir die Ausgangsgeraden
als Axen eines — im Allgemeinen schiefwinkligen — Coor-
dinatensystems, so ergeben sich für die Coordinaten x, y aller
Netzpunkte die Ausdrücke
X = 2wi Tj , y = 2m^x^y ^
wenn wir für m^ und n^ unabhängig von einander alle mög-
lichen positiven, resp. negativen ganzen Zahlen setzen. Jedem
Punkt entspricht ein bestimmtes Zahleupaar und umgekehrt.
Das Parallelogramm mit den Seiten 2r,, 2rjj heis^i primitives
Parallelogramm.
Analog zertheilen die Ebenenzüge, welche das Raumgitter
liefern, den ganzen unendlichen Raum in congruente Parallel-
- 252 —
epipeda. Greifen wir aus einer Ebenenschaar eine Ebene be-
liebig heraus^ so bilden die in ihr liegenden Gitterpunkte
ein regelmässiges ebenes Punktnetz. Drei den yerscbiedenen
Schaaren angehorige Ebenen lassen sich als Coordinatenebenen
Flg. 24.
A^
jif
eines Coordinatensystejns betrachten. Nennen wir (Fig. 24)
die primitiven Strecken auf den drei Goordinatenaxen resp.
0^ = 2ri, 0B = 2rg, OC = 2t^,
so sind die Coordinaten x y ^ aller Punkte von der Form
sie ergeben sich, wenn für m^, m^, ni^ unabhängig von ein-
ander alle möglichen positiven und negativen ganeen Zahlen
gesetzt werden. Das Parallelepipedon mit den Kanten 2ri,
2r2i 2 Tg heisst primiMves Paraüelepipedon.
§ 2. Die ZnBammenBetBimg der Strecken und Trans-
lationen. Für das genauere Studium der Raumgitter machen
wir zweckmässig von denjenigen Definitionen und Sätzen Ge-
brauch, welche die sogenannte Zusamfnenseteung der Strecken
characterisiren.
Sind (Fig. 23) OA und OB zwei von demselben Punkt O
ausgebende Strecken von bestimmter Länge und Richtung, so
versteht man unter der geometrischen Summe beider Strecken
— 253 —
nach Grösse und Richtung die von 0 aus gerechnete Dia-
gonale OC des durch OA und OB bestimmten Parallelo-
gramms. Man drückt dies durch die Gleichung
1) OA + OB = OB + OA^ OC
ans. Die Definition zeigt, dass Länge und Richtung der Strecke
OC von der Reihenfolge der Strecken OA und OB unabhängig
ist. Alle Strecken , die einander gleich und parallel sind,
werden als gleichwerthig betrachtet und können für einander
gesetzt werden. Es bestehen daher auch die Gleichungen
. OA + AC=OC
^ OB + BC=OC
Endlich ist zu bemerken, dass gleiche und entgegengesetzt
gerichtete Strecken, wenn sie in derselben Summe vorkommen,
sich gegenseitig aufheben, d. h. es ist
3) AB + BA = 0.
Die Gleichungen 2) können also auch in die Form
0A + AC+CO^Q
OB + BC+CO^O
gesetzt werden; d. h. die Summe der Strecken eines Dreiecks,
wenn dasselbe in einem bestimmten Sinn durchlaufen wird, ist
glück NuU,
Das Gleiche gilt im Räume. Sind (Fig. 24) OA, OB, OC
drei beliebige von 0 ausgehende Strecken, so versteht man
wiederum unter der geometrischen Summe der drei Strecken
nach Grösse und Richtung die von 0 ausgehende Diagonale
OD des durch OA, OB, OC bestimmten Parallelepipeds. Dem-
gemäss besteht die Gleichung
4) OA + OB + OC=OD.
Alle oben fOr die Ebene angeführten Regeln und Festsetzungen
lassen sich analog auf den Raum übertragen; wir drücken sie
aus durch den folgenden
-- Hanptsatz. Wenn in einer Summe von Strecken beliebige
derselben durch andere ihnen gleiche und gleich gerichtete Strecken
ersetzt werden, oder wenn die Eeihenfolge der Strecken beliebig ge-
ändert unrd, so behält doch die Summe stets den gleichen Werth,
— 254 —
Es bestehen daher neben Gl. 4) auch die Gleichungen
0A + OB + BC, = OD
OA + AB^ + B^D= OB
OA + AB^ + B^D + DO = 0 u. s. w.
Betrachten wir femer den Punkt P des Punktnetzes
(Fig. 23) mit den Coordinaten OL und OM, so ist zunächst
5) 0L+ OM=OL + LP=OM+MP=OP,
Ausser diesen drei Ausdrücken für OP giebt es aber noch
unzählige andere. Jede Summe von Strecken, welche in O
beginnt, in P endigt, und im übrigen auf den Geraden des
Punktnetzes verläuft, ist nach vorstehendem Satze gleich OP.
Endlich fähren wir an letzter Stelle noch an, dass, wie
sich aus den vorstehenden Resultaten leicht ersehen lässt, die
Summe der Strecken eines geschlossenen ebenen oder räumlichen
Polygons immer den Werth Null hat Wie oben für das Dreieck
ist auch hier die Richtung aller Strecken so zu definiren, wie
sie dem Durchlaufen des Polygons in einem bestimmten Sinn
entspricht.
§ 3. Führen wir die oben benutzte Goordinatenbestimmung
wieder ein, und bezeichnen die Coordinaten OL, OM des Netz-
punktes P durch 2m, Tj und 2m^T^y so geht die Gleichung 5) in
1) OP=2m^r^ + 2m^t^
über. Sie ist ihrer Natur nach gleichbedeutend mit
2) x = 2wiri, y = 2m^t^,
sie repräsentirt also 0wei Gleichungen; und es ist evident, dass
in analoger Weise jede Gleichung von der Form 1) in zwei
Gleichungen von der Form 2) zerfällt werden kann, die mit
1) gleichbedeutend sind.
Ist ebenso (Fig. 24) P ein Punkt eines Raumgitters mit
den Coordinaten OL = 2m^ti, OM = 2m^r^, ON = 2m^T^y
so ist gemäss Gleichung 4)
OP ^=^ 2m, Tj + 2m^t^ + 2m3rg,
und diese Gleichung ist ihrer Natur nach mit den drei Gleichungen
X = 2m^z^, y = 2mg r^, z == 2m^t^
- 255 —
gleichbedeutend. Es ist daher ersichtlich, dass in diesem Falle
jede Gleichung der ersten Form in drei Gleichungen wie die
vorstehenden zerfallbar ist.
Der Nutzen der Rechnung mit Strecken besteht also
darin, dass mehrere Gleichungen in eine einzige zusammengebogen
werden können und umgekehrt.
Im Anschluss an die vorstehenden Bemerkungen lassen
sich noch folgende Sätze aussprechen.
Lehrsatz IL Sind 2tj^ und 2%^ die primitiven Strecken eines
r^dmässigen Pimktnetzes, und ist 0 ein beliebiger Punkt des-
selben ^ so sind alle andern Netzpunkte P durch die von 0 aus
gemessene Strecke 2m^tj^ + 2m^r^ gegeben, wenn m^ und m^ alle
positiven und negativen ganzen Zahlen durchlaufen.
Lehrsatz HI. Sind 2%^, 2x^, 2 Tg die primitiven Strecken
eines Baumgitters, und ist 0 ein beliebiger Punkt desselben, so
sind alle andern Gitterpunkte P durch die von 0 aus gemessene
Strecke 2m^x^ '\- 2m2r^ '\- 2m^t^ gegeben, wenn m^, m^, m^ alle
positiven und negativen ganzen Zahlen durchlaufen.
§ 4. Die Translationsgruppen. Diejenige Bewegung eines
Körpers, bei welcher alle Punkte gleich lange imd gleich ge-
richtete Wege zurücklegen, wird Translation, oder Gleitung,
oder Schidnmg genannt. Sie ist der Definition gemäss durch
die Bahn eines beliebigen Punktes bestimmt, sie ist daher
durch eine Strecke 2r von bestimmter Länge und Richtung
darstellbar. Jede mit 2r gleiche und parallele Strecke stellt
ebenfalls die Translation dar. Zwei Translationen 2r| und 2z^,
die nach einander eintreten, sind einer Translation 2r gleich-
werthig, welche die Diagonale eines mit 2x^ und 27^ gebildeten
Parallelogramms ist* Die Zusammensetzung der Translationen
unterliegt also den Gesetzen der geometrischen Addition, und
es ist in diesem Sinne
2tr = 2ti + 2tra
zu setzen« Wir sagen, dass die Translationen 2x^ und 2x^
zusammen der Translation 2x äquivalent sind.
Auf die Translationen soll nun der Gruppenbegriflf an-
gewendet werden. Um die bezüglichen Verhältnisse deutlich
- 256 —
and durchsichtig zu machen, benutzen wir mit Vortheil die
vorstehend definirten regelmässigen Punktgebilde, die Punkt-
reihe, das Punktnetz und das Raumgitter.
Folgender Gedanke bildet den Ausgangspunkt unserer
Betrachtungen. Wir fassen diejenigen Translationen in's Auge,
welche die genannten Punktgebilde Punkt für Punkt in sich
überführen. Wir werden dieselben Deckschidmngen nennen. Die
Gesammtheit derselben hesiM den Gruppencharacter, Erstens
nämlich sind verschiedene nach einander eintretende Trans-
lationen immer wieder einer Translation äquivalent-, und
zweitens kommen die Punktgebilde nach Eintritt beliebig
vieler Deck Operationen immer wieder mit sich selbst zur
Deckung. Die verschiedenen Lagen, in welche die Punkt-
gebilde durch die einzelnen Translationen gelangen, sind näm-
lich, solange wir den Punkten und Geraden nicht etwa Marken
anhängen, nur in der Idee von einander verschieden. Ist daher
jede einzelne der beiden Translationen 2rj und 2%^ eine Deck-
schiebuug, so auch diejenige, welche beiden zusammen äqui-
valent ist. Die sämmtlichen Translationen, welche die bezüg-
lichen Punktgebilde mit sich zur Deckung bringen, erfüllen
daher in der That die für eine Gruppe characteristische Eigen-
schaft, dass je zwei von ihnen, hinter einander ausgeführt,
immer wieder eine in der Gesammtheit enthaltene Deck-
schiebung darstellen. Nur ein wesentlicher Unterschied gegen
die im ersten Abschnitt, Cap. III aufgestellte Definition des
GruppenbegriflFs springt sofort in die Augen. Die dort be-
handelten Gruppen enthielten sämmtlich eine endliche Anzahl
von Operationen, während die Zahl der Translationen der hier
eingeführten Gruppen unendlich gross ist. Es hindert aber
nichts, den Gruppenbegriflf auf diesen Fall auszudehnen. Dem-
gemäss stellen wir folgende Definition auf:
Unter einer Gruppe von Translationen verstehen mr eine
unendliche Reihe von- Translationen von der Art, dass irgend ztvei
Translaiionen f hinter einander ausgeführt, einer in der Gruppe
enthaltenen Translation äquivalent sind.
Nunmehr können wir sofort folgenden Lehrsatz aus-
sprechen:
— 257 —
Lelirsatg; IV. Die OesamnUheU aller Translationen^ wdche
eine reg%ääre Punktreihe oder ein ebenes Punkbnetß oder ein Baum-
giUer in sich überführen, bildet eine Crruppe von Translationen.
Wir fügen hinzu^ dass jede einzelne Deckschiebung be-
stimmt ist^ wenn angegeben wird^ mit welchem Punkt P des
regelmässigen Punktgebildes ein beliebiger Punkt Ä desselben
zusammenföUi Es giebt nur eine Translation, welche Deck-
sdnebung des Punktgebüdes ist und A nach P führt.
Von den Translationen, welche eines der uns beschäftigen-
den regulären Punktgebilde in sich überführen, kann keine
unter eine gewisse Grosse sinken; die kleinste von ihnen ist
gleich dem Abstand der beiden nächsten Punkte des Punkt-
gebildes. Nicht alle Translationsgruppen sind von dieser Art;
wir werden aber, da dies für unsere Zwecke genügt, im Fol-
genden stets voraussetzen, dass wir es mit Gruppen der an-
gegebenen Beschaffenheit zu thun haben. Wir wollen sie als
Gruppen endlicher TranslcUionen bezeichnen. Ist 2v irgend eine
Translation einer derartigen Gruppe, so enthält sie auch die
Translationen von der Grösse 4r, 6r . . ., sowie alle Trans-
lationen 2mtr, für welche m irgend eine positive ganze Zahl
sein kann. Kommt aber ein reguläres Punktgebilde durch
eine Translation 2r mit sich zur Deckung, so gilt dies auch
von — 2t, — 4r, u. s. w. Also folgt:
Lehrsatz V. Enthält eine Translationsgruppe, die aus lauter
Decksdiiebungen eines regulären Punktgebildes besteht, eine Trans-
lation 2r, so enOiäU sie jede Translation 2mr, wo m alle posi-
tiven und negativen ganzen Zahlen bedeuten kann.
Da uns nur solche Translationsgruppen interessiren, welche
mit den regulären Punktgebilden zusammenhängen, so treffen
wir auf Grund des vorstehenden Satzes die ausdrückliche
weitere Bestimmung, dass alle im Folgenden zu erwähnenden
Translationsgruppen neben einer Translation 2t gleichzeitig
die entgegengesetsfte Translation — 2t enthalten. Die aus 2t
und — 2t resultirende Translation ist die Identität; alle hier
in Frage kommenden Translationsgruppen enthalten daher die
Identität, Sie drückt diejenige evidente Decklage der Punkt-
gebilde aus, welche dem Ruhezustand entspricht.
Sehoenflie«, KrystallBtructur. 17
— 258 -
§ 5. Die lineare Tianslationflgmpi^e. Es sei A ein be-
liebiger Punkt einer regelmässigen Punktreihe und A^j ^g...
seien die in derselben Richtung auf ihn folgenden Punkte.
Da je zwei benachbarte Punkte gleichen Abstand von einander
haben, so fahrt die Translation 2 t die Punktreihe in sich über.
Dasselbe gilt also, dem letzten Satze gemäss, von jeder Trans-
lation von der Grösse 2wr.
Andere Translationen, welche die Punktreihe in sich über-
führen, existiren nicht. Jede derartige Translation ist nämlich
durch die Verschiebung des einen Punktes A bestimmt, und
jede solche Verschiebung bringt A mit einem Punkt Am zur
Coincidenz; die Grösse dieser Verschiebung hat daher wirklich
den Werth 2m t. Nennen wir die bezügliche Gruppe von
Translationen eine lineare Gruppe, und 2r ihre primitive Trans-
lation, so folgt:
Lehrsatz VI. Alle Translationen ^ welche eine regelmässige
Punktreihe in sich überßihren, büden eine lineare Gruppe \xm
Translationen. Die primitive Strecke der Punktreihe giä>t die
primitive Translation.
Umgekehrt ist aber auch jede lineare Gruppe endlicher
Translationen von der angegebenen Beschaffenheit. Ist zu-
nächst 2t =s OA die kleinste Translation, so enthält die Gruppe
sicher alle Translationen 2mT. Trägt man jetzt von dem
Punkt 0 aus die Translationen 2mT nach Länge und Richtung
ab, so bilden ihre Endpunkte (Fig. 22) eine regelmässige
Punktreihe. Gäbe es nun noch eine weitere Translation 2r'
der Gruppe, deren Endpunkt P' zwischen zwei Punkte der
Punktreihe fällt, so ist auch 2t' + 2mt für jedes m eine
Translation der Gruppe. Es fiele daher zwischen je zwei Punkte
der Punktreihe ein Punkt, welcher den Endpunkt einer von O
ausgehenden Translation der Gruppe darstellt, also auch zwi-
schen 0 und A, was unmöglich ist Also folgt:
Lehrsatz VIL Jede lineare Gruppe von Trandationen wird
von der Gesammiheit derjenigen Translationen gdnidet, welche in
dem Ausdruck 2mx für aüe ganzen Zahlen m enOiaUen sind.
Werden alle Translationen von demsdben Punkt aus abgetragen^
so bilden ihre Endpunkte eine regdmässige Punktreihe.
— 259 —
Ausdrücklich werde bemerkt^ dass statt 2t auch — 2r
als primitive Translation benutzt werden kann^ wie überhaupt
bei allen hier in Frage kommenden Untersuchungen das Vor-
zeichen der Translationen dem Belieben überlassen ist.
§ 6. Die ebene TranalatlonBgrnppe. Das regelmässige
Punktnetz denken wir uns, wie oben, auf zwei seiner Geraden
als Coordinatenazen bezogen. Es sei wieder OABC das pri-
mitive Parallelogramm ; so dass OA =» 2r^ und OB =» 2t^
die beiden primitiven Strecken sind. Die Translation 2x^
führt jede Gerade der einen Schaar in sich über, und jede
Gerade der andern Schaar in die benachbarte Gerade, also
muss auch das gesammte Punktnetz durch diese Translation
in sich übergehen. Das Gleiche gilt für die Translation 2%^^
also auch für jede Translation 2m^t^ und 2m^t^y wo, wie
immer, m^ und m^ irgend eine positive oder negative ganze
Zahl ist. Dieselbe Eigenschaft muss daher jeder Translation'
2r -a 2m^x^ + 2m^x^
zukommen.
Die in dem Ausdruck 2m^x^ + 2m^x^ enthaltenen Trans-
lationen sind wieder die einzigen, welche das Punktnetz mit
sich zur Deckung bringen. Wie in § 4 erwähnt wurde, ist
nämlich jede Deckschiebung bestimmt, wenn bekannt ist, auf
welchen Punkt P der Punkt 0 gefallen ist. Hat nun der
Punkt P die Coordinaten 2m^x^y 2m^x^y so ist
2r = 21»! Tj + 2m^x^
die zugehörige Translation; und damit ist die Behauptung
erwiesen.
Die so bestimmten Translationen bilden daher die aus
den Deckschiebungen des Netzes bestehende Gruppe. Es möge
bemerkt werden, dass sich der Gruppencharacter algebraisch
darin ausdrückt^ dass zwei Translationen von der Form
2m^x^ + 2in^x^ und 2m\r, + 2fn\x^
als Summe wieder eine Translation dieser Form geben. Die
Gruppe heisst eine Aene Gruppe von Translationen. Die
Translationen 2%^ und 2r, bilden ein Faar primitiver Trans-
laUonen und es folgt:
17*
— 260 —
Lelirsatz VIII. Alle Translationen, welche ein regelmässiges
Punktnetz in sich überfuhren, büden eine d)ene Gruppe von Trans-
lationen. Das primitive Parallelogramm des Netzes giebt das
primitive Translationenpcuir.
Umgekehrt lässt sich auch zeigen, dass jede ebene Gruppe
endlicher Translationen von der eben gefundenen BeschaflFen-
heit ist. Es sei JT« diese Gruppe und unter allen Transla-
tionen einer gewissen, übrigens beliebigen Richtung sei 2ri
die kleinste. Wir denken uns (Fig. 23) alle Translationen
von 0 aus nach Länge und Richtung construirt, bezeichnen
die Gerade OA durch a und setzen OA = 2t^. Nun fassen
wir diejenigen Translationen in's Auge, deren Endpunkte von
der Geraden a den kürzesten Abstand haben; unter ihnen
giebt es wiederum eine kleinste, sie sei OJB = 2r2. Giebt
es mehrere y deren Länge einem Minimalwerth des Abstandes
entspricht, so bezeichnen wir irgend eine von ihnen durch 2x^,
Da die Gruppe die Translationen 2x^ und 2t^ enthält, so
enthält sie auch jede Translation
2r = 2mir, -}- 2m^r^,
Es ist zu zeigen, dass ihr andere Translationen nicht angehören
können. Zu diesem Zweck construiren wir dasjenige Punkt-
netz, für welches das durch OA und OB bestimmte Parallelo-
gramm OAGB das primitive Parallelogramm ist, so ist jeder
Punkt desselben der Endpunkt einer von 0 ausgehenden Trans-
lation. Gäbe es nun noch eine hiervon verschiedene Trans-
lation 2x' , deren Endpunkt P' in das Innere oder in den
Umfang eines der Parallelogramme fiele, so wäre auch
2x' + 2m^x^ + 2m^x^ eine Translation der Gruppe, und es
fiele in jedes Parallelogramm ein analoger Translationsend-
punkt, also auch in das Parallelogramm OABC. Im Innern
desselben ist ein solcher Punkt unmöglich, da er kleineren
Abstand von a hätte, als B, was gegen die Annahme ist.
Ebenso würde es gegen die Festsetzungen über 2x^ und 2t^
Verstössen, wenn er auf dem Umfang läge, also folgt:
Lehrsatz E. Jede ebene Gru^ppe endlicher Translationen
ist so beschaffen, dass alle ihre Translationen in dem Ausdrude
- 261 —
2m^ T| -\' 2m^x^ enthalten sind, wo m^ und m^ aUe positiven und
negativen ganzen Zahlen bedeuten können. Die Translationen 2ri
und 2t, bestimmen die Gruppe und bilden ein primitives Trans-
lationenpaar.
Sind Ai und A^ irgend zwei Punkte eines ebenen regel-
mässigen Netzes^ so existirt stets eine Translation 2t ^^^ A^A^,
welche das Netz in sich überführt. Es sei 2r' die kleinste
Translation, welche dieselbe Richtung hat wie 2t, und unter
den Deckschiebungen des Netzes enthalten ist. Nun sind
auch alle in 2mT' enthaltenen Translationen Deckschiebungen;
die auf A^A^ liegenden Netzpunkte bilden daher diejenige
regelmässige Punktreihe, welche der linearen Gruppe 2mT'
entspricht; d. h.
Lehrsatz X. Die Verbindungslinie zweier NetqpunJcte ist stets
Träger emer dem Netz angehörenden regelmässigen Punktreihe,
Endlich ist folgender Satz anzumerken, der aus den obigen
Ausf&hrungen folgt:
Lehrsatz XI. Trägt man von einem beliebigen Ptinkt alle
Translationen einer ebenen Gruppe nach Länge und Richtung ab,
so bilden ihre Endpunkte ein ä>enes Punktnetz.
§ 7. Die räuinliohen TxanBlationsgrappen. Sind OA »= 2tj,
OJB = 2Ta, 0C=2x^ die primitiven Strecken eines Raum-
gitters, bezüglich die Seitenlängen des primitiven Parallele-
pipedons, so führt jede Translation 2r{ das Raumgitter in sich
Ober; sie verschiebt nämlich zwei Ebenenschaaren in sich,
während jede Ebene der dritten Ebenenschaar in die benach-
barte Ebene hineinfällt. Es sind daher auch 2m^x^, 2m^t^,
2m^x^ für alle ganzzahligen m^, m^, tn, Deckschiebungen des
Raumgitters, und das nämliche gilt daher auch für die Trans-
lation
2x = 2m, Ti -f- 2m^x^ + SmjTj .
Femer muss aber auch jede Deckschiebung des Raumgitters
in vorstehender Formel enthalten sein. Nach § 4 ist nämlich
jede dieser Deckschiebungen bestimmt, wenn angegeben wird,
auf welchen Punkt P des Raumgitters der Punkt 0 fällt
Sind nun die Coordinaten von P resp. 2m^x^, 2n},T„ 2m^x^,
- 262 -
so ist der Ausdruck 2t die zugehörige Translation; dieselbe
ist also immer von der genannten Form.
Die so bestimmte Gruppe heisst eine räumiiche Ghruppe
von Translationen; 2ri, 2%^^ 2^3 bilden ein Tripd resp. ein
System primitiver TrcmslaHonen. Also folgt:
Lehrsatz XII. Alk Translationen, welche ein BaumgiUer
in sich überßihreny bilden eine räumliche Gnjfppe von Transla-
tionen. Die Kanten des primitiven Parallelqnpedons liefern das
System primitiver Translationen.
Algebraisch ist der Gruppencharacter aller Translationen
auch hier darin begründet^ dass die Summe zweier Ausdrücke
der vorstehenden Art immer wieder von derselben Art ist
Sind A und A' irgend zwei Punkte des Gitters und ist
AA' = 2r', so ist 2r' eine Translation der Gruppe. Daher
ist auch jede Translation 2mt' in der Gruppe enthalten; das
Gitter enthält daher die durch A und A' bestimmte regel-
mässige Punktreihe. Sind A, A\ A" irgend drei nicht in
einer Geraden liegende Gitterpunkte ^ so sind wieder
AA' = 2%, AA" = 2%'
Deckschiebungen des Gitters. Man betrachte nun alle Trans-
lationen der Gruppe, welche der Ebene AA'A'\ parallel sind.
Durch Zusammensetzung von ihnen entstehen immer wieder
derartige Translationen , andrerseits gehören sie der Gruppe
an, sie constituiren daher eine ebene Gruppe von Translationen.
Die Endpunkte aller dieser Translationen gehören dem Gitter
an und bilden in ihm ein reguläres Punktnetz. Also folgt:
Lehrsatz XIIL Jedes Baumgitter enthalt unendlich viele
regelmässige Ptmktreihen und Punktnetjse. Jede Verbindungslinie
zweier Gitterpunkte und jede durch drei Punkte gelegte Ebene
ist Träger eines solchen Punktgebildes.
Wie für die ebenen, so lässt sich auch f&r die räumlichen
Translationsgruppen beweisen, dass jede derartige Gruppe von
der vorstehenden Beschaffenheit ist. Wir denken uns wieder
(Fig. 24) alle Translationen der Gruppe von einem Punkte 0
aus gezeichnet. Es seien OA' = 2%' und OB' =■ 2%" irgend
zwei Translationen von verschiedener Richtung und « die durch
~- 263 —
sie bestimmte Ebene. Alle in diese Ebene fallenden Trans-
lationen bilden eine ebene Gruppe, sie sind daher in der For-
mel 2iii|T^ -f" ^fn^iTg enthalten^ wenn 2iri und 27, das primitive
Translationenpaar darstellen. Wir bezeichnen 2r| und 2r^
durch OA, resp. OB. Nun sei 2r'" = OC eine Translation,
für welche der Abstand des Endpunktes C von der Ebene s
ein Minimum ist. Unter allen diesen Translationen giebt es
im Allgemeinen eine Translation 2t^ = OC, welche' einen
Minimalwerth hat; so dass also keine existirt, die noch kleiner
ist. Giebt es mehrere Translationen dieser Art, so wird irgend
eine yon ihnen durch 2r3 bezeichnet.
Von den so bestimmten Translationen 2ir,, 2r2, 2^3 lässt
sich zeigen, dass jede Translation 2r der Gruppe in der Formel
2r = 2Wiri + 2wgrj + ^WjTj
enthalten ist. Zunächst ist klar, dass alle diese Translationen
der Gruppe angehören. Denken wir uns ferner dasjenige
Raumgitter, welches durch 2r|, 2t2, 2t^ bestimmt ist, so ist
jeder Punkt desselben Endpunkt einer dieser Translationen.
Gäbe es nun eine Translation 2 t, deren Endpunkt P' in das
Innere oder in die Oberfläche eines der Parallelepipeda fiele,
welche das Gitter bilden, so müsste, da auch
2t + 2^1 Ti + 2fn2t2 + Swgrg
eine Translation der Gruppe wäre, in jedes Parallelepipedon
ein analoger Translationsendpunkt fallen, also auch in das durch
OABC bestimmte. Dies widerstreitet aber in jedem Fall den
über 2iri, 27^, 2r3 getrofienen Festsetzungen, ausser wenn
dieser Punkt ein Eckpunkt ist. Alsdann ist aber auch P' ein
Gitterpunkt und es folgt:
Lehrsatz XIV. Für jede räumliche Gruppe endlicher Trans-
lationen lassen sich alle Translationen in der Form 2m,r|-{-2insir,
-^2m^t^ darstellen f wenn m^, m^, m^ irgend welche positiven
oder negativen gomzen Zahlen bedeuten. Die Translationen 2x^,
2t2, 21^3 hUden ein primitives TripeL
Baumgitter und räumliche Translationsgruppen sind daher
Gebilde^ die unzertrennlich mit einander verbunden sind und
- 264 ~
sich wechselseitig bedingen. Die för beide ableitbaren Eigen-
schaften laufen einander in jeder Beziehung parallel und
können sich nur in der Bezeichnung unterscheiden. Hiervon
werden wir oft Nutzen ziehen. Wir sprechen dies noch in
folgendem Satz aus:
Lehrsatz XV. Trägt man van irgend einem Punkte aus
alle Translationen einer räumlichen Translationsgrujppe nach
Länge und Richtung äby so büden die Endpunkte ein Baumgitter.
§ 8. Systeme primitiver Translationen. Es sei wieder
(Fig. 23)
2ri = OA und ^ 2r2 = OB
das primitive Translationenpaar eines Punktnetzes, so besteht
das Punktnetz aus den Schnittpunkten der beiden durch 2ti
und 2^2 bestimmten Schaaren paralleler Geraden. Zieht man
die Diagonale 00 des Parallelogramms OÄBC, und setzt
2t = 2t, + 2r2 = 00,
so trifft die Diagonale nach Satz X unendlich viele Netzpunkte
und zwar alle diejenigen, welche den Translationen 2m't'
entsprechen. Das gleiche gilt, da 0 durch jeden Netzpunkt
ersetzbar ist, von denjenigen Geraden, welche parallel zu OC
durch die Punkte A^ A^, . , gezogen werden. Diese parallelen
Geraden lassen sich demnach im Verein mit den Geraden von
der Richtung 2x^ augenscheinlich ebenfalls benutzen, um das
Punktnetz zu erzeugen; durch jeden Punkt des Netzes geht
eine Gerade der einen und eine Gerade der andern Art. Be-
trachtet man nun OA und 00 als Axen eines Coordinaten-
systems, so ist ersichtlich, dass sich die Translationen ins-
gesammt durch den Ausdruck
2m^x^ + 2m'%
darstellen lassen, wo m^ und m' ganze Zahlen sind, es können
also auch 2%^ und 2%' als ein j^aar primitiver Translationen
dienen.
Es liegt nahe, zu fragen, ob es noch weitere Paare pri-
mitiver Translationen giebt. Eine einfache Ueberlegung zeigt,
dass dies wirklich der Fall ist; wir brauchen uns nur zu er-
- 265 —
innem, dass bei der Construction des primitiven Paares in § 6
die Richtung der Translation 2r^ beliebig fixirt wurde.
Die Beziehungen der primitiven Paare zu einander folgen
einfachen Gesetzen^ die von grosser Wichtigkeit sind und nun
entwickelt werden sollen.
In jedem Punktnetz giebt es, gemäss Satz X, unendlich
viele regelmässige Punktreihen; jede Verbindungslinie zweier
Netzpunkte ist der Träger einer solchen Reihe. Jede Trans-
lation der Punktreihe ist eine Translation des Netzes. Unter
ihnen giebt es eine kleinste oder primitive Translation 2r;
wir wollen sie eine primitive Translation des Pmktnetaes nennen.
Für jedes Punktnetz, resp. in jeder ebenen Translationsgrappe
existiren demgemäss unendlich viele primitive Translationen;
jede von ihnen kann die oben mit 2r, bezeichnete Translation
darstellen.
Durch die Translationen 2tr^ und 2%^ sind alle Netzpunkte
bestimmt, und zwar als Schnittpunkte der mit 2ti und 2t^
gegebenen Schaaren paralleler Geraden. Sind nun allgemein
2r\ und 2t''s irgend zwei Translationen, welche dasselbe Punkt-
netz liefern, so sollen sie ebenfalls als primitives TrcmslaHonen-
paar bezeichnet werden. Hierzu ist nothwendig und hinreichend,
dass von den beiden Schaaren paralleler Greraden, welche den
Translationen 2x\ und 2r'2 entsprechen, durch jeden Gitter-
pnnkt je eine hindurchgeht; in der That ist dann, wie n5thig
jeder Netzpunkt ein Schnittpunkt zweier Geraden der bezüg-
lichen Geradenschaaren. Dies sprechen wir folgendermassen aus:
Zwei Translationen 2x\ und 2x\ eines Netzes heissen ein
Paar primitiver Translationen ^ wenn von den ihnen entsprechen-
den Schaaren paralleler Geraden durch jeden NeUspunkt je eine
hindurchgeht.
Wir haben bereits oben die Einsicht erlangt, dass es un-
endlich viele Paare primitiver Translationen giebt. Jedem
derselben entspricht eine Theilung des Netzes in Parallelo-
gramme. Solcher Theilungen sind daher unzählige möglich;
d. h. jedes Punktnetz kann auf unendlich viele Weisen durch zwei
Schaaren paralleler Geraden erzeugt werden.
Die Besonderheit des primitiven Paares 2rj, 2%^ trat
- 266 —
darin zu Tage^ dass sich jede Translation 2ir der Gruppe ganz-
zahlig in der Form
2r = 2f»iri + 2m^r^
darstellen lässt. Dies beruht darauf, dass wenn die durch 2ri
und 2r2 repräsentirten Geraden OA und OB zu Coordinaten-
axen gewählt werden, m^ und m^ die Ooordinaten des End-
punktes Yon 2r sind; und da alle diese Punkte Netzpunkte
sind, so müssen m^ und m^ ganze Zahlen sein. Aus denselben
Gründen besteht aber diese Eigenthümlichkeit auch für die
Translationen 2t\ und 2r'27 ^^^P« ^^^ ^^^ ihnen gegebene
Coordinatenbestimmung. Endlich muss auch das umgekehrte
richtig sein; fallen für irgend zwei Geraden als Ooordinaten-
axen die Ooordinaten aller Netzpunkte als ganzzahlige Vielfache
der bezüglichen Translationen aus, so sind alle Netzpunkte
Schnittpunkte der zugehörigen Geradenschaaren. Also folgt:
Lehrsatz XVI. Durdh die Translationen eines primitiven
Paares ist jede Translation ganzsahlig ausdrückbar. Sind um-
gekehrt 2r 1, 2t\ etoei Translationen^ in denen sich alle Trans-
lationen ganz0ahlig ausdrücken, so bilden 2t\ und 2t\ ein pri-
mitives Paar.
§ 9. Es sei nun
2% = 2i)iTi -f 2pir^ = OP
irgend eine Translation der Gruppe. Liegen zwischen 0 und
P keine andern Netzpunkte, so ist OP eine primitive Trans-
lation. Giebt es aber noch Netzpunkte zwischen 0 und P,
so sei A' der nächste zu 0; dann ist OA' = 2v' die primi-
tive Translation des Netzes in der Richtung OP und es ist
2r ein Vielfaches von 2x\ Wird 2r »a 2Air' gesetzt^ so folgt
für 2t die Gleichung
2r' = 2^^r,+.2^«ir,,
und da 2t' eine Translation der Gruppe ist, müssen p^ : X
und p^ : X ganze Zahlen sein; d. h. p^ und p^ haben einen ge-
meinsamen Theiler. Umgekehrt ist evident, dass wenn p^ und
p^ keinen gemeinsamen Theiler haben, zwischen 0 und P kein
Netzpunkt liegt. Also folgt:
— 267 -
Lehrsatz XVII« Die Translation 2p^Xy^ + 2|}sr2 ist eine
primitive Translation des Netees^ wenn p^ und p^ keinen gemein-
samen Theüer haben.
Nun seien
2x\ = 2p,ti + 2ftr,
^ 2r'2 = 2q^ti + 2qit^
irgend zwei primitive Translationen. Zunächst ist klar, dass
weder p^ und p^ ; noch q^ und g, einen gemeinsamen Theiler
haben« Losen wir die Gleichungen nach t^ und t^ auf und
setzen zur Abkürzung
2) Piqi-P2ii = h
so folgt
*iyi z «
3) ' ^
Ist nun 2 =» HP; 1 , so lassen sich 2tj^ und 2r2 ganzzahlig
durch 2r\ und 2r'2 ausdrücken, d. h. 2r'i und 2t\ bilden ein
Paar primitiver Translationen. Andrerseits ist auch ersicht-
lich, dass dies nur unter der Bedingung 2 <=» + 1 eintritt.
Denn ist iE von + 1 verschieden, so können 2ri und 2t^ nur
dann ganze Vielfache von 2/^ und 2t\ sein, wenn p^^ p^,
9i> & gleichzeitig durch l theilbar sind. Dies ist aber mit
der Annahme, dass 2r | und 2r'2 primitiv sind, nicht verein-
bar, also folgt:
Lehrsatz XYill. Es giM unendlich viele Tarne primitiver
Translationen; sie u)erden unter der Bedingung p^q^ "Ptix ~ i 1
durch die Gleichungen 1) dargestellt
Ist die primitive Translation 2t\ gegeben, so sind die Trans-
lationen 2x\^ welche mit 2x\ ein primitives Translationenpaar
bilden, durch Auflösung der diophantischen Gleichung 2) zu be-
rechnen.
§ 10. Ein besonders wichtiger Specialfall des vorstehen-
den Satzes tritt ein, wenn
2%\ = 2r,
2^2 = 2fH|T| Hh 2^2
- 268 —
ist, wo m^j wie immer, eine beliebige ganze Zahl isi Diese
Gleichungen gestatten unmittelbar die Auflösung
2ri = 2t\
2x2 = + 2r\ — 2m,r'i;
es bilden also 2t\ und 2t\ ein primitives Paar; d. fa.
Lehrsatz XIX. Sind 2r^ und 2%^ ein primitives Paar, so
sind auch 2x^ und 2m^x^ + 2x2 ein solches Paar.
Dieser Satz erfahrt durch die Figur 23 eine unmittelbare
Veranschaulichung. Die Translation 2x\ ist diejenige oben
bereits erwähnte Translation, welche 0 mit einem Netzpunkt
der nächsten zu a parallelen Geraden verbindet. Man über-
zeugt sich daher auch an der Figur leicht, dass durch Zu-
sammensetzung von 2x^ und 2x\ diejenigen Deckschiebungen
ausführbar sind, welche 0 nach A resp. B führen. Für den
Punkt A ist dies evident. Lässt man andrerseits erst die
Translation 2x\ eintreten^ welche 0 nach Bn führt, und dann
die Translation — 2m,r'i, so gelangt dadurch in der That
0 nach jB, womit der Satz geometrisch verificirt ist.
Das aus den primitiven Translationen 2x^ und 2x2 ge-
bildete Parallelogramm möge noch primitives Parallelogramm
und das durch sie bestimmte Dreieck
OAB primitives Dreieck heissen. Be-
zeichnen wir (Fig. 25) die dritte Seite
AB desselben durch 2r3, so besteht
die Gleichung
2ri + 2x^ — 2r2 = 0
Es kann daher gemäss dem vorstehenden Satz sowohl 2ti
und 2r8, als 27, und 2x^ ein primitives Translationenpaar
bilden; d. h.
Lehrsatz XX. Je 0wei Seiten eines primitiven Dreiecks
Hefem ein Paar primitiver Translationen,
§ 11« Primitive Translationstripel der räumlichen
Gruppen. Jeder räumlichen Translationsgruppe entspricht
ein Raumgitter, gebildet von den Endpunkten aller von einem
- 269 -
Punkte 0 aus construirten Translationen der Gmppe. Im
Raumgitter giebt es unendlich viele regelmässige Punktreiben
und Punktnetze. Die Translationen einer jeden Punktreibe
sind Translationen des Gitters, die primitive unter ihnen soll
eine primitive Translation des Gitters heissen. Ebenso ist auch
jede Translation des Punktnetzes eine Translation des Gitters;
das primitive Paar des Netzes bezeichnen wir als primitives
Translationspaar des Gitters.
Wie die Translationen 2ti, 2x^y 2%^ alle Gitterpunkte be-
stimmen^ so sollen irgend drei Translationen 2r',; 2z\y 2x\
ein primitives Tripel heissen, wenn sie dasselbe Raumgitter
bestimmen, wie 2t^, 2%^^ 2r^, Hierzu ist nothwendig und
hinreichend; dass durch jeden Gitterpunkt je eine der drei
Schaaren paralleler Ebenen geht, welche den Flächen des von
2t\j 2t'j, 2r'3 gebildeten Parallelepipedons entsprechen. Wir
stellen daher folgende Definition auf:
Drei Translaiionen 2t\^ 2r'2, 2r'3 büden ein primitives
Tripel des Gitters^ wenn von den drei durch sie bestimmten
Schaaren paralleler Ebenen durch jeden Gitterpunkt je eine geht.
Für das Tripel 2ri, 2%^, 2r3 haben wir oben § 7 die
Ebene, welche 2r| und 2r2 enthält, beliebig angenommen.
Daraus folgt bereits, dass es unendlich viele primitive Tripel
des Raumgitters giebt. Jedem Tripel entsprechen drei Ebenen-
schaaren, das Gitter kann daher auf unendlich viele Weisen durch
drei Züge paraUder Ebenen erzeugt werden.
Durch die Translationen 2rj, 2r2, 2r3 liess sich jede
Translation 2r der Gruppe in der Form
2r =» 2mir, + 2m2rj + äwjrj
ganzzahlig ausdrücken. Dies beruhte darauf, dass, wenn die
drei durch 0 gelegten Ebenen einer jeden Schaar als Coordi-
natenebenen gewählt werden, die Goordinaten jedes Gitterpunktes
ganzzahlig ausfallen. Diese Eigenschaft konmit augenschein-
lich allen Tripeln primitiver Translationen zu. Ebenso ist
das umgekehrte richtig; ergeben sich die Goordinaten sämmt-
lich ganzzahlig, so sind alle Gitterpunkte Schnittpunkte von
je drei Ebenen der bezüglichen drei Ebenenschaaren. Also folgt:
— 270 -
Lehrsatz XXI. Durch die Trandatumen eines primitiven
Tripels ist jede Translation gantssahUg ausdrückbar. Umgekehrt^
ist jede Translation d^irck 2z\j ^'^'t, Sr', ganegahlig ausdrück-
bar^ so bilden 2x\j 2x\y 2r', ^n primitives Tripel.
Es sei
2r — OP - 2p^t, + 2ftT, + 2p,r3
irgend eine Translation der Gruppe. Ist dieselbe nicht primi-
tiv; so sei 2x\ die primitive Translation in der Richtung von
OP'^ alsdann ist 2t «» 2kx\y wo k eine ganze Zahl ist^ und
es folgt
Da aber 2x\ durch 2r^; 2x^y 2x^ ganzzahlig ausdrückbar ist^
so müssen PuP^, Pz ^^^ gemeinsamen Theiler k haben. Ebenso
folgt umgekehrt, dass wenn k der grosste gemeinsame Theiler
Yon p^j p^y pj ist, bereits der Ate Theil von 2ir eine Trans-
lation der Gruppe ist. Also folgt:
Lehrsatz XXIT. Eine Translation 2p^x^ + 2p^x^ + 2p^x^
ist primitiv^ wenn p^, p^y p^ keinen gemeinsamen Theiler haben.
§ 12. Seien nun
2x\ = 2piXj^ + 2p^x^ + 2p^x^
1) 2t\^2q^ti + 2&r, + 2q^x^
2x\~2r,x, + 2r,r, + 2r^x^
irgend drei primitive Translationen. Wir setzen fest, dass sie.
nicht in einer und derselben Ebene liegen. Alsdann besteht
zwischen 2x\y 2x\^ 2x\ keine lineare identische Gleichung,
und die Gleichungen 1) lassen sich nach 2r|, 2 Tg, 2x^ auf losen.
Setzen wir die Determinante
2)
Pi,
«1.
r,
Pt,
9i,
Ps
l
•1) 's» '8
und bezeichnen die ünterdeterminanten
3)
9i ««
Pi.
PiP"
'i'h,
' Pi P»
= »•*,
- 271 -
wo hy if h die Zahlen 1, 2, 3 in irgend einer cyclischen Folge
darstellen^ so ist
2lt, = 2p\t\ + 2q\x\ + 2r\t\
4) 2lt^ = 2i)>', + 2q\x\ + 2r\x\
2lr^ = 2p\t\ + 2q\t\ + 2r\x\.
Ist nun 2 = + 1, so lässt sich 2x^y 2x^y 2%^y also auch jede
Translation
2x = 2w,ri + 2m2r2 + 2^3 Tg
durch 2x\, 2x\, 2x\ ganzzahlig ausdrücken, und 2r\, 2x\
2x\ bilden ein Tripel primitiver Translationen. Der Bedmgung
1= + 1 kann auf mannigfache Weise genügt werden, also folgt:
Lehrsatz XXIII. Für jedes Baumgüter giebt es unendlich
viele Tripel primitiver Translationen; sie werden durch die Glei-
chungen 1) dargestellt, wenn die Determinante derselben den
Werth ± 1 hat.
Ist im Besondem
2x\ = 2ri
2x\ = 2rs,
2r's = 2rs + 2m^Xi + 2m^x^,
so folgt als Auf losung direct ~
2xi = 2x\
2*8 = 2x\
2*3 == 2r'3 — 2m^x\ — 2m^x\y
d. h. 2*1 und 2x^ bilden mit jeder Trans-
lation, deren Endpunkt in der nächsten,
zu 2*1 und 2*2 parallelen Gitterebene
liegt, ein primitives Tripel. Wie oben
lässt sich auch hier geometrisch un-
mittelbar erkennen, dass die Translation
2*3 durch die Translation 2%\ und
— (2«ii*i + 2m^x^ ersetzt werden kann. ^^
Wir «bezeichnen noch das aus drei
primitiven Translationen eines Tripels
gebildete Parallelepipedon als primitives
Paraüdqpipedon und das durch sie bestimmte Tetraeder als
— 272 —
pritnitives Tetraeder. Ein solches ist z.B. das Tetraeder OABC.
Bezeichnen wir (Fig. 26) die Seiten
BC = 2t\, CA = 2t\, AB = 2%\,
so bestehen die Gleichungen
2x\ + 2rj — 21:3 = 0
2r'8 + 21:5 — 2ri =0
2x\ + 2ri — 2ir8 = 0
2x\ + 2ir', + 2/3 = 0
und hieraus folgt, dass irgend drei Kanten des Tetraeders,
die nicht in derselben Ebene liegen, ein Tripel primitiver
Translationen bestimmen; z. B.
2x^y 2irg, 2x\ und 2ir, , 2x\, 2ir'3,
d. h.
Lehrsatz XXIV. Drei Kanten eines primitiven Tetraeders,
die nicht in einer Ebene liegen, bilden ein Tripel primitiver
Translationen.
§ 13. Invarianter Inhalt der primitiven FaraUelogramme
und Farallelepipeda. Betrachten wir, gemäss dem letzten
Satz von § 10, irgend zwei der drei Translationen 2xi, 2x^, 2x^
als primitives Paar, so erhalten wir drei verschiedene Parallelo-
grammtheilungen des Punktnetzes, deren primitive Parallelo-
gramme augenscheinlich inhaltsgleich sind. Dasselbe gilt für
das durch 2x\ = 2x^ und 2x\ = 2m^x^ + 2x^ bestimmte Pa-
rallelogramm. Hierin documentirt sich ein allgemeiner Satz,
der sich folgendermassen aussprechen lässt:
Lehrsatz XXV. AUe primitiven ParaUdogramme eines
Piinktnetees sind inhaltsgleich.
Um diesen Satz zu beweisen, fassen wir eine möglichst
grosse Z.ahl von Parallelogrammen jp in's Auge, welche dem
primitiven Paar 2x^, 2z^ entsprechen. Die Anzahl der von
ihnen absorbirten Netzpunkte sei Z. Nun enthält jedes Pa-
rallelogramm p vier Netzpunkte, andrerseits stossen in jedem
Netzpunkt, der im Innern des betrachteten Grebietes liegt, je
vier Parallelogramme zusammen; die Anzahl Z, der Parallelo*
gramme kommt daher der Zahl Z sehr nahe; die Correction
~ 273 —
ist nur darin begründet, dass au den Punkten, welche auf der
Grenze des Gebietes liegen, nicht mehr alle vier um sie liegen-
den Parallelogramme p in die Zahl Z^ einzurechnen sind. Wir
denken uns, um die Begriffe zu fixiren, das bezügliche Gebiet
kreisförmig und betrachten die im Innern liegenden Punkte
desselbeiL Bezeichnen wir den Radius mit r, so ist die An-
zahl der im Innern liegenden Parallelogramme mit r^ pro-
portional, dagegen die Zahl derjenigen, welche dem Umfang
angehören, mit r selbst. Die Zahlen Z und Z^ unterscheiden
sich daher um eine Grösse, welche von der Ordnung r ist,
während sie selbst von der Ordnung r^ sind. Lassen wir nun
r unbegrenzt wachsen, so muss in Folge dessen der Quotient
Z : Z^ der Einheit näher und näher kommen.
Diese Betrachtungen sind von der Wahl des primitiven
Paares durchaus unabhängig. Ist daher Z\ die Zahl der im
Innern des Kreises liegenden Parallelogramme p', welche irgend
einem andern primitiven Paar entsprechen, so kommt auch
der Quotient Z : Z\ mit wachsendem r der Einheit beliebig
nahe. Das gleiche gilt demnach auch von dem Quotienten
Zj : Z\. Bezeichnen wir nun die Flächen, welche von den
Zj Parallelogrammen p bezüglich von den Z\ Parallelogrammen
p' erfüllt werden, mit F und F\ so unterscheiden sich auch
F und F* von der gesammten Kreisfläche um Grössen von
der Ordnung r, während sie selbst von der Ordnung r* sind.
Demnach kommt wiederum der Quotient F : F' mit wachsen-
dem r der Einheit beliebig nahe und daraus folgt schliesslich
das gleiche für die Quotienten FiZ^ und F' :Z\. Der erste
dieser Quotienten bedeutet aber den Inhalt des Parallelogramms
Py der zweite denjenigen von p\ und damit ist der obige Satz
bewiesen. *)
Die vorstehenden üeberlegungen lassen sich ohne Weiteres
auf die primitiven Parallelepipeda der Raumgitter übertragen.
Der einzige Unterschied besteht darin, dass die Kreisfläche
durch eine Kugel zu ersetzen ist. Das Innere der Kugel ist
1) Der hier befolgte GedankeugaDg entspricht dem von Dirichlet
gegebenen Beweis. Vgl. Crelle'a Journ. f. Math Bd. 40, S. 216.
Sohoenfliei, KryttaUitractur. 18
- 274 —
von der Ordnung r*, die Oberftche von der Ordnung r*, das
Yerkältniss der letzteren zur ersteren daher wiederum um-
gekehrt proportional mit r u. s. w. u. s. w. Also folgt:
Lehrsatz XXVI. AUe primitiven ParäUdqoipeda eines Baum-
gitters haben gleichen FlächeninhaU.
Die Sätze XXV und XXYI gelten natürlich in analoger
Form von den primitiven Dreiecken und primitiven Tetraedern.
Femer ist klar^ dass auch ihre Umkehrung richtig ist. Wenn
also drei Translationen 2ir\, 2ir^2; ^^'s ein Tetraeder bestimmen,
welches dem aus 2^1 , 2^2, 21:3 gebildeten Tetraeder inhalts-
gleich ist, so bilden sie ebenfalls ein System primitiver Trans-
lationen.
-:-r^^t '
Drittes Capitel.
Symmetrische Pnnktnetze nnd Ranmgitter.
§ 1. Der Symmetrieoharaoter der Ptmktnetze und Baum-
gitter. Wir beschäftigen uns in diesem Capitel mit der Auf-
gabe^ alle mit Symmetrie behafteten Panktnetze und Raum-
gitter zu finden. Da jede Symmetrieeigenschaft ihren Ausdruck
in einer Deckoperation findet, so läuft die Aufgabe darauf
hinaus, diejenigen Netze und Gitter zu ermitteln/ welche ausser
bei den Deckschiebungen noch in Folge anderer characte-
ristischen Deckoperationen in sich übergehen.
Wie wir im vorigen Capitel erkannt haben, hängen Punkt-
netze und Raumgitter mit den Translationsgruppen auf das
engste zusammen. Die Folge ist, dass die Symmetrie des
Netzes oder Gitters auch die Symmetrie der bezüglichen
Gruppe bedingt, und umgekehrt. Die fraglichen Symmetrie-
Verhältnisse können daher durch die Untersuchung der Trans-
lationsgruppen ermittelt werden. Nun kann die Gesammtheit
der Translajüonen nach Länge und Richtung von einem und
demselben Punkte aus abgetragen werden. Femer spricht sich
jede Symmetrieeigenschaft der Translationsgruppen in einer
Deckoperation aus, welche die Gesammtheit aller Translationen
zur Deckung bringt; daher kommen zur Kennzeichnung ihres
Symmetriecharacters nur solche Operationen in Frage, welche
einen Punkt 0 unverändert lassen. Das gleiche muss daher
auch für Punktnetze und Raumgitter gelten.
Dies kann auch folgendermassen direct bewiesen werden.
Es sei 2 irgend eine Operation erster oder zweiter Art, welche
ein Punktnetz oder Ratungitter in sich überführt. Sie bringt
den Punkt 0 jedenfalls mit einem andern Punkt des Netzes
18*
— 276 —
oder Gitters zur Coincidenz; dieser Punkt sei Oi. Nun existirt
gemäss § 4 des vorigen Capitels eine bestimmte Deckschiebung
2ti des Netzes oder Gitters, welche 0, nach 0 gelangen lässt.
Wenn daher erst die Deckoperation S und dann die Deck-
schiebung 2ir( eintritt, so sind sie zusammen einer solchen
Deckoperation des Netzes oder Gitters äquivalent, welche den
Punkt 0 unverändert lässt; also folgt, dem obigen Resultat
entsprechend :
Lehrsatz I. Geht ein FunktneUf oder Eaumgitter durch
irgend eine Operation in sich uber^ die keine Translation ist, so
gid)t es auch solche Deckoperationen des Netzes oder Gitters,
welche einen seiner Punkte unverändert lassen.
Da dieser Punkt beliebig gewählt werden kann, so leuchtet
ein, dass ein Netz oder Gitter gegen alle seine Punkte die
gleichen Symmetrieeigenschafben besitzt.^)
Der vorstehende Satz zeigt, dass die Symmetrie der Punkt-
netze und Raumgitter durch eine der im ersten Abschnitt er-
örterten Gruppen von Symmetrieen gegen einen Punkt charac-
terisirt werden kann.
Daraufhin werden wir nun die Netze und Gitter einzeln
untersuchen. Zuvor machen wir jedoch nochmals darauf auf-
merksam, dass die Untersuchung dieser Puuktgebilde auch
durch Untersuchung der Translationsgruppen ersetzt werden
kann. Jede Operation, welche die sämmtlichen Translationen
der bezüglichen Gruppe in einander überführt, ist auch eine
Deckoperation des Netzes oder Gitters und umgekehrt.
§ 2. Symmetrie der Funktnetze. Wir leiten zunächst
einige Sätze allgemeiner Natur über die Symmetrie der Punkt-
netze ab.
Lehrsatz IL Jedes regelmässige Punktnete geht durch In-
version gegen einen seiner Punkte in sich über.
Die Inversion vertauscht nämlich jede der von 0 aus
gezeichneten Translationen mit ihrer entgegengesetzten, womit
der Beweis erbracht ist.
1) Vgl. hierzu auch Cap. VI, § 7.
- 277 -
Eine Symmetticebene kann dem Punktnetz nur in einer zur
Netzebene senkrechten Lage zukommen. Ist N ein Netz dieser
Art, 80 besitzt es, wie eben für jedes Netz bewiesen wurde,
in 0 ein Symmetriecentrum, folglich ist das Netz gemäss
Cap. in, X des ersten Abschnittes mit einer in der Netzebene
liegenden und durch 0 gehenden zweizähligen Axe begabt.
Wir brauchen daher, um die Symmetrie Verhältnisse der Punkt-
netze zu studiren, nur Axensymmetrie in's Auge zu fassen.
Daraus folgt, dass die Nebssymmetrie stets durch eine Drehungs-
gruppe gekenmeichnet werden kann.
Die Symilietrieaxen eines Netzes liegen entweder in ihm,
oder sie stehen senkrecht zu ihm. Die ersteren sind, da sie
die Netzebene in sich überführen müssen, immer zweizählig.
Diese Axen repräsentiren, wie wir sehen werden, eine wirk-
liche Symmetrieeigenschaft eines Netzes, dagegen ist dies für
die zur Netzebene senkrechten zweizähligen Axen nicht der
Fall. Es besteht nämlich folgender
Lelirsatz UI. Jedes Netz gestaMet eine Umklappung um eine
durch 0 gehende, mir Netzebene senkrechte ztoeizahlige Axe,
Auch diese Umklappung führt nämlich jede Translation
in die entgegengesetzte über, womit der Satz wiederum be-
wiesen ist. Ein zweiter Beweis folgt daraus, dass jedes Netz
in 0 ein Symmetriecentrum und in seiner eigenen Ebene eine
evidente Symmetrieebene besitzt; es kommt ihm daher auch
die genannte zweizählige Symmetrieaxe zu.
Wir nehmen jetzt an, das Netz gehe durch Drehung um
eine zur Netzebene senkrechte n- zählige Axe a, wo n > 2 ist,
in sich über. Femer sei 2r| eine von 0 ausgehende Trans-
lation. Wird die Drehung um die Axe a ausgeführt, so fallt
nothwendig 2x^ mit einer andern Translation des Netzes zu-
sammen. Dasselbe gilt für wiederholte Drehung um a; von 0
gehen daher n gleich lange Translationen aus, welche gleiche
Winkel mit einander einschliessen, deren Endpunkte also ein
regelmässiges n-Eck bilden. Die Ecken dieses n-Ecks sind nun
aber ebenfalls Netzpunkte; folglich besteht das Netz einerseits
aus Parallelogrammen, andrerseits aus regulären Polygonen.
Es giebt aber ausser dem regulären Dreieck, Viereck und
— 278 —
Sechseck kein axidereH Polygon ; welches Basis eines Netzes
von Parallelogrammen sein kann; demnach kann n nur die
Werthe 3, 4, B haben. Ist n = 3, so sind drei von 0 aus-
gehende gleiche Translationen vorhanden. Nun existirt aber
zu jeder auch die entgegengesetzte; es kommen also zu den
dreien; von denen wir ausgingen, noch drei hinzu, und die Axe
ist in Wirklichkeit sechszählig, d. h.
Lehrsatz IV. Symmetrieaxen eines PwMnetzeSj welche auf
der NetaSbene senkrecht stehen^ sind entweder eweimhlig oder vier-
ssiädig oder sechseählig,
§ 3. Die symmetriflohen Netse. Ist die zur Netzebene
senkrechte Axe a zweizählig, so kann das Netz besondere
Symmetrie nur dadurch erwerben, dass es eine in der Netz-
ebene liegende Symmetrieaxe u besitzt. Diese Axe bedingt in
Gemeinschaft mit a die Existenz noch einer zweiten in der
Netzebene liegenden Axe u^, welche auf u senkrecht steht; die
Axensymmetrie des Netzes ist daher durch die Vierergruppe V
gekennzeichnet.
Soll nun ein Netz von Parallelogrammen, dessen Basis
weder ein Quadrat noch ein reguläres Sechseck resp. Dreieck
ist, durch Umklappung um eine Axe in sich übergehen, so
muss das primitive Parallelo-
gramm entweder ein Beckteck
oder ein Bhonibus sein. Im ersten
Fall stehen die beiden primi-
tiven Translationen 2z ^ und
2z^ senkreckt auf einander,
jede von ihnen hat daher die
Richtung einer zweizähligen
Symmetrieaxe. Das Netz be-
steht also (Fig. 27) aus lauter Rechtecken, deren Seiten das
primitive Paar von Translationen darstellen. Wir bezeichneu
es als recMwinkliges NetB.
Das Netz, dessen primitives Parallelogramm ein Rhombus
ist, soll rhombisches Netss heissen. FQr dieses Netz haben
(Fig. 28) die Symmetrieaxen die Richtung der Rhomben-
diagonalen. In jede von ihnen fallt eine Translation des
Fig. 87.
JL^
^^.
- 279 —
Netzes, aber diese beiden Translationen bilden kein primitives
Paar. Bezeichnen wir fOr beide Arten von Netzen die in die
Symmetrieaxen u und u^ fal- Fig.ss.
lenden primitiven Translatio-
nen durch 21:, nnd 2ty, wäh-
rend 2ir^ nnd 2^, wie bisher
das primitive Paar vorstellen,
so ist das rechtwinklige Netz
durch die Translationen
characterisirt, das rhombische dagegen durch
2^1 *=■ r« -p tyy 2^2 = Tx ty.
Aus den letzten beiden Gleichungen folgt umgekehrt
2t:, »> 2t^ + 2^2, 2xy = 2ri — 2rj,
in einem rhanibischen Net0 ist daher die Translation längs einer
Symmetrieaxe gleich der geometrischen Summe oder Differenz der
in den Bhombenseiten liegenden primitiven Translationen.
Das primitive Paar des rhombischen Netzes kann, wie
aus Lehrsatz XX des vorigen Capitels folgt, auch durch
2ti =* 2t,, 2ir2 *=* tx "f" ty
oder durch
2Ti ■■■ 2tyj 2t% ^ Tx -f- ^y
dargestellt werden.
Bemerkung. Die oben eingefQhrte Bezeichnung ent-
spricht, wie ausdrücklich erwähnt werden möge, der Gestalt
des primitiven Parallelogramms. Auch in
andern Netzen können Rechtecke und
Bhomben auftreten, sie bilden aber nie-
mals ein primitives Parallelogramm.
Das Netz, welches eine vierzählige
Symmetrieaxe besitzt, besteht (Fig. 29)
aus lauter Quadraten. Die beiden Trans-
lationen 2^1 und 2^2 werden gleich lang
und stehen auf einander senkrecht. Das
Netz besitzt von selbst zweizählige Symmetrieaxen in der
Netzebene; zwei von ihnen fallen mit den Richtungen von
Fig. 89.
^r.
Zt,
— 280 -
2ir| und 2^^ zusammeD, die andern beiden halbiren die von
ihnen gebildeten Winkel. Die gesaramte Axensymmetrie des
Netzes ist daher durch die Drehungsgruppe D^ gekennzeichnet.
Das Netz soll quadratisches Netz heissen. Wir stellen sein
primitives Paar durch
dar.
Dasjenige Netz, welches eine sechszählige Symmetrieaxe
besitzt, besteht (Fig. 30) aus lauter gleichseitigen Dreiecken,
resp. regulären Sechsecken. Gehen aus 27^ durch Drehung
j^g ^ um 120® die Translationen 2rj und
2rj hervor, so ist
2r, + 2rg + 21, = 0.
Irgend zwei dieser drei Translatio-
nen liefern ein primitives Trans-
lationenpaar. Das Netz besitzt eben-
falls zweizählige Symmetrieaxen in
der Netzebene, die theils in die
Translationsrichtungen fallen, iheils
die von ihnen gebildeten Winkel halbiren. Die gesammte
Axensymmetrie des Netzes ist daher durch die Gruppe D^
characterisirt. Das Netz soll reguläres oder gleichseitiges Netz
genannt werden.
Dies fuhrt zu folgendem
Lehrsatz V. Es giebt im Garnen vier verschiedene Typen
von Punktnetzen mit besonderer Symmetrie; nämlich das rhom-
bische NetZy das rechtwinklige Netz, das giiadratische Netz und
das reguläre resp. gleichseitige Netz.
Die Symmetrie dieser Netze spricht sich übrigens auch
in der Natur des primitiven Dreiecks characteristisch aus.
Während das primitive Dreieck für allgemeine Netze nicht
von besonderer Art ist, so ist es fUr rhombische Netze gleich-
schenklig, für das rechtwinklige Netz rechtwinklig, für qua-
dratische Netze gleichschenklig und rechtwinklig, und endlich
1) Diese Gleichang bezieht sich natürlich nar auf die L&nge von
T^ und r^.
— 281 —
ffir die regulären Netze gleichseitig; resp. unter den vielen
primitiven Dreiecken finden sich immer solche der genannten
Art. Die vier^ Netzarten entsprechen also genau den vier be-
sonderen Typen von Dreiecken. Demnach lassen sich die vier
Netze in einfachster Weise dadurch ableiten^ dass für sie ein
Dreieck besonderer Art als primitives Dreieck zu Grunde ge-
legt wird.
Bemerkung. Denken wir uns das Netz in irgend einer
Weise durch zwei Schaaren paralleler Geraden erzeugt, so
f&hrt jede Deckschiebung das Netz so in sich über, dass
jedes der dadurch bestimmten Parallelogramme wieder mit
einem Parallelogramm zusammeni^llt. Für die andern Deck-
operationen ist dies im Allgemeinen auch der Fall; es giebt
jedoch Ausnahmen. Dies lässt sich am einfachsten übersehen,
wenn wir die vier um den Punkt 0 herumliegenden Parallelo-
gramme P^, Pj, P3, P4 in's Auge fassen. Vertauschen sich
diese Parallelogramme bei irgend einer Deckoperation unter
sich, so gilt es von allen Netzparallelogrammen. Hieraus ist
ersichtlich, dass die einzige Ausnahme .dem regulären Netz
entspricht; die Drehung um 120^ bringt nämlich keines der
vier Parallelogramme mit einem von ihnen zur Deckung. Da-
gegen ist natürlich klar, dass die vier Punkte eines jeden
Parallelogramms mit vier Punkten zusammenfallen, die ein
congrueotes Parallelogramm bestimmen.
Für die primitiven Dreiecke findet eine solche Ausnahme
nicht statt.
§ 4. Die SymmetrieverhältnisBe der Raumgitter. Für
das Studium der Baumgittersymmetrie erinnern wir zunächst
daran, dass nach § 1 wiederum nur solche Operationen in
Frage kommen, welche einen Gitterpunkt unverändert lassen.
Die Symmetrie des Gitters kann daher durch eine der im
ersten Abschnitt abgeleiteten Symmetriegruppen characterisirt
werden. Ebenso ist die Gittersymmetrie wiederum mit der
Symmetrie der zugehörigen Translationsgruppe identisch. Nun
ist die Translationsgruppe resp. die Gesammtheit der Trans-
lationen und Gitterpunkte .durch irgend ein System primitiver
Translationen bestimmt. Jede Operation £, welche eine Deck-
- 282 —
Operation der Translationsgruppe ist, fährt daher ein primi-
tives Tripel 2t:i, 27^^ 2tQ entweder in sich selbst, oder in ein
äquivalentes System über; ebenso ist umgekehrt eine Ope-
ration Sy welche die drei Translationen 27^, 272, 2r3 in sich
oder in drei ihnen bezuglich gleiche Translationen überfährt^
eine Deckoperation des Gitters.
Bemerkung. Ist 0 ein beliebiger Punkt des BAum-
gittersy so stossen in ihm acht Parallelepipeda zusammen.
Diese gehen bei den Deckoperationen gegen 0 im allgemeinen
in einander über. Es tritt aber auch fär die Gitter, gleichwie
fär die Netze, der Fall ein, dass die Yertauschung aller Gitter-
punkte ohne Yertauschung der ganzen Parallelepipeda vor sich
gebt. Dies trifft augenscheinlich immer und nur dann zu, wenn
das primitive Tripel in Translationen übergeht, die auf andern
Geraden liegen.
Wir leiten zunächst wieder einige allgemeine Sätze über
die Symmetrie der Gitter ab.
Lehrsatz VI. Jedes Bavmgitter geht durch Inversion gegen
einen seiner Punkte in sich über.
Die Inversion führt nämlich jede der drei Translationen
2t^y 2^2, 2x^ in die entgegengesetzte über.
Hieraus ziehen wir die wichtige Folgerung, dass für die
Definition der Crittersymmetrie nur gewöhnliche Symmetrieaxen
nöthig sind. Wenn nämlich ein Gitter R auch durch eine von
der Inversion verschiedene Operation zweiter Art in sich über-
geht, so wird durch sie und die Inversion gemäss Cap. I, VIII
des ersten Abschnitts in allen Fällen eine Operation erster
Art bedingt, womit die vorstehende Behauptung als richtig
erwiesen ist. Hieraus folgt bereits, dass rücksichtlich der
Symmetrie höchstens diejenigen 11 Typen von Raumgittern
existiren können, die den 11 Drehungsgruppen entsprechen;
ihre Zahl kann aber, wie die nachstehende Ableitung zeigt,
noch weiter reducirt werden.
§ 5. Es sei a eine durch 0 gehende Symmetrieaxe des
Gitters und 77 ein solches zu den Translationen 27^, 2^2, 2T3
gehöriges primitives Parallelepipedpn, dass die Axe a nicht
ganz ausserhalb 77 liegt, also entweder in seinem Innern oder
— 283 —
auf seinen Seitenflächen verläuft. Ein derartiges Parallelepi-
pedon existirt immer. Die Drehung um a führt die Trans-
lationen 2rp 2r2, 2t:,j in sieh oder in äquivalente Translationen
über. Nun endigt keine Translation im Innern oder auf der
Oberfläche des Parallelepipedons 11, abgesehen natürlich von
denjenigen, deren Endpunkte in die Ecken desselben fallen.
Daraus ist zu schliessen^ dass 77 bei der um a stattfindenden
Drehung entweder in sich selbst, oder in ein neben ihm liegen-
des ParaUelepipedon übergeht; allerdings braucht das letztere
keines der acht um 0 liegenden Gitterparallelepipeda zu sein.
Wie dem aber auch sei, so folgt jedenfalls, dass die Axe a
mit einer Korperdiagonale, einer Flächendiagonale oder einer
Kante des Parallelepipedons 77 zusammenfallen muss. Was
aber für 77 gilt, gilt, da 2ri, 2rg, 2r^ ein beliebiges primitives
Tripel bilden, für jedes primitive ParaUelepipedon, also er-
giebt sich:
Lehrsatz VII. Jede durch den Punkt 0 des Banmgifters
gehende Symmetrieaxe fällt für jedes den Punkt 0 enthaltende
primitive ParcUlelepipedon in eine seiner Kanten, Flächendiago-
naien oder Körperdiagonälen.
Als Folgerung ergiebt sich, dass gemäss Satz XIII des
vorigen Capitels jede Symmetrieaxe eines Raumgitters Träger
einer dem Gitter angehörigen regelmässigen Punktreihe ist, d. h.
Lehrsatz VIIL Jede Symmetrieaxe eines Raumgitters^ hat
die RicMung einer dem Gitter mgehörigen Translation,
Eine ähnliche Eigenschaft besteht für die Symmetrie-
ebenen. Wir haben nämlich einerseits gesehen, dass (§ 2)
jede Symmetrieebene Symmetrieaxen bedingt, die auf ihr senk-
recht stehen. Andrerseits ist, wie in Satz XI bewiesen wird,
jede auf der Symmetrieaxe senkrechte Ebene eine Netzebene
des Gitters, also folgt:
Lehrsatz IX. Jede Symmetrieebene eines Gitters hat die
Richtung einer NelBebene desselben.
Es ist nun weiter zu untersuchen, was für Symmetrieaxen
einem Gitter überhaupt eigen sein können.
Nehmen wir zu dieÄm Zweck die durch 0 gehende Axe a
als n- zählig an und betrachten (Fig. 31) irgend eine von
- 284
0 ausgehende Translation 2ti ^^ OA^, die nicht in a fallt.
Durch wiederholte Drehung um a mögen aus 2ri die Trans-
j,. 3j lationen 2rj, 2r3 . . . 2tn hervorgehen.
Da die Drehung um a die Gesammtheit
der Translationen in sich überfährt, so
sind 2 Tg, 2r8 . . . Translationen des Git-
ters, ihre Endpunkte Ä^, A^. . .An sind
daher Gitterpunkte. Sie bestimmen, wenn
n>2 ist, eine Ebene s, und gehören
dem in der Ebene e liegenden Punkt-
netz an. Es giebt also, wenn n>2 ist,
eine zur Aze a senkrechte Netzebene.
Ist n >» 2, so gilt dasselbe; denn da die
vorstehenden Schlüsse für jede von 0
ausgehende Translation gelten, so giebt es unzählige zur Axe a
senkrechte Translationen. Nun bilden die Punkte A^, A^^.-An
ein reguläres n-Eck; folglich kann nach dem in § 2 bewiesenen
Satz IV n nur die Werthe
2, 3, 4, 6
haben. Wir erhalten demnach folgendes Resultat:
Lehrsatz X. Symmetrieaxen eines BaunigiUers sind nur
zweieählig, dreizählig, vierzäMig oder sechsmhlig.
Lehrsatz XI. Für jede Symmebrieaoce eines Baumgitters
giebt es Netzebenen, die zur Axe senkrecht liegen,
§ 6. Die Systeme primitiver Translationen der sym-
metrisohen Gitter. Für die Characteristik der symmetrischen
Raumgitter benutzen wir mit Vortheil die Systeme primitiver
Translationen, resp. die zugehörigen primitiven Tetraeder und
Parallelepipeda. Sie können für jedes symmetrische Gitter
mehr oder minder regeflmässig gewählt werden.
Wie aus § 7 des vorigen Capitels hervorgeht, ist die
Richtung der einen der drei Translationen, welche zusammen
ein primitives Tripel bilden können, ganz beliebig. Die ein-'
fachste Bestimmung, die wir treffen können, ist die, dass wir
die bezügliche Translationsrichtung Init der Richtung einer
Hauptsymmetrieaxe des Gitters zusammenfallen lassen. Diese
— 285 -
Translation möge von jetzt an durch 27« bezeichnet werden.
Die beiden andern Translationen 27^ und 2r2^ welche mit ihr
ein primitives Tripel bilden können ^ bestimmen mit 2tj je
eine Netzebene, und für die eine derselben — sie heisse e^ —
ist 2r, und 2ti ein primitives Paar, für die .andere — sie
heisse Cg — 2t, und 2rg. Die Translationen 2t:j und 2^2
können noch mannigfach variirt^ werden und unterliegei^ nur
der im § 11 des vorigen Qapitels angegebenen Beschränkung.
Ist nun a eine geradzahlige Sjmmetrieaxe, so geht sowohl
das in der Ebene c^, als auch das in der Ebene e^ befindliche
Netz durch Umklappung um a in sich über. Nach § 3 ist
daher jedes dieser Netze entweder rechtwinklig oder rhombisch.
Im ersten Fall bildet 2tg mit einer zu ihr senkrechten Trans-
lation ein primitives Paar des bezüglichen Netzes; es kann
daher 2t^ senkrecht zu 2ir, angenommen werden. Dagegen
bestimmt für ein rhombisches Netz die zu 2r« senkrechte
Translation 2r' des Netzes mit 2r, kein primitives Paar, viel-
mehr isty wie § 3 besagt,
2ri = T, + t'
die einfachste Translation, welche mit 2irj zusammen ein pri-
mitives Paar des Netzes darstellt.
Wir haben daher, je nach der Natur der in s^ und £,
liegenden Netze, drei verschiedene Fälle zu unterscheiden.
Wir bezeichnen zu diesem Zweck die in den Ebenen e^ und
fj liegenden, auf 2t, senkrechten primitiven Translationen
durch 2Te und 2t/] dieselben stehen im Allgemeinen nicht
senkrecht auf einander. Sind nun beide Netze rechtwinklig,
80 bilden
1) 2t, = 2t„ 2t2 = 2t/, 2t3 = 2t,
ein System primitiver Translationen. Ist das Netz in der einen
Ebene rechtwinklig, in der andern rhombisch, so stellen
2) 2ti = 2t«, 2Tg = Tyr + r„ 2Tg = 2r.
ein primitives System dar, und wenn endlich beide Netze
rhombisch sind, so wird das primitive Tripel von den Trans-
lationen
— 286 —
3) 2ri= r, 4" i^j; Ztj = r/ -|- t,, 2^3 = 2r,
gebildet
Die den beiden letzten Fällen entsprechenden Raumgitter
sind nur scheinbar von verschiedenem Typus. Um dies zu
j^ j2 zeigen y betrachten wir das
dem dritten Fall entspre-
chende primitive Tetraeder.
Wir zeichnen es, in-
dem wir (Fig. 32) von dem-
jenigen geraden Parallel-
epipedon ausgehen, dessen
Kanten resp.
OA = 2te, OB = 2iy,
00= 2t,
sind. Werden die Mittel-
punkte der Geraden BC,
CA, AB resp. A^, JB^, C^ genannt, so ist
daher ist OA^B^C das gesuchte Tetraeder. Gemäss Satz XXIV
des vorigen Capitels stellen drei nicht in einer Ebene liegende
Kanten dieses Tetraeders ein primitives Tripel dar, dies gilt
also auch von
2ti = A^B^, 2ti = 0A^, 2ri = 0C.
Da nun AiB^ senkrecht zu 0(7 ist, so sind diese drei Trans-
lationen von derselben Art, wie die unter 2) genannten; die
beiden zu 2) und 3) gehörigen Kaumgitter sind daher in der
That von dem gleichen Typus.
Man kann, wie in § 12 des letzten Capitels gezeigt wurde,
das System primitiver Translationen auf mannigfache Weise
wählen. Zwei solche Tripel haben wir eben kennen gelernt;
zu ihnen fügen wir einige andere, die von Wichtigkeit sind.
Wir bestimmen sie, indem wir uns gemäss Satz XXYI des
letzten Capitels solche Tetraeder suchen, die mit dem eben
betrachteten inhaltsgleich sind.
Wir gehen zunächst von den Translationen 2) aus. F^r
sie ist OAA^C das primitive Tetraeder. Beachten wir, dass
— 287 —
die Ebene c, ein rhombisches Netz enthält^ so folgt, dass
Ä^B eine Translation des Gitters und OÄBA^ ein primitives
Tetrader ist Daher bilden OÄ^^ ^i^; ^^ ^^^ primitives
Tripel; die Werthe desselben sind
4) 2xi = r/ + r,, 2%% =» r/ — r,, 2ts = 2xe.
Aus den Translationen 3) lassen sich verschiedene andere
bemerkenswerthe Tripel ableiten. Zunächst ergiebt sich, dass
2x^ + 2%^ - 2r3 = T, + r/ = OC^
eine Translation des Gitters ist Das primitive Tetraeder ist,
wie oben erwähnt, OA^B^C, Der Inhalt desselben beträgt
den vierundzwanzigsten Theil des Parallelepipedons 77, dessen
Kanten OÄj OB, OC sind, folglich ist jedes aus Translationen
gebildete Tetraeder, dessen Inhalt der vierundzwanzigste Theil
von n ist, primitiv. Ein derartiges Tetraeder ist erstens
OAiB^C^] daher stellen die Translationen OA^, OB^, OC^
ein primitives Tripel dar. Sie sind die halben Flächendiago-
nalen des geraden Parallelepipedons 77; ihre Werthe sind:
5) 2rd = T/ + r^, 2ri = r, + re, 2rä^tt + tf.
Ist Cj derjenige Punkt, für welchen OC, «= r« -— r/ ist,
so ist auch OB^C^C^ ein primitives Tetraeder. Daher liefern
OJBi, OCi, OC^ ein primitives Tripel. Setzen wir nun
OCi = 2r;, OC, = 2r;,
so ist
0J5, =r; + r; + r,.
Es kann demnach das primitive Translationenpaar der Haupt-
ebene so gewählt werden, dass — wir unterdrücken jetzt die
Aecente — die Translationen
6) 2r„ 2r/, T, + r^ + T,
ein primitives System vorstellen. Wir bezeichnen die letzt-
genannte Translation noch mit 2xr- Wegen ihrer symme-
trischen Bildungsweise lässt sich die Eigenart des Gitters auch
dahin characterisiren, dass irgend zwei der Translationen
2tgy 2tff 2tg
in Verbindung mit
2tr — T« + v + r.
— 288 —
das primitive Tripel bestimmen. Es ist nicht schwer, in jedem
Fall das bezügliche Tetraeder anzugeben.
Es ist schliesslich auch AB^C^C^ ein primitives Tetraeder,
also können auch AB^, -^1^1 und B^C^ als primitives Tripel
gewählt werden. Behalten wir die eben eingeführte Bedeutung
von 2r<j und 2xf bei, so wird
7) C^B, = 2t; = t, + t, — r/
B^A = 2Xr == Tg + T/ — T.,
80 dass
2r,' + 2Tr' + 2Xr = T<, + r/ + r, = 2Xr
ist. Die drei Translationen 7) lassen sich auch folgende rmassen
durch Xe^ Xfy Xz und 2xr ausdrücken; es ist
2x1 =2Xf+2T^ — 2Xr
8) 2t; = 2r, + 2t, — 2rr
2t;' = 2t^ + 2t/ — 2Tr,
woraus noch folgt, dass irgend drei der vier Translationen
2T;<, 2Tr, 2Ty, 2T|'
ein primitives Tripel darstellen. Sie sind nach Länge und
Richtung den vier halben Eörperdiagonalen des Parallelepi-
pedons 77 gleich. Man erhält also auch dadurch ein primi-
tives Tetraeder, dass man irgend drei der vier von 0 aus-
gehenden halben Diagonalen der in 0 zusammenstossenden
Parallelepipeda zu den drei Bestimmungskanten wählt.
§ 7. Ist a eine dreizählige Symmetrieaxe des Gitters, so
haben wir die primitiven Systeme wieder danach zu scheiden,
ob die in den Ebenen s^ und €^ liegenden Translationen 2rj
und 2t2 auf 2x, senkrecht stehen oder nicht. Steht 2%, auf
2t^ und 2Tg zugleich senkrecht, so ist das bezügliche Netz
in beiden Ebenen «^ und s^ rechtwinklig. Femer stellen 2ti
und 2x^ ein primitives Paar für das in der Hauptebene €
liegende Netz dar, und da a eine dreizählige Symmetrieaxe
ist, so ist dieses Netz gleichseitig. Es bildet daher 2t« mit
irgend zweien der gleich langen Translationen 2tj, 2Tg, 2x^,
für welche (Fig. 30) im geometrischen Sinn
- 289 —
2ri + 2rj5 + 2r8 = 0
ist, ein primitives Tripel. Qemäss § 3 erhält das betrachtete
Raumgitter hierdurch die Eigenschaft, in der Axe a eine sechs-
eiOdige Axe zu besitzen.
Wenn 2%, nicht zugleich auf 2%^ 4ind 2 Tg senkrecht steht,
so giebt es mindestens eine Translation des primitiven Tripels,
welche mit a einen spitzen Winkel Fig.ss.
bildet; femer ist evident, dass ihre ^
Projection auf a kleiner als 2r, ist. ^^
Um sie zu bestimmen, fassen wir ^^"^^^
diejenige Translation dieser Art in's ys.
Auge, deren Projection auf a den A<:^^v
kleinsten Werth hat^ und die überdies ^>^
mit a den kleinsten Winkel bildet. Sie
heisse 27«; die durch Drehung um a
aus ihr hervorgehenden Translationen seien 2rm und 2%^
Bilden wir nun (Fig. 33) dasjenige Parallelepipedon, dessen
Kanten 2r,, 2Tm, 2r« sind, so ist es ein Rhomboeder, fttr
welches a eine körperliche Diagonale ist, und es ist in geo-
metrischem Sinn
2r. + 2r„+2r„ = 2r,,
wenn 2Tr die Länge der Diagonale ist Da nun 2r« die pri-
mitive Translation längs dieser Diagonale ist, so muss
2tr = 2»IT,
sein. Nun sind die Projectionen von 2rj, 2Tm, 2r« auf a ein-
ander gleich, jede beträgt daher den dritten Theil von 2mtg,
und es kann mithin m nur die Werthe 1 oder 2 haben. Es
ist aber schliesslich auch der Werth m = 2 auszuschliessen;
denn sonst würde in dem aus 2r, und 2ti bestimmten Dreieck
OAL die dritte Seite
LA = 2tr; = 2Tr — 2r,
eine Translation sein, deren Projection auf a kleiner ist als
diejenige von 2ri, was gegen die obige Annahme über 2r4
verstosst. Es ist also m «= 1 und es besteht die Gleichung
2r. + 2r^ + 2T„ = 2T,.
Sohoenflies, KrjstftUstraotur. 19
- 290 ---
Die drei so bestimmten Translationen
Zr«, 2tmf 2r«
bilden ein primitiTes Tripel; denn nach der über 2rc getroffenen
Festsetzung kann der Endpunkt keiner von 0 ausgehenden
Translation innerhalb oder auf der Oberfläche des von ihnen
gebildeten Tetraeders liegen. Das durch 2r(, 2ri„; 2r» be-
stimmte regelmässige Ehomboeder ist daher ein primitives
Parallelepipedon. Daher sind OAMN, OANL und OALM
primitive Tetraeder und es bestimmt auch 2 t« mit irgend
zweien der Translationen 2tty 2tm, 2t« ein primitiyes Tripel.
Es leuchtet übrigens ein, dass die Axe a in diesem Fall
nur dreizählige Symmetrieaxe ist.
§ 8. Banmgitter vom triklinen nnd monoklinen Typus.
Die Raumgitter ohne Symmetrieaxen heissen asymmetrische
Gitter, Von Symmetrieelementen kommt ihnen nur ein Syra-
metriecentrum zu; jeder Gitterpunkt ist ein solches Centrum.
Die ihnen entsprechende Symmetriegruppe ist die Gruppe S^,
die der Holoedrie des triklinen Systems zugehört. Kein primi-
tives Parallelepipedon ist von symmetrischer Natur.
Wir bezeichnen die Raumgitter als solche vom triklinen
Typus. Characterisiren wir sie^ wie bisher, durch ihre Systeme
primitiver Translationen, so sind sie durch
2*11 2t2, 2rj
gekennzeichnet, wo diese Translationen ganz beliebig sind.
Hat das Raumgitter eine durch 0 gehende zweizählige
Hauptaxe a, so kann die Axensymmetrie des Gitters entweder
durch die Gruppe C, oder aber durch die Vierergruppe V aus-
gedrückt sein. Diese beiden Fälle unterscheiden sich folgender-
massen. Nach Satz XI giebt es eine durch 0 gehende, auf a
senkrechte Netzebene des Gitters. Ist das in ihr liegende Netz
frei von Symmetrieeigenschaften, so kann es eine zu a senk-
rechte Symmetrieaxe nicht geben, und a ist die einzige Axe
dieser Art Umgekehrt, wenn ausser a noch zwei zu a senk-
rechte Symmetrieaxen vorhanden sein sollen, so muss das be-
trachtete Netz gemäss § 3 rhombisch oder rechtwinklig sein.
Damit sind die beiden Fälle von einander geschieden.
- 291 —
Da der Punkt 0 ein Symmetriecentrum des Raumgitters
ist, so existirt zu jeder durch 0 gehenden zweizähligen Axe
eine zu ihr senkrechte Symmetrieebene, die gleichfalls durch
0 geht. Für diejenigen Raumgitter, die nur eine zweizahlige
Axe durch 0 besitzen, ist daher die bezügliche Symmetrie-
gruppe die Gruppe C*; sie entspricht der Holoedrie des mono-
Minen Systems. Wir nennen diese Raumgitter diejenigen vom
manoklinen Typus.
Nach den Untersuchungen von § 6 giebt es zwei ver-
schiedene Arten solcher Raumgitter. Das eine ist durch
characterisirt, während das primitive Tripel der zweiten Gitter-
art in irgend einer der oben unter 2) bis 6) genannten For-
men dargestellt werden kann. Also:
Lehrsatz Xn. Es gid>t zwei verschiedene Baumgitterarten
vom monoJclinen Typus.
Das primitive Tetraeder der ersten Raumgitterart ist so
specialisirt, dass zwei seiner Grenzdreiecke rechtwinklig sind.
Das primitive Parallelepipedon ist daher eine gerade rhom-
loidische Säule, d.h. eine solche, deren Grundfläche ein beliebiges
Parallelogramm ist Für die zweite Gattung von Raumgittern
kann das primitive Tetraeder und Parallelepipedon in ver-
schiedener Sonderart angenommen werden. Die einfachsten
Fälle lassen wir hier folgen. Da die Translationen OA und
00, resp. OB und OC senkrecht auf einander stehen, so be-
stimmen sie (Fig. 32) je ein Rechteck, folglich ist
OÄ^^BA,^CA^ = B,C,
^ OB^ = CB, = AB^ == C^A, .
Jedes der drei primitiven Tetraeder
OA^B^C, OABA,, OACA,
ist daher durch den Besitz von gleichschenkligen Dreiecken
ausgezeichnet; das erste enthält deren zwei, die beiden andern
nur je eines. Eine Fläche des zugehörigen Parallelepipedons
ist daher ein Rhombus. Zur Oharacterisirung dieses Falles
benutzen wir am besten die Translationen 4), nämlich
19*
- 292 —
2ri = 2t«, 2r2 = 1/4- r,, 2^3 = T/ — r,,
und betrachten den aus 2t2 und 273 gebildeten Rhombus als
Grundflache von 77. Die dritte Kante 2%^ liegt schief gegen
die Grundfläche, 77 heisst deshalb Minorhombische Säule. Wie
die Figur erkennen lässt, gehören ausser den Ecken der vor-
stehend genannten geraden rhomboidischen Säule auch die
Mitten zweier parallelen Seitenflächen derselben dem Gitter
an, es lässt sich daher so beschreiben, dass es atis geraden
rhomboidischen Säulen besteht , in denen ein Paar gegenüber-
liegender Seitenflächen centrirt ist.
Die Translationen 5) zeigen ; dass das Raumgitter auch
so aufgefasst werden kann, dass es aus geraden rhomboidischen
Raulen mit centrirten Flächen aufge-
baut ist« Wie die obigen Gleichungen
1) zeigen, ist das primitive Tetraeder
OAj^Bi Ci dadurch ausgezeichnet, dass
es zwei Paar gleicher Gegenkanten
hat Wird das primitive Parallelepi-
pedon (Fig. 34) durch
OA,B,C,aÄRC'
bezeichnet, so ist
B,C, = OA, = C^B, C,A, = OB, = Ä,C\
seine Eigenart tritt demnach darin hervor, dass die beiden
Diagonalflächen, welche durch A^C^ und B^C^ gehen, Rhom-
ben sind.
Bestimmen wir endlich das Gitter durch die Translationen
6) oder 7), so folgt, dass es auch in lauter centrirte rhomboi-
dische Säulen zerlegt werden kann.
§ 9. Die BAumgitter vom rhombischen Typns. Die
Raumgitter, deren Axensymmetrie durch die Vierergruppe V
bestimmt ist, sind specielle Fälle der Gitter vom monoklinen
Typus. Es wird sich herausstellen, dass wir vier verschiedene
Gattungen von Gittern antreffen, und zwar diejenigen, welche
den in § 6 abgeleiteten primitiven Tripeln 1), 4), 5), 6) resp.
7) entsprechen.
- 293 —
Für die Raumgitter dieser Art ist auch dasjenige Netz,
welches in der zur Axe a senkrechten Ebene liegt, recht-
winklig oder rhombisch. Femer existirt in dem Gitter zu
jeder der drei zweizähligen Axen eine senkrechte Symmetrie-
ebene. Die Gruppe des Raumgitters ist daher F*; sie ent-
spricht der Holoedrie des rhombischen Systems. Die bezüglichen
Gitter heissen Baumgitter vom rhombischen Typus.
Wir bezeichnen die Translationen, welche in die drei zu
einander senkrechten Symmetrieaxen fallen, resp. durch
^^«9 *^'^y9 ^"^»9
so können zunächst diese drei Translationen selbst ein primi-
tives Tripel repräsentiren. Das zugehörige Gitter ist in diesem
Fall durch
characterisirt.
Die andern Gitter vom rhombischen Typus lassen sich
in folgender Weise ableiten. Nach § 3 ist jedes durch eine
der drei Symmetrieaxen gehende Netz rhombisch oder recht-
winklig. Wir fassen irgend eines derselben in's Auge, z. B.
ein solches, welches durch die je? -Axe geht, und nennen 2r'
diejenige Translation dieses Netzes, welche mit 2t, zusammen
das primitive Paar bestimmt Alsdann muss 2t' gemäss § 3
entweder auf 2t« senkrecht stehen — das Netz ist in diesem
Fall rechtwinklig — - oder 2t' enthält t, als Componente.
Hieraus folgt, dass in jeder primitiTcn Translation der Tor-
liegenden Gitter, die sich nicht ganzzahlig aus 2txf 2Ty, 2 t,
zusammensetzt, t^ resp. ty resp. t, als Componenten vor-
kommen. Dies lässt sich in folgende einfache geometrische
Form kleiden, dass innerhalb des aus 2t«, 2Ty, 2t, gebildeten
PardUelq^ipedons 11 nur die Flächenmitten und die Mitte von 11
selbst Endpunkte von Translationen sein können.
Jede in der Mitte einer Fläche von 11 endigende Trans-
lation bedingt in der bezQglichen Ebene ein rhombisches Netz.
Demnach können wir, um die gesuchten Gitter abzuleiten,
folgendermassen argumentiren.
Ist eines der drei Hauptnetze rhombisch, so sei es das
in der a;y-Ebene liegende; alsdann bilden gemäss § 3
— 294 -
2) 2ri = Taf + Ty, 2tr2 = tx — Ty, 2r3 = 2r,
das primitive Tripel.
Sind ;8ft(;et Hauptnel^ze^ z« B. die in den xg- und yg-
Ebenen liegenden, von rhombischem Typus, so muss, wie aus
den bezüglichen Untersuchungen von § 6 folgt, auch das dritte
Netz rhombisch sein; diesem Fall entsprechen die dort auf-
gestellten Translationen 5)^ nämlich
3) 2u = ty + x,y 2ir/=r, + tra,, 2%^ =tx + tyy
sie bilden die drei halben Flächendiagonalen des rechtwinkligen
Parallelepipedons /7.
Endlich ist noch der Fall zu erledigen, dass zwar alle
Hauptnetze rechtwinklig sind, dass aber 2r«, 2ry, 2tr, doch
kein primitives Tripel des Gitters vorstellen. Alsdann existirt
die in der Mitte von 77 endigende Translation
4) 2xr ^Xx+Xy + r,
und das Gitter entspricht den in § 3 unter 6) und 7) behan-
delten Translationen. Es bildet daher 2tr mit irgend zwei
der Translationen
2txj 2ty y 2T«
ein primitives Tripel. Zur Kennzeichnung des Gitters können
in mehr symmetrischer Weise auch die drei Translationen
2t?r ^ Xy -p Xz — Xx
5) 2xr" ==» r, + Tx — Xy
2Xr"=^Xx + Xy^X,
benutzt werden. Die rhombischen Netze liegen in den Diago-
nalebenen des Parallelepipedons 77. Wir erhalten also:
Lehrsatz XIII. Es giebt vier verschiedene Arten von Baum-
gittern des rhombischen Typus.
Wie oben behauptet wurde, entsprechen die vier Gitter-
arten wirklich den vier Tripeln primitiver Translationen, deren
Existenz wir für die Gitter des monoklinen Typus nachgewiesen
haben. Es muss aber auffallen, dass sich hier vier verschiedene
Gitterarten einstellen, während wir für die Gitter des mono-
klinen Typus in dreien der primitiven Tripel nur andere Dar-
— 295 —
Stellungen einer und derselben Translationsgruppe zu erblicken
haben. Dies entspricht dem Umstand, dass bei den Raum-
gitteni; die nur eine zweiz'ählige Axe haben , alle primitiven
Translationspaare der Hauptebene gleichberechtigt sind, wäh-
rend dies für die Gitter vom rhombischen Typus nicht mehr
der Fall ist. Für sie giebt es in jeder Hauptebene zwei
Translationen, die ihrer Richtung nach vor den andern aus-
gezeichnet sind.
§ 10. Die primitiven Tetraeder und Parallelepipeda sind
specielle Fälle derjenigen; welche bei den monoklinen Gittern
vorkommen. Ihre Besonderheit beruht darauf, dass bei den
rhombischen Gittern die Translationen 2^« und 27^ senkrecht
auf einander stehen.
Das primitive Tetraeder des ersten Raumgitters ist durch
drei auf einander senkrechte Kanten gekennzeichnet, das pri-
mitive Parallelepipedon ist ein rechttvinJcliges Parallelepipedon.
Wir bezeichnen es wie bisher durch 77.
Das primitive Parallelepipedon des zweiten Gitters ist
eine gerade rhombische Säule. Das Gitter kann, wie in § 8,
auch so beschrieben werden, dass es aus rechtwinkligen Po-
rallelepipeden mit centrirten Crrundflächen besteht.
Das dritte Gitter hat die Besonderheit, dass sein primi-
tives Tetraeder drei Paar gleicher Gegenkanten hat; jede
Kante ist eine halbe Flächendiagonale von 77. Lassen wir
nämlich für den Augenblick die Figur 32 ein rechtwinkliges
Parallelepipedon bedeuten, so ist an demselben
Femer ist das gemeinsame Loth je zweier Gegenkanten eine
zweizählige Symmetrieaxe des Tetraeders. Hieraus folgt, dass
es derjenige als rhombisches Sphenoid bezeichnete Tetraeder (S.179)
ist, uHÜches die einfache Erystallform der rhombischen Hemiedrie
darstellt Das durch Figur 34 dargestellte primitive Parallele-
pipedon erhält die besondere Eigenschaft, dass jede Diagonal-
flache ein Bhombus ist. Das Gitter kann analog zu § 8 auch
dahin beschrieben werden, dass es aus rechtumkligen Pardttele-
pipeden mit centrirten Flächen besteht.
— 296 -
Für das letzte Gitter legen wir am zweckmässigsten die
Translationen 5) des § 9 zu Grunde; es sind also 2try 2xr,
2x7 diejenigen Translationen, welche die Eanten des Pa^allel-
epipedons liefern. Bezeichnen wir sie mit 0A\ OB', OC, so ist
OA =0B = 0C\
da jede dieser Geraden eine halbe Eorperdiagonale von 77 ist.
Das primitive Tetraeder ist daher durch den Besitz von drei
gleichschenkligen Dreiecken ausgezeichnet. Alle Seitenflächen
des primitiven Parallel epipedons sind demnach Rhomben.
Nun ist
2tr + 2x7 = 2r,
2Xr' + 2Xr =2Xy
2xr + 2r;' = 2t„
mithin sind 2r«, 2xy, 2r« die von 0 ausgehenden Diagonalen
dieser Rhomben. Hierdurch ist die besondere Art des Ehom-
boeders, welches das primitive Parallelepipedon darstellt, ge-
kennzeichnet.
Analog zu den Formulirungen von § 8 kann das bezüg-
liche Gitter auch dahin characterisirt werden, dass es aus
centrirten rechtwinkligen Parallelepipeden aufgebaut ist.
§ 11. Die BAumgitter vom rhomboedrisohen Typus.
Gemäss § 7 existirt nur eine Art von Raumgittern mit drei-
zähliger Hauptaxe. Das primitive Tripel ist (Fig. 33)
2^1 a= 2ri, 2^2 = 2rm, 2r3 «» 2iri,<
Jede Ebene, welche durch die Hauptaxe und eine dieser drei
Translationen geht, ist eine Symmetrieebene des Gitters; in
der That führt die zugehörige Spiegelung die in der Ebene
liegende Translation in sich über, während sie die andern
beiden mit einander vertauscht. Gemäss § 4 dieses Capitels
kommen dem Raumgitter daher auch die drei zu den Sym-
metrieebenen senkrechten zweizähligen Axen zu. Die Axen-
Symmetrie des Gitters wird daher durch die Gruppe Dg dar-
gestellt, die Gesammtsymmetrie durch D^^ = Sß". Sie entspricht
der Holoedrie des rhomboedrisohen Systems, resp. der Hauptdasse
der rhomboedrisohen Abtheüung des hexagonalen Systems. Wir
— 297 -
bezeichnen das Gitter als ein solches vom rhomboedrischm
Typus und erhalten:
Lehrsatz XIV. Es giebt nur eine Art Baumgitter vom rhom-
boedrischen Typus.
Da 27«; 2rm7 2xn gleich lang sind, so ist das primitive
Parallelepipedon ein Rhomhoeder. Jede durch die Axe a
gehende Diagonalebene ist eine Symmetrieebene des Rhom-
boeders; hierdurch unterscheidet es sich Ton demjenigen Rhom-
boeder, dem wir im vorigen Paragraphen begegnet sind. Wir
bezeichnen es als regdmässiges Ehomboeder, Das primitive
Tetraeder einfachster Art ist eine gerade reguläre dreiseitige
Pyrainide.
§ 12. Die Gitter vom tetragonalen Typus. Die Gitter
mit vierzähliger Hauptaxe haben gemäss § 5 die Eigenschaft,
dass jede zur Axe senkrechte Hauptebene ein quadratisches
Netz enthält. Wir bezeichnen das primitive Translationenpaar
des Netzes durch 2ra; und 2ty'^ beide Translationen stehen auf
einander senkrecht und sind gleich lang. Es existiren daher
die drei Translationen
die gesuchten Gitter sind daher Specialfalle der rhombischen
Gitter.
Da ein Quadrat gleichzeitig Rechteck und Rhombus ist,
so ist zu erwarten, dass die Sonderung nach rhombischen,
resp. rechtwinkligen Netzen, welche für die rhombischen Gitter
verschiedene Typen ergab, hier — wenigstens theilweise —
zu gleichen Gittern führt. Dies ist in der That der Fall.
Wenn nämlich in einem quadratischen Netz auch jedes Quadrat-
centrum dem Netz zugefügt wird, so bilden die so definirten
Punkte selbst wieder ein quadratisches Netz. Die Seiten und
Diagonalen dieses Netzes sind daher gleichwerthig. Dies be-
wirkt, dass die beiden ersten rhombischen Gitter auf dasselbe
Gitter der hier betrachteten Art führen; die oben mit r, -+- 1^
und r« — ty bezeichneten Translationen werden nämlich eben-
falls zwei Translationen, die wie 2tx und 2ty einander gleich
sind und auf einander senkrecht stehen.
— 298 —
Fig. 86.
c
Das Analoge gilt für das dritte und vierte rhombische
Gitter. Dies lässt sich einfach aus der Art entnehmen, in
welcher wir die Translationen des vierten
Gitters in § 6 eingeführt haben, um
es direct zu beweisen, gehen wir vom
vierten Gitter aus und zeichnen diejenige
quadratische Säule (Fig. 35), welche das
Gitter kenntlich macht Es sei
0^ = 2t„ 0JB = 2ry, 0C=2r„
OB = Tx + Ty + tr,.
Setzen wir nun die Diagonalen der beiden
in 0£ an einander stossenden Quadrate
A
/
-'''"
1
7
oc
2xx,
oc" = 2t;,
so wird
OB = ri + ^y> OJB = ri + ^«>
die Existenz dieser beiden Translationen zeigt aber, dass sich
das Gitter in der That auch als specielles rhombisches Gitter
dritter Art betrachten lässt.
Wir characterisiren die beiden Gitter am zweckmässig-
sten durch
JTj = TdXxy 2^2 "^ 2Ty, äTj S= 2Xf
resp.
2t?j = 2t^, 2irg ^= 2Ty, 2^8 = Xx "p '^y "r ^«*
Da die vorliegenden Gitter Specialfälle der rhombischen
Gitter sind, so besitzen sie jedenfalls zwei auf der Hauptaxe
senkrechte zweizählige Nebenazen. Hieraus folgt, dass die
gesammte Axensymmetrie des Gitters diejenige der Gruppe D^
ist. Die Existenz des Symmetriecentrums bedingt, dass die
Gesammtsymmetrie durch die Gruppe 2)/ bestimmt wird; sie
entspricht der Holoedrie des tetragonalen Systems. Bezeichnen
wir die Raumgitter als solche vom tetragoncUen Typus, so folgt:
Lehrsatz XV. Es giebt 0wei Arteii von Baumgittem vom
tetragondlen Typus.
Das primitive Parallelepipedon ist für das erste Gitter
eine gerade quadratische Säule. Betrachten wir das zweite Gitter
als einen Specialfall des dritten rhombischen Gitters, so erhalt
- 299 —
das primitive Tetraeder OA^ByCi (vgl. Fig. 32) ausser den in
§ 10 genannten Besonderheiten noch die weitere Eigenschaft,
dass die Kanten OA^ und OB^ einander gleich werden, und
dass OCi und Ä^B^ sich rechtwinklig kreuzen. Es ist also
OA^ = A^C^ = CiJBi = B^O,
OA^CiBi ist daher ein gleichseitiges windschiefes Viereck,
und es sind alle vier Grenzdreiecke des Tetraeders gleich-
schenklig. Das Tetraeder ist daher dasjenige, welches oben
als tetragonales Sphenoid bezeichnet wurde. Es stellt die ein-
fache KrystcUlform der sphenoidischen Hemiedrie des tetragondlen
Systems dar. Das primitive Parallelepipedon ist wieder da-
durch ausgezeichnet, dass drei seiner Diagonalflächen Rhomben
sind; zwei von ihnen werden sogar congruent.
Betrachten wir das Gitter als Specialfall des vierten rhom-
bischen, so ist das primitive Parallelepipedon wieder ein Ehofn-
boeder^ zwei seiner Rhomben sind einander congruent. Das
primitive Tetraeder ist ebenfalls durch den Besitz von vier
gleichschenkligen Dreiecken ausgezeichnet, doch hat es nicht
die Symmetrieazen des oben betrachteten.
Nach § 10 kann das Raumgitter auch dahin definirt
werden, dass es aus centrirten quadratischen Säulen aufgebaut ist.
§ 13. Die BAumgitter vom hezagonalen Typus. Die
Gitter mit sechszähliger Axe besitzen ein primitives Tripel,
welches ausser 2r« irgend zwei der gleichlangen Translationen
2ri, 2t2, 2t^ enthält, welche ein gleichseitiges Djreieck be-
stimmen und der Gleichung
2ri -f 2r, -f- 2r8 — 0
genügen. Jede Gerade, welche in eine dieser Translationen
ßUt oder den Winkel von zweien halbirt, ist eine Symmetrie-
aze des Gitters. Die Axensymmetrie ist daher durch die
Gruppe Dg gekennzeichnet, die Gesammtsymmetrie durch Dg*.
Ihr entspricht die Holoedrie des hexagonälen Systems. Wir be-
zeichnen die Gitter als solche vom hexagonälen Typus und
erhalten:
Lehrsatz XVI. Es giebt nur eine Art Baumgitter vom hexa-
gonälen Typus.
- 300 -
Das primitive ' Parallelepipedon besteht aus zwei geraden
dreiseitigen Prismen, deren Grundfläche ein reguläres Dreieck
ist. Aus lauter solchen geraden regulären dreiseitigen Prismen
ist das Gitter zusammengesetzt; man sagt daher, dass es aus
geraden regulären dreiseitigen Säulen aufgebaut ist. Das primi-
tive Tetraeder ist eine dreiseitige Pyramide mit regulärer
Basis, deren eine Seiteukante auf der Basis senkrecht steht.
§ 14. Die Gitter vom regulären TypuB. Die Axen-
symmetrie der Raumgitter, welche mehr als eine n-zähtige
Hauptaxe enthalten, kann durch die Gruppen T oder 0 cha-
racterisirt sein. Beachten wir aber, dass gemäss den Unter-
suchungen von § 11 die Existenz einer dreizahligen Axe a
auch die Existenz von Nebenaxen senkrecht auf a bedingt,
so folgt, dass die Gruppe, welche die Axensymmetrie kenn-
zeichnet, nur die Octaedergruppe 0 sein kann. Die Gesammt-
symmetrie des Gitters ist daher durch die Gruppe 0* gegeben;
sie entspricht der Holoedrie des regulären Systems. Die Gitter
heissen solche vom regulären Typus.
Da die Vierergruppe (vgl. S. 70) eine Untergruppe der
Tetraedergruppe und Octaedergruppe ist, so muss jedes reguläre
Gitter auch alle diejenigen Eigenschaften haben, welche den
Gittern des § 9 vom Symmetriecharacter F* eigenthümlich
sind. Mit anderen Worten, die Gitter des § 9 gehen in be-
sonderen Fällen in reguläre Gitter über, nämlich dann, wenn
ihnen ausser den drei zweizähligen Axen parallel «r«, Ty, r«
noch eine die Tetraedergruppe characterisirende Axe zu-
kommt, welche r^, ty, r« in einander überführt; d. h. wenn
der Länge nach
*35 ■""* *y ■ Vg
isi Dies zeigt, dass wir im Ganzen drei verschiedene Typen
von regulären Gittern haben. Das erste ist durch die Trans-
lationen
definirt; sein primitives Parallelepipedon ist ein Würfel^ das
primitive Tetraeder also eine gerade dreiseitige Pyramide mit
regulärer Basis und einer rechtwinkligen Ecke an der Spitze.
— 301 —
Das zweite Raumgitter hat als System primitiver Trans-
lationen
2ta = ty -f- ^*} 2r<i ^ Ts -(- tx} 2Zfji = tx "T" ty
Das primitive Parallelepipedon ist ein Ehomboeder, dessen
Kanten die Flächendiagonalen eines Würfels sind, dessen eine
Ecke also dieselbe Natur besitzt, wie die Ecke eines regulären
Tetraeders. Das primitive Tetraeder ist ein regidäres Tetraeder.
Das Gitter kann auch so beschrieben werden, dass es aus
Würfeln mit cerUrirten SeitenfläcJien besteht. Endlich ist das
dritte Baumgitter durch die Translationen
2txf ^Ty, 2tzy 2Tr = l^x "r ^y "r ^*
resp. durch das Tripel
2tr = ty -f- T, Tx
ZXr ^= '^s ~T ^x ^y
JuXf ^^ Vx "T" Tm — Xg
characterisirt Das primitive Tetraeder ist eine gerade drei-
seitige Pyramide mit regulärer Basis, deren Spitze die. Natur
der dreiseitigen Ecke eines Rhombendodekaeders hat. Das
primitive Parallelepipedon ist daher das specielle hierzu ge-
hörige Rhomboeder, Das Gitter kann gemäss § 10 auch dahin
definirt werden, dass es aus centrirten Würfeln besteht. Es
folgt noch:
Lehrsatz XVII. Es giebt drei verschiedene Arten BaumgiUer
vom regulären Typus.
§ 15. Tabelle der Banmgitter. Bezeichnen wir von nun
an eine beliebige Translationsgruppe durch Ft und repräsen-
tiren die besonderen symmetrischen Translationsgruppen durch
80 dass dieselben der Reihe nach den Gittern des monoklinen,
rhombischen, rhomboedrischen, ietragonalen, hexagonalen und
regulären Typus entsprechen, so lassen sich die sämmtlichen
Raumgitter folgendermassen characterisiren.^)
1) Die Bedentnng der Traoslationeo ist die in § 6 ff. angegebene.
— 302 —
I. Gitter Yom triklinen Typus.
Symmetriegruppe: /S^.
Eine Gitterart.
Gruppe rV; 2r,, 2rg, 2t^ beliebig. Aufbau nach beliebigen
Parallelepipeden.
n. Gitter Yom monoklinen Typus.
Symmetriegruppe: (7/.
Zwei Arten von Gittern.
1) Gruppe Fm] 2r^, 2r/, 2r,; Aufbau nach rhomboidischen
Säulen.
2) Gruppe Fm] 2r«, r/ + r,, t/ — r,, oder 2td, 2rrf, 2ri',
oder auch 2tr, 2xrj 2tr\ Aufbau nach klinorhombischen
Säulen, resp. nach centrirten rhomboidischen Säulen^ oder auch
nach rhomboidischen Säulen mit centrirten Flächen.
nL Gitter Tom rhombischen Typus.
Symmetriegruppe: F*.
Vier Arten von Gittern.
1) Gruppe ri: 2%^, 2ty, 2r,. Aufbau nach rechtwinkligen
Parallelepipeden.
2) Gruppe IV: t^ + ty, tx — tr^, 2ri. Aufbau nach ge-
raden rhombischen Säulen.
3) Gruppe T/: 2rd, 2rd, 2^. Aufbau nach Parallelepi-
peden mit rhombischen Diagonalflächen; resp. nach recht-
winkligen Parallelepipeden mit centrirten Flächen.
4) Gruppe A'": 2vr, 2xr, 2xr\ Aufbau nach Rhomboedem,
resp. nach centrirten rechtwinkligen Parallelepipeden.
IT. Gitter vom rhomboedrischen Typus.
Symmetriegruppe: Dg^.
Eine Gitterart.
Gruppe Frh' 2%^, 2r„, 2r„. Aufbau nach regelmässigen
Rhomboedem.
— 303 -
Y. Gitter yom tetragonalen Typus.
Symmetriegruppe: D/.
Zwei Arten von Gittern.
1) Gruppe Fgi 2rx, 2ry, 2r,. Aufbau nach quadratischen
Säulen.
2) Gruppe Fqi 2xxy 2ty, 2tr, resp. 2rrf, 2ri, 2rd, oder
auch 2rrf 2tr, 2zr\ Aufbau nach centrirten quadratischen
Säulen oder nach Rhomboedern mit zwei gleichen Diagonal-
flächen.
YI. Gitter Tom hexagonalen Typus.
Symmetriegruppe: B^.
Eine Art von Gittern.
Gruppe Fa; 2x^, 2t^, 2r3, 2r^. Aufbau nach regulären
dreiseitigen Säulen.
Yn. Gitter Tom regulären Typus.
Symmetriegruppe: 0\
Drei Arten von Gittern.
1) Gruppe Te; 2r-p, 2ry, 2r,. Aufbau nach Würfeln.
2) Gruppe T/; 2xdy 2td, 2xd. Aufbau nach Rhomboedern
vom Typus der regulären Tetraeder, resp. nach Würfeln mit
centrirten Flächen.
3) Gruppe Tc"; 2^,, 2ry, 2rs, 2tr, resp. 2rr, 2xry 2x7.
Aufbau nach regelmässigen Rhomboedern vom Typus der
Rhombendodekaederecken, resp. nach centrirten Würfeln.
Die erste Untersuchung über die Sjmmetrieverhältnisse der
Raumgitter stammt von Frankenheim. ^) Sie leidet jedoch an
einem Yersehen; Frankenheim hatte nicht erkannt, dass die
in § 6 aufgestellten Gitter 2) und 3) des monoklinen Typus als
identisch zu betrachten sind. Die erste fehlerfreie Ableitung aller
symmetrischen Kaumgitter ist von Bravais in ebenso eleganter
1) Die Lehre von der Cohäsion, Brealan 1835, S. 311 und 312, sowie
System der Crystalle, Nova Acta Acad. Leopold. 1842, Bd. 29, S. 483.
— 304 -•
wie einfacher Darstellung gegeben worden.^) Später hat Sohncke
dasselbe in mehr krjstallographischer Richtung durchgeführt; den
Ausgangspunkt seiner Darstellung bildet die regelmässige Anordnung
der Gitterpunkte.^) Endlich sind einige zahlentheoretische Arbeiten
zu nennen, welche sich mit der Symmetrie der Baumgitter be-
schäftigen, nämlich die Untersuchungen von Dirichlet^) und
Selling*) über temäre quadratische Formen. Die Verbindung der
Theorie der Formen mit der Theorie der Gitter führt auf einen
zuerst von Gaufs ausgesprochenen Gedanken zurück.^)
1) Memoire sur las systämes form^s par des points etc. Joum. de
räcole polyt Bd. 19. Heft 83. Paris 1860. S. 1.
2) Die Qmppirang der Molecflle ia den Erystallen, Pogg. Ann. d.
Phy8. Bd. 132. S. 76. 1867.
3) üeber die Beduction der positiven quadratischen Formen, Journ.
f. d. Math, von Grelle, Bd. 40. S. 209.
4) Des formes binaires et iernaires, Joum. de math. t. Liouv.
Serie III, Bd. 3. S. 21. 1877.
6) Derselbe wurde von Gaals in der Becension eines Buches von
Seeber ansgesprochen. Vgl. Jonm. f. Math. v. Grelle, Bd. 20. S. 318.
' Viertes Capitel.
Die Brayais'sche Theorie.
§ 1. Die Molekelgitter. Wie das vorstellende Capitel
zeigt, zerfallen die Raumgitter rücksichtlich der Symmetrie in
sieben Abtheilungen^ welche den sieben an der Hand der Er-
fahrung aufgestellten Krystallsystemen entsprechen, und zwar
so, dass die Symmetrie des Gitters mit der Symmetrie der
Holoedrie des bezüglichen Erystallsystems identisch ist. Dies
ist diejenige Thatsache, an welche die Bravais'sche Theorie
anknüpft Von ihr ausgehend gelangt man leicht zur Con-
ception der bereits S. 241 erwähnten Hypothese, dass ein
KrystcM aus lauter congruenfen und gleichartigen Molekeln he-
stAt^ welche gitterartig im Baume vertheilt sind. Mit ihr und
ihren Consequenzen werden wir uns in diesem Capitel be-
schäftigen; im besondem wird die Frage zu erledigen sein^
ob resp. wie sich auf Grund dieser Hypothese für die Erystalle
der sämmtlichen 32 Classen ein Molekelhaufen angeben lässt,
welcher^ kurz gesprochen, dieselbe Symmetrie aufweist, wie
der Erystall selbst.
Zu diesem Zweck geben wir zunächst eine genauere Be-
stimmung der Natur resp. der Entstehung eines Bravais'schen
Molekelhaufens. Wie im zweiten Capitel § 7 dieses Abschnittes
erörtert worden ist, entspricht jedem Raumgitter eine be-
stimmte Translationsgruppe, und zwar kann das Raumgitter
gemäss Satz XV des genannten Capitels dadurch gebildet
werden, dass man die sämmtlichen Translationen der bezüg-
lichen Gruppe von einem und demselben Punkt 0 nach Länge
und Richtung abträgt^ oder^ anders gesprochen, dass man den
Punkt 0 den sämmtlichen Translationen der Gruppe unter-
Sohoenfliei, KrjttAllstraotnr. 20
- 306 —
wirft. Im Anschluss hieran stellen wir nun folgende De-
finition auf:
Erklärung: Unter einem MoleJcelgitter verstehen wir
denjenigen unbegrenzten MolehelJumfen, welcher entsteht, wenn eine
beliebige Molekel den sämmtlichen Translationen einer Trans-
lationsgruppe unterworfen wird.
Ausdrücklich sei bemerkt, dass wir über Form und Qua-
lität der Molekel zunächst keinerlei Annahme machen; nur
setzen wir sie, wie sich von selbst versteht, so klein voraus,
dass zwei benachbarte Molekeln sich nicht gegenseitig durch-
dringen. Im Gegensatz zu den Molekelhaufen werden wir
von nun an ein Gitter, welches aus einem Punkt mittelst
aller Translationen einer Gruppe abgeleitet ist, meist ein
Punktgitter nennen, und zwar immer dann, wenn es auf den
Gegensatz gegenüber dem Molekelgitter ankommt.
Aus der obigen Definition fliessen unmittelbar nach-
stehende Folgerungen:
Lehrsatz I. Alle Molekeln eines Molekelgitters befinden sich
in paralleler Lage. Man sagt auch^ dass sie pqraUel orien-
tirt sind.
Lehrsatz IL Ein Molekelgitter geht durch jede Translation
der zugehörigen Translationsgruppe in sich über.
§ 2. Homogene Natur der Molekelgitter. Es sei ii die
Ausgangsmolekel, mit welcher das Gitter gebildet ist. Wir
fixiren in ihr einen beliebigen Punkt P und denken uns in
den andern Molekeln /*', n'\ ft'" . . . die analogen Punkte
P', P", P'" . . ., so ist evident, dass, welches auch der Punkt
P sein mag, alle Punkte P, P% P", P"' ... in ihrer Lage
zum gesammten Molekelgitter geometrisch, also auch physi-
kalisch gleichwertig sind. Ist ferner g eine beliebige unbe-
grenzt zu denkende Gerade, welche das Molekelgitter in irgend
einer Weise durchsetzt, also beispielsweise durch den Punkt P
geht, und ist g' eine zweite Gerade, welche aus g durch irgend
eine Translation 2r der Gruppe Ft hervorgeht, so hat das
Molekelgitter zu g dieselbe Lage, wie zu g', denn die Trans-
lation führt, wenn g in g' übergeht, das Molekelgitter in sich
selbst über. Dies gilt für alle Geraden, in welche g vermittelst
- 307 -
der Translationen der Gruppe übergeht. Es sind daher für die
Punkte P, P', P" . . . und die Geraden g^ g'y /' . . . diejenigen
allgemeinen Bedingungen erfüllt, welche gemäss Cap. I; 6 in
erster Linie noth wendig sind, damit ein Molekelhaufen einen
homogenen Erystall zu repräsentiren vermag.
§ 3. Symmetrieoharaoter der Molekelgitter. Zur Her-
stellung eines Molekelgitters wird nur die Ausgangsmolekel ft
und die Translationsgruppe F^ benutzt; die Symmetrie des
Gitters kann daher nur von der Symmetrie der Gruppe und
der Symmetrie der Molekel abhängen. Wie wir in Cap. I, 8
dieses Abschnittes erörtert haben, tritt sie in den Deckopera-
tionen zu Tage, welche das Molekelgitter in sich überführen.
Dies wollen wir nunmehr genauer untersuchen.
Die Molekeln, mit denen wir im Folgenden zu operiren
haben, sind für alle mit wirklicher Symmetrie begabten Mo-
lekelgitter selbst symmetrischer Art, sie haben daher die
Natur eines symmetrischen Polyeders. Ein symmetrisches
Polyeder hat stets einen Mittelpunkt, durch welchen alle Axen
und Ebenen der Symmetrie hindurchgehen. Diesen Punkt der
Molekel fi bezeichnen wir durch M und stellen uns vor, dass
die Erzeugung des Mol ekel gitters in der Weise vor sich geht,
dass der Punkt M der Ausgangsmolekel mit dem Punkt 0
coincidirt, von welchem alle Translationen ausgehen. Alsdann
können wir uns ein Molekelgitter auch dadurch entstanden
denken, dass wir an jeden Punkt eines Punktgitters dieselbe
Molekel f» einsetzen, und zwar so, dass der Mittelpunkt M
der Molekel in den Gitterpunkt fällt und alle Molekeln pa-
rallele Lage haben. Nun hatten wir (Cap. III, 1) gesehen, dass
ein Raumgitter gegen alle seine Punkte dieselbe Symmetrie
besitzt. Das Analoge gilt daher auch für das Molekelgitter,
und es folgt:
Lehrsatz HI, Die Symmetrie eines Molekelgitters ist durch
sein geometrisches Verhalten gegen eine helidnge Molekel ^ resp,
ihren Mittelpunkt bestimmt.
Wir haben demnach nur solche Deckoperationen resp.
Symmetrieverhältnisse des Gitters in's Auge zu fassen, welche
20*
~ 308 -
eine Moleliiel in sich selbst überfähren. Hierüber leiten wir
zunächst einige Hilfssätze ab.
Lehrsatz IV. Die Symmetrie eines MoleMgitters ist nie-
mals höher als die Symmetrie des gugehSrigen Baumgitters.
Um diesen Satz zu erhärten, beweisen wir seine Richtig-
keit für diejenigen Molekelgitter, welche mit den Molekeln
höchster Symmetrie gebildet sind. Eine solche Molekel ist
eine homogene Engel; sie ist ein nach allen Richtungen iso-
troper Korper. Andrerseits hat aber der geometrische Punkt
ebenfalls die Symmetrie einer homogenen Kugely es hat daher
das Eugelgitter dieselbe Symmetrie, wie das entsprechende
Punktgitter; und damit ist die Richtigkeit des obigen Satzes
nachgewiesen.
§ 4. Dagegen kann die Symmetrie eines Molekelgitters
sehr wohl niedriger sein als die Symmetrie des zugehörigen
Punktgitters. Die hierauf bezügliche Frage erledigt sich ganz
allgemein in folgender Weise.
Es sei Gp diejenige Gruppe von Operationen, welche die
Symmetrie des Punktgitters gegen den Punkt M kennzeichnet
Sie ist eine der sieben Gruppen, welche den Holoedrieen der
sieben Erystallsysteme entsprechen. Ferner sei 6r^ die analoge
Gruppe für die Molekel /ti. Jeder Symmetrieeigenschaft des
Molekelgitters in Bezug auf den Punkt M entspricht eine ge-
wisse Deckoperation desselben. Ist S eine solche Deckoperation,
so muss sie sowohl das Raumgitter, als die Molekel M in
sich überfuhren; und daraus folgt zunächst, dass die Sym-
metrieeigenschaften des Molekelgitters gegen den Punkt M
keine andern sein können, als diejenigen, welche den Gruppen
Gp und Gfi gemeinsam sind.
Wir haben bisher über die Lage der Molekel (i zum
Raumgitter keinerlei Voraussetzungen gemacht. Diese Lage
ist jedoch nicht beliebig. Wenn nämlich eine durch den
Gitterpunkt 0 gehende n-zählige Symmetrieaxe a eines Raum-
gitters auch n-zählige Symmetrieaxe für das mit der Molekel
fi daraus gebildete Molekelgitter bleiben soll, so muss, wie
ans dem Vorstehenden folgt, die Molekel fi nicht allein eine
n-zählige Symmetrieaxe besitzen, sondern diese Symmetrieaxe muss
— 309 —
auch mit der Axe a zummmenfallen. Diese Bedingung ist noüi-
wendig und hinreichend. Das Analoge gilt für Symmetrieebenen.
Von gemeinsamen Symmetrieeigenschaften der Gruppen
Gp und Oiij welche die Symmetrie des Molekelhaufens be-
stimmen, kann also nur dann die Rede sein, wenn die bezüg-
lichen Axen- resp. Ebenenrichtungen sich decken. Wir setzen
ausdrücklich fest, dass wir diese Bedingung für das Folgende
immer als erfüllt betrachten, so dass wir unter den gemein-
samen Symmetrieeigenschaften von Gp und G^^ nur die eben
genannten verstehen. Nun bildet die Oesammtheit dieser
Symmetrieeigenschaften natürlich eine Gruppe; andrerseits ist
diese Gruppe sicher eine Untergruppe von Gp und (r^, wenn,
wie üblich^), unter der höchsten in irgend einer Gruppe G
enthaltenen Untergruppe die Gruppe selbst verstanden wird;
also folgt schliesslich:
Lehrsatz V. Ist Gp die Symmeiriegruppe eines PunJctgitters,
Gf, diejenige der Molekel /*, so wird die Symmetrie des Molekel-
gittere durch die grösste gemeinsame Untergruppe von Gp und G/^
repräsentirt.
Hierin liegt gleichzeitig ein neuer Beweis des vorher-
gehenden Satzes; denn da die Symmetrie des Molekelgitters
stets Untergruppe von Gp ist, so kann sie höchstens Gp selbst
sein. Ebenso folgt nun, dass die Symmetrie des Molekelgitters
nicht höher sein kann, als die Symmetrie der Gruppe (?^; d. h.
Lehrsatz VI. Die Symmetrie eines Molekelgitters ist niemals
hoheTj als die Symmetrie der Molekel.
Bilden wir beispielsweise ein Molekelgitter dadurch, dass
wir an jeden Punkt eines aus Würfein bestehenden Gitters
eine unsymmetrische Molekel /i einfügen, so hat dieser Molekel-
haufen keinerlei geometrische Symmetrie, obwohl das Gitter
dem regulären Typus angehört. Dies lässt sich auch in der
Weise leicht in Evidenz setzen, dass wir den Molekelhaufen
selbst in^s Auge fassen und die von demselben Punkt 0 aus-
gehenden gleichwerthigen Richtungen zu bestimmen suchen.
Sind nun g und g^ irgend zwei von 0 ausgehende Richtungen,
1) DaB8 dies zulässig ist, ist evident.
— 310 —
zu welchen das Punktgitter die gleiche Lage hat, so sind sie
doch im Molekelhaufen nicht als gleichwerthig zu betrachten.
Denn da die Molekel unsymmetrisch ist, so durchsetzen g und
g^ die Molekel [i in verschiedener Weise; sie haben daher zu
jeder Molekel, also auch zu dem von ihnen gebildeten Molekel-
haufen yerschiedene Lage. Demnach wird der Molekelhaufen
längs g und g^ verschiedenes physikalisches Verhalten zeigen
und kann daher nur einen symmetrielosen Erystall, d. h. einen
des triklinen Systems repräsentiren. (Vgl. Cap. XIII, 21 ff.)
Wir, werden von nun an die Symmetriegruppe des Mo-
lekelgitters, da sie die Symmetrie des bezüglichen Ejrystalles
repräsentirt, durch Gk bezeichnen,
§ 5. Darstellung der Bravais'schen Gittertheorie. Hier-
mit sind die vorbereitenden Betrachtungen erledigt Um aus
ihnen die Bravais'sche Theorie zu folgern, stellen wir die-
jenigen früher bewiesenen Hauptsätze, welche für diesen Zweck
in Frage kommen, erst kurz zusammen. Erstens ist zu be-
achten, dass die sieben Typen von Baumgittern rücksichtlich
ihrer Symmetrie genau den Holoedrieen der erfahrungsgemäss
aufgestellten sieben Erystallsysteme entsprechen. Zweitens
werde daran erinnert^ dass (vgl. Cap. VI des ersten Abschnitts)
für jedes Erystallsystem die Symmetrie einer Unterabtheilung
durch eine Untergruppe derjenigen Hauptgruppe bestimmt ist^
welche der Holoedrie zugehört Drittens giebt es für jede
Krystallclasse unendlich viele Polyeder, welche denselben
Symmetriecharacter besitzen, wie die Krystallclasse selbst
Um nun ein Molekelgitter zu construiren, dessen Symmetrie
mit derjenigen einer bestimmten Krystallclasse K aus dem
Krystallsystem S übereinstimmt, verfahrt man folgendermassen:
Mau denkt sich ein Raumgitter, dessen Symmetrie dem Kry-
stallsystem S entspricht, und fügt die Molekeln fi, deren Sym-
metrie mit derjenigen der Krystallclasse K identisch ist, so
in das Gitter ein, dass für jeden Gitterpunkt alle Symmetrie-
azen und Symmetrieebenen der Molekel (i mit den gleich-
artigen Symmetrieelementen des Raumgitters coincidiren ;
alsdann hat nach dem oben bewiesenen Lehrsatz V das
Molekelgitter, wie erforderlich und hinreichend ist^ gegen jedes
- 311 -
Molekelcentram genau diejenige Symmetrie, welche der Erystall-
classe K entspricht Denn da in diesem Fall die Gruppe Gp
die Gruppe der Holoedrie des Erystallsystems S imd 6r^ die
Gruppe der bezüglichen Meroedrie ist, so ist die grösste ge-
meinsame Untergruppe von Gp und Gf^ in der That G^ selbst.
Dies gilt für jede der 32 Erystallclassen. Also erhalten
wir folgenden Satz, welcher die Bra?ais'sche Theorie enthält.
Hauptsatz. Für jede der 32 ErystcUklassen lassen sich
MoWkdgiUer construiren, deren Symmetrie genau der Symmetrie
der Krystallclasse gleich ist Dies kann für jede Unterabtheilung
der sid)en gewöhnlichen Krystallsysteme übereinstimmend in der
Weise geschehen, dass das Gitter die Symmetrie des KrystaU-
Systems y und die Molekel die Symmetrie der bezüglichen Unter-
abtheüung besitzt.
Einige Beispiele mögen zur Erläuterung dieses Satzes
dienen. Handelt es sich um die Tetartoedrie des regulären
Systems, so benutzt man eines der drei Raumgitter von regu-
lärem Typus; als Molekel fi nimmt man ein Polyeder, das die
Symmetrie der Gruppe T hat. Hierzu eignet sich an erster
Stelle immer die bezügliche einfache Ery stallform, in diesem
Fall also ein tetraedrisches Pentagondodekaeder, und dies ist
so in das Gitter einzufügen, dass seine dreizähligen und zwei-
zähligen Axen mit den dreizähligen resp. zweizähligen Axen
des Gitters coincidiren.
Handelt es sich zweitens um die Holoedrie des hexago-
nalen Systems, so hat man das aus lauter regulären drei-
seitigen Säulen aufgebaute Gitter zu benutzen und in jeden
Gitterpunkt ein Polyeder der Classe D^*, also z. B. eine di-
hexagouale Pyramide so einzufügen, dass ihre Axen mit den
Symmetrieaxen des Gitters zusammenfallen.
Soll man endlich einen Molekelhaufen construiren, welcher
die sphenoidische Tetartoedrie des tetragonalen Systems dar-
zustellen vermag, so wählt man eines der beiden Gitter mit
quadratischem Typus und fügt in jeden Gitterpunkt eine Mo-
lekel ein, deren Symmetrie der Gruppe S^ entspricht, also
z. B. dasjenige Tetraeder, dessen Gegenkanten gleich lang sind
und von dem sich überdies ein Paar rechtwinklig kreuzt. Die
— 312 —
gememsame Normale dieser beiden Kanten ist die Symmetrie-
axe des Tetraeders; sie muss mit der vierzähligen Axe des
Gitter» zusammenfallen.
§ 6. Mit dem vorstehenden Hauptsatz ist bewiesen, dass
för jede Erystallclasse Molekelgitter der bezüglichen Sym-
metrie gebildet werden können. Es ist aber auch umgekehrt
zu sagen, dass jedes Molekelgitter, das sich ergiebt, wenn wir
ein Punktgitter mit einer Molekel f* von beliebiger Form und
Qualität y d. i. von beliebiger Symmetrie combiniren, stets die
Symmetrie einer der 32 Krystallclassen zeigen muss. Näm-
lich, welches auch immer die Symmetriegruppe (?^ der Molekel
fi sein möge, so ist die Symmetriegruppe Gt des Molekel-
gitters in allen Fällen eine Untergruppe von Gp^ wenn Gp
wieder die Symmetriegruppe des Raumgitters ist. Nun ent-
spricht die Gruppe Gp stets der Holoedrie eines der sieben
Erystallsysteme ; andrerseits enthalten alle diese Erystall-
systeme nur zweizählige, dreizählige, vierzählige und sechs-
zählige Symmetrieaxen, also können in den sämmtlichen Unter- •
gruppen derselben ebenfalls nur derartige Axen auftreten.
Jede dieser Untergruppen ist daher mit der Gruppe einer der
32 Krystallclassen identisch. Welche Molekel wir also auch
zur Construction eines Molekelgitters benutzen mögen, so hat
das Molekelgitter niemals eine andere Symmetrie als eine
solche, die krystallographisch möglich ist. Diese Folge-
rung hat einen Inhalt, der den des obigen Satzes bedeutend
übertriiSFfc.
Die vorstehende Auseinandersetzung war deshalb nothig,
weil wir bei der Ableitung der 32 Krystallclassen in Cap, VI,
19 des ersten Abschnittes nur gewisse Untergruppen eines
jeden Krystallsystems berücksichtigt haben, während hier ihre
sämmtlichen Untergruppen in Frage stehen.^) Sie zeigt, dass
sich eine Grenze für den Symmetriecharacter der Molekel fi
bei der vorstehenden Betrachtung nicht herausstellt; es würde
also theoretisch nichts hindern, der Molekel (i auch solche
Symmetrie aufzuprägen, welche krystallographisch nicht existirt,
1) Vgl. abrigeoB auch die SchluBsbemerkong yon Gap. VI, 18.
— 313 —
also n-z&hlige Axen^ wenn n einen andern Werth hat als 2,
Sy 4, 6. Ob solche Molekelgitter för die Erklärung der Natur-
erscheinungen benutzbar oder gar nöthig sind, ist eine andere
Frage y auf die wir nachher noch kurz zu sprechen kommen;
hier schien es aber wichtig, auf die geometrische Möglichkeit
derselben hinzuweisen. Wir erhalten demgemäss folgenden
Lehrsatz YII. BücksichÜich der Symmetrie gerfällen die
sämmtlichen Molekelgitter, welches auch die Symmetriegrtippen Gp
und Gfi des Gitters resp. der Moldcd sein mögen, in diyenigen
32 Glossen, welche den 32 KrystallcUissen entsprechen.
Hiermit ist gezeigt, dass die Bravais'sche Structurtheorie,
einzig und allein auf die Hypothese über den gitterartigen
Aufbau der Erystallmasse gestützt, den deductiven Nachweis
gestattet, dass jede Krystallsymmetrie einer der genannten
32 Classen entspricht. Im hesondem ergiebt sich der ursprüng-
lich aus der Erfahrung stammende Satz von den rationalen In-
dices, d. h. der Säte, dass Symmetrieaxen nur zwei-, drei-, vier-
oder sechsjsählig sein können, als eine nothwendige Folgerung der
ursprünglichen Hypothese, er ist eine unmittelbare Consequenz
des Satzes, dass den Raumgittern nur die eben genannten
Symmetrieaxen eigenthümlich sind.
Die Brav ais' sehe Gittertheorie ist aus denjenigen Vor-
stellungen erwachsen, welche von Hauy über die Structur der
Krystalle ausgesprochen worden sind.^) Die fundamentale An-
schauung, von der Hauy ausging, besteht darin, den Erystall
in Elementartheilchen zu zerlegen, welche sich, wenn mög-
lich, lückenlos aneinanderschliessen und die individuelle Ein-
heit des Aufbaues darstellen. Die Art, in welcher dies statt-
finden sollte, kommt von unserm heutigen Standpunkte aus
gesprochen darauf hinaus, die Schwerpunkte der Elementar-
theilchen raumgitterartig anzunehmen. Er nannte dieselben
molecules intSgrantes oder molecules soustractives, je nachdem
es ihm zweckmässig schien, ihnen diejenige Form zu geben,
welche dem Fundaraentalparallelepiped des Gitters entspricht
1) Vgl. z. B. Essai d'ane thäoiie aar la atructure des Gristanx.
PariB 1784. Die erste Pnblication stammt aus 1781.
- 314 —
oder nicht Die Grenzflächen der molecules integrantes sind
identisch mit den Ebenen des Raumgitters.
Die ThatsachC; dass die Hauy'sche Theorie die gitter-
artige Anordnung der Erystallbausteine voraussetzt, wurde in
präciser Form zuerst von Delafosse ausgesprochen. Er ge-
langte zu ihr in Verfolg von Speculationen, welche bezweckten,
die auf Grund Yon mehr geometrischen Conceptionen ein-
geführten Elemeutartheilchen Hauy's durch die eigentlichen
physicalischen Molekeln zu ersetzen.^) In Delafosse haben
wir daher den eigentlichen Begründer der Gittertheorie zu
erblicken. Nichts desto weniger ist es recht und billig, dass
die Theorie den Namen von Bravais trägt; denn Brayais
ist derjenige, welcher zum ersten Mal den Nachweis geführt
hat, dass die Raumgitterstructuren gerade durch diejenigen
Symmetrieverhältnisse ausgezeichnet sind, welche sich bei den
Erystallen vorfinden. Erst hierdurch gewinnt die Dela-
fosse'sche Anschauung die Bedeutung einer wohlbegründeten
Theorie.*)
Man findet die Bravai^'sche Theorie vielfach so dar-
gestellt, dass nur bei denjenigen Molekelhaufen, welche die
hemiedrischen und tetartoedrischen Erystalle vorstellen sollen,
die Molekelform in Frage kommt/) Diese Ausdrucksweise ist
jedoch nicht correct; aus den vorstehenden Erörterungen geht
zur Genüge hervor, dass die Molekel sowohl für die Holo-
edrieen als auch für die Meroedrieen bestimmten Symmetrie-
bedingungen genügen muss. Für die Holoedrieen ist diejenige
Symmetrie erforderlich, welche dem Gitter selbst eigen ist,
daher ist es zulässig, die holoedrische Molekel durch den
Gitterpunkt selbst zu repräsentiren. Der Molekel der Mero-
edrieen dagegen kommt nur ein Theil der Gittersymmetrie zu.
1) Recberches sur la CriBtallisation, M^moires präseDt^s par divers
savante ^ Tacad. roy. Paris 1S43. Bd. S. 8. 649 ff.
2) Memoire sur les Byst^meB form^s par des points etc. Journ. de
Y6cole polyt. Bd. 19. Heft 83. S. 1 ff. Paris 1850.
8) Vgl. z. B. Sobncke, Theorie der Erystallstractur, S. 22, sowie
die Abhandlang : Die GruppiruDg der MolecQle . in den Erystallen,
Poggend. Ann. d. Phys. Bd. 182. S. 76,
- 315 —
für sie ist daher eine punctuelle Darstellung der Molekel nicht
zulässig. Der Punkt hat nämlich als geometrisches Gebilde
die höchste Symmetrie, die es giebt; er verhält sich, wie wir
oben erwähnten, wie eine isotrope Kugel, er erftillt daher
stets die Bedingung, die Symmetrie der holoedrischen Molekel
zu besitzen.
Diese Thatsache ist die Veranlassung zu mancherlei Miss-
verstandnissen und schiefen Ausdrucksweisen gewesen. Indem
man nämlich vielfach, um die geometrischen Betrachtungen
zu vereinfachen, die Molekel durch ihren Schwerpunkt er-
setzte, wurde damit stillschweigend die Symmetrie der Molekel
in bestimmter Weise beeinflusst. Dies Verfahren ist nicht
immer ohne fehlerhafte Consequenzen geblieben. Einerseits
hat es dazu geführt, die Erkenntniss der Einheitlichkeit der
Bravais'schen Theorie zu verhindern, andrerseits haben sich
aber dadurch auch irrige Vorstellungen über die krystallo-
graphische Interpretation derjenigen geometrischen Punkt-
gebilde ausgebildet, welche zur Veranschaulichung der Erystall-
Symmetrie construirt worden sind. Wir kommen hierauf in
Cap. XIII noch einmal zurück.
§ 7. Die variabeln Parameter der Molekelgitter. Das
Molekelgitter, welches die Masse eines dein System S ange-
horigen Krystalles K von der Symmetrie 6* repräsentiren soll,
ist so construirt worden, dass wir ein Raumgitter vom Typus
des Erystallsystems mit einer Molekel fi combinirteu, deren
Symmetrie derjenigen Unterabtheilung des Systems S ent-
spricht, welcher der Krystall K angehört. Variabel, resp. von
unserm Ermessen abhängig ist in manchen Fällen einerseits
die Wahl des Raumgitters, in allen Fällen aber die Wahl der
Molekel; denn symmetrische Polyeder der Gruppe Gt giebt es
unzählig viele. Wir können aber, wie aus dem vorstehenden
Paragraphen folgt, den für den Krystall K characteristischen
Molekelhaufen auch so modificiren, dass wir entweder die
Symmetrie Gp des Gitters oder die Symmetrie (r^ der Molekel
erhöhen, selbstverständlich unter der Bedingung, dass nicht
etwa die gemeinsame Symmetrie Gk gleichzeitig eine Erhöhung
erföhrt. Wir können beispielsweise, um einen Molekelhaufen
- 316 -
vom Character eioes triklinen Krystalls herzustellen; ein sym-
metrisches Raumgitter mit einer unsymmetrischen ^ resp. nur
mit centrischer Symmetrie behafteten Molekel verbinden (vgl.
das oben S. 309 erörterte Beispiel), und ebenso können wir,
um einen Erystall des rhombischen Systems zu bilden, ein
Gitter des quadratischen oder regulären Typus benutzen, wenn
nur die Symmetrie (r^ der Molekel einer Classe des rhom-
bischen Systems entspricht. Endlich können wir aber auch
einen Molekelhaufen^ dessen Structur mit der Erystallstructur
des triklinen Systems übereinstimmt, dadurch erzeugen, dass
wir in ein triklines Gitter eine Molekel hoher Symmetrie, oder
gar eine kugelförmige isotrope Molekel setzen, u. s. w. u. s. w.
Diese Auseinandersetzungen haben zunächst nur geo-
metrischen Werth; ob ihnen auch in physikalischer Beziehung
eine practische Bedeutung beizumessen ist, ist eine andere
Frage. In Bezug hierauf erinnern wir daran, dass die Structur-
theorieen allerdings in erster Linie nur die Symmetrie der
Ery stalle erklären sollen, dass sie aber auch, sofern sie den
Anspruch einer wissenschaftlichen Theorie erheben, für die
Erkenntniss aller Naturvorgänge mit Erfolg benutzbar sein
müssen. Hierzu wird es im Allgemeinen weiterer besonderer
Annahmen über die Molekelqualität bedürfen. Gemäss dem-
jenigen, was wir S. 248 auseinandergesetzt haben, ist es daher
nöthig; dass wir den Spielraum kennen lehren^ innerhalb dessen
sich alle überhaupt zulässigen Hypothesen zu bewegen haben.
Wir haben zu diesem Behuf auf die Frage einzugehen,
welches die Variabilität ist, die uns bezüglich Molekel und
Gitter zur Verfügung steht. Für die Molekel kommen Form
und Qualität in Frage. Die Form der Molekel unterliegt nur
dem Symmetriegesetz, im übrigen kann sie mannigfach variirt
werden. Jedes Polyeder, jeder Eörper, jeder Atomcomplex,
welcher die der Molekel eigenthümliche Symmetrie besitzt,
kann zum Aufbau des Molekelhaufens benutzt werden; unter
den oben genannten Bedingungen ist sogar die Symmetrie
selbst der Veränderung resp. der Steigerung fähig. Die eigent-
liche physikalische und chemische Qualität bleibt gänzlich
unbestimmt; sie unterliegt nur der einen Beschränkung, dass
- 317 --
auch sie das der Molekel eigenthümliche Symmetriegesetz zu
befolgen hat.
Wie in § 4 ausfübrlich erörtert worden ist, steht auch
fQr die Wahl des Gitters ein gewisser Spielraum zur Ver-
fügung. Die Eigenart des Gitters wird sich der Natur der
Sache nach in den geometrischen Eigenschaften der Erystall-
substanz documentiren, wie z. B. in der Bevorzugung von
gewissen Grenzebenen bei der Ausbildung des Erystalles, in
den Spaltungsflächen y bei den Aetzfiguren und ähnlichen Er-
scheinungen.^) Nun zeigen bekanntlich einige Erystalle von
niederer Symmetrie Flächenbildungen, die sie scheinbar in ein
Krystallsystem höherer Symmetrie zu yerweisen scheinen; es
liegt daher nahe, von solchen Ery stallgestalten, den soge-
nannten Grenzformm, anzunehmen, dass für sie die oben in
§ 6 gemachten theoretischen Auseinandersetzungen wirklich
eine practische Bedeutung haben, so dass fQr ihren Aufbau
ein Gitter höherer Symmetrie mit einer Molekel niederer Sym-
metrie zur Verwendung gelangt.*)
§ 8. Die BravaiB'sohe Grenzbedingxtng. Endlich soll
noch auf eine letzte theoretische Frage hingewiesen werden,
die sich im Bereich der Structurtheorie erhebt , Nämlich, es
bedarf augenscheinlich noch der (Jntersuchung, ob die Molekel-
gitter, wie wir sie im Vorstehenden auseinandergesetzt haben,
auch wirklich mechanisch möglich sind, d. h. ob sie ein im
mechanischen Gleichgewicht befindliches System von Molekeln
repräsentiren. Diese Frage dürfte für einen Molekelhaufen
Yon unbegrenzter Ausdehnung, also auch für das Innere eines
Erystalles unbedingt zu bejahen sein. Sie specialisirt sich
aber weiter dahin, welches der Einfluss ist, den die Molekel-
qualität bei der Entstehung der Erystallsubstanz auf die Art
des Gitters ausübt.
Dass die Anordnung der Molekeln durch die Molekel-
natur bestimmt wird, so dass die Anordnung eine nothwendige
1) Vgl. z. B. die Sohncke*8che AbhandluDg „über Spaltimgs-
fl&cheo und Datürliche Erystallfläclien*', Zeiisch. f. Eryjst. Bd. 13. S. 214 ff.
2} Vgl. Sohncke, Theorie der Krystallstrnctor, S. 194 ff.
- 318 -
Folge der Molekelqualität ist^ ist selbstverständlich. Eine offene
Frage aber ist es, ob Molekeln von' gewisser Symmetrie etwa
immer oder doch unter gewissen Bedingungen auch ein Gitter
Yon der gleichen, resp. ähnlichen Symmetrie nach sich ziehen,
u. s. w. n. s. w. Es liegt nicht in der Absicht dieser Schrift,
diese Fragen einer genaueren theoretischen Betrachtung zn
unterwerfen. Dagegen scheint es geboten, auf einige mit ihnen
zusammenhängende Punkte hinzuweisen, die in der letzten Zeit
Gegenstand der Controversen gewesen sind. Dies empfiehlt
sich um so mehr, als auf diesem Gebiet theilweise eine Diffe-
renz der Meinungen, ja sogar vielfach eine Unklarheit der
Begriffe hervorgetreten ist, welche in einer exacten Wissen-
schaft nicht Platz greifen sollte.
Bravais hat in derjenigen Schrift, welche seine Structur-
theorie enthält, sich auf den Standpunkt gestellt, dass die
Symmetrie der Molekel im Allgemeinen die Symmetrie des
Gitters mechanisch bedingt.^) Hierzu scheint ihn in erster
Linie die Thatsache bewogen zu haben, dass diese Anschauung
im Allgemeinen den natürlichen Verhältnissen entspricht. Es
giebt in der That in der Natur nur wenige Ausnahmefalle,
in welchen ein Erystall von niederer Symmetrie die Winkel
und Flächen der Krystalle höherer Symmetrie darbietet. Er
wies nun geometrisch nach, dass die Symmetrie des Molekel-
haufens niemals höher ist, als die Symmetrie der Molekel
selbst, und fragte sich, wie die eben genannte Thatsache aus
der Molekelqualität erklärt werden könne. Indem er, der
üblichen Vorstellungsart entsprechend, die Unterabtheilungen
der Krystallsysteme dadurch definirte, dass er der holoedrischen
Form gewisse Symmetrieelemente entzog, gelangte er dazu,
eine Grenze zu statuiren, unter welche die Symmetrie einer
Molekel im Allgemeinen nicht sinkt^ wenn mit ihr ein Krystall
eines bestimmten Systems zu bilden ist. Man pflegt dem-
gemäss von der Bravais'schen Grevuibedingung zu sprechen. In
wie fern die Frage der Grenzformen hiermit in Zusammenhang
1) iStudes criatallographiques. Journ. de Täcole polyt. Bd. 20.
Heft 34. Paris 1861. 8. 201 ff.
— 319 —
gebracht werden kauii; haben wir im vorstehenden Paragraphen
bereits gesehen*^)
In nenerer Zeit ist — jedoch keineswegs im Sinne von
Bravais — der Versuch gemacht worden, die genannte Gren^
bedingnng für die Systematik der Kry stalle zu yerwerthen.
Hierzu scheint im besondern das auch von Bravais befolgte,
den Mineralogen geläufige Verfahren Veranlassung gegeben
zu haben, die Unterabtheilungen durch Reduction der holo-
edrischen Symmetrie zu gewinnen. Welches Verfahren man
aber auch befolgen mag, das Resultat muss immer dasselbe
sein, es kann unmöglich von der Methode abhängen. Führt
eine Methode zu andern als den 32 Erystallclassen, so kann
das Versehen entweder in der Ableitung oder im Ausgangs-
punkt begründet sein; im letzteren Fall, und dieser trifft hier
zu, kann das abweichende Resultat nur durch eine abweichende
Deutung derjenigen Begriffe zu erklären sein, welche der
Systematik zu Grunde liegen. Hierauf soll noch etwas genauer
eingegangen werden.
Soll die Berechtigung, resp. die Anwendbarkeit einer
Theorie nachgewiesen werden, so ist, wie oben in § 5 ge-
schehen, zu zeigen, dass sie auch ihrerseits zu der deductiv
gewonnenen Eintheilung der Erystalle nach der Symmetrie
fährt. Dem gegenüber haben sich die genannten Autoren auf
den Standpunkt gestellt, umgekehrt von der Bravais'schen
Structurhypothese aus eine Systematik der Erystalle zu ge-
winnen. Allerdings sollte die so gewonnene Systematik sich
mit der im ersten Abschnitt aufgestellten decken. Man ist
jedoch zu Consequenzen gelangt^ die hiervon abweichen.')
Die oben genannten Autoren halten nämlich Erystall-
classen für möglich, welche sich unter den 32 Glassen, die
wir im ersten Abschnitt abgeleitet haben, nicht vorfinden.
Beispielsweise ist von einer Tetartoedrie im rhombischen und
1) Ist die Bravais'sclie Ansicht richtig, so würde den Aofifahrungen
von f 6 eine wesentliche Bedeutung nicht mehr zukommen.
2) Vgl. ». B. die Arbeiten von Wulff in der Zeitschr. f. Kry st.,
Bd. 18 ff., sowie Blas ins, Heber die Beziehungen zwischen den Theo-
rieen der Eiystalhtructor, Ber. d. Akad. Mdncheu, 1889. S. 47.
— 320 —
monoklinen System die Rede; die letztere ist darch Fehlen
aller Symmetrieeigenschaften characterisirt; ihr wird der Zucker
zugerechnet So lange man aber den Worten ihren üblichen
Werth belässt, muss man einen Erystall, der keinerlei Sym-
metrieeigenschaf t«n mehr besitzt ^ dem triklinen System zu-
rechnen; eine Krystallclasse^ der alle Symmetrieelemente fehlen,
kann rüdcsichüich ihres Symmetriecharacters von der triklinen
Hemiedrie nicht verschieden sein.
Es fragt sich, wie die Ansicht von Blasius und Wulffs)
zu erklären ist. Wir haben im Vorstehenden die Erystalle
ausschliesslich nach den Symmetrieeigeuschaften classificirt
Dies entspricht dem bisher allgemein adoptirten Verfahren,
es ist überdies in dem physikalischeu Verhalten der Krystall-
substanz wohlbegründet. Ebenso evident ist es aber, dass man
die Erystalle auch nach andern Gesichtspunkten sondern resp.
zusammenfassen kann. Dies ist es, toas von Wulff und BUzsius
geschehen ist.^) Ihre Ansicht läuft darauf hinaus, dass für das
System, dem ein Erystall angehört, einzig und allein das
Raumgitter massgebend sein soll, nach welchem die Erystall-
molekeln im Raum angeordnet sind.^) Beispielsweise wird
demgemäss der in § 4 erwähnte Molekelhaufen, welcher mit-
telst einer symmetrielosen Molekel und eines regulären Raum-
gitters gebildet ist, dem regulären System zugerechnet. Giebt
man dem hier zu Tage tretenden Gedanken Raum, so lassen
sich innerhalb des regulären Systems noch so viele verschie-
dene Unterabtheilungen annehmen, als es Erystallclassen im
tetragonalen, rhombischen, monoklinen und triklinen System
giebt. Jede der zugehörigen Symmetriegruppen ist nämlich
in der holoedrischen Gruppe des regulären Systems enthalten,
es lassen sich daher mit einem regulären Gitter und den be-
züglichen Molekeln alle diejenigen Molekelhaufen bilden, welche
den bezüglichen Unterabtheilungen entsprechen. Die Eintheilung
nach der Symmetrie ist <iber damit verlassen. Der Symmetrie-
character der vorstehend skizzirten Molekelgitter bestimmt sich
1) Vgl. Wulf f, a. a. 0. Bd. 14. S. 662. Blagius, a. a. 0. 8. 68 ff
2) Vgl. auch die AnmerkuDg zu Cap. XIII dieses Abschnitts.
3) Blasias, a. a. 0. S. 60.
— 321 -
nämlich in allen Fällen nach Lehrsatz V, wir würden daher
innerhalb des regulären Systems, was die Symmetrieverhält-
nisse angeht, auch solche Unterabtheilungen antreffen, welche
den Erystallclassen des tetragonalen, rhombischen, monoklinen
nnd triklinen Systems entsprechen. Werden daher, was bisher
von keiner Seite aufgegeben worden ist, die Symmetrieverhält-
nisse für die Systematik zu Grunde gelegt, so muss man sich
auf die 32 Classen ohne alle Uebergänge beschränken; jeder
andere Standpunkt bedeutet einen Bruch mit dem bisher all-
gemein und ausschliesslich adoptirten Eintheilungsprincip. Ob
sich dies empfiehlt, ob also die Eintheilung nach der Raum-
gitterstructur den Vorzug verdient, ist eine andere Frage,
deren Entscheidung dem Ermessen des Erystallographen über-
lassen bleiben muss. Nur eine Bemerkung hierüber lassen wir
folgen. Wird die Raumgitterstructur für die Eintheilung zu
Grunde gelegt, so kehrt man damit — wenn auch von einem
tiefer liegenden Ausgangspunkt — zu der einseitigen Bevor-
zugung der geometrischen Verhältnisse der Erystallgestalten
zurück, die früher — wenigstens bei den deutschen Autoren^)
— vielfach anzutreffen war. Um so mehr entfernt man sich
also von der physikalischen Denkweise*, ein solcher Schritt
würde daher einen Fortschritt nicht bedeuten können. Umge-
kehrt wird man vielmehr nicht fehl gehen, in der eben er-
örterten Bevorzugung der Raumgitter eine letzte Wirkung
der geometrischen Auffassungen und Formulirungen zu er-
blicken, welche früher die Systematik beherrschten, aber
wegen der stärkeren Betonung der physikalischen Gesichts-
punkte in letzter Zeit mehr und mehr verlassen worden sind.^)
§ 9. Znaammenhang zwischen der Bravais^schen Gitter-
theorie und den andern Btmoturtheorieen. Unter den vielen
Bestimmungsmoglichkeiten der Molekelnatur ist diejenige von
besonderem Interesse, welche die Molekel fi in ein Aggregat
1) Die französischen Autoren haben sich schon frflh auf den rein
physikalischen Standpunkt gestellt, wesentlich in Folge des Eingehens
auf die molecnlare Stnictnr der Eiystallmasse. Man vgl. z. B. die Ans-
fQhrnngen von Delafosse, a. a. 0. S. 658 ff.
2) Vgl. die Einleitung, S. 5.
Schoenfliei, KrjitaUstrnotur. 21
— 322 —
kleinerer, von einander getrennter Bestandtheile zerlegt.*) Wir
wollen diese Bestandtheile Theilmolekeln nennen und sie zum
Unterschied von der Molekel ^ durch
bezeichnen. Ihre Lagerung gehorcht dem für die Molekel
characteristischen Symmetriegesetz. Ist daher Gf^ wieder die
bezügliche Molekelgruppe, so fuhrt jede Operation von G^x die
Theilmolekeln in einander über, ihre Anzahl stimmt überdies
gemäss den Entwickelungen von Cap. VII, IV des ersten Ab-
schnittes (S. 154) mit der Zahl der Operationen von G^ über-
ein. Das Molekelgitter erscheint bei dieser Auslassung so
gebildet, dass um jeden Punkt des bezüglichen Punktgitters
der nämliche Complex von kleineren Theilmolekeln gleicher
Art in symmetrischer Weise gelagert ist. Jede Deckoperation
führt das Molekelgitter so in sich über, dass jeder dieser
Molekelcomplexe mit einem andern von ihnen zur Deckung
gelangt.
Die hiermit geschilderte Auffassung des Molekelgitters,
welche getreu der bisherigen Anschauungsweise entspricht,
ist nicht die einzige, welche möglich ist. Im Gegentheil, wir
werden sofort den Nachweis erbringen, dass noch eine zweite
Auffassung des aus den Theilmolekeln gebildeten Molekel-
haufens zulässig erscheint; gerade sie ist es, welche auf natür-
1) Dies entspricht yollsiändig den Ansichten Bravais". Man ver-
gleiche besonders folgende Stelle der ^tndes cristallographiques, S. 204.
A la Y^ritä, on pent objecter, qae la difficnlt^ d'expliqner IMtat sym^-
triqne des Assemblages cristallinB est simplement- recul^e, et qa^il reste
ä faire voir ponrqnoi If poly^dre mol^culaire est symätriqne. La thäorie
atomiqne foumit une r^ponse tonte prete ä. cette derni^re demande, es
nons montrant chaque mol^cnle d'un corps comme compos^e d'un nombre
fini d^atomes de diff^rentes esp^ces. D^jä par des consid^rations d'nn
tont autre ordre, Ampere ^tait arrivä, en 1814, ä ce r^saltat qne le poly-
edre mdläcnlaire deyait etre form^ d'atomes dispos^es symdtriqnement
antonr de son centre de grayitä . . .
Ferner a. a. 0. S. 194: Nons abordons maintenant nne qnestion
plus ddlicate, celle de la structure moleculaire et par lä. nons entendons
la disposition gäom^triqne des ^l^ments qni constituent - la moMcnle
autour de son centre de gravi t^.
- 323 —
lichem Wege zu derjenigen Conception hinleitet, welche deu
Grundgedanken der an Wiener und Sohncke anschliessen-
den Theorieen bildet
Hierzu 'bedarf es nur des einfachen GedankeuS; die Theil-
molekeln als die eigentlichen Bausteine der Krystallsubstanz
zu betrachten. Dadurch erhalten wir einen Molekelhaufen^
welcher aus lauter gleichartigen Elementen m besteht. Unter-
suchen wir, wie sich von dieser Idee aus die Structur des
Molekelhaufens beschreiben lässt. Fassen wir zu diesem Zweck
zwei verschiedene Hauptmolekeln fi und fi in's Auge, deren
Mittelpunkte die Gitterpunkte P und P' sind. Die Molekeln
fi und ft bestehen resp. aus den Bestandtheilen '
f», Wi, IW2, . . :nix—i •
und
w', m/, Wg , . . . fnx—i .
Die Symmetrie des Molekelhaufens bedingt, dass er Deck-
operationen besitzt, welche m mit allen in der ersten Reihe
aufgeführten Theilmolekeln zusammenfallen lassen. Femer
giebt es eine Deckschiebung des Molekelhaufens, welche fi mit
fi zur Coincidenz bringt. Wir dürfen festsetzen, dass die Be-
zeichnung der Theilmolekeln so gewählt ist, dass dabei m auf
m faUt. Nun hat aber der Molekelhaufen gegen P' die gleiche
Symmetrie wie gegen P; es giebt daher auch solche Deck-
operationen desselben, welche die Theilmolekel m' der Reihe
nach mit den sammtlichen Bestandtheilen zur Coincidenz
führen, aus denen ft' besteht. Durch Verbindung der obigen
Deckschiebung mit den eben genannten Deckoperationen ist
es daher möglich, die Theilmolekel m der Reihe nach mit
aUen Theilmolekeln von ^' zusammenfallen zu lassen. Nun
sind fi und ^' ganz beliebige Theilmolekeln, folglich kann der
Molekelhaufen so in sich übergeführt werden, dass die be-
liebig herausgegriffene Theilmolekel m in irgend eine andere
Theilmolekel übergeht. Dies heisst aber nichts anderes, als
dass auch die sammtlichen Theilmolekeln m ein System regel-
mässig vertheilter Korperelemente bilden, dessen Regelmässig-
keit ebenfalls darin besteht, dass jedes von der Gesammtheit
aller übrigen auf gleiche Weise umgeben ist
21*
— 324 —
Die Differenz dieser Auffassung gegen diejenige von Bra-
Tais liegt darin, dass, wenn die Theilmolekel m als letzte
Einheit des Aufbaues betrachtet wird^ nicht mehr alle Indi-
viduen parallel orientirt sind, und dass die Theilmolekel m
nach Form und Qualität keinerlei Beschränkungen mehr unter-
liegt. Die Brayais'sche Theorie verlangt nämlich nur, dass
der Eorpercomplex^ welcher die Molekel fi bildet, die Sym-
metrie Gfi besitzt, von der wir ausgegangen sind. Diese Sym-
metrie beruht aber ausschliesslich auf der Anordnung seiner
Elemente; es besteht daher in der That fär die Natur der
Theilmolekel m keinerlei Bedingung. Ferner entstehen die
sämmtlichen Theilmolekeln, welche die Molekel fi repräsen-
tiren, wenn^ eine von ihnen, also z. B. w, den Operationen
der Gruppe (r^ unterworfen wird. Alle diese Operationen
sind aber Drehungen, Spiegelungen u. s. w., sie müssen
daher im Allgemeinen, und bei beliebiger Form der Theil-
molekel m sogar immer, ihre Orientirung verändern; parallele
Orientirung stellt sich nur dann ein, wenn die Ortsverände-
rung eine Translation ist. Damit ist die obige Behauptung
erwiesen.
Hiermit sind wir auf einfachem Wege zu einer zweiten
allgemeineren Art regelmässiger Molekelhaufen hingeleitet
worden. Die so gewonnene Eenntniss legt es nahe, zu prüfen,
ob sie etwa die einzigen regelmässigen Molekelhaufen sind,
bei welchen eine parallele Orientirung der einzelnen Bausteine
nicht mehr vorhanden ist, oder ob es noch andere giebt. Mit
andern Worten, es entsteht die Aufgabe, alle regelmässigen
Mölekdhaufen der genannten Art m ermitteln und m unter-
suchen j ob sie sich gleichfalls für eine Structuriheorie verwenden
lassen, welche für edle 32 KrystaUarten ein übereinstimmendes
Gesetz des Aufbaues ergiebt.
Dieser Frage werden wir nun näher treten. Wir schicken
das Resultat der Betrachtung voraus. Es sagt ans, dass die
aus den Bravais'schen Molekelgittern abgeleiteten Molekel-
haufen nur den speciellsten Fall der allgemeinsten Molekel-
haufen darstellen, und dass die auf letztere gegründete
Structurtheorie vom geometrischen Standpunkt aus eine ebenso
- 325 -
vollständige und befriedigende Darstellung der Krystallsubstanz
giebt^ wie die Bravais'sche.
Bemerkung. Mit derjenigen Auffassung der Bravais'-
schen Theorie, welche die Molekeln durch Atomgruppen er-
setzt, stimmt diejenige Theorie im Princip überein, welche in
der letzten Zeit von L. Wulff in der Zeitschrift für Krystallo-
graphie dargestellt worden isi^) Den Ausgangspunkt der
Wulff'schen Betrachtungen bildet die Frage, welche um ein
begrenztes regelmässiges Punktsystem gelegten Ebenen als
Erystallflächen auftreten können; wie man sieht, steht also
die Bevorzugung der geometrischen Eigenschaften der Krystall-
substanz im Vordergrund. Werden auch die Erörterungen an
die eben definirten Molekelhaufen allgemeinster Art ange-
schlossen, so läuft doch das Ergebniss der Wulff' sehen Unter-
suchungen darauf hinaus, nur denjenigen Molekelhaufen die
Fähigkeit zuzusprechen, die Krystalle zu repräsentiren, welche
in dem oben dargelegten Sinn auch als Bravais'sche Molekel-
gitter aufgefasst werden können. Die Atomgruppen, welche
von Wulff zum Aufbau der Krystalle verwendet werden, sind
mit den Bravais^schen Punktgruppen resp. Atomcomplexen
völlig identisch; die Differenz liegt im wesentlichen in der
Bezeicbnungsweise.^)
1) Vgl. besonders: Ueber die regelmässigen Panktsysteme, a. a. 0.
Bd. 13. S. 503 ff.
2) Vgl. hierzu Sohncke's Bemerkungen zu Herrn Wulffs Theorie
der Kiyst^structur, Zeitschr. f. Kryst. Bd. 14. S. 417.
Fünftes Capitel.
Die Zusammensetzung beliebiger räumlicher Operationen.
§ 1. Aequivalenz und Znaammensetaiung von Be We-
ggängen. Um eine Darstellung derjenigen Structurtheorieen zu
geben, welche sich auf deA Wiener-Sohncke'schen Grund-
gedanken aufbauen, bedarf es einiger vorbereitenden Sätze
über beliebige räumliche Operationen und ihre Zusammen-
setzung. Wir beginnen mit der Betrachtung der Bewegungen.
Es seien Si und S2 irgend zwei verschiedene Lagen eines
Korpers S. Der Uebergang des Körpers aus der Lage 5| in
die Lage ^2 kann auf mannigfache Art durch Bewegung ver-
mittelt werden. Alle diese Bewegungen bezeichnen wir als
äquivalent, d. h. wir definiren, analog zu S. 21:
Bewegungen heissen äquivalent, wenn sie ein Bautngebilde
aus einer Lage S^ in die nämliche Lage S^ überführen.
Die Bewegungen kommen für das Folgende im Wesent-
lichen nur als Deckoperationen eines Raumgebildes resp. als
Zeichen für die Symmetrieeigenschaften des Gebildes in Frage.
In dieser Hinsicht hat der Weg, welcher bei der Bewegung
durchlaufen wird, keinerlei Bedeutung. Wir dürfen ihn so ein-
fach wie möglich annehmen.
Um die einfachsten räumlichen Bewegungsarten abzuleiten,
ist es zweckmässig, sofort den Begriff der zusammengesetzten
Bewegimg einzuführen. Gelangt der Körper S aus der ersten
Lage Si in eine zweite Lage S^, und dann in Folge einer
neuen Bewegung in eine Lage S^, so giebt es auch Bewe-
gungen, welche den Körper direct von Sj nach S^ überführen.
Eine solche Bewegung heisst zusammengesetzte oder resul-
tirende Bewegung; bie beiden ersten Bewegungen heissen ihre
- 327 -
Companenten. Dasselbe gilt augenscheinlich fCLr beliebig viele
auf einander folgende Bewegungen; d. h. es besteht der
Lehrsatz I. Beliebig viele auf einander folgende Bewegungen
sind stets einer eineigen Bewegung äquivalent. Die letztere heisst
gusammengesetete oder resuUirende Bewegung^ die einzdnen Be-
wegungen heissen ihre Componenten.
Es kann yorkommen, dass die Endlage S^ des Körpers S
mit der ersten Lage S^ identisch ist^ und das gleiche kann
bei der Zusammensetzung beliebig vieler Bewegungen ein-
treten. Eine resultirende Ortsveränderung des Körpers ist
dann nicht mehr vorhanden; wir sprechen aber auch in diesem
Fall von einer resultirenden Bewegung und sagen , dass sie
die Grosse Null hat (vgl. S. 22).
Die evidente Thatsache, welche der vorstehende Satz ent-
häli^ haben wir deshalb besonders ausgesprochen, weil wir an
sie die EinfOhrung derjenigen Bechnungssymbolik anknüpfen
wollen, welche wir im ersten Abschnitt fQr Drehungen um
einen Punkt mit Vortheil benutzt haben. In der Schluss-
bemerkung von Cap. II (S. 42) ist darauf hmgewiesen worden,
welches die nothwendige und hinreichende Bedingung dafür
ist, dass sich die Uebertragung des Productbegriffes auf die
Zusammensetzung irgend welcher Operationen ausfahren lässt.
Als solche ergab sich einzig und allein der Umstand, dass die
Folge von zwei Operationen einer Operation derselben Art
äquivalent ist, wie z. B. die Folge von zwei Drehungen um
einen Punkt immer wieder eine Drehung um diesen Punkt
giebt. Da nun die Folge von zwei beliebigen räumlichen Be-
wegungen stets eine räumliche Bewegung ist, so leuchtet ein,
dass auch auf sie der Productbegriff, resp. die zugehörige
Bechnungssymbolik ausgedehnt werden kann. Wirdefiniren also:
Unter dem Product zweier nach einander eintretenden räum-
lichen Bewegungen % und S5 verstehen toir jede Bewegung 6,
ujdche den Bewegungen % und 93 zusammen äquivalent ist.
Da die in Cap. II des ersten Abschnittes aufgestellten
allgemeinen Sätze ausschliesslich auf dem Productbegriff be-
ruhen, so bleiben sie sämmtlich für das Rechnen mit be-
liebigen Bewegungen in Kraft.
— 328 —
§ 2. Vertansohbare Bewegongen. Tritt erst die Be-
wegung % und dann S3 ein, so drücken wir dies durch die
Gleichung
aus; wenn dagegen erst die Bewegung S3 und dann S( erfolgt,
so schreiben wir, indem wir die resultirende Bewegung S,
nenneU;
Die Bewegungen (S und S^ sind im Allgemeinen nicht äqui-
valent.
Tritt der besondere Fall ein, dass S und (S^ äquivalente
Bewegungen vorstellen, so sollen 31 und S3 vertauschbare Be-
wegtingen heissen. Für sie stellen sich, wie der S. 41 ab-
geleitete Lehrsatz IX zeigt, gewisse Vereinfachungen der
Bechnungsregeln ein. Ihre Eenntniss ist jdaher von Wichtig-
keit; aus diesem Grunde führen wir diejenigen von ihnen, mit
denen wir im Folgenden öfters zu thun haben, hier an.
Lehrsatz II. Translationen sind vertauschbare Operationen.
Die in diesem' Satz ausgesprochene Thatsache ist bereits
in Cap. II, § 2 und 3 ausführlich erörtert worden.
Wir werden für das Folgende die Translationsbewegungen,
wenn wir sie der Rechnung unterwerfen, durch % bezeichnen.
Dies entspricht dem Umstand, dass wir für alle räumlichen
Operationen bisher grosse deutsche Buchstaben benutzt haben.
Von der Translation als Bewegung ist diejenige geometrische
Strecke zu unterscheiden, welche nach Grösse und Richtung
die Translationsbewegung darstellt; sie soll nach wie vor durch
r oder t bezeichnet werden. Demgemäss stehen sich % und t
resp. t als Translationsbewegung und als Trandationsstrecke
gegenüber, jedoch so, dass die eine durch die andere voll-
ständig bestimmt ist Der Sprachgebrauch pflegt beide in-
haltlich verschiedenen Begriffe meist kurz mit demselben Wort
„ Translation '^ zu bezeichnen. Hiervon ist in dieser Schrift
bereits vielfach Anwendung gemacht worden. Dies soll auch
fernerhin geschehen und ist um so mehr zulässig, als irrige
Folgerungen wegen der innigen Beziehung der Grössen % und
r zu einander völlig ausgeschlossen sind. In der That, alles
- 329 —
was sich über Zusammensetzung der Translationsbewegungen
aussagen läs'st, gilt analog auch von den zugehörigen Trans-
lationsstrecken und umgekehrt
Allerdings scheint sich sofort der Einwand aufzudrängen,
dass wir f&r das Rechnen mit den Translationsbewegungen %
die MuUiplication benutzen^ während gemäss dem Inhalt von
Cap. II dieses Abschnittes die Rechnung mit den Translations-
strecken t der geometrischen Addition unterliegt. Dies bildet
jedoch nur scheinbar eine Differenz. Von den Rechnungs-
regeln, welche die Multiplication betreffen, kommen nämlich
iiir die Zusammensetzung der Bewegungen nur diejenigen
Sätze in Betracht, welche analog auch für die Addition be-
stehen, oder vielmehr einzig und allein der Satz, welcher im
Cap. II des ersten Abschnittes unter Lehrsatz II (S. 36) auf-
geführt ist und das associative Gesetz genannt wird. Es würde
daher auch zulässig gewesen sein, sich für die Zusammen-
setzung der Bewegungen sowie aller räumlichen Operationen
der Addition zu bedienen. Dies scheint sogar dem natürlichen
Denken näher zu liegen, als die Verwendung der Multiplication.
Wenn es dennoch vorgezogen wird, eine solche Rechnungs-
symbolik einzuführen, welche der Multiplication entspricht,
so liegt der Grund in formalen Gesichtspunkten, besonders
darin, dass sich, wie der Inhalt des ersten Abschnittes zur
Genüge beweisen dürfte, dadurch eine grossere Einfachheit der
Formeln und der Rechnung erzielen lässt. Andrerseits bietet
aber für die Zusammensetzung der geometrischen Strecken
der Additionsbegriff eine grössere Durchsichtigkeit und ist
daher für das Rechnen mit Translationsstrecken oben bei-
behalten worden. Wir sind hierauf etwas ausführlicher ein-
gegangen, weil es geboten schien, die bezüglichen Verhält-
nisse von allen Unklarheiten und scheinbaren Differenzpunkten
zu befreien.
Mit Anwendung der Bezeichnung % besteht nun, wenn
X| und %^ irgend zwei Translationen sind, die Gleichung
A'i '*'2 *^^ ^t '*'! >
während die entsprechende Gleichung für dieTranslationsstrecken
— 330 —
ist.
Lehrsatz DI. Eine Drehung Sl(a) um eine Axe a, und
eine Translation %a längs dieser Axe sind vertauschbare Ope-
rationen; d. h. es ist
Beweis. Es sei (Fig. 36) ^^ die Anfangslage eines Punktes,
Fig.s6. Ä^ seine Lage nach der Drehung um die Axe a,
und A^ der Ort^ an welchen er 'von Ä^ aus durch
die Translation %a gelangt. Gonstruirt man die
Geraden A^A^ || A^A^, und A^A^ \ A^A^^ so legt
der Punkt -4^ bei der Translation %a den Weg
A^A^ zurück und gelangt vermöge der dann fol-
genden Drehung um die Axe a nach A^. Dies gilt
für jeden Punkt, und damit ist der Satz bewiesen.
§ 3. Einfachste Fälle der ZusammensetBiuig von Be-
wegungen. Wir schicken diesen Untersuchungen die Bemer-
kung voraus, dass, wie in der Anmerkung von S. 66 bewiesen
worden ist, jede räumliche Bewegung durch die Bewegung von
drei Pwiikten resp. einer Ebene bestimmt ist.
Es seien nun a und b zwei parallele Axen, um welche
nach einander Drehungen stattfinden; der Drehungswinkel für
jf. 3^ beide Axen sei o, aber die Drehungen um
a und b sollen im entgegengesetzten Sinn
erfolgen, und zwar sei — cd der Drehungs-
winkel für die Axe a. Man denke sich
^i ^ eine zu a und b senkrechte Ebene £,
welche (Fig. 37) die Axen a und b in A
resp. B schneidet; diese Ebene bewegt sich während beider
Drehungen in sich selbst, durch ihre Bewegung ist daher die
resultirende räumliche Bewegung bestimmt. Nun bleibt der
Punkt A bei der Drehung um a an seiner Stelle und gelangt
durch Drehung um b in eine Lage A^y so dass
BA = BA^ und ABA^ == co
ist. Kommt B durch Drehung um a in einen Punkt B' und
dann durch Drehung um b in den Punkt jBj, so ist
— 331 -
BÄB' — B'BB^ = (o.
Demnach ist auch
ÄA^ = BB' = BB^,
d. h. die von Ä nnd B bei der resultirenden Bewegung durch-
laufenen Wege sind gleich und paralleL Die Bewegung der
Ebene £ ist daher eine Translation^ welche nach Länge und
Richtung durch ÄÄ^ resp. BB^ dargestellt ist Dasselbe gilt
mithin von der räumlichen Bewegung selbst; also folgt:
Lehrsatz IV. Zwei Drehungen um parallele Axen von glei-
chem, aber entgegengesetztem Drehungsunnkel sind einer eu den
Axen senkrechten Translation äquivalent.
Die Grosse und Richtung der Translation wird durch die
Gleichung
AA^ ^ 2 AB sin ^
dargestellt. Bezeichnen wir die um die Axen a und b statt-
findenden Drehungen resp. durch %{ — co) und S3((d) und die
zu ihnen senkrechte Translation durch SC, so besteht dem
Satze gemäss die Gleichung
1) a(-cD).s5(ö,) = a;.
Multipliciren wir diese Gleichung auf beiden Seiten links mit
^(coi), so folgt, da sich die Drehungen ?1(cd) und ?[( — cai)
aufheben,
2) a3(co) = a(o).a;.
Ebenso folgt durch rechtsseitige Multiplication mit 35 (—o)
3) 8l(— ö) = 2;S5(-ö),
es ist also auch
3») 2l(ai) = 3:'S5(co).
Diese Gleichungen führen zu folgendem
Lehrsatz V. Jede Botation kann durch eine Rotation vom
gleichen Winkel um eine beliebige parallele Axe, und eine zur
Axe senkrechte Translation ersetzt werden, und umgekehrt. Die
1) In der Figar fehlen die Geraden AB' und BA^,
Ist CO =^%, so ist
- 332 —
Translation kann sowohl nach als vor der Jtotalion vorgenommen
werden.
Es bedarf kaum des Hinweises^ dass die Lage der Axe
sowie die Translation sich ändern, je nachdem erst die Ro-
tation oder erst die Translation eintritt Für solche Rotatio-
nen, deren Drehungswinkel einen der vier Werthe
hat, lassen wir die Bestimmung der dem Satz IV entsprechen-
den Translation r hier folgen.
und zwar liegt der Punkt Ä^ (Fig. 38) auf der Geraden AB]
es ßillt also r in die Verbindungsebene von a und b.
Fig. 88.
A B Äi
Ist CD = 120«, so wird (Fig. 39) ^)
AA, = 2 AB sin y — AB]/Z.
Das Dreieck AA^B ist daher der dritte Theil eines gleich-
seitigen Dreiecks, welches AA^ zur Seite und B als Mittel-
punkt hat.
Fig. 40.
Ist CD = 90^ 80 wird (Fig. 40)*)
AA^ = 2 AB sin 1^ = AB^,
d. h. AA^B ist ein gleichschenkliges und rechtwinkliges
Dreieck.
1) Id der Figur sind die Punkte J.j und B zu vertauchen.
2) Vgl. die vorstehende Anmerkung.
— 333 —
Endlich wenn o = 60^ ist, so ist (Fig. 41)
d. h. AA^B bildet ein gleichseitiges Dreieck.
Hiermit ist, wie die Gleichung 2) erkennen lässt, zugleich
die umgekehrte Aufgäbe gelöst, die Axe b der Drehung S3 0u
finden, welche mit der Drehung % und der Translation % äqui-
valent ist Diese Aufgabe ist, wie wir später sehen werden,
von bedeutender theoretischer Wichtigkeit.
§ 4. Die Sohranbenbewegtiiig. Der im vorigen' Para-
graph enthaltene Satz V führt zu wichtigen Folgerungen all-
gemeineren Characters. Wir denken uns jetzt ein Product,
das ausser beliebigen Translationen eine Drehung S((a;) um
eine Axe a enthält; es wird die Form haben
Wir bezeichnen die resultirende Bewegung durch 9i. Nun ist
das Product der ersten n Translationen stets einer einzigen
Translation äquivalent, und ebenso das Product der letzten m
Translationen. Bezeichnen wir dieselben durch SC, resp. SC',
so folgt
Gemäss Cap. II, 2 dieses Abschnittes lässt sich % in zwei
Translationen %a und SC» zerlegen, die resp. parallel und senk-
recht zur Axe a sind, und ebenso %'] die Reihenfolge dieser
Translationen ist überdies beliebig, also folgt
Nach dem vorstehenden Satz ist aber das Product der mitt-
leren drei Bewegungen durch eine Drehung Sli(a) um eine
zu a parallele Axe a^ ersetzbar, folglich erhalten wir
Da nun nach Satz III %a und ^^ vertauschbar sind, so er-
giebt sich schliesslich
WO %a ^ine niit a^ parallele Translation ist. Also folgt:
- 334 —
Lelirsatz VI. Jedes Produd atis einer Drehung ä(a) um
eine Axe a und beliebig vielen Translationen ist dem Product
aus einer Drehung um eine parallele Axe vom gleichen Winkel
und einer mr Drehungsaxe parallelen Translation äquivalent
Lehrsatz VII. Durch Multiplication einer Drehung mit be-
liebigen Translationen wird die Axenrichtung und der Drehungs-
Winkel nicht geändert.
Der vorstehende Satz bildet dasjenige Hilfsmittel, welches
uns in den Stand setzt, eine einfache Form für jede räumliche
Bewegung zu ermitteln.
Es seien S^ und S^ irgend zwei Lagen eines Körpers S,
und Ai resp. A^ die zwei entsprechenden Lagen eines Punktes
A von S, Man lasse zunächst eine Translation X eintreten,
welche nach Grosse und Richtung durch die Strecke A^A^
bestimmt ist-, sie führt den Körper S in eine solche Lage,
dass der Punkt A^ auf A^ fallt, also in seine Endlage gelangt
Um daher den Körper S selbst in die Endlage S^ zu bringen,
bedarf es nur noch einer Drehung 9( desselben um eine durch
A2 gehende Axe a. Nun können wir die Translation % wieder
in zwei andere zerlegen, von denen die eine parallel zur Äxe a
läuft, die andere senkrecht zu ihr gerichtet ist. Nennen wir
sie %n und X«, so besteht die Gleichung
Aber nach Satz V ist %n^ einer Drehung um eine zu a pa-
rallele Axe a^ äquivalent; folglich ergiebt sich schliesslich
d.h.
Lehrsatz VIII. Jede Ortsveränderung allgemeinster Art kami
durch eine Translation und eine Drehung um eine mr Trans-
lation parallele Axe vermittelt toerden.
Der Herleitung nach hat zuerst die Translation und dann
die Drehung einzutreten. Die Aufeinanderfolge beider Be-
wegungen ist aber, wie in Satz H bewiesen, vertauschbar.
Es ist daher auch gestattet, beide Bewegungen gleichzeitig
eintreten zu lassen. Gehen dieselben überdies gleichförmig
vor sich, und zwar so, dass sie gleichzeitig beginnen und
- 335 —
endigen y so verschmelzen sie zu einer Schraubenbewegung um
die Äze a. Die Translation bestimmt die Ganghohe der
Schraubenbewegung, d. h. den Abstand zweier Schrauben-
windungen von einander; die zugehörige Strecke werden wir
die Transloitionscomponente nennen. Wir gelangen damit zu
folgendem
Hauptsatz I. Jede Ortsveränderung aUgemeinster Art eines
Körpers 8 kann dadurch vermittelt werden^ dass derselbe ge-
zwungen wirdy eine bestimmte Schraubenbewegung um eine ge-
wisse Gerade .des Raumes cds Äxe auszufuhren.
Die Schraubenbewegung, deren Axe a, deren Drehungs-
winkel d resp. a ist^ und deren Translationscomponente darch
die geometrische Strecke t dargestellt wird, bezeichnen wir
Ton nun an durch
SC((D,0 resp. %{a^t).
Die Art der Schraubenbewegung sowie der zugehörigen
Schraube ist durch die Länge derjenigen Translation be-
stimmt, welche einer Drehung um 2% entspricht, d. h. durch
die Ganghohe der bezOglichen Schraube. Bezeichnen wir sie
durch Py so besteht die Proportion
p: 2ä = ti cj.
üebrigens kommt die Grosse p fQr unsere Zwecke kaum in
Frage.
Bemerkung 1. Der vorstehende Satz ist folgender-
massen zu verstehen. Sind S^ und S^ zwei verschiedene Lagen
des Körpers S, so ist durch sie eine Axe a, ein Winkel cd,
eine Strecke ty und damit auch der Parameter p vollständig
bestimmt.^) Man wähle sich nun eine Schraubenmutter nebst
Schraubenspindel so aus, dass ihre Ganghöhe, d. h. der Ab-
stand zweier Schraubenwindungen von einander die Länge p
hat, und bringe dieselbe in eine solche Lage, dass die Schrauben-
axe mit der Geraden a^ des Raumes zusammenfällt Wird nun
der Körper S^ mit der Schraubenspindel fest verbunden, wird
1) Für die Construction dieser Gröseen verweise ich, da sie für
nns keine Bedentnng hat, aaf die Lehrbücher über Kinematik resp.
Mechanik.
- 336 —
sodann die Schraubenmutter im Raum festgehalten ^ dagegen
die Schranbenspindel um die letztere herumbewegt, so geht
dabei der mit der Schranbenspindel verbundene Körper Si
nach der Drehung um den Winkel cn in den Körper S^ über.
Bemerkung 2. Es giebt bekanntlich zwei verschiedene
Arten von Schraubenbewegungen , links geumndene und redUs
gewundene. Um sie zu definiren« denken wir uns in einer Axe a
die beiden Enden als positiv und negativ unterschieden und
den positiven Drehungssinn in irgend einer Weise festgelegt;
um die Begriffe zu fixiren, nehmen wir an, dass für einen
Beobachter die positive Drehung der Bewegung des Uhrzeigers
entspricht, während die positive Axenrichtnng mit der Rich-
tung von dem Kopf nach den Füssen übereinstimmt. Ist nun
der Winkel a und die Translationscomponente t gleichzeitig
positiv ; so verlaufen die Schraubenwindungen von links oben
nach rechts unten; und wenn a und t beide negativ sind, so
stellt sich dieselbe Lage der Schraubenwindungen ein. Wenn
dagegen a und t verschiedene Vorzeichen haben, so verlaufen
die Schraubenwindungen von rechts oben nach links unten.
Im ersteren Fall nennen wir die Schraube rechts gewunden, im
letzteren links gewunden}) Die Schrauben stimmen his auf den
Windungssinn in allen geometrischen Eigenschaften überein,
sie verhalten sich zu einander, wie ein Körper und sein Spiegel-
bild, resp. toie zwei enantiomorphe Krystdlle. Sie können daher
durch Bewegung nicht zur Deckung gebracht werden. Durch
«(«,0 und «(— a,-^)
resp. durch
«(«,—0 lind «(— «,0
werden die beiden Schraubenbewegungen dargestellt.
Da die Schraubenbewegung sich als allgemeinster Typus
räumlicher Ortsveränderungen herausgestellt hat, so muss sie
die speciellen Bewegungen, nämlich Tr^slation und Rotation,
unter sich enthalten. In der That geht sie in die erstere resp.
letztere über, je nachdem der Drehungswinkel o oder .die
Translationscomponente t den Werth Null hai
1) Dies Btimmt mit dem gewöhnlichen Sprachgebrauch überein.
-^ 33? -
Der Satz über die Schranbenbewegung ist auf Giulio Mozzi
(1765) zurückzuftlhren. VgL darüber Giorgini, Memorie di mat.
della SOG. ital. delle scienze, Modena, 1836, S. 47. Er scheint aber
sehr bald in Vergessenheit gerathen zu sein und wurde erst im
Jahre 1830 von Ohasles neu entdeckt. Vgl. Bull, des sciences
math. de F^russac, Bd. 14, 8. 324. Für unendlich kleine Bewe-
gungen hatte ihn drei Jahre zuvor Cauchj abgeleitet; vgl. Exer-
cises de math., Bd. 2, S. 87 (1827).
§ 5. ZTuammexisetBnng von Sohraubenbewegnngen. Die
in den vorstehenden Paragraphen über Drehungen abgeleiteten
Satze gelten in analoger Form auch von den Schraubenbewe-
gungen« .Um dies einzusehen, braucht man sieh nur zu ver-
gegenwärtigen, dass einerseits die Schraubenbewegung in eine
Drehung und eine Translation nuflosbar ist, und dass andrer-
seits gemäss Satz VU die Translation für die Richtung der
A.xe und die Grosse des Drehungswinkels nicht in Frage
kommt Im besondem lässt sich daher dem Satz VII der
folgende analoge Satz zur Seite stellen:
Lehrsatz IX. Durch MuÜiplication einer Sciwavibenbewegung
mit hdidngen Translationen wird die Axenrichtung und der
Drehungswinkel nicht geändert.
Eine Aenderung kann daher nur die Translationscompo-
nente und die Lage der Axe erleiden. Um dies zu prüfen
gehen wir auf die Entwickelungen von § 4 zurück. Ist %(a,t)
eine beliebige Schraubenbewegung, und %^ eine beliebige
Translation, so setzen wir
I
und zerlegen X,, wie in § 4, parallel und senkrecht zu a in
%a und %n, alsdann folgt
%{a,t)%,=n%%a%n
und daraus ergiebt sich gemäss Lehrsatz V
Das rechts stehende Product ist eine Schraubenbewegung um
die Axe aj, deren Translationscomponente ^ + ^a ist. Beachten
wir nun, dass die Lage der Axe a^ nur von %n abhängt, so
Sohoenfliei, KryaUdlBtructur. 22
— 338 -
dass sich dieselbe Axe a^ einstellen würde , wenn % and %a
nicht vorhanden wären^ so folgt:
Lehrsatz X. Bei der Multiplication einer Schraubenhewegung
um a als Äxe mit einer Translation von der Länge t^ ändert
sich die Translationscomponente der Schraubenbewegung um die
Protection von ^ auf a. Die Lage der resuUirenden Axe a^ ist
von der Translationscomponente der Schraubenhewegung unab-
hängig.
Dieser Satz gilt selbstverständlich auch, wenn a eine
Drehungsaxe ist Es stellt sich also dieselbe Axe a^ ein^
gleichviel ob a eine Drehungsaxe oder eine SchraubjBnaxe ist
Die in § 3 angestellten Rechnungen , welche die Lage der
Axe a^ zu bestimmen gestatten, wenn die Axe a und die zur
Axe senkrechte Translation % bekannt sind, gelten also ohne
jede Aenderung auch für die Lage der Schraubenaxen.
Wir fassen jetzt irgend zwei beliebige Schraubenbewe-
gungen
a(a,^a) und JBOJ,^)
in^s Auge, deren Axen die Geraden a resp. b sind. Werden
sie hinter einander ausgeführt, so ist die resultirende Orts>
Veränderung ebenfalls einer Schraubenbewegung äquivalent;
dieselbe finde um eine Axe c statt und werde durch
©(y,fe)
bezeichnet, so dass die Gleichung
besteht. Für die Lage der Axe c und den Drehungswinkel y
gilt ein wichtiger Satz, den wir jetzt ableiten wollen. Be-
zeichnen wir zu diesem Zweck die um die Axen a resp. b
stattfindenden Drehungen durch W und 93', so dass
%(a,ta) = WZa^ZaW
gesetzt werden kann, so ergiebt sich
Ist nun 0 ein beliebiger Punkt des Raumes und sind a^, 6j
zwei durch ihn gehende Axen, die zu a resp. b parallel sind,
— 339 —
80 kann nach Satz V jede der Drehungen Sl' und 93' durch
eine Drehung Ä^' resp. SBj' um aj und 6^ und je eine Trans-
lation ersetzt werden , und zwar so, dass die Drehungswinkel
fQr die Axen a^ und b^ wiederum a und ß sind. Wir dürfen
daher
setzen und erhalten
Nun sei ©/ diejenige Drehung, welche nach Cap. I, Satz II
des ersten Abschnitts dem Product der Drehungen %/ und
93/ äquivalent ist, deren Axe c^ also durch den Punkt 0 geht,
so folgt
und nunmehr ergiebt sich gemäss Satz VII, dass die Axe c
der Schraubenbewegung zur Axe Cj parallel und ihr Drehungs-
winkel y mit dem Winkel der Drehung S^' identisch ist.
Damit gelangen wir zu folgendem
Hauptsatz n. Die Axenrichtung und der Drehungswinkel
der restUtirenden Schratibenbewegung hängen nur von den Axen-
richtungen und den Drehungswinkeln der componirenden SchratÄben-
beu^egungen ab. Sie bestimmen sich nach dem Saiß viber die Zu-
sammensetzung von Drehungen, sind also von den Translations-
componenten und von der besonderen Lage der Axen im Räume
Dieser Satz gilt natürlich auch dann, wenn eine oder
beide Bewegungen Drehungen sind. Er ist einer der wichtig-
sten Sätze aus der Lehre von der Zusammensetzung der Be-
wegungen. Er zeigt, dass, wenn es bei der Zusammensetzung
von Drehungen oder Schraubenbewegungen nur auf die Axen-
richtung und den Drehungswinkel der resultirenden Bewegung
ankommt, hierfür einzig und allein die Sätze über die Zu-
sammensetzung einfacher Drehungen massgebend sind, deren
Axen sämmtlich durch einen Punkt gehen.
Wir werden von nun an alle Bewegungen, die in der
Axenrichtung und im Drehungswinkel übereinstimmen, iso-
morphe Bewegungen nennen und bezeichnen dementsprechend
22*
- 340 -
das sich im obigen Hauptsatz aasdrückesde Gesetz als das
Gesetis des Isomorphismus für die Zusammensetzung von Be-
wegungen, Endlich sollen die Äxen der isomorphen Bewegungen
als isomorphe Äxen bezeichnet werden.
Um ein Beispiel zu dem vorstehenden Satze zu geben,
wollen wir zwei Schraubenbewegungen von paralleler Axe
und gleichem Drehungswinkel
%{(o,t) und »(o,^i)
in's Auge fassen und das Product
zu bestimmen suchen. Die zu 33 und S[~"i isomorphen Dre-
hungen sind zwei Drehungen um dieselbe Axe, aber von ver-
schiedenem Drehungssinn; ihr Product ist daher die Identität.
Das Product SSÄ-^ kann daher nur eine Translation sein;
bezeichnen wir sie durch %y so ist
»«-1 = 3;
S5 = aa;.
Die Translation % kann jeden beliebigen Winkel mit den
Schraubenaxen bilden, sie hängt nur von der Lage der Axen
und der Differenz der Translationscomponenten t und t^ ab.
Die vorstehenden Gleichungen bilden das genaue Ana-
logon zu denen, welche wir in § 3 fQr Rotationen abgeleitet
haben; sie stehen überdies in üebereinstimmung mit den im
Eingang dieses Paragraphen ausgesprochenen Sätzen.
Weitere Beispiele sind in § 10 enthalten.
§ 6. Zusammensetanng beliebiger räumlicher Opera-
tionen. Zwei Baumgebilde S und S^y welche einander spiegel-
bildlich gleich sind, können folgendermassen in einander ver-
wandelt werden. Man construire bezüglich einer beliebigen
Ebene e das Spiegelbild S' von S; dasselbe ist mit S^ con-
gruent und kann daher durch Bewegung in die Lage 8^ über-
geführt werden. Zur Herstellung der Coincidenz bedarf es
also einer Spiegelung in Verbindung mit einer Bewegung.
Wir bezeichnen diese Operation als eine allgemeine räumliche
Operation zweiter Art; im Gegensatz hierzu sollen die Be*
— 341 —
wegungen ailgemeifie räumliche Operationen erster Art heissen.
Endlich werden die Operationen erster und zweiter Art mit
gemeinsamem Namen räumliche Operationen oder kurz Opera-
tionen genannt werden. Auch die Zusammensetzung beliebiger
raumlicher Operationen gehorcht den Bechnungsregeln; welche
auf der Einfährung des Productbegrififes beruhen. Jede Folge
räumlicher Operationen führt nämlich den Ausgangskörper S
immer in einen ihm congruenten oder spiegelbildlich gleichen
Körper über, und ist daher in allen Fällen einer einzigen
Operation erster oder zweiter Art äquivalent. Damit ist aber
die fundamentale Thatsache, welche die Anwendbarkeit des
Productbegriffes gestattet, nachgewiesen; wir dürfen daher
folgende Definition aufstellen :
TJfUer einem Product von belid>igen räumlichen Operationen
2 und 2R verstehen wir diejenige Operation 91, welche eintritt,
wenn erst die Operation 2 und dann die Operation 3Jl ausge-
führt wird.
Wir bezeichnen dies wieder durch die Gleichung
Sind £ und 3Jt Operationen zweiter Art, so ist ihr Pro-
duct eine Operation erster Ari Denn verwandelt Ä den Kör-
per S in den ihm spiegelbildlichen gleichen Körper S\ so
fahrt SK den Körper S' in einen mit S congruenten Körper S^
über; d. h.
Lehrsatz XI. Das Product von zwei Operationen zweiter Art
ist stets eine Operation erster Art, d. h, eine Bewegung.
§ 7. Diese Bewegung soll für die einfachsten Fälle, soweit
dies nicht schon im Gap. III des ersten Abschnittes geschehen
ist^ hier bestimmt werden.
Es seien die beiden Operationen zweiter Art zwei einfache
Spiegelungen @ und @^ an den parallelen Ebenen 6 und ö^.
Der Abstand beider Ebenen sei e. um die resultirende Be-
wegung, welche gleich denl Product von © und ©^ ist, zu
bestimmen, genügt es, die Bewegung der Ebene 6 zu er-
mitteln. Nun bleiben alle Punkte von ö bei der Spiegelung @
in Ruhe; in Folge der Spiegelung @^ entsteht aus jedem
- 342 —
ihrer Punkte A sein Spiegelbild A^ bezüglich ö^y und zwar
steht AA^ auf 0 resp. 0^ senkrecht. Femer ist nach Grosse
und Richtung
AA^ = 2c.
Die resultirende Bewegung ist daher eine Translation von der
Grosse 2e. Findet erst die Spiegelung gegen 0^ statt, so hat
die resultirende Translation entgegengesetzte Sichtung. Wir
bezeichnen die Translation AA^ durch %y so gilt die Gleichung
1) ©©1 = 2;.
Multipliciren wir dieselbe noch mit @ resp. @^, so folgt, da
@* = 1 und ©1« = 1 ist,
2) @, = <B% und
3) © = 201,
und dies fahrt zu folgendem
Lehrsatz XII. Zwei Spiegdungen @ und ©^ an den pa-
rallelen Ebenen 0 und 0^ und eine Translation 2, welche gleich
dem doppelten Abstand von 0 und 0^ ist, sind drei Operationen
von der Arty dass das Product von eweien derselben der dritten
äquivalent ist
Damit der Satz für jede Reihenfolge der Operationen
richtig bleibt, haben wir der Translation eventuell die ent-
gegengesetzte Richtung zu ertheilen.
Es sei U eine Umklappung um eine zur Ebene 0 senk-
rechte Axe, welche die Ebenen 0 und 0^ in A und A^ schneidet^
80 ist U^ = 1, also folgt, wenn wir die Gleichung 1) links
mit U* multipliciren,
4) UU©©i = 2.
Aber U und © sind nach Cap. I, VII des ersten Abschnitts
yertauschbare Operationen, also geht diese Gleichung in
5) U@U©i = 2
über. Beachten wir nun, dass U© und U@i gemäss Cap. II,
VIII des ersten Abschnitts die Inversionen 3 resp. 3i g^gen
A und A^ sind, so folgt
33x = 2,
und hieraus ergiebt sich
- 343 -
demnach erhalten wir:
Lehrsatz Xill. Dcls Produd von ztvei Inversionen ist eine
Translation, die gleich dem doppelten Abstand beider Inversions-
centra ist Das Produd aus einer Inversion und einer Trans-
lation ist eine Inversion; der Abstand beider Inversionscentra ist
gleich der Hälfte der Translation.
• Aus Gleichung 2) ergiebt sich, da wieder U* = 1 ist,
oder, da U@ = 3 ist,
®^ = 3U3;.
Nun ist Vi% eine Schraubenbewegung vom Winkel ^, deren
Axe UUi und deren Translationscomponente 2e ist; bezeich-
nen wir sie durch %, so folgt
©1 - 3Sl.
Multipliciren wir diese Gleichungen linksseitig mit 3; so er-
giebt sich
3@i-Sl,
und hieraus endlich folgt durch Multiplication mit ©^
3 = Sl©i.
Dies fährt zu folgendem
Lehrsatz XIV. Eine Spiegelung © gegen 6, eine Inversion 3,
deren Centrum den Abstand e von 0 hat, und diejenige Schrauben-
bewegung vom Winkel sr, deren Axe in e ftUU, ^ ^^
und deren Translationscomponente 2e ist, sind _^ v^'
drei Operationen von der Art, dass das Pro-
dud von evoeien derselben der dritten äqui-
valent ist. r-
Endlich beweisen wir den folgenden /
Lehrsatz XV. JSine Spiegdung und eine
ssur spiegelnden Ebene parallele Translation
7
sind vertauschbare Operationen. l^
Denn gelangt der Punkt A (Fig. 42) ^ ^
durch Spiegelung an der Ebene 6 nach A' und von da durch
die Translation % nach Ai und construirt man das Rechteck
AA^A^A', so ist ersichtlich, dass die Translation mit nach-
- 344 —
folgender Spiegelung den Punkt A über A^ ebenfalls nach
A^ führt.
§ 8. Die typischen Formen der räumlichen Operationen
zweiter Art. Wir wollen noch die Aufgabe lösen ^ die ein-
fachsten Typen der allgemeinen Operationen zweiter Art zu
finden. Bringt die Operation fi den Körper 8 mit dem ihm
spiegelbildlich gleichen Körper S' zur Coincidenz, so seien
A und A' irgend zwei entsprechende Punkte beider Körpf^r.
Man ertheile nun dem Körper S zunächst die Translation
AA' = %\ sie führt A nach A' über, und es bedarf, um S
mit S' zur Deckung zu bringen, nur noch einer solchen Ope-
ration zweiter Art, welche den Punkt A' unverändert lässt.
Diese Operation zweiter Art ist im Allgemeinen einer Spie-
gelung @ in Verbindung mit einer Drehung S( äquivalent^
deren Axe auf der spiegelnden Ebene senkrecht steht Es be-
steht daher im Allgemeinen die Gleichung
2 = 3;«©.
Nun lässt sich aber das Product %% gemäss Lehrsatz YIII
durch eine Drehung um eine mit a parallele Axe a^ und eine
ihr pasallele Translation ersetzen, folglich ergiebt sich für £
ein Ausdruck von der Form
Aber nach Satz Xu ist das Product 3^1 @, da die Translation
zur spiegelnden Ebene senkrecht liegt, einer einzigen Spiege-
lung @| äquivalent, deren Ebene 6^ ebenfalls senkrecht zu a^
ist; also folgt schliesslich
die Operation £ ist daher einer solchen Operation zweiter Art
äquivalent, die einen Punkt unverändert lässt und die wir
früher als Drehspiegelung bezeichnet haben. (Vgl. S. 29.)
Eine Ausnahme in den vorstehenden Schlussfolgerungen
ist nur in dem besonderen Fall möglich, dass die Operation
zweiter Art, welche den Punkt A' unverändert lässt, eine
reine Spiegelung © ist. Alsdann hat fi den Werth
— 345 —
Ersetzen wir nun % durch zwei andere Translationen ^ und
%^, die resp. parallel und senkrecht zur spiegelnden Ebene ö
gerichtet sind^ so folgt
und da ^@ nach Satz XII der Spiegelung @i an einer zu ö
parallelen Ebene 6^ äquivalent ist, so ergiebt sich schliesslich
2 = 2;,©.,
WO die Translation X| der spiegelnden Ebene ö^ parallel läuft.
Beachten wir noch, dass %^ und ©^ gemäss Satz XV yer-
tauschbare Operationen sind, so erhalten wir folgendes Re-
sultat :
Lehrsatz XVL Es giebt ewei verschiedene Typen von räum-
lichen Operationen eweiier Art Entweder sind sie solche Opera-
tionen ßweiter Art, die einen l^nkt unverändert lassen, oder sie
sind einer Spiegeltmg in Verbindung mit einer mr spiegelnden
Ebene parallelen Translation äquivalent. Die Beihenfolge der
Spiegelung und der Bewegung ist für beide Arten von Opera-
tionen beliebig.
Diese beiden Arten von Operationen zweiter Art sollen
durch
©(cd) resp. ©(0
bezeichnet werden, wo (o der Drehungswinkel för die Opera-
tionen vom ersten Typus und t die Translationscomponente
für diejenigen vom zweiten Typus ist. Die Operation ©(o)
ist, wie bereits erwähnt, im ersten Abschnitt (S. 29) Breh-
Spiegdung genannt worden; analog dazu soll die Operation
©(^) eine Gleitspiegelung heissen. Die einfachsten Operationen
@(fi>) sind die Inversion und die Spiegelung; sie entsprechen
den Winkeln a> »» ^ und cj -« 0. Die Spiegelung kann auch
als specieller Fall der Operation ©(^) betrachtet werden,
nämlich als derjenige, welcher dem Werth t'^O entspricht.
Bemerkung. Die typischen Formen der räumlichen
Operationen zweiter Art stehen denjenigen, welche wir für
die allgemeinsten Bewegungen ermittelt haben, parallel zur
Seite. Die bezüglichen Resultate entsprechen sich durch-
gehends. Beide Arten von Operationen theilen sich in zwei
- 346 -
grosse Classen^ in solche, die — mindestens — einen Raum-
punkt unverändert lassen, und solche, fOr welche dies nicht
der Fall ist. Für die Bewegungen wird die erste Classe aus
den Drehungen, die zweite aus den Schraubenhewegungen ge-
bildet; für die Operationen zweiter Art gehört in die erste
Glasse die Spiegelung und die Drehspiegelung @(a)), in die
zweite Classe die Gleitspiegelung © (t). In beiden Fällen be-
stehen die Operationen der zweiten Classe aus einer einfach-
sten Operation der ersten Classe in Verbindung mit einer
Translation; und wie bei der Schraubenbewegung die Trans-
lationscomponente der Drehungsaxe parallel ist, so ist die
Translationscomponente der Gleitspiegelung der spiegelnden
Ebene parallel. Endlich ist die allgemeinste Operation der
zweiten Classe in beiden Fällen dadurch ausgezeichnet, dass
ihre Gomponenten yertauschbare Operationen sind. Dies trifft
sowohl für die Schraubenbewegung wie für die Gleitspiegelung
zu, wie es überhaupt ein Kennzeichen aller typischen Opera-
tionen ist, die sich aus zwei unyerschmelzbaren Bestandtheilen
zusammensetzen.
§ 9. Gesetz des IsomorphismnB für beliebige Opera-
tionen. Wir beweisen schliesslich noch einige Sätze über be-
liebige Operationen, welche den in § 4 und 5 über Bewegungen
abgeleiteten Sätzen analog sind.
Es sei S zunächst eine Operation zweiter Art von der
Form ©(0« Wir multipliciren sie mit beliebigen Trans-
lationen, betrachten also das Product
91 = Ij SCg . . . %n ä%^%^ ... jtm •
Nun sei wieder % das Product der ersten n Translationen,
und X' diejenige Translation, welche den m letzten Trans-
lationen äquivalent ist. Wir ersetzen 2 durch 2,©, wo I, die
Translation von der Länge t bedeutet, und zerlegen % resp.
%' in die Componenten %n, %p, %nj ^p senkrecht und pa-
rallel zur Ebene <r, so folgt
— 347 —
Nan ist aber nach Satz XII das Product %n®%^' der Spie-
gelung @i an einer za 6 parallelen Ebene 6^ äquiyalent,
also folgt
Vertauschen wir endlich %p' und @|y so folgt schliesslich
wo %" eine zur spiegelnden Ebene parallele Translation ist.
Ist zweitens 2 eine Operation ©(cd), also von der Form
SKy so ergiebt sich ein analoges Resultat. Wir gelangen
zunächst wieder zu der Gleichung
Nun ist den vorstehenden Rechnungen gemäss das Pro-
duct der ersten drei Operationen jedenfalls von der Fo/m
@i%p" und das Product der letzten drei Dach Satz VI von
der Form X/'«,, also folgt
Vertauschen wir nun noch 5£/' mit %n" und ersetzen dann
gemäss Satz XII resp. V ©i^«'' durch ©^ und I/'^^i ^^^^^
K^y so ergiebt sich schliesslich
SR = ©,«3.
Die Axe a^ ist zu a parallel, die Drehungswinkel für % und
Stg sind gleich y und die spiegelnden Ebenen von © und ©^
sind ebenfalls parallel. Alsp folgt:
Lehrsatz XVIL Wird eine Operation zweiter Art beliebig
mit Translaiionen mnltiplicirty so unrd dadurch die spiegelnde
Ebene resp. die Drehungsaxe im Allgemeinen verlegt, aber die
Richtung von Axe und Ebene sowie der Drehungsunnkel bleiben
ungeändert.
Dieser Satz steht dem in § 5 abgeleiteten Lehrsatz IX
parallel zur Seite. Es empfiehlt sich daher, auch fiir Opera-
tionen zweiter Art den Begriff des Isomorphismus einzuführen.
Wie wir zu einer Drehung %{a) jede Schraubenbewegung
^(cCft^ als isomorph betrachten, wenn die Axen a und a,
parallel sind, so soll auch die Operation ©i(0 ^^^ Spiegelung ©
- 348 —
isomorph heissen, wenn die Ebenen 6 und öj^ parallel sind u. d.w.
Wir stellen daher folgende allgemeine Definition auf:
Zwei Operationen heissen isomorph , wenn sie in der Rich-
tung der Axe und spiegelnden Ebene^ sowie in der Grösse des
Drehungstmnkels übereinstimmen.
Unter allen isomorphen Operationen sind stets diejenigen
die einfachsten ; die einen Punkt unverändert lassen; ausser-
dem ist klar, dass zu jeder Operation fi erster oder zweiter
Art solche isomorphe Operationen existiren. Wir werden die
letzteren von nun an als Punktoperationen bezeichnen. Ferner
sollen wie oben in § 5 die bezüglichen Axen und Ebenen
der isomorphen Operationen isomorphe Axen resp. isomorphe
Ebenen genannt werden. Endlich ist im besondem zu be-
merken, dass gemäss dem vorstehenden Satz jede mit einer
Inversion isomorphe Operation selbst eine Inversion ist, und dass
alle Translationen unter einander und jede mit der Identität iso-
morph ist. Für die Translation fehlt nämlich sowohl Axe, als
Ebene, als Drehungswinkel; eine analoge Punktoperation ist
aber nur die Identität.
Seien jetzt fi und SD{ irgend zwei beliebige räumliche
Operationen erster oder zweiter Art. Welcher Art auch die
Operation SD? sei, sie besteht, wie § 8 lehrt, aus zwei Theilen,
deren einer eine Translation X^ ist, während der andere SR'
eine Punktoperation ist. Es sei 0 der feste Punkt der Ope-
ration 3R'. Nun sei 0' derjenige Punkt, welcher in Folge der
Operation S nach 0 gelangt, so lässt sich, wie wir in § 3
resp. § 8 gezeigt haben, die Operation £ in allen Fällen durch
die Translation % ersetzen, welche 0' nach 0 überführt, und
durch eine zu ß isomorphe Punktoperation Ä' gegen den
Punkt 0. Also besteht die Gleichung
Nun sei
ß'aR' = SR',
so dass 31' ebenfalls eine Punktoperation gegen 0 als festen
Punkt ist. Wird nun
S2R = SR
— 349 —
gesetzt, so ist
91 = SS«'!,,
also sind 91 und 91' isomorphe Operationen. Die Axenrichtung,
die Ebenenrichtung und der Drehungswinkel der resultirenden
Operation 9^ hängen daher nur von den analogen Elementen
der Operationen 2 und Tl ab. Dasselbe gilt augenscheinlich
für beliebig viele Operationen; also folgt:
Hauptsatz m. Bei der Zusammensetzung beliebiger Opera-
tionen bestimmt sich die Richtung der resultirenden Axe und
Ebene, sowie der resultirende Drdiungsmnkd nadi denselben Ge-
setzen ^ welche die Zusammensetmng der Operationen an einem
festen Punkt regeln.
Dies lässt sich auch dahin aussprechen, dass bei der Zu-
sammensetzung beliebiger Operationen die Art der resultiren-
den Operation von allen Translationen unabhängig ist. Die
letzteren kommen nur fOr die Lage der resultirenden Axe
oder Ebene, sowie ftir die Grösse der bezüglichen Trans-
lationscomponente in Frage.
Das im Hauptsatz formulirte Gesetz wollen wir das Gesetz
des Isomorphismus für die Zusammensetzung beliebiger Opera-
tionen nennen.
§ 10. Beispiele. Nachdem das Gesetz des Isomorphismus
in seiner allgemeinsten Form abgeleitet worden ist, kann die
resultirende Operation in jedem besonderen Fall leicht er-
mittelt werden. Um die dem Product der Operationen 2 und
9R äquivalente Operation 91 zu iSnden, yerfährt man in den
meisten Fällen am zweckmässigsten so, dass man zunächst
auf Grund von Gap. III des ersten Abschnittes die Art der
resultirenden Operation, also die Richtung ihrer Axe und Ebene,
sowie den Drehungswinkel bestimmt, und dann durch Be-
trachtung einiger ausgezeichneten Punkte die noch unbekannte
Lage der resultirenden Axe und Ebene sowie die bezüglichen
Translationscomponenten zu ermitteln sucht. Im Allgemeinen
führt dieser Weg unmittelbar zum Ziel. Einige Beispiele
mögen die Anwendbarkeit der vorstehenden Erwägungen ver-
anschaulichen.
— 350 —
"^ Es seien u und Wj zwei sich unter dem Winkel a kreu-
zende zweizählige Symmetrieaxen ; die zugehörigen Bewegungen
U und Uj sind daher Drehungen um den Winkel x. Die iso-
Fig. 43. morphen Operationen sind Umklappungen um zwei
Axen u und «i', die sich unter dem Winkel a
^ schneiden. Nach Cap. IV, 4 des ersten Abschnittes
ist daher die aus U und U| resultirende Bewe-
B: gung einer Drehung isomorph, deren Axe a zu
u und % senkrecht liegt und deren Winkel 2a
ist. Es ist leicht zu zeigen, dass die Axe a das
^>s..,^ gemeinsame Loth von u und Uj ist. Sind näm-
lich (Fig. 43) Ä und Ä^ die Schnittpunkte von a
mit u und tf^, so sind die Endlagen beider Punkte nach Ein-
tritt der ümklappungen U und Uj auf der Oeraden a ent-
halten; die Gerade a ändert daher ihren Ort nicht und ist
die Schraubenaxe. Da femer Ä während der ümklappung U
seinen Ort nicht ändert und durch die Umklappung U^ in
einen Punkt A^ fallt, so dass ÄA^ =» 2AA^ ist^ so ist
AA^ = 2AA, = t
die Translationscomponente der Schraubenbewegung; d. h.
Lehrsatz XVni. Das Product von jstoei Umlclappungen,
deren Axen u imd u^ sich unter einem Winkel a 1creu0en, ist
eine Scivraubenbewegung vom Winkel 2a, deren Axe in das ge-
meinsame Loth von u und u^ ßüt und deren Translationscom-
ponente das doppelte dieses Lothes ist.
Ein zweites Beispiel sei das folgende. Wie im ersten
Abschnitt, Cap. II, 7, bewiesen wurde, besteht die Gleichung
©©i = a(2a),
wenn @ und ©^ zwei Spiegelungen sind, deren Ebenen 6 und
<T| sich unter dem Winkel a in der Geraden a schneiden.
Setzen wir jetzt ©^ als Gleitspiegelung <B{t) voraus, deren
Translation ^ zu a parallel ist, so ist das Product ©©^ jeden-
falls der Drehung % isomorph. Nun ändert die Schnittlinie a
von 6 und 6^ bei keiner der Operationen © und ©^ ihren
Platz, sie ist daher die Axe der resultirenden Bewegung.
- 351 —
Endlich ist klar^ dass t die bezügliche Translationscomponente
ist. Hieraus ergeben sich leicht die folgenden Sätz6:
Lehrsatz XIX. Bas Product van etoei Operationen @ und
@ (i), deren Ebenen sich unter dem Winkel a schneiden, ist eine
Schratihenbetvegung %{2a,t) um die Schnittlinie der Ebenen
als Axe.
Das Product aus einer Schraiibenbewegung %(2a,t) und
einer Spiegelung , deren Ebene 6 durch die Axe a geht, ist eine
Gleitspiegelung ©j {t\ deren Ebene 6^ mit a den Winkel a bildet.
Das Product aus der Drehung Sl(2a) und der Gleitspiege-
lung ®{t) an der durch a gehenden Ebene 6 ist einer Gleit'
Siegelung @i(0 äquivalent, deren Ebene 6^ durch a geht und
mit 0 den WinJcel a bildet
§ 11. Die transformirten Operationen. Sind S((a) und
99 (ß) Drehungen^ deren Axen a' und b' sich in einem Punkt 0
schneiden, so ist (vgl. S. 186) das Product
wenn b^' diejenige Axe ist, in welche die Axe b' durch die
Drehung um a gelangt. Sind nun
fö(a,ta) und fö(ß,tö)
irgend zwei Schraubenbewegungen, deren Axen a uud b mit
a' und V parallel sind, so folgt zunächst, dass diejenige Be-
wegungy welche durch das analoge Product
dargestellt wird, der Drehung ^^ isomorph isi^
so dass ihre Axenrichtung und ihr Drehungs-
winkel mit der Axenrichtung und dem Drehungs-
winkel von 33/ übereinstimmen. Nun (Fig. 44)
sei bi diejenige Gerade, in welche b durch die
Bewegung % übergeht, so fällt umgekehrt die
Gerade b^ durch die Bewegung Sl~^ mit b zu-
sammen. Die dann folgende Bewegung 93 ver-
schiebt die Axe b in sich selbst, und wenn nun
die Bewegung % eintritt, so gelangt die Gerade 6^, von der
wir ausgingen, wieder in ihre ursprüngliche Lage zurück.
— 352 -
Ist jetzt B^ irgend ein beliebiger Punkt von &i, ist ferner B
derjenige^ Punkt von 6, in welchen B^ durch die Bewegung
Ä""^ übergeführt wird, und sind endlich JB' und B^ diejenigen
Punkte von b resp. b^^ fQr welche der Länge nach
BB' = B,B; = h
ist, so fallt, da es sich stets um Decklagen handelt, der Punkt
B^ in Folge der Bewegungen 81"^, S8 und % augenscheinlich
mit B^ zusammen. Das Product 8l~^S3Sl hat daher die näm-
liche Bedeutung, wie für Drehungen um einen festen Punkt^
und es folgt:
Lehrsatz XX. Das Broduct H-iSB« bedeutet eine Schrauben-
bewegung um diejenige Axe \j in welche die Äxe b in Folge
der Bewegung % übergeht. Drehungswinkel und Translations-
componente haben die gleiche Grösse, toie für die Bewegung
93 selbst
Wir nennen die Bewegung S3i die mit % transformirte
Bewegung 93, oder auch diejenige, welche aus 93 durch Trans-
formation mit 91 hervorgeht Zu beachten ist, dass auch die
Translationscomponente von 93^ diejenige geometrische Strecke
ist, in welche t^ durch die Bewegung Ä übergeführt wird.
Sie stimmt daher mit 4 im Allgemeinen nur in der Länge
überein.
§ 12. Ein gleichlautender Satz gilt für beliebige Opera-
tionen S und SD?. Wir beweisen ihn zunächst, was bisher
noch nicht geschehen ist, für Operationen in Bezug auf einen
festen Punkt 0. Die Punktoperationen S' und SK' sind an
irgend welche durch 0 gehende Axen oder Ebenen gebunden;
wir bezeichnen sie durch V resp. m'. Nun sei wieder m^' die-
jenige Axe oder Ebene, in welche m' durch die Operation &'
gelangt, so folgt, dass w/ in Folge der Operation S'"~* nach
m' gelangt, während der Operation SR' sich nicht ändert und
durch &' wieder nach m^ zurückgeführt wird; daher ist
1) S'-^a»'S' = SR/,
wenn ÜR^' eine Operation ist, welche an die Axe oder Ebene
m^ gebunden ist. Es ist nun noch zu zeigen, dass zu 3!fti
— 353 -
derselbe Drehungswinkel gehört, wie zu ÜK'. Nun sei p die
niedrigste Potenz von äR', für welche
ist, so folgt, dass auch
2) m,'p = 2'-»aÄ'S' . S'-^STO'S' . . . fi'-^2K'S'
= S'-^SR'-Pß' == S'-ifi' = 1
ist Der Drehungswinkel von 3R^' ist daher entweder gleich
demjenigen von ^\ oder er ist ein Vielfaches desselben.
Andrerseits geht die obige Gleichung 1) durch linksseitige
resp. rechtsseitige Multiplication mit S' und S'""^ in
3) 2R' = s'aK;s'-i
über, und hieraus kann auf die nämliche Art geschlossen
werden, dass der Drehungswinkel von SD{' gleich demjenigen
von 3Sli ist oder ein Vielfaches von ihm. Dies läset sich
aber nur dann vereinigen, wenn beide D'rehungswinkel ein-
ander gleich sind, also folgt:
Sind ß' und STO' jsivei beliebige Operationen, welche einen
trinkt 0 unverändert lassen, so ist das Produet Ä'~*SDl'S' der-
jenigen Operation äquivalent, deren Axe oder Ebene aus der-
jenigen von SK' durch die Operation S' hervorgeht, und deren
Drehungswinkel mit demjenigen von Wt- übereinstimmt
Ist die Operation S' eine solche der zweiten Art, so ver-
wandelt sie jeden Gegenstand in sein Spiegelbild. Es erhebt
sich daher die Frage, ob auch für diejenigen Operationen,
welche durch Transformation mit S' hervoi^ehen, etwas ähn-
liches statt hat, oder genauer gesprochen, ob für die trans-
formirte Operation 301^ der Drehungswinkel den umgekehrten
Sinn haben kann, wie für die Operatfon STO'. Diese Frage ist
im vorstehenden noch nicht geprüft worden; wir haben bis-
her nur die Grösse des bezüglichen Winkels der Betrachtung
unterworfen.
Fassen wir zunächst den einfachsten Fall in's Auge, der
sich denken lässt. Wir setzen zu diesem Zweck 2' als Spie-
gelung @ und SOt' als Drehung % um eine zur spiegelnden
Ebene senkrechte Axe voraus. In diesem Fall ergiebt sich
SohoenflieSf Erjriiallstruotar. 23
-^ 354 —
anmittelbar, dass der Punkt A durch die Operationen @~^,
%y @ in dieselbe Lage A^ gelangt, in welche ihn die Dre-
hung % überführt. Nun liegt (vgl. § 4) der Definition des
positiven Drehungswinkels stets die Bevorzugung einer be-
stimmten Axenrichtung zu Grunde; wir setzen fest, dass das
positive Axenende der transformirten Drehung da^enige sein soU,
in welches das positive Ende der ursprünglichen Axe durch
die Transformation übergeht Dem entsprechend müssen wir
schliessen, dass für die Operationen Ä und ©-^81© der po-
sitive Drehungssinn verschieden ist. Also folgt, dass durch
Transformation mit © der Drehungssinn von Sl umgekehrt
wird. Dasselbe ist augenscheinlich der Fall, wenn statt der
Drehung % eine um a als Axe vor sich gehende Operation
zweiter Art, d. h. eine Drehspiegelung vorliegt.
^Hieraus lässt sich in einfacher Weise entnehmen, dass
. das gleiche für jede beliebige Operation zweiter Art ft' gilt.
Hat © dieselbe Bedeutung wie bisher, und wird das Prodnct
©S' = 8l
gesetzt, so ist 9i eine ganz bestimmte Bewegung, und da
©* = 1 ist, so folgt weiter
ß'=©8t.
Die Transformation mit fi' ist also durch die nach einander
erfolgenden Transformationen mit © und 91 ersetzbar. Die
erstere ändert, wie wir eben sahen, den Drehungssinn, die
zweite ist eine Bewegung und lässt ihn daher unverändert,
also folgt:
Lehrsatz XXI. Wird die Operation SDl' durch die Operation
zweiter Art S' transformirt, so haben SK' und die transformirte
Operation verschiedenen Drehungssinn.
§ 13. Wir betrachten nunmehr zwei beliebige Operationen
S und SD*}, welche mit S' und Tl' isomorph sind, so folgt
zunächst wieder, dass das Product
jedenfalls einer zu 23li isomorphen Operation äquivalent ist.
Sind femer l und m die den Operationen 2 resp. 3R ent-
— 355 —
sprechenden Axen oder Ebenen ^ und geht aus tn durch die
Operation S die Axe resp. Ebene Wj hervor, so folgt, genau
wie beim Beweise des Hülfssatzes, dass das Product
zu setzen ist, wo äß^ eine mit äß isomorphe Operation ist,
die an m, gebunden ist. Es ist daher nur noch zu zeigen,
dass auch die Translationscomponenten von SR und ^i in
derjenigen Beziehimg stehen, welche der oben behauptete Satz
verlangt. Ist nun (vgl. hierzu die Fig. 44) M^ derjenige Punkt
von f»!, welcher in Folge der Operation S""^ in den Punkt M
von m gelangt, ist femer
die Transla^onscomponente von 9R, und ist endlich M^' der-
jenige Punkt von m^, mit welchem M' durch die Operation 2
zusanimenfällty so muss, da es sich auch hier immer um Deck-
lagen handelt^ M^ die Endlage des Punktes M^ sein; es wird
daher die Translationscomponente tm^ der Operation 9K| durch
die Gleichung
M,M,' = t^
dargestellt Damit ist die Behauptung erwiesen. Also folgt:
Lehrsatz XXII. Das Product Sr^mZ ist derjenigen Ope-
ration SWj äquivalent, deren Axe oder Ebene aus der Axe oder
Ebene von SK durch die Operation S hervorgeht, und deren
Drehungswinkel und Translationscomponente die gleiche Grösse
haben, wie für die Operation SR selbst.
Diese Operation heisst die mit fi transformirte Operation SK.
Auch hier ist zu beachten, dass die Translationscomponenten
nur der Läi^e nach übereinstimmen; die Richtung ist im All-
gemeinen eine andere, da tm^ diejenige Strecke ist, in welche
tn durch die Operation S gelangt.
Nach der Festsetzung, die wir über den positiven Dre-
hungssiiui getroffen haben, ist leicht zu ersehen, dass der
Satz XXI für beliebige Operationen gilt. Er kommt für uns
wesentlich dann in Frage, wenn die Operation 9R eine Schrauben-
bewegung ^(fiyt) und £ eine Operation zweiter Art ist. Für
diesen Fall wollen wir den Beweis, dass die transformirte
23*
- 356 —
Bewegung SR^ den entgegengesetzten Windungssinn hat wie
9K, wirklich führen. Wir fassen zu diesem Zweck zunächst
wieder den einfachsten Fall in's Auge^ d. h. wir setzen die
Operation 2 als Spiegelung yorauS; deren Ebene a aaf der
Axe a senkrecht steht Wie oben bewiesen wurde, ändert bei
der durch & erfolgenden Transformation der Drehungswinkel a
seinen Richtungssinn um. Die Translationscomponente t ändert
zwar auch ihren Richtungssinn, aber diese Aenderung ist die
nämliche, von welcher die positive Axenrichtung betroffen wird;
in der Lage der Translation zur positiven Axenrichtung der
transformirten Bewegung tritt daher eine Aenderung nicht ein.
Beiden Bewegungen kommt daher gemäss § 4 verschiedener
Windungssinn zu. Man sieht übrigens auch direct^ dass, wenn
der Punkt Ä der Ebene 0 durch die Bewegungen nach Ä^
gelangt, er in Folge der Operation @~^, Ä, © in die Lage -4/
gelangt, welche das Spiegelbild von A^ gegen a ist.
Ist nun £ wieder eine beliebige Operation zweiter Art,
und 91 diejenige Bewegung, so dass
@S = 8l
ist, so folgt^ wegen ©* = 1 wieder, dass
Die Transformation mit S ist daher durch die Transforma-
tionen mit @ und 91 ersetzbar. Die erste ändert den Win-
dungssinn von % die zweite nicht, also folgt:
Lehrsatz XXIIL Wird die Schraubenbewegung ^(a,^) mit
einer Operation zweiter Art transformirt, so ergiebt sich eine
Schraubenbewegung ?li(a, —t) von entgegengesetztem Windungssinn.
§ 14. Da eine Translation % als eine specielle Schrauben-
bewegung aufgefasst werden kann, nämlich als eine solche,
deren Drehungswinkel gleich Null ist, so gilt der Satz XXII
auch, wenn £ oder SR Translationen sind. Der Beweis ergiebt
sich aber auch einfach auf folgende Weise. Ist zunächst £
eine Translation %, so steht das Product
in Frage. Nach dem Hauptsatz des § 9 folgt sofort, dass
dieses Product eine zu 9R isomorphe Operation ä^i darstellt
- 357 -
Ist nun i»| wieder diejenige Axe resp. Ebene, in eiche m
durch die Translation % übergeht, so lässt sich in derselben
Weise, wie bisher, zeigen, dass SK^ die verlangten Eigen-
schaften besitzt. Ist zweitens die Operation SR eine Trans-
lation %, so ist nach demselben Satz das Product.
der Identität isomorph und ist daher selbst eine Translation.
Stellt man die Translation % (Fig. 45) durch die Strecken
AB = BG dar und nennt Ä. B. = B. G
Fig. 45. 1111
diejenigen Strecken, welche aus AB resp.
BC bei der Operation 2 hervorgehen, so
ist A^Bi resp. Bj^C^ die transformirte
Translation; denn die Operationen 2""^,
%, 2 bringen A^B^ der Reihe nach in
die Lagen AB^ BC, B^C^, und damit
ist die Behauptung erwiesen.
Sind endlich beide Operationen 2 und 3Sl Translationen
% resp. Xj, so ist das Product
jedenfalls eine Translation. Da aber die Reihenfolge der
Translationen vertauschbar ist, so folgt
d. h.
Lehrsatz XXIV. Jede Translation wird durch jede andere
Translation in sich selbst transformirt.
Hieraus ziehen wir noch eine letzte Folgerung. Es sei
2 irgend eine Operation erster oder zweiter Art, welche keine
Translationscomponente enthält; ferner sei %' diejenige Trans-
lation, welche aus % durch Transformation mit 2 hervorgeht,
so besteht die Gleichung
&-'%& = %'.
Nun sei 2^ eine Operation, die aus 2 durch Zusatz der Trans-
lation Xj^ entsteht, so sind gemäss § 8 auf jeden Fall 2 und
Xi vertauschbare Operationen; d. h. es ist
2, = £3:^ = 3:^2.
— 358 —
Wir bilden
2^-13:2^ = 2-13; -13; X^g
and erhalten gemäss dem vorstehenden Satze XXIY
s^-i3:Si = s-i3;s = a;',
also folgt:
Lehrsatz XXV. Die aus der Translation % durch fi irans-
formirte Translation %' ist von der in 2 steckenden TransUUions-
componente unabhängig.
Es f&hren also beispielsweise alle Bewegungen von glei-
chem Drehungswinkel; die um dieselbe Axe stattfinden, eine
Translation % in die nämliche Translation %' über.
Sechstes Capitel.
Grappentheoretisclie Hilfssätze.
§ 1. Definition der Baumgruppen. Die Gruppen yod
Operationen, deren Eigenschaften und deren Bildungsgesetze
wir in den folgenden Entwickelungen der Betrachtung zu
unterwerfen hatten, enthalten, wie die Translationsgruppen,
eine unendliche Zahl von Operationen. Sie dienen zur Gha-
racteristik der S. 324 erwähnten regelmässigen Molekelhaufen
allgemeinster Art und bestehen aus den sämmtlichen Deck-
operationen derselben. Indem wir ihre Beziehungen zu den
Molekelhaufen vorläufig bei Seite lassen, wollen wir in diesem
Capitel diejenigen formalen Gesetze entwickeln, welche ihre
Natur und Zusammensetzung kennzeichnen. Wir haben be-
reits darauf hingewiesen, dass sie aus unendlich vielen räum-
liehen Operationen bestehen und in dieser Hinsicht einen
Gegensatz zu den im ersten Abschnitt betrachteten Gruppen
bilden, die nur je eine endliche Zahl von Operationen ent-
halten. Wir bezeichnen von nun an die letzteren als Punkt-
grufpen, die ersteren dagegen als Baumgruppen, d. fa. wir
stellen folgende Definition auf:
Erklanmg. Unter einer liaumgruppe von Operationen ver-
stehen unr eine unendliche Schaar von räumlichen Operationen
von der Art, dass das Froduct von irgend zweien dieser Operor
tianen einer der genannten Schaar angehörigen Operation äqui-
valent ist.
Wir gelangen auf Grund der vorstehenden Definition
Sofort zu zwei wichtigen Folgerungen.
Es sei £ irgend eine Operation einer Raumgruppe F der
hier betrachteten Art. Da fi Deckoperation eines Molekel-
- 360 —
haufens ist, so fiihrt auch die umgekehrte Operation fi~^ den
Molekelhaufen in sich Ober und gehört daher der Gruppe F
an. Daraus folgt weiter, dass F auch die Identität enthält;
denn sie enthält die Operationen 2 und Sr'K Demnach er-
giebt sich:
Lehrsatz I. Eine Baumgruppe F enthält zu jeder Opera-
tion fi die inverse Operation^ sowie die Identität.
Da femer jedes aus irgend zwei Operationen & und SK
der Raumgruppe F gebildete Product der Gruppe angehört,
so folgt:
Lehrsatz II. Enthält eine Bmmgruppe F zwei Operationen
S und Wtj so enthält sie auch die Operation S'^äRS, weldie
aus 3R durch Transformation mit ß hervorgeht.
Für die Theorie der Erystallstructur kommen nur solche
Raumgruppen in Frage, die aus Operationen von endlicher
Grösse bestehen. In der That, da der Molekelhaufen aus
lauter discreten Molekeln besteht, und da jede Deckoperation
die Molekeln in einander überführt, so kann es keine Deck-
operation geben, welche eine Ortsveränderung yon beliebiger
Kleinheit repräsentirt. Alle Translationscomponenten und
alle Drehungs Winkel, welche in die Operationen der be-
züglichen Raumgruppen eingehen, sind daher von endlicher
Grosse.
Die eben genannte Eigenschaft führt, zu einer wichtigen
Consequenz; aus ihr ist nämlich zu folgern, dass jede derartige
Raumgruppe F unter ihren Operationen auch Translationen be-
sitzt, und dass die Gesammtheit dieser Translaiionen eine räum-
liche Translalionsgruppe Ft bildet. Den Beweis dieses Satzes
müssen wir allerdings an dieser Stelle schuldig bleiben; wir
schieben ihn zunächst auf und ziehen vor, die wirkliche Ab-
leitung aller Raumgruppen, die für die Erystallstructur in
Betracht kommen, vorauszuschicken. Wir erlangen dadurch
den Yortheil, den Beweisgrund und die innere Nothwendig-
keit des fraglichen Satzes dem Verständniss näher zu bringen.
Der Beweis ist im letzten Capitel enthalten und findet sich
in § 6 desselben.
- 361 —
Ausdrücklich sei noch bemerkt, dass sich sämmtliche
nachfolgenden Entwickelungen auf Banmgruppen der eben
characterisirten Art beziehen.
§ 2. Die Axenarten der Banmgrappen. Nach Satz II
existiren in der Gruppe F neben einer Operation S auch alle
aus ihr durch Transformation erzeugten Operationen. Was
Ton den Operationen gilt, gilt auch von den Axen und Ebenen,
an welche sie gebunden sind. Ist daher a irgend eine Axe der
Gruppe Fy so finden sich in ihr auch alle diejenigen Axen
a, , a, . . . vor, in welche a durch die Operationen von F über-
geführt wird. Jede Bewegung, welche um a gestattet ist,
existirt in analoger Form auch für die Axen a^, o^ . . . und
umgekehrt. Ist a n- zählig, so sind auch aj^, o, . . . n- zählige
Axen, ist a eine Drehungsaxe, so gilt es auch für a^, o, . . .,
und wenn a eine Schraubenaxe ist und Sl (a, t) eine zugehörige
Bewegung, so ist diese resp. eine analoge Bewegung auch
unter denen vorhanden, welche um a^, o, . . . ausgeführt wer-
den können.^) Wir nennen a, aj, o, • . . glekhwerthige Axen.
Das Entsprechende gilt für alle diejenigen Ebenen 6, <f„
02' • ; welche aus der Ebene 6 durch die Operationen von F
hervorgehen. Alle diese Ebenen sind gleichzeitig reine Sym-
metrieebenen oder Ebenen mit Translationssymmetrie, und
wenn @ (t) eine der Operationen ist, welche zu a gehören, so
findet sich unter denjenigen Operationen, die zu a^, <T2 . . .
gehören, stets die analoge Operation. Wir nennen auch diese
Ebenen gleichwerfhigy d. h. wir definiren:
AUe Axen und Ebenen einer Gruppe F, u>elche durch die
Operationen von F unter sich mr Deckung gelangen können^
heissen gUichwerihige Axen oder Ebenen.
Ist im Besondem die Operation 2 des obigen Satzes eine
Translation, so wird durch sie jede Axe und Ebene von F in
eine parallele Lage übergeführt. Dies gilt für jede Trans-
lation von r, d. h. für jede Translation der Gruppe Ft. Zu
jeder Axenrichtung a giebt es daher eine unendliche Schaar
1) Statt ^{ccji) kann die Bewegung von umgekehrtem Windungs-
sinn auftreten; vgl. S. 366.
— 362 —
mit ihr paralleler gleich werthiger Axen, und das Nämliche
gilt für jede Ebene 6 von F] sie entstehen, wenn die Axe a
resp. die Ebene 6 den sämmtlichen Translationen der in F
enthaltenen Gruppe A unterworfen wird.
Sind a und h zwei Axen, welche nicht gleichwerthig sind,
aber doch in der Beziehung stehen, dass jede Bewegung, die
um a möglich ist, auch um b ausgeführt werden kann, so
nennen wir a und b gleichartige Axen. Dieselbe Bezeichnung
führen wir für zwei derartige Ebenen 6 und tfj ein. Wir
stellen demnach folgende Definition auf:
Zivei Axen einer Gruppe hdssen gleichartig, wenn um beide
die gleichen Bewegungen ausführbar sind. Ebenso heissen sswei
Ebenen gleichartig, wenn zu beiden die gleichen Operationen
gehören.
Alle gleichartigen Axen sind auch gleichsöMige Axen;
aber die Umkehrung trifft augenscheinlich nicht immer zu.
Eine n-zählige Drehungsaxe und eine n-zählige Schraubenaxe
sind nicht gleichartig. Die gleichzähligen Axen einer und der-
selben Gruppe können daher in yersehiedene Schaaren gleich-
artiger Axen zerfallen, und jede dieser Axenschaaren kann
ihrerseits wieder aus mehreren Schaaren gleichwerthiger Axen
bestehen.
§ 3. Die in den Banmgmppen F enthaltenen Trans-
lationsgrnppen. Ist die Operation 97{ des Satzes II Ton § 1
eine Translation %, so ist, wie am Ende des letzten Capitels
bewiesen wurde, die mit 2 transformirte Operation 2"~*IS
ebenfalls eine Translation. Dieselbe ist im Allgemeinen von
der Translation % verschieden. Jede Translation der Gruppe
Ft wird daher durch die Operation 2 wieder in eine Trans-
lation übergeführt. Die letztere gehört aber dem Gruppen-
begriff gemäss stets der Gruppe F an, also folgt:
Lehrsatz HI. Bie Translationsgruppe Ft einer Raum-
gruppe F wird durch jede Operation von F in sich selbst trans-
formirt.
Wir wollen diesen Satz folgendermassen durch eine
Gleichung ausdrücken:
— 363 —
2-ir,S = A, resp. ^2 = 2^.
Ihre Bedeutung ist leicht verständlich; sie vertritt die unend-
lich vielen Gleichungen, die sich für die einzelnen Trans-
lationen von Pg aufstellen lassen.
In Uebereinstimmung mit Cap. VI, 20 des ersten Ab-
schnittes bezeichnen wir eine Untergruppe von F als aus-
gezeichnete Untergruppe, wenn die Gesammtheit ihrer Axen
und Ebenen, oder, was dasselbe besagt, wenn die Gesammt-
heit ihrer Operationen durch jede Operation von F in sich
selbst übergeführt wird. Wenden wir diese Bezeichnung hier
an, so folgt:
Lehrsatz IV. Die Translationsgruppe A ist eine ausgezeich-
nete Untergruppe der Baumgruppe F.
Hieraus ziehen wir eine wichtige Folgerung. Zunächst
folgt, dass eine Gruppe F nur solche Operationen enthält,
welche die Translationsgruppe F^ in sich überführen. Nun
hat sich am Schluss des vorigen Capitels ergeben, dass eine
Translation % durch die Schraubenbewegung 9(a,^) oder
durch die Gleitspiegelung ®{t) in die nämliche Translation %^
übergeführt wird, wie durch die Drehung 55t («) resp. durch
die Spiegelung @. Jede Translationsgruppe A, welche ge-
eignet ist, in einer Raumgruppe F als Untergruppe zu figu-
riren, muss daher durch Drehungen oder Spiegelungen in sich
übergehen. Die Translationsgruppen können demnach keine
andern sein, als die in Gap. III betrachteten Gruppen, welche
den symmetrischen Raumgittern entsprechen, und jede Ope-
ration der Gruppe F muss, abgesehen von einer Translations-
componente, mit einer derjenigen Drehungen oder Spiegelungen
identisch sein, welche als Deckoperationen der symmetrischen
Raumgitter auftreten. Also folgt:
Hauptsatz I. In den Baumgruppen von krystaüographischer
Bedeutung treten nur aweüsähligey dreÜBÖhlige^ vierzäMige oder
sechsmhlige Axen auf.
§ 4. IsomorphismiiB zwisohen Batungmppen und Funkt-
gmppen. Sind 2 und 3R irgend zwei Operationen der Raum-
gruppe r*, so ist gemäss dem Gruppenbegriff auch die Operation
- 364 —
&3JI '^yi eine Operation Ton F. Sind nun 2' und 3Sl' zwei
zu fi resp. SR isomorphe Operationen, welche den Punkt 0
unverändert lassen , und ist G eine Punktgruppe von Opera-
tionen, welcher fi' und SR' angehören, so enthalt diese Gruppe
auch die zu 91 isomorphe Operation
SR' = rSR',
und daraus folgt sofort, dass die Gruppen F und 6r in der
Beziehung zu einander stehen, dass jede Operation einer
Gruppe F einer Operation einer gewissen Punktgruppe G
isomorph ist. Wir werden diese Gruppen selbst als isomorph
bezeichnen, d. h. wir definiren:
Eine Baumgruppe F und eine Punktgruppe G heissen iso-
morph, wenn jede Operation von F einer Operation von G iso-
morph ist.
Ferner ergiebt sich nun unmittelbar, dass es fttr jede
Gruppe F eine isomorphe Punktgruppe G geben muss; denn
wenn die Operationen S, SR, 91 . . . gleichzeitig in derselben
Gruppe existiren sollen, so müssen sich auch die zu ihnen
isomorphen Operationen S', SR', 91' in einer und derselben
Punktgruppe vorfinden. Es giebt daher in der That keine
andern Raumgruppen, als solche, die einer Punktgruppe iso-
morph sind. Beachten wir nun, dass die hier in Frage kom-
menden Gruppen F dem Hauptsatz I gehorchen, so folgt:
Hauptsatz TL. Jede Raumgruppe F von krystallographischer
Bedeutung ist einer der 32 Punktgruppen G isomorph, u^elche
den 32 Krystalldassen entsprechen.
Um die Beziehung zwischen den Gruppen F und G ge-
nauer zu studiren, gehen wir auf die im Hauptsatz UI des
vorigen Capitels ausgesprochene fundamentale Thatsache zurQck,
dass bei der Zusammensetzung isomorpher Operationen beider
Gruppen immer wieder isomorphe Operationen entstehen.
Wir fassen nun irgend eine bestimmte Punktgruppe G in's
Auge und bezeichnen eine ihrer Operationen durch £'• Es sei
F eine ihr isomorphe Raumgruppe, und es seien
1) X., x^i, X^ . . .
— 365 —
diejenigen Operationen von F, die mit ü' isomorph sind. Es
fragt sich, welches Gesetz dieselben verbindet Die Antwort
lautet, dass sieh alle diese Operationen ergeben, wenn eine
derselben, z. B. 2, mit den sämmtlichen Translationen % der
Gruppe r multiplicirt wird.
Der Beweis ist einfach zu führen. Einerseits gehört näm-
lich das Product &% der Gruppe an und ist eine zu £ iso-
morphe Operation. Ist andererseits S«- eine beliebige Operation
der Reihe 1) und ist 3R eine Operation von der Art, dass
SS» = 2.
ist, so muss für die Punktgruppe die entsprechende Gleichung
bestehen; und diese wird nur befriedigt, wenn 9R' die Iden-
tität ist. Aber zur Identität von G sind nur die Translationen
von r isomorph, und damit ist die Behauptung erwiesen. Es
giebt daher sicher eine Translation %i der Gruppe, so dass
&% = S,
ist Beachten wir, dass S eine beliebige zu &' isomorphe
Operation ist, so folgt:
Lehrsatz V. Alle unter einander isomorphen Operationen
einer Saumgruppe F ergeben sich, wenn eine derselben mit den
in F enthaltenen Translationen mtdtiplicirt wird, Sie sind durch
die Translationsgruppe Ft und eine beliebige von ihnen bestimmt.
Es ist gleichgiltig, ob wir, um alle Operationen 2» zu
gewinnen, die Multiplication mit den Translationen von links
oder von rechts vornehmen. In beiden Fällen müssen sich
die nämlichen Operationen ergeben, wie übrigens auch aus
der oben S. 363 abgeleiteten definirenden Gleichung folgt.
Ist im besondern die Operation fi' eine Drehung %' vom
Winkel a um die Axe a , so sind die isomorphen Bewegungen
von F sämmtlich von der Form
2) «(«,0, ai(a,0, «»(«,<.)•••,
so dass alle Axen a, a|, o, . . . unter einander und mit a' pa-
rallel sind. Ihre Yertheilung im Raum ist natürlicherweise
eine ganz bestimmte, ebenso die Grösse der Translations-
- 366 -
componenten t, t^y t^ . . , Sie regelt sich nach den im Yorigen
Capitel § 3 und 5 abgeleiteten Sätzen. Die eingehendere
Untersuchung dieser Verhältnisse wird bei der Aufstellung
der einzelnen Gruppen selbst durchgeführt werden.
Ist zweitens die Operation fi' eine Inversion 3; so sind
die isomorphen Operationen von F gemäss Satz XIII des letz-
ten Capitels sämmtlich Inversionen
deren Centra von den Translationen der Gruppe abhängen.
Wir sprechen dies als besonderen Satz aus^ nämlich:
Lehrsatz VI. Jede m einer Inversion isomorphe Operation
ist selbst eine Inversion.
Ist drittens die Operation S' eine Spiegelung ©' an der
Ebene 6\ so sind die isomorphen Operationen von F in der
Reihe
4) 6(0, ©,(0, ©,(«.)•..
enthalten^ und zwar sind alle Ebenen 6^ 6^^ 6^ , . . unter ein-
ander und mit <^ parallel. Für die Lage derselben^ sowie für
die Grosse der Translationscomponenten treten die im vorigen
Capitel aufgestellten Sätze in Kraft. Auf die genauere Be-
stimmung kommen wir in Gap. VII, § 4 zurück.
Ist endlich die Operation &' eine Drehspiegelung %\ aus
einer Spiegelung gegen die Ebene <^ und einer Drehung vom
Winkel a um die Axe a' bestehend, so sind alle isomorphen
Operationen von F ebenfalls derartige Operationen; denn die
Operation W mit einer Translation beliebig multiplicirt giebt
nach Satz XVII des vorigen Capitels stets wieder eine der-
artige Operation. Dies giebt den
Lehrsatz VII. Jede zu einer Drehspiegelung isomorpihe Ope-
ration ist selbst eine Drehspiegelung,
Wir bezeichnen die Reihe der bezüglichen Operationen
von F durch
5) W(«), «Tc«), «,(«)...,
und zwar sind alle Axen a, a^, a, . . . zu a parallel^ und alle
Ebenen 6^ öi^ 6^ . . . zu o^.
- 367 —
§ 5. Bednoirte Bewegungen. Da die Operation fi^ welche
mit den Translationen von F multiplicirt die Reihe 1) liefert,
eine beliebige Operation dieser ileihe ist^ so ist es zweck-
mässigy sie immer so einfach wie möglich zu wählen. Es fragt
sich, in welcher Weise dies zu geschehen hat.
Wie wir in § 3 ausgeführt haben, gehören den Opera-
tionen einer Gruppe F nur solche Axen oder Ebenen au,
welche Symmetrieaxen resp. Symmetrieebenen der in F ent-
haltenen Translationsgruppe Ft sein können. Nun haben wir
in Gap. III, Satz YIII und IX bewiesen, dass jede Symmetrie-
axe einer Translationsgruppe A die Richtung einer Trans-
lation der Gruppe hat, und dass jede Symmetrieebene einer
der Gruppe angehorigen Netzebene parallel ist. Ist daher a
irgend eine Bewegungsaxe von Fy so enthält die Gruppe Fr
stets eine ihr parallele primitive Translation 2r, und ist 6
irgend eine Symmetrieebene oder eine Ebene mit Translations-
symmetrie, so existiren immer zwei Translationen 2ti und 2t^
von Frj welche ein primitives Paar für die zu 6 parallele
Netzebene bilden.
Zur Axe a gehöre die Schraubenbewegung ^(a,t) der
Gruppe, und zwar sei a der kleinste Drehungswinkel für diese
Axe, alsdann gehören auch alle diejenigen Bewegungen der
Gruppe an, welche durch Multiplication von % mit einer zur
Axe parallelen Translation entstehen. Die Grösse dieser Trans-
lation ist 2mr, wo m wie gewöhnlich irgend eine ganze Zahl
ist. Alle so definirten Bewegungen haben dieselbe Axe und
denselben Drehungswinkel, sie unterscheiden sich nur in den
Translationscomponenten, deren Werthe resp.
. . . ^ — 4r, t — 2T, t, t+2t, ^ + 4r . . .
sind. Es ist aber evident, dass für die Bestimmung der
Gruppe F resp. für die Lage und die Art der Axe a nicht
alle vorstehenden Bewegungen, sondern nur eine von ihnen
in Frage kommt. Hierzu wählen wir natürlich die einfachste;
und zwar erblicken wir das Kennzeichen der Einfachheit darin,
dass ihre Translationscomponente f positiv und kleiner als 2r
ist, so dass die Relation
— 368 -
besteht. Es ist klar, dass in der obigen Reihe^ wenn t einen
bestimmten, im übrigen aber beliebigen Werth hat, immer
eine und nur eine derartige Bewegung vorhanden ist. Diese
Bewegung wollen wir die der Axe a entsprechende reducirte
Betueguvg nennen. Wir stellen also folgende Definition auf:
Für jede Axe giebt es eine Bewegung, die durch den klein-
sten Drehungsunnkd und die Jcleinste positive TranslationscompO'
nente definirt ist Diese Bewegung heisst die der Axe ent-
deckende reducirte Bewegung,
Ist die Axe a eine Drehungsaxe^ so ist die zu ihr gehörige
Drehung ^(a) die für sie characteristische reducirte Bewegung.
Ist dagegen a eine wirkliche Schraubenbewegung, so ist auch
die reducirte Bewegung eine Schraubenbewegimg. Wir nennen
ihre Translationscomponente wieder t und nehmen an, dass a
eine n-zählige Axe ist, so dass genauer
«(«,^) = «föO
zu setzen ist. Bilden wir nun die Reihe
a, a« . . . a-, «"+1 . . .,
wo
ist, so ist Sl» die erste Operation der Reihe, deren Drehungs-
winkel sich auf Null reducirt, sie ist daher eine Translation
parallel zur Axe a von der Länge nt. Diese Translation muss
ein Vielfaches der zu a parallelen primitiven Translation 2t
sein, also folgt
n^ «= 2mr, t =
Da aber t <2t ist, so muss auch m <n sein; die sämmt-
liehen möglichen Werthe von t sind daher in der Formel
t^^--, m = 0, 1, 2...n— 1
enthalten. Also folgt:
Lehrsatz VIII. Ist a eine n-eählige Axe, so kann die Trans-
lationscomponente der reducirten Bewegung einen der n verschie-
denen Werthe
— 369 —
0 ?- -^ 2(n— l)ir
' n ' n ' ' * n
Die sämmtlichen Bewegungen der obigen Reihe sind
übrigens von einander verschieden; sie haben nämlich sämmt-
lich verschiedene Translationscomponenten. Bezeichnen wir
noch die Translation von der Länge nt durch %, so ist
Endlich bedarf es des Beweises^ dass für jede Axe nur
eine reducirte Bewegung vom Winkel a existirt. Wenn näm-
lich in derselben Gruppe gleichzeitig verschiedene Bewegungen
«(«,0 und «iKg
um a als Axe auftreten ^ wo selbstverständlich t und ^^ beide
einen der obigen Werthe haben , so gehört auch das Product
%%i~^ der Gruppe an. Dasselbe ist aber eine Translation
parallel zu a von der Grösse t — t^^ es kann daher nur dann
eine Operation der Gruppe darstellen, wenn t — t^ Null oder
ein Vielfaches von 2i; ist. Das letztere ist aber für die be-
züglichen Werthe von t und t^ ausgeschlossen, also muss
t = t^ sein. Demnach folgt:
Lehrsatz IX. Für jede Axe a einer Gruppe F existirt mir
eine reducirte Bewegung. Alle zu a gehörigen Bewegungen vom
kleinsten DrehungsunnJcel entstehen durch Mtiltiplication der re-
ducirten Bewegung mit den 0u a parallelen Translationen der
Gruppe F.
§ 6. Mittelst des Begriffs der reducirten Bewegung lässt
sich die oben in § 2 gegebene Definition gleichartiger Axen
einfach dahin präcisiren, dass Axen a und h gleichartig sind,
wenn zu ihnen die gleiche reducirte Bewegung gekört. Wir wollen
hiervon eine Anwendung machen, indem wir jetzt die Frage
untersuchen, ob resp. wann alle gleichzähligen parallelen Axen
einer Gruppe F gleichartig sind oder nicht.
Es seien a und h die beiden gleichzähligen Axen und
Sohoenflies, Krysiallstractur. 24
— 370 —
die zugehörigen reducirten Bewegungen. Nach § 5 des vorigen
Gapitels ist das Produet
83«-! = 3:,
wo % eine Translation der Gruppe F ist Es ist also auch
85 = 313;;
je zwei gleichzählige parallele Axen a und h stehen also in
der Beziehung zu einander, dass die Bewegung 93 durch
Multiplication von Ä mit einer Translation der Gruppe F
hervorgeht.
Nun sei umgekehrt % irgend eine Translation der Gruppe
von der Länge 2 t, Wie bewiesen, ist die Richtung der Axe a
stets einer Translation der Gruppe F parallel; wir bezeichnen
diese Translation, wie oben, durch 2t. Ferner bezeichnen wir,
wie eben, die sich durch Multiplication von % und % er-
gebende Bewegung durch 93, so dass
M-:-.>')'^-'^{^.>')
ist. Um die Bewegung 93 zu bestimmen, denken wir uns die
Translation 2 t parallel und senkrecht zu a in die Com-
ponenteu r« und r» zerlegt, so dass im geometrischen Sinn
2t = ta + r«
ist. Aus Satz X des vorigen Capitels folgt, dass die Trans-
lation tn nur die Lage der Axe 6, nicht aber die Art der
Schraubenbewegung bestimmt; die Translationscomponente 4
hängt nur von ta und ta ab, und zwar ist
Ist nun Ta ein 'Vielfaches von 2 t, so sind die reducirten Be-
wegungen für die Axen a und b einander gleich, beide Axen
sind daher gleichartig. Ist dagegen r« kein Vielfaches von 2r,
so sind a und b keine gleichartigen Axen. Dies tritt daher
stets und nur dann ein, wenn eine primitive Translation
existirt, deren Componente parallel zu a kleiner als 2r ist^
mithin folgt:
-^ 371 —
Lelirsatz X. In jeder Baumgruppe F sind die gleicheäJdigen
parallelen Äxen nur dann ungleichartig^ wenn eine Translation
existirty deren Componente parallel der Äxe Meiner, ist, als die
der Axe parallele primitive Translation.
Wir knüpfen hieran die weitere Frage, wieviele Arten
ungleichwerthiger Axen es unter den sämmtlichen parallelen
und gleichzähligen Axen einer Gruppe geben kann.
Man fasse, um dies zu untersuchen, ein Tripel primitiver
Translationen in's Auge und nehme an, dass unter ihnen die
den Axen parallele Translation 2r enthalten ist. Die beiden
andern Translationen seien 2t^ und 2t^. Die Translation 2t
verschiebt jede Axe a nur in sich selbst. Wenn wir daher
die Axe a den sämmtlichen Translationen
2mit^ + 2m2t^
unterwerfen, so erhalten wir alle diejenigen mit a gleich-
werthigen Axen,. welche aus a durch die Translationen der
Gruppe Ft hervorgehen. Diese Axen denken wir uns nun
durch irgend eine zu ihnen senkrechte Ebene geschnitten, so
bilden die Schnittpunkte mit den Axen ein Netz von Paralle-
logrammen; eines derselben bezeichnen wir durch AAiA^A^.
Die so definirten Axen sind sämmtlich gleichwerthig, doch
werden sie im Allgemeinen nicht die sämmtlichen gleich-
artigen oder gar gleichzähligen Axen repräsentiren. Wie dem
aber auch immer sei, so leuchtet ein, dass, wenn irgend eine
dieser Axen das Innere oder den Umfang eines der genannten
Parallelogramme trifift, eine zu ihr gleich werthige Axe vor-
handen ist, welche die gleiche Lage zum Parallelogramm
-4 ^1^2 ^3 hat. Also folgt:
Lehrsatz XL Um alle gleichgähligen, aber nicht gleich-
icerthigen Axenarten einer Gruppe F zu ermitteln j genügt es,
diejenigen zu bestimmen, welche das Inndre oder den Umfang
des Parallelogramms AA^A^A^ treffen.
§ 7. Die Symmetrieaxen der Baumgitter und Molekel-
gitter. Um eine Anwendung der vorstehenden Sätze zu geben,
wollen wir die Aufgabe discutiren, wie sich am besten für
24*
— 372 —
die symmetrischen Raumgitter und Molekelhaufen die 6e-
sammtheit der ihnen eigenthümlichen Symmetrieaxen bestim-
men lässt, piögen dieselben Drehungsaxen oder Schraubenaxen
sein. Wir haben die Symmetrie der Gitter durch die Drehungs-
axen definirt, welche durch einen Gitterpunkt laufen. Wir
stützen uns dafür (vgl. 8. 276) auf die Ueberlegung, dass^
wenn Sl irgend eine Deckoperation des Gitters ist, die
den Punkt 0 nach 0^ führt, auch das Product 311,, wo
%i die Deckschiebung bedeutet, welche 0« nach 0 bringt^
eine Deckoperation W des Gitters ist, und zwar eine solche,
die den Punkt 0 unverändert lässt Es besteht also die
Gleichung
Nun sind aber die Bewegungen % und W isomorphe Bewe-
gungen; für jede Deckbewegung 5K eines Gitters giebt es
daher eine zu ihr isomorphe Drehung Ä', welche den Punkt 0
unverändert lässt, und zwar zeigt die vorstehende Gleichung,
dass die Bewegung 55t das Product aus der Drehung Ä' und
einer Deckschiebung des Gitters ist. Dies gilt sowohl für
Punktgitter, als für Molekelgitter. Daraus folgt, dass wir alle
zu W isomorphen Deckbewegungen des Gitters erhalten, wenn
wir W mit der Gesammtheit seiner Deckschiebungen multi-
pliciren; also ergiebt sich:
Lehrsatz XII. Alle gleichgalüigen und parallelen Symmetrie-
axen eines PunktgiUers oder MoWkelgitters ergeben sich durch
MuUiplication der Translationsgruppe mit einer solchen Deck-
bewegüng des Gitters, deren Axe durch einen Gitterpunkt geht
Es ist zu bemerken, dass dieser Satz nichts anderes ist,
als der auf Baumgitter angewandte Lehrsatz Y.
Hieraus folgt nun, dass wir die sämmtlichen Axen, welche
der für das Gitter .characteristischen Symmetriegruppe ent-
sprechen, mit der bezüglichen Translationsgruppe zu com-
biniren haben, um zu sämmtlichen Deckaxen des Gitters zu
gelangen. Es genügt natürlich, in jedem Fall diejenigen zu
ermitteln, welche das primitive Parallelepipedon resp. das
primitive Parallelogramm der zu ihnen senkrechten Haupt-
— 373 —
ebene treffen. Die Bestimmung selbst darf hier unterbleiben;
weil wir später yon andern Gesichtspunkten aus auf die frag-
lichen Axenschaaren zurückkommen werden.
§ 8. Beduoirte Operationen zweiter Art. Sei ®(t) irgend
eine zur Ebene 6 gehörige Operation, und es seien, wie oben,
2ri und 2rj das primitive Paar für die zu 6 parallele Netz-
ebene von Ff Nun gehört jede Operation, welche aus ®(t)
durch Multiplication mit irgend einer zu 6 parallelen Trans-
lation hervorgeht, der Gruppe F an. Jede derartige Trans-
lation ist in der Formel
2m|ri + ^m^r^
enthalten. Nun ist aber auch &(t) eine der Gruppe ange-
horige Operation. Dieselbe ist augenscheinlich eine Translation
von der Länge 2^, es muss daher jedenfalls
2t = 2piti + 2272^2
sein. Für jede an der Ebene 6 mögliche Gleitspiegelung © (^J
ist daher die Translationscomponente in dem Ausdruck
h = (Pi + 2w,) r^ + (p2 + 2nL,) t^
enthalten, wo m^ und m^ jede ganze Zahl bedeuten können.
Die kleinsten positiven Werthe, welche t^ annimmt, sind
offenbar
die zugehörigen Operationen sollen wieder redudrte Operationen
genannt werden, d. h. wir definiren:
' Bilden 2%^ und 2x^ das primitive Translationetipaar pa-
rallel SU einer Ebene tf, eu welcher Operationen @(^) der
Gruppe r gehören, so heissen diejenigen Operationen @ (t), für
welche t einen der Werthe 0, r^, r^, rj + '^a *^^; redudrte Ope-
rationen für die Ebene 6.
Ist 6 eine reine Sjmmetrieebene, so ist die Spiegelung
selbst die reducirte Operation.
Ausdrücklich möge bemerkt werden, dass die zu 6 ge-
hörigen reducirten Operationen von der Wahl des primitiven
~ 374 ~
Translationenpaares parallel zu 6 abhängig sind. Sie sind
demnach nicht vollständig bestimmt; sie werden es erst^ wenn
ein bestimmtes Translationenpaar unter den unendlich yielen,
die zur Verfügung stehen, ausgewählt wirdr In den Anwen-
dungen, welche wir später zu machen haben, ist dies natür-
lich immer der Fall.
Wie für die Bewegungen, lässt sich auch hier beweisen,
dass innerhalb derselben Gruppe zu jeder Ebene 0 nur eine
reducirte Operation gehört. Gehörten nämlich die Operationen
@(0 und @(fi);
wo t und ti einen der vier Werthe 0, ir,, ir^, 1^1 + r^ haben,
gleichzeitig der Gruppe r* ^n, so müsste auch ihr Product
eine Operation der Gruppe sein. Dies Product ist aber eine
Translation von der Grösse ^ -j~ ^i) andrerseits kann diese
Summe nur dann eine Translation der Gruppe Ft sein,
wenn t '^ t^ ist, d. h. wenn @ (t) und @ (t^) identisch sind.
Also folgt:
Lehrsatz Xni. Zu einer Ebene 0 der Gruppe F gehört nur
eine einzige reducirte Operation aweiter Art^ nämlich entweder
die Spiegelung @ oder die Gleitspiegdung ©(0? ^0 ^ einen der
drei Werthe r^, ir,, t^ + r^ hat.
Die Einführung der reducirten Operationen ist zu dem
Zwecke geschehen, um die Gesammtheit der in den Reihen
2), 3), 4), 5) Ton § 4 enthaltenen isomorphen Operationen
besser zu überschauen. Da alle Operationen der Reihen 3)
und 5), wie oben gesehen, gleichartig sind und keine von
ihnen eine Translationscomponente enthält, so kommt für sie
der Begriff der reducirten Operationen nicht in Frage.
§ 9. Beziehungen zwisoben den Funktgrappen und den
ihnen isomorphen Banmgruppen. Die isomorphen Operationen
der Gruppe F, welche durch die Reihe 1) in § 4 dargestellt
sind, sind durch Multiplication einer beliebigen von ihnen, 2,
mit den Translationen von Ft erhalten worden. Wir werden
von nun an stets annehmen, dass fi eine reducirte Operation
ist. Solcher Operationen giebt es in der Reihe 1) unendlich
yiele; zu jeder Axe resp. Ebene gehört eine von ihnen. Irgend
- 375 —
eine dieser Operationen bezeichnen wir mit S; welche wir
hierzu auswählen , ist ohne Belang. Unter Anwendung einer
wiederholt benutzten Bezeichnung stallen wir von nun an die
sämmtlichen isomorphen Operationen der Reihe 1) durch
{2, A}
dar; im besondem sind dann die Reihen 2), 3), 4), 5) resp.
durch
{«, n}, {3, r.} {©, A} {ä, A}
ZU repräsentiren. Sind nun
1, r, 2r; 5«'...
die sämmtlichen Operationen der Pnnktgruppe G^ so ist nach
den obigen Auseinandersetzungen klar^ dass die sämmtlichen
Operationen der Gruppe F durch
A, {2, r,}, {SR, A}, {5R, ni, ...
gegeben sind; d. h.
Lehrsatz XIV. Die Operationen einer Baumgruppe F gelten
den Operationen der isomorphen Punktgruppe G in der Weise
parallelj dass jeder Operation fi' von G in der Baunigruppe F
das Product aus der Translationsgruppe und einer zu ß' homo-
logen Operation ß entspricht Für ß wählt man zweckmässig
eine reducirte Operation ihrer Art.
Zur Veranschaulichung der vorstehenden Sätze lassen wir
einige Beispiele folgen.
1. Enthält eine Punktgruppe G zwei zweizählige Axen
ti und u^j die sich unter dem Winkel a schneiden, so enthält
sie (S. 59) auch eine zu beiden senkrechte Symmetrieaxe a,
deren Winkel 2 a ist; ebenso wird durch a und u die Axe u^
bedingt. Für jede zu G isomorphe Raumgruppe F gelten
daher analoge Gesetze. In der That folgt aus Satz XVIII de»
vorigen Capitels, dass zwei sich unter dem Winkel a kreuzende
zweizählige Symmetrieaxen u und Wj eine Schraubenbewegung
9(2^^0 bedingen, deren Axe in das gemeinsame Loth a von
u und t«i föUt, und deren Translationscomponente t^=^2AA^
ist. Ebenso wird umgekehrt durch die Schraubenbewegung
^. c ..
- 376 -
und die eine Axe u die andere Axe bedingt. Wenden wir
diesen Satz öfter an^ so folgt:
Lehrsatz XV. Wenn eine Raumgruppe eine zweizählige
Symmetrieaxe enthalt, welche die Axe a einer Schraubenhewegung
% (2 a, t) ßchneidety so unrd die Axe a von unendlich vielen solchen
Axen geschnitten; je zwei folgende haben einen Abstand gleich der
Hälfte von t und hreuzen sich unter dem Winkel a.
Ist a im besondern eine n-zählige Axe, so bilden die sie
schneidenden zweizähligen Axen lauter Winkel, die gleich dem
wten Theil von ä sind. Hiervon werden wir später, wenn es
sich um die Bestimmung der Axenlage für die einzelnen
Gruppen handelt, vielfach Gebrauch zu machen haben.
Wir geben einige weitere Beispiele , welche sich an be-
stimmte Raumgruppen anlehnen, und wählen dazu erstens die
Vierergruppe. Die Punktgruppe V enthält die vier Operationen
1, U', S8', SB',
wenn Uj v\ w' die drei auf einander senkrechten zweizähligen
Axen sind. Die Operationen jeder mit V isomorphen Baum-
gruppe r sind in dem Schema
n, {Un}, {SBA}, {SBA}
enthalten. Hier ist wieder F* die bezügliche Translations-
gruppe, ferner ist
U = U(ä) oder U(ä,0
3J = »(ä) oder »(ä,0
SB = aB(Ä) oder aB(3r,g,
wo t, t^y t^ halbe primitive Translationen parallel m', v, w
sind. Endlich bedeuten der obigen Festsetzung gemäss { U, A }
die sämmtlichen Drehungen resp. Schraubenbewegungen um
die zu u parallelen Axen, und das analoge gilt für {SS, F,)
und {SB, Ft], Hieraus ist ersichtlich und wird später aus-
führlich bestätigt werden, dass der Raumgruppe F drei zu
einander senkrechte Schaaren zweizähliger Axen eigen sind;
jede dieser Schaaren kann entweder aus lauter Drehungsaxen,
oder aus lauter Schraubenaxen oder aus Drehungsaxen und
Schraubenaxen bestehen.
- 377 -
Ein zweites Beispiel sei die Panktgruppe C^'. Sie besteht
aus folgenden sechs Operationen:
1 %', %'\
©;, «'©/, «'»©/;
Ton ihnen bedingen die drei letzten je eine durch die Haupt-
axe gehende Symmetrieebene; so dass je zwei Ebenen einen
Winkel von 60^ mit einander bilden. Die sechs Operationen
können daher auch in die Form
1, r, 21'^
©', ©/, ©;
gebracht werden, wenn <^, (y/, ö^ die genannten drei Sjm-
metrieebenen sind. Jede ihr isomorphe Raumgruppe F, deren
Translationsgruppe wieder Ft ist, enthalt daher Operationen,
welche durch
{©ni, {©,A}, {©.A}
dargestellt werden können; und zwar bedeutet % gemäss § 5
eine der drei reducirten Bewegungen
deren Axe mit a parallel läuft, während jede der Operationen
@, @i, @2 entweder eine reine Spiegelung ist oder eine der
Operationen
©(0, ©,(«.). @,(g.
Die zugehörigen Symmetrieebenen resp. die Ebenen der glei-
tenden Symmetrie sind zu tf", <f/, 6^ parallel, und t^ t^^ t^
stellen irgend eine diesen Ebenen parallele halbe primitive
Translation dar. Jeder Raumgruppe F, die mit (7,^ isomorph
ist, kommt demgemäss — wir werden dies gleichfalls später
ausführlich erörtern — eine Schaar paralleler dreizähliger
Axen zu, die entweder aus lauter Drehungsaxen, oder lauter
Schraubenaxeu; oder endlich theils aus Drehungsaxen, theils
aus Schraubenaxen besteht. Ferner gehören der Gruppe drei
Schaaren paralleler Ebenen an, die entweder Symmetrieebenen
oder Ebenen gleitender Symmetrie sind, und von denen sich
- 378 -
je zwei nicht parallele unter einem Winkel von 60^ schneiden,
u. 8. w. u. 8. w.
Aus dem ParallelismuS; welchen der Satz XIY zum Aus-
druck bringt, ziehen wir nun einige weitere Folgerungen.
Besteht für die Operationen S', SDf, 91' der Punktgruppe G
die Beziehung, dass
1) &'W = 91'
ist, und sind 2 und SK wieder irgend welche zu S', 9K' iso-
morphe Operationen von F, so giebt es, wie wir wissen, eine
zu 91' isomorphe Operation 91 von F, so dass
2) Äü» = 91
ist. Solcher Gleichungen giebt es für die Gruppe F so viele,
als es Paare von Operationen S, 9K giebt Wir können alle
diese Gleichungen in eine zusammenfassen, indem wir die
Gleichung
3) {2, A) . [m, A} = [m, Fr]
aufstellen. In der That ist diese Gleichung geeignet, einen
Ersatz fQr jede Gleichung von der Form 2) darzustellen;
andrerseits soll nun ausdrücklich festgesetzt werden, dass diese
Gleichung dahin su verstehen ist, dass irgend zwei Operationen
aus den links stehenden Klammem einer Operation aus der
rechts stellenden Klammer äquivalent sind.
Durch die vorstehende Gleichung kommt der Parallelis-
mus, welcher die Zusammensetzung isomorpher Operationen
von r und G kennzeichnet, zu seinem einfachsten Ausdruck.
§ 10. Ersengimg der Baumgrappen. Wir beweisen nun
einige Sätze, welche geeignet sind, die Analogie der Bildungs-
gesetze für isomorphe Gruppen F und G kenntlich zu machen.
Es sei Gl irgend eine Untergruppe der Punktgruppe 6r,
so genügen die Operationen von G^ für sich dem Gruppen-
character, d. h. das Product je zweier von ihnen liefert stets
eine dieser Operationen. Auf Grund der Gleichung 3) des
letzten Paragraphen folgt daher unmittelbar, dass auch die-
jenigen Operationen von F, welche den Operationen von Gi
isomorph sind, eine in F enthaltene Untergruppe F^ bilden.
Dies gilt für jede derartige Untergruppe, d. h.
— 379 —
Lehrsatz XVI. Ist die Baumgruppe F mr Punktgruppe O
isomorph, so entspricht jeder Untergruppe G^ von 6r eine Unter-
gruppe I^ von T, deren Operationen denen von G^ isomorph sind.
Wir wenden uns zum Beweise eines allgemeinen Satzes,
der ans dasjenige Verfahren an die Hand geben wird, welches
wir bei der allmählichen Herleitung der Raumgruppen F be-
folgen werden. Um die Natur und Bedeutung desselben in's
Licht zu setzen, schicken wir folgende Bemerkungen voraus.
Wir haben im ersten Abschnitt die Gruppen zweiter Art
dadurch abgeleitet, dass wir je eine Gruppe G^ erster Art,
d. h. eine Drehungsgruppe mit irgend einer Deckoperation
zweiter Art des Axensjstems multiplicirten. Dies ist auf S. 84
ausführlich auseinandergesetzt worden. Sind
1, ®/, ®;...@i-i ,
die Drehungen der Gruppe (r^, und ist ©' irgend eine Ope-
ration zweiter Art, welche die Axen von G^ in sich überführt,
80 bilden diese Drehungen, wie dort gezeigt, zusammen mit
den Operationen
©', ©'©/, ©'©;... ©'®i-i
eine Gruppe zweiter Art.
Dieser Satz gilt aber auch, wenn G^ eine beliebige Punkt-
gruppe ist, und ©' durch irgend eine analoge Operation 2'
erster oder zweiter Art ersetzt wird. Dies wollen wir zunächst
beweisen. Wir bezeichnen die Operation der Gruppe Gi
wieder durch
1, ®/, ®;...@i-i
und setzen voraus, dass S' eine Operation ist, welche die ge-
sammten Symmetrieelemente von G^, also Axen und Ebenen
in sich überführt. Nach der am Ende des vorigen Oapitels
gegebenen Definition ist diese geometrische Eigenschaft gruppen-
theoretisch dahin zu übersetzen, dass jede mit fi' transfor-
mirte Operation &a von G^ selbst eine Operation von G^ ist,
die im Allgemeinen allerdings von ©« verschieden sein wird.
Bezeichnen wir sie durch @a„ so ist in Gleichungsform zu
setzen
1) 2'-^@a2' - ®;/, @;2' = s'®;..
- 380 —
Ist aber 2' eine Deckoperation der Symmetrieelemente , so
gilt dies auch f&r ä'^, S'^...^ es bestehen daher auch die
Gleichungen
^ s'-«@;s'» = ®;.; ®;s'« = 2'«®;,,
u. s. w.
Mit ihrer Hilfe kann der Beweis unseres Satzes leicht geführt
werden. Nehmen wir noch an, dass S'"» die erste Potenz von
&' ist, welche der Identität äquivalent ist, so sagt er aus,
dass die Operationen
1, ®/, ®;, ...®i_i
3) S'*, ©i'S'», ©,'2'", ...®a-i2'*
S'^^-S @/2'-»-s ®;2'— s...®i_iS'™-i
eine Gruppe von Operationen bilden. Dazu ist zu beweisen,
dass das Product 91' von irgend zwei Operationen
2'^®; und 2'^®;
einer der vorstehenden Operationen äquivalent ist. Nun ist
nach den Gleichungen 2)
SR' = 2'''®;„2''®'„ == 2'^'®;,®;,2'^ .
Da ®m®iiA eine Operation ®p von G ist, so folgt
gi' = 2'^®;2''',
und hieraus ergiebt sich auf Grund der Gleichungen 2)
gl' = @;^2'''2'^ = ®;,2'''+^
Dieses Product ist aber in der That einer Operation des
Schemas 3) äquivalent, also folgt:
Lehrsatz XVII. Ist 2' eine OperaMony welche das Axen-
System einer Punktgruppe G^ in sich überführt, so entsteht durch
MuUiplication von G^ mit 2' eine neue Gruppe.
Es ist zu bemerken, dass das obige Schema auch durch
ein solches ersetzt werden kann, welches durch linksseitige
MuUiplication aller Operationen von G mit 2',«2'' . . . entsteht
— 381 —
Beispiel 1. Die Axen der Vierergruppe V gehen durch
Drehung um die dreizählige Axe a der Tetraedfergruppe in
sich über. Multiplicirt man nun die Drehungen
1, U', SB', SB'
der Vierergruppe mit der bezüglichen Drehung 31', d, h,
bildet man
r, U'Sl', SB'r, SB'«'
w^, u'r», SB'«'«, sB'rs
so bestimmen diese 12 Drehungen eine Gruppe, nämlich die
Tetraedergruppe, wie dies bereits 8. 208 gezeigt worden ist.
Beispiel 2. Die Symmetrieelemente der Gruppe F*
werden ebenfalls durch Drehung um die dreizählige Axe in
sich übergeführt. Es bilden daher auch die Operationen
1, U', »', SB', S', U'©', »'©', SB'©'
«', «'U', rSB', «'SB', «'©', a'U'©', «'»'©', «'SB'©'
«'^ a'»u', a'2«', Ä'^sB', r^©', r^u'©', a'^»'©', r^sB'©'
eine Gruppe. Diese Gruppe ist, wie das bezügliche Schema
auf S. 98 erkennen lässt> die dort betrachtete Gruppe T\
§ 11. Die vorstehenden Betrachtungen sollen nun auf
Raumgruppen ausgedehnt werden. Zu diesem Zweck fassen
wir eine beliebige Raumgruppe I^ in's Auge, von der wir
annehmen, dass sie mit G^ isomorph ist. Ihre Operationen
seien in der bekannten Art durch
r., {®xr.}, {®2r.}...{®,_xr,}
dargestellt. Nun sei fi wieder irgend eine zu S' isomorphe
Operation, welche die Axen und Ebenen der Gruppe Fj in
sich überführt, also jede Operation von F^ wieder in eine
Operation der Gruppe transformirt, so wird die Gleichung
bestehen, wo &a und @a^ irgend zwei Operationen von F^
sind. Ebenso bestehen wieder die Gleichungen
2) ß-«®^£« = ®^., @^S* = S»®^.
u. s. w.
- 382 —
Nun kann die Operation 2 eine Translationscomponente t ent-
halten; alsdann wird 2*^ nicht der Identität äquivalent sein,
vielmehr eine Translation von der Länge mt darstellen. Von
dieser Translation setzen wir jetzt ausdrücklich fest, dass sie
eine Translation der Gruppe T* sei. unter dieser Voraus-
setzung lässt sich beweisen ; dass sich durch MulüpUcation
van Ti mit S eine mr Gruppe G isomorphe Raumgruppe F
ergiä>t
Um dies zu beweisen, ist genau wie oben zu zeigen, dass
die nachfolgenden Operationen
3) {SA}, {2®,r,}, {2@,n} ...{s®i-ir,}
{2»n}, {fi«®,A), {s^®,r.}...{s^®2-in}
die Eigenschaft haben, dass das Product von je zweien immer
unter ihnen enthalten ist. Wir betrachten wieder das Pro-
duct 91 irgend zweier Operationen und bezeichnen es durch
SO wird in Folge der Gleichungen 2)
ferner ist nun wieder ©m®«! einer Operation ®p äquivalent,
und es folgt
8l = S^'®pS-
= ®p,S"2'' = ®;,,S"+'.
Nach der Annahme, die wir über die Operation 2 machten,
ist 2^+*^ dem Product aus einer der ersten m Potenzen von 2
und einer der Gruppe A angehörenden Translation äquivalent;
d. h. es ist
3i = ®^^2?a: = 2^®p,3;,
wo p < m ist. Demnach ist 91 eine der Operationen des
obigen Schemas. Andrerseits ist auph einleuchtend, dass dieser
Schluss nur unter der für 2 gemachten Voraussetzung zutrifft;
denn ohne sie würde das Product aus ®^ und % nicht der
Gruppe r^j also auch nicht der Gruppe F angehören können.
Demnach ergiebt sich:
- 383 -
Lelirsatz XVin. Ist S eine Deckoperatian des Äxensystems
einer Gruppe T, und zwar so, dass die Potenzen von S nur
solche Translationen liefern, welche der in F^ enthciUenen Gruppe Ft
angehören, so entsteht durch MuliipliccUion von I\ mit & eine
neue Gruppe F, deren TranslcUionsgruppe Ft ist.
Umgekehrt ist aber auch ersichtlich , dass sich jede
Gruppe F, die zu G isomorph ist, dem vorstehenden Satz
gemäss erzeugen lässt. Denn aus den Eigenschaflien der iso-
morphen Gruppen ist direct zu schliessen, dass, wenn die
Operation S' der Gruppe G eine Deckoperation fQr die Axen
der Untergruppe G^ ist, die Gruppe F^ die Eigenschaft hat,
dass das Axensystem von F^ durch die Operation S, resp. alle
in der Formel {SF^} enthaltenen homologen Operationen in
sich übergeht. Nämlich jeder Gleichung der Gruppe G Ton
der Form
musa RLr die Gruppe F eine analoge Gleichung
zur Seite stehen, wo freilich 3«, unbestimmt bleibt, aber doch
stets eine zu &ai homologe Operation der Gruppe F| ist.
Demnach erhalten wir folgenden
Hauptsatz. Lässt sich die Punktgruppe G durch Multipli-
cation einer Gruppe G^ mit einer Operation S' erzeugen, welche
das Axensystem von G^ in sich überführt, so kann jede zu G
isomorphe Baumgruppe durch Multiplication einer zu G^ iso-
morphen Gruppe F^ mit einer zu S' isomorphen Operation S
erzeugt werden ^ vorausgesetzt, dass S eine Deckoperation für die
Axen von F| ist.
Diesen Satz wollen wir als das Fundamentaltheorem für
die Erzeugung der Raumgruppen bezeichnen. Dasselbe eröffnet
einen bestimmten Weg, den wir bei der Erzeugung aller
Baumgruppen einschlagen werden. Für die Punktgruppen ist
nämlich die in ihm genannte Erzeugungsweise an den yer-
schiedenen Stellen dieser Schrift bereits nachgewiesen worden;
es muss sich daher jede überhaupt existirende Baumgruppe auf
analoge Art erzeugen lassen.
— 384 —
§ 12. Wir beweisen noch einige besondere Sätze^ welche
die Erzeugung der Gruppen F betreffen^ und schicken zu
diesem Zweck folgenden Hilfssatz voraus:
Hilfesatz. Führt die Operation S imei Operationen SR und
91 bezUglidi in Tl^ und Slj w6cr, so führt sie das Product SR 91
in SRiSli über.
Nach Annahme bestehen nämlich die Gleichungen
fi-i3Rfi = SR, und
hieraus folgt durch Multiplication
S-i3RSS-^9iS = 3R,5Ri, resp.
2-i3RSRß = SRi5Ri,
und dies ist die Behauptung.
Nun sei F eine Raumgruppe , und es seien F^ und F^
zwei solche Untergruppen von F, dass aus ihnen die 6rui)pe F
durch Multiplication hervorgeht. Dies ist gemäss den allge-
meinen Eigenschaften der isomorphen Gruppen immer der
Fall; wenn die zu F isomorphe Punktgruppe G zwei analoge
Untergruppen G^ und G^ besitzt. Derartige Paare von Unter-
gruppen haben wir oben S. 205 ff. vielfach kennen gelernt.
Nun sei fi eine Operation , welche sowohl das Axen-
sjstem der Gruppe F^, als auch dasjenige der Gruppe F^ in
sich überführt, so ist zu schliessen, dass sie eine Deckope-
ration der gesammten Axen und Ebenen von F darstellt. Ist
nämlich SR irgend eine Operation der Gruppe I\ und 91 irgend
eine Operation von F^^ so ist der Voraussetzung gemäss jede
Operation von F von der Form SR 91; ferner enthält die
Gruppe neben den Operationen SR| und 9^^ auch die Operation
SR^Sl^; folglich führt nach dem obigen Hilfssatz die Opera-
tion S in der That alle Operationen von F in einander
über, also auch die zugehörigen Axen und Ebenen. Dem-
nach folgt:
Lehrsatz XIX. Sind F^ und F^ zwei Gruppen, aus denen
sich die Gruppe F durch Mültipiication erzeugen lässt, so ist
jede Deckoperation der Axen und Ebenen von F, und F^ eu-
- 385 -
gleich eine Deckoperation für die gemmmten Axen und Ebenen
der Gruppe F.
Es sei, wie immer, G diejenige Punki^uppe, welche der
Raumgruppe F isomorph ist Ferner sei jetzt ^' irgend eine
in r enthaltene Punktgruppe, so enthält auch G die Gruppe
G' als Untergruppe. Ihre Operationen seien
1) 1, s,', s,'...s;_i.
Alsdann giebt es, wie wir im ersten Abschnitt S. 140 be-
wiesen haben, in allen Fällen eine Beihe ¥on Operationen
2) 1, 2R/, 9»,'...aR;-i '
Ton der Art, dass alle Operationen der Gruppe G in der
Tabelle
1, X^i , X^ ... X/p— 1
3»/, s;2R/, s;2Ri' ...s;^i2r;
3) 2R,', s/9»,', £,'3»,' ...S;^i2R;
enthalten sind, sich also durch einseitige Multiplication der
Reihe 1) mit den Operationen der Reihe 2) ergeben. Die
Operationen der Reihe 2) bilden übrigens, wie aus den Unter-
suchungen von Gap. VI, 21 und Gap. VIII, 4 des ersten Ab-
schnitts hervorgeht, in den meisten Fällen ebenfalls eine in
G enthaltene Untergruppe.
Nun seien
4) 1, 2»!, SW, ...SR,^!
irgend welche Operationen von F, die den Operationen der
Zeile 2) isomorph sind, und wie üblich sei F« die Trans-
lationsgruppe von F. Alsdann sind gemäss § 9 edle Opera-
tionen von F, welche den Operationen der Reihe 2) isomorph
sind, in den Ausdrücken
5) F., {3Ä,F.), {2R,F.)...{3Ä,-iF.}
enthalten. Beachten wir nun, dass die Operationen der Zeile 1)
der Voraussetzung zufolge Operationen yon F sind, so folgt,
dass der Ausdruck
{Äi'3R*F.}
Sohoeu flies, Krysialistmotor. 26
- S86 -
alle diejenigen Operationen von F enthalten muss, welche dem
Product fi/SDt/ der Gruppe G isomorph sind. Jedem Product
der Tabelle 3) steht ein analoger Ausdruck zur Seite, also
ergiebt sich:
Lehrsatz XX. Ist r eine Raumgruppe, welche eine Punkt-
gruppe G' als Untergruppe enthalt^ so lassen sich die sämmt-
liehen Operationen von F dadurch bilden, dass die Operationen
von G' mit einer unendlichen Beihe V von Operationen einseitig
multiplicirt werden.
Die Reihe F"- ist die Reihe 5). Sie bildet im Allgemeinen
ebenfalls eine in F enthaltene Untergruppe; es kommen nur
wenige Ausnahmen vor.
üeber die Natur der Gruppe G' ist im Beweis keinerlei
Voraussetzung gemacht worden. Die einfachsten Gruppen G\
die wir annehmen können, sind die Identität und die Gruppe G
selbst. Im ersteren Fall enthält der Satz ein illusorisches
Resultat, es wird nämlich F' mit F identisch. Wenn dagegen
G' die Gruppe G selbst ist^ so reducirt sich die Reihe 2) auf
die Identität, demnach geht JT in die Translationsgruppe Fe
über. Also folgt:
Lehrsatz XXI. Enthalt die mr Punktgruppe G isomorphe
Baumgruppe F die Gruppe G als Untergruppe, so kann sie
durch Multiplication der Gruppe G mit der Trattölationsgruppe F«
erzeugt werden.
Der letzte Satz stellt die einfachste Erzeugungsart einer
Raumgruppe F dar. Mit ihm sind wir auf einem neuen Wege
zu dem Lehrsatz XII über die Symmetrieelemente der Raum-
gitter gelangt Er ist insofern vollständiger als der Satz XII,
als er auch die Symmetrieebenen derselben angiebb
§ 13. Besondere Beding^ongen für die Erzeugung von
Banmgruppen zweiter Art. Um aus einer Gruppe F| dem
vorstehenden Satze gemäss Gruppen höherer Symmetrie ab-
zuleiten, kommen in allen Fällen nur solche Operationen 2
in Frage, welche das Axensystem der Gruppe F^ in sich über*
führen, und zwar muss, wenn a und h irgend zwei Axen sind,
welche durch fi zur Deckung gelangen, jede für die Axe a
- 38? -
zulässige Bewegung in eine für h mögliche Bewegung über*
gehen, d. h. in eine solche, welche ebenfalls der Gruppe F^
angehört Es leuchtet daher ein, dass n-zahlige Äxen nur mit
»-zahligen Axen zusammenfallen können. Nun sind irgend
zwei n- zählige Axen entweder gleichartig oder verschieden-
artig. Ist die Operation fi eine Bewegung, so können durch
sie augenscheinlich nur gleichartige Axen zur Deckung ge-
langen. Ist dagegen fi eine Operation zweiter Art^ so yer-
wandelt sie jede Schraubenbewegung in eine solche von ent-
gegengesetztem Windungssinn, die Axen, welche durch sie zur
Deckung gelangen, sind daher entweder Drehungsaxen oder
solche Schraubenaxen, welche sich durch den Windungssinn
unterscheiden. Beachten wir nun, dass sich eine Schrauben-
axe, deren Translationscomponente eine halbe Translation ist,
sowohl als rechtsgewunden, wie als linksgewunden auffassen
lässt, 80 folgt:
Lehrsatz XXII. Ist S> eine Operation »weiter Art, welche
das Axensystem einer Baumgruppe F^ in sich überführt, so sind
die Axen von F^ entweder Drehungsaxen und Schraubenaxen,
deren Translationscomponente einer halben Translation gleich ist,
oder es exisUrt m jeder Schraubenbewegung die gleiche Schrauben-
bewegung von entgegengesetztem Windungssinn.
Ist die Operation S, welche benutzt wird, um aus der
Gruppe Fl eine Gruppe höherer Symmetrie F abzuleiten, von
der zweiten Art, so besteht noch eine zweite Bedingung all-
gemeiner Art, der sie zu genügen hat; es muss nämlich S'
eine der Gruppe F^ angehörige Bewegung sein. Nun hat S,
wie wir oben sahen, eine der drei Formen
@, 3,@(0, ®(«),
und es ist
@«=1, S« — 1, &{t) = 2t, ©^(a>) — «(2«).
Wenn daher ®(t) zur Erzeugung einer Gruppe F benutzt
werden soll, so muss t eine halbe Translation der Gruppe I\
sein, und wenn ©(©) als erzeugende Operation zulässig sein
soll, so muss die zugehörige 2n-zählige Axe zweiter Art gleich-
zeitig eine n-zählige Axe erster Art der Gruppe F^ sein. Also folgt:
26*
- 388 -
Lehrsatz XXTIL Die Operation ©(^) kann nur dann mr
Erzeugung einer Baumgruppe verwendet werden y wenn t eine
hqlbe Translation der Gruppe ist.
Lelirsatz XXIV. Die Operation © (cd) ist für die Gruppe F^
nur dann als erzeugende Operation zulässig, wenn ihre un-
zählige Axe zweiter Art in eine n-zählige Drehungsaxe der
Gruppe r^ faUt
Die letztere Folgerung stimmt mit derjenigen überein, die
sich analog im ersten Abschnitt Cap. V, § 11 für die Bildungs-
gesetze der Gruppen zweiter Art ergeben hat. Wir bedürfen
ihrer für die Construction derjenigen Gruppen F, welche vier-
zählige Axen zweiter Art enthalten.
§ 14. Kriterien für die Identität verschiedenartig er-
zeugter Gruppen. Zwei Raumgruppen sind identisch, wenn
sie dieselben Operationen enthalten; sie sind verschieden,
wenn dies nicht der Fall ist.
Es seien nun fi und ^ zwei Operationen, mit denen sich
aus Fl die gleiche Gruppe F erzeugen lässt, so kommen in
dieser Gruppe die Operationen S und SR gleichzeitig vor.
Ebenso ist aber das umgekehrte wahr. Sind F und I* zwei
Gruppen, welche sich aus F^ mittelst der Operationen S und
ÜK erzeugen lassen, und enthält die mit fi abgeleitete Gruppe F
bereits die Operation äJl, so sind F und V identisch. Denn
da es nur eine Gruppe F' giebt, welche durch Multiplication
von r, mit 3R entsteht, so ist jede Gruppe, die ausser F^ die
Operation 9)t enthält, die Gruppe F\ Also folgt:
Lehrsatz XXY. Enthält die aus F^ durch die Operation S
ableitbare Gruppe eine F^ nicht angehörige Operation SR, so
lässt sie sich auch durch Multiplication von I\ mit SR er-
zeugen.
Es ist einleuchtend, dass die eben genannten Operationen
S und SR das Axensystem von F^ auf die gleiche Art in sich
überführen. Dies legt die Frage nahe, ob auch die Umkeh-
rung richtig ist^ d. h. ob zwei verschiedene Operationen S und
SR auch dann die gleiche Gruppe aus F^ erzeugen, wenn sie
nur die Eigenschaft haben^ die Axen von I\ auf gleiche Weise
— 389 —
in sich überznf&hren. um hierüber Gewissheit zu erhalten,
betrachten wir das Prodnct 83K~^. Wie aus der Eigenschaft
von 2 und 9K unmittelbar folgt , kann dies Product jede Äxe
von r^ nur in sich selbst verschieben. Dies kann aber augen-
scheinlich nur in dem einen einzigen Fall eintreten, dass alle
Axen parallel sind, und die Operationen S und 3JI sich um
eine den Axen parallele Translation unterscheiden, die jede
Axe in sich selbst gleiten lässt. Beachten wir nun, dass
es sich nur um reducirte Operationen fi und Wl handelt,
so folgt:
Lehrsatz XXVI. Sind 2, und fOl zwei Operationen^ die das
Axensystem einer Gruppe Fj auf gleiche Weise in sich über-
fuhren j so entsteht durch MuUiplication von S und 9Ä mit F^
im Allgemeinen die gleiche Gruppe R Eine Ausnahme kann nur
dann eintretenj wenn alle Axen von F^ parallel sind, und wenn
sich & und äJl um eine zu den Axen parallele Translations-
componente unterscheiden.
Es wird sich später herausstellen, dass dieser Satz in
dem Fall practische Wichtigkeit erlangt- dass 2 eine den
Axen parallele Spiegelung @ ist. Die Operation fßt ist dann
die Gleitspiegelung ®{t)y wo t gemäss Satz XXIII die halbe
den Axen parallele primitive Translation ist
Stimmen zwei Gruppen F und P' in der Lage ihrer Axen
und Ebenen nicht überein, so können sie trotzdem noch die
nämliche Raumgruppe repräsentiren, und zwar dann, wenn die
sämmtlichen Axen und Ebenen beider Gruppen, ohne identisch
zu sein, doch die gleiche Anordnung im Räume zeigen. Wenn
z. B. aus einer Gruppe F^, die lauter parallele Axen enthält,
durch Spiegelung an einer zu den Axen senkrechten Ebene
eine Gruppe F abgeleitet werden kann, so ist die Lage dieser
Ebene beliebig, und zwei mit verschiedenen Ebenen erzeugte
Gruppen werden auch verschiedene Schaaren von Symmetrie-
ebenen enthalten; aber alle so entstehenden Gruppen sind
augenscheinlich als identisch zu betrachten. Liegt ferner die
§ 9 betrachtete Gruppe vor, welche der Vierergruppe V iso-
morph ist, so besitzt sie, wie wir oben sahen, Axenschaaren
nach drei zu einander senkrechten Richtungen. Wir wollen
— 390 —
annehmen y dass die Yertheilung der Axen nach zwei Rich-
tungen die gleiche ist. Lässt sich aus dieser Gruppe JT^ eine
Gruppe r ableiten, für welche die erzeugende Operation durch
die eine dieser beiden Axenschaaren bestimmt ist, so fuhrt
diejenige Operation £, welche dieselbe Beziehung zu der an-
dern Axenschaar besitzt, zu einer Gruppe JT; beide Gruppen
unterscheiden sich aber offenbar nur in der Bezeichnung
von einander und sind als identisch zu betrachten. Auf
solche Fälle werden wir unser Augenmerk besonders zu rich-
ten haben«
Durch die Yorstehenden Sätze ist uns Gang und Methode
für die Ableitung aller überhaupt existirenden Raumgruppen
vorgeschrieben. Wir gehen von den Gruppen niederster Sym-
metrie aus und suchen aus ihnen durch Hinzuf&gung geeig-
neter neuer Symmetrieelemente resp. durch Multiplication mit
einer Operation S Gruppen höherer Symmetrie zu gewinnen*
Hierbei dient im Allgemeinen das Fundamentaltheorem des
§ 11 als Richtschnur. Welche Operationen S einzig und allein
nöthig sind, um alle zu einer Punktgruppe G isomorphen
Raumgruppen F zu finden, ist auf Grund dieses Satzes leicht
zu entscheiden. Entsteht nämlich die Gruppe O durch Multi-
plication von Oj^ und S', so entsteht F durch Multiplication
der Gruppe F^ mit einer zu 2' isomorphen Operation fi. Es
handelt sich daher nur noch darum, o/fe derartigen Opera-
tionen & zu finden, welche verschiedene Gruppen F liefern.
Um das letztere zu entscheiden, kommen natürlich die oben
abgeleiteten Sätze in Frage; wir werden uns überdies für jede
Classe ¥on Raumgruppen weitere einfache Kriterien ver-
schaffen, nach welchen die Frage nach der Identität und Ver-
schiedenheit der gewonnenen Gruppen leicht entschieden wer-
den kann.
§ 15. Analytische Darstellung der Banmgmppen. Wir
haben im Cap. VIII des ersten Abschnittes die Punktgruppen
analytisch dadurch zu characterisiren gesucht, dass wir die
Coordinaten aller Punkte angaben, die sich aus den Coordi-
naten xy0 eines beliebigen Punktes durch die Operationen
der" Gruppe ergeben. In ähnlicher Weise wollen wir ver-
- 391 —
Buchen, auch f&r die Raumgruppen JT alle diejenigen Punkte
zu bestimmen, welche sich aus einem beliebigen Ausgangs-
punkt xyz durch die Operationen der Gruppe JT ableiten
lassen. Diese Punkte sollen gleichiverihige Punkte von JT ge-
nannt werden. Die Voruntersuchung, welche wir zu diesem
Zweck anzustellen haben , betrifft die Frage, wie sich ana-
lytisch die Coordinaten derjenigen Punkte ausdrücken; welche
den sämmtlichen isomorphen Operationen einer Gruppe JT
entsprechen. Ist diese Frage beantwortet, so macht die
Bestimmung aller bezüglichen Punkte keine Schwierigkeiten
mehr.
Ist S eine beliebige Operation von F, so entstehen ge-
mäss § 4 die ihr isomorphen Operationen
1) L; A^y X^ . . .,
indem S mit den sämmtlichen Translationen der Gruppe Fg
multiplicirt wird. Es sei X diejenige Translation, so dass
2,-2%
ist Femer seien a?<y<jer« die Coordinaten desjenigen Punktes,
in welchen der Punkt xy0 durch die Operation S übergeht.
Nun ist die Operation S| den beiden auf einander folgenden
Operationen S und % äquivalent. Daher ist der durch die
Operation 2^ aus xyz entstehende Punkt derselbe, welcher
aus x^ytZt in Folge der Translation % entsteht. Sind also
tx'f t/y r/ die Componenten von % längs den ' Ooordinaten-
axen, so sind
die Coordinaten des gesuchten Punktes. Mittelst einer leicht
verständlichen Abkürzung wollen wir dieselben durch
XtyiZ, + 2t
bezeichnen, wo 2r' die Länge der Translation % nach Grösse
und Richtung darstellt. Die Gesammtheit aller Punkte, welche
aus dem Ausgangspunkt xyz durch die isomorphen Operationen
der Beihe 1) entstehen, ist daher in dem geometrisch zu inter-
pretirenden Ausdruck
- 392 -
x,y,0, + 2witi + 2m,rs, + 2m^t^
enthalten y wo wie gewohnlich m^, Wj, m^ alle positiven und
negativen ganzen Zahlen bedeuten. Wie aus der Bedeutung
der eben eingeführten Bezeichnung folgt, ergeben sich aus
ihm die drei Coordinaten eines jeden Punktes, indem a:,, y«, 0i
durch die Projectionen der bezüglichen Translation nach den
Goordinatenaxen vermehrt werden.
Die oben benutzte Operation ß, welche den Punkt xyz
in XiiftSii überfährt, war eine beliebige Operation der Reihe 1).
Wir wählen dieselbe, wenn möglich, ohne Translationscompo-
nente. Ist dies ausgeschlossen, hat also fi eine Translations-
componente, so können wir sicher
ß = ß'3:'
setzen, wo %' die in ß steckende Translation ist. Wir er-
halten daher nach dem vorstehenden die Coordinaten Xtyi0i
immer so, dass wir den Punkt xysf zunächst der Operation ß'
unterwerfen und dann die Translationscomponente resp. ihre
Projectionen auf den Goordinatenaxen einfach addiren. Ent-
halten nun die Goordinaten xysf, welche der Operation ß
unterworfen werden^ bereits Translationscomponenten r, so ist
darauf Rücksiclit zu nehmen, dass die der Operation ß ent-
sprechende Substitution auch die Richtung dieser Translations-
componenten r verändern kann. Ist ß selbst eine Operation,
die mit einer Translation t behaftet ist, so wird nach den
Schlusssätzen des vorstehenden Gapitels durch Ausführung der
Translation t die Richtung von r nicht geändert; diese Aen-
derung ist daher die gleiche, welche durch die von Trans-
lationen freie, zu ß isomorphe Operation ß' hervorgebracht
werden mag. Ist endlich ß eine Bewegung 9(a,^), so ist zu
beachten, dass die Bewegung W die Translationscomponente 2 t
besitzt u. s. w.
Hiernach ist klar, dass sich die Goordinaten sämmtlicher
gleichwerthigen Punkte einer Gruppe F von denjenigen, welche
der zu F isomorphen Punktgruppe G entsprechen, nur durch
Translationscomponenten unterscheiden. Sind ferner xy0 die
Goordinaten irgend eines beliebigen dieser Punkte, so sind
— 393 -
damit, wie oben angegeben, auch die Coordinaten aller der-
jenigen Punkte bekannt, in welche xyz durch die Trans-
lationen 2m^ti + 2^2 Tg + 2^3 Tg der Gruppe übergeht. Es
ist daher nur nothig, einen dieser Punkte aaszudrücken. Für
jeden der n gleichwerthigen Punkte der Gruppe G brauchen
wir daher nur einen analogen Punkt der Gruppe F zu kennen;
wir wählen ihn natürlich so einfach wie möglich. Die so be-
stimmten n Punkte von F wollen wir als ein Fundamental-
system gleichwerthiger Funkte bezeichnen, um dieses System
för jede Gruppe anzugeben, genügt es nach dem Vorstehen-
den, für die Coordinaten jedes Punktes die einfachsten Trans-
lationscomponenten zu ermitteln, um welche er sich von den
Coordinaten des analogen Punktes von G unterscheidet. Für
diesen Zweck steht es uns frei, m den Coordinaten primitive
Translationen beliebig m addiren oder zu subtrahiren.
§ 16. Olassiflcimng der Baumgrnppen. Unter den in
diesem Capitel enthaltenen gruppentheoretischen Sätzen sind
zwei von principieller Wichtigkeit. Das — bisher noch unbe-
wiesene — Theorem, dass jede krystallographisch verwend-
bare Raumgruppe eine der 14 Translationsgruppen Ft als
Untergruppe besitzt, haben wir als den inhaltlich principiellen
Hauptsatz zu betrachten, während dem in § 4 ausgesproche-
nen Satz über den Isomorphismus der Punktgruppen und
Raumgruppen die Bedeutung eines formalen Fundamentalsatzes
innewohnt
Um dies in's rechte Licht zu setzen, erinnern wir daran,
dass das erste der beiden genannten Theoreme in § 3 un-
mittelbar zu dem Ergebniss führte, dass in jeder Gruppe F
nur zweizählige, dreizählige, vierzählige oder sechszählige Axen
auftreten. Es repräsentirt daher, wie sich im Hinblick auf die
Ausführungen von Cap. IV, § 6 erkennen lässt, das Grund-
gesetz der Symmetrie; dieses Geseis erscheint daher auch für
die auf dem Wiener -Sohncke' sehen Grundgedanken aufgebauten
Theorieen als Ausfltiss der Ausgangshypothese. Nunmehr führt
der zweite der eben angezogenen Hauptsätze unmittelbar zu
der Folgerung, dass die Raumgruppen in die nämlichen
32 Classen zerfallen, wie die ihnen isomorphen krystallo-
— 394 -
graphisch in Betracht kommenden Punktgrappen; zugleich
giebt er, wie § 10 zeigt, das Mittel an die Hand, die Ge-
sammtheit derselben systematisch abzuleiten.
Die Yorstehenden Entwickelungen legen es nahe, die
Raumgmppen F nach den ihnen isomorphen Punktgruppen
einzutheilen. Die Gesammtheit aller dieser Raumgruppen zer-
fallt demnach in die gleichen 32 Classen, in welche sich auch
die Erystalle sondern lassen. Andrerseits yertheilen sich die
32 Erystallclassen auf die in Cap. VI ausführlich erörterte
Art in sieben Erystallsysteme. Jedes dieser Ejrystallsysteme
ist durch einen gewissen specifischen Symmetriecharacter aus-
gezeichnet, der allen seinen Unterabtheilungen gleichzeitig
innewohnt. Beispielsweise kommt allen sieben Classen des
quadratischen Systems eine vierzählige Hauptaze zu. Die
ihnen isomorphen Raumgruppen haben daher gleichfalls yier-
zählige Axen irgend welcher Art, die in ihnen enthaltene
Translationsgruppe Ft muss daher, da sie bei jeder Operation
der Raumgruppen in sich übergeht, vierzahlige Symmetrie-
axen besitzen und ist somit eine Translationsgruppe »vom
tetragonalen Typus. Analoge Betrachtungen lassen sich für
jedes andere Erystallsystem anstellen. Sie zeigen, dass allen
Raumgruppen, welche den Unterabtheilungen eines und des-
selben Erystallsystems entsprechen, diejenige Translations-
gruppe zukommt, deren Symmetrie mit derjenigen des Erystall-
systems identisch ist
Dem eben skizzirten Gedanken werden wir für die Ein-
theilung resp. für die Herstellung und Anordnung der Raum-
gruppen Folge geben. Wir gewinnen dadurch sieben Haupt-
classen von Raumgruppen, welche den sieben erfahrungsgemäss
aufgestellten Ery stallsystemen entsprechen, und finden inner-
halb jeder Elasse alle diejenigen Raumgruppen wieder, welche
einer Unterabtheilung des bezüglichen Ejrystallsystems ange-
hören. Wir werden daher die Raumgruppen mit demselben
krystallographischen Namen belegen, wie die ihnen iso-
morphen Punktgrappen. Dieser Bezeichnung kommt allerdings
zunächst nur eine äusserliche Bedeutung zu. Wir werden
aber nachweisen, dass die durch die Bezeichnung ausgedrückte
- 895 -
Symmetrie nnd die Symmetrie der Raumgruppe F sich wirk-
lich decken; d. h. genauer gesprochen^ dass diejenigen Molekel-
haufenj tcelche der Crruppe F entsprechen, bei beliebig gelassener
Molekel einen Erystall von derjenigen Symmetrie zu repräsen-
tiren geeignet sind, welche durch die eu F isomorphe Punkt-
gruppe bestimmt wird und demgemäss in der Bezeichnung her-
vortritt. Wir kommen hierauf in Cap. XIII ausführlicher
zurück/ wenn wir die Frage nach dem Symmetriecharacter
eines Molekelhaufens allgemeiner in's Auge fassen.
Siebentes Capitel.
Die Gruppen des triklinen nnd monoklinen Systems.
§ 1. Bezeiohniingen. Ehe wir dazu übergehen, die Ranm-
gruppen der Reibe nach aufzustellen, schicken wir einige Be-
merkungen allgemeiner Natur voraus. Die erste betrifft die
in den folgenden Capiteln durchgeffihrte Bezeichnungsari Die-
selbe ist möglichst einheitlich gewählt worden, schliesst sich den
im ersten Abschnitt enthaltenen Bezeichnungen der isomorphen
32 Punktgruppen enge an, und ist überdies bestimmt, die
Bildungsart, sowie den Symmetriecharakter einer jeden Gruppe,
so weit es angängig ist, erkennen zu lassen. Hierzu dient
erstens, wie S. 87 ff., die Darstellung der Gruppe durch die
erzeugenden Operationen u.s.w. Ferner sind für die allgemeinen
Gruppen, welche irgend einer Punktgruppe entsprechen, dieselben
Zeichen benutet worden une für die Punktgruppe, mit der Mass-
gäbe, dass der lateinische Budistabe^ durch einen deutschen ersetzt
isty und der eventuelle cbere Index in einen unteren zweiten Index
verwandelt ist. Die statt der oberen Indices bei den folgenden
Bezeichnungen auftretenden Zahlen haben mit der Symmetrie
der Gruppe nichts zu thun; sie geben nur die Nummer der
Gruppe an, wenn es mehrere Gruppen giebt, welche derselben
Punktgruppe isomorph sind. So entsprechen den Punktgruppen
die Raumgruppen
6?, K^y »e^Ä ...
wo m die Nummer der Raumgruppen einer jeden Gattung
bedeutet, also der Reihe nach die Werte 1, 2, 3... erhält.
Um eine möglichst anschauliche Vorstellung yon den
Symmetrieverhältnissen dieser Gruppen, resp. von der Symme-
- 397 —
trie der später aus ihnen abzuleitenden Molekelhaufen zu er-
reichen, werden wir die Sjmmetrieelemente einer jeden Gruppe
im Allgemeinen ausführlich angeben. Sie lassen sich an der
Hand der Translationsgruppen Fr leicht ableiten. Wie in
Cap. III geschehen, werden wir auch hier die Tränslations-
gruppen durch das für sie characteristische Tripel primitiver
Translationen kennzeichnen.
§ 2. Die Hemiedrie des triklinen Systems. Das trikline
System enthält die zwei Erystallclassen, deren Punktgruppen
Ci und 82
sind. Die letztere enthält ein Symmetriecentrum, während die
erstere ein Symmetrieelement überhaupt nicht besitzt. Ihnen
entsprechen zwei verschiedene Classen von Raumgruppen, die
wir als Baumgruppen vom triklinen Typus bezeichnen.
Die Translationsgruppe unterliegt gemäss Gap. III keiner
Beschränkung; jede Gruppe Ft kann in einer Raumgruppe des
triklinen Systems auftreten. Doch ist nicht ausgeschlossen,
dass in eine dieser Raumgruppen eine solche Translations-
gruppe eingeht, welche einem symmetrischen Gitter entspricht.
Für diesen Fall ist ja bereits oben Cap. IV, 4 der Beweis
geliefert worden, dass die bezüglichen Molekelhaufen bei be-
liebig gelassener Molekel keinerlei Symmetrie besitzen, und
daher dem triklinen System zuzurechnen sind.
Dem im vorigen Capitel skizzirten Plan zufolge beginnen
wir mit den Gruppen, deren Symmetrie der Hemiedrie ent-
spricht. Die isomorphe Punktgruppe ist die Identität; die
bezüglichen Gruppen enthalten daher ausser der Translations-
gruppe keine weitere Operation, d. h.
Lehrsatz I, Der Hemiedrie des triklinen Systems entspricht
eine ClcLSse von Baumgruppen, nämlich diejenige^ welche von den
Translationsgruppen gebildet umd.
Wir bezeichnen die bezüglichen Gruppen durch
Die gleichwertigen Punkte im Sinne von Cap. VI, § 15
werden augenscheinlich durch xyz allein repräsentirt; alle
andern entstehen aus ihm durch Zusatz von Translationen.
-^ 398 —
§ 3. Die Holoedrie des triklinen Systems. Für die-
jenigen Gruppen^ welche der Holoedrie des triklinen Systems
entsprechen ; ist S2 die isomorphe Pnnktgruppe. Sie enthält
nar die Operationen 1 und 3, kann also durch Multiplication
der Identität mit der Inversion erzengt werden.
Die Raumgruppen dieser Art bezeichnen wir durch S<.
Sie entstehen dem S. 383 genannten Fundamentaltheorem zu-
folge durch Multiplication einer Translationsgruppe mit einer
Operation, welche der Inversion isomorph isi Aber jede der
Inversion isomorphe Operation ist nach Satz VI des vorigen
Capitels selbst eine Inversion; die BAumgruppen (£,• können
daher durch Multiplication einer Gruppe F« mit der Inversion 3
erzeugt werden. Da jede Translationsgruppe nach Cap. III, 4
die Eigenschaft besitzt durch Inversion in sich überzugehen,
so folgt auch auf diese Weise, dass, wie schon oben erwähnt,
jede Trauslationsgruppe I\ zur Erzeugung einer Gruppe (S^
benutzt werden kann. Das erzeugende Symmetriecentrum kann
in die Ecke eines Raumgitters gelegt werden.
Wir stellen die .bezüglichen Gruppen durch
©,-. {A, 3}
dar und erhalten:
Lehrsatz n. Der Holoedrie des triklinen Systems enlsprickt
eine Glosse von Baumgruppen; sie besteht aus den mit der In-
version multiplidrten Translationsgruppen,
Ausser der Inversion 3 gegen den Punkt 0 enthält die
Gruppe (S,- auch alle diejenigen Operationen, welche sich durch
Multiplication von 3 mit einer Translation von Ft ergeben.
Nach Cap. V Satz XIII sind diese Operationen ebenfalls lauter
Inversionen; ihre Centra fallen entweder in die andern Gitter-
ecken, oder in die Mitten der Seiten und Diagonalen der
Parallepipeda, aus welchen das Gitter besteht. Dies giebt den
Lehrsatz in. Durch Multiplication einer Tranüations-
gruppe JT« mit einer Inversion ergeben sich unendlich viele
Symmetriecentra; sie fallen in die Ecken und die Halbirungs-
punkte aller Kanten und Diagonalen des eu Ft g^ykigen Gitters.
Bemerkung. Da jede Translationsgruppe eine Inversion
gestattet, so konnte es scheinen, als ob ein Widerspruch vor-
— 399 —
läge, wenn die Gruppe Ft selbst der Hemiedrie des triklinen
Systems entsprechen soll, die mit der Inversion multiplicirte
Translationsgrappe dagegen der Holoedrie. Dass dies nicht
der Fall ist, dass vielmehr diejenigen Molekelhaufen, welche
vermittelst der beiden genannten Arten von Gruppen con-
struirt werden können, wirklich verschiedene Structur auf-
weisen, wird sich in der That im Gap. XIII herausstellen.
Vorläufig sei nochmals angemerkt, dass es uns zunächst nur
um die Aufstellung der verschiedenen Raumgruppen selbst zu
thun ist, und die Frage nach ihrer Symmetrie, resp. nach der
Symmetrie der zugehörigen Molekelhaufen zunächst verschoben
wird. Dass aber die in beiden Gruppen enthaltenen Opera-
tionen wirklich verschieden sind, ist unmittelbar evident. Denn
die Operationen der einen bestehen ausschliesslich aus Trans-
lationen, die andere dagegen enthält ausserdem noch die In-
version 3 gegen die sämmtlichen oben genannten Punkte,
stellt also wirklich einen neuen Gruppentypus dar.
Die gleichwerthigen Punkte der Gruppen ©< ergeben
sich, wenn wir gemäss Cap. VI, 15 den beiden Coordinaten-
tripeln xyg und xysf alle Translationen von Ft hinzufügen;
das Fundamentalsystem wird daher durch
xye, xy'i
dargestellt Es folgt noch, dass die Gruppe @< die Gesammt-
heü der Deckoperationen des triklinen Baumgitters enthält,
§ 4. Die Hemiediie des moncklinen Systen&s, Dem
monoklinen System gehören diejenigen Ejystallclassen an,
welche den Pnnktgruppen
c,», c„ s
entsprechen.
Sie sind durch den Besitz einer ausgezeichneten Axe
resp. Symmetrieebene gekennzeichnet Den ihnen isomorphen
Raumgruppen kommt dalier ebenfalls eine ausgezeichnete
Richtung zu; sie ist der Axenrichtung parallel, und steht
auf der Ebenenrichtung senkrecht Wie oben in Cap. III
bezeichnen wir die dieser Richtung parallele Translation
durch 2t,.
— 400 -
Die Translationsgruppen ^ welche in den Raumgruppen
des monoklinen Systems enthalten sind, sind diejenigen vom
monoklinen Typus, nämlich Fm und F^.
Wir beginnen mit der Aufstellung derjenigen Raum-
gruppen, welche der Hemiedrie entsprechen, deren isomorphe
Punktgruppe also die Gruppe S ist Diese Gruppe enthält
die Operationen 1 und @', die ihr isomorphen Ranmgruppen
entstehen dem Fundamentaltheorem gemäss durch Multiplica-
tion der Trauslationsgruppe mit einer Spiegelung @ oder mit
einer Operation ®{t), wo t eine halbe primitive Translation
der Gruppe ist, Jeder dieser Gruppen kommen daher un-
endlich viele Symmetrieebenen oder Ebenen mit Translations-
symmetrie zu. Sie entsprechen den sämmtlichen mit @ resp.
@(t) isomorphen Operationen, welche in Gap. VI, 4 durch
Reihe 4) dargestellt worden sind. Ueber die Lage und Natur
dieser Ebenen schicken wir einige Untersuchungen voraus.
Wir bemerken zu diesem Zweck, dass die Ebene 6 der Ope-
ration © resp. ©(0; ™it welcher die Translationsgruppe
multiplicirt wird, senkrecht zur Translation 2irj und parallel
zu 2xg und 2tf liegt*)
Die Operation ©(^) ist natürlich in reducirter Form an-
zunehmen; wie aus Cap. VI, § 8 hervorgeht, haben wir t einen
der drei Werthe
zu geben. Setzen wir nun
t = a^r^ -f a,r/, a^ — 0, 1 «^ = 0, 1 ,
so giebt dieser Ausdruck ausser den eben genannten Werthen
auch den Werth ^ ^^ 0, er umfasst also neben den drei Ope-
rationen © (t) auch die Spiegelung ©. Wir werden daher,
um alle Fälle gleichzeitig zu erörtern, mit dem so bestimmten
Werth t operieren.
Ist die Translationsgruppe zunächst Fm, so bilden
2Ttf, 2tfy 2tg
das primitive Tripel; jede Translation ist daher von der Form
1) Die Bezeichnnog der Tranalationen otimmt mit der in Cap. ni
eingeführten überein.
— 401 —
Wir multipliciren sie mit @(0 ^^i^ bestimmen diejenige re-
ducirte Operation, welche dem Produkt äquivalent ist Nun
sind alle ganzen Vielfachen von 2te und 2tf nach Cap. VI, § 8
auf die reducirte Operation ohne Einfluss, es genügt daher die-
jenige Operation zu suchen, welche sich durch Multiplication
der Operation © {t) mit der Translation von der Länge 2^3 r,
ergiebt. Femer ist nach Satz XII von Cap. V zu schliessen,
dass sich durch Multiplication von @(^) mit 2tj die gleiche
Operation an einer Ebene ö^ ergiebt, welche zu o parallel ist
und den Abstand r, von 6 hat, also folgt:
Lehrsatz IV. Die Translationsgruppe Fm vom monoTüinen
Tjfpus und eine zu ihren gweigähligen Axen senkrechte Symmetrie-
ebene bedingen unendlich viele parallele Symmärieebenen. Der
Abstand je zweier von ihnen ist gleich der Hälfte der den Axen
parallelen Translation. Das Analoge gilt für Ebenen mit Trans-
Die einander parallelen gleichartigen Ebenen mögen mit
<y, o , o ...
bezeichnet werden. Sie zerfallen in zwei verschiedene Schaaren
gleichwerthiger Ebenen, welche aus je einer von ihnen durch
die Translationen von JT^ hervorgehen.
Das primitive Tripel der Gruppe F^ kann durch
2r,, 2r/, r, + r/ + r,
dargestellt werden. Jede ihrer Translationen ist daher in
2m^Xe + 2m^tf + m^{r^ + r/ + x»)
enthalten. Wir nehmen die Operation @(^) wieder in der
eben betrachteten Form an, und bestimmen die reducirten
Operationen, welche dem Produkt aus @(^) und den vor-
stehenden Translationen äquivalent sind. Hier haben wir zu
unterscheiden, ob m^ eine gerade oder ungerade Zahl ist.
Es sei zunächst m^=^2p eine gerade Zahl. Beachten
wir nun, dass die ganzen Vielfachen von 2r« und 2r/ imberück-
sichtigt bleiben, so folgt, dass es sich wieder nur um die-
jenigen Operationen handelt^ die durch Multiplication von @ (t)
Sohoenfliei, KrysUUstructar. 26
— 402 —
mit 2ptz entstehen; wir erhalten daher dieselben, die wir eben
abgeleitet haben ; Ton den zugehörigen Ebenen sind je zwei
folgende um r, yon einander entfernt.
Diejenigen Operationen, welche sich fQr ungerades m,
ergeben, bedürfen einer genaueren Betrachtung.
Es sei mg = 22) -f- 1, so haben wir zur Ermittelung der
reducirten Operationen die Operation @(t) mit
r, + r/+(2i> + l)r.
zu multipliciren. Ist nun @i(^i) diejenige Operation, welche
dem Product äquivalent ist, so ist nach Cap. V Satz XII wieder
zu schliessen, dass r« -f- 1/ in die Translationscomponente ti
eingeht, während die zu 6 parallele Ebene tf^ nur von (2jp4- 1) ^»
abhängt und zwar ist ihr Abstand von ö die Hälfte von
(2p + 1) r,. Diejenige, welche sich für jp = 0 ergiebt, liegt
daher in der Mitte zwischen 6 und der jiächsten mit <f 'gleich-
artigen Ebene. Für t^ ergiebt sich
^ = a^te + a^tf + te + T/
und zwar entsprechen den vier Werthepaaren
0,0, 0,1, 1,0, 1,1
von ttj und a^ die Werthe
^1 = ^* + Vy h = '^e+ 2t/, t^ = 2r« + t/, t^ = 2r, + 2tf,
die zugehörigen reducirten Operationen sind daher
Wie das vorstehende lehrt, stellen sie sich ein, wenn die oben
genannte Translation resp. mit
@, @(r^ @(r,), ©(r, + r^)
multiplicirt wird. Wird also die Gruppe Fm mit einer Ope-
ration der ersten Reihe multiplicirt, so treten auch die
Operationen der zweiten Reihe auf. Es giebt daher nur etoei
verschiedene Gruppen dieser Art, die eine enthält gleicheeitig ©
und ©j (te + T/), die andere © (r^) und ©i (t/) und umgekehrt.
Wir sprechen das Gesammtergebnis der Untersuchung in
folgenden Sätzen aus:
— 403 —
Lelirsatz V. Die Translationsgru^ßpe Fin vom moncklinen
Typus und eine m 2t^ senkrechte Symmetrieebene bedingen un-
endlich viele parallele Symmetried>enen und unendlich viele
Ebenen mit TranskUionssymmetrie, die in gleichen Abständen
auf einander folgen. Der Abstand zweier gleichartiger Ebenen ist
gleich t,. Die gleichartigen Ebenen zerfallen in je zwei Schaaren
gleichwerthiger Ebenen^ deren Entfernung 2t^ beträgt.
Bezeichnen wir die sämmtlichen so bestimmten Ebenen,
wie oben, der Keibe nach durch
<y, Ö y 6 j 6 . . . ,
so ist ersichtlich, dass die Ebenen 6 und ö" einerseits, 6' und ö'"
andrerseits gleichartige Ebenen sind. Ihr Abstand beträgt
je die Hälfte von x».
Der zweite Satz, welcher aus dem Vorstehenden folgt,
lässt sich folgendermassen aussprechen:
Lehrsatz VI. Die monoMine Translationsgruppe Fm und
die Operation @ (r«) resp. © (r/) bedingen unendlich viele Ebenen
gleitender Symmetrie. Dieselben zerfallen in zwei verschiedene
Arten, deren Translationscomponenten resp. r« und ty sind. Je
zwei Ebenen derseTben Art haben den Abstand r,, die Entfernung
je zweier auf einander folgender ungleichartiger Ebenen ist die
Hälfte von t,. Endlich haben je zwei gleicbwerthige Ebenen die
Entfernung 2r,.
§ 5. Bezeichnen wir für die wirkliche Ableitung der
Gruppen S« die zu 2t, senkrechte Ebene von nun an durch ö^^
und die zugehörige Spiegelimg durch @a; so ergiebt sich
Folgendes.
Ist die Translationsgruppe die Gruppe Fm, so entsteht
eine erste Raumgruppe dieser Art durch Multiplication yon
Ffn mit der Spiegelung @a an einer zu r« senkrechten Ebene öh.
Gemäss Satz IV sind alle Operationen zweiter Art reine
Spiegelungen; die spiegelnden Ebenen sind sämmtlich parallel
und folgen im Abstand r, aufeinander. Die zugehörige Gruppe
möge durch
bezeichnet werden.
26*
— 406 —
§ 6. Die Hemimorphie des monoklinen Systenus. Die
Heinimorphie des monoklinen Systems ist durch die Pankt-
gruppe C^ gekennzeichnet^ sie enthält die Operationen 1 und St,
entsteht also durch Multiplication der Identität mit einer
ümklappung.
Um die ihr isomorphen allgemeinen Gruppen abzuleiten,
haben wir eine der beiden Translationsgruppen Fm und F^ mit
%{n), resp. «(ä, 0
zu multiplicireU; wo t eine halbe primitive Translation parallel
zu Axe a ist. Jede dieser Gruppen enthält unendlich viele
zweizählige Axen, welche Drehungsaxen oder Schraubenaxen
sein können und sämmtlich zu einander parallel sind.
Die bezüglichen Gruppen unterscheiden sich nach den
Operationen, die sie abgesehen von den Translationen noch
enthalten. Eine vorläufige üeberlegung zeigt, dass drei ver-
schiedene Arten solcher Gruppen ezistiren können. Entweder
nämlich sind alle Axen Drehungsaxen, oder alle Axen sind
Schraubenaxen, oder endlich giebt es beide Gattungen von
Axen. Diese drei Typen von Gruppen existiren in der That.
Ehe wir zur Aufstellung dieser Gruppen übergehen,
untersuchen wir, in wie viele verschiedene Schaaren gleich-
werthiger Axen die sämmtlichen Axen einer jeden Gruppe
zerfallen. Wie aus Satz X von Cap, V folgt, ist die Ver-
theilung der Axen von den zu ihnen parallelen Translations-
componenten unabhängig, sie ist also im besondem dieselbe,
ob die erzeugende Axe a eine Drehungsaxe oder Schraubenaxe
ist. Gemäss Cap. VI § 6 haben
wir diejenigen Axen in's Auge zu
fassen, welche das Innere oder den
Umfang des dort m\i AÄ^Ä^A^ be-
zeichneten Parallelogramms treffen.
^ Dieses Parallelogramm wird ausser
durch a durch diejenigen Axen a^^^s; ^ bestimmt, welche aus a
in Folge der primitiven Translationen entstehen.
Wir fassen zunächst die Gruppe Fm in's Auge. Für sie
ist (Fig. 46)
— 407 -
AAi = 2t„ AA^ = 2tf, AA^ = 2r, + 2r/;
Gemäss § 3 und 5 von Cap. Y wird daher das Parallelogramm
AA^A^A^ nur in den Mitten B,C,D der Seiten AA^^ AAi, AA^
von Axen b, c, d getroffen, und zwar sind alle Axen a, hj c, d
gleichartig aber nicht gleichwertig. Sie sind daher entweder
sämmtlich Drehungsaxen oder sämmtlich Schraubenaxen.
Für die Gruppe Fm betrachten wir für die vorliegende
Untersuchung am zweckmässigsten
als primitives Tripel. In diesem Falle sind AA^ und AA^ nur
die Frojectionen von 2r^ und 2x^ auf der zu den Axen senk-
rechten Ebene; AA^A^A^ ist daher nicht mehr primitives Pa-
rallelogramm fOr die der Netzebene entsprechende Gruppe^
vielmehr ist
AA^ = t«, AA^ = r/, AA^ = r« + ty.
Im übrigen bleibt die Axenvertheilung, da sie nach Satz X
des fünften Gapitels von der Gomponeute r« unabhängig ist,
die nämliche wie oben; auch hier werden nur die Mitten
jB, C, D der Seiten AA^^^ -^^9 -^J, von Axen b, c, d ge-
troffen. Ist a eine Drehungsaxe, so sind dem eben genannten
Satz zufolge b und c Schraubenaxen, während d wieder eine
Drehungsaxe ist. Der Abstand zweier nächsten gleichartigen
Axen ist daher die Hälfte einer zu den Axen senkrechten
Translation. Alle vier Axen sind wiederum ungleichwerthig,
also folgt:
Lehrsatz Vin. In jeder Baumgrufipe, welche der Hemir
morphie des monoklinen Systems entspricht^ giebt es vier ver-
schiedene Schaaren gleichtoerthiger snveiaäMiger Axen.
§ 7. Nunmehr ist es leicht, die Gruppen selbst auf-
zustellen. Zunächst ergeben sich zwei verschiedene Gruppen
durch Multiplication von Fm mit fL(n), resp. 5S[(ä, r,); wir
bezeichnen sie durch
6,^ = {r,, ?1(ä)} und S,* = {r«, a(;r, r,)}.
Die erste von ihnen enthält, wie das Vorstehende zeigt, lauter
Drehungsaxen, die letztere dagegen lauter Schraubenaxen.
— 408 -
Wird die Translationsgruppe Dn mit einer Umklappung 31
multiplicirty so werden, wie wir eben sahen, die Axen b und c,
welche die Seitenmitten des Parallelogramms treffen, die
Schraubenaxen, während die durch D gehende Aze d eine
Drehungsaze ist. Es wird daher das eine Paar gegenüber-
liegender Ecken von den Drehungsazen, das andere von den
Schraubenaxen getroffen.
Es ist jedoch zu bemerken, dass die vorstehende Charac-
teristik der Axenlage sich an das beliebig gewählte Netz-
parallelogramm AÄ^A^A^ anschliesst, und deshalb bei anderer
Wahl des primitiven Translationensystems nicht erfüllt zu
sein braucht. Dies ist in der That der Fall. Wir können
nämlich (Gap. III, § 6) F^ auch durch die Translationen
tf + tzy T, — r«, Te -f- Xf
definiren. In diesem Fall treten statt der Parallelogramme
Fig. 47. AAj^A^A^j resp. ABCD
_^' A ^, (Fig. 47) die Parallelo-
gramme AÄ A^A^y resp.
AB^CD auf und es sind
die Punkte A und 2), durch
welche die Drehungsaxen
hindurchgehen, sowie die Punkte B^ und (7, welche von den
Schraubenaxen getroffen werden, anliegende Ecken. Wir be-
zeichnen die bezügliche Gruppe durch
6*»={r», 31}.
Da die Grruppe unter ihren Bewegungen auch eigentliche
Schraubenbewegungen 91 (», x,) enthält, so führt die Multipli-
cation der Translationsgruppe Fm^ mit % (sr, t,) gemäss Satz
XXY des vorigen Capitels nicht zu einer neuen Gruppe.
Denmach erhalten wir folgendes Resultat:
Lehrsatz XI« Es gid>t drei verschiedene Typen von Banm-
grupperif welche der Hemimorphie des monohlinen Systems ent-
sprechen. Zwei von ihnen enthalten F«, eine F^ als Translations-
gruppe.
Für die analytische Darstellung der gleichwerthigen
Punkte nehmen wir das Coordinatensystem so an, dass die
\^\
y^
\n /
?c
~\/
^.
A
- 409 ~
Axe a mit der Z-Axe identisch wird. Nun sind die beiden
Coordinatentripel der Punktgruppe C^ durch xy z und xy 0
dargestellt; folglich erhalten wir folgende Werthe fär die
einer jeden Gruppe entsprechenden Coordinaten des Funda-
mentalsystems:
62^: xy0 und xyZy ßj*: xya und xyz-^-t^,
(£3^: xy 0 und o; y ;s;.
Die Gruppen Sj^ und Kg* sind daher diejenigen Gruppen, für
welche sich alle gleichwerthigen Punkte dadurch ergeben, dass
zu den gleichwerthigen Coordinatentripeln der isomorphen
Punktgruppe die Translationen der bezüglichen Translations-
gruppe hinzugefügt werden. Sie können durch Multiplication
der Punktgruppe 0^ mit JH«, resp. Fm gebildet werden.
§ 8. Die Holoedrie des monoklinen Systems. Die
Symmetrie der monoklinen Holoedrie wird durch die Punkt-
gruppe (7/ dargestellt, deren Operationen
1, a, @, 31©
sind. Die Symmetrieebene 6 steht auf der Axe a senkrecht;
die Operation %® ist daher einer Inversion 3 äquivalent. Die
Gruppe C^^ kann mithin durch Multiplication der Gruppe C^
mit © oder mit 3 erzeugt werden. Für die zu C^^ isomorphen
Baumgruppen (S^h bieten sich daher gleichfalls zwei ver-
schiedene Entstehungsarten dar, je nachdem wir die erzeugende
Operation isomorph zu @ oder 3 annehmen. Nun sind alle
zu 3 isomorphen Operationen selbst Inversionen, folglich kann
jede Gruppe (£2,« durch Multijplication einer Gruppe (S^ ^^^
einer Inversion gebildet werden. Wir ziehen jedoch vor, diese
Erzeugungsart nicht zu wählen, sondern hierzu eine mit ©
isomorphe Operation zu verwenden, d. h. eine Spiegelung ©
oder eine Gleitspiegelung © (r), deren Ebene e auf den Axen
senkrecht steht Wie in § 5 bezeichnen wir sie wieder durch
@A resp. ©A(r) und nennen die zugehörige Ebene 6^. Jede
derartige Operation, welche das Axensystem einer Gruppe (S^
so in sich überführt, dass die in § 13 des letzten Capitels
erörterten allgemeinen Bedingungen erfüllt sind, führt zu
einer Gruppe (£2,^. Um auch die Erzeugung dieser Gruppen
- 410 —
durch Inversion deatlich zu machen, werden wir für jede von
ihnen die Lage der Symmetriecentra ebenfalls angeben. Ist
die Lage eines Symmetriecentrums bekannt, so folgen die
andern aus dem in § 3 enthaltenen Lehrsatz III.
Die angezogene Bedingung von Cap. VI, 13 ist, da die
Translationscomponente der Schraubenbewegungen denWerth x^
hat, für jede der drei Gruppen Sg erfüllt. Die erzeugende Ope-
ration darf nur gleichartige Axen in sich überführen. Da die
Spiegelung @a jede Axe in sich - selbst überführt, so liefert
sie für jede der drei Gruppen ©j^, S^*, ^% eine Gruppe 62,4.
Ihre Operationen werden einerseits von den Bewegungen der
genannten drei Gruppen gebildet, andrerseits von denjenigen
Operationen zweiter Art, welche die Existenz der Operation ©*
resp. @A(r) zur Folge hat Hierüber ergiebt sich im Einzelnen
Folgendes.
Für diejenige Gruppe, welche sich aus ^ ableiten lässt,
sind gemäss Satz IV alle zu 6}, parallelen Ebenen reine Sym-
metrieebenen; je zwei derselben haben den Abstand r, von
einander. Die Symmetriecentra sind so vertheilt, dass in jeden
Schnittpunkt einer Drehungsaxe mit einer Symmetrieebene
ein solches Centrum fallt. Wir bezeichnen die bezügliche
Gruppe durch
e,.** = {e.S©»}'={S,S3}.
Die Gruppe, welche sich aus ^ durch Multiplication
mit @A ableiten l'asst, enthält gemäss Satz IV ebenfalls un-
endlich viele Symmetrieebenen, die in Abständen von r« auf
einander folgen. Nach dem Satz XIY von Cap. Y fallen die
Symmetriecentra für diese Gruppe ebenfalls sämmtlich in die
Axen, aber in die Mitte zwischen je zwei auf einander fol-
gende Ebenen. Wir bezeichnen die Gruppe durch
6,y={S,*, @,} = {6,«, 3m}.
Die aus ^ mit @a ableitbare Gruppe bezeichnen wir durch
6,/={e,», ©*} = {(£,», 3}.
Die Operationen, welche der Spiegelung @ der Punktgruppe
zur Seite stehen, ergeben sich in diesem Fall durch Multi-
— 411 -
plication von @a mit der Translationsgruppe r«*; sie sind
daher gemäss Satz Y theils reine Spiegelungen, theils Ope-
rationen ©hite-^-t/), und zwar folgen die zugehörigen Ebenen
abwechselnd in einem Abstand gleich der Hälfte von r, auf
einander. Die Symmetriecentra liegen auf den Drehungsaxen
in den Schnittpunkten mit den Symmetrieebenen, auf den
Schraubenazen dagegen fallen sie in die Schnittpunkte mit
den Ebenen gleitender Symmetrie.
Durch Multiplication der Gruppen ^^^ ^2*9 ^^ ^^^ ^^^
Operation @a(t), wo t eine halbe Translation parallel der
spiegelnden Ebene ist, ergiebt sich ebenfalls je eine neue
Gruppe @2,A. Was nämlich zunächst die Gruppen Sj^ und ^^^
betri£Ft, so sind ihre verschiedenen Axen arten sämmtlich gleich-
artig, und der Abstand je zweier der vier Axen a, b, c, d ist
eine halbe Translation r; die Operation @a(t) bringt daher
die Axen unter einander zur Deckung. Für die Gruppe (S^^
sind die Axen theils Drehungsaxen, theils Schraubenaxen, und
zwar so, dass, wie oben S. 407 erwähnt wurde, der Abstand
je zweier nächster Drehungsaxen, resp. je zweier nächster
Schraubenaxen,^ eine halbe zu den Axen senkrechte Trans-
lation ist Es führt also auch für die Grappe Sj^ die Ope-
ration ©a(t) für jede zu den Axen senkrechte Translation 2r
die Axen so in sich über, dass nur die gleichartigen auf ein-
ander fallen. Da keiner dieser Translationen eine ausgezeich-
nete Bedeutung für die Gruppe JH»^ zukommt, so ist es
gleichgiltig, welche von ihnen in die erzeugende Operation
eingeht«
Wir bezeichnen die drei bezüglichen Gruppen resp. durch
<£».*» = {(£,», ©»(r)} = {©,*, 3.)
6«/={<S,», ©*(r)} = {6.», 3x}.
Diejenigen Operationen, welche der Spiegelung @ der Punkt-
gruppe isomorph sind, sind wieder die nämlichen, die wir in
§ 4 für die Gruppen (S^/ und (£/ kennen gelernt haben, also
für ®2,A* und 62,**^ lauter Operationen @ä(t) an parallelen
— 412 —
Ebenen im Abstand r«, für die Gruppe Sg.^^ dagegen wechseln
je zwei Ebenen mit einander ab, für welche ®h(te) und ®h(t/)
die zugehörigen Operationen sind.
Was die Inversionen der drei Gruppen betrifft, so föllt
diesmal keines der zugehörigen Symmetriecentra in eine Aze,
da sonst, wie Satz XIY von Cap. Y zeigt, die bezüglichen
Gruppen von den drei ersten Gruppen dieser Art nicht ver-
schieden wären. Die Symmetriecentra liegen daher in den
Mitten zwischen je zwei gleichartigen Axen, so dass, wie es
Satz in verlangt, die Entfernung je zweier von ihnen gleich
einer halben Translation ist. In der That ist auch unmittel-
bar ersichtlich, dass für jede der drei Gruppen die bezügliche
Inversion das gesammte Axensystem in sich überführt.
Wir erhalten daher schliesslich folgendes Resultat:
Lehrsatz X. Es gid>t sechs verschiedene Typen von Baum-
gruppen, welche der Holoedrie des monoMinen Systems entsprechen.
Vier von ihnen enthalten Fm als Untergruppe^ die beiden an-
dern Fm-
Bemerkung. Wir können die sechs Gruppen auch
danach unterscheiden, in welcher Weise sie die Axen der
Gruppen 6^ zur Deckung bringen. Es ist ersichtlich, dass
die ersten drei Gruppen jede Axe in sich selbst überführen,
während die letzten je zwei der vier Axenschaaren unter ein-
ander vertauschen.
Für die Darstellung der Coordinaten des Fundamental-
systems nehmen wir das Coordinatensystem in gleicher Lage
an, wie für die Hemiedrie und Hemimorphie; die Axe a wird
also Z-Axe, und die Ebene 6 der erzeugenden Operation wird
XF- Ebene. Gemäss S. 201 sind die Coordinatentripel der
Punktgruppe Cg* resp.
xyz, xy0y xye, xye,
sie entsprechen der Reihe nach den Operationen
1, «, @, «©.
Wir erhalten daher, wie unmittelbar ersichtlich, folgende Co-
ordinaten für die vier gleichwerthigen Punkte einer jeden der
sechs Gruppen:
— 413
e^»^:
xye,
xye,
xye,
xye
6*.»':
xyg,
xye,
+ t.
«y«,
xye
es.»":
xye,
xye.
xye,
xye
6,,**:
xye,
xye,
xye.
xye
6,.*»:
xye.
xye.
xye,
xye
+ t.
+ r
+ r-[
e«/: xye, xye, xye, xye.
Die Gruppen ©s.a^ und ©g,** sind diejenigen Gruppen, für
welche sich die Coordinaten aller gleichwertigen Punkte da-
durch ergeben, dass die bezüglichen Coordinatentripel der iso-
morphen Punktgruppe um alle Translationen der bezüglichen
Translationsgruppe vermehrt werden, die also durch Multi-
plication von Cj* mit Fm resp. F«^ erzeugt werden können.
Diese Gruppen sind gleichzeitig diejenigen, welche die Gesammt-
Symmetrie der beiden monoklinen Baumgüter characterisiren.
Achtes Capitel.
Die Gruppen des rhombischen Systems«
§ 1. Vorbemerkiingen. Das rhombische System enthält
diejenigen Krystallclassen, welche den Punktgruppen
F*, F, C,^
entsprechen. Die ihnen isomorphen Raumgruppen sind daher
durch eine oder darch drei einander senkrechte Schaaren zwei-
zähliger Axen ausgezeichnet. Die Punktnetze, welche von jeder
Axenschaar in den zu ihr senkrechten Ebenen erzeugt werden,
sollen Äxennetze genannt werden. Sie sind von den in diese
Ebenen fallenden Translationennetzen wohl zu unterscheiden
Die in den Raumgruppen enthaltenen Translationsgruppeu
sind gemäss Cap. III von viererlei Typus. Das Tripel primi-
tiver Translationen hat eine der vier folgenden Formen:
Ztxf ^'^Vi ^'^»y
Xx "f~ 'Py; Xx tTy, ^Xgy
% + ^«7 "^i + ^«; ^a: + ^yy
Xy "T— Xz Xxj Xf -f" Xx T'y; Xx "t" "^y ^«*
Die zugehörigen Translationsgruppen bezeichnen wir, wie
oben, durch
Wir bemerken noch, dass, im Gegensatz zu den bisher be-
nutzten Translationsgruppen, Xx, Xy, x, sämmtlich bestimmte
Richtung haben, also auch bestimmte Translationen bedeuten.
Jedes Azennetz besteht, dem Character der vorstehen-
den Translationsgruppen entsprechend, aus Rechtecken oder
Rhomben.
— 415 -
§ 2. Allgemeine Eigenaohaften der hemimorphen Gruppen.
Wir beginnen mit der Hemimorphie des Systems, deren Punkt-
gruppe G^^ ist. Dieselbe entsteht (ygl. Cap. Y, 8 des ersten
Abschnitts) durch Multiplication der Gruppe G^ mit der Spie-
gelung ©9, deren Ebene durch die Drehungsaze der Gruppe
geht, und enthält die vier Operationen
1, a, ©., «©..
Die zu G^ isomorphen Raumgruppen sind dem Fundamental-
theorem gemäss durch Multiplication einer Gruppe @^g mit
einer Operation ©« resp. @o(t) zu bilden; diese Operation
muss die Eigenschaft haben, das Axensystem der Gruppe S^
so in sich überzufahren, dass die Bedingung des Satzes XXII
von Cap. VI erfiillt ist« Dies ist, da jede Translationscompo-
nente t, selbst ist, stets der Fall. Jede Operation @, resp.
@e(r), welche die gleichartigen Axen zur Deckung gelangen
lässt, fährt daher zu einer Raumgruppe, welche der Hemi-
morphie des rhombischen Systems entspricht.
Wir bezeichnen die Gruppen dieser Art durch ©2,«. Ueber
die Operationen, die sie enthalten, lässt sich im Allgemeinen
Folgendes aussagen. Zunächst ist zu bemerken, dass die Be-
wegungen einer jeden von ihnen mit denjenigen der Gruppe (S^
identisch sind, aus denen sie entsteht. Die Operationen zweiter
Art stehen den Operationen ©« und Sl©« der Punktgruppe
zur Seite. Diese Operationen sind Spiegelungen, deren Ebenen
senkrecht auf einander stehen und durch die Drehungsaxe
gehen. Jede Gruppe Sa,« enthält daher zwei zu einander senk-
rechte, den Axen parallele Ebenenschaaren, die entweder Sym-
metrieebenen oder Ebenen mit Translationssymmetrie sind.
Jede dieser Ebenenschaaren ist bezüglich ihrer Lage, sowie
bezüglich der ihr entsprechenden Operationen durch eine von
ihnen und die Translationsgruppe bestimmt; ihre Natur und
Vertheilung unterliegt denselben Gesetzen, die wir in Cap. VII,
§ 4 für die Gruppen 6« des monoklinen Systems abgeleitet
haben.
Um die sämmtlichen Gruppen dieser Art zu erhalten,
haben wir zu prüfen, wie sich für jede der drei Gruppen
- 416 —
eiiie Ebene 6^, parallel den Axen legen lässt^ so dass die Ope-
ration @„ oder die Operation ©„ (r) eine Deckoperation des ge-
sammten Äxensystems dieser Gruppe ist. Diese Gruppen sind
sicher verschieden, wenn sie das Axensystem der Gruppe S^
auf verschiedene Art in sich überführen. Das Umgekehrte ist
jedoch nicht immer richtig; vielmehr ist zu bemerken, dass
hier derjenige Fall Platz greift, auf den im Anschluss an den
Satz XXVI von Gap. VI hingewiesen wurde. Wenn nämlich das
Axensystem einer Gruppe 62 durch eine Operation©» oder ©»(r)
in sich übergeht, so ist dies auch für die Operationen ©«(r«)
resp. ©r(r + r,) der Fall; diese Operationen sind daher gleich-
falls zur Erzeugung von Gruppen Ggi, zu verwenden. Aller-
dings können die so definirten Gruppen identisch werden;
dies ist in jedem Fall besonders zu untersuchen.
Um die Natur der durch die Operationen ©,, und ©«(r)
bewirkten Decklagen des Axensystems zu kennzeichnen, ver-
fahren wir folgendermassen. Jede dieser Operationen führt
die vier Schaaren gleichwerthiger Axen der Gruppe S^ ^^ ®^'
ander über. Die Art, in der dies geschieht, ist hinreichend
definirt, wenn bekannt ist, auf 'welche Weise sich die vier
Axen a, &, c, d, welche die Axenschaaren vertreten, unter ein-
ander vertauschen. Die Permutation, welche diese Vertauschung
ausdrückt, soll jedesmal angegeben werden, wir bezeichnen
sie so, dass wir die bezüglichen Axen in Klammern ein-
schliessen. Beispielsweise bedeutet {aV) die gegenseitige Ver-
tauschung von a und &, während (c) ausdrückt, dass die Axe c
in sich selbst übergeht,^) u. s. w.
Die Permutationen, welche hier einzig und allein in Frage
kommen, sind solche, welche eine der vier Axen a, &, (?, d
entweder in sich selbst übergehen lassen, oder zwei von
ihnen unter einander vertauschen. Da nämlich diese Ver-
tauschungen der Operation © resp. ©(t) entsprechen, so ist
die zweimalige Ausführung derselben einer der bezüglichen
Gruppe ^2 aiigehörigen Bewegung äquivalent, sie muss daher
1) Vgl. die Bemerkung auf 8. 412.
— 417 —
jede Axe wieder in eine mit ihr gleichwertige Axe zurück-
fahren.
Jeder Gruppe (S^j,« entspricht eine derartige Permutation;
derselben Permutation dagegen werden, wie oben bemerkt,
im Allgemeinen ewei verschiedene Gruppen (S^2,9 zugehoren.
Dieselben sind gemäss Gap. VI, § 14 immer verschieden, aus-
genommen den im Satz XXV dieses Gapitels vorgesehenen
Fall, dass die mit ©i, resp. ©»(r) er-
zeugte Gruppe bereits die Operation ©„(r,)
resp. ©e (r + r,) von selbst enthalt.
Für die den Symmetrieebenen der
Gruppe 6," isomorphen Ebenen 6^, der
Gruppen @2,9 führen wir nachstehende
einheitliche Bezeichnung ein. Wir sahen
bereits, dass das Axennetz, welches von
den Axen a, b, c, d der Gruppen ßg bestimmt wird, entweder
rechtwinklig oder rhombisch ist. Im ersten Fall verstehen
wir (Fig. 48) unter
A
Fig. 48.
t^
t ,
A*
ff'
C
\D
'1?
^mj
-»»ii
die Ebenen durch ABy AC und die zu AB und AC paral-
lelen Mittellinien. Im zweiten sollen (Fig. 49, S. 423)
6d und 6a,
diejenigen sein, welche durch die Rhombendiagonale AD und
die zu ihr senkrechte Diagonale laufen. Endlich werden wir
für jede Ebenenart die einander parallelen Ebenen, wie im
vorigen Capitel, durch
tf, o , ö ', . . . tfj , 6y, öi'y . . . 6d, 6d Od, . . .
bezeichnen.
§ 3. Die hemimorphen Gruppen mit der Translations-
gmppe r*«,. Für die Translationsgruppe F« bilden
2T;};, 2Ty, 2Xa
das primitive Tripel. Nur die Gruppen (Sj' und ^ können
80 specialisirt werden, dass ihre Translationsgruppe F^ wird;
zu diesem Zweck setzen wir
2 t« = 2T;t; 2Ty = 2iry,
Sehoenflios, Kxyitalliitractur.
27
— 418 -
das Parallelogramm AB CD des Axemietzes geht daher in ein
Rechteck über, und es wird
AB = tx, AC = Ty, AD == Ta: + '«^y
Alle Äxen sind gleichartig. Jede Ebene 6^, welcher eine Deck-
operation des Netzes entspricht, geht daher entweder durch
eine Rechteckseite oder sie schneidet das Rechteck in einer
den Seiten parallelen Mittellinie. Die Gesammtheit aller der-
artigen Ebenen jeder Raumgruppe (S^,« resp. aller derjenigen
Operationen, welche durch eine von ihnen und die Trans-
lationsgruppe bedingt sind, regelt sich nach § 4 des vorigen
Capitels. Im besondern folgt für di^enigen Gruppen ©2,«, deren
TranslcUionsgruppe F« ist, dass alle fsu einander parallelen Ebenen
einer jeden Schaar gleichartig sind, und dass je ewei auf ein-
ander folgende von ihnen den Abstand Xx resp. Xy haben.
Da die Gruppen ^^ und ^^ lauter gleichartige Axen
enthalten, die auf gleiche Weise angeordnet sind, so lassen
sie die nämlichen erzeugenden Operationen zu; in der That
ist hierfür nur die Axenvertheilung von Einfluss. Wir be-
ginnen mit der Gruppe SjS deren Axen sämmtlich Drehungs-
axen sind. Zunächst kann <r« die Symmetrieebene 6 sein, welche
in die Rechteckseite AB föllt; alsdann geht auch durch AC
sowie durch jede Gerade des in der Hauptebene a liegenden
rechtwinkligen Axennetzes eine Symmetrieebene. Damit sind
gemäss § 4 des vorigen Capitels alle Ebenen tf» erschöpft.
Wir bezeichnen die bezügliche Gruppe durch
Die ihr entsprechende Axenpermutation ist durch
(«), (&), ic), (ß)
dargestellt.
Wird die Gruppe Kg* mit einer Spiegelung an der durch
AB gehenden Ebene 6 multiplicirt, so ist die Axenpermu-
tation ebenfalls durch
(fl), (6), (c), {d)
repräsentirt. Zu der durch AC gehenden Ebene 6^ gebort
jetzt gemäss Cap. Y Satz XIX eine Operation @i(ts); das
— 419 —
gleiche gilt für die durch BD gehende Ebene 6^ , während
die Ebene ff, welche CD enthält, reine Symmetrieebene ist.
Die eine Ebenenschaar besteht daher aus Sjmmetrieebenen,
die andere ans Ebenen mit Translationssymmetrie. Die be-
zügliche Gruppe bezeichnen wir durch
(£^.«={S,», ©} = {(£,«, @,(r.)}.
Wählen wir nicht ©, sondern ©(r) als erzeugende Ope-
ration für die Gruppen (S,^ und ^, so kann x zunächst gleich
%M sein. Die Axenpermutation ändert sich dadurch nicht. Die
sich aus (S^^ ergebende Gruppe sei
■e...'-{62S@W}-=|6,S©.(r,)},
sie steht der Gruppe 62,»^ parallel zur Seite; statt der Sym-
metrieebenen dieser Gruppe erscheinen jedoch bei der hier
vorliegenden Gruppe lauter Operationen @(t«) an denselben
Ebenen. Dagegen führt die Multiplication von ^ mit @(r«)
nicht zu einer neuen Gruppe; die Gruppe 6«,«^ enthält näm-
lich bereits die Operation ®i(t«) an der durch AC gehenden
Ebene 6^, und beide Rechteckseiien haben die gleiche Lage
zur Gesammtheit der Axen.
Statt Xg kann auch r« resp. r« -f- x, die bezügliche Trans-
lationscomponente der erzeugenden Operation sein. Die Axen-
permutation ist, da die Translation r« jede Axe in sich selbst
verschiebt, in beiden Fällen die gleiche; sie wird durch
{ah), {cd)
dargestellt.
Wir betrachten zunächst diejenigen Gruppen, die sich
durch Multiplication von ^ und ^^ mit @(tx) ergeben.
Für beide Gruppen gehört zu allen mit 6 parallelen Ebenen
6, 6\ d" . . . die Operation @ (rar). Um die Natur derjenigen
Operation zu ermitteln, welche durch Multiplication von @
mit % entsteht, beachten wir, dass sie zur Operation 9t ©^
von C^* isottiorph ist; ihre Ebene steht also auf 6 senkrecht.
Andrerseits muss sie die oben genannte Permutation des Axen-
Systems bewirken; eine Operation dieser Art ist entweder die
Spiegelung ©„. oder die Gleitspiegelung
27*
— 420 —
deren Ebene tf^» das Rechteck AB CD in der zu -4(7 und BD
parallelen Mittellinie trifft. Da sich aber die Translations-
componente r, nach Cap. V, Satz XIX nur dann einstellen
kann, wenn sie in der Operatioo Ä enthalten ist, so folgt,
dass in der aus ©2^ abgeleiteten Gruppe die Spiegelung ©;„,
auftritt^), in der aus ^ abgeleiteten die Gleitspiegelung
®mi(t^»)- Wir bezeichnen die erste dieser Gruppen durch
e,.,*={S,S©(r.)} = {6,S@„.},
für sie sind die zur Translation Xy parallelen Ebenen 6m^j ^m^,
<Tml ... sämmtlich Symmetrieebenen. Für die zweite Gruppe,
die durch
bezeichnet werden soll, ist unter den genannten Ebenen keiner-
lei Symmetrieebene; sie sind sämmtlich Ebenen mit Trans-
lationssymmetrie.
Endlich haben wir als erzeugende Operation die Gleit-
spiegelung © {tx + tg) zu verwenden. Wie im Vorstehenden
ergiebt sich, dass für beide aus @^^ und 6^^ hierdurch ableit-
baren Grruppen alle zur Operation ©,, von (7/ isomorphen
Operationen von derselben Art sind. Für die mit St©» iso-
morphen Operationen bleiben, da sie ebenfalls die Axen-
permutation (ab) (cd) bewirken, die obigen Schlüsse unver-
ändert bestehen; eine von ihnen ist daher entweder ©^^ oder
©mi(t^#). In diesem Fall enthält aber die erzeugende Operation
©(^or-h^«) die Translationscomponente r«, demnach muss
diesmal in der aus d^^ ableitbaren Gruppe die Gleitspiegelung
®mi(t») auftreten, in der aus Sg^ entstehenden dagegen die
Spiegelung ©,„^. Die Natur der Ebenen tf^i, ^m,7 «^ml . . ., die
zu Ty parallel sind, ist daher die umgekehrte, wie für die
Gruppen (5«,»* imd 62,6^. Wir bezeichnen die so definirten
Gruppen resp. durch
e^c' = {^', @(r« + t.)] = {S,«, ©„.}.
1) Dies Besnltat läset sich auch durch Rechnung ableiten. Es ist
WO @i die Spiegelang gegen eine durch AC gehende Ebene ist.
- 421 —
Ausser den beiden vorstehenden Azenpermutationen kann
an und ffir sich noch diejenige auftreten, welche durch
(acO, (hc)
dargestellt ist. Sie bringt je zwei Axen zur Yertauschung,
die durch die Gegenecken von AB CD gehen. Gruppen dieser
Art existiren wirklich. Als Ebene <T« der erzeugenden Ope-
ration kann die Ebene 6m gewählt werden, welche durch die-
jenige Mittellinie des Rechtecks geht, die den Seiten AB und
CD parallel ist; die zugehörige Operation ist die Gleitspiege-
lung @»,(rx) oder ©m(i^a;+ i^^)- Wir fassen zunächst die durch
die erste erzeugten Gruppen in's Auge. Auch für sie sind,
da dies einzig und allein von der Art der Translationsgruppe
abhängt, alle zu 6m parallelen Ebenen von derselben Art.
Um eine Operation zu finden, welche der Spiegelung Sl©„
der Punktgruppe C^^ isomorph ist, suchen wir wieder eine
solche Operation, deren Ebene zu 6m senkrecht ist, und die
ausserdem die obenstehende Axenpermutation bewirkt. Hier-
für kommen wieder zwei verschiedene Operationen in Frage,
nämlich
®m, (ry) und @m, {ty + r*) ,
wenn die zugehörige Ebene tf^i die zu -4C und BD parallele
Mittellinie des Rechtecks enthält. Wie oben folgt nun, dass
die erstere der aus d^^ abgeleiteten Gruppe angehört, die letz-
tere der aus d^^ ableitbaren. Diese Gruppen sind daher
Wird endlich @m(^« + '^») »Is erzeugende Operation gewählt,
so bleiben alle vorstehenden Resultate in Kraft, mit dem ein-
zigen unterschied, dass analog zu den oben angestellten Ueber-
legungen diesmal die Operation ©m,(i^y + i^#) der aus S^* ab-
geleiteten Gruppe angehört, und @iiix(i^y) derjenigen, die sich
aus @2^ ergiebt. Die sich auf diese Weise aus (S^^ ergebende
Gruppe ist aber mit d^^J^ identisch; denn da die letztere die
Operation ©m(^y + '^s) enthält, so unterscheiden sie sich nur
in der Bezeichnung von einander. Wir erhalten daher nur
eine neue Gruppe, nämlich
— 422 —
Sa " ■
{6,», Q^(t. + r.)}=^ {6,S ©„.(*. + ^«)}-
Es folgt:
Lelirsatz 1. Es gieht zehn Baumgruppm von der Symmetrie
der rhombischen Hemimorphie, deren Translationsgruppe F^ ist
Um die Coordinaten des Fondamentalsystems gleich-
werthiger Punkte au&ustellen^ welche den vorstehenden
Gruppen entsprechen, setzen wir voraus, dass die Coordinaten-
axen die Richtung der Translationen r«, r^, r« haben. Die
Axe a nehmen wir, wie bisher, als Z-Axe. Nun fanden wir
(S. 201) für die Punktgruppe C^" folgende vier gleichwerthige
Punkte:
xyz, xygy xyz, xye,
die resp. den Operationen
1, «, ©., a@.
entsprechen; von ihnen weichen die Coordinaten des Funda-
mentalsystems, wie 8. 392 bewiesen, nur durch Translations-
componenten ab. Wir beschränken uns von nun an darauf,
diese Translationen anzugeben; damit ist das Fundamental-
System hinreichend characterisirt Einer besonderen Unter-
suchung bedürfen die Coordinatenwerthe nur für diejenigen
Gruppen, bei denen die erzeugende Ebene nicht eine Coordi-
natenebene ist, d. h. für die Gruppen Ss,/, &s,«^ und (S«,«^®.
Für sie ist 6^ die spiegelnde Ebene. Aber die Spiegelung ©„
ist der Spiegelung @ in Verbindung mit der durch Xy dar-
gestellten Translation äquivalent, daher führt @m den Punkt
xyz in xyz-\'ty
über. Demnach ergiebt sich folgende Tabelle der zusätzlichen
Translationscomponenten :
0, 0, 0, 0;
0, X,, 0,; X,
0, 0, X,, X,
0 , "f^i, tx, ^« + 1^. ;
0, 0, Xx + x,, ta, + r,;
— 423 —
6»..':
0, T,, -tx + r.,
0, 0, t^ + Xy,
0> 0? ^x + tTy + T,,
'^x + ry + t,,
rx + ty + t,.
Die Tabelle zeigt, dass nur (£s,v^ durch Multiplication der
Punktgruppe (7/ mit fi erzeugbar ist.
§ 4. Die hemimorphen Ghrappen mit der TranslationB-
gmppe F/. Die Translationsgruppe F/ ist diejenige der vier
Translationsgruppen vom rhombischen Typus, die sich nach
den drei zu einander senkrechten Richtungen verschieden ver-
hält. Eine dieser Richtungen, nämlich t«, steht den beiden
andern gegenüber. Nun kann aber jede dieser Richtungen mit
der Axenrichtung der Gruppen &2 zusammenfallen; wir haben
daher die beiden Fälle zu unterscheiden, dass die Axe mit der
j^Richtung oder mit einer der beiden andern Richtungen zu-
sammenfallt. Wir beginnen mit dem ersten Fall, nehmen also
die Axe a als ;ehAxe. Alsdann bilden
2t^, '''X H" "^yj '^x — '^y
ein primitives Tripel. Die Gruppe ist ein specieller Fall
der Gruppe Tm» es können daher derartige Raumgruppen
($2,9 nur aus ^ und ^ entstehen. Wir haben zu diesem
Zweck die in Fm auftretenden Translationen
uXf ^^ Xx T" Xy , aX^ ^=5 Xg^ Xy
ZU setzen. Das Parallelogramm
ÄBCD des Axennetzes geht
dadurch (Fig. 49) in einen Rhom-
bus über, dessen Diagonalen
AD und BC resp. die Länge
Xx und Xy haben. Als spiegelnde
Ebenen können nur solche auf-
treten, welche den Diagonalen
des Rhombus parallel sind. Für
beide Gruppen (S^^ und (S^* ist die Axenvertheilung die gleiche,
also sind für sie die gleichen erzeugenden Operationen zu-
lässig. Wie aus § 4 von Cap. VII folgt, sind aber in diesem
Yig. 49.
— 424 —
Fall nicht alle zu einander parallelen Ebenen gleichartig;
vielmehr gerfallen fwr jede Gruppe 62,», deren Translations-
gruppe r/ ist^ alle parallelen Ebenen einer jeden ScJiaar in sswei
verschiedene Arien, die abwechselnd auf einander folgen. Je zwei
gleichartige haben die Entfernung r« resp. Xy von einander^
und die zugehörigen Operationen unterscheiden sich durch die
Translationscomponente Xy resp. Xx von einander.
Zunächst gestattet das Axensystem beider Gruppen eine
Spiegelung ©«2 gegen die durch AB gehende Ebene 64, Für
die Gruppe Sg^ sind alle Axen Drehungsaxen; daher existirt
auch eine zu 6^ senkrechte Symmetrieebene tf^^, welche durch
a geht. Dagegen ist; dem Vorstehenden gemäss , die durch
BG gehende Ebene <T^ eine Ebene mit Translationssymmetrie.
Durch ^1-4-2 geht dann wieder eine reine Symmetrieebene u.8. w.
Daraus folgt, dass durch jede Biagonäle des in den Hauptebenen
liegenden Transldiionennetsses je eine reine Stfmmetrieebene geht^
während die Rhomben des Axennetzes die Eigenschaft haben,
dass durch eine ihrer Diagonalen eine Symmetrieebene geht^
durch die andere dagegen eine Ebene mit Translations-
symmetrie; die bezüglichen Gleitspiegelungen sind @d(trx) resp.
©rfj(ry). Die zugehörige Gruppe sei
Für diejenige Gruppe, welche aus ^^ entsteht, tritt die
Modification ein, dass die durch a gehende zu 6d senkrechte
Ebene 6^^ nicht mehr reine Symmetrieebene ist; vielmehr ent-
spricht ihr nach Satz XIX von Cap. V die Operation © (r.).
Unter den mit <Tj, parallelen Ebenen ist daher gemäss
Cap. VII, 4 keine reine Symmetrieebene; die Translations-
componenten der bezüglichen Gleitspiegelungen sind r« und
Xy 4~ '^i- In dieser Gruppe finden sich also gleichzeitig die
Operationen
@; ®(r.), @(r.), @(r, + r,).
Wir bezeichnen sie durch
Für jede der beiden vorstehenden Gruppen ist die Per-
mutation der Axen durch
- 425 -
(a), (c), (bd)
darzustellen.
Statt der Spiegelung ©^ dürfen wir, wie oben bei recht-
winkligem Netz, auch die Operationen
zur Erzeugung von Gruppen ®2,» verwenden. Wir beginnen
mit ©^(r,). Die zugehörige Axenpermutation ist, da die Trans-
lation tg jede Axe in sich verschiebt, mit der vorstehenden
identisch. Zunächst ergiebt sich aus ^^ die Gruppe
sie unterscheidet sich augenscheinlich von der Gruppe 62,»"
nur dadurch, dass für jede Ebene ö noch die Translations-
componente t, auftritt; sie enthält daher im besondern auch
die Gleitspiegelungen
®d(r:c + r,) und ©^^ (r^ + t,).
Aus der Gruppe S^^ dagegen kann sich eine neue Gruppe
nicht ergeben-, die Gruppe @8,e^^ enthält nämlich bereits die
Operation ©di(T,), deren Ebene durch a und eine Rhomben-
diagonale geht
Da in den Gruppen 62,»" und 62,»^* bereits eine Opera-
tion ©d(ra.) vorkommt, deren Ebene eine Diagonale von AB CD
enthält, so ergeben sich mit ihr neue Gruppen nicht. Das-
selbe gilt für die Operation ©^(ra. + r«). Einerseits enthält
nämlich die Gruppe (£2,0'^ die der vorstehenden äquivalente
Operation ©rfX'^y + ^^)> andrerseits kommt in der Gruppe
©2,»^^ <lie Operation @d(^* + ^#) selbst vor.
Damit sind die sämmtlichen Gruppen @2,9 der betrach-
teten Art abgeleitet.
Für die Darstellung der Goordinatenausdrücke bedarf es
besonderer Vorbemerkungen nicht. Legen wir die Coordinaten-
axen, wie oben S. 422, so ergeben sich für das Pundamental-
system gleichwerthiger Punkte augenscheinlich folgende Trans-
lationscamponenten :
©2..'^- 0, 0, 0, 0; ©2,.^': 0, t., 0, ^,5
e»,«^»: 0, 0, r„ r,.
— 426 —
Die Gruppe @8,p^^ kann daher durch Multiplication der
Gruppe Gj* mit F/ gebildet werden.
§ 5. Wir haben nun den Fall zu prüfen, dass die Dre-
hungsaxe nicht mit der ausgezeichneten Richtung der Gruppe F/
übereinstimmt, um die Bezeichnung der bisher gebrauchten
anzupassen, denken wir uns die Axenrichtang nach wie vor
als jE^-Axe, alsdann ist das System primitiver Translationen
der Gruppe F/ durch
2txy 2ry, 2r„ ty + %» resp. 2xx, ty + r., Xy — r-
zu characterisireu. Baumgruppen @^2,«9 welche diese Trans-
lationsgruppe enthalten, können daher nur aus ^^ hervor-
gehen.
Das primitive Tripel entspricht derjenigen Wahl, die wir
in § 7 des vorigen Capitels getroffen haben. Setzen wir näm-
lich (vgl. Fig. 47, S. 408)
AA^ = t^* + iy ^ 2txy AA! «» tyy AD = tx, AB^ ^ \%y^
so ist AA' A^A^ dasjenige Rechteck, in welches das a. a. 0.
betrachtete Parallelogramm AA^A^A^ für den vorliegenden
Fall übergeht Die Drehungsaxen gehen nämlich durch A und
D und die Schraubenaxen durch C und B^. Das Reckteck
AB^CD entspricht also wirklich dem Parallelogramm AB^CD.
Die Ebene 6 der erzeugenden Operation ist jedenfalls
den Reckteckseiten parallel. Wie das primitive Tripel der
Gruppe rj erkennen lässt, gerfallen die Ebenen 6, ö', tf" . . .,
welche der Seite AB parallel sind, in jnoei verschiedene Schaaren
gleichartiger Ebenen, toährend die andere Ebenenschaar ans lauter
gleichartigen Ebenen besteht. Der Abstand zweier Ebenen der
zweiten Schaar ist r«, der Abstand zweier Ebenen der ersten
Schaar ist die Hälfte von r^, die zugehörigen Translations-
componenten unterscheiden sich um r«.
Wird als erzeugende Operation die Spiegelung @ an der
durch AB gehenden Ebene 6 benutzt, so geht auch durch
AG eine Sjmmetrieebene 6^. Alle Ebenen beider parallelen
Schaaren gehen durch die Rechteckseiten; von den zu 6 pa-
rallelen Ebenen gehen die Symmetrieebenen durch die Dre-
hungsaxen, die Ebenen mit Translationssymmetrie durch die
— 427 -
Schraabenaxen. Die bezügliche Axenyertaaschung entspricht
der Permutation
(«), Q>). (c), (d).
Wir bezeichnen die so definirte Gmppe darch
6M"={e,» ©} = {(£,», ©,}.
Dieselbe Permutation wird auch durch die Operation @(r^)
an der durch AB gehenden Ebene 6 erreicht Eine solche
Operation ist in der yorstehenden Gruppe nicht vorhanden^
also f&hrt@(r«) zu einer neuen Gruppe. Zu den sämmtlichen
Ebenen 6^, 6\, 6'\ . . . gehört die Gleitspiegelung ©j (r«), von den
zu 6 parallelen Ebenen enthalten die Symmetrieebenen die
Schraubenaxen. Die Gruppe sei
Wir haben nunmehr wiederum zu prüfen, ob sich auch
mit den Gleitspiegelungen
© (t;,) und @ (ir, + r,)
neue Gruppen Ss^^ aus ^^ ableiten lassen. Die durch sie
eintretende Axenvertauschung entspricht in beiden Fällen der
Permutation
(a6), {cd)
und ist daher zulässig. Um die Lage und Natur der zu AG
parallelen Ebenen zu ermitteln , beachten wir wieder, dass
auch die Spiegelung an der za AC parallelen Mittelebene 6^^
die genannte Permutation bewirkt, und ebenso die Operiition
®n>i (^a) cui dieser Ebene. Nun kann durch Multiplication der
Drehung Sl mit ©(r^.) eine Translationscomponente x, nicht
entstehen, demnach gehört die Spiegelung ©m, der mit ©(r;^)
erzeugten Gruppe an, und die Operation ©mi(^«) derjenigen,
die durch Multiplication mit © {x^ + r,) entsteht. Die be-
züglichen Gruppen sind
Für die erste Gruppe sind alle zu AC parallelen Ebenen reine
Symmetrieebenen. Die zweite Gruppe enthält dagegen keine
eigentliche Symmetrieebene.
- 428 —
Für die analytische Darstellung der Coordinatenwerthe
der vorstehenden vier Gruppen nehmen wir das Coordinaten-
system wieder in der üblichen Weise an. Da jede der vier
Gruppen mit einer Operation erzeugt wird, deren Ebene die
XZ- Ebene ist^ so ergeben sich für das Fundamentalsystem
gleich werthiger Punkte die folgenden Translationscomponenten :
©2..^*: 0, 0, 0, 0; ©8,.^^: 0, 0, r. r,
Sa,.^^: 0, 0, r,, r,; 6«,.^^• 0, 0, t^ + r. r, + r.
Die Gruppe ß»,»^* ist diejenige, welche durch Multiplication der
Gruppe C^^ mit F'^ entsteht. Endlich können wir noch fol-
denden Satz aussprechen:
Lehrsatz II. Es giebt sieben Baumgruppen von der Symmetrie
der rhombischen Hemimorphie, deren Translaiionsgruppe FJ ist.
§ 6. Die hemimorphen Gruppen mit der Translations-
gruppe F/'. Das primitive System der Translationsgruppe F/'
besteht aus den Translationen
Ty -\- '^sj '^z ~r ^X} '^x T" '^y^
die Gruppe P/' ist daher von dem gleichen Typus wie die
Gruppe Fm* Demnach können Raumgruppen ©2,», welche FJ'
als Translationsgruppe enthalten, nur aus S^^ entstehen.
Setzen wir (Fig. 46, S. 406)
AB=^\x^, AC=\ty, AB =^ )^{t, + xyl
so ist AA^Al^A^ dasjenige Rechteck, in welches sich das oben
Gap. Vit, §6 betrachtete Parallelogramm AA^A^A^ specialisirt,
ebenso entspricht das Rechteck AB CD dem von den Axen
der Gruppe (S^* bestimmten Parallelogramm ABCB. Die
Drehungsaxen gehen durch A und 2), die Schraubenaxen durch
B und G. Da die Axen verschiedenartig sind, so sind an und
für sich nur solche Yertauschungen der Axenschaaren möglieb,
welche gleichartige Axen zur Deckung bringen.
Die erzeugende Ebene 6p ist auf alle Fälle den Recht-
eckseiten parallel. Wie die Natur der Gruppe F/' zeigt, zer-
fäUt jede der beiden parallelen Ebenenschaaren in je zwei ver-
sdiiedene Schaaren gleichartiger Ebenen^ die abwechselnd auf
einander folgen; der Abstand je zweier gleichartiger Ebenen ist
- 429 -
die Hälfte von r« resp. ty. Ist zunächst 6^ die Symmetrie-
ebene 0y welche durch AB geht^ so gebt die nächste Ebene
durch CD ; die ihr entsprechende Operation kann mit
©(r,) oder @(r,)
bezeichnet werden. Jede dieser Operationen ist vorhanden
and kann^ da Xs -\- x^ eine primitive Translation ist^ als re-
ducirte Form der zugehörigen Gleitspiegelungen angesehen
werden. Da a Drebungsaxe ist, so geht durch AC eine
Symmetrieebene 6^-^ fär die mit ihr parallele Ebenenschaar
existiren die Operationen ©j, ©i (r^), ©iC^,). Die zugehörige
Axenpermutation ist
(o) (6) (c) (d).
Wir bezeichnen die bezügliche Gruppe durch
Die Gruppe besitzt nach den x- und y-Eichtungen die gleichen
Operationen. Da sie, wie oben gezeigt , auch Operationen
@(ra.) und ©(r,) enthält, deren Ebene durch eine Rechteck-
seite geht, so führen diese Operationen nicht zu neuen Gruppen.
Endlich ist auch diejenige Gleitspiegelung gegen 6 als er-
zeugende Operation ausgeschlossen, deren Translationscompo-
nente die Hälfte von r^ -|- x^ ist; denn sie würde die ungleich-
artigen Axen a und & vertauschen.
Es ist zweitens zu untersuchen, ob die erzeugende Ebene
auch durch eine Mittellinie des Rechtecks AB CD gehen kann,
resp. was auf dasselbe hinauskommt, ob es Operationen giebt,
welche die durch
(ad) (bc)
dargestellte Axenpermutation bewirken. Dies ist in der That
der Fall; es genügt die Gleitspiegelung ©m('^); deren Ebene öm
die zu AB parallele Mittellinie enthält, wenn x die halbe
Translation
ist. Die Grosse x ist die einzige halbe Translation, welche
die genannte Axenpermutation hervorbringt. Dieselbe Permu-
tation wird auch durch die analog gebildete Operation ©miC'Ti)
herbeigeführt, deren Ebene die zu AC parallele Mittellinie
enthält, und deren Translationscomponente den Werth
- 430 —
hat. Diese Operation gehört daher gemäss Satz XXV Yon
Cap. VI der yorliegenden Gruppe an. Die Gruppe enthält
wieder nach der x- und y-Axe die analogen Operationen;
keine yon ihnen ist eine reine Spiegelung, ihre Translations-
componenten unterscheiden sich in der in Cap. YII, § 4 an-
gegebenen Weise. Wir bezeichnen die Gruppe durch
®m"= {©,», ©mW) = {(£,», ©».(r,)}.
Für die analytische Bestimmung der Coordinatenwerthe
haben wir zu beachten, dass sich, wie oben erwähnt^ die Spie-
gelung @m durch die Spiegelung gegen die XZ- Ebene und eine
Translation, die gleich der Hälfte von Xy ist, ersetzen lässt.
Demgemäss ergeben sich für das Fundamentalsystem der
gleichwerthigen Punkte die Zusatztranslationen in folgender
Form
©2,.'*: 0 0 0 0;
©2,/' 0 0 ^(r, + r, + r,) |(r, + r^ + r,)
Die Gruppe 62,»'® kann daher durch Multiplication von G^
mit der Translationsgruppe jT/' erhalten werden. Wir erhalten
noch den
Lehrsatz HI. Es giebt sswei Gruppen von der Symmetrie
der rhofhbischen Hemimarphie, deren Translationsgruppe Fj' ist.
§ 7. Die hemimorphen Grtipi>en mit der Translations-
gruppe F/^'. Es sind endlich noch diejenigen Gruppen ©2,«
zu ermitteln, deren Translationsgruppe T/'' ist Als primitives
Tripel dieser Gruppe wählen wir zu diesem Zweck am besten
die Translationen
2t,, tx -{- ty -^ Xzj tx — l^y + '^^«•
Dieselben entsprechen der Gruppe F^; es können daher
nur aus der Gruppe ß,' Gruppen ®2,» entstehen, welche F/"
als Translationsgruppe enthalten.
Wir setzen (vgl. Fig. 49)
A-A-i s= tx ITy, A.A2 = tx ~\~ Ty; JoLA^ = ^txj
80 sind die beiden Rhomben AA^A^Ä^ und ABCD diejäoigen
— 431 —
Figuren, in welche die Cap. VII, 6 betrachteten Parallelo-
gramme AAiA^A^ und AB CD in diesem Fall übergehen.
Die Drehungsaxen gehen durch A und D, die Schraubenaxen
durch B und C.
Die erzeugende Ebene öi, hat in allen Fällen die Richtung
einer Rhombendiagonale. Jede der beiden parallelen Ebenen-
scJuMren besteht aas ewei verschiedenen Ebenenarten ^ die ab-
wechselnd auf einander folgen; der Abstand etveier gleichartigen
Ebenen ist resp. tx und ty. Die Translationscomponenten unter-
scheiden sich für jede der beiden Schaaren resp. um Xx + '^z und
^y + '^s.
Wird als erzeugende Operation die Spiegelung ©^ an der
durch AD gehenden Ebene 6d gewählt, so geht, da a Dre-
hungsaxe ist, durch a noch eine zweite zu 6d senkrechte
Symmetrieebene 64^. Die Ebenenlage stimmt daher mit der
oben far die Gruppe ©2,«^^ geschilderten überein. Im Rhombus
AA^A^A^ geht durch jede Diagonale eine reine Symmetrie-
ebene; dagegen ist von den Ebenen, welche die Diagonalen
der von den Äxen gebildeten Rhomben enthalten, nur eine
eine reine Symmetrieebene, nämlich diejenige, welche die Dre-
hungsaxen enthält. Für die anderen sind @d (%x + '^z) resp.
@d, (Ty -|- r,) die bezäglichen Operationen. Wir bezeichnen die
Gruppe durch
6,,,«» =.{(£,», ©.} = {©,», ©<,.}.
Wie das vorstehende zeigt, kommt in dieser Gruppe eine
Gleitspiegelnng @<i(^«) nicht vor. Wir erhalten daher, wenn
wir sie als erzeugende Operation benutzen^ eine neue Gruppe.
Statt der beiden Symmetrieebenen 64 und 6d^ treten die Ope-
rationen ®d {xg) und @d^ (r«) auf; die andern Operationen dieser
Art werden daher @d(ra.) resp. ©^^(Ty). Wir bezeichnen die Gruppe
durch _
©^." = {©,», ©.(r,)) = {©,», @..(r.)}.
Die den beiden Gruppen entsprechende Axenpermutation
hat die Gestalt
(o), (d), (6c).
Ausser den Yorstehend betrachteten Operationen @ und
@(ir,) sind nun noch die Operationen
— 432 -
®d(t^) und ©d(r.^ + r,)
bezüglich derselben durch AD gehenden Ebene öa zu unter-
suchen. Dieselben entsprechen der Axenpermutation
(ad), (b), (c)
und führen daher zu neuen Gruppen. Wir beginnen mit der-
jenigen, die sich durch Multiplication mit ®di^z) ableiten lässt
Wie wieder aus Cap. VII, § 4 folgt, ist unter den zu 6 pa-
rallelen Ebenen keine Symmetrieebene, die bezüglichen Ope-
rationen sind
©(r,) und ©(r,).
Was die zweite Ebenenschaar betrifft, so ist zu beachten, dass
die vorstehende Axenpermutation durch Spiegelung an einer
durch BC gehenden Ebene tf^/ eintritt, und ebenso durch die
Operation © (r,) gegen diese Ebene. Von ihnen kann aber
nur die Spiegelung der Gruppe angehören; denn sie bedingt
gemäss Gap. V, Satz XIX mit der Axe b zusammen die in
der Gruppe enthaltene Operation ©^(r,) gegen die Ebene öj,
welche durch B geht Weiter folgt nun, dass für die Ebene
6d^ © (ty + tz) die zugehörige Operation ist Wir bezeichnen
die so bestimmte Gruppe durch
«»..*»= {e,»,©.W} = {©,»,©./}.
Es wäre schliesslich noch die Operation © {tx + t,) an
der durch AB gehenden Ebene öa zur Erzeugung einer neuen
Gruppe zu benutzen. Die so entstehende Gruppe ist aber
von der vorhergehenden nicht verschieden, da derselben, wie
eben gezeigt, bereits die analoge Operation © (ty -|- r«) an einer
nur Drehungsaxen enthaltenden Ebene angehört.
Da die beiden vorstehenden Axenpermutationen die ein-
zigen sind, die bei rhombischem Axennetz auftreten können,
so kann es andere Gruppen dieser Art nicht geben; also folgt:
Lehrsatz IV. Es gid>t drei Raumgmppm von der Symmetrie
der rhombischen Hemimorphie, deren TranslcUionsgrufpe F/" ist
Die analytische Darstellung des Fundamentalsystems
gleichwerthiger Punkte macht, da die erzeugenden Operationen
sich sämmtlich auf die durch AD gehende Ebene 6d beziehen,
eine besondere Voruntersuchung nicht nöthig. Vielmehr ergiebt
- 433 —
sich unmittelbar folgendes Schema der Translationscompo-
nenten :
(^/^: 0, 0, 0, 0; (S»,,": 0, 0, r„ r,; ©«, «: 0, 0, r^,, r,.
Die Gruppe 6«,»^ ist diejenige, welche sich durch Mul-
tiplication der Punktgruppe C^^ mit der Translationsgruppe T/'
erzeugen lässt.
Endlich sprechen wir noch folgenden Satz aus:
Lehrsatz V. Es gid>t 22 verschiedene Baumgruppen, welche
die Symmetrie der rhombischen Hemimorphie hesiteen.
§ 8. Allgemeine Bemerkungen über die hemiedrisohon
Gtmppen. Der Hemiedrie des rhombischen Systems entspricht
die Yierergmppe V mit den Operationen
1, U, SB, SB.
Die Vierergruppe V kann durch Multiplication der Gruppe C^
mit einer Umklappung erzeugt werden; analog können daher
die zu V isomorphen Raumgruppen SS gebildet werden. Wir
ziehen jedoch vor, einen Weg einzuschlagen, welcher dem
symmetrischen Verhalten der Vierergruppe nach den drei zu
einander senkrechten Richtungen entspricht. Die Operationen
1,U, 1,», 1,2B
bilden nämlich je eine in ihr enthaltene Untergruppe; das
Analoge trifft daher gemäss Cap. VI, Lehrsatz XVI für die
isomorphen Raumgruppen SB zu. Jede Gruppe SB besitzt also
drei Untergruppen (Sj, deren Axen resp. zu m, t;, u) parallel
laufen; um alle diese Gruppen zu finden, haben wir dem-
gemäss alle möglichen Gombinationen von drei Gruppen Sg
zu suchen.
Wir theilen die Gruppen 85 wieder nach den in ihnen
enthaltenen Translationsgruppen ein, unterscheiden also die
vier Classen, welche resp. den Gruppen JH,, F/, T/', JT/" ent-
sprechen. Die einer jeden Axenrichtung entsprechende Gruppe Gg
ist durch die Art der Translationsgruppe unmittelbar bestimmt.
Die Translationsgruppe bedingt eine Gruppe ^ oder (S^^, wenn
keine Translation existirt, die eine Componente Xxj ty^ r, hat
Sehoen flies, KrystiOlitnictiir. 28
- 434
Fig. 60.
f. 0
Existirt dagegen eine derartige Translation, so erfordert die
Translationsgruppe eine Gruppe @^,^
Hieraus folgt; dass für diejenigen Raumgruppen ä}, deren
Translationsgruppe JT» ist, die Axen nach jeder der drei Rich-
tungen einer Gruppe ^^ oder ^^ angehören. Es sind daher
bezüglich der Natur der Axen die vier Möglichkeiten denkbar,
dass die Axen parallel m, t?, w resp. eine Gruppe
bilden. Wir werden zei-
^/ gen, douss jeder dieser
Möglichkeüen eine und
genau eine Baumgruppe
vom Symmetrieeharader
der Viererffruppen ent-
spricht
Hierzu bedürfen wir
einiger Hilfssätze, die
C' zunächst abgeleitet wer-
den sollen.
Wir denken uns ein
rechtwinkliges Parallelepipedon (Fig. 50), dessen Kanten nach
Länge und Richtung
sind. Ferner seien
%(%y2ta), 83(^,2^^) und S(ä,24)
Schraubenbewegungen, deren Axen a, & und c in die Seiten
OAy B^O^ und A^B fallen, also einander nicht schneiden.
Wir betrachten das Product dieser drei Bewegungen. Denken
wir uns durch irgend einen Punkt drei zu a, &, c parallele
Axen, so ist das Product der zu 9, 93, S isomorphen Um-
klappungen, wie im ersten Abschnitt (S. 62) bewiesen, der
Identität äquivalent Nach Cap. Y § 9 folgt daher, dass das
Product von 0, 93, 6) jedenfalls eine Translation ist
Um dieselbe zu finden, suchen wir den Ort, an welchen
ein beliebiger Raumpunkt nach Ausführung der drei Be-
ry ^y^
— 7^
^■^
"^^.^.
%
«^
B,
"* 's.
— ->
€■
l^
<
^
^
^ '
- 435 —
wegungen gelangt. Wir wählen dazu den Punkt -4', für wel-
chen nach Länge und Richtung ÄA =^2ta ist Dieser Punkt
kommt in Folge der Bewegung Sl nach A. Von hier bringt
ihn die Bewegung 95 nach B', und von dort kommt er durch
Umklappung um die Äxe c nach C und schliesslich durch
die dann eintretende Translation der Bewegung (S wieder
nach A\ Die resultirende Translation hat also die Grosse
Null; d. h. es ist
1) Sia3S=l.
Es ist zu bemerken y dass die Lage der Äxen und die
Richtung der zugehörigen Translationscomponenten nicht be-
liebig innerhalb des Parallelepipedons ist. Die Axen sind drei
zu einander senkrechte Kanten^ die sich nicht schneiden: und
die Translationscomponenten 2 4, 2tb, 2^ sind so gerichtet^ dass
2) 2ta + 2h + 2tc = 2td
ist^ wenn 2td die Länge derjenigen körperlichen Diagonale (7(7,
ist, welche von keiner der drei Axen getroffen wird.
Aus der obigen Gleichung werden wir nun verschiedene
Polgerungen ziehen. Wir multipliciren sie mit ß"-^, so geht
sie in
über. Setzen wir nun zunächst f« = 0, ^6 = 0, so werden %
und 93 Drehungen und die Axe c wird das gemeinsame Loth
für a und h^ also folgt:
1. Zwei UnMappungefiy deren Axen a und h sich recht-
winklig hreueen, bedingen eine Schraubenbewegung vom Winkel n,
deren Axe c das gemeinsame Loth von a und b ist und deren
TranskUionscomponente gleich der doppelten Entfernung dieser
Axen ist
Bemerkung. Es ist natürlich nicht ausgeschlossen, dass
in einer Gruppe, welche die Axen a und b enthält, die Axe c
eine Drehungsaxe ist. Der Satz giebt nur diejenige Bewegung
an, welche nothwendig durch Sl und 83 bedingt wird. Ist
daher c eine Drehungsaxe, so folgt nunmehr, entsprechend
den Sätzen von Gap. Y, § 4, dass in Richtung von c eine
28*
— 436 —
Translation existirt^ die gleich dem doppelten Abstand yon a
und h ist
Setzen wir dagegen ^e °= 0, so fallen die Axen a und b
in dieselbe Ebene^ während die Axe c ihren Platz nicht ändert.
Also folgt:
2. Zwei Schranhefibewegungen vom Winkel x, deren Axen
sich schneiden, bedingen eine Umklappung um eine bu ihnen senk-
rechte AxCy die nicht durch ihren Schnittpunkt gehL
Setzen wir drittens ta «= 0, ^c = 0, so werden a und c
Drehungsaxen; gleichzeitig fällt b in die Gerade OB und
es folgt:
3. Eine Umklappung und eine Schraubenbewegung vom
Winkel x, deren Axen sich schneiden, bedingen zusammen eine
neue Umklappung, deren Axe senkrecht 0u ihnen liegt und die
Axe der Schraubenbewegung schneidet})
Diese Hilfssätze genügen^ um die zur Yierergruppe iso-
morphen Raumgruppen S3 abzuleiten. Die Yierergruppe ist
dadurch characterisirt, dass ihre Operationen jede ihrer drei
Axen einzeln in sich überführen. Gemäss unserm Fundamental-
theorem bilden daher die drei Gruppen ^, deren Axen resp.
parallel zu u, v, w sind, immer und nur dann eine Raum-
gruppe ä}y wenn jede dieser Gruppen die beiden andern in
sich überführt und sich ausserdem eine Translationsgruppe
einstellt, welche das Yorgeschriebene Tripel primitiver Trans-
lationen besitzt.
Ferner ist unmittelbar ersichtlich, dass, wenn St irgend
eine zweizählige Deckbewegung für die Axen einer Gruppe (S^
ist, die Gerade a die Axen von S, entweder schneidet oder in
der Mitte zwischen je zweien von ihnen yerläuft. Die in
einer Gruppe S3 Yorkommenden Axen verschiedener Richtung
schneiden sich daher, oder sie durchsetzen einander in mittleren
Abständen.
§ 9. Die hemiedrisehen Gxnppen mit der Translations-
grappe JT,. Für die Combination
1) Dieser Satz ist ein specieller Fall des Satzes XV in Cap. VI.
— 437 —
sind alle Axen Drehungsaxen, folglich ist gemäss der 6e-
merkuDg zum ersten Hilfssatz jedes gemeinsame Loth zweier
Axen eine Drehungsaxe; die Axen bilden daher (Fig. 51)^) die
Vlg.51.
Xlg. 52.
y
y
w
A
y
^&
y
A
^Jf
^
sämmtlichen Kanten eines rechtwinkligen Raumgitters. Andrer-
seits ist unmittelbar eyident; dass jede Operation einer der
drei Gruppen ^ Deckoperation für die Gesammtheit der
Axen ist und dass als primitive Translationen sich wirklich
^Xxy 2ty, 2tM ergeben, wenn txy tyj t» die Kanten des vor-
stehenden aus den nächsten Axen der drei Gruppen ^ ge-
bildeten Parallelepipedons sind. Wir bezeichnen dieses Parallel-
epipedon durch p und die zugehörige Gruppe durch
Für die Gombination
sind die Axen n und t; Drehungsaxen, dagegen die Axen w
Schraubenaxen. Daraus folgt mit Bücksicht auf Cap. lY, 4
des ersten Abschnitts zunächst, dass eine Axe u und eine
Axe V sich nicht schneiden; sie laufen daher in mittleren Ab-
ständen durch einander durch. Femer zeigt der erste Hilfs-
satz, dass die Axe w die Axen u und t; schneidet.' Dies giebt
die obenstehende Yertheilung der Axen (Fig. 52), welche
allen Bedingungen genügt. Die so bestimmte Gruppe be-
zeichnen vnr durch
1) In den Fig. 61 bis 69 sind die Drehongsaxen dorch starke ans-
gezogene Linien, die Schraubenaxen durch gestrichelte Linien dar-
gestellt.
— 438
e».
6,*
Bei der CombiDation
sind die Axen w Drehangsaxen, die Axen u und t; dagegen
Schraubenaxen. Nach dem dritten Hilfssatz darf w keine der
Axen u und v schneiden, weil sonst Drehungsaxen entstehen,
welche die Richtung der Axen u resp. t; haben. Dagegen
schneiden sich die Axen u und v gemäss dem zweiten Hilfs-
satz. Dies führt zu der in Fig. 53 gezeichneten Lage der Axen.
Fig. 54.
?
In?
Jf
L^—H-^-^i^
y
Dieselbe genügt andrerseits den allgemeinen Bedingungen und
führt demnach zu einer Gruppe mit den Translationen 2tx,
2ry, 2r,. Wir bezeichnen sie durch
Für die vierte Combination
sind alle Axen Schraubenaxen. In Folge des zweiten Hilfs-
satzes dürfen sich keine zwei von ihnen schneiden; sie laufen
daher sämmtlich windschief durch einander durch. Dem ent-
spricht nur (Fig. 54) die obenstehende Lage der Axen. Die
allgemeinen Bedingungen sind für sie gleichfalls erfüllt, also
gehört zu ihnen eine Gruppe, die wir durch
bezeichnen. Es folgt noch:
Lehrsatz VI. Es giebt vier Baumgruppen von der Sym-
metrie der rhombischen Semiedrie, deren Translationsgruppe Fp ist.
Für die Bestimmung der Fundamentalwerthe der gleich-
werthigen Punkte legen wir das Goordinatensystem so einfach
wie möglich. Es lässt sich aber nicht erreichen, dasa die
- 439 -
Coordinatenaxen immer mit den Axen der Gruppen SJ zu-
sammenfallen. Um nun diejenigen Goordinaten zn bestimmen^
welche aus dem Ausgangspunkt xyst durch Bewegung um
eine nicht durch den Anfangspunkt gehende Axe entstehen^
ersetzen wir letztere gemäss Satz Y von Gap. Y durch eine
Translation und die analoge Bewegung um die durch den
Anfangspunkt gehende Axe. Auf diese Weise lassen sich alle
Goordinatenwerthe ohne Mühe bestimmen.
Den Anfangspunkt des Goordinatensystems legen wir für
alle vier Gruppen in die Ecke Ä des Parallelepipedons p^ sa
ergeben sich neben den Ausdrücken
xya, xyzy xyz^ xyz^
welche den Drehungen
1, U, », SB
der Punktgruppe F entsprechen, für S5^, SS*, SS*, SS* noch fol-
gende Translationscomponenten:
as^: 0, 0, 0, 0
»«: 0, 0, r„ X,
«^• 0, r,-fty, r, + ry, 0
SS*: 0, Xx^r'^yy '^y + '^s, ts + tx.
Die Gruppe SS^ ist diejenige, welche durch Multiplication
der Gruppe V mit der Translationsgruppe F^ erzeugt wer-
den kann.
§ 10. Die hemiedrisohen Gruppen mit der Translations-
gmppe r/. Für die Translationsgruppe F/, welche durch
tx "t" tyf tx ty^ jStg
characterisirt ist, existirt keine Translation, deren Gomponente
r, ist. Dagegen kommen die Gomponenten Zx und ty in den
primitiven Translationen vor. Daraus folgt, dass die Axen u
und V je eine Gruppe Sg^ bilden, die Axen to dagegen eine
Gruppe ©2^ oder Sg*. Es ergehen sich daher in diesem Fäll
noch zwei mögliche Gomhinationen der Gruppen ß,, nämlich
e,«, s,«, s,^ und e/, (£,«, e,^^.-.-
— 440 —
Die Lage der Azen muss einerseits denselben allgemeinen Be-
dingungen genügen, wie in den bisher betrachteten Fällen.
Andrerseits sind hierfür noch einige besondere Erwägungen
massgebend. Die Axen w treffen nämlich jede zu ihnen senk-
rechte Ebene in einem rhombischen Netz; und daraus folgt
unmittelbar, dass jede der Drehungsaxen u und v eine der
Diagonalen dieses Netzes ist (vgl. Fig. 49, S. 423).
Wir betrachten zunächst die zweite Combination. Für sie
sind die Axen w sämmtlich Schraubenaxen, daher dürfen sich
zwei Drehungsaxen u und v nicht schneiden. Andrerseits folgt
aus dem ersten Hilfssatz, dass jede Axe u? eine Drehungsaxe u
und eine Drehungsaxe v trifft Daher liegen in jeder zu w
senkrechten Ebene Axen nur einer Richtung, und zwar so,
dass sie in die Diagonalen des rhombischen Netzes fallen,
welches in dieser Ebene von den Axen tv gebildet wird. Dies
führt nothwendig zu der nachstehenden Yertheilung der Axen
Fig. 56.
I I
1^
T-
I I I
X i^^' r
L
ng.M.
TD
4
vy^ :
M
V
(Fig. 55). Die allgemeinen Bedingungen sind für dieselbe er-
füllt, also giebt es eine so definirte Raumgruppe 83. Wir be-
zeichnen sie durch
Für die erste der beiden obigen Gombinationen sind alle
Axen w Drehungsaxen. Im Hinblick auf die vorstehenden
Erörterungen ergiebt sich, dass in diesem Fall je zwei Dre-
hungsaxen u und V sich schneiden. Dasselbe kann übrigens
auch aus dem Zusatz des ersten Hilfssatzes gefolgert werden.
Jede zu w senkrechte Ebene, welche Axen u enthält, enthält
also auch Axen v\ dieselben fallen wieder in die Diagonalen
des in dieser Ebene von den Axen w gebildeten rhombischen
— 441 —
Netzes. Dies führt mit Nothwendigkeit zu derjenigen Yer-
tiieiinng der Axen/ welche durch die vorstehende Figur 56
yeranschaulicht wird. Die bezügliche Gruppe entspricht den
allgemeinen Bedingungen; wir bezeichnen sie durch
»" = {6,», e,', e,M
und erhalten:
Lehrsatz VII. Es gid>t ßvoei Baumgruppen von der Sym-
metrie der rhombischen Hemiedrie, deren Translationsgruppe FJ ist.
Um die Coordinaten des Fundamentalsystems gleich-
werthiger Punkte zu ermitteln, legen wir den Anfangspunkt
wieder in die Ecke Ä des Parallelepipedons p. Alsdann er-
giebt sich, mit Bücksicht auf die Bemerkungen des vorigen
Paragraphen, dass die Coordinatenwerthe ausser den Aus-
drücken
xye, xyg, xya, xyß
noch folgende Translationscomponenten enthalten:
85^: 0, 0, r„ r,; 83«: 0, 0, 0, 0.
Die Gruppe SB« ist diejenige, welche durch Multiplication der
Punktgruppe V mit der Translationsgruppe Fj entsteht.
§ 11. Die hemimoiphen Grappen mit der Trajnslations-
gmppe F/'. Das primitive Tripel ist durch
^y-^- tay t, -j- tx, tx + ty
darstellbar; die Gruppen Sg ^^^^ daher sämmtlich vom Cha-
racter der Gruppen ^. Es giebt in Folge dessen nur eine
mögliche Gombination, nämlich
6,», ^\ e.«.
Wie wir in § 6 gesehen haben, schneidet jede Axenschaar die
zu ihr senkrechten Ebenen in einem rechtwinkligen Netz.
Wir betrachten wieder (vgl. Fig. 48) dasjenige, welches die
Axen u) bestimmen. Da die Drehungsaxen die Gegenecken
des Rechtecks treffen, so muss die erzeugende Axe u, damit
sie das Netz in zulässiger Weise in sich überführt, noth-
wendig in eine Bechteckseite fallen. In welche Seite sie ge-
legt wird, ist ohne Belang, da alle Seiten zur Gesammtheit
der Axen die gleiche Lage haben. Wir legen sie m AB*
— 442 —
Alsdann fallt die erzeugende Drehungsaxe v in die Gerade ÄCj
dagegen mass nun mit BD und CD je eine Schraubenaxe
zusammenfallen^ weil sonst die durch
g. 57. ^ jg ^^gp ^ gehenden Axen Drehungs-
axen werden müssen. Die Vertbei-
lung der Axen ist also nur auf eine
Weise möglich, und zwar so, wie
die nebenstehende Figur 57 es zeigt.
Die Drehungsaxen gehen sämmtlich
"^4' durch zwei Gegenecken des Parallel-
x" epipedons p^ während die übrigen
sechs Kanten desselben Schrauben-
axen sind. Die so bestimmte Gruppe bezeichnen wir durch
und erhalten:
Lehrsatz Vm. Es giebt nur eine Baumgruppe von der
Symmetrie der rhombischen Hemiedriej deren Translationsgruppe
r;' ist.
Es möge noch besonders bemerkt werden, dass die Lange
der Kanten des Parallelepipedons p in diesem Fall nur die
Hälfte von tx, tyj t, ist, in den übrigen Fällen aber r«, Ty, t,
selbst.
Das Parallelepipedon p enthält drei durch den Eck-
punkt A gehende Drehungsaxen. Legen wir in diese Ecke
den Goordinatenanfangspunkt, so ist das Fundamentalsystem
gleichwerthiger Punkte augenscheinlich yon Translationscom-
ponenten frei; die Gesammtheit aller gleichwerthigen Punkte
entsteht durch Addition der Translationen zu den gleich-
werthigen Punkten der Punktgruppe F. Die Gruppe kann
daher durch Multiplication der Vierergruppe V mit der Trans-
lationsgruppe r/' erzeugt werden.
§ 12. Die hemimoiphen Gruppen mit der TranslatioDs-
gruppe JT/". Characterisiren wir die Translationsgruppe F^"'
durch die Translationen
2tx, 2xyy 2r,, ra.-f-ry + ^*;
so wird ersichtlich, dass auch sie lauter Gruppen ^ bedingt.
- 443 —
Es giebt daher ebenfalls nur eine mögliche Combination,
nämlich
©,», ^\ 6,».
Jede Axenschaar bestimmt in den zu ihr .senkrechten
Ebenen gemäss § 7 ein rhombisches Netz. Um die Begriffe
zu fixiren, betrachten wir die Axen w. Wie im vorstehenden,
folgt auch hier, dass die Drehungsaxen u und v nur die Bich-
tung der Diagonalen dieses Netzes haben können, damit das
Netz durch ümklappung um diese Axen in sich übergeht.
Ist nun s die Netzebene, ist (vgl. Fig. 49) AB CD ein Rhom-
bus des Axennetzes und gehen durch A und D die Drehungs-
axen, durch B und C die Schraubenaxen^ so kann die er-
zeugende Axe u sowohl in die Diagonale AD, als auch in
die Diagonale BG fallen. Dem entsprechen zwei verschiedene
Gruppen.
Fällt eine Drehungsaxe u in die Diagonale AD, so geht
durch den Schnittpunkt A der Drehungsaxen u und w auch
eine Drehungsaxe v. Die Drehungsaxen u und v liegen also
in derselben Ebene. Da aber das Axennetz in jeder zu den
Axen senkrechten Ebene rhombisch ist,
so folgt, dass in der Ebene s nur
Drehungsaxen liegen, und ebenso in
den andern Ebenen, und dass dieselben
je ein rechtwinkliges Netz bestimmen,
das aus den Diagonalen des rhom-
bischen Netzes besteht. Damit ist auch
die Lage der Schraubenaxen festgelegt;
fQr sie gilt dasselbe in denjenigen
Hauptebenen, die im mittleren Abstand zwischen den eben
genannten Hauptebenen verlaufen.
Dem entspricht die vorstehende Axenvertheilung von
Fig. 58. Die allgemeinen Bedingungen sind für sie erfüllt.
Die zugehörige Gruppe bezeichnen wir durch
Fällt die Drehungsaxe u in die Diagonale BC, so kann
die erzeugende Axe v nicht ebenfalls in die Ebene b fallen;
Pig. 58.
^
11
m \
A
A
y
— 444 —
Flg. 59.
m
P^^f^
.^
u
>JI\
^=w^
y'
denn sonst schnitten sich in B zwei Drehungsaxen, und w
müsste ebenfalls Drehungsaxe sein. Die Drehongsaxen t« und i;
liegen also in verschiedenen Ebenen;
dieselbe Ebene enthält daher Drehungs-
axen der einen und Schraubenaxen der
andern Richtung. Dies gilt ffir jede
der drei Ebenen, ffir jede Ebene ist
damit die Lage der Axen eine be*
stimmte. Es ergiebt sich daher mit
Noth wendigkeit die Fig. 59 gezeichnete
Yertheilung der Axen. Die allgemeinen
Bedingungen sind f&r sie erfüllt; die zugehörige Gruppe be-
zeichnen wir durch
Demnach ergiebt sich:
Lehrsatz IX. Es giebt zwei Baumgmjapen von der 5ym-
mekie der rhombischen Hemiedrie, deren Translationsgruppe
rr ist
Um die Coordinatenwerthe für das Fundamentalsystem
gleichwerthiger Punkte zu geben, legen wir in beiden Fällen
den Anfangspunkt in die Ecke Ä des Parallelepipedons p
Alsdann ergeben sich folgende Translationscomponenten der
beiden Gruppen:
»«: 0, 0, 0, 0; «^: 0, t„ r^, v
Die Gruppe S^ ist daher diejenige, welche durch Multiplication
der Vierergruppe V mit der Translationsgruppe F/" erzeugt
werden kann.
Hiermit sind die zur Yierergruppe V isomorphen Raum-
gruppen sämmtlich abgeleitet. Das Ergebniss fährt zu dem
folgenden
Lehrsatz X. Es gid>t neun Baumgruppen von der Stfmmeirie
der rhombischen Hemiedrie,
Unter diesen Gruppen sollen noch diejenigen besonders
angemerkt werden, deren Axen nach allen drei Richtungen
symmetrisch verlaufen. Es sind diejenigen, welche nur eine
Art von Untergruppen Sj enthalten, nämlich die Gruppen
— 445 -
§ 13. Allgemeine Bemerkungen über die holoedrischen
Gruppen. Diejenigen Raumgruppen, welche der Holoedrie
des rhombischen Systems entsprechen; besitzen als isomorphe
Punktgmppe die Gruppe Fä. Dieselbe enthält die Operationen
1, u, SS, SB, ©, u@, as©, as@
und entsteht durch Multiplication der Vierergruppe mit einer
Spiegelung ®, deren Ebene auf einer Axe der Vierergruppe
senkrecht steht. Welche Axe hierzu gewählt wird ist gleich -
giltig. Die zu F^ isomorphen Raumgruppen können daher
durch Multiplication einer Gruppe fß mit einer zu @ iso-
morphen Operation erzeugt werden. Wir bezeichnen sie
durch 83«.
Die Gruppe F^ enthält auch eine Inversion 3; demgemäss
kann jede zu F* isomorphe Gruppe SSa durch Multiplication
einer Gruppe fß mit einer zu 3 isomorphen Operation, d. h.
also mit einer Inversion erzeugt worden. Jeder Punkt, welcher
Sjmmetriecentrum der Axenschaaren einer Gruppe fß ist, führt
zu einer Gruppe S3a. Wegen der einfachen Natur des Sym-
metriecentrums ziehen wir vor, die Gruppen 83* durch Multi-
plication mit Inversionen abzuleiten. Dabei ist nur zu be-
achten, dass gemäss Cap. V, Satz XIII das Product von zwei
Inversionen eine Translation ist, deren Länge die doppelte
Entfernung der Symmetriecentra isi Es sind daher nach
Cap. VI, § 14 0t€ei mittelst einer Inversion gebildete Gruppen
nur dann identisch, wenn die Entfernung beider Symmetriecentra
eine halbe Translation der Gruppe ist, oder wenn sie über ein-
stimmende Lage zum gesammten Axensystem haben.
Jede der drei Gruppen S^, welche in einer Gruppe 83 ent-
halten ist, bestimmt mit der erzeugenden Inversion eine
Gruppe (Sj,*. Welche dies ist, geht aus der Lage des Sym-
metriecentrums hervor, und ist in § 8 des letzten Capitels an-
gegeben worden. Aus den bezüglichen Untersuchungen folgt
noch, dass eine Gruppe 83a reine Symmetrieebenen nur dann
- 446 -
enthäU, wenn das Symmetriecentrum in eine Axe fällt; ist dies
nicht der Fall, so sind alle Ebenen solche mit Translations-
symmetrie. Die Art und Lage derselben kann in allen Fällen
aus den obigen Untersuchungen direct entnommen werden.
Zu ihrer Characteristik genügt es, die bezüglichen Unter-
gruppen ^2,h von SSa jedesmal anzugeben.
Symmetriecentra für irgend eine der vorstehend abgelei-
teten Gruppen ^ können nur solche Punkte sein, welche in
eine Axe, oder in die Mitte zwischen je zwei Axen fallen.
Es können daher nur die Ecken, die Mitten der Kanten und
Seitenflächen, sowie der Mittelpunkt der in den vorigen Para-
graphen construirten Parallepipeda p Symmetriecentra abgeben.
Wir wollen für dieselben eine einheitliche Bezeichnung ein-
führen und zwar sollen
•u > ^9i 0/> Om
die Inverionen gegen eine Ecke, gegen die Mitte der Grund-
fläche und Seitenfläche, sowie gegen die Mitte von p bedeuten,
während
Sjfc, resp. 3u, 3ü, 3«
die Inversion gegen eine Eantenmitte, resp. wenn diese Kante
eine Axe ist, gegen die Mitte einer u-Axe, v-Axe oder tr-Axe
darstellen. Ferner sollen durch
Ay G, F, M, E, Uy r, W
die zugehörigen Punkte bezeichnet werden. (Vgl. die vor-
stehenden Figuren.)
§ 14. Die holoedrischen Gruppen mit der TranslationB-
gruppe F«. Da die Translationen
das primitive System bilden, so führen die Symmetriecentra,
deren Abstand tx^ Ty, Xz ist, zu derselben Gruppe JBa- Für
die Gruppe 83^ kann jeder der im vorstehenden Paragraphen
genannten Punkte ein Symmetriecentrum abgeben; da aber
alle Richtungen gleichwerthig sind, so liefern nur vier dieser
Symmetriecentra verschiedene Gruppen S3a> z- B. diejenigen,
welche resp. in die Ecke A, in die Mitte M von jp, in
die Mitte W der Kante w, oder in die Mitt« O der Grund-
— 447 -
fläche falleD. Jede der drei Untergruppen ®2,ä ist eine Gruppe
@2,A^ oder S2,/i^ je nachdem das Symmetriecentrum in eine
Axe fallt oder nicht Von den zugehörigen Gruppen JBa ent-
halt daher die erste drei Schaaren paralleler Symmetrieebenen,
also drei Untergruppen ©2,*'; jede Seitenfläche von p ist eine
Symmetrieebene. Für die zweite Gruppe existirt keine Sym-
metrieebene, ihre Untergruppen sind vielmehr sämmtlich von
der Form ©2,4*. Für die dritte Gruppe ist diejenige Unter-
gruppe, welche die M;-Axen enthält, eine Gruppe ©2,*^; alle
ihre Ebenen sind daher Symmetrieebenen und zwar geht eine
von ihnen durch die Mitte von p. Jede der beiden andern
Gruppen ist dagegen eine Gruppe 62, ä*« Endlich sind wieder
alle Untergruppen der vierten Gruppe von der Form ©2,**
Wir bezeichnen die zugehörigen Gruppen durch
»*^={»S 3} « {»S ©} »A*={S3S3m}
Sa'={»S3«,} = {SBS©.} Sa*={»S3,}
Für die Gruppen SS* und 83^ sind nur die beiden Rich-
tungen u und V gleichwerthig, nach der dritten Richtung to
zeigen sie abweichendes Verhalten. Die in die Grundfläche
und eine der Seitenflächen von p fallenden Symmetriecentren
führen daher im Allgemeinen zu verschiedenen Gruppen, doch
werden einige von ihnen gemäss Cap. VI, § 14 dadurch
identisch, dass die betreffenden Symmetriecentra gleiche Lage
zur Gesammtheit aller Axen erhalten.
Durch Inversion gegen die Ecke Ä von p entsteht aus
SS* dieselbe Gruppe, wie durch Inversion gegen die Mitte einer
Seitenkante ti;, da die beiden Punkte A und W analoge Lage
zu den Axen u und v haben. Nehmen wir als erzeugendes
Symmetriecentrum die Ecke Ä, so bildet sich aus den Axen
u eine Gruppe ^s,h\ aus den Axen v eine Gruppe ©2,;^ während
die Axen w eine Gruppe (£2,** liefern. Als Symmetrieebenen
treten daher diejenigen Seitenflächen von p auf, welche die
Axen V enthalten, sowie die zur Grundfläche parallele Mittel-
ebene öm- Wir bezeichnen die Gruppe demgemäss durch
- 448 —
Zweitens betrachten wir diejenige Gruppe, welche durch
Inversion gegen die Mitte M von p hervorgeht Sie ist mit
derjenigen identisch, welche durch Inversion gegen die Mitte G
der Grundfläche entsteht; M liegt ebenso zu den Axen Vy wie
G zu den Axen u. Die Gruppe enthält keinerlei Symmetrie-
ebene, die bezQglichen Untergruppen sind daher resp. @2,A^
©2,**; 62, *^ Wir bezeichnen sie durch
JB,e_{gs2^3^} _ {iB2^3^j,
Von denjenigen Symmetriecentren, die in die Eantenmitten
fallen, haben wir noch die in der Grundfläche liegenden zu
berücksichtigen. Da die Kanten verschiedenartig sind, so
führen die zugehörigen Inversionen zu verschiedenen Gruppen.
Fällt das Symmetriecentrum in die Mitte U einer Axe u, so
entsteht eine Gruppe, deren Untergruppen nach den drei
Richtungen resp. Ss,»^, Ss,a^, 62,^^ sind. Als einzige Symmetrie-
qbene innerhalb p tritt daher die der wv- Ebene parallele
Mittelebene tf^^ auf. Die Gruppe ist im Sinne von Cap. VI, 14
mit derjenigen identisch, für welche das erzeugende Symmetrie-
centrum in die Mitte Feiner Axe v, also zugleich in die Mitte F
einer Seitenfläche fällt. Wir bezeichnen sie durch
s*^ = {»», 3«} «={«*, ©„.}
Wenn dagegen das Symmetriecentrum in diejenige Kante
der Grundfläche fällt, welche keine Axe enthält, so ergiebt
sich keinerlei reine Symmetrieebene; die bezüglichen Unter-
gruppen sind resp. ^%,h\ ®2,a*, ®2a*- Die Gruppe bezeichnen
wir mit
S߻8={S*, 3*}.
Die Gruppe S3^ liefert im Ganzen sechs verschiedene
Gruppen S3a. Wir legen das Symmetriecentrum zunächst in
die Ecke A von p, so wird die Grundfläche eine Symmetrie-
ebene. Die Untergruppen sind resp. ®2,ä^ ß%A^ 62,*^; nur die
Grundflächen von p sind daher Symmetrieebenen. Die be>
zügliche Gruppe bezeichnen wir durch
»,»={8», S} = {»«, ©}
Für diejenige Gruppe, welche durch Inversion gegen die
Mitte M von p entsteht, existirt keine reine Symmetrieebene.
-- 449 —
Ihre Untergruppen sind daher ^,h% @^,A^ @2,a^ Wir bezeichnen
sie darch
Die Symmetriecentren, welche in die Seitenkanten fallen,
sind von zweierlei Art und liefern daher zwei verschiedene
Gruppen. Die Inversionen gegen die Mitten der Grund-
flachenkanten erzeugen im Sinne von Gap. VI, 14 die gleiche
Gruppe; die zweite Gruppe ergiebt sich durch Inversion gegen
die Mitte einer Axe w. Wird für die erstere das Symmetrie-
centrum in eine w-Axe gelegt, so sind Sg^A*, 6«,/, ©2,** die
bezüglichen Untergruppen, die durch die t;-Axen gehende
Mittelebene 6^^ von p ist eine Symmetrieebene. Für die zweite
der genannten Gruppen ist die zur Grundfläche parallele
Mittelebene 6m von p eine Symmetrieebene; die Untergruppen
sind ßg^A^ 62, A^ Sa,A^ Wir bezeichnen beide Gruppen durch
sSa^i«: {SB«, X] = {as\ @.j
asA^»= {as%s.i = {Sß^ @.i.
Endlich lassen sich neue Gruppen durch Inversion gegen
die Flächenmitten bilden. Fällt das Symmeti'iecentrum in die
Mitte Q der Grundfläche, so wird gemäss Cap. V, Satz XIV,
jede Seitenfläche ö^ von p eine Symmetrieebene, die Unter-
gruppen sind daher S2,A^ S2,A^ 6«,/. Wenn dagegen die In-
version gegen die Mitte F einer Seitenfläche erfolgt, so existirt
keinerlei Symmetrieebene; die Untergruppen sind bezüglich
£2,A^ 62,A^ ^2,h^' Die so definirten Gruppen sind
Endlich ist die Gruppe 83* zur Erzeugung neuer Gruppen
zu verwenden. Aus ihr entstehen nur zwei Gruppen 83a.
Erstens ist nämlich das Axensystem nach allen drei Rich-
tungen gleichartig angeordnet, zweitens ist aber zu beachten,
dass die Axen auch gegen die Ecken und die Mitte von p^
sowie gegen die Kantenmitten und die Flächenmitten die
gleiche Lage haben. Wir erhalten daher die bezüglichen
Gruppen, wenn wir das Symmetriecentrum in eine Ecke A
und in die Mitte 6r der Grundfläche legen.
Schoenfliei, Kr^stallstructur. 29
- 450 -
Die Gruppe^ welche durch Inversion gegen einen Eck-
punkt Yon p entsteht; hat keinerlei Symmetrieebene; ihre
Untergruppen sind (£8,A^ 62,A^ ©2.*^ Dagegen sind für die-
jenige Gruppe ; welche mit der Inversion 3^ gebildet wird^
die zur w-Axe senkrechten Seitenflachen ö^ reine Symmetrie-
ebenen. Die bezüglichen Untergruppen sind (S2,A^ ®2,A^ ®8.a^
Die Gruppen selbst bezeichnen wir durch
SS*** = {«*, 3}, «*»» = {«*, 3.) = {«*, @i }.
Demnach ergiebt sich:
Lehrsatz XL Es giebt 16 Baumgruppen von der Symmetrie
der rhombischen Holoedrie, deren Translationsgruppe Fp ist.
§ 15. Um die Translationscomponenten zu bestimmen,
welche in das Fundamentalsystem gleichwerthiger Punkte
eingehen, haben wir zu beachten, dass, nach Satz XIII von
Cap. V, jede Inversion gegen einen beliebigen Punkt 0 durch
eine Inversion gegen einen ebenfalls beliebigen Punkt 0^ und
diejenige Translation ersetzbar ist, welche gleich 200^ ist.
Ferner verwandelt die Inversion jede Translation in die ent-
gegengesetzte; da aber immer nur halbe Translationen r«, r^,
r, auftreten, und die Addition von 2rx, 2ry, 2r, zu den Coor-
dinaten gestattet ist, so können wir den Einfiuss der Inversion
auf die Translationscomponenten unberücksichtigt lassen. End-
lich ist zu bemerken, dass die Inversion gegen den Anfangs-
punkt des Coordinatensystems aus dem Punkt xya den Punkt
xyz hervorbringt; damit sind die Vorbereitungen, welche zur
Herstellung des Fundamentalsystems nöthig sind, erledigt.
Zunächst sind die gleichwerthigen Punkte der Gruppe F\
wenn die Inversion als erzeugende Operation gewählt wird,
in der Tabelle
xyz xyz xyz xyz xyz xyz xyz xyz
enthalten; sie entsprechen der Reihe nach den Operationen
1, U, «, SS, 3, U3, «3, aB3,
von denen die letzten die Spiegelungen gegen die drei zu den
Axen senkrechten Symmetrieebenen darstellen.
— 451 —
Legen wir nun wieder für die Grappen 8S', SS*, W, 58*
den Anfangspunkt des Coordinatensystems in die Ecke 0
von p, 80 ei^eben sich ftlr die aus $^ abgeleiteten Gruppen
folgende zusätzliche Translationscomponenten:
««»: 0, 0, 0, 0
0, 0, 0, 0
SB»*: 0, 0, 0, 0
^x + ty + r,, r,4-Ty4-rj, r^-\-ry-\-x„ Tx + t,j-\-t,
SS*»: 0, 0, 0, 0
Xsj Tjj Xfy T-
SS»*: 0, 0, 0, 0
Xx "P tyy Xx + Ty, Xx ~T" "fy, '^x "F ^y
Denken wir uns die Gruppen SSa^, 83a^, SSa', SS*® bezüglich
durch die Inversionen 3, 3^, 3^, 3* erzeugt^ so ergeben sich
für diese Gruppen folgende Translationen:
tz
tz
^29 ^x + ^y + ^*
tz
tx + t,
tz
Xyy Xyy ^y "^ Xgj ty "^ Xg
Für die aus SS^ abgeleiteten Gruppen ergeben sich fol-
gende zusätzliche Translationscomponenten:
»*": 0, tx + xy, r. + ty, 0
0, Xx + Xy, Xx + Ty, 0
«A^*^: 0, Xx + Xy, Xx + r„ 0
^x + Ty + r-, r., r^, rjr + ^y + ^»
«a": 0, r, + ry, r, + r^, 0
^y; txt txf Xy
29*
SS»'':
0,
0,
t„
0,
0,
■^',
«»*:
0,
0,
^■.,
■fr + Tj,,
T, + r„
r^ + ty
«/:
0,
0,
«.-,
Tx,
Tx,
rx + r„
S/:
0,
0,
t^.,
— 452 —
«*•*: 0,
Tx + ty,
Tx + Tj,
0
^o
^x 4- i^y + *«>
«X + «y 4- T..
X,
«*": 0,
Tx + *„
Tx + Xy,
0
T, + Xy,
0,
0,
Tx + T,
«»": 0,
fr + Xy,
Tx + Xy.
0
Tx + ^»,
Xy + X„
Zy + T^,
tx + r.
«»»'*: 0,
Tx + Ty,
0.
^» + ^v,
»*": 0,
Tx 4- T»,
Tx +
%,
0,
Denken wir uns endlich die Gruppen S**^ und S*^^, wie
oben; durch die Inversionen 3 und 3^ erzeugt, so ergeben
sich folgende Werthe der Tranlationscomponenten
%y -p Tj, Xz -J- %x
'^y + ^^; ^* + 1^«
Ty -f- T,, Xz "T~ ^x
Tx ~i '^3} Xy -\- Xg
Unter den sämmtlichen vorstehenden Gruppen ist SS«^ die
einzige, für welche sich alle Translationscomponenten auf
Null reduciren, die also durch Multiplication der Gruppe F*
mit der Translationsgruppe Fp erzeugbar ist. Sie stellt daher
die Gruppe des durch r„ charakterisirten Baumgitters dar.
§ 16. Die holoedrischen Gruppen mit der Translations-
gruppe r/. Die Gruppen, deren Translationsgruppe JT/ ist,
entstehen aus S}^ und S}^ Für beide sind die Axen u und v
gleichartig angeordnet, die Axen w haben eine besondere Ver*
theilung. Das primitive Tripel der Gruppe T/ bedingt, dass
diejenigen Symmetriecentra dieselbe Gruppe liefern, deren
Entfernung resp.
ist. Im besondern erzeugt also das Symmetriecentrum G die-
selbe Gruppe wie Aj und das Symmetriecentrum M dieselbe
Gruppe, wie W. Eine Gruppe, welche das eine der genannten
Symmetriecentra enthält, enthält auch das andere. Dasselbe
gilt schliesslich auch für diejenigen Symmetriecentra, die in
den Mitten der Grundflächenkanten ^ resp. in den Mitten der
Seitenflächen liegen.
— 453 —
Aus der Gruppe SS* ergeben sich nur zwei Gruppen 85*.
Wird das Symmetriecentrum in die Ecke Ä gelegt, so tsllt
es gleichzeitig in eine Axe u und eine Axe W] die bezüglichen
Untergruppen sind daher S2,A^ ®2,a^ Sa,**. Diejenige Seiten-
fläche, welche die Axen v und w enthält, sowie die zur Grund-
fläche parallele Mittelebene sind Symmetrieebenen. Die Gruppe
stimmt im Sinne von Gap. VI, 14 mit derjenigen überein, för
welche das erzeugende Symmetriecentrum in die Mitte W einer
Axe w fallt; es entsteht daher auch durch Inversion gegen
die Mitte M von p keine neue Gruppe, Wir bezeichnen die
Gruppe durdi
»A" = {«^ 3} = {»^ ©™}.
Von den Symmetriecentren, welche in die Kantenmitten
fallen, sind nur noch diejenigen zu benutzen, welche in der
Grundfläche liegen. Beide Centra geben, wie oben geschehen,
zu derselben Gruppe Veranlassung; die entstehende Gruppe
enthält sie gleichzeitig. Wir legen das erzeugende Symmetrie-
centrum in eine Axe w; demnach sind die zugehörigen Unter-
gruppen ß2,A^ ©2,4^ S2,A^ Die zu dcu Axen v und w parallele
Mittelebene 6m^ ist die Symmetrieebene. Die Gruppe ist im
Sinn von Cap. VI, 14 mit derjenigen identisch, für welche die
erzeugenden Symmetriecentra in die Mitten der Seitenflächen
fallen. Wir bezeichnen sie durch
Da alle möglichen Lagen des Symmetriecentrums erledigt
sind, so sind dies die beiden einzigen aus 9S^ ableitbaren
Gruppen.
Mit 8S^ lassen sich vier Gruppen SSa erzeugen. Wir legen
das erzeugende Symmetriecentrum zunächst in eine Ecke A
von p, so fallt es gleichzeitig in eine Axe w, v, w\ alle Seiten-
flächen von p sind daher Symmetrieebenen. Die bezüglichen
Untergruppen sind ©2,**, S«,*^? 62,**. Wir bezeichnen die
Gruppe durch
S8,|9={SS«, 3} = {SS^ ©}.
Durch Inversion gegen die Mitte M von p entsteht eine
neue Gruppe; für sie ist die zur Grundfläche parallele Mittel-
— 454 —
ebene 6m eine Symmetrieebene; die bezQglichen Untergruppen
sind daher 6«.a^ ©«.a^ ®2,a^ Die Gruppe sei
Die vorstehende Gruppe enthält auch diejenigen Symnie-
triecentra, welche in die Seitenkanten w fallen. Die Inversion
gegen die Eantenmitten führt daher nur dann zu einer neuen
Gruppe, wenn das Centrum in die Mitte einer Grundflächen-
kante fällt. Alle vier Symmetriecentra dieser Art kommen
gleichzeitig in der Gruppe vor. Sie bedingen zwei einander
senkrechte Symmetrieebenen 6^^^ welche durch die Mittelhohe
von p verlaufen. Die bezüglichen Untergruppen sind daher
®2,A^ Ss,**, ®8,A*. Wir bezeichnen die Gruppe durch
SS*" = !«^ 3«} = {«*,©„..}.
Von den Symmetriecentren, welche in die Flächenmitten
fallen, liefern nur diejenigen eine neue Gruppe, welche in den
Seitenflächen liegen. Die bezügliche Gruppe enthält die vier
Symmetriecentra gleichzeitig. Keine Ebene ist reine Symme-
ebene, die Untergruppen sind ®2,a^ ®2,A^ Sg^A*. Die Gruppe
bezeichnen wir durch
Also folgt:
Lehrsatz XII. Es giebt sechs Baumgruppen von der Sym-
Dietrie der rhombischen Holoedrie, deren Translationsgruppe
r; ist.
Um die Coordinaten des Fundamentalsystems gleich-
werthiger Punkte zu erhalten, denken wir uns wie zulässig
die Gruppe SSa^'^ durch die Inversion 3 gegen die Ecke A
und SSa^®, wie oben angegeben, durch die Inversion 3« erzeugt,
deren Centrum in die Drehungsaxe u fallt. Das Coordinaten-
system nehmen wir wie oben so an, dass der Anfangspunkt
in die Ecke A fallt, alsdann ergeben sich folgende Werthe
für die Zusatztranslationen:
»*": 0,
0,
^',
t.
0,
0,
^',
t.
SB*": 0,
0,
t.,
t.
^',
T^,
r, + r..
tx + r>
— 455 -
Denken wir uns 93^'^ durch Inversion gegen die Mitte
einer Seitenaxe w erzeugt, legen das Symmetriecentrum für SS^^^
in eine Axe u und für ^i?^ in die u«? -Ebene, so erhalten wir:
»*":
0,
0,
0,
0
0,
0,
0,
0
SB*^:
0,
0,
0,
0
■'',
^n
^',
t.
«**':
0,
0,
0,
" 0
^«,
^^x,
^x,
tx
S3a«^: 0, 0, 0, 0
rx + t,y tx + tzy tx + t:, t:, + r.
Die Tabelle zeigt, dass die Gnippe SSa^^ diejenige ist,
welche durch Multiplication der Gruppe F* mit der Trans-
lationsgruppe r/ entsteht. Sie ist ddlher die Gruppe des durch
F/ lestimmten Baumgitters.
§ 17. Die holoedrisohen Gruppen mit der. Translations-
grappe r/'. Die Translationsgruppe A" kommt nur in der
Gruppe S3^ vor; für sie sind alle drei Axenarten wieder gleich-
artig angeordnet. Aus ihr lassen sich nur zwei Gruppen 93^
erzeugen, da nur die Mitte M und die Ecken von p Sym-
metriecentra des Axensystems sind. Da das primitive Trans-
lationssystem
^y + ^z, r, + Xxy Xx + ry
ist, so enthält eine aus W abgeleitete Raumgruppe S3a, für
welche eine dieser Ecken ein Symmetriecentrum ist, nur noch
drei andere Ecken als Symmetriecentra; also z. B. ausser A
die Ecken A\ A'\ A"\ Wird A^ als erzeugendes Symmetrie-
centrum benutzt, so sind ^/, A^\ A^" die drei andern Centra;
beide so erzeugbaren Gruppen sind aber nach Cap. VI, § 14
identisch. Von den Flächen von p sind nur die drei in A
zusammenstossenden die Symmetrieebenen der bezüglichen
Gruppe; wir bezeichnen sie durch
«A^^ ={«*', 3} = {»A^ ©}.
Die bezüglichen Untergruppen IS^^a sind sämmtlich vom
Typus 63,A^
— 456 —
Für das Pundamentalsystem gleichwerthiger Punkte treten
daher Translationscomponenten nicht auf; die Gruppe ist auch
durch Multiph'cation der Gruppe F* mit der Translations-
gruppe r/' erzeugbar, und steUt die Symmetrie des der Gruj^
Ff," entsprechenden Baumgitters dar.
Für diejenige Gruppe SBa, welche sich aus 9S' durch Mul-
tiplication mit der Inversion 3m gegen die Mitte M von p
erzeugen lässt^ existirt eine Symmetrieebene nicht. Alle drei
Untergruppen sind vom Typus Ka,*^ Sie werde durch
»„^={«/;, 3m}
bezeichnet. Aus den obigen Ausführungen folgt , dass nicht
jedes Parallelepipedon p in seiner Mitte ein Symmetriecentrum
enthält; dies trifft nur für je zwei solche Parallelepipeda zu,
die eine Kante gemein haben.
Die Translationscomponenten des Fundamentalsystems
haben für beide Gruppen wie ersichtlich die Werthe:
^u'': 0, 0, 0, 0
0, 0, 0, 0
Ȁ^^- 0, 0, 0, 0
-i(rz+ry-jrt,), ^(r^+t,j+t,), i(r,+ty+^c), Kr^+r^j+r,)
Wir erhalten schliesslich:
Lehrsatz XIII. Es giebt zwei Baumgruppen von der
Syn\metrie der rhombischen Holoedrie, deren TranslcUionsgruppe
r;' ist.
§ 18. Die holoedxisohen Q-mppen mit der Translations-
gruppe r/". Es ist endlich noch übrig, die Gruppen SS® und
S?^, deren Translationsgruppe T/" ist, zur Erzeugung von
Gruppen 93a zu benutzen. In beiden sind die Axen nach' den
drei Richtungen gleichartig angeordnet. Die Translation
'^x + ry + r,
zeigt, dass die Inversion gegen eine Ecke, sowie gegen die
Mitte von p dieselbe Gruppe SSa liefert; eine Raumgruppe,
welche einen dieser Punkte als Symmetriecentrum enthält,
enthält auch die andern. Ebenso enthält diejenige Gruppe,
welche durch Inversion gegen die Mitte einer Seitenfläche
- 457 --
eDtstehty auch die Mitten zweier Grundflächenkanten als Sym-
metriecentra.
Fällt für 5J® das Symmetrieeentrum in eine Ecke von p,
so sind alle Seitenflächen von p Symmetrieebenen. Jede der
drei Untergruppen ist von der Form S2,A^ Wir bezeichnen
die Gruppe durch
SB,8ö= {SB«, 3} = {»«, ©}.
Das in eine Seitenkante fallende Symmetriecentrum er-
zeugt eine Gruppe SSa, für die nur eine Schaar von Sym-
metrieebenen existirt. Wir legen das Symmetriecentrum in
eine Axe w, alsdann treten ®2,A^ Sa,*^ E«,a* als Untergruppen
auf. Die Gruppe werde durch
«/,*"={««, 3„} = {«»,©„}
bezeichnet. Die Symmetrieebene ist die Mittelebene 6jn, die
zur Grundfläche parallel ist. Damit sind die bezüglichen
Gruppen, die aus SS® entstehen, erledigt.
Aus SB^ lassen sich ebenfalls zwei Gruppen 93a ableiten-,
sie ergeben sich für die gleiche Lage des Symmetriecentrums.
Diejenige, welche durch Inversion gegen die Ecke A von p
entsteht, enthält keinerlei Symmetrieebene, ihre drei Unter-
gruppen sind sämmtlich vom Typus 62, a*. Wir bezeichnen
sie durch
»a"={SB^ 3}.
Die zweite bilden wir durch Inversion gegen die Mitte
der Grundfläche. Das in G fallende Symmetriecentrum be-
dingt zwei Schaaren von Symmetrieebenen; die zu den Axen v
senkrechten Mittelebenen, sowie die diesen Axen parallelen
Seitenflächen 0^ gehören ihnen an. Die Untergruppen sind
bezüglich ®2,a*, 62.A*, S«.ä^ Wir bezeichnen die Gruppe durch
SB,28_{SB.^ 3^} _ {SB9^ @j^
Demnach folgt:
Lehrsatz XIV. Es giebt vier Baumgruppen von der Symmetrie
der rhombischen Holoedrie^ deren TranslaHonsgi-uppe F/" ist
Die Translationscomponenten des Fundamentalsystems
ergeben sich bei der vorstehend angenommenen Erzeugung
der vier Gruppen ohne Schwierigkeit vne folgt:
-r 458
»*«:
0,
0,
0,
0
0,
0,
0,
0
«*":
0,
0,
0,
0
T.,
«.,
^',
t.
«*":
0,
«»,
»«,
T,
0,
^x,
T«,
Ty
«*»«:
0,
^^..
^»;
r.
''^* + ^y) 0, Ty, Ta:.
Die Gruppe Sa*^ ist diejenige, welche durch Multiplication
der Gruppe F* mit der Translationsgruppe T/" erzeugbar ist;
sie steUt daher die Symmetrie des durch F^" bestimmten Baum-
gitters dar.
Endlich können wir das Gesammtresultat folgendermassen
aussprechen :
Lehrsatz XV. Es gicbt 28 Baumgruppen, deren Symmetrie
diejetiige der rhombischen Holoedrie ist
Neuntes Capitel.
Die Gruppen des rhomboedrischen Systems.
§ 1. VorbemerkTuigen. Das rhomboedrische System um-
fasst diejenigen Symmetrieelassen, welche den Punktgruppen
A^ A, c,% c,\ c,
entsprechen. Der. specifische Symmetriecharacter desselben be-
steht in einer dreizähligen Hauptaxe. Jede zu einer der vor-
stehenden Gruppen isomorphe Raumgruppe enthält daher eine
Schaar paralleler dreizähliger Axen; dieselben können Dre-
hungsaxen oder Schraubenaxen sein. Wir bezeichnen sie als
Hauptaacen und nennen die zu ihnen senkrechten Ebenen
Hauptebenen. Die Gesammtheit der Schnittpunkte, welche von
den Hauptaxen in einer Hauptebene bestimmt wird, soll wieder
Axennd» heissen.
Die Translationsgruppe, welche durch die dreizähligen
Axen bedingt wird, kann, wie aus den Betrachtungen von
Gap. III folgt, an und für sich sowohl diejenige des rhom-
boedrischen Systems, als diejenige des hexagonalen sein, also
eine der beiden Gruppen J^a und Ja, die durch die primitiven
Translationen
iöT,, ZXjti) ^tn
2ti, 2tr2, 2t^, 2tr^; ^i + ^2 + i^s = 0
characterisirt sind. Bezüglich der Raumgitter ergab sich, dass
ein GitteTf dessen Gruppe Fk ist, von selbst sechszählige Sym-
metrieaxen besitzt. Diese Eigenschaft braucht jedoch für die
mit dreizähligen Axen behafteten allgemeinen Molekelhaufen,
resp. die zugehörigen Baumgmppen nicht erfüllt zu sein. Wir
haben daher zu versuchen,^ Raumgruppen von der Symmetrie
des rhomboedrischen Systems auch mittelst der Translations-
— 460 —
gruppe Fk aufzustellen. Wie das Folgende zeigt, existiren der*
artige Gruppen mit nur dreizähligen Axen in Wirklichkeit;
der Beweis, dass ihre Symmetrie dem rhomboedrischen System
entspricht, wird, wie oben in Aussicht gestellt, erst im Cap. XIII
geliefert werden können.
Die Translationsgruppe Ja besitzt keine Translation, deren
Projection auf den Hauptaxen ein Bruchtheil von 2tr, ist Da-
gegen sind die Translationen 2%^^ 2tm, 2tn der Gruppe FrA
sämmtlich von dieser Art, ihre Componente parallel zu den
dreizähligen Axen ist der dritte Theil von 2tr,. Wir bemerken
übrigens, dass auch für die Gruppe Frh Translationen 2t/,
2t2y 2 Tg' senkrecht zu den Hauptaxen existiren, für welche
^1 + < + < = 0
ist; sie bestimmen aber mit 2r, keine primitiven Tripel.
Die Gruppe A ist hiernach die einfachere; wir werden
daher die ihr entsprechenden Raumgruppeu zuerst ableiten.
Zuvor schicken wir folgende Bemerkungen allgemeineren Cha-
racters voraus.
Für diejenigen Baumgruppen, deren Translationsgruppe
Fh ist, stimmen gemäss Cap. VI, Satz X die Translations-
componenten der reducirten Bewegungen für alle dreizähligen
Axen überein. Gemäss Satz VIII desselben Capitels kann die
Translationscomponente t die drei Werthe
n 2 4
0, yr„ ,^r,
haben; ihnen entsprechen drei verschiedene Arten von Raum-
gruppen.
Wenn dagegen eine Raumgruppe als Translationsgruppe
die Gruppe Fr/* enthält, so müssen die vorstehenden drei
Translationscomponenten gleichzeitig in ihr auftreten. Ist
nämlich a irgend eine dreizählige Axe und ^(a^t) die zuge-
hörige Bewegung, so gehen, wie a. a. 0. eröriiert, durch Multi-
plication von ^ mit den Translationen 2ti und 4T( Bewegungen
hervor, deren Translationscomponenten resp.
2 t, 4t
— 461 -
sind; und da t selbst eiaen der obigen drei Werthe hat^ so
sind diese Werthe in jedem Fall den obigen äquivalent
§ 2. Die Tetartoedrie. Die Raamgruppen, welche der
rhomboedrischen Tetartoedrie entsprechen, besitzen als iso-
morphe Punktgruppe die Gruppe C,, mit den Drehungen
1, % a«
um die Axe a. Die Gruppe lässt sich durch Multiplication
der Identität mit der Drehung % erzeugen. Jede zu C^ iso-
morphe Raumgruppe S3 entsteht daher, dem Fundamental-
theorem gemäss, durch Multiplication der Translationsgruppe
mit einer der Bewegungen
Ist die Translationsgruppe zunächst die Gruppe Fk, so sind
alle Axen, wie wir eben sahen, gleichartig. Setzen wir (Fig. 60)
2ri = -4-4,, 2t2 = AA^y 2t^ = AA^,
so ist jede Ecke des Sechsecks A^A^A^Ar^A^Aß ein Punkt des
Translationennetzes; durch jeden dieser Punkte geht eine mit
a gleichwerthige Axe. Damit sind die
Axen aber nicht erschöpft« Vielmehr
gehen, wie aus Cap. V, § 3 und 5
folgt, auch durch die Mitten aller
gleichseitigen Dreiecke, in welche das
Translationennetz zerfällt, dreizählige
Hauptaxen. Diejenigen, welche inner-
halb AA^A^y resp. AA^A^ liegen,
bezeichnen wir durch h und c.
Das Parallelogramm AA^A2A^
ist ein primitives Parallelogramm des Translationennetzes-,
daher müssen, wie Cap. VI, § 6 erwiesen, alle Hauptaxen
einer Gruppe S3 mit einer der Axen a, 6, c gleichwerthig
sein. Dagegen sind a, h, c selbst augenscheinlich sämmtlich
ungleichwerthig; das Axensyst&tn zerfällt daher in drei ver-
schiedene Schaaren gleichwerthiger Axen; je drei saldier Axen
bilden ein gleichseitiges Dreieck, Dies gilt, von welcher Art
auch die zur Axe a gehörige Bewegung ist.
— 462 —
Es giebt drei Gruppen 63 der vorstehend erörterten Art
Wir bezeichnen diejenige , welche durch Multiplication der
Gruppe Fh mit einer Drehung % entsteht, durch
Die beiden anderen ergeben sich durch Multiplication mit den
Schraubenbewegungen
wir bezeichnen sie durch
Multiplicirt man für die zweite von ihnen die erzeugende Be-
wegung % mit — 2tgf so entsteht eine Bewegung
sie unterscheidet sich von der erzeugenden Bewegung der
Gruppe ©3* nur durch die Richtung der Translationscompo-
nente. Solche Schraubenbewegungen besitzen, wie wir S. 336
sahen, verschiedenen Windungssinn; die eine ist eine links-
gewundene, die andere eine rechtsgewundene Schraubenbewegung.
Die Differenz stimmt mit derjenigen überein, die bei den
Erystallformen als Enantiomorphie auftrat. Es ist daher klar,
dass die bezüglichen Raumgruppen resp. die ihnen entsprechen-
den Molekelhaufen zur Darstellung enantiomorpher KrystaUe be-
nutet werden können. Es folgt noch:
Lehrsatz I. Es giebt drei Raumgruppen von der Symmetrie
der rhomboedrischen Tetartoedrie, deren Translationsgruppe Fh ist.
§ 3. Die Bestimmung der Coordinaten für das Funda-
mentalsystem gleichwerthiger Punkte bedarf keiner weiteren
Voruntersuchung. Wir legen die Z-Axe in die Gerade a und
nehmen die andern Axen so an, dass die X-Axe mit der
Translationsrichtung 2ir^ zusammenfallt Dies entspricht dem im
Cap.VIII, § 11 des ersten Abschnitts eingeführten Coordinaten-
System. Für die Punktgruppe C^ ergaben sich a. a. 0. folgende
Coordinatentripel
- 463 -
wo Xiff^js^, ^sVi^i ^^^ ^ ^ 0* bestimmten Werthe haben.
Beachten wir noch^ dass die Bewegung Sl^ die doppelte Trans-
lationseomponente besitzt, wie die Bewegung % so folgt; dass
sich fär (i^\ ^3^, 6^3^ folgende Zusatztranslationen einstellen:
g,»: 0, 0, 0; e,*: 0, ^, -'; S,»: 0, -^', ^.
Femer wollen wir zweitens das in § 12 des genannten
Capitels benutzte Coordinatensystem zu Grunde legen, und
zwar wählen wir die Axen so, dass ihre Projectionen auf der
zu a senkrechten Hauptebene resp. mit 2r^, 27,, 2^3 zusammen-
fallen. Die Coordinatentripel der Gruppe C^ sind diesmal
xyZy zxy, yzx.
Da nun die Axe a durch den Anfangspunkt des Coordi-
natensystems geht^ so ist einleuchtend, dass die zusätzlichen
Translationen ebenfalls die vorstehenden Werthe haben. Nur
ist zu beachten, dass in diesem Fall die mit 2r. bezeichnete
Translation nicht in die 5-Axe fällt.
Es folgt noch, dass die Gruppe (S,^ diejenige ist, welche
durch Multiplication der Punktgruppe C^ mit Fh entsteht.
§ 4. Ist die Translationsgruppe die Gruppe Frhj so seien
(Fig. 61)
2t. « OA, , 2r^ = OAm , 2r„ = OAn
die primitiven Translationen. In der zu den Axen senkrechten
Ebene haben in diesem Fall die
Translationen 2ri, 2x^, 2x^ resp. Fig. ci.
die Werthe 4^^
2ti "« Af,iAnf ^tTg = AnAi,
2ir3 = A^Am'
Dagegen sind AAi, AAm, AAny wo
A die Mitte des Dreiecks A^AmAn
ist, keine Translationen der Gruppe.
Durch Af Ai, Am, An gehen die-
jenigen mit a gleichwerthigen Axen,
welche aus a durch Transformation mit den primitiven
Translationen hervorgehen. Wie aus Cap. V, Satz X folgt,
— 464 —
existiren auch in diesem Fall zwei Axen b und c, welche zu
den vier genannten Punkten die gleiche Lage haben, wie die
entsprechenden Axen b und c der Gruppen S,^^ (S^^\ (S^^ zu
den Punkten Ä, A^y Ä^, A^. Die Gesammtheit aller Axen zer-
fällt also wieder in drei verschiedene Schaaren gUichwertkiger Axen.
Wir haben schon oben gesehen, dass zu den Axen a, b^ c
verschiedene Translationscomponenten gehören; dies folgt aber
auch daraus y dass, wenn zwei Componenten einander gleich
wären, eine der Geraden AAi^ AAm, AAn nach Gap. V, § 3
eine Translation der Gruppe sein müsste. Endlich stellen wir
hierüber noch folgende Rechnung an. Betrachten wir das
Pioduct ^936, wenn zunächst %, 93; S Drehungen sind. Jede
dieser Drehungen ist einer um dieselbe Axe stattfindenden
Drehung Ä' vom gleichen Winkel isomorph. Aber da dasProduet
ist; so muss S193@^ jedenfalls eine Translation sein. Nun ge-
langt nach Ausführung der Drehungen Sl, 95, S der Punkt A
wieder an seine Stelle, folglich ist
?l 93(5 = 1.
Sind jetzt ^, 93, S allgemeine Bewegungen
a(\".'.). »(¥.'.). ^':,'.).
die wir natürlich in reducirter Form annehmen, so muss die
resultirende Bewegung eine den Axen parallele Translation %
sein; demnach ist
ta + tb + tc = 2mt,.
Nun sind aber ta, h, U ungleich, andrerseits haben sie einen
der Werthe
daher folgt, dass wir
ta = 0, /^ = -^ 7 ^c = -^-
setzen können. Die Bewegung % setzen wir demgemäss als
Drehung voraus und bezeichnen nun die bezügliche Gruppe durch
- 465 —
Wir erhalten also folgendes Resultat:
Lehrsatz IL Es giebt eine Raumgruppe van der Symmetrie
der Tetartoedrk des rhcmiboedrischen Systems, deren Translations-
gruppe Frh ist
Da die erzeugende Operation eine Drehung ist, so er-
geben sich für das Fundamentalsystem der gleichwerthigen
Punkte, welches der beiden obigen Coordinatensysteme wir
auch zu Grunde legen, keine zusätzlichen Translationscompo-
nenten. Die Gruppe kann daher durch Multiplication der
Punktgruppe C^ mit der Translationsgruppe Frh erzeugt werden.
§ 5. Die paramorphe Hemiedrie. Die Raumgruppen,
welche in diese Classe gehören, sind der Punktgruppe Q* resp.
Sq isomorph. Diese enthält die Operationen (vgl. S. 71)
1, », %'] 3, «3, ?t*3.
Da alle zu einer Inversion isomorphen Operationen selbst In-
versionen sind, so lässt sich jede zu C^* isomorphe Raum-
gruppe @8,t durch Multiplication einer Gruppe (S, mit einer
Inversion erzeugen. Da aber die Gruppen fS^^ und €3^ nur
Axen von einerlei Windungssinn enthalten, so sind nur für
die Gruppen (S,^ und 63^ die allgemeinen Bedingungen des
Satzes XXII von Cap. VI erfüllt. Das erzeugende Symmetrie-
centrum muss entweder in eine Axe oder in die Mitte zwischen
zwei Axen fallen. Es ist aber leicht zu sehen, dass jede
Gruppe Ss,,- Symmetriecentra von beiderlei Art enthält. Um
die Begriffe zu fixiren, legen wir es in die Axe a, so ist die
zugehörige Axenpermutation durch
(a), (be)
gekennzeichnet, in die Axen b und c fallen daher keine Sym-
metriecentra. Nun sind für ©3^ alle Axen gleichartig; es giebt
daher nur eine derartige aus ßj^ ableitbare Gruppe; wir be-
zeichnen sie durch
Jede Hauptebene enthält Symmetriecentra beiderlei Art;
je drei bilden ein gleichseitiges Dreieck.
Für (£3^ sind die Axen ungleichartig, aber in diesem Fall
folgt aus dem oben angezogenen Satz XXII von Cap. VI, dass
Sohoennies, KryataUetructar. 30
- 466 —
eine andere Permutation als die vorstehende ausgeschlossen
ist. Es giebt daher gleichfalls nur eine Gruppe dieser Art,
wir bezeichnen sie durch,
Sv*={63*, 3}.
Da das Product von zwei Inversionen eine Translation der
Gruppe ist, so liegen die zwischen b und c fallenden Sym>
metriecentra mit denjenigen, die in die Axen fallen , nicht in
derselben Hauptebene. Es folgt noch:
Lehrsatz ni. Es giebt zwei Baumgruppen^ ivelche die Sym-
metrie der paramorphen Hemiedrie des rhomboedrischen Systems
besitzen. Die eine enthält die Translationsgruppe Fh, die andere
die Translationsgruppe Trh-
Jede dieser beiden Gruppen kann durch Multiplication
der Punktgruppe C^^ mit der bezüglichen Translationsgruppe
gebildet werden. Da nämlich das erzeugende Symmetriecentrum
in eine Axe a, also auch in den Coordinatenanfangspunkt ge-
legt werden kann, so treten zusätzliche Translationscompo-
nenten nicht auf.
§ 6. Die hemimoiphe Hemiedrie. Diejenige Punki^ruppe,
welche der Hemimorphie des rhomboedrischen Systems iso-
morph ist, ist die Gruppe C^^, deren Operationen
sind. Sie enthält ausser der Drehungsaxe a drei durch die-
selbe gehende Symmetrieebenen tf^, tf/, <^p", welche Winkel
von 60° mit einander bilden. Für die isomorphen Raum-
gruppen existiren daher ausser den parallelen dreizähligen
Axen drei Schaaren paralleler Ebenen, die entweder Sym-
metrieebenen oder Ebenen mit Translationssymmetrie sind.
Als erzeugende Operation kann entweder die Spiegelung @
oder die Operation ©(t) auftreten, wenn r irgend eine zu 6
parallele halbe primitive Translation ist Sie kann augen-
scheinlfch nur dann eine Deckoperation des Axensystems sein,
wenn die ihr zugehörige Ebene 6 einer Seite oder einer Hohe
des Dreiecks ABC parallel läuft. Aus Satz V von Cap. VH
folgt daher^ dass, welches auch die Translationsgruppe sein
mag, die einander parallelen Ebenen 6, (/, o'' . . . für jede der
- 467 —
drei Richtungen in je zwei verschiedene Schaaren gleichartiger
Ebenen zerfallen.
Die im Satz XXII von Cap. VI aufgestellte allgemeine
Bedingung fOr die Existenz von Raumgruppen der vorliegen-
den Art ist wiederum nur für die Gruppen ^ und ^ erfüllt
Aus der ersteren ergeben sich vier, aus der letzteren zwei
Gruppen des fraglichen Typus.
Wir beginnen mit der Gruppe 63*; für sie kann die er-
zeugende Symmetrieebene sowohl durch eine Seite als durch
eine Höhe des Dreiecks ABC gehen; in jeder Lage führt sie
das Axensystem in sich über. In welche Seite oder Höhe sie
fallty ist bei der Gleichartigkeit aller Axen ohne Belang. Um
die Begriffe zu fixiren, legen wir sie durch a; da a eine
Drehungsaxe ist, so existiren in beiden Fällen drei Schaaren
paralleler Symmetrieebenen. Bezeichnen wir die Symmetrie-
ebene, je nachdem sie die Seite AB oder die Höhe AA^ des
Dreiecks ABC enthält, durch <T« resp. 6ay so können die be-
züglichen Gruppen durch
bezeichnet werden.
Die beiden Axenpermutationen, welche den vorstehenden
Gruppen entsprechen, sind resp. durch
(a), (6), (c) und («), (Je)
dargestellt.
Ist die Operation @(r) die erzeugende Operation, so kann,
wie leicht zu sehen, t nur den Werth r, haben. Die Ver-
theilung der Ebenen <^, (/, (j" ist von der Translationscompo-
nente x» unabhängig; sie ist daher für jede der drei bezüg-
lichen Richtungen dieselbe, wie für die vorstehenden Gruppen.
Eine eigentliche Symmetrieebene tritt jedoch in den mit @(t«)
abgeleiteten Gruppen nicht auf, alle Ebenen sind Ebenen mit
Translationssymmetrie. Die Axenpermutationen sind die näm-
lichen, wie oben angegeben. Wir bezeichnen die beiden so
definirten Gruppen durch
ßs,/ - { ßaS ©* W } und (£3,.* = { ßsS ©« W } .
30*
- 468 --
FOr die Gruppe 63^ müssen sich, den Bedingungen des
Satzes XXII von Cap. VI entsprechend, die Axen b und c
unter einander vertauschen, so dass
(o), (hc)
die zugehörige Äxenpermutation darstellt. Die spiegelnde
Ebene geht daher durch die Axe a und fallt in eine Hohe
des Dreiecks ABC. Andrerseits ist klar, dass sie in dieser
Lage wirklich eine zulässige Deckoperation des Axensystems
bewirkt. Da a eine Drehungsaxe ist, so giebt es drei Schaaren
paralleler Symmetrieebenen. Die so definirte Gruppe bezeich-
nen wir durch
e3/={V, ©a}.
Neben der Spiegelung @a kann auch ©a(^«) wieder als
erzeugende Operation benutzt werden; die drei Schaaren pa-
ralleler Ebenen <;,(/,(/'... sind wiederum sämmtlich Ebenen
gleitender Symmetrie. Die zugehörige Gruppe möge durch
bezeichnet werden.
Hiermit sind alle Raumgruppen ©3,», welche der Punkt-
gruppe C3* isomorph sind, abgeleitet Das Ergebniss drückt
sich folgendermassen aus:
Lehrsatz IV. Es giebt sechs Baumgruppen^ deren Symmetrie
der hemimorphen Hemiedrie des rhomboedrischen Systems ent-
spricht. Vier von ihnen enthalten Fn ais Translationsgruppe^ die
zwei anderen Fr*.
Um die Bestimmung des Fundamentalsystems gleich-
werthiger Punkte zu geben, lassen wir die erzeugende Sym-
metrieebene mit der XZ-Ebene zusammenfallen, analog zu
den bezüglichen Festsetzuugen für die Gruppe Cg*. Die Trans-
lation 2t^ fällt dann allerdings nicht für jede der vorstehenden
Gruppen in die X-Axe. Dies hat jedoch auf das Fuudamental-
system keinen Einfluss; nur die aus demselben mittelst der
Translationsgruppe abzuleitenden Punkte resp. deren Coordi-
naten werden dadurch modificirt. Die Ausdrücke des Funda-
mentalsystems, welche sich für 63,»* und E3,/ ergeben, stim-
men daher mit denjenigen überein, welche den Gruppen 63, „^
— 469 —
und @3,/ entsprechen; doch fallen für die letzteren die primi-
tiven Translationen 2tiy 2%^^ 2t^ mit den Symmetrieebenen
zusammen y während sie für die ersteren die Winkel dieser
Ebenen halbiren.
Legen wir zunächst das gewohnlich benutzte Goordinaten-
system zu Grunde^ so sind die der Punktgruppe C^^ ent-
sprechenden Punkte
Als zusätzliche Translationscomponenten stellen sich fol-
gende ein:
©8,,* und ©3.,«: 0, 0, 0, 0, 0, 0
63,/ und 6s,c*: r„ r., r,, r^,, r„ r,
63,/: 0, 0, 0, 0, 0, 0
Es,ü^: 1^2, ^5, 1^5, t:., Tj, r. .
Dieselben Gomponenten treten auch für das andere Coordi-
natensystem auf.^) Es folgt noch, dass die Gruppen Ss,»^
6s,»^, Ss,»^ durch Multiplication der Punktgruppe Q" mit der
Translationsgruppe erzeugbar sind.
§ 7. Die enantiomorphe Hemiedrie. Dieser Glasse ent-
sprechen solche Raumgruppen, deren isomorphe Punktgruppe
die Gruppe Dg ist. Ihre Operationen sind die Drehungen
1, 31, 81^ u, 2iu, a«u,
von denen die letzteren Umklappungen um die drei zur Haupt-
axe senkrechten Nebenaxen u, n^, u^ bedeuten. Die isomorphen
Raumgruppen 2)3 enthalten daher ausser den dreizähligen
Uauptaxen einer Gruppe (£3 noch drei zu den Hauptaxen nor-
male Schaaren zweizähliger Axen, deren jede eine Gruppe 6^2
bestimmt. Jeder dieser zweizähligen Axen entspricht eine
Deckbewegung der Gruppe 63 resp. ihrer dreizähligen Axen;
daraus folgt, dass sie nothwendig einer Seite oder Höhe des
Dreiecks ABC parallel laufen. Nun haben in Bezug auf jede
dieser Axenrichtungen, wie unmittelbar ersichtlich, die primi-
tiven Translationen eine solche Lage, wie sie nur bri der
1) Wegen der Richtung von x, vgl. S. 468.
- 470 —
Gruppe (Sg' auftritt; die drei zweizähligeu Axenschaaren bilden
daher je eine Gruppe (S^\ Es befinden sich daher unter ihnen
stets Drehungsaxen. Hieraus folgt nun schliesslich, jlass zur
Erzeugung der Gruppen S), stets eine reine Umklappung ge-
wählt werden kann. Alle Banmgruppen der hier gesuditen Art
lassen sich daher durch MtiUiplication einer Gruppe S, mit einer
UnMappung erzeugen, deren Axe in eine Seite oder Höhe des
Breiecks ABC fällt.
Wir fassen zunächst die drei Gruppen 63*, ßj*, ßj* in's
Auge und lassen einige Bemerkungen folgen, welche die Ver-
theilung der zweizähligen Axen im Raum betreffen. Dieselbe
bestimmt sich für jede der drei Gruppen ^ nach dem, was
darüber in Cap. VII, § 6 abgeleitet wurde. Wie eben be-
wiesen, schneidet die erzeugende Umklappungsaxe u eine drei-
zählige Axe. Wir betrachten zunächst Axen derselben Richtung
und zwar im besondern diejenigen von ihnen, die in einer zu
den dreizähligen Axen parallelen Ebene b liegen. Nun existirt
für die Gruppen S3*, ßj^, (£3^ keine Translation, deren Com-
ponente parallel den dreizähligen Axen kleiner als 2rf ist,
also liegen gemäss Gap. YI, Satz X ftir diese Gruppen in jeder
Ebene e Axen nur einer Art, welche im Abstand r« auf ein-
ander folgen. Die Lage der zweizähligen Axen verschiedener
Richtung gehorcht dem in Cap. YI hierüber abgeleiteten
Satz XY; mit Hilfe desselben lässt sie sich für jede Gruppe
2)3 leicht angeben.
§ 8. Aus der Gruppe ^^ lassen sich zwei Raumgruppen
der Gattung 2)3 ableiten, je nachdem die erzeugende zwei-
zählige Drehungsaxe u in die Seite AB oder in die Hohe AA^
des Dreiecks ABC fälli Wir bezeichnen sie, resp. die zu-
gehörigen Umklappungen, dementsprechend durch
w„ Ua und U,, U«.
Da a eine Drehungsaxe ist, so gehen in jedem Fall durch
den Punkt A gleichzeitig drei zweizählige Axen u, H|, u^.
Die sämmtlichen Axen yertheilen sich daher auf Hauptebenen,
die im Abstand r« auf einander folgen. Die bezüglichen
Gruppen bezeichnen wir durch
— 471 —
FQr die erste ist Ug die erzeugende Axe, sie trifft also gleich-
zeitig Axen a, 6, c. Für die zweite Gruppe ist m« die er-
zeugende Axe. Sie trifft nur Axen a; die Axen b und c werden
von den zweizähligen Axen nicht getroffen. Der ersten Gruppe
entspricht daher die Permutation
(«), (&), (.c),
während die zweite durch
(«), (pc)
gekennzeichnet ist.
Aus den Gruppen S,^ und 63^ lassen sich ebenfalls je
zwei Gruppen 2)3 ableiten. Da sich die Axenschaaren beider
Gruppen nur in Bezug auf den Windungssinn der zugehörigen
Schraubenbewegung unterscheiden, so genügt es^ die aus ^3^
ableitbare Gruppe SD3 genauer zu untersuchen; die Resultate
sind mit denen, welche die Gruppe €3^ betreffen, bis auf den
Windungssinn identisch.
Die erzeugende zweizählige Axe u fallt wiederum in die
Seite AB oder in die Höhe AA^ des Dreiecks ABCy doch
geht in diesem Fall, da a eine Schraubenaxe ist, durch den
Punkt A keine weitere zweizählige Axe, vielmehr schneiden
nach dem oben angezogenen Satz die Axen U| und ti^ die
Axe a in Punkten, deren Abstand je der dritte Theil von r,
ist Da die Axen u, u^, Ug zu den homologen Axen der iso-
morphen Punktgruppe, also auch zu denen der vorstehenden
Gruppen J)^* und 2)3* parallel sind, so werden wiederum, wenn
die Axe u die Gerade Ug ist, alle Axen a, b, c von den zwei-
zähligen Axen getroffen, wenn dagegen Ua die erzeugende Axe
ist, so gehen nur durch die Axe a zweizählige Axen. Die
Axenpermutationen sind daher mit den oben angegebenen
identisch. Die so bestimmten Gruppen bezeichnen wir durch
^3* = { 6»*, U. } und %* = { ^3*, Wa ) .
Ihnen fügen sich die analogen Gruppen an, die durch Multi-
plication von ß^^ mit U« resp. Ua entstehen, nämlich
S)3*={e,», u.) und ®s''=(e3Mi4-
— 472 —
Es steht noch aus, die Gruppe S3* in analoger Weise zu
behandeln. Für sie darf die erzeugende zweizählige Symmetrie-
axe nur in eine von A ausgehende Dreieckseite fallen; denn da
die drei Äxenschaaren a, h, c nicht gleich werthig sind, so
muss jede derselben in sich selbst übergehen. Andrerseits
entspricht dieser Lage der Axe u auch wirklich eine Deck-
operation des Axensystems. Da sie a schneidet, so gehen
durch Ä gleichzeitig drei verschiedene zweizählige Symmetrie-
axen, die sämmtlich mit den Seiten des in dieser Ebene
liegenden Dreiecksnetzes coincidiren. Je zwei Punkte von a,
die von Drehungsaxen getroffen werden, haben den Abstand r..
Durch die Punkte B und C der Schi'aubenaxen b und c hin-
gegen geht nur je eine Axe; für sie folgen dem oben ge-
nannten Satz gemäss die Axen Uy u^, u^ in der Weise auf
einander, wie bei den Gruppen 3)3*, also in Abstanden gleich
dem dritten Theil von r«. Die so bestimmte Gruppe be-
zeichnen wir mit
Hiermit sind alle Gruppen 2)3 abgeleitet, also folgt:
Lehrsatz V. Es giebt sieben Baumgruppeny deren Symmetrie
der enantiomorphen Heniiedrie des rhomboedrischen Systems ent-
spricht. Sechs von ihnen besitzen die Gruppe F* als Trans-
lationsgnippe, dagegen nur eine die Gruppe FrA.
Um das Fundamentalsystem der gleichwerthigen Punkte
am zweckmässigsten zu bestimmen, lassen wir den Goordinaten-
anfangspunkt stets in den Schnittpunkt der Axen a und u
fallen und geben im übrigen der Axe u diejenige Lage zu
den Goordinatenaxen, die wir im ersten Abschnitt fär die
Gruppen D, angenommen haben. Dadurch wird unmittelbar
bewirkt, dass aus jedem Punkt liyS ®i°®r Gruppe (£3 mittelst
der Umklappung U der nämliche Punkt entsteht, in welchen
der Punkt £17^ der Punktgruppe C^ in Folge derselben Um-
klappung resp. der zugehörigen Goordinatentransformation
übergeht; es können daher ßir die durch U abzuleitenden Coor-
dinaten neue zusätzliche Translationscomponenten nicht auftreten;
nur diejenigen stellen sich ein, welche der Gruppe ©3 ent-
sprechen, resp. aus ihnen durch die Umklappung U hervor-
— 473 —
gehen. Dies regelt sich durch die Erwägung, dass die Um-
klappnng U jede zu ihr senkrechte Translationscomponente r
in — X verwandelt.
Nun sind die Coordinaten der gleichwerthigen Punkte
der Gruppe Dj resp.
Zu ihnen kommen für die einzelnen Gruppen folgende Trans-
lationscomponenten :
®3* und ©3^ 0, 0, 0, 0, 0, 0
2r, 4t. 4t 2t
©»»und®,*: 0, -3-', Y> 0, ~ -3-
4t. 2t, 2t. 4t.
^ 5 und 5^ *• 0 - - — 0 - -
©3': 0, 0, 0, 0, 0, 0.
Die Gruppen S),*, S),*, 2)3'' sind diejenigen, welche sich durch
Multiplication der Punktgruppe D, mit den Translations-
gruppen Fk resp. Frh erzeugen lassen. Die ersten beiden
unterscheiden sich in der Lage der primitiven Translationen
zu den zweizähligen Axen; für D^ fallt die X-Axe mit der
Translation 2x^ zusammen, während für 2)3^ die X-Axe*den
Winkel zweier primitiver Translationen halbirt. Das gleiche
gilt auch für ©j^ und ©3* sowie für ©3^ und S),^
Das nämliche gilt, wenn man das zweite der in diesem
Gapitel benutzten Goordinatensysteme zu Grunde legt; denn
auch bei dieser Lage der Axen verwandelt die Umklappung u
die in der Axe a liegende Translationscomponente in die ent-
gegengesetzt gleiche.
§ 9. Die Holoedrie. Die Punktgruppe, welche die rhom-
boedrische Holoedrie characterisirt, ist die Gruppe D^^\ ihre
Operationen lassen sich (S. 95) in der Form
1, SU, a»; u, u„ u,
darstellen. Sie ergiebt sich durch Multiplication von D,
mit ©4.
- 474 ~
Unter ihren Operationen zweiter Art befindet sieh aber
auch (vgl. S. 95) eine Inversion; sie ist demjenigen der letzten
drei Producte der zweiten Zeile äquivalent, fQr welches die
Symnietrieaxe auf der Symmetrieebene 0^ senkrecht steht. Sie
kann daher auch durch Multiplication von D, mit der Inver-
sion 3 erzeugt werden.
Nach dem Fundamentaltheorem über die Erzeugung iso-
morpher Raumgruppen und Punktgruppen ist daher jede
Gruppe S)3,<i mittelst einer zu ©^ oder 3 isomorphen Operation
zu bilden y und zwar ist die noth wendige und hinreichende
Bedingung die, dass dieselbe eine Deckoperation des Axen-
systems von D^ ist und dass die Bedingung des Satzes XXU
von Cap. VI erfüllt ist. Solche Operationen direct zu finden^
tvird um so schwieriger, je complidrter und mannigfacher das
Axensystem einer Itaumgruppe ist; es wird im Allgemeinen nur
gelingen, wenn dies Axensystem durch genaue Figuren der
Anschauung zugänglich gemacht wird. Schon für einzelne
Gruppen ^^ machte sich dieser Umstand geltend. Aus diesem
Grunde empfiehlt es sich, nach Methoden zu suchen, welche
ohne Kenntnis der Figur entscheiden lassen, welche Operationen
für jede Gruppe in Frage kommen um sie als erzeugende
Operationen zur Bildung von Gruppen höherer Symmetrie zu
benutzen. Hierfür dürfte sich am besten das nachstehende
Verfahren eignen, das wir im Folgenden fast ausschliesslich
benutzen werden, und dessen Grundgedanken wir fiir die
Construction der Gruppen S)s,<i ausführlicher erörtern wollen.
Wir greifen zu diesem Zweck zunächst auf die Punkt-
gruppen 2)3 resp. Dg** zurück. Die Operation ©^ resp. 3, mit
welcher Dg multiplicirt wird, um Dg** zu erhalten, fahrt die
dreizählige Axe a in sich selbst über; ferner giebt es unter
den zweizähligen Axen u, u^, u^ mindestens eine, welche in
Folge dieser Operationen gleichfalls in sich übergeht, nämlich
diejenige, welche auf der Symmetrieebene 6a senkrecht steht.
Aus den Sätzen über die Beziehungen zwischen isomorphen
Baumgruppen und Punktgruppen folgt daher, dass auch die-
jenige zu ©d resp. 3 isomorphe erzeugende Operation, mit
welcher sich aus ^g eine Gruppe S)s,c< bilden lässt, die drei-
— 475 —
zähligen Axen^ d. h. das Azensystein von (S3; sowie die zwei-
zähligen Axen mindestens einer Gruppe (Sg in sich überfahrt.
Umgekehrt folgt nun aber aus Satz XIX von Cap. YI, dass auch
jede derartige Operation S, welche för die Axen einer Gruppe
S^y sowie für die Axen der Gruppe Sj gleichzeitig eine Deck-
operation ist, es auch fOr die Axen von Dj, ist, mithin zur
Erzeugung einer Gruppe S)8,d geeignet ist. Nun ist aber die
Operation S entweder zu ©«i oder 3 isomorph; sie bestimmt
daher mit ^ stets eine Gruppe (Sa,A und mit S, eine Gruppe 65, 9
oder (S3,t- Demnach ist zu folgern, dass du betfügliche Operation S
die nothtvendige und hinreichende Bedingung erfüllen muss, dass
sie gleichzeitig aus der Gruppe Sj eine Gruppe Sa.*, und aus der
Gruppe @3 eine Gruppe (Ss,« resp, Ss^t entstehen lässt. Jede
Operation S dieser Art liefert eine Gruppe Ds^^.
Der Kunstgriff, von dem hier Gebrauch gemacht ist, be-
ruht also auf dem einfachen Gedanken, statt für das com-
plicirtere Axensystem einer Gruppe D^ Deckoperationen zu
suchen, solche Operationen zu finden, welche gleichzeitig
Deckoperationen für die leicht zu übersehenden Axenschaaren
der Gruppen S3 und S^ ^^^^* Diesem Gedanken wollen wir
hier zum ersten Male nachgehen. Um die Begriffe zu fixiren,
werden wir als Gruppe S, iiuDier diejenige wählen, welcher
die erzeugende Axe u angehört.
§ 10. Zunächst ist zu bemerken, dass nach Gap. VI
Satz XXII nur die Gruppen ©3^, S)»*, ©3^ zur Erzeugung
von Gruppen ©s,^ geeignet sind. Wir beginnen mit der
Gruppe 3)3^
Aus jeder Gruppe ©2 lassen sich gemäss Cap. VII, 8 zwei
verschiedene Gruppen (£2,* ableiten; als erzeugendes Symmetrie-
element dient einerseits eine zu den Axen senkrechte Sym-
metrieebene, andrerseits ein Symmetriecentrum, das zwischen
zwei nächsten Axen gelegen ist. Für die Gruppe 2)3^ kommt
daher als erzeugende Operation erstens eine Spiegelung in
Frage, deren Ebene auf der Symmetrieaxe w, senkrecht steht.
Dieselbe bildet mit der Gruppe 63^ die Gruppe Ss,c*; sie ge-
nügt demnach der durch Cap. VI, Satz XIX vorgeschriebenen
allgemeinen Bedingung und fuhrt mithin zu einer Gruppe 2)3,d.
— 476 —
Wählen wir die Bezeichnungen der Symmetrieebenen, resp.
der zugehörigen Operationen, wie in § 6, so lässt sich die
so bestimmte Gruppe durch
darstellen. Da a eine Drehungsaxe ist, so schneiden sich in
ihr drei Symmetrieebenen. Keine derselben enthält, wie dies
auch der Lage der Symmetrieelemente von D^'* entspricht,
eine zweizählige Symmetrieaxe. Die Yertheilung aller Sym-
metrieebenen ist dieselbe, wie für die Gruppe 63.»*.
Das Symmetriecentrum, welches mit (Sg zusammen eine
Gruppe (£2,A bestimmt, liegt in der Mitte zwischen zwei nächsten
Axen u. Soll es zu einer Gruppe S)s,^ führen, so muss es
gleichzeitig aus ©j* eine Gruppe ©3,« erzeugen. Dem wird
genügt, wenn es in einen Punkt der Axe a fallt, welcher in
der Mitte zwischen zwei um r, entfernten Axen u liegt Auf
jeder dreizähligen Axe liegen dem Character der Gruppe Ss,,^
entsprechend in den analogen Punkten ebenfalls Symmetrie-
centra. Der Gruppe kommt keine eigentliche Symmetrieebene
zu. Wir bezeichnen sie durch
Aus der Gruppe ^3^ lassen sich die analogen zwei Gruppen
3)3,d ableiten. Die erzeugenden Operationen, welche durch
die Gruppe (S^ vorgeschrieben sind, können sich nicht ändern;
und ebenso liefern sie wiederum eine Gruppe Es.» resp. ©,-,3*,
vorausgesetzt, dass das Symmetriecentrum wieder in die Axe a
und zwar in die Mitte zwischen zwei nächste Axen u fallt
Die Gruppe S3,» ist übrigens in diesem Fall die Gruppe ®8,c*,
da die bezügliche Symmetrieebene durch eine Seite Yon ABC
geht. Wir bezeichnen die Gruppen durch
®s/ = { ©3', ©. } und ©3/ -= { S)3^ 3 } .
Die letztere hat keine eigentliche Symmetrieebene; für
die erstere dagegen giebt es drei Schaaren paralleler Sym-
metrieebenen.
Es steht noch aus, die Gruppe S),'' zu discutiren. Ihre
dreizähligen Axen bilden die Gruppe Q>^\ Sie liefert ebenfalls
zwei Gruppen S)3,d- Symmetrieebene und Symmetriecentrum
— 477 —
müssen die analoge Lage haben, wie bisher. Die durch a
gehende Symmetrieebene bestimmt mit den dreizähligen Axen
die Gruppe Ss,/, ist also als erzeugende Operation zulässig.
Sie ist zu Ug senkrecht und enthält daher lauter Axen a, und
da a eine Drehungsaxe ist^ so giebt es drei Schaaren solcher
Ebenen. Wir bezeichnen die bezügliche Gruppe durch
2)3./ ={©3^ ©a}.
Das Symmetriecentrum, in dem gleichen Punkt der Axe a
liegend, wie bisher, erzeugt mit Sg* die Gruppe Ss,,-^, stellt
also gleichfalls eine erzeugende Operation für die Gruppe ^3^
dar. In jede dreizählige Axe fallen Symmetriecentra, ihre
Lage ist die oben in § 5 angegebene; Symmetrieebenen besitzt
die Gruppe nicht. Wir bezeichnen sie durch.
3)s./={®,', 3}.
Für diese Gruppe ist die Vertheilung aller Axen bereits
eine ziemlich complicirte^ da in je zwei Hauptebenen, die um
den dritten Theil von t, entfernt sind, Axen verschiedeuer
Richtung fallen. Dagegen führen die vorstehenden Ueber-
legungen leicht und einfach zum Ziel. Wir sprechen das
Ergebniss noch in folgendem Satz aus:
Lehrsatz VL Es giebt sechs Raumgruppen, deren Symmetrie
der Holoedrie des rhomboedrischen Systems entspricht Vier von
ihnen besitzen die Gruppe F* als Translationsgruppe, die beiden
andern die Gruppe jH-a.
Das Fundamentalsystem gleichwerthiger Punkte lässt sich
für die mit der Spiegelung ©« erzeugten Gruppen ^34, S)»,/,
Da,/ leicht angeben. Legen wir für diese Gruppen den Goor-
dinatenanfangspunkt in den Schnittpunkt der Axen u und a,
und geben diesen Axen, sowie der Symmetrieebene, dieselbe
Lage zum Goordinatensystem, die im ersten Abschnitt für
die Punktgruppe D^^ angenommen wurde, so ist ersichtlich,
dass für jede der drei obigen Gruppen die nämlichen Sym-
metrieelemente existiren, wie für die Gruppe D^"^, Es können
daher zusätzliche Translationscomponenten bei den Goordi-
naten des Fundamen talsystems nicht auftreten. Jede dieser
drei Gruppen lässt sich durch Multiplication der Punkt-
— 478 -
gruppe B^^ mit der bezüglichen Translationsgruppe erzeugen.
Dass die Gruppe jQ zwei Gruppen S)8,d liefert, liegt wiederum
daran y dass das Axensystem von D^ zweierlei Lage zu ihr
haben kann. Für die Gruppe ^^^ fallen nämlich die pri-
mitiyen Translationen 2t^; 272, 2x^ in die Symmetrieebenen
für ^s,/ dagegen in die zweizähligen Nebenaxen. Hierdurch
werden, wie oben erwähnt, die Coordinaten der mit dem Pun-
damentalsystem gleichwerthigen Punkte beeinflusst.
Für die Gruppen S)8,<i*, ®8,d*> S)«,/ benutzen wir dieselben
Coordinatenaxen. Dann entspricht der Inversion, welche aus
Dj die Gruppen 2)3,d erzeugt, in allen drei Fällen diejenige
Coordinatentransformation, welche einen Punkt
Irii in 5ijg + ^*
verwandeltw Wird diese Substitution für alle sechs Coordi-
natentripel von S)s^, 2)3^ ^3^ durchgeführt, so ergeben sich
die Coordinatenwerthe für ©s,/, S)3,d*, 2)»,/. Beachten wir
nun, dass die Coordinatenwerthe der drei genannten Gruppen
2)3 von allen Translationscomponenten frei sind, so folgt, dass,
während für die Gruppen
2)3.dS S)8./, 2)v^
das Fundamentalsystem durch
0, 0, 0, 0, 0, 0
0, 0, 0, 0, 0, 0
characterisirt ist, es für die Gruppen
die Form
2)3/, S)3,A 2)3./
0, 0, 0, 0, 0, 0
^5J ^*» "^ZJ "^ZJ ^r« '^Z
hat.
Endlich sei bemerkt, dass die Gruppe 2)3,/ die Gesammt-
Symmetrie des der Gruppe Frh entsprechenden rliomboedrischen
Eaumgitters darstellt
Zehntes Capitel.
Das tetragonale System.
§ 1. VoTbemerktingen. Dem tetragonalen System ge-
hören die Punktgruppen
A», 2)„ F^ CA CA Q, S,
an. Sie besitzen sämmtlich eine yierzählige Hauptaxe. Die
ihnen isomorphen Baumgruppen sind daher durch eine Schaar
paralleler vierzähliger Hauptaxen ausgezeichnet, wobei zu be-
merken ist; das diese Axen für 5^ und V"^ in dem S. 49 an-
gegebenen Sinn als Axen zweiter Art zu bezeichnen sind.
Die Translationscomponenten können für diese Axen gemäss
Satz VIII Ton Cap. VI die vier Werthe
haben, wenn, wie immer, 2%^ die den Axen parallele primitive
Translation ist. Die Schraubenbewegungen, welche dem zweiten
und vierten dieser Werthe entsprechen, unterscheiden sich
nur durch den Windungssinn.
Die Translationsgruppen des tetragonalen Systems sind
von zweierlei Typus; die eine von beiden, nämlich Fj, hat die
Translationen
£i Xx f ^ ty , ^ T • , Tjf =^ Xy
als primitives System. Die Translationen der andern, F/,
lassen sich durch
äTj-, ^'^yy ^'^»f '^x 'V "^y l "^zy "^x ^^ ^y
characterisiren. Für die Gruppe Fq giebt es keine Translation,
deren Gomponente parallel zu den Axen kleiner als 2xg ist;
daher stimmen nach Satz X von Cap. VI für jede zugehörige
— 480 -
Raumgruppe die TranslatiouBcomponeuten aller vierzähligen
Axeu übereiD^ d. h. alle diese Axen sind gleichartig. Dagegen
bedingt die Translation r^. + r^ + r^, dass jede Raumgruppe,
welche F/ als Translationsgruppe enthält^ zweierlei vierzählige
Axen besitzt. Ihre Traoslationscompouenten unterscheiden
sich um tg] dieselben haben daher entweder die Werthe
0, r. oder ^, -^.
Wie im vorigen Capitel bezeichnen wir die zu den Haupi^
axen senkrechten Ebenen als Hauptebenen und das in ihnen
von den Hauptaxen gebildete Netz als Axennetg,
§ 2. Die sphenoidiBohe Tetartoedrie. Diese Tetartoedrie
ist durch eine vierzählige Axe zweiter Art characterisirt. Die
ihr entsprechende Punktgruppe S^^ enthält die Operationen
1, «s ä, f«,
wo (vgl. S. 77)
ist. Die Gruppe kann daher, wie übrigens auch aus Hilfssatz 5,
S. 84, hervorgeht; durch Multiplication der Punktgruppe C^
mit der Operation % erzeugt werden. Die zu S^ isomorphen
Raumgruppen ©^ werden daher erhalten, wenn eine der
Gruppen ßj ^^^ einer zu % isomorphen Operation multiplicirt
wird, welche die Axen von ßg in sich überführt. Aber jede
zu 81 isomorphe Operation ist, wie Cap. VI, § 4 bewiesen
worden, selbst von der Form 81; es muss daher jede erzeugende
Operation von der Form 81 sein.
Nach dem Satz XXIV von Cap. VI sind die vierzähligen
Axen zweiter Art gleichzeitig zweizählige Drehungsaxen erster
Art; die Axe der erzeugenden Operation 81 fällt daher noth-
wendig in eine Drehungsaxe einer Gruppe ®2- Andrerseits
ist jede Drehungsaxe hierzu geeignet, falls 81 eine Deckoperation
für die gesammte Axenschaar repräsentirt. Es fällt demnach
die Gruppe Sg', welche nur Schraubenaxen enthält, für die
Erzeugung von Gruppen ©4 aus.
Dagegen lässt sich sowohl aus (S^S als ^ je eine Gruppe
@4 ableiten; natürlich vorausgesetzt, dass die Translatious-
gruppe den besonderen Character der Gruppe Fq resp. r/ an-
~ 481 -
nimmt. Für S,^ sind alle Axen gleichartig; jede Axe kann
daher als Axe von 91 gewählt werden. Für ^^ sind die
beiden Drehnngsaxen a und c ebenfalls gleichartig; jede von
ihnen kann wieder Axe der Operation $[ sein. Wir bezeichnen
die so bestimmten Gruppen durch
Da neue Axen in Folge der Operation 31 nicht auftreten, so
ist das Axensjstem mit demjenigen der Gruppen 62^ und
©2* identisch; das von ihnen bestimmte Axennetz ist aber
quadratisch. Je zwei Gegenecken eines Quadrates werden,
wie wir auf den nächsten Seiten beweisen, von vierzähligen
Axen getroffen, das andere Gegeneckenpaar von zweizähligen.
Es folgt:
Lehrsatz I. Es gkht zwei Raumgruppen^ deren Symmetrie der
sphenoidischen Tetartoedrie des tetragoncUen Systems entspricht.
Die eine enthält die Gruppe Fg als Translationsgruppe, die andere
die Gruppe F/,
Denken wir uns, um das Fundamentalsystem der gleich-
werthigen Punkte zu bestimmen, die Z-Axe in die Axe a
gelegt; und lassen den Anfangspunkt mit dem Mittelpunkt
der Operation Sl zusammenfallen, so hat das Ooordinaten-
System für die Gruppen ©4* und ®^ dieselbe Lage, wie für
die Gruppe S^. Demnach haben die Coordinaten der gleich-
werthigen Punkte für alle drei Gruppen die nämliche Form;
Translationscomponenten erscheinen nicht. Jede der beiden
vorstehenden Gruppen kann daher durch Multiplication der
Punktgruppe S^ mit der bezüglichen Translationsgruppe erzeugt
werden.
§ 3. Die Tetartoedrie erster Art. Diese Tetartoedrie
ist durch die Punktgruppe C4 characterisirt, deren Operationen
die Drehungen
1, 31, MS W
sind. Die Existenz der Bewegung 31^ bewirkt, dass in den
mit C^ isomorphen Raumgruppen 64 ausser den vierzähligen
auch zweizählige Axen vorkommen können. Dies ist in der
That der Fall.
Sohoenfliea, Erystallstructttr. 31
- 482 -
Wir betrachten zunächst die Gruppen 6^, deren Trans-
lationsgruppe die Gruppe Fq ist, deren vierzählige Axen also
sämmtlich gleichartig sind. Es sei (Fig. 62)
ferner sei B der Mittelpunkt des Quadrates AA^A^A^^ so ge-
hört nach Cap. V, 3 die Axe 6
als vierzählige Axe der Gruppe S^
an. Gleichzeitig folgt^ dass andere
vierzählige Axen innerhalb des
Quadrates AA^A^A^ nicht existiren.
Nun lässt sich aber a auch als
zweizählige Axe auffassen, ent-
sprechend dem ihr zugehörigen
Drehungswinkel sr; daher werden
auch die Mitten von AA^ und AA^ von zweizähligen Axen
getroffen; wir bezeichnen sie durch c^ und c^.
Denken wir uns a, h^ c als Drehungsaxen, so besteht
für die zugehörigen Drehungen die bemerkenswerthe Rela-
tion, dass
ist. Nämlich einerseits muss dies Producta da die Summe
der Dreh ungs winke! 23t ist, einer Translation äquivalent sein,
andrerseits gelangt der Punkt A nach Ausführung aller drei
Bewegungen wieder an seine ursprüngliche Stelle; folglich ist
das Product die Identität Die Gleichung ist derjenigen analog,
die wir S. 464 für die Gruppen Sj abgeleitet haben.
Entsprechend den oben genannten vier Werthen der Trans-
lationscomponente ergeben sich vier verschiedene Gruppen E^;
wir bezeichnen sie durch
Die zweite und vierte Gruppe unterscheiden sich nur durch
den Windungssinn der bezüglichen Schraubenbewegungen.
Für jede Gruppe giebt es drei verschiedene Arten von gleich-
werthigen Axen, nämlich
— 483 —
a, 6, c;
von ihnen sind a und h mit einander gleichartig. Die Axen c
sind für ^^ und 64^ Drehungsaxen, für die beiden andern
Gruppen Schraubenaxen. Es folgt daher:
Lehrsatz II. Es gieht vier Baumgruppen, welche die Sym-
metrie der quadratischere Tetartoedrie erster Art besitzen, und
die Grvppe F, als Translationsgruppe enthalten.
um die Bestimmung des Fundamentalsystems gleich-
werthiger Punkte zu geben ^ lassen wir die Axe a mit der
Z'Axe zusammenfallen. Die Coordinatentripel für die Punkt-
gruppe C^ waren (S. 216) resp.
xysf, yxe, xye, yx0
Beachten wir nun, dass die Bewegung W die doppelte Trans-
lationscomponente besitzt, wie 31, u. s. w., so ergeben sich die
bezüglichen Translationscomponenten in folgender Form:
6/: 0, 0, 0, 0 e/: 0, \, ^, ^
6/: 0, r„ 0, t. S/: 0, ^, ^, ^.
Die Gruppe S^^ ist diejenige, welche durch Multiplication
der Punktgruppe CJ^ mit der Translationsgruppe Fq erhalten
werden kann.
§ 4. Ist die Translationsgruppe die Gruppe F/, so sind
die vierzähligen Axen , wie bereits oben erwähnt, nicht
sämmtlich gleichartig. Wie in Cap. V, Satz X bewiesen wurde,
wird aber die Axenvertheilung hierdurch nicht beeinfiusst.
Das Axennetz stimmt daher mit dem vorstehend betrachteten
überein.
Die Axen c^ und c^ können Drehungsaxen oder Schrauben-
axen sein. Nun bilden die sämmtlichen Bewegungen vom
Winkel ä eine Gruppe (S^'. Sind daher c^ und c^ Schrauben-
axen, so müssen a und b zweizählige Drehungsaxen repräsen-
tiren; daher entsprechen ihnen (vgl. S. 480) die Translations-
componenten 0 und tz. Sind dagegen c^ und c^ zweizählige
Drehungsaxen, so stellen a und b auch als zweizählige Axen
31*
— 484 -
Schraubenaxen dar, ihre Translationscomponenten sind daher
(vgl. oben S. 480)
2 2 '
sie bestimmen in diesem Fall vierzählige Axen von verschie-
denem Windungssinn. Wir bezeichnen die beiden Gruppen
dieser Art durch
6/= {«(f), A'} und e,«= {«(i-, ^), r,'}.
Für jede von ihnen zerfallen die Axen in drei verschiedene
Schaaren gleichwerthiger, die durch
a, b, c
repräsentirt sind. Es folgt noch:
Lehrsatz IIL Es giebt Bwei RaumgruppeUy deren Symmetrie
der ersten Tetartoedrie des tetragonalen Systems entspricht, und
deren Translationsgruppe F/ ist.
Wir haben in Cap. III, § 12 gesehen, dass das primitive
Tripel der Translationsgruppe F/ in zwei verschiedenen Formen
auftrat; es soll daher noch untersucht werden, welche Lage
die Axen f&r beide Gruppen zu den primitiven Translationen
haben.
Für die Gruppe 6^/ sind c^ und Cj Schraubenaxen, daher
sind ÄA^ und ÄA^ keine Translationen der Gruppe; dagegen
ist, weil a und b zweizählige Drehungsaxen repräsentiren, AA^
eine Translation. Setzen wir nun in Uebereinstimmung mit
den bisherigen Bezeichnungen
AC^=\txy AC^ = \tyy -4JB = ^(r, + iTy),
so kann das primitive Tripel durch
ty + tgj tß -f- tx) tx "T~ Ty
dargestellt werden; ferner bilden jetzt
^x + ^k ^^^ '^x — tTy
das primitive Translationenpaar parallel den Hauptebenen.
Wenn dagegen dieses primitive Paar durch 2tx und 2%^
bezeichnet werden soll, so ist
AB = iTx, AB^ = Ty, AA^ '=^ tx -{- ty
zu setzen. In diesem Fall wird durch die Axen a und c^,
— 485 —
wenn wir a als zweizählige Axe betrachten, bedingt^ dass auch
^x + ^y + ^*
eine Translation der Gruppe ist. Wir können daher zu beiden
Formen des primitiven Tripels gelangten und zwar dadurch,
dass wir die Richtung von Xx und ty in geeigneter Weise
wählen.
Für die Gruppe @/ gilt das Nämliche. Jetzt ist nämlich,
wenn
ACi = ^rx, ÄC^^^itj,, AB = \(tx + ty)
gesetzt wird, a als zweizählige Axe eine Schraubenaxe, wäh-
rend Ci Drehungsaxe ist. Es ist also weder AA^ noch AA^
eine Translation der Gruppe, es ergeben sich aber wieder
Ty -p T3, tz -f- txf tx "7" ty
als primitive Translationen, und als primitives Paar parallel
den Hauptebenen
Tx + ty und tx — ty.
Ebenso bleiben die weiteren Schlüsse in Kraft. Also folgt:
Lehrsatz IV. Wird bei den Gruppen 6/ und (5/ der Ab-
stand jnceier nächsten Axen als Riehtung der Translationen Xx
und ty gewählt, so bilden
ty -p tgf Tj -{- txf tx "f" ty
das primitive Tripel; wenn dagegen zwei nächste vierisaKlige Axen
die Richtung von tx wnd ty bestimmen, so ist die Translations-
gruppe dwrch
2rx, 2ty, 2t g, 1^« + ^y + ^*
gekennzeichnet.
Um die Ausdrücke für das Fundamentalsystem der gleich-
werthigen Punkte zu geben, legen wir die ^-Axe wieder in
die Axe a. Für die Gruppe @/ können, da a Drehungsaxe
ist, Translationscomponenten nicht auftreten; für @/ erscheint
— , also ergeben sich folgende Zusatzwerthe
6/: 0, 0, 0, 0; 6,«: 0, \, x„ ^,
Die Gruppe (£4* ist daher diejenige, welche sich durch Multi-
plication der Gruppe C4 mit der Translationsgruppe F/ bilden
lässi Wir sprechen noch folgenden Satz aus:
— 486 -
Lehrsatz V. Es giebt sechs Ba/amgruppen van der Sym-
metrie der tetragonalen Tetartoedrie erster Art.
§ 5. Allgemeine Bemerkungen zur Hemimorphie des
tetragonalen Systems. Die Symmetrie dieser Klasse von
Erystallen ist durch die PuDktgrappe (7/ gegeben , deren
Operationen
1, a, a«, «»5 @„ a@e, «'©r, «'©.
sind. Sie enthält vier durch die Aze gehende Symmetrieebenen
und entsteht durch Multiplication der Gruppe C^ mit der
Spiegelung ©,. Die zu ihr isomorphen Raumgruppen ^4,9
lassen sich daher durch Multiplication der Gruppen (S^ mit
einer zu @, homologen Operation @p oder ©«(O erzeugen,
vorausgesetzt, dass dieselbe das Axensystem der Gruppen S4
in zulässiger Weise in sich überführt. Für jede Gruppe (£4
giebt es vier Schaaren spiegelnder Ebenen, die jedoch nur in
manchen Fällen gleichzeitig Symmetrieebenen sind« Natur
und Yertheilung derselben ist durch die Translationsgruppe
bedingt, sie unterliegt den allgemeinen Gesetzen von Gap. YII,
§ 4 und kann dorther ohne Mühe bestimmt werden.
Da die allgemeine Bedingung des Satzes XXII von
Cap. VI für die Gruppen 6^' und ®/ nicht erfüllt ist, so
können nur 64^ 64', 64*, 64* zur Construction Ton Gruppen
&4,9 benutzt werden.
Wir unterscheiden die Gruppen wieder nach der Permu-
tation der Axen. Die beiden Permutationen, die allein zu-
lässig sind, sind
(ab), c und (a), (6), (c);
jeder von ihnen können wieder zwei verschiedene Gruppen E4,,
entsprechen, je nachdem @ oder @(t«) als erzeugende Ope-
ration benutzt wird.
Soll eine Symmetrieebene 6 eine Deckoperation des Azen-
systems liefern, so muss sie mit einer Seite oder Diagonale
des Quadrates AC^BC^ zusammenfallen. Wir bezeichnen diese
Ebenen durch
<^«; ^af ^bg ^0
je nachdem sie ABy AA^^ SB^, C^C^ enthalten; die zu-
gehörigen Spiegelungen sind @«, @a, ©6; ©c*
- 487 —
Die Permutation (a), (b), (c) kann durch Spiegelung &,
gegen die Ebene (T« bewirkt werden. Da a und b vierzählige
Azen sind, so gehen durch sie je yier spiegelnde Ebenen,
es geht daher auch durch jede Seite des Quadrates AGiBC^
eine derartige Ebene. Dagegen kommt die Permutation {äb)(c)
durch die Spiegelung gegen die Ebene öe zu Stande. In diesem
Fall gehen je zwei Ebenen durch die zweizähligen Azen Cj^
und c^y es geht aber keine spiegelnde Ebene durch eine vier-
zählige Aze. Dies gilt sowohl für diejenigen Gruppen, die
sich mit © erzeugen lassen, als auch für die mit ©(r^) ab-
geleiteten.
§ 6. Die hemimorphen Gruppen mit der Trauslations-
gmppe Fj. Für die Gruppen ©4^ und ®/ sind, da alle Azen
gleichartig sind, beide Azenpermutationen zulässig. Benutzen
wir zunächst die Spiegelungen @« und @c t^Is erzeugende Ope-
rationen, so entstehen die Gruppen
e*,.* = {<£/, ®.} = {©/, ©-} ; e*..* = {S.S ®o).
Die erste Gruppe besitzt yier Schaaren reiner Symmetrie-
ebenen, die Gruppe ©4,»* jedoch nur zwei; die letzteren ent-
halten, wie wir eben sahen, lauter Azen 0.
Die aus (£4^ analog ableitbaren Gruppen bezeichnen
wir durch
«*..'=• {e/, ©.} =• W, ©aW); ®4..*-{64', ©.}.
Da in diesem Falle a nur zweizählige Drehungsaze ist, so
besitzt die erste Gruppe nur zwei durch a gehende reine
Symmetrieebenen. Sie laufen durch AB und AB^, während
zu den durch AC^^ und AC^ gehenden Ebenen gemäss Cap. Y,
Satz XIX die Gleitspiegelung @(t,) gehört.
Die zweite Gruppe enthält ebenfalls zwei zu einander
senkrechte Schaaren Ton Symmetrieebenen; sie gehen wiederum
sämmtlich durch Azen c.
Diejenigen Gruppen, welche sich durch die Operation
@(r,) erzeugen lassen, sind von den bisher gefundenen yer-
schieden. Für (S^^ ist dies^ da a Drehungsaze ist, evident;
für S/ ist es aber auch der Fall. Im Gegensatz zur Gruppe
©4,/ gehen nämlich bei der mit @« (t,) erzeugten Gruppe die
- 488 —
Symmetrieebenen durch ÄC^ und ÄC^, während die Ebenen
gleitender Symmetrie durch AB und ÄB^ gehen. Ausser der
eben erwähnten Gruppe können die andern drei mit @(r«)
ableitbaren Gruppen reine Symmetrieebenen nicht besitzen,
alle ihre Ebenen sind solche mit Translationssymmetrie. Wir
bezeichnen sie durch
6^.^ = {e,S@.(r.)} = {a;,s®a(T^..)}
und erhalten:
Lehrsatz VI. Es giebt acht Baumgruppen von der Sym-
metrie der teiragonälen Hemimorphie, deren Translationsgruppe
r, ist.
Da,3 Fundamentalsystem der gleichwerthigen Punkte wollen
wir zunächst für diejenigen Gruppen ableiten, fQr welche (f,
die erzeugende spiegelnde Ebene ist. Lassen wir die X- und
7-Axe wieder mit 2rx und 2%y zusammenfallen, so hat die
Ebene 6, dieselbe Lage zum Coordinatensystem, wie für die
Punktgruppe C^, Zu den Coordinatentripeln von C/, die durch
xysiy yx0, xyBy yxB\ yxe, xyg, yx0, xye
darzustellen sind, kommen daher zunächst diejenigen zusätz-
lichen Translationscomponenten, welche von den Gruppen 6^4
selbst herstammen und in § 3 enthalten sind. Beachten wir
nun, dass in ihnen nur die Translation r. auftritt, und dass
tg durch die bezügliche Spiegelung in sich selbst übergeht,
so folgt, dass neue Translationscomponenten nur für die mit
@(tr«) gebildeten Gruppen auftreten, und zwar ist r» selbst
diese Translation.
Für die übrigen Gruppen geht die erzeugende Symmetrie-
ebene nicht mehr durch die Z-Aze des Coordinatensystems,
sondern durch C^C^. Wir haben es aber in der Hand, für die
Bestimmung der Coordinaten der Fundamentalpunkte auch
eine andere geeignete Operation zur Erzeugung der bezüg-
lichen Gruppen zu verwenden. Wir wählen diejenige Ebene,
— 489 -
welche durch Ci geht und auf öc senkrecht steht. Diese
können wir nun durch eine Spiegelung © resp. eine Opera-
tion ©(t,) gegen die durch AB gehende Ebene 6, in Ver-
bindung mit einer Trauslation von der Lange C^Ci = tx — ty
ersetzen. Beachten wir nun, dass für das Fundamental-
system der gleichwerthigen Punkte r, + i^y statt t^ — ty ge-
setzt werden kann, so erhalten wir schliesslich die folgende
Tabelle:
6«,/:
0,
0,
0,
0
0,
0,
0,
0
6v»:
0,
0,
0,
0
T^ + t„
r^ + Ty,
T, + Tj,,
r, + r.
6...»:
0,
^'>
0,
fi
0,
t,,
0,
t.
64./:
0,
T--,
0,
r.
^x + t,j,
tx + r.j + r„
t^ + Ty,
tx + Ty + t,
64./:
0,
0,
0,
0
^',
■'z,
T.,
T,
64,.«:
0,
0,
0,
0
Vx + ty+t,,
^» + tj, + ^-v
l^x + l^y + ^.,
1^« + 1^» + ^^
64..^
0,
1^0
0,
T,
■f»,
0,
T„
0
64.,«:
0,
^',
0,
r.
tx + r^ + ts,
■'x+ty,
^« + ^»+T^,
tx + Xy.
Die Gruppe (£4,/ ist diejenige^ welche sich durch Multipli-
cation der Punktgruppe C^ mit Fq erzeugen lässt.
§ 7. Die hemimorphen Gruppen mit der Translaüens-
gmppe Fq. Für die Gruppe (£/ ist wegen der üngleichartig-
keit der Axen a und 6 nur die Permutation (a), (6), (c) zu-
lassig. Eine Symmetrieebene, welche aus (i^ eine Gruppe S«,«
erzeugt, kann durch AB gelegt werden. Andrerseits entsteht
so wirklich eine neue Gruppe; wir bezeichnen sie durch
— 490 —
Da nämlich a eine Drehungsaze ist, so gehen durch a vier
Symmetrieebenen, so dass auch öa Symmetrieebene ist. Da-
gegen sind, weil b die TranslationscompoDente r« enthält, unter
den Ebenen durch b nur zwei Symmetrieebenen vorhanden;
die durch BC^ und BC^ gehenden Ebenen sind mit Trans-
lation ssymmetrie behaftet.
Die Operation ©(t,) an der durch AB gehenden Ebene <y,
führt wieder zu einer neuen Gruppe, da die vorstehende, weil
a Drehungsaxe ist^ eine derartige Operation nicht enthält. In
diesem Fall sind alle Ebenen durch a Ebenen mit Trans-
lationssymmetrie, dagegen gehen durch BC^ und BC^ eigent-
liche Symmetrieebenen. Wir bezeichnen die zugehörige Gruppe
durch
ei,." = {®A®.W}-{V, ©»}.
Für die Gruppe ©/ können dem Satz XXII von Cap. VI
gemäss nur solche erzeugenden Operationen in Frage kommen,
welche die links- und rechtsgewundenen Azen a und b in ein-
ander überführen, also der Permutation (ab), (c) entsprechen.
Die erzeugende Symmetrieebene ist daher durch die Äzen c^
und c^ zu legen. Da diese Äxen Drehungsaxen sind, so giebt
es zwei Schaaren von Symmetrieebenen. Wir bezeichnen die
bezügliche Gruppe durch
6m""{6A©c}-
Da c Drehungsaxe ist^ so ist die Operation @c(^j) in der
vorstehenden Gruppe nicht enthalten; diese Operation führt
daher zu einer neuen Gruppe. Diese Gruppe enthält nur
Ebenen gleitender Symmetrie. Wir bezeichnen sie durch
Damit sind alle Gruppen dieser Art abgeleitet Es
folgt noch:
Lehrsatz VII. Es giebt vier Baumgruppen von der Sym-
metrie der tetragonalm Hemimorphie, deren Translationsgruppe
Fg ist.
— 491 —
Legen wir das Coordinatensystem so, wie für die Gruppeu
des § 6, so müssen sich für das Fundamentalsystem der
gleichwerthigen Punkte die gleichen bezüglichen Zusatztrans-
lationen ergeben. Denn die erzeugenden Operationen sind mit
den oben benutzten identisch. Wir erhalten daher mit Rück-
sicht auf die den Gruppen @/ und (S^^ entsprechenden Trans-
lationen folgende Translationscomponenten:
eM«*: 0,
0, 0,
0
0,
0, 0,
0
6«./»: 0,
0, 0,
0
tz
t^> ■^M,
r.
©4..": 0,
8',
2
^.+
^V>
■'x-{-t„ + Y> ^»+^» + *»>.
3tr,
©4.,": 0,
2' *'
8t,
T, + 1
fy + t,,
St
«» + «y + Y'
Die Gruppe ©4,»^ ist diejenige, welche sich durch Multipli-
cation der Gruppe C^ mit der Translationsgruppe F/ ergiebt.
§ 8. Die paramorphe Hemiedrie. Die Operationen der
entsprechenden Punktgruppe sind
1, 31, %\ a»; ©Ä, 31©Ä, a«©., «'©A.
Die Gruppe entsteht durch Multiplication der Gruppe C^ mit
der Spiegelung ©a. Da das Product ä^©* einer Inversion 3
äquivalent ist^ so kann sie auch durch Multiplication von C^
mit 3 gebildet werden. Die ihr isomorphen Raumgruppen &4,a
lassen sich daher durch Multiplication einer Gruppe @4 mit
einer der Operationen ©a, ©a(0 und 3 erzeugen, wenn die-
selben Deckoperationen des Axensystems der Gruppe S4 sind.
Gemäss Cap. VI, § 13 sind wieder die Gruppen 6^* und 6/
von der Betrachtung auszuschliessen.
Die einer Gruppe S^ angehorigen Bewegungen vom
Winkel n bilden die in S^ enthaltene Untergruppe (S,. Es
— 492 -
können daher für die Gruppen S^ nur solche erzeugenden
Operationen zulässig sein, die bei den Gruppen 6^ atiftreten.
Nun haben wir in Cap. VII, 8 aus jeder Gruppe Sg zwei ver-
schiedene Gruppen 62,* abgeleitet, die eine mittelst einer Sym-
metrieebene oder eines in eine Axe fallenden Symmetrie-
centrums, die andere durch Multiplication mit der Operation
©(r) resp. mit einer Inversion, deren Centrum in die Mitte
zwischen zwei nächste Axen fällt. ~ Die analogen Gruppen
treten auch hier auf. Für die erste wird die Axenpermutation
durch
(«), (P), (")
dargestellt, für die zweite durch
ial), (c).
Die Vertheilung der Symmetriecentra und der Ebenen 6
stimmt, da sie nur von der Translationsgruppe abhängt, mit
der für die Gruppen ®2,a angegebenen überein.
Wir beginnen mit den Gruppen (S^* und ©4', deren Trans-
lationsgruppe Fq ist. Für sie sind beide Axenpermutationen
gestattet. Wir benutzen als erzeugende Operation zunächst
eine zu den Axen senkrechte Symmetrieebene öh] es giebt un-
endlich viele solche Ebenen, die im Abstand r« auf einander
folgen, jeder Schnitt mit einer Axe ist ein Symmetriecentrum.
Die bezüglichen Gruppen bezeichnen wir durch
64/= {6,S ©*} = {S,S 3); 6m*= {64', ©*} =6/, 3}.
Die erzeugende Operation, welche der zweiten Permutation
entspricht, ist entweder ©A(ra; + ry), oder die Inversion gegen
die Mitte von AB. Die zu 6^ parallelen Ebenen sind sämmt*
lieh Ebenen mit Translationssymmetrie, kein Symmetriecentrum
fallt daher in eine Axe. Wir bezeichnen dem entsprechend
die zugehörigen Gruppen durch
(£4/ = {e,», 3J = {©,»,■ ©A(r, + r,)).
Für die Gruppe 6/ sind nur solche Operationen mög-
lich, welche jede Axe in sich überführen. Dies geschieht
durch die Spiegelung Sh. Es giebt unendlich viele parallele
- 493 -
Symmetrieebenen; zwischen je zweien läuft gemäss Cap. VII, 4
eine Ebene gleitender Symmetrie. Wir bezeichnen die zuge-
hörige Gruppe durch
Für die Gruppe 6^/ endlich muss nach Satz XXII von
Cap. VI die erzeugende Operation die Axen a und 6 ver-
tauschen. Wir benutzen dazu die Inversion gegen die Mitte
von AB. Symmetrieebenen treten nicht auf-, die bezügliche
Gruppe bezeichnen wir durch
Andere Gruppen ^^h kann es nicht geben, also folgt:
Lehrsatz VIII. Es giebt sechs Baumgruppen, deren Sym-
metrie der paramorphen Hemiedrie des tetragonalen Systems ent-
spricht; vier von ihnen enthalten Fq ais Translationsgruppe, die
beiden andern Fq.
Die Ermittelung des Fundamentalsystems gleichwerthiger
Punkte bedarf nur für die Gruppe ©4,^® einer besonderen Er-
örterung. Wir legen das Coordinatensystem so, dass die er-
zeugende Ebene 6k die X IT- Ebene wird, im übrigen überein-
stimmend mit den Angaben von § 3. Nun haben wir oben
(S. 485) gesehen, dass wir der Translationsgruppe Fq zwei
verschiedene Lagen zum Coordinatensystem ertheilen können,
wir nehmen sie so an, dass tx und ty mit ÄÄ^^ und ÄA^
zusammenfallen; alsdann ist, wie dort gezeigt, 2AB = rx-\'ry,
daher ist die Inversion gegen die Mitte von AB durch die
Inversion gegen den Anfangspunkt des Coordinatensystems
und eine Translation gleich der Hälfte von t^ -f- ty er-
setzbar.
Nun sind die gleichwerthigen Punkte der Gruppe C^\
wenn wir die Inversion als erzeugende Operation wählen,
xyz, yx0, xyzj yx0] xye, yx0, xyz, yxjs.
Um aus ihnen die bezüglichen Punkte für die Gruppen £4,^
zu erhalten, haben wir zur ersten Zeile die oben in § 3 an-
gegebenen Translationscomponenten zu fügen. Beachten wir
nun, dass die Inversion das Vorzeichen von r« umkehrt, so
— 494 —
ergeben sich die sämmtlicheD ZusatzcompoDenten in folgender
Form:
64.*»:
0,
0,
0,
0
0,
0,
0,
0
S,,»*:
0,
^',
0,
T,
0,
^',
0,
r.
64.»»:
0,
0,
0,
0
fx + ^y,
t^ + t:j„
tx+Ty,
tx+r.
64,**:
0,
Tr,
0,
ts
^x + r^,
^« + ^» + ^.,
tx + r,,
tx + rf + X.
64,»'*:
0,
0,
0,
0
0,
0,
0,
0
64,*«:
0,
2 '
T,,
8r,
2
'x + 'y
'x + ^ + 8t.
r, + T, + 2t,
'« + S + '.
2 '
2 '
2 '
2
Die Gruppen (£4,^^ und 64,71^ können durch Multiplication der
Grappe (7/ mit Fq resp. F/ erzeugt werden.
§ 9. Allgemeine Bemerkungen über die sphenoidisohe
Hemiedrie* Diese Erystallclasse ist durch die Punktgruppe
V^ = S^ mit den Operationen
1, U, i8, SB; @<„U@d,.iB@„2B@^
characterisirt. Sie kann durch Multiplication der Vierer*
gruppe V mit. der Spiegelung ©^ erzeugt werden; und zwar
halbirt die Ebene 64 den Winkel zwischen den Azen u und v.
Die mit ihr isomorphen Raumgruppen ^d ergeben sich also,
wenn eine Gruppe SS mit einer der zu ©^ isomorphen Ope-
rationen @d oder ©d(0 multiplicirt wird, welche das Axen-
system der Gruppe 85 in erlaubter Weise in sich überführt.
Natürlich ist dabei vorauszusetzen, dass die Translationsgruppe
von 93 den Oharacter des tetragonalen Systems aufweist.
Ferner ist ersichtlich, dass die Bedingung des Satzes XXII
von Gap. VI, da die Gruppen 93 nur zweizahlige Azen ent-
halten, immer erfüllt ist
- 495 —
Da die Ebene <fd den Winkel zweier Axenrichtungen
halbirty so ist sie in allen Fallen einer Diagonalebene des für
die Gruppen 93 characteristischen Parallelepipedons p parallel.
Ueberdies kann sie stets parallel zu den Axen w gewählt
werden. Für diejenigen Gruppen 93, deren drei Axenscbaaren
symmetrische Lage zu einander haben, ist dies evident; für
die andern Gruppen ist es dadurch geboten, dass bei ihnen
nur die Axen u und v gleichartig angeordnet sind. Das
Parallelepipedon p ist daher als quadratische Säule zu be-
trachten.
Die Frage nach der Identität oder Verschiedenheit der
so erzeugten Gruppen entscheidet sich durch folgende üeber-
legung. Die Punktgruppe V enthält als Untergruppe eine
Gruppe Cg", gebildet von den Operationen
1, SB, @rf, äB@d5
es enthält daher gemäss Satz XVI von Cap. VI jede Gruppe 93^
eine Untergruppe 6^», deren Axen die Axen w sind. Sie wird
durch diese Axen und die erzeugende Operation ©^ resp. ®d(t)
bestimmt. Es ist demnach oflfenbar, dass ewei Gruppen SS^,
die aus derselben Gruppe SS mit verschiedenen Operationen ®a
resp. ®d(t) erzeugt werden^ identisch oder verschieden sind, je
nadhdem diese Operationen dieselbe oder verschiedene Unter-
gruppen S2,p liefern. Für die Gruppen ßg,» sind aber die be-
züglichen Fragen in Cap. VIII, 3 bis 7 ausführlich erledigt
worden; die dortigen Ergebnisse gestatten daher, die Identität
von Gruppen, die auf verschiedene Art erzeugt sind, unmittel-
bar zu erkennen. Was schliesslich die Anordnung und Natur
der Ebenen 6 betrifft, so ist sie durch die Gruppe ^2,9 un-
mittelbar bestimmt
Diejenige Axe der Punktgruppe F**, durch welche die
Symmetrieebenen iS^ gehen, ist bekanntlich eine vierzählige
Axe zweiter Art. Es müssen daher auch unter den Axen w
einer jeden Gruppe 85^ vierzählige Axen zweiter Art auf-
treten. Es fragt sich, welche dies sind. Zunächst sei daran
erinnert, dass es gemäss Cap. VI, Satz XXIV nur Drehungs-
axen sein können. Ferner drückt sich, wie wir S. 93 be-
— 496 —
wiesen haben, die Vierzähligkeit der Hauptaxe durch die
Gleichung •
aus; ist nun % eine Translation von der Länge t parallel zu
den Axen w, so folgt
wo der Abstand der Synimetrieebene 6^ von der Ebene 6u die
Hälfte von t ist. Dieser Satz genügt, um die vierzähligen
Axen und die Lage der zugehörigen spiegelnden Ebenen zu
bestimmen.
Da die Gruppen SS^, SS*, fß^ Drehungsaxen tv nicht ent-
halten, so können sich aus ihnen Gruppen ^a nicht ableiten
lassen.
Für die übrigen Gruppen bedarf die in ihnen enthaltene
Translationsgruppe noch einer Bemerkung allgemeiner Art
Die Translationsgruppe von 95^ und 85* ist r^; dieselbe geht
für die aus ihnen ableitbaren Gruppen SSd in die Gruppe Fq
über. Das gleiche gilt aber auch für die Gruppe 8S^; ihre
Translationsgruppe F/ kann sich ebenfalls nur zu Fq specia-
lisiren. Dies entspricht auch dem oben erwähnten Umstand,
dass die Translationsgruppe Fq zwei verschiedene Lagen zum
Coordinatensystem haben kann. Analog leuchtet ein, dass die
rhombischen Translationsgruppen r/' und F/" für die tetra-
gonalen Gruppen 95^ beide in Fq übergehen; die Art, in der
es geschieht, ist oben in § 4 ausführlich erörtert worden.
Das vorstehende ist auf die in den Gruppen SSd auftreten-
den üntergmppen Sg,^ von Einfluss. Um diese Gruppen zu
ermitteln, fassen wir (vgl. die Figuren des Cap. VIII) das von
den Axen tv in den Hauptebenen gebildete Axennetz in's
Auge. Dieses Netz ist in allen Fällen quadratisch. Je nach-
dem nun (Sa durch eine Seite oder Diagonale eines Quadrates
geht, treten diejenigen Gruppen 62,» auf, welchen ein recht-
winkliges oder ein rhombisches Netz eigenthümlich isi
§ 10. Die Gruppen der sphenoidischen Hemiedrie mit
der Translationsgmppe Fq. Für die Gruppe S3^ bilden die
— 497 —
Äxen w eine Gruppe S^^^- ^^^ Ebene öd hat die Richtung der
Diagonale des Quadrates, also haben wir die bezOglichen
Gruppen (S^^^ für rhombisches Netz zu betrachten. Es giebt
zwei verschiedene Gruppen (£2,» dieser Art, die erste ist 62,»",
die zweite 62,»^'; für ©2,»^* ist ©^ die erzeugende Operation,
für ®2,«^' ist es ©d(r,). Es giebt daher auch zwei zugehörige
Gruppen 9?^; wir bezeichnen sie durch
S^i = (SB^ @rf} und »/ = {SS ©rf(r,)}.
Aus den obenstehenden Angaben folgt, dass die vierzähligen
Axen zweiter Art in die Gegenkanten von p fallen; die zu-
gehörige Ebene 6 ist für die erste Gruppe die Grundfläche
von py für die zweite Gruppe die Mittelebene.
Für 85^ bilden die Axen w wiederum eine Gruppe G^^
Die Ebene 6^ hat wieder die Richtung der .Diagonale des
Quadrates und jede der beiden Operationen @d und @d(^«) ist
Deckoperation für das Axensystem von 93^ Die bezüglichen
Verhiiltnisse sind daher den vorstehenden völlig analog; wir
bezeichnen die so entstehenden Gruppen durch
SB/ = {83^ ©,}; fß/ == {«^ ©.(r,)}.
Die vierzähligen Axen zweiter Art sind diesmal von den-
jenigen, durch welche die Ebe;ne 6^ geht, verschieden; denn
sonst müssten die letzteren von Drehungsaxeu u und v ge-
schnitten werden.
Für die Gruppe SS® fallt die Ebene c^ in eine Seite des
Axennetzes. Es ist daher die Gruppe 6^2^ ^lit rechtwinkligem
Netz in's Auge zu fassen. Aus ihr lassen sich vier verschie-
dene Gruppen (£2,9 ableiten, nämlich
62,rS ^2,.\ 62,/ und 62,,^
Die erzeugenden Operationen sind
©rf, ©rf(^0, ®d{tä), ©rf(rd+r,),
wenn 6^ in allen vier Fällen die Diagonalfläche von p ist und
^rf = i (^* + ^y) •
Jede dieser Operationen ist nun eine Deckoperation für
die Axen von 95®; demnach entsprechen ihnen vier verschie-
dene Gruppen ^d, nämlich
Schoenflici, KryttaUstractnr. 32
— 500 —
Gruppen unterscheiden sich dadurch, dass die Ebenen, welche
mit den Axen zweiter Art verbunden sind, bei der ersten
solche Punkte der Axe w treffen, durch welche Drehungsaxen
gehen, während bei der zweiten Gruppe durch die genannten
Punkte Schraubenaxen laufen.
Bei den Gruppen SS® und 83^ treten wieder Gruppen E«^,,
mit rechtwinkligem Netz auf; und zwar ist das Netz für beide
Gruppen von der Art, dass die Gegenecken des Quadrates von
gleichartigen Axen getroffen werden. Derartiger Gruppen ©«,«
haben wir aus ^ zwei verschiedene abgeleitet, nämlich
e^,« und (£^.«5
ihre erzeugenden Operationen sind, wie aus den Betrach-
tungen von Cap. Vni, § 6 folgt^ mit
@rf und @d (xt)
zu bezeichnen, wo wie auf S. 294
rr = i(rar + ry + r.)
zu setzen ist. Von ihnen ist ©j eine Deckoperation nur für
das Axensystem von 9S®, während @d(Tr) augenscheinlich nur
das Axensystem von SB* in sich überfuhrt. Wir erhalten daher
folgende zwei Gruppen:
SJ/* = { SB», ©dW } ; r. = i (r, + r, + t,).
Jede Drehungsaxe w geht in eine vierzäh lige Axe zweiter Art
über; die zugehörige Ebene 6 fällt für JB^*^ in die Grund-
fläche, bei ^d^ ist sie von der Grundfläche um den vierten
Theil von r, entfernt. Die Ebenen <y, welche je zwei nächsten
Axen w entsprechen, haben den Abstand r^ Es folgt noch:
Lehrsatz X. Es gieht vier Baumgruppen mit der Trans-
lationsgruppe Fqy deren Symmetrie der sphenoidalen Hemiedrie
des tetragonalen Systems entspricht
Die Bestimmung des Fundamentalsystems gleichwerthiger
Punkte bedarf auch hier keiner besonderen Erörterungen,
wenn wir, wie evident, der Ebene Ca dieselbe Lage geben,
wie für die Gruppe F^. Beachten wir, dass sie tg mit ty ver-
— 501 -
tauscht, so ergeben sich die Translationscomponenten für die
Coordinatentripel in folgender Form:
' und Sß,
:": 0,
0,
0,
0
0,
0,
0,
0
»d^»:
0,
0,
0,
0
^;
^',
^',
t.
»^«:
0,
r.,
««,
Xy
^^r,
W,
w,
i^/,
wenn tr, t/, Xr\ r/" die auf S. 294 angegebenen Werthe
haben. Diejenigen Gruppen SS^, welche durch Multiplication
der Gruppe V^ mit der Translationsgruppe JT/ entstehen,
sind SS/ und SS^^^ Für die erste ist F^ ein Specialfall von
r/', für die zweite eine specielle Form von JT/".
Wir gelangen demnach schliesslich zu folgendem Re-
sultat:
Lehrsatz XI. Es giebt im Ganzen 12 Baumgruppen, deren
Symmebie der sphenoidischen Hemiedrie des tetragonalen Systems
entspricht
§ 12. Allgemeine Bemerkungen über die enantiomorphe
Hemiedrie. Diese Hemiedrie ist durch die Punktgruppe D^
mit den Drehungen
1, a, a», a»; u, au, a»u, si»u
charucterisirt; sie entsteht durch Multiplication von C^ mit
einer Umklappung. Die isomorphen Gruppen 2)4 sind daher
durch Multiplication einer Gruppe S^ mit einer zu U iso-
morphen Bewegung zu bilden. Die Axe dieser Bewegung läuft,
da sie das in den Hauptebenen liegende quadratische Axen-
netz in sich überführen soll, den Seiten oder Diagonalen
dieses Netzes parallel. Den vier zweizähligen Nebenaxen von
2)4 entsprechen vier Schaaren zweizähliger Axen für S)^, jede
derselben bildet eine Gruppe (S,; zwei Axenrichtungen stim-
men mit den primitiven Netztranslationen überein, die beiden
andern halbiren die Winkel zwischen ihnen. Die letzteren
bilden daher in jedem Fall Gruppen S^^ Unter ihren Axen
— 502 —
existiren nun immer Drehungsaxen; als ereeugende Operaiion
kann daher stets eine Umklajppwng gewählt werden.
Für jede Gruppe 64 giebt es zwei verschiedene vier-
zählige Axen a und &; die Gruppen ^^ können daher durch
eine der beiden Permutationen
(a), (&) und (ah)
characterisirt werden.
Je zwei zu einander senkrechte Nebenaxen der Punkt-
gruppe 2)4 bestimmen mit der Hauptaxe die drei Axen einer
Yierergruppe V] das gleiche gilt also für die isomorphen
Gruppen 2)4. Jede von ihnen enthalt daher zwei Unter-
gruppen SB. Diese Vierergruppen sollen für jede Gruppe 5D4
angegeben werden; einerseits bedürfen wir ihrer, um die
Gruppen des regulären Systems in möglichst einfacher Weise
zu construireU; andrerseits ist durch Angabe der Yierer-
gruppen auch die Lage aller Axen im Räume gekennzeichnet.
Für die Axenvertheilung ist auch der in Gap. VI abgeleitete
Satz XY zu beachten. Ihm entsprechend gehen durch den
Schnittpunkt einer zweizähligen und einer vierzahligen Dre-
hungsaxe je vier zweizählige Axen, so dass die Hauptebenen
im Abstand tg auf einander folgen. Femer wird eine vier-
zählige Schrai4benaxe, deren Translationscomponente Tj ist^ in
demselben Punkt von zuoei zweizähligen Drehungsaxen ge-
troffen, und es folgen die Hauptebenen in einem Abstand
gleich der Hälfte von r«. Endlich geht durch jeden Punkt
einer vierzahligen Schraübenaxe, deren Translationscomponente
die Hälfte von tg ist, nur je eine zweizählige Axe; je zwei auf
einander folgende bilden einen Winkel von 45^ mit einander
und ihr Abstand ist der vierte Theü von %,. Das gleiche gilt
daher für die bezüglichen Hauptebenen.
Wir bezeichnen die erzeugende zweizählige Axe, je nach-
dem sie in (S. 482) AB, AA^ oder C^Q fällt, durch
u„ Ua resp. Ucy
und die zugehörigen Umklappungen durch
U., Ua, He.
Wie das vorstehende lehrt, kommen in jeder Gruppe 2)4 die
- 503 -
Operationen U« und VLa zugleich vor. Sie entsprechen beide
der Permutation
(«), (J), (c),
während die ümklappung Uc die Permutation
(ab), (c)
be¥rirkt. Die beiden in ^4 enthaltenen Yierergruppen sollen
durch
SB« und »0
dargestellt werden; die erstere ist diejenige, deren Axen zu
AÄi und ÄA2 parallel laufen, während die Axen von 93c die
Richtung AB und CiC^ besitzen.
§ 13. Die enanüomorphen Gruppen mit der Trans-
lationsgrappe Fq. Für die Gruppen
64s 64*, 64', ©4'
ist Fq die Translationsgruppe; ihr primitives Tripel ist
1) 2r:c =» AAi , 2ry = AA^, 2t,.
Für die Vierergruppe 85« sind daher
2) 2rj = 2r^, 2r^ = 2ry, 2r8 = 2r,
ein Tripel primitiver Translationen. Für die Gruppe S5c da-
gegen fällt die eine Axenrichtung mit der Diagonale AB zu-
sammen, folglich ist für sie als System primitiver Trans-
lationen resp.
3) 2Tj = Xx -{* ^y; 2t^ == tx — Ty, 2t^ =s 2Xg
zu betrachten. Auf Grund dieser Bemerkungen lassen sich
die bezüglichen Gruppen 95« und ä5e jedoßmal leicht bestimmen.
Alle vierzähligen Axen sind für die obigen vier Gruppen
gleichartig; es sind daher beide vorstehend genannten Per-
mutationen gestattet Die erzeugende zweizählige Axe, welche
die Permutation (a), (6) bewirkt, ist in die Seite AA^ oder
in die Diagonale AB zu legen, diejenige^ welche {ab) ent-
spricht, in die Diagonale 0^0^.
Wir beginnen mit der Gruppe (S^^ Im ersten Fall gehen,
da a eine Drehungsaxe ist, vier zweizählige Axen durch A*
Wir bezeichnen die bezügliche Gruppe durch
- 504 —
Die Gruppe S« ist augenscheinlich die Gruppe SS*; die Gruppe
SScy den ihr zugehörigen Translationen 2) entsprechend, die
Gruppe fß\
Fällt die zweizählige Axe in die Diagonale C^C^y so
gehen durch Ci und C^ je zwei zweizählige Drehungsaxen.
Durch Ä und B kann eine solche Axe nicht laufen. Beachten
wir nuU; dass alle vierzähligen Axen Drehungsaxen sind, so
folgt, dass die Gruppe fßa nur die Gruppe 93^ sein kann, während
die Gruppe 85o wieder die Gruppe SS^ sein muss. Die Natur der
Gruppe 93^ bewirkt, dass keine Axe der Richtung Ua von a,&,c
getroffen wird. Wir bezeichnen die Gruppe durch
Für die Gruppe @/ sind die vierzähligen Axen Schrauben-
axen, und zwar so, dass sie auch als zweizählige Axen
Schraubenaxen bleiben; sie bestimmen daher eine Gruppe S^^
Fällt die erzeugende SjmmetrieaxC' in die Seite ÄÄi, so ist
demgemäss die Gruppe SSa eiiie Gruppe 93^, dagegen ist
93o eine Gruppe fß\ Der Abstand zweier Hauptebenen be-
trägt den vierten Theil von r«; durch keinen Punkt einer
Hauptaxe gehen mehrere Nebenaxen. Wir bezeichnen die zu-
gehörige Gruppe durch
Fällt dagegen die erzeugende zweizählige Axe in die Gerade
C^Ci, so ist die Gruppe SJc die Gruppe 85*, weil eine andere
Gruppe 93 dieser Art nicht existirt. Dagegen kann 93a nur
die Gruppe 93^ sein. Wäre sie nämlich 93^, so wQrde diese
Gruppe 2)4 mit der vorstehenden identisch sein, was mit
Rücksicht auf die verschiedene Axenpermutation unmöglich
ist. Die Gruppe soll durch
bezeichnet werden.
Für 63^ sind die Hauptaxen a und b zweizählige Dre-
hungsaxen, sie bilden also wieder eine Gruppe Cg^ Wird zu-
nächst Ha als erzeugende Sjmmetrieaxe gewählt, so sind die
Gruppen 93« und 93c wie für ^^^ resp. die Gruppen 93* und 93^
- 505 -
Durch denselben Punkt Ä der Axe a gehen aber in diesem
Fall nur zwei zu einander senkrechte Axen. Der Abstand
zweier Hauptebenen beträgt die Hälfte von r». Wir bezeich-
nen die bezügliche Gruppe durch
Ist Ue die erzeugende Symmetrieaxe, so ist, wie für ^^,
' die Gruppe SSc die Gruppe 85* und 85« die Gruppe SSI Wie
bei der Gruppe S)^* werden die Hauptaxen a und 6 von den
Nebenaxen der Richtung Ua nicht getroffen; dagegen giebt es
auf jeder Axe c Punkte^ durch welche zwei zu einander senk-
rechte Axen hindurchgehen. Der Abstand je zweier Hauptr
ebenen ist die Hälfte von r,. Wir bezeichnen die Gruppe
durch ^
Die Gruppe (£/ unterscheidet sich von ©/ nur durch den
Windungssinn der vierzähligen Axen; es müssen sich daher
aus ihr die gleichen Gruppen S)^ ableiten lassen, wie aus (S^^;
natürlich mit anderem Windungssinn. Diese Gruppen sind
Die vorstehenden Gruppen besitzen sämmtlich die Trans-
lationsgruppe Fq, also folgt:
Lehrsatz Xu. Es giebt acht Baumgruppen mit der Trans-
lationsgruppe Fq, deren Symmetrie der enantiomorphen Hemiedrie
des tetragonälen Systems entspricht.
Um das Fundamental System der gleichwerthigen Punkte
zu bestimmen, legen wir das Coordinatensystem in allen Fällen
so, dass die Geraden ÄÄ^ und ÄÄ^ die X- und Y-Axen dar-
stellen. Die Goordinatentripel für die Punktgruppe D^ sind
(S. 216)
xy0, yx0, xyg, yxs\ yxz, xyz, yxz, xyz\
sie entsprechen der Reihe nach den Operationen
1, a, a^ a«; u, au, a^u, am,
und zwar unter der Voraussetzung, dass die erzeugende Axe u
den Winkel zwischen der positiven X- und F-Axe halbirt.
Zu der ersten Reihe kommen die oben in § 3 angegebenen
— 506 —
TranslatioDSComponenten, es handelt sich wieder nur um die-
jenigen, welche zur zweiten Zeile hinzuzufügen sind.
Für die Gruppen 3)^^ S)^^ 5D/ und ©4' ist direct U, die
erzeugende Operation; durch sie werden daher neue Trans-
lationscomponenten nicht bedingt. Sie verwandelt t, in — r,
und vertauscht r« mit ty] demnach erhalten wir folgende
Translationscomponenten für die bezüglichen Gruppen:
3)4^: 0, 0, 0, O5 0, 0, 0, 0
r 2t. 3r 3 t. 2t t.
*^4 • ^; 2 f 2 ' 2 ' ' 2 ' 2 ' 2
3)/: 0, r„ 0, r,; 0, r„ 0, r,
_ 3t, 2t. t, t, 2 t, 3t,
*^4 • ^; 2 ' 2 ^ 2 ' ' 2 ' 2 ' 2 '
Für die mit U« abgeleiteten Gruppen ersetzen wir die
erzeugende Operation für den vorliegenden Zweck durch eine
ümklappung, deren Axe auf Uc senkrecht steht und c^ trifft
Eine derartige ümklappung existirt immer. Die Hauptebene^
in welche sie fallt, nehmen wir zur XF- Ebene. Diese Um-
klappung lässt sich durch die Umklappung um AB und eine
Translation von der Länge (T^C^ ersetzen, deren Ausdruck
daher r, — r^ ist; für die Coordinatendarstellung kann dafür
tx + ty geschrieben werden. Demnach ergeben sich folgende
Translationscomponenten :
®J: 0, 0, 0, 0
Tx -\~ Xfjj ^* "T 'J^y > ^x "T" '^yy ** T" "^y
T, 2t, 3 t,
*^4 • ^> 2 ' 2 ' 2
3 t, 2 t, t,
tx + Xy, rx + ry + —, r:, + ry + -2-, ^x + ^y + y
3)4^- 0, r„ 0, r,
^x + "Py, ^x + ^y + 1^*, "^x + ^y; ^x + l^y + ^*
-^ « St, 2t. t.
T, 2t, 3t,
^x + t^y, ^x + ty + Y ' ""^x + ty + -g- , t;s + ty + -^ .
- 507 —
Die Gruppe S)^^ ist diejenige^ welche sich durch Multiplication
Yon 2)4 mit Fq erzeugen lässt.
§ 14. Die Gruppen mit der Translationsgrappe F/. Für
die Gruppen S/ und ©/ sind die vierzähligen Axen a und 6
ungleichartig; daher sind als erzeugende Deckoperationen nur
solche zulässig, welche jede Axenart in sich überführen , also
der Permutation (a), (6) entsprechen. Dies leistet in beiden
Fällen die ümklappung U« oder U,.
Wie in § 4 ausgeführt worden ist, haben wir für die
Gruppe SSo die Translationen
ty -\- ^5; ta "7" "^X} "^x "T~ '^y^
und für die Gruppe SSc die Translationen
^"^xj ^^tfy ^"^zy "^x "x "^y ~T~ "^z
als primitive zu betrachten. Die Gruppe S3a muss daher in
beiden Fällen die Gruppe SS' sein, während S5o entweder SS®
oder SS^ sein kann. Dies hängt davon ab, ob drei sich in
einem Punkt schneidende Axen auftreten oder nicht.
Für ©/ sind die Hauptaxen a und 6 zweizählige Dre-
hungsaxen, sie bestimmen daher mit der Schraubenaxe c eine
Gruppe (^2*. Da a selbst Drehungsaxe ist, so gehen durch A
vier Nebenaxen, also sowohl Axen Ua als Axen w,. Demnach
ist die Gruppe S$c eine Gruppe SS^ Die Axen 6 bewirken,
dass der Abstand zweier Hauptebenen die Hälfte von r» ist.
Die Gruppe werde durch
bezeichnet.
Für S/ repräsentiren die Hauptaxen gleichfalls eine
Gruppe Sjj'; die Drehungsaxen sind die Axen c. Durch die
Punkte Cj und Cg gehen zwei zu einander senkrechte Axen,
durch A und B geht nur eine derartige Axe. Die Gruppe SSc
ist daher die Gruppe SS^, während SS« wieder die Gruppe SS'
ist. Der Abstand zweier Hauptebenen ist in diesem Fall der
vierte Theil von r,. Wir bezeichnen die Gruppe durch
Hiermit sind alle Gruppen 2)^ abgeleitet. Es folgt also :
— 508 —
Lehrsatz Xni. Es gieht iswei Baumgruppen, deren Symmetrie
der enantiomorphen Hemiedrie des tetragonalen Systems ent^richt
und deren Translationsgruppe Fq ist.
Da für beide Gruppen die erzeugende Operation eine
Umklappung U« ist, so ergeben sich, wenn wir die Goordi-
natenaxen in derselben Weise annehmen, wie bisher, für das
Fundamentalsystem der bezüglichen gleich werthigen Punkte
folgende Translationscomponenten:
2)/: 0, 0, 0, 0, 0, 0, 0, 0
* '222' 222
Die Gruppe ^^^ ist diejenige, welche durch Multiplication von
D4 mit Fq entsteht
§ 15. Allgemeine Bemerkungen über die holoedrischen
Gruppen. Für die tetragonale Holoedrie ist die Punktgruppe
2)4* mit den Operationen (S. 94)
1, sr, «*, a», u, u„U3, u,
@», m„ si«@*, «»©*, VLB,, Ui©A, u,@», u,©*
characteristisch. Sie entsteht aus D4 durch Multiplication mit
der Spiegelung ©*; da sie ein Symmetriecentrum enthalt, so
kann sie auch durch Multiplication der Gruppe D^ mit der Inver-
sion 3 erzeugt werden. Ausser der Symmetrieebene <?* kommen
ihr noch vier durch die Hauptaxe und je eine Nebenaxe ge-
hende Symmetrieebenen <y, a', ö", <?'" zu. Je zwei von ihnen,
die auf einander senkrecht stehen, bestimmen mit der Haupt-
axe je eine in D/ enthaltene Untergruppe F*.
Jede zu D^ isomorphe Baumgruppe 2)4, a kann daher
durch Multiplication einer Gruppe 3)^ mit eiuer Inversion
oder mit einer zu @a isomorphen Operation abgeleitet werden,
vorausgesetzt, dass dieselbe eine zulässige Deckoperation des
gesammten Axensystems der Gruppe D^ ist.
Wir wählen die Inversion als erzeugende Operation und
stützen uns für die Ableitung aller Gruppen S)«,^ auf den
Satz XIX des Cap. VI. Nun entsteht (vgl. S. 207) die Punkt-
gruppe 2)4 durch Multiplication der Gruppe C^ mit einer
Gruppe C^y deren Axe u auf der vierzähligen Axe senkrecht
- 509 -
steht; demnach hat dem genannten Satz zufolge die ergeugende
Inversion die nothtoendige und hinreichende Bedingung m er-
füllen, dass sie für die Gruppe ©4, d. h. also für die Hauptaxen
der Gruppe 8)4 und gleich für eine Schaar paralleler gwei-
ziädiger Nd>enaxen eine Deckoperation darstellt Diese Bedin-
gung lässt sich auf folgende Art in eine bequemere Form
bringen.
Das erzeugende Symmetriecentrum bestimmt mit der
Gruppe &4 stets eine Gruppe 64, «. Es föUt daher gemäss
§ 8 entweder in eine yierzählige Axe a oder in die Mitte
zwischen zwei nächste yierzählige Axen a und b. Um seine
Lage genauer zu bestimmen^ benutzen wir den Umstand, dass
die Gruppe 3)4 zwei Untergruppen SS« resp. SS« enthält. Mit
jeder von ihnen erzeugt das Sjmmetriecentrum eine Gruppe
SBa; wobei zu bemerken ist, dass die Axen a und b mit den
Axen w der Gruppe S3 zusammenfallen. Wie der Satz XTY
von Gap. VI schliessen lässt, braucht aber das Symmetrie-
centrum nur der Bedingung zu genügen, für eine der beiden
Gruppen eine erzeugende Operation darzustellen. Wir wählen
hierzu am zweckmässigsten die Gruppe SS«; demnach folgt,
dass ein Symmetriecentrum stets und nur dann eine Deckoperation
für die Gruppe %^ abgiebt, u?€nn dies für die in *S)^ enthaltenen
Gruppen S4 und 85« zugleich der Fall ist. Nun haben wir
eben gesehen, dass das Symmetriecentrum entweder in die
Axe a selbst oder in die Mitte zwischen a und b fallen muss,
um eine Gruppe ^«^a zu liefern. Der ersten Lage wird ge-
nügt, wenn es in die Ecke oder in die Mitte einer derjenigen
Kanten des zu fßa gehörigen Parallelepipedons p föllt, welche
yierzählige Axe yon ^4 ist; um der zweiten Lage zu ent-
sprechen, ist es in die Mitte der Grundfläche oder in den
Mittelpunkt dieses Parallepipedons zu legen.
Um die Natur und Vertheilung der in den einzelnen
Gruppen S)«,» auftretenden Symmetrieelemente zu kennzeichnen,
genügt es gewisse in ihnen enthaltene Untergruppen an-
zugeben. Aus jeder der Gruppen S3a und 93c entsteht zunächst
eine Gruppe fßh] jede von ihnen werden wir bestimmen. Dies
bedarf aber einer besonderen Vorbemerkung. Wir wollen
— 510 —
die Axenvertheilung der Gruppen S5 wieder durch die Paralle-
pipeda p veranschaulichen-, es mögen für die folgenden Be-
trachtungen pa und pc diejenigen sein, welche den Gruppen
SSa und SSc entsprechen. Die Grundflächen dieser Korper
bilden die Hauptebenen der Gruppe 2)4. Enthält nun eine
Hauptebene Nebenaxen aller vier Richtungen, so haben jj« nndjpc
die gleiche Grundfläche; wenn dagegen keine Hauptebene von
S)^ Axen von mehr als zwei Richtungen in sich trägt, so sind
die Grundflächen von pa und pc verschieden. Ist ferner Uc die
Symmetrieaxe, mit welcher die Gruppe ^4 gebildet ist, so ist
C^Cg diejenige Gerade der Hauptebene, mit der Uc zusammen-
fallt-, daher sind in diesem Fall (vgl. Fig. 62) die Kernten von po
die isweizähligen Axen, wahrend die vierzählige Axe die Mittdhöke
von Pc ist. Endlich ist, um die Lage des Symmetriecentrums
gegen das Axensystem von SS« und SSc richtig anzugeben,
noch zu beachten, dass die Diagonalflächen von pa die Seiten-
flächen von Pc bilden und umgekehrt.
Die vier Symmetrieebenen 6^,, (j/, <?/', <y/" der Punkt-
gruppe D4'* bestimmen zusammen mit der vierzähligen Haupt-
axe eine in D^* enthaltene Untergruppe Q*. Es besitzt daher
auch jede Raumgruppe 3)4, a eine Untergruppe 64, r« Ist sie
bekannt, so sind dadurch auch diejenigen Operationen voll-
ständig bestimmt, welche den Spiegelungen an 6t,, <?/, 6^", 0^'
isomorph sind. Es soll daher auch die Untergruppe £4^9 für
jede Gruppe %^h angegeben werden.
Da für die Gruppen
»*», s)/, %:, ©,«
die Bedingung des Satzes XXH von Cap. VI nicht erfüllt ist,
so kommen zur Erzeugung von Gruppen %4^h nur
S).S 2),*, S),^ %,\ %:, 2),"
in Frage.
§ 16. Die holoedrifichen Gruppen mit der Translaücns-
gnippe Fg. Für die Gruppe %^ bilden die Hauptaxen eine
Gruppe 64^, ihre Untergruppen SJ« und SJc sind resp. W und
SS®, und es fallen die Grundflächen von pa und pc in dieselbe
Hauptebene. Das erzeugende Symmetriecentrum kann sowohl
— 511 —
(vgl. die Figuren des Cap. VIII) in die Ecke A voii|}a als auch
in die Mitte W der Kante w gelegt werden* In beiden Fällen
stellt sich ^^h' als Untergruppe ein. Aus W und S3^ entstehen
im ersten Fall die Untergruppen 9$a^ und SJ^^^, im zweiten Fall
die Gruppen S5a' und 58^*^ Die bezüglichen Gruppen bezeichnen
wir durch ^.^^.^{s,^., 3} ={S),i ©,}
a)M'={2)4\ 3u,} = {3)4^ ©ml-
Die erstere enthält nämlich im Punkt A alle Symmetrieebenen,
welche der Punktgruppe 2)/ eigen sind, die zweite besitzt
die zur Grundfläche parallele Mittelebene von pa und pc als
Symmetrieebene. Als Untergruppen (£4,» treten daher resp.
(£4,/ und 64,/ auf.
Wird das Symmetriecentrum in die Mitte G der Grund-
fläche oder in die Mitte M von pa gelegt, so bildet sich die
Gruppe (£4,*^, ferner sind SSa* und SS** die aus SS« entste-
henden Gruppen. Aus SSc dagegen gehen, da das Symmetrie-
centrum den obigen Bemerkungen gemäss in die Mitte einer
Seitenkante resp. Seitenfläche fällt, die Gruppen ^i?^ und S3a^^
hervor. Wir bezeichnen die so deflnirten Gruppen durch
a)M« = {2)4S3.} = {®/, ©c}
S)4/={S)4S 3«.}.
Der Gruppe ^^^j? gehört nämlich, wie aus Cap. VIII, § 16
folgt, auch die oben mit 6g bezeichnete Symmetrieebene an,
welche durch CjCa geht. Die Gruppe S)4,a* enthält dagegen
keinerlei Symmetrieebene. Hieraus folgt, dass diesmal ^^^
und 64,/ die bezüglichen Untergruppen sind.
Für die Gruppe *S)^ bilden die Hauptaxen wieder eine
Gruppe 64^, aus ihr gehen daher, je nach der Lage des Sym-
metriecentrums, wieder die Gruppen £4,** und (£4,^* hervor.
Die Gruppe SS^ ist wiederum SS^, dagegen ist SSa die Gruppe
83*. Die Grundflächen von pa und jpc fallen wieder in dieselbe
Hauptebene.
Fällt das Symmetriecentrum in die Ecke A von pa oder
in die Mitte W einer Seitenkante w, so stellt sich auch die
zu den Kanten w senkrechte Symmetrieebene ein, im ersten
Fall die Grundfläche 6^, im zweiten die Mittelebene tfm- Die
— 512 -
aus S5a dadurch entstehenden Gruppen sind SSä^ und fßh^K
Wir bezeichnen die zugehörigen Gruppen S)^;* durch
®m'={S)4*, 3«} = {2)4', ©«}.
Da die Gruppe 3)/ mit Uc gebildet ist, so ist, den obigen Er-
örterungen gemäss, diesmal die Mittelhöhe von pe die vier-
zählige Axe, also sind für iße die Punkte G und M die be-
züglichen Symmetriecentra. Sie liefern dieselben Gruppen,
wie oben, nämlich SS*^^ und S5a*®. Für 3)4, a^ treffen sich in
jeder Ecke von pc drei einander senkrechte Symmetrieebenen;
sie gehen aber sämmtlich durch zweizählige Axen. Daher
sind (£4,/ und 64,»^ die zugehörigen Untergruppen.
Wenn das Symmetriecentrum in die Grundflächenmitte G
oder in den Mittelpunkt M von pa fällt, so sind SJ**' und 85a^^
die aus SSa entstehenden Gruppen. Für S3o sind diese Punkte
als U resp. F zu bezeichnen; aus f8c müssen daher wieder
S?A*^ und S?A*^ hervorgehen. Wir bezeichnen die so definirten
Gruppen durch
3)4/ = {®/, 3«}.
Die Gruppe ^^^h enthält nämlich die auf 0^0^ senkrechte
Ebene ög als Symmetrieebene, während 2)4,a^ keinerlei reine
Symmetrieebene besitzt Demgemäss sind (£4,»^ und ©4.»* die
bezüglichen Untergruppen.
Für die Gruppe S)^^ bilden die Hauptaxen eine Gruppe (£4^;
aus ihr entsteht, je nach der Lage des Symmetriecentrums,
eine Gruppe 64,*^ oder (£4,/*. Die Untergruppen 85« und SSc
sind wieder SS^ und SS^; aber die Grundflächen der Parallele-
pipeda pa und pe sind nicht identisch, die Grundfläche des
einen fällt mit der Mittelebene des andern zusammen. End-
lich ist zu beachten, dass die vierzähligen Axen als Drehungs-
axen nur zweizählig sind.
Wird das Symmetriecentrum in die Ecke A von pa ge-
legt, so fällt es demgemäss in die Mitte W der Kante tp von
Pc und umgekehrt. Dadurch entstehen die Gruppen
- 513 —
Die Gruppe 3)4, a^ enthält SSa^ und Sa"^ als Untergruppen, die
Gruppe 3)4,A^^ dagegen 85a^ und SBa^^- Für die erstere treten
daher an der Ecke Ä von pa drei zu einander senkrechte
Symmetrieebenen auf, für die letztere in den Ecken von jjc5 sie
bilden fCLr pa die Mittelebene öm sowie zwei zu ihr senkrechte
Diagonälebenen. Die Untergruppe €4,9 ist daher in diesen
Fällen (£4,,^, resp. 64,0'.
Wenn das Symmetriecentrum in die Mitte G der Grund-
fläche oder in den Mittelpunkt M von pa fällt, so sind wieder
SSa* und 85a* die aus SS« entstehenden Gruppen; aus 85c ergeben
sich, wie aus dem obigen ersichtlich, SSa** und 85a*^ Wir be-
zeichnen die zugehörigen Gruppen 2)4, a durch
2)4,*"= {3)/, 3»} = {3)/, @c}.
Die letztere enthält nämlich wieder die auf AB senkrechte
Symmetrieebene tfe> deren Lage die einer Diagonalebene von pa
ist. Die erstere Gruppe enthält keinerlei Symmetrieebene.
Ihnen kommen resp. ©4,/ und S4,/ als Untergruppen zu.
Die Gruppe 3)/ enthält S/, sowie 8^ = 85« und 8?« = 85«
als Untergruppen. Die Parallelepipeda jp« und pc haben, wie
für S)/, verschiedene Grundfläche, und da 2)/ mit der Um-
klappung Uc erzeugt ist, so ist, wie für 3)/, die vierzäblige
Axe die Mittelbohe von pe^ Daraus lassen sich die bezüg-
lichen Verhältnisse leicht entnehmen. Wir gelangen zunächst
wieder zu zwei Gruppen:
a)M"={S54*, 3) = {»/, @»}
©4.»"= {3)4', 3.} = {3)/, ©„}.
Die erstere enthält 8Sa^ und 8Sa^^ als Untergruppen, die letztere
SSa^ und ^k^^. Für diese stellen sich in den Ecken von 85c
drei einander senkrechte Symmetrieebenen ein, während für
jene nur die Grundflächen von SS«, resp. die Mittelebenen von
Pc Symmetrieebenen sind. Sie besitzen resp. ©4,,® und 64^ »*
als Untergruppen.
Sohoenflies, KrysUllstruotur. 33
- 514 -
Die andern beiden aus 2)^^ ableitbaren Gruppen, für welche
das erzengende Symmetriecentram in die Mitte G der Grund-
fläche von pa oder in den Mittelpunkt M (allty sind
Für pe fällt das erzeugende Symmetriecentrum, wie oben, in
die Mitte einer Seitenfläche oder Seitenkante. Die Gruppe
2)4, A^^ enthält SSa^^ und SSa*^ als Untergruppen, jede Seiteu-
fläche 0a von Pa ist daher Symmetrieebene, also auch, was
dasselbe ist, jede durch die Mittelhohe gehende Diagonalebene
von jpc. Dagegen sind für S)4,a'* die Gruppen SSa'® und 85**^
die bezüglichen Untergruppen; demnach stellt sich diejenige
auf C1C2 senkrechte Symmetrieebene 6, ein, welche Diagonal-
ebene von Pa ist, und durch die Mittelhöhe von pe geht Die
bezüglichen Untergruppen 64,« sind demgemäss (^4,9^ resp. @4,o^
Wir erhalten schliesslich:
Lehrsatz XIV. Es giebt 16 Baumgruppen, welche die Trans-
lationsgruppe Fq enthalten und die Symmetrie der tetragonalen
Holoedrie besitzen.
Um die Coordinaten des Fundamentalsystems zu be-
stimmen, legen wir wieder das in § 13 benutzte Goordiuaten-
system zu Grunde. Es genügt, wenn wir uns darauf be-
schränken , diejenigen Translationscomponenten anzugeben,
welche in den Coordinaten von Zeile III und IV der für B^
oben S. 216 aufgestellten Tabelle erscheinen. In Verbindung
mit den in § 13 enthaltenen Zusatztranslationen bilden sie
die Gesammtheit aller Translationen für das Fundamental-
system.
Da die Inversion jede Translation in die entgegengesetzte
verwandelt, und im übrigen in bekannter Weise (vgl. Satz XIII
von Gap. V) durch eine Inversion gegen den Anfangspunkt
und eine Translation ersetzbar ist, so erhalten wir ohne Mühe
folgende Tabelle der bezüglichen Zusatztranslationen:
S)4,//: 0, 0, 0, 0
0, 0, 0, 0
— 515 —
®4.»':
^>,
^s,
^o
T.,
T«,
t.,
^.,
T.,
»4.*»:
X, + ^y,
». + ty,
^x + «^y,
Tx + Ty,
T» + ty,
fx + t„
T, + Ty,
Tx + Ty
5)4.*^:
T, + Tr, + T„
Tx + Tt + t,,
^X+ty + X.,
Tx + Ty + T,
^x + Ty + T„
^X+ty + X,,
I^X + ty + X.,
Tx + Ty + T,
®4,**:
0,
0,
0,
0,
T, + Ty,
Tx + 1^»,
»^X + Ty,
Tx + Ty
S>4.*'':
r,,
t.,
T»,
T,
^* + %+*»>
^x + Ty + T.,
Tx + «Ty + T„
T. + Ty + T,
©4.*':
■'X + Ty,
Tx + T»,
Tx + Ty,
Tx + Ty
0,
0,
0,
0
3)4.*":
** + T, + T„
^X + Xy+X„
T. + Ty + T„
^x + Ty + T,
«^.,
■';
T.,
T,
®4.*»:
0,
f',
0,
T,
0,
^;
0,
T,
©4.*"':
»»,
0.
^;
0
"t.,
0,
^',
0
®4.a":
fx + r»,
"^X+Xy+X.,
T« + Ty,
Tx + Ty + T,
Tx + Ty,
■^X + Xy-\-X„
Tx + Ty,
Tx + Ty + T,
3)4.*":
^^x + Ty + T„
Tx + Xy,
Tx + Ty + T„
Tx + Ty
Tx + ^y+'o
tx + ty,
Tx + Ty + T„
Tx + Ty
3)4.»»:
0,
^z,
0,
T,
T» + T»,
^X + Xy + X.,
Tx + Ty,
Tx + Ty + T,
3)4.*":
»^.;
0,
T.,
0
*x + «^»4-«.,
Tx + Xy,
Tx + Ty + T,,
T« + Ty
3)4.*":
«^x + r„
1^x + ry + T,,
Tx + Ty,
Tx + Ty + T,
0,
*.|
0,
T,
3),,»'«:
Tx+»l- + «^^.
Tx + Ty,
Tx 4- Ty + T„
Tx + Ty
■t',
0,
T»,
3J
0
1«
- 516 -
Die Gruppe ^4^h ist diejenige^ welche durch Multiplicatiou
der Punktgruppe D^ mit der Gruppe F^ gebildet werden
kann. Sie stellt die Gruppe des durch Fq repräsentirten Baum-
gitters dar.
§ 17. Die holoedrischen Gruppen mit der TnmslfttionB-
grnppe F/. Für die Gruppe S)^® bilden die Hauptaxen eine
Gruppe (S/. Sie lässt nur solche Deckoperationen zu, welche
die vierzähligen Axen a und b gesondert in sich überfahren;
das erzeugende Symmetriecentrum föUt daher in die Axe a
selbst. Die Gruppe fßa ist die Gruppe SS^, dagegen ist 9$c
die Gruppe 85®. Die Grundflächen von pa und po fallen zu-
sammen. Wird die Ecke Ä von pa als erzeugendes Symmetrie-
centrum gewählt^ also die durch sie laufende Gerade to als
vierzählige Drehungsaxe a vorausgesetzt; so gehen durch sie
alle Symmetrieebenen der Punktgruppe D^, Die zweite
mögliche Lage des Symmetriecentrums ist die Mitte W der
Kante w von pc\ es bedingt die zu u? senkrechte Symmetrie-
ebene 6jn' Da die Höhe von pa nur die Hälfte derjenigen
von Po ist, so ist auch Punkt Ay^ der oberen Grundfläche von
Pa, resp. der vierzähligen Schraubenaxe b ein Symmetriecentrum.
Durch dieses Symmetriecentrum werden nach Cap. VHI, § 17
drei zu einander senkrechte Symmetrieebenen bedingt, die
sich in Ä^ schneiden. £8 entstehen daher im ersten Fall aus
SJ' und aS® die Untergruppen 85**' und 8SA*^ im zweiten Fall
SSa^' und 85a^. Wir bezeichnen die zugehörigen Gruppen durch
®4,A^«= {2)/, 3.} = {©4', ©m}.
Die bezüglichen Untergruppen 6^4,« sind augenscheinlich (£4,9^
und 64..'^.
Endlich ergeben sich auch aus ^^^^ je zwei Gruppen 3)4,*.
Die Hauptaxen bilden die Gruppe (£4^; sie gestattet nur solche
Deckoperationen, welche a und b vertauschen, das erzeugende
Symmetriecentrum fällt daher zwischen a und b. Die Gruppe
fßa ist wieder 83*^, dagegen ist 83c diesmal 83^ Die Grundflächen
von Pa und pe haben einen Abstand, der gleich dem vierten
Theil von r^ ist. För 83^ lässt sich das Symmetriecentrum,
— 517 —
da es nicht in eine Axe fallen darf, nur in die Mitte Pflegen;
es bestimmt mit 93'^ die Gruppe ^h^^, doch ist zu beachten,
dass gemäss Gap. VIII; § 17 eine verschiedene Anordnung der
Symmetriecentra auftritt, wenn wir das erzeugende Sym-
meiriecentrum in zwei benachbarte Parallelepipeda pa legen.
Dadurch wird bewirkt, dass es für das der Gruppe S3^ ent-
sprechende Parallepipedon pe entweder in die Mitte der Grund-
fläche oder in den Mittelpunkt fölli Dem entsprechen zwei
yerschiedene Gruppen ^4,,h] die aus SS« entstehenden Gruppen SS^
sind für die erstere yon ihnen SS^'^, für die letztere dagegen
SBä*^ Wir bezeichnen die zugehörigen Gruppen durch
2)4,.^'- {»4'^ 3«.} = {2)4^3}.
Nach Gap. VIII, § 18 enthält nämlich die erstere zwei Seiten-
flächen von pc als Symmetrieebenen; die letztere enthält keine
eigentliche Symmetrieebene , aber jede Ecke yon pc ist eben-
falls ein Symmetriecentrum. Die Gruppe 2)4, ä^^ enthält ofienbar
64,,^^ als Untergruppe, S)^,*^® dagegen die Gruppe S4,»". Es
folgt noch:
Lehrsatz XV. Es giebt vier Baumgruppen ^ welche die
Symmärie der tetragonalen Holoedrie besitzen und F/ als Trans-
lationsgruppe enthalten.
Behalten wir das in § 14 benutzte Goordinatensystem bei,
betrachten also AC^ und AC^ als X- und F-Axe, so ist (S.485)
AC^ =i^ta:y AC^ = ^Xyy AB = ^{X:o + ty),
daher ergeben sich für die den Zeilen III und IV entsprechen-
den Coordinaten folgende Zusatztranslationen:
®4,A^': 0, 0, 0, 0
0, 0, 0, 0
3)4,*^®: tsj Xsy r,, T,
Xgy Tjf, Tiy tg
^.
+ x X -\- 1 3t t 4-t t -4- t
7
fr., -^^ +
— 518 —
5^ 20. !^ + ^4-r "« + ^4.^*' ^- + ^^ ^^ + ^ I "*
A^i,* . 2 r^M 2 ' 2 ' 2 ' 2 "^ 2
2 ' ^'' 2 '2' 2~ ' 2 ' "2"'
Die Gruppe S)4,a^^ ist diejeDige; welche sich durch Mul-
tiplication von D/ mit F/ erzeugen lässt. Sie gui>t die Ge-
sammtsymmetrie des durch F/ repräsentirten BaumgiUers an.
Hiermit sind die zu D^^ isomorphen Raumgruppen ins-
gesammt abgeleitet. Es folgt daher:
Lehrsatz XVI. Es giebt 20 Baumgruppen, deren Symmetrie
mit derjenigen der Holoedrie des tetragoncUen Systems überein-
stimmt.
Elftes Capitel.
Das hexagonale System.
§ 1. Vorbemerkungen. Dem hexagonalen System ge-
hören die Punktgruppen
an. Den ersten fünf kommt eine sechszählige Hauptaxe^ den
letzten zwei eine dreizäUige Hauptaxe, ausserdem aber eine
zu ihr senkrechte Symmetrieebene zu. Von den isomorphen
Baumgruppen besitzen die ersten fünf eine Schaar paralleler
sechszähliger^ die letzten beiden eine Schaar dreizähliger Axen.
Wir nennen sie wieder Hauptaaen, bezeichnen die zu ihnen
senkrechten Ebenen als Hauptebenen und das von den Axen
in den Hauptebenen gebildete Netz als Axennete. Wir be-
handeln die letzten beiden Classen zunächst (Fig. 60; S. 461).
Wie das dritte Capitel in § 7 zeigt, sind mit einer drei-
zähligen Hauptaxe zwei verschiedene Translationsgruppen ver-
einbar^ nämlich Frh und F*. Da aber die hier in Betracht
kommenden Gruppen C^^ und Dj* eine zur Axenrichtung senk-
rechte Symmetrieebene besitzen, so ist die Translationsgruppe
Frhf deren primitives Tripel durch
2ri, 2tmf 2r«, ti -f- r„, -f- r„ = r^
dargestellt ist, auszuschliessen, denn ihr kommt diese Sym-
metrieebene nicht zu.
§ 2. Die Tetartoedrie mit dreizähliger Hauptaxe. Die
Gruppe Gj* enthält die Operationen
1, a, a», @A, a@„ a«@»
und entsteht durch Multiplication von Q mit der Spiegelung ©*•
Eine Inversion enthält die Gruppe nicht. Die isomorphen Raum-
- 520 -
gruppeu Ss^A ergeben sich daher nur durch Multiplication einer
Gruppe 6^3 mit einer zu @a isomorphen Operation^ yoraus-
gesetzt^ dass dieselbe die Axen von @g in zulässiger Weise in
sich überfQhri Nach Cap. VI, Satz XXII ist dies nur für
die Gruppen 63^ und 63^ möglich; die letztere enthält aber
Frh als Translationsgruppe und ist daher gleichfalls auszu-
schliessen. Die erzeugende Operation ist entweder von der
Form ©Ä oder von der Form ©A(t), wo r eine halbe primi-
tive Translation ist. Die Spiegelung @a föhrt jede Axe in
sich über; sie erzeugt daher aus (S^^ eine Gruppe (Ss,«. Nun
beträgt der Abstand zweier dreizähligen Axen niemals eine
halbe Translation ^ folglich ist @a(t) keine mögliche Deck-
operation des AxensystemSy also auch nicht erzeugende Ope-
ration fQr eine Gruppe Ss^a* Daraus folgt^ dass es nur eine
einzige Raumgruppe dieser Art giebt^ nämlich
Die Axenpermutation ist durch
(«), (6), (c)
gegeben. Die von den Ebenen öy 6' . . . gebildete Ebenen-
schaar enthält^ wie die Natur der Gruppe A mit sich bringt,
lauter Symmetrieebenen. Wir erhalten folgenden Satz:
Lehrsatz L Es giebt eine einzige Baumgrappej deren Synp-
metrie der Tetartoedrie zweiter Art im hexagonälen System ent-
spricht. Ihre Transhüionsgruppe ist A.
Legen wir den Coordinatenanfangspunkt in den Schnitt
der dreizähligen Axe und der Symmetrieebene, so gehen durch
ihn die gleichen Symmetrieelemente, wie bei der Punkt-
gruppe Cq\ Im Fundamentalsystem gleichwerthiger Punkte
treten daher keinerlei Translationscomponenten auf. Die
Gruppe ergiebt sich durch Multiplication der Punktgruppe C^^
mit der Translationsgruppe Fa«
§ 3. Die Hemiedrie mit dreiE&hliger Axe. Sie ist durch
die Punktgruppe D3* mit den Operationen
1, «, a«, u, u„ u,
@A, 21©A, «»©*, U@A, Ui@*, U,@A
— 521 —
gekennzeichnet. Dieselbe entsteht durch Multiplication der
Gruppe D3 mit der Spiegelung @a- Sie besitzt ausser der
Symmetrieebene 6h noch drei andere Sjmmetrieebenen tfp, (t/,
6^\ welche durch die Hauptaxe und je eine Nebenaxe gehen
und mit der Hauptaze eine Gruppe C^ bestimmen. Ferner
ist zu beachten, dass die Ebene öh mit der dreizahligen Haupt-
aze die Gruppe C^^ bildet
Die isomorphen Raumgruppen S)s,a sind durch Multipli-
cation einer Gruppe S), mit einer zu @a isomorphen Operation
zu bilden. Die letztere erzeugt nach Satz XVI Ton Cap. VI
mit den dreizahligen Azen von S), eine Gruppe (Ss^a. Wie wir
eben gesehen haben, giebt es aber nur eine einzige derartige
Gruppe, nämlich Ss^aS aus S,^ entstehend; es können sich
daher auch nur aus denjenigen Gruppen S^g Gruppen S)s,a ab-
leiten lassen, deren Hauptazen eine Gruppe 63^ bilden. Diese
Gruppen sind S),^ und ^^. Ueberdies muss, gemäss den Er-
gebnissen des vorigen Paragraphen, die erzeugende Operation
stets von der Form @a sein.
In allen Hauptebenen der Gruppen ^^^ und ^^ haben
die Nebenazen die gleiche Lage zu dem in ihnen enthaltenen
Azennetz. Die Symmetrieebene giebt daher stets und nur
dann eine Deckoperation, wenn sie entweder in eine Haupt-
ebene 6h oder in die Mitte zwischen zwei Hauptebenen föUt.
In der ersten Lage enthält sie Nebenazen ««,^1,14, also sind
die Untergruppen (S^,« resp. (Ss,/ und (Ss,«^ Für die zweite
Lage enthält sie keine Nebenaxe; es muss sich demgemäss
@3,p* resp. ©8,/ als Untergruppe einstellen. Wir bezeichnen
die Symmetrieebene in dieser Lage durch 6^ und erhalten
somit aus S)^^ die Gruppen
ebenso aus S),' die analogen Gruppen
2)8.A» « { 3)3', ©^ } und 3)3,A* = { 3)3^ ©. } .
Also folgt:
Lehrsatz H. Es giebt vier Eaumgruppen ©s,*, deren Sym-
metrie derjenigen der hexagonalen Hemiedrie mit dreizähliger Axe
entspricht Ihre Translationsgruppe ist Fa.
— 522 —
Um das Fundamentalsystem gleichwerthiger Punkte zu
ermittelu, legen wir das in Cap. IX; § 6 benutzte Goordinaten-
System zu Grunde. Die erzeugende Symmetrieebene fallt
somit für ©».a^ und S)«,*^ in die ZT- Ebene, für S),,** und
S)3,A^ dagegen verläuft sie parallel zu derselben , und zwar in
einer Entfernung, welche gleich der Hälfte von t, ist. Daraus
folgt sofort, dass Zusatztranslationen, welche von @a resp. @m
herrühren, nur für die letzteren Gruppen auftreten, und zwar
ist Tj diese Translation.
Von den Coordinatenwerthen der auf S. 212 enthaltenen
Tabelle werden nur die beiden letzten Zeilen durch © beein-
flusst Zu den beiden ersten gehören, wie Cap. IX, § 8
zeigt, Zusatztranslationen nicht; folglich erhalten wir folgende
Tabelle:
2)s,a' und S),,»»:
0,
0,
0,
0,
0,
0
0,
0,
0,
0,
0,
0
2)».»« und S),,»*:
0,
0,
0,
0,
0,
0
'^»} "^tf '^t) '^tj '^zy '^i»
Dies zeigt, dass die Gruppen ©a,*^ und 3)8,*' durch Multipli-
cation der Punktgruppe Dj* mit der Translationsgruppe F*
gebildet werden können. Sie unterscheiden sich durch die ver-
schiedene Lage der Translationsgruppe zu den Äxen, und zwar
in derselben Weise, wie es für die in Cap. IX behandelten
Gruppen mit drcizähliger Axe (vgl. S. 473) der Fall ist.
§ 4. Die Tetartoedrie mit sechszäMiger Hanptaxe. Für
alle Gruppen mit sechszähliger Hauptaxe ist JT* die zugehörige
Translationsgruppe. Sie entspricht dem Raumgitter vom hexa-
gonalen Typus; ihr primitives System wird daher in allen
Fällen durch
2ri, 2t2, 2r3, 2r,; r^ + r^ + rj = 0
bestimmt. Da keine Translation existirt, deren Componente
parallel den Axen kleiner als 2r« fst, so sind alle Axen
gleichartig. Wie aus Cap. V, 3 folgt, sind sie in diesem Fall
sogar sämmtlich gleichwerthig. Es giebt also nur eine Schaar
von gleichwerthigen Hauptaxen. Die Translationscomponenten
- 523 ^
können gemäss Cap. VI, Lehrsatz VIII für die Hauptaxen
einen der sechs Werthe
^' 8 ' 3 ' ^'' 3 ' 3
haben. Die Schraubenaxen, welche dem zweiten und sechsten
resp. dem dritten und fünften dieser Werthe entsprechen,
unterscheiden sich nur durch den Windungssinn.
Der Tetartoedrie mit sechszähliger Hauptaxe entspricht
die Punktgruppe Cg, deren Operationen die Drehungen
1, a, w, 2l^ a*, a^
sind. Die Drehungen ä* und 81* bewirken, dass in den iso-
morphen Raumgruppen 6^ parallel zu den sechsz'ahligen Haupt-
axen auch zweizählige und dreizählige Axen auftreten. Ihre
Vertheilung muss mit der Axen-
vertheilung derjenigen Gruppen (Sg
resp. ^3 übereinstimmen, deren
Translationsgruppe von der beson-
deren Art ist, wie die Gruppe des
hexagonalen Systems. Die sechs-
zähligen und dreizähligen Axen
haben also (vgl. Fig. 63) dieselbe
Lage, wie die Axen a, &, c im
Cap. IX, § 2; yv^ährend die zweizähligen Axen d die Seiten
des in der Hauptebene liegenden Hauptaxennetzes halbiren.
Entsprechend den oben genannten Werthen der Trans-
lationscomponenten giebt es sechs verschiedene Gruppen @q.
Die erste, nämlich
enthält lauter Drehungsaxen. Die beiden Gruppen
enthalten lauter Schraubenaxen; sie unterscheiden sich von
einander nur durch den Windungssinn. Das letztere gilt auch
von den Gruppen
— 524 —
Ihre sechszähligen uud dreizähligen Axen sind Schraubenaxen,
die zweizähligen sind Drehiuigsaxen. Endlich sind f&r die
Gruppe
die sechszähligen und zweizähligen Axen Schraubenaxen, die
dreizähligen dagegen Drehungsaxen. Wir erhalten noch:
Lehrsatz in. Es gi^t sechs verschiedene Baumgrtippen^
deren Symmetrie der Tetartoedrie erster Art des hexaganaien
Systems entsprid^t. Ihre Translationsgruppe ist r*.
Die Coordinatenwerthe der Fundamentalsjsteme lassen
sich unmittelbar angeben. Wir legen die ^Axe in die Axe a.
Welches der in Gap. VIII des ersten Abschnittes angewandten
Coordinatensysteme wir nun auch zu Grunde legen, so können
doch zusätzliche Translationscomponenten nur parallel der
Z-Axe, resp. für die Goordinaten 0 auftreten. Da wir Viel-
fache von 2r« beliebig zu den sich einstellenden Translationen
hinzufugen können, so erhalten wir folgende Tabelle:
©6*: 0, 0, 0, 0, 0, 0
e.
2.
V: 0, -^
©6*:
e«
0,
«,
2»,
8«,
*^.
6«,
v
8 '
8 '
8 '
8
0,
6t.
4*.
St,
2r, •
*.
8 '
8 '
3 '
8 '
T
0,
2»,
3 '
8 '
0,
2».
3 '
4',
8
0,
3 '
2',
8 '
0,
8 '
2»,
3
0,
^',
0,
».,
0,
r.
§ 5. Die hemimorphe Hemiedrie. Der hexagonalen
Hemimorphie entspricht die Punktgruppe C^^ mit den Ope-
rationen
1, a, a», a», «s a*
©„ a©., a«@., w®,, «*©., a«^©..
Sie entsteht durch Multiplication der Gruppe C^ mit &p und
— 525 —
enthält sechs durch die Hauptaze gehende Symmetrieebenen
<y, <{, <r, 6"\ 6^\ 6^.
Die isomorphen Ranmgruppen (Se,o lassen sich daher
durch Multiplication einer Gruppe 6^^ mit einer Operation @p
oder ©,(tj) erzeugen, welche eine Deckoperation des Axen-
Systems von ^^ ist. Da aber für jede Gruppe (S^ alle sechs-
zahligen Axen gleichwerthig sind, so ist einzig die Permu-
tation (a) möglich; daher können aus jeder Gruppe gemäss
Cap. VI, § 14 nur zwei verschiedene Gruppen ©6,» abgeleitet
werden; entsteht die eine durch Multiplication mit ©«, so ist
die erzeugende Operation der andern @p(rj). Nach dem
Theorem XXII von Cap. VI kommen überdies nur die Gruppen
6g^ und Sg* in Frage.
Jede dieser Gruppen lässt diejenige Symmetrieebene 6a zu,
welche zwei nächste Axen a verbindet. Aus der Gruppe ^^^
entsteht dadurch die Gruppe
Da a eine Drehungsaxe ist, so gehen durch a sechs Sym-
metrieebenen. Die Lage der übrigen ist durch die Trans-
lationsgruppe vorgeschrieben; jede Schaar paralleler Ebenen
zerfällt in zwei verschiedene Schaaren von gleichartigen Ebenen.
Da die Gruppe die Operation @a(i^O gegen 6a nicht enthält,
so führt die Multiplication mit @a(^j) zii einer neuen Gruppe,
nämlich zu
Alle spiegelnden Ebenen sind in diesem Fall Ebenen mit
Translationssymmetrie.
Aus der Gruppe ®g^ ergeben sich ebenfalls zwei Gruppen
de.v Wir benutzen als erzeugende Operation zunächst wieder
die Spiegelung ©ay deren Ebene 6a durch ÄÄ^ geht. Sie
führt zu der Gruppe
Drei der durch a gehenden Ebenen sind Symmetrieebenen,
den drei andern entspricht die Operation ©(O; diese Ebenen
halbiren die Winkel der primitiven Translationen 27^, 2r2, 2t^.
— 526 -
Wird dagegen die Gruppe mit @a(i^«) multiplicirt, so entsteht
die Gruppe
(£6,/= {V,@a(r,)l -={©,«, ®4,
bei welcher die Ebene öd von @d den Winkel zwischen AA^
und AAq halbirt. Die Symmetrieebenen und die Ebenen
gleitender Symmetrie haben daher die umgekehrte Lage, wie
bei der vorigen. Beide Gruppen sind also verschieden. Wir
erhalten daher:
Lehrsatz IV. Es giebt vier Gruppen, deren Symmetrie der
Hemimorphie des hexagonalen Systems e)itspricht Die Trans-
lationsgruppe ist A.
Zur Bestimmung der Coordinaten des Fundamental-
systems lassen wir^ übereinstimmend mit den Festsetzungen
von Cap. Vril des ersten Abschnittes, die spiegelnde Ebene
die XZ-Ebene darstellen. Alsdann ergeben sich Translations-
componenten, welche von der zu ©» isomorphen Operation
herrühren, nur für die mit @fl(T,) erzeugten Gruppen ß^,*
i^d ^6,0^7 und zwar ist r« diese Componente. Sie beeinflusst
nur die in Zeile IV der Tabelle (S. 219) stehenden Coordi-
natenwerthe. Wir erhalten daher folgende Tabelle für die
Componenten:
e«./:
0,
0,
0,
0,
0,
0
0,
0,
0,
0,
0,
0
6«..*:
0,
0,
0,
0,
0,
0
«»»
r„
^',
rz,
T.-,
Tt
Sm':
0,
^--,
0,
^',
0,
r.
0,
T--,
0,
^;
0,
r=
6«..^
0,
^',
0,
^',
0,
t.
tsj 0, ^^, 0, r,, 0.
Die Gruppe (Se,«^ ist diejenige, welche durch Multiplication
der Punktgruppe Q* mit der Translationsgruppe Ta gebildet
werden kann.
§ 6. Die paramorphe Hemiedrie. Die zugehörige Punkt-
gruppe Cfi^ enthält die Operationen
- 527 —
1, a, «l^ 3l^ «S a*
@„ a©,, a^®,, a«©„ a*©„ a^©,,
sie entsteht durch Multiplication der Gruppe Cg mit ©a;
übrigeDs enthält sie auch ein Symmetriecentrum. Die ihr iso-
morphen Raumgruppen Se,« sind daher durch Multiplication
der Gruppen (S^ mit einer Inversion oder mit einer Operation
@A resp. ©a(t) zu erzeugen; und zwar kommen, wie im vorigen
Paragraphen, wieder nnr die Gruppen Sg* und (£g* in Frage.
Die Spiegelung ©a führt jede Axe in sich selbst über und ist
daher für beide Gruppen als erzeugende Operation zu ver-
wenden. Dagegen ist eine Operation ©a(t) nicht zulässig, da
zwei sechszählige Axen, deren Abstand eine halbe Translation
ist, nicht existiren. Wir erhalten daher nur die beiden Gruppen
®M»={66S©*I = {66», 3},
Für beide Gruppen folgen die Symmetrieebenen im Abstand tg
auf einander. Die Symmetriecentra fallen für ^6,^^ in die Sym-
metrieebeneu, für Se,** in die Mitten zwischen denselben. Somit
ergiebt sich:
Lehrsatz V. Es gieht zwei Baumgruppen (£«,a, deren Syn^
melrie der paramorphen Hemiedrie des hexagonälen Systems ent-
spricht. Ihre Translationsgruppe ist F*.
Um die Goordinaten des Fundamentalsystems zu ermitteln,
denken wir uns analog zu S. 219 die vorstehenden Gruppen
durch Multiplication mit 3 erzeugt. Das Symmetriecentrum
fällt, wie wir eben sahen, stets in eine Axe a. Betrachten
wir es als Coordinatenanfangspunkt, so können durch die In-
version 3 zusätzliche Translationen nicht auftreten. Es stellen
sich daher nur diejenigen ein, die von den Goordinaten der
Zeile I der Tabelle auf S. 219 herrühren. Demnach er-
giebt sich:
ße.;.': 0, 0, 0,* 0, 0, 0
0, 0, 0, 0, 0, ö
Se,//: 0, T„ 0, tr„ 0, r,
0, T„ 0, T„ 0, r,.
- 528 —
Die Gruppe (Se^^ ist ^liejenigey welche durch Multiplication
von C^ mit A entsteht.
§ 7. Die enantlomorphe Hemiedrie. Dieser Hemiedrie
entspricht die Gruppe Dg, deren Operationen die Drehungen
1, St, «S %\ %\ %^
U, U,, U,, U3, U„ U5
sind. Sie ergiebt sich durch Multiplication der Gruppe G^ mit
einer ümklappung IL Die isomorphen ßaumgruppen %^ sind
daher durch Multiplication der Gruppen 6^^ mit einer zu U
isomorphen Bewegung zu bilden. Jede zu U isomorphe Be-
wegung, welche die Axen einer Gruppe 6^^ in sich überführt,
kann als erzeugende Operation benutzt werden. Nun haben
die Axen für alle sechs Gruppen (Sg dieselbe Lage zu einander,
es können daher für alle Gruppen 6^^ die gleichen Operationen
zur Erzeugung der Raumgruppen S)^ gewählt werden.
Für die Punktgruppe ^g existiren sechs verschiedene zwei-
zählige Axen u, u^ . . . Ug. Es giebt daher auch für jede
Gruppe ^g sechs verschiedene Schaaren paralleler Nebenaxen;
jede Schaar bildet eine Gruppe (S,; und zwar, wie aus der
Natur der Translationsgruppe Fa folgt, insbesondere eine
Gruppe 6^2^- "^^^ Gruppen 2)g enthalten daher sämmtlich
Drehungsaxen; jede von ihnen "kann somit durch Multiplication
einer Gruppe ßg mit einer Uniklappung erzeugt werden. Die
Axe u derselben fallt nothwendig in eine Seite oder Hohe
des Dreiecks ÄÄiA^. Nun kommen aber die den bezüg-
lichen Richtungen entsprechenden Axen u in jeder Gruppe 5Dg
gleichzeitig vor; es ergiebt sich daher aus jeder Gruppe 6g nur
je eine Gruppe S)g. Wir legen die erzeugende Axe u stets in
die Gerade ÄA^ und bezeichnen sie durch m«; U« sei die sra-
gehörige ümklappung. Die Lage der Hauptebenen, welche die
zweizahligen Nebenaxen enthalten, regelt sich nach Satz XV
von Cap. VL
Für die aus 6g^ sich ergebende Gruppe
®6'={V, IIa}
ist a eine Drehungsaxe; es gehen daher durch Ä sechs ver-
schiedene Nebenaxen. Je zwei Hauptebenen folgen daher im
- 529 -
Abstand tg auf einander. lu allen diesen Ebenen ist die Lage
der Axen die gleiche.
Für diejenige Gruppe^ welche sich aus ^^ ableiten lässt,
ist a eine Schraubenaxe; es geht daher durch A nur eine
Aze u. Die Hauptebenen folgen in einer Entfernung, welche
der sechste Theil von r« ist. Jede Ebene enthalt Axen von
nur einer Richtung. Die so bestimmte Gruppe sei
Die aus 6^^ ableitbare Gruppe unterscheidet sich von der vor-
stehenden nur durch den Windungssinn der Schraubenaxen;
sie ist
Die aus ^^ und 6^3^ ableitbaren Grup|>en
»«'-{Se*, U«} und S)e*={(£eMla)
unterscheiden sich ebenfalls nur durch den Windungssinn der
Schraubenaxen. Der Abstand zweier Hauptebenen beträgt für
sie den dritten Theil von %,. Die Axe a isi zweizählige
DrehungsaxC; daher gehen durch A zwei Axen u^ und jede
Hauptebene enthalt Axen von zwei zu einander senkrechten
Richtungen.
Für die Gruppe (S^^ ist die Axe a eine dreizählige Dre-
hungsaxe; durch A gehen daher Drehungsaxen u von dreierlei
Richtung. Die Hauptebenen . folgen in eimem Abstand, der
gleich der Hälfte von t« ist, auf einander; in jeder dieser
Ebenen gehen durch den Schnitt mit a dr^i Drehungsaxen u^
und in je zwei dieser Ebenen, deren Entfernung r« beträgt,
ist die Lage der Nebenaxen die gleiche. Die bezügliche Gruppe
bezeichnen wir durch
Wir erhalten also schliesslich folgenden Satz:
Lehrsatz VI. Es giebt sechs Baumgrüppen, welche die Sym-
metrie der enantiomorphen Hemiedrie des hexaganalen Systems
besüjsen. Ihre Translationsgruppe ist F*.
Um das FnndamentalsjBtem gleichwerthiger Punkte zu
bestimmen, nehmen wir, entsprechend den Festsetzungen von
Gap. Vin des ersten Abschnittes, die Axe u stets als X-Axe an.
Sohoenfliei, Krysiallitruotiur. 84
— 530 -
Für die Coordinaten der Zeile II von S. 220 treten daher
neue Translationscomponenten nicht auf; es stellen sich nur
diejenigen ein^ die durch die Coordinaten der Zeile I veran-
lasst sind. Da nun die Umklappung U die Translation x,
in — r, verwandelt, so ergiebt sich die folgende Tabelle:
SJß^: 0, 0, 0, 0, 0, 0
0, 0, 0, 0, 0, 0
^ « ^. 2t 3r^ 4r. 5t,
'^ß • ^' 8 ' 3 ' 3 ' 3 ' 8
ör, 4r^ 3t^ 2f, ^
^' 3 ' 3 ' 3 ' 3 ' 3
3)8. 0 i!^ ^ ^ !!^ A
'^ö ' ^' 3 ' 3 ' 3 ' 3 ' 3
r. 2r 3t. 4t 5t.
";
3 '
3 '
3 '
3 '
3
3)6*:
0,
2»,
3 '
8 '
0,
2».
3 '
3
0,
4^,
3 '
2«.
3 '
0,
4r,
3 '
3
©e'*:
0,
4»,
3 '
2*s
8 '
0,
4»,
8 '
2r,
3
0,
2'.
3 '
4«,
3 '
0,
2r,
3 '
3
3)e':
0,
■f;
0,
T«,
0,
tz
0, T,, 0, T,, 0, T,
Diejenige Gruppe, die durch Multiplication von D^ und Fa
gebildet werden kann, ist ^^\
§ 8. Die Holoedrie. Die Punktgmppe der hexagonalen
Holpedrie ist Dg*; ihre Operationen sind (S, 94)
1, a, a^ w, «S a^
u, Ux, n,, U3, u„ u,
©,, as,, a«©A, a»©*, a*@A, a*®*
U@A, U,©,, U,©*, U3©A, U,©A, U5©*.
Sie ergiebt sich durch Multiplication von D^ mit ©a. Da sie
- 531 —
ein Symmetriecentrum enthält, so kann auch 3 als erzeugende
Operation benutzt werden. Mit der sechszahligen Axe be-
stimmt die Symmetrieebene 6h eine Gruppe C^^. Ausser der
Ebene 6k treten noch sechs andere durch die Hauptaxe
gehende Symmetrieebenen auf; welche mit dieser eine Gruppe
C;» bilden.
Die isomorphen Raumgruppen S)e,A können gemäss dem
Fundamentaltheorem durch Multiplication einer Gruppe S)^ mit
einer Inversion oder mit einer zn @a isomorphen Operation
erzeugt werden. Mit den sechszahligen Axen muss dieselbe
eine Gruppe (Se,* liefern. Nun sind aber Gruppen (S^,* nur aus
Sg^ und (Se^ ableitbar^ also haben wir auch nur die Gruppen
S)«^ und %^ in Betracht zu ziehen.
Da die Gruppe D^ (S. 207) durch Multipb'cation der
Gruppe Q mit einer Gruppe G^ erzeugt werden kann^ die
einer Nebenaxe entspricht, so hat die erzeugende Operation
gemäss Satz XIX von Gap. VI die Bedingung zu erfüllen, dass
sie einerseits die sechszahligen Hauptaxen, andrerseits die
Nebenaxen einer Richtung in sich überführt. Daraus folgt,
dass aus jeder der Gruppen ^^ und S)^® zwei Gruppen S)«,*
ableitbar sind. Wird nämlich das Symmetriecentrum als er-
zeugendes Symmetrieelement gewählt, so ist es jedenfalls in
die Axe a zu legen, und zwar entweder in den Schnittpunkt
mit Ua oder in die Mitte zwischen zwei nächste Axen Ua*
Hieraus ergiebt sich noch, dass diese Gruppen auch durch
Spiegelungen erzeugt werden können, deren Ebenen die in
Cap. y, Satz XIY genannte Lage haben.
Für die Gruppe ^e^ ^^^ ^^^ ^^^^ dieser Ebenen eine
Hauptebene, die andere liegt in der Mitte zwischen zwei
Hauptebenen. Bezeichnen wir die bezüglichen Inversionen
durch 3 und 3m, die Spiegelungen durch ©a und ©«, so er-
geben sich die beiden Gruppen
Die Ebene 6h enthält sechs Nebenaxen u; diese bedingen sechs
durch a gehende Symmetrieebenen, welche mit den Hauptaxen
34*
— 532 -
die Gruppe Se,*^ bestimmen. Für die zweite Gruppe enthält
die Ebene 6m keine Nebenaxe^ es kann di^er anch keine dureh
ü gehende Syiqmetrieebene existiren; alle diese Ebenen be-
sitaen Translationseymmetrie und bilden daher mit den Haupt-
axen die Gruppe ©e,/.
Für die Gruppe S)^^ föUt jedes der beiden Symmetrie-
centra in eine Hauptebene. Man sieht auch hier direct^ dass
die Ebenen^ welche gleiche Axen enthalten^ in gleichem Ab-
stand mit einander abwechseln^ so dass jede von ihnen eine
Symmetrieebene der gesammten Axenschaaren isi. Wir be-
zeichnen die ihnen entsprechenden Spiegelungen wieder mit
®k nnd @m- Da a zweizählige Schraubenaxe isi, so fiedlen die
Symmetriecentra nicht in die Symmetrieebenen, also ergeben
sieh die beiden Gruppen
Die Ebene 0k enthält drei Nebenaxen u, unter ihnen diejenige,
welche in AA^ fällt. Da a dreizählige Drehungsaxe ist, so
giebt es drei durch a gebende Symmetrieebenen, die Gruppe,
die sie mit den Hauptaxen bilden, ist didier Se,^ Ebenso
.giebt es für S^,/ drei durch, a gehej9L4e Symmetrieebenen, die
zugehörige Gruppe ist aber dißßmal (Se,/.
Dnroh die Ejenntniss di00er Untergruppen iüt die Lage
aller SyjometrieelepQiente für jede deir vorstehenden Gruppen
. bestimmt und an. jedem gegebeuen Fall leicht zu ermitteln.
Wir schliessen mit folgendem .
Lahrsatz YIL Es giebt vier Bamngruppen von der Sym-
metrie der heüßagonalen Hdoedrie; ihre TramlatMmsgruppe ist Fa.
Für die Bestimmung des Fundamentalsysteme legen wir
wieder das bisher benutzte Coordinatensystem zu Grunde. Als-
dann fällt die Ebene 6h mit der ZF-^Ebene zusammen. Neue
Translationscomponenten erscheinen daher nur, wenn das er-
zeugende Symmetriecentrum nicht in den Anfangspunkt fällt,
d. h. für die beicfen Gruppen ®6,a* und S)«,*^; der Werth dieser
Zusatztranslation ist stets r«. Beschränken wir uns auf An-
gabe derjenigen Translationen, welche deq Zeilen III und IV
- 533 —
der auf S. 220 angegebenen Tabelle der Gruppe D« ent-
sprechen, so ergiebt sich:
S)«,A»: 0, 0, 0, 0, 0, 0
0, 0, 0, 0, 0, 0
. 3)«,*»: 0, 0, 0, 0, 0, 0
^*} 'l'i? ^if "^»y ^9) ^«
3)6,a': 0, r,, 0, r„ 0, r,
r,, 0, T„ 0, r,, 0.
2)6,//: 0, r,, 0, r„ 0, r.
0, t„ 0, T,, 0, r.
Diese Translationswerihe bilden mit den im vorigen Para-
graphen angeführten die sämmtlichen Zasatztranslationen.
Die Gruppe S)«,*^ ist durch Multiplicatiou der Punkt-
gruppe Dß^ mit Fa erzeugbar. Sie ist diejenige Gruppe^ welche
die Gesamnitsymmetrie des durch Fk clmracterisirten Raumgitters
angiebt.
Zwölftes Capitel.
Das reguläre System.
§ 1. VoTbemerknng. Die Erystallclassen des regulären
Systems sind durch die Punktgruppen
0*, 0, T^ T\ T
characterisirt. Sie besitzen sämmtlich vier dreizählige Axen
und drei zu einander senkrechte, bald zweizäblige, bald vier-
zählige Axen. Die letzteren sollen Haupiaxen genannt werden.
Sie sind überdies gleichwerthige Axen und kommen durch
die Operationen der bezüglichen Gruppen unter einander zur
Deckung. Dasselbe muss daher für die ihnen parallelen Axen-
schaaren der isomorphen Raumgruppen der Fall sein.
Die Translationsgruppen des regulären Systems sind von
dreierlei Typus; es sind die Gruppen Fe, F/, F/'. Ihre pri-
mitiven Tripel lassen sich in der Form
2tx, 2ry, 2r,
Ty -f- Tj, 1^« "T" '^Xf '^x + '^yy
£iXr = Xy -f- Xz Xxy ^Xr == Xg -{- Xx — fy,
2Xr = Xx -T" Xy Tj
darstellen^ wo immer der Länge nach
Xx ^^ Xy ^= Xz
ist, und 2xxf 2xy, 2xa die primitiven Translationen in Richtung
der Hauptaxen sind.
§ 2. Die Tetartoedrie. Die zugehörige Gruppe ist die
Tetraedergruppe T, deren Operationen (vgl. S. 69) die
Drehungen
1, u, », 38; a, r, a", r'; %', «-*, «"^ «'"«
- 535 —
sind. Die Operationen der ersten Zeile bilden die Vierer-
gruppe F; während die zweite und dritte Zeile die Drehungen
um die dreizähligen Axen darstellen. Die Tetraedergruppe
kann durch Multiplication der Yierergruppe mit der Drehung %
erzeugt werden; bei der zugehörigen Deckbewegung gehen die
Axen der Vierergruppe V cyclisch in einander über. Das
gleiche gilt von der Drehung %K
Die zu T isomorphen Raumgruppen % können daher durch
Multiplication einer Gruppe SS mit einer solchen zu S( iso-
morphen Operation erzeugt werden, welche die drei zu ein-
ander senkrechten Axenschaaren cyclisch in einander über-
führt. Da diese Axenschaaren deckbar gleich sein sollen, so
müssen die von ihnen bestimmten Gruppen (Sg identisch sein.
Es können also nur die Gruppen
«S «*, ^\ »«, SB«
zur Bildung von Raumgruppen % benutzt werden. Entsprechend
den vier dreizähligen Axen der Punktgruppe F giebt es für
jede Gruppe 2^ vier in ihr enthaltene Untergruppen (£3, aus
lauter dreizähligen Axen bestehend. Die Lage dieser Axen
zur Translationsgruppe zeigt, dass die Axen in allen Fällen je
eine Gruppe ©3* bilden. Unter ihnen giebt es daher stets
Drehungsaxen; als erzeugende Operation der Gruppen % kann
daher stets eine Drehung $1 bentägt toerden. Umgekehrt folgt
aus dem Fundamentaltheorem, dass jede Drehung %, welche
eine Deckoperation für die Axen der obigen fünf Gruppen ist,
eine Raumgruppe % liefert.
Die für die Gruppen 93 characteristischen Parallelepi-
peda p^) gehen für alle Raumgruppen des regulären Systems
in Würfel über. Jede Diagonale eines solchen Würfels kann
im Allgemeinen eine dreizählige Axe werden, mit Ausnahme
der Gruppe 93^, für welche die Diagonale nothwendig durch
diejenigen Gegenecken gehen muss, in denen sich je drei
Drehungsaxen schneiden. Es ist aber zu bemerken, dass auch
jede der andern Gruppen % nicht gleichzeitig mehrere dieser
Diagonalen als dreizählige Symmetrieaxen enthalten kann.
1) Vgl. die Figuren des Cap. VIII, § 8 ff.
— 536 -
Fig. 64.
Zwei sich schneidende dreizählige Symmetrieaxen bedingen
nämlich stets zweizählige Axen^ die durch ihren Schnittpunkt
gehen. Diese Axen sind aber in den bezüglichen Gruppen 83
nicht enthalten; sie können daher bei der Multiplication. der
Gruppe SS mit der Drehung % nicht auftreten.
Aus den oben genannten f&nf Gruppen S entstehen auf
die so bestimmte Weise die Gruj)pen
Lehrsatz I. Es giebt fünf Beumgruppen van der Symmetrie
der Tetarioedrie des reffulären Systems, Zwei von ihnen 'ent-
halten die Translatiansgruppe Fe; 0wei andere Fc'y die letzte
endlich F/.
Bei den ersten drei Gruppen trifft die dreizählige. Axe in
beiden Würfelecken je
drei zu einander senk-
rechte Drehungsaxen;
in Folge dessen gehen
durch jeden dieser
Punkte vier dreizählige
Axen y nämlich alle
Axen einer Punkt-
gruppe T. In jeden
der acht Würfel^ die
in A zusammenatoss^
tritt (Fig. 64) eine
solche Axe. Beachtet
man noch^ dass jede
Schaar paralleler dreizähliger Axen eine Gruppe (S^^ bildet,
deren Translationsgruppe resp. Fe, F/, Fe" ist^ so ist damit
die Yertheilung dieser Axen durch den Raum hinreichend
gekennzeichnet
Keine zwei dreizähligen Axen der Gruppen %^ oder %^
können einander schneiden. Zwei sich schneidende dreizählige
Axen bedingen nämlich nothwendig drei durch ihren Schnitt-
punkt gehende zweizählige Axen^ und diese sind f&r %^ oder %^
- 537 —
nicht YorhaDden. Je zwei dreizählige Axen yerschiedener
Richtung dieser Gruppen liegen also windschief zu einander.
Ihre Lage in acht nebeneinander liegenden Würfeln ist aus
beistehender Figur zu entnehmen^ deren Richtigkeit sich leicht
bestätigen lässt. Man
construirt sie am ein-
fachsten, indem man zu-
nächst die Hauptdiagonale
zieht, und dann die Dia-
gonalen der Theilwürfel
der Reihe nach so an-
bringt, dass keine die be-
reits vorhandenen schnei-
det. Jede Axenschaar
bildet wieder eine Gruppe
^3^ ; die Translations-
gruppen sind Fe resp. Fe'.
Der Natur der Gruppe S3* entsprechend enthält übrigens
jede Gruppe % auch dreizählige Schraubenaxen.
§ 3. Die paramorphe Hemiedrie. Die Punktgruppe T^,
welche dieser Hemiedrie entspricht, enthält die Operationen
(vgl. S. 98)
@A, U@*, «@A, 2B@,5
a©., a'@Ä, «"©„, «'"©*;
8i*©A, a''®A, «"'©A, a'"*®Ä.
Sie ist durch Multiplication der Gruppe T mit der Spie-
gelung @A gebildet worden. Die erste Zeile repräsentirt die
Gruppe F*; demnach kommen der Gruppe T* drei zu ein-
ander senkrechte Symmetrieebenen, sowie ein Symmetrie-
centrum zu. Sie lässt sich in Folge dessen auch durch Mul-
tiplication der Gruppe T mit der Inversion S erzeugen. Die
Inversion führt jede dreizählige Axe der Gruppe T in sich
Über und bildet mit ihr eine Untergruppe Cj*.
Die zu T* isomorphen Raumgruppen können daher durch
Multiplication einer Gruppe 2^ mit einer zu 9 isomorphen
Operation abgeleitet werden. Jede derartige Operation ist
1, U, », SB;
a», %'', «"», «'"«;
- 538 —
aber selbst eine Inversion. Soll ^ie eine erzeugende Operation
für eine Gruppe %k sein^ so genügt es nach Satz XIX von
Cap. Yly t4?mn sie gleichseitig Deckoperation für die Crruppe %,
sowie für eine der vier dreizähligen Äxenschaaren ist Jede
Inversion, welche beiden Bedingungen zugleich genügt, erzeugt
mit 2; eine Gruppe %k.
Die Inversion S bildet mit der Gruppe €3^ eine Gruppe
(Ss,o und zwar ist dies stets die Gruppe @8,i'; andere Gruppen
dieser Art sind nämlich nach Cap. IX^ § 5 aus (S,^ nicht ab-
leitbar. Das erzeugende Symmetriecentrum dieser Gruppe
föllt in eine Drehungsaxe. Nun soll das Symmetriecentrum
gleichzeitig eine Deckoperation für die Gruppe S3 liefern^ es
muss daher in eine Ecke oder in die Mitte des Würfels p
fallen. Bestimmen diese beiden Lagen verschiedene Gruppen
^h, so sind auch die Gruppen X^ verschieden, sind aber die
Gruppen 93a identisch; so trifft das Gleiche auch für die
Gruppen %k zu.
Die Gruppen SJa sollen für jede Gruppe Zk angegeben
werden. Mit ihnen sind auch die zu den drei Symmetrieebenen
ö, 6\ 6" von 93* isomorphen Symmetrieebenen unmittelbar
bestimmt.
Für die Gruppe S3^ sind die beiden bezüglichen Gruppen
9Ja verschieden; die erstere ist SSa\ die zweite ist SSa*. Es
giebt daher zwei zugehörige Gruppen %h. Die erste besitzt
drei durch A gehende senkrechte Symmetrieebenen, die
zweite besitzt keinerlei reine Symmetrieebene. Die Gruppen
mögen durch
v = {a;s3) - {%\ ©} und
bezeichnet werden. Für die erstere ist jede Ecke eines
Würfels p ein Symmetriecentrum, für die letztere fallen die
Gentra in die Mittelpunkte der Würfel p.
Aus der Gruppe %\ lassen sich ebenfalls zwei ver^
schiedene Gruppen Xa ableiten, da aus 93^ durch Inversion
gegen die Ecke und die Mitte von p verschiedene Gruppen
entstehen, nämlich 93a'' und 93a^- Die Translationsgruppe
ist F/. Sie bewirkt, wie auf S. 455 gezeigt wurde, dass für
_ 539 - ^ '
fßk^ nur die eine der beiden von der drejzähligen Axe ge-
troffenen Ecken ein Sjmmetriecentrum enthält; und dass für
^f^^ nur in solche zwei Würfel p, die eine Kante gemein
haben^ Sjmmetriecentra fallen. Die Gruppe S3a^ enthält auch
drei zu einander senkrechte Symmetrieebenen. Wir bezeichnen
die Gruppen durch
Für die Gruppen ^, 93^ und S3^ sind die mit den beiden
Inversionen abgeleiteten Gruppen identisch; die bezüglichen
Gruppen sind resp. SBA^^ SSa** und »a". Aus %\ 2* und %^
entsteht daher nur je eine Gruppe %n. Wir legen das er-
zeugende Sjmmetriecentrum in eine Ecke von p und bezeichen
die bezüglichen Gruppen durch
%' = {%\ 3} = {3:^ ©}
a;A^ = {x*, 3}, v = {2:^3l.
Die Gruppe %^ enthält die Translationsgruppe Fcf daher ist
jede Ecke eines Würfels p ein Sjmmetriecentrum. Für %^
und Z^ ist Fo" die Translationsgruppe^ demnach fallen die
Sjmmetriecentra in die Ecken und in die Mitten der Würfel p.
Endlich folgt^ dass für Xa^ jede Seitenfläche von p eine
Sjmmetrieebene ist, während für 2a^ und Zh eigentliche
Symmetrieebenen nicht ezistiren. Also erhalten wir:
Lehrsatz II. Es giebt sieben Baumgmppen von der Sffmmetrie
der paramorphen Hemiedrie des regulären Systems, Drei von
ihnen enthalten Fe als TranslaMonsgruppe, je zwei Fe resp. Fc\
§ 4. Die hemimorphe Hemiedrie. Dieser Hemiedrie
entspricht die Punktgruppe T^ mit den Operationen (vgl. S. 98)
1, U, SB, SB, ©rf, U©rf, »©,, SB©^,
«, «', %'\ a'", «©a, 31'©^, a"@^, 21'"©^,
2(2^ 31'2^ 5(-2^ 31-2^ a^g^^ 3l'2(g^^ 3l-2@^^ 3l-2@^^
Sie entsteht durch Multiplication der Tetraedergruppe T
mit der Spiegelung ©4, deren Ebene zwei drei^ählige
Axen enthält. Solcher Ebenen giebt es sechs; durch jede
- 540 —
dreizählige Axe gehen drei, die mit ihr eine Grnppe G^^ be-
stimmen. Mit der in T enthaltenen Vierergmppe F be-
stimmen die Ebenen 6a je eine Gruppe F'.
Die zu T^ isomorphen Raumgruppen X<i können dem-
gemäss durch Multiplication der Gruppen % mit einer zu @<f
isomorphen Operation gebildet werden. Hat diese Operation
die Eigenschaft^ einerseits die Axen der in % enthaltenen
Gruppe 3}; andrerseits die dreizähligen Axen einer Gruppe ^
in sich überzuführen, so ist sie^ gemäss Satz XIX von Cap. VI,
eine Deckoperation für das gesammte Axensystem von %y und
erzeugt mit % eine Gruppe %a. Die nothwendige und hin-
reichende Bedingung, dass irgend eine mit ©^ isomorphe
Operation zur Erzeugung einer Gruppe %d benutzbar ist, be-
steht also darin, dass sidi mit ihr gleichzeitig eine Ortippe fßdj
sowie eine Gruppe Ss,« hüden lässt Dui*ch die Besonderart
der Gruppen SS^ und Ss,» ist zugleich die Lage aller Sym-
metrieelemente YoUständig fixirt.
Aus (S^^ haben wir in Cap. IX^ 6 mittelst der Operation
®d die Gruppe (Ss,*^ abgeleitet, ferner mittelst der Operation
@d(r) die Gruppe ßs,/. Die spiegelnde Ebene geht in beiden
Fällen durch die Drehungsaxen. Andrerseits gestatten, wie
Cap. X/§ 10 und 11 erörtert worden, von den in den Gruppen %
enthaltenen Untergruppen SS nur folgende vier
»S SB^ 93«, Sß^
die Ableitung einer Gruppe SB^; es können daher auch nur fQr
%\ i», ^^ z'
Gruppen 2^^ existiren.
Benutzen wir zunächst die Spiegelung ®d als erzeugende
Operation, so ist Ss,«^ die bezügliche Untergruppe. Durch die
dreizählige Axe a gehen drei verschiedene Symmetrieebenen;
sie nehmen im Würfel p die Lage der drei Diagonalebenen an.
Jede von ihnen kann die erzeugende Symmetrieebene dar-
stellen; um die Begriffe zu fixiren, wählen wir dazu diejenige,
welche auf der Grundfläche des Würfels p senkrecht steht
Das analoge gilt für die Grnppe (Sa,»^ und die zugehörigen
Ebenen gleitender Symmetrie.
— 541 —
Solche Gruppen "Sß^, die $ich durch Hultiplication mit der
Spiegelung @<i gegen die genannte Diagonalebene ergebei^,
sind nur für die in %^, %*, %^ enthaltenen Untergruppen 85^,
^\ SB» zulässig. Die bezüglichen Gruppen sind SS/, SS/, SSd'^
Mittelst der Spiegelung @4 lassen sich daher Gruppen %4 nur
aus %\ 2*, %^ ableiten; wir bezeichnen sie durch
Um diejenigen Gruppen zu bilden, für welche ©^(r) die
erzeugende Operation ist, haben wir zu beachten, dass sich t
als halbe primitive Translation parallel der dreizäMigen Axe a
deuten lässt Die halbe primitive Translation parallel dieser Axe
ist bei den Gruppen W gleich der Diagonale von j), bei W
ist sie die doppelte Diagonale, bei S3^ und SS^ dagegen die
halbe Diagonale. Wie die Figuren der Würfel p lehren, ist
in Folge dessen die bezügliche Operation ©d(r) für I^, %^
und %^ eine zulässige Deckoperation des Axensystems, für
%^ jedoch nicht. Die zugehörigen Gruppen SSd sind resp.
S5/, SS/^ und 95/*. Es ergeben sich demnach mittelst der
Operation @<<(r) noch drei nisue Gruppen %d, sie mögen durch
2:d*-{3:\(S.(r)}, %j^{%\Qa{t)]r 3:d«-{a:^@d(T)}
bezeichnet werden. Für keine von ihnen existirt eine eigent-
liche Symmetrieebene. Die Hauptaxen werden, wie S. 49(3
gezeigt ist, zum Theil vierzählige Axen zweiter Art. Wir
erhalten also den Satz:
Lehrsatz ni. Es giebt sechs Baumgruppen von der Sym-
metrie der hemimorphen Hemiedrie des regtdären Systems. Zwei
derselben enthalüff Fe als Translationsgruppe , sswei andere Fe
und die beiden übrigen Fe'.
§ ö. Die enantioniiorphe Hemiedrie. Die Punktgrnppe,
welche die Symmetrie dieser Hemiedrie characterisirt, ist die
Octaedergruppe 0 mit den Drehungen (vgl. S. 70)
I, »^ 95'^ 95"^ U', U", »,. »*
a, «', 31", «'", Sß\ SB", 58', »'»
%\ w\ a"^ a'"^ SB', SB", ö", ^"'\
— 542 —
Sie kann; wie S. 209 bewiesen wurde^ durch Multiplication
der Tetraedergruppe T mit der Umklappung U' gebildet
werden. Die Axe u' halbirt den Winkel zweier zweizähligen
Axen der Tetraedergruppe T und steht auf der dritten zwei-
zähligen Axe sowie auf zweien von den dreizähligen Axen
senkrecht Mit den letzteren bestimmt sie je eine Gruppe 2)$,
mit der Vierergruppe V dagegen eine Gruppe D^,
Die zu 0 isomorphen Baumgruppen können durch Mul-
tiplication einer Tetraedergruppe % mit einer zu U^ isomorphen
Operation U gebildet werden. Nacb Cap. VI, Satz XIX muss
dieselbe einerseits für die Axen der in % enthaltenen Unter-
gruppe SS, andrerseits fQr eine der vier Schaaren paralleler
dreizähliger Axen eine Deckoperation sein. Jede Schaar pa-
ralleler dreizähliger Axen bildet, wie wir oben sahen, eine
Gruppe (^3^; mit ihr bestimmt daher die erzeugende Operation 11
in allen Fällen eine Gruppe ^^. Eine andere Gruppe S),,
welche ^ als Untergruppe enthält, existirt nämlich nicht
Um die Begriffe zu fixiren, fassen wir (Fig. 64, S. 536)
diejenige Axenschaar in's Auge, welcher die Eörperdiagonale a
des Würfels p angehört Aus ihr ergiebt sich die bezügliche
Gruppe S)s^ mittelst einer Umklappung, deren Axe u auf a
senkrecht steht Da diese Axe gleichzeitig parallel zur Axe u
der Punktgruppe liegt, so hat sie die Richtung derjenigen
Flächendiagonale des Würfels j>, welche der Grundfläche von p
parallel läuft. Um daher alle Bautngrujppen D 0u construireny
haben toir alle Axen u der genannten Richtung zu suchen, welche
Symnietrieaxen für das Axensystem der in den Gruppen % ent-
haltenen Gruppen SJ sind.^) Jede von ihnen liefert eine er-
zeugende Operation für eine Gruppe O, wobei natürlich die
Identität oder Verschiedenheit der Gruppen nach Gap. VI, § 14
zu entscheiden ist. Ein Kriterium hierfür besteht auch darin,
ob die Gruppe S)^^ beide erzeugenden Axen u gleichzeitig enir
hält, oder nicht
Die Lage der Axen ist von der Natur der bezüglichen
Gruppe S)^, welche ü mit der Untergruppe SB bestimmt, ab-
1) Fig. 64 enthält zwei verschiedene derartige Axen.
^ 543 -
hängig. Da die Axen der Gruppen S)^ oben angegeben sind^
so ist damit auch die Azenvertheilang der bezüglichen
Gruppe £) hinreichend gekennzeichnet
Die auf a senkrechte Axe u entspricht stets und nur
dann einer Deckoperation des Würfels p resp. der Gruppe %,
wenn sie durch die Mitte M oder durch die Ecke A des
Würfels p geht. Es ist nur zu prüfen, ob die bezüglichen
Gruppen identisch sind oder nicht. Dies hängt davon ab; ob
die Würfeldiagonale, in welche die Axe a fallt, nach Länge
und Richtung eine Translation der Gruppe ist. Ist dies der
Fall, so ist das Product beider Umklappungen eine Trans-
lation der Gruppe, die Gruppen sind also identisch; wenn
nicht, so sind die Gruppen verschieden.
Für die Gruppe %^ ist die Diagonale keine Translation,
da die Translationsgruppe F« ist. Wir erhalten daher zwei
Gruppen, die wir durch
£)i«{Ji, U} und D*={3:\U«)
bezeichnen. Die Gruppe S)^ ist für die erstere die Gruppe 3)^^,
f&r die letztere die Gruppe S)^^ Dies ist daher ersichtlich ,
dass bei der Gruppe O^ die Axe u mit den Axen der Vierer-
gruppe 9S^ in derselben Ebene liegt, bei der Gruppe D* aber
nicht. Für O^ sind daher alle vierzähligen Axen Drehungs-
axen, für D^ dagegen Schraubenaxen mit der Translations-
componente r«.
Für %^ ist Fe die Translationsgrnppe, also ist erst die
vierfache Diagonale von p eine Translation« Es ergeben sich
demnach auch aus %^ zwei verschiedene Gruppen, nämlich
O' = {Z\ U} und D* «= [%\ U^}.
Im Punkt Ä des Würfels p schneiden sich drei einander
senkrechte zweizählige Axen, welche für O, von der Axe u
getroffen werden. Die Gruppe D* enthält daher S)/ als Unter-
gruppe; ihre vierzähligen Axen sind theils Drehungsaxen,
theils Schraubenaxen mit der Translationscomponente r^.
Die ersteren gehen durch A, die letzteren dagegen durch A',
Die Gruppe D* enthält demgemäss S)^^^ als Untergruppe, in
ihr kommen daher vierzählige Schraubenaxen von zweierlei
— 546 -
^2^ a'^, «"«, Sl'"«, 838' SB", SB", 58"*
©, »«©, 85'^®, S"«©, U'@, ü"@, S@, S9'@
si@, r@, r'©, si"'©, s'©, SB"©, »'©, »"©
r©, a'*©, r-«©, «'"''©, SB'©, 38"©, »"©, S9"*©.
Sie ist durch Multiplication der Gruppe 0 mit der Spie-
gelung © gebildet Sie besitzt drei einander senkrechte durch
die vierzähligen Hauptaxen gehende Sjmmetrieebenen, sowie
sechs andere Symnietrieebenen, welche je zwei dreizählige Axen
enthalten. Ueberdies besitzt sie ein Sjmmetriecentrum, und
kann demnach auch durch Multiplication der Gruppe 0 mit
einer Inversion erzeugt werden.
Die zu 0^ isomorphen Raumgruppen Ca lassen sich,
dem Fundamentaltheorem gemäss, durch Multiplication einer
Gruppe JD mit einer Inversion 3 aufstellen, vorausgesetzt, dass
dieselbe eine Deckoperation des gesammten Axensjstems der
Gruppe D ist. Nun lässt sich jede Gruppe O durch Multi-
plication einer Gruppe % mit einer zweizähligen Drehungs-
axe u erzeugen; nach Satz XIX von Cap. YI hat demgemäss
das erzeugende Symmetriecentrum die nothwendige und hinreichende
Bedingung zu erfüllen^ dass es mit % eine Gruppe %h bildet
und gleichzeitig eine Deckoperation für die zu u parallelen Axen
abgieht Der ersten Bedingung zufolge muss das Symmetrie-
centrum in der Ecke A oder in der Mitte M von p liegen;
der zweiten Bedingung wird genügfc, wenn es entweder in eine
Axe u oder in die Mitte zwischen zwei parallele Drehungs-
axen u fallt.
Für die Punktgruppe 0* bildet das Symmetriecentrum
mit jeder in 0 enthaltenen Gruppe D^ eine Gruppe D/. Für
die Raumgruppen Dh bestimmt es daher mit den in ihnen
enthaltenen Gruppen 3)^ je eine Gruppe S)*,*. Diese Gruppe
soll zur Kennzeichnung aller Symmetrieelemente von Da jedes-
mal angegeben werden.
Die Gruppe D^ enthält die Gruppen %^ resp. S)^^ Die
Gruppe %^ lässt sowohl die Ecke Ä als die Mitte M von p
als Symmetriecentrum zu, und beide zugehörigen Gruppen %k
sind verschieden. Dasselbe gilt von den Gruppen 2)4,«. Die
- 547 —
bezüglichen Untergruppen sind im ersten Fall %k^ und ^4,a^
An den Ecken Ä und Ä' des Würfels p treten alle diejenigen
Symmetrieebenen auf, welche auch der Punktgruppe 0* eigen-
thümlicb* sind. Dem entspricht eine Gruppe, die wir durch
bezeichnen wollen.
Fällt das Sjmmetriecentrum in die Mitte M von p, so
entstehen die Gruppen %k^ und S)4,a*. In die Mitte jedes
Würfels p fällt ein Sjmmetriecentrum, dagegen tritt eine
eigentliche Symmetrieebene gemäss den Eigenschaften dieser
Gruppen nicht auf. Die zugehörige Gruppe sei
Die Gruppe D^ enthält als Untergruppen die Gruppen %^
und S)/, es lassen sich daher aus O^ ebenfalls zwei Gruppen Dh
ableiten. Die zugehörigen Untergruppen sind %h^ und X*^
resp. S)4,A^ und S)4,ä^*. Fällt das Symmetriecentrum in die
Ecke Ä von py so treten in den Ecken A und A\ wie die
Gruppe Zh" zeigt, drei einander senkrechte Symmetrieebenen
auf, wenn dagegen die Mitte M von p das Symmetriecentrum
abgiebt, so ist, wie die Gruppe S)4,a^* erkennen lässt, jede
Diagonalebene von p eine Symmetrieebene. Die bezüglichen
Gruppen bezeichnen wir demgemäss durch
'£)»»=={£)% 3} = {€*, ©»} und
Für die Gruppe D' sind %^ und 3)/ die bezüglichen
Untergruppen. Aus der Gruppe %^ entstehen durch Multipli-
cation mit dem Symmetriecentrum die Gruppen %k^ und 2^*;
und zwar fallt das erzeugende Symmetriecentrum für %h^ in
die Ecke A, für SCa* dagegen in die Mitte M von p. Nun
bildet aber die Diagonale a des Würfels p (Fig. 57, S. 442)
in diesem Fall nur den' vierten Theil einer Translation der
Gruppe; daher geht nur durch A eine zweizählige Axe u
durch A' dagegen nicht. Für O^ entsprechen daher nur die
in A resp. A' fallenden Symmetriecentra einer Deckoperation
des genannten Axensystems. Nun sind aber die durch A
85*
- 548 —
und A' gehenden Axeü der Gruppe D^ verschiedenartig, denn
durch A gehen (vgl. S. 516 und 543) vierzählige Drehungs-
axen, durch A' dagegen Schraubenaxen mit der Componente r«.
Es ergeben sich daher auch verschiedene Gruppeu Da, je
nachdem das Symmetriecentrum in A oder A' fallt Die-
selben haben ®4,a" und 2)4,**® zu Untergruppen. Für die
erstere sind in A alle diejenigen Symmetrieelemente vor-
handen, welche der Punktgruppe 0* angehören, für die zweite
gehen durch A! drei zu einander senkrechte Symmetrieebenen.
Wir bezeichnen die Gruppen durch
D.«={D«, 3'} = {0», @m).
Die Gruppe D* enthält neben H} die Gruppe S)^^^ als
Untergruppe. Die Diagonale a wird nur in den Mitten der
Würfel f von zweizahligen Axen u geschnitten , und zwar
ist der Abstand zweier Schnittpunkte Xx-\' Xy'\-Xt^=^2AA' \
daher fallt nicht in jeden Würfel p eine zu u parallele Axe.
Ist (Fig. 64) M. ein Punkt, durch den eine Axe u hindurch-
geht, so geht durch M! keine Axe. Es geben daher die
Punkte M und M! Symmetriecentra des gesammten Axen-
systems ab, die Ecken von p jedoch nicht. Da M und JIT
verschiedene Lage zum Axensystem haben und überdies nicht
0iigleich in den bezüglichen Gruppen Oa als Symmetriecentra
vorkommen, so entstehen auf diese Weise zwei Gruppen D*;
sie enthalten S)^.*** und 2)4.**° als Untergruppen. Wir be-
zeichnen sie durch
D*« = {D*, 3m.}.
Die erstere enthält die drei durch die Diagonale a gehenden
Ebenen 0d als Symmetrieebenen.
Die Gruppe O^ enthält die Untergruppen I* und S)^^
Jede von ihnen lässt zwar beide Lagen des Symmetriecentrums
zu, es ergiebt sich aber dadurch nur je eine Gruppe, nämlich
%h^ und £4,A*^- Da das erzeugende Symmetriecentrum in die
Ecke von p fallen kann, so treten in jeder von der Axe a
- 549 —
getroflFenen Ecke alle Symmetrieebenen der Punktgruppe 0*
auf. Wir bezeichnen die zugehörige Raumgruppe durch
Die letzte Gruppe, welche eine Gruppe Oh liefert, ist D\
Sie enthält die Gruppen %^ und S)^^® als Untergruppen. Aus
der Gruppe %^ ergiebt sich nur eine Gruppe %h, nämlich 3^*^;
sie enthält gleichzeitig beide Sjmmetriecentra. Beide Lagen
des Symmetriecentrums führen daher auf dieselbe Gruppe.
Die Untergruppe S)4,a ist die Gruppe ^4,**°. Eigentliche
Symmetrieebenen können nicht auftreten, da sie weder in %fj
noch in ^^h^ vorkommen. Wir bezeichnen die so definirte
Gruppe durch
0*"={D«, 3}.
Hiermit sind sämmtliche Gruppen Oh abgeleitet Aus
den Gruppen D^ und O^ lassen sich nämlich derartige Gruppen
nicht erzeugen, da jede von ihnen nur Schraubenaxen von
einerlei Windungssinn besitzt, und dies gegen die im Satz XXII
von Cap. VI ausgesprochene Bedingung verstosst Wir erhalten
daher schliesslich:
Lehrsatz V. Es giebt gehn Baumgruppen, u^lche die Sym-
metrie der Holoedrie des regulären Systems besitzen. Vier von
ihnen enthalten die Translationsgruppe Fe, vier die Gruppe Fo
und mvei die Gruppe Fc\
§ 7. Die Coordinaten der gleiohwerthigen Fxmkte. Um
das Fundamentalsystem der gleichwerthigen Punkte zu er-
mitteln, legen wir dasselbe Coordinatensystem zu Grunde,
welches wir für die Vierergruppen benutzt haben; der Anfangs-
punkt fallt in die Ecke Ä des Würfels p. Es stimmt mit dem im
ersten Abschnitt S. 223 benutzten Coordinatensystem überein.
Die dort für die Holoedrie des regulären Systems gefundenen
Coordinatenwerthe ordnen wir folgendermassen an:
I) xygj xy0, xyz, xyz II) yxZy yxz, yxz, yxz
zxy, zxy, zxy, zxy xzy, xzy, xzy, xzy
yzx, yzxy yzx, yzx zyx, zyx, zyx, zyx
— 550 —
III) xy0y xye, xyz^ xyz IV) yxZy yxz, yxz, yxz
zxy, zxy, zxy, zxy xzy, xzy^ xzy^ xzy
4fzx^ yzx, yzx, yzx zyx, zyx, zyx], zyx
und zwar giebt I allein die Coordinaten der Tetartoedrie,
I und II diejenigen der enantiomorphen Hemiedrie, I und III
diejenigen der paramorphen Hemiedrie, endlich I und IV die
der hemimorphen Hemiedrie. Die erste Zeile von I liefert
diejenigen Punkte^ welche aus xyz durch die Operationen der
Gruppe V entstehen; aus ihnen gehen die Punkte der zweiten
und dritten Zeile (S. 213) durch die Drehungen Sl und Sl* her-
vor. Die Punkte von 11 entstehen aus I durch die ümklappung
U; welche die Richtung der erzeugenden Axe der Gruppen O
beMtzt; also (S. 213) xyz in yxz überführt. Endlich entsteht
in und IV aus I und II durch die Inversion 3.
Jede Gruppe 3^ entsteht durch Multiplication einer Gruppe 95
mit der Drehung 81, welche dieselbe Lage zum Coordinaten-
system hat, wie für die Punktgruppe T] daher können durch
sie neue Translationscomponenten nicht verursacht werden.
Um diejenigen zu bestimmen, welche aus den Punkten der
ersten Zeile stammen, ist zu beachten, dass die Drehung S(
die Translationen tx, ty^ t, cyclisch in einander überführt.
Da für die Gruppen SS\ SS', SS® die Coordinatenwerthe
des Fundamentalsystems mit denen der Punktgruppe V über-
einstimmen, so folgt, dass dies auch für die Gruppen 2^3^^ 2'
der Fall ist. Diese Gruppen entstehen also aus T durch Mul-
tiplication mit den Translationsgruppen fc; -T/, ^c'.
Wir brauchen daher die Translationscomponenten nur für
%^ und %^ anzugeben. Gemäss dem vorstehenden erhalten wir
0,
r, + «y,
Xy + x„
i:z + rx
0,
Xy + x„
r. + r«,
tx + Xy
0,
r, + r„
^« + «y,
Xy + X.
0,
^',
^x,
Xy
0,
««,
Xy,
X,
0,
^»,
^n
tx
Die Coordinatenwerthe der Gruppe T* werden durch I)
und III) der Tabelle dargestellt. Fällt das erzeugende Sym-
- 551 —
metriecentrum d^r Gruppe %k in die Ecke Ä des Würfels p,
so treten neue Translationscomponenten nicht auf. Dies ge-
schieht nur, wenn es in der Mitte von p liegt; die Zusatz-
translation ist immer die Würfeldiagonale a von p^ deren
Länge für %^
2tr = rx + tTy + i^*/)
für %* dagegen
ist. Im übrigen führt die Inversion jede der drei Translationen
in die entgegengesetzte über; da nun in den Tabellen für I*
und X^ nur halbe Translationen auftreten, so sind die be-
züglichen reducirten Werthe mit den ursprünglichen identisch.
Die Gruppen %h\ 3^**, %h^ sind diejenigen, deren Funda-
mentalsystem von allen Translationscomponenten frei ist; sie
entstehen durch Multiplication der Gruppe T* mit Tc, f/, r*c".
Für die Gruppen Zi,^, %h\ Z^^ und %^'^ erhalten die
Translationscomponenten der oben in II_ auftretenden Coordi- HU
naten folgende Werthe:
2»*:
2rr,
2rr,
2Xr,
2Xr
2Xr,
2r„
2Tr,
2Xr
2r.,
2r.,
2Xr,
2Xr
%H*:
Tr,
■^n
«r,
Xr
Xr,
^o
■^r,
tr
l^r,
^n
^r,
.«/•
%.':
0,
r, + ry,
«» + f=,
r, + T,
0,
ty + %„
t. + Tx,
Tx + ty
0,
^» + ■'x,
^x + ■'y,
ty + r.
a;*':
0,
^>,
«X,
Ty
0,
^',
*».
^s
0,
Xy,
^',
tx
Da die Gruppen 3;^^, %d\ %/ im Anfangspunkt Ä die-
selben Symmetrieelemente aufweisen, wie die Gruppe J^, so
1) Die Bezeichnung stimmt mit der auf S. 294 eingeführten überein.
Uebrigens ist 2xr keine Translation der Gruppe %^ oder X'.
— 552 —
ist das Fundamentalsystem ihrer gleichwerthigen Punkte von
allen Translationscomponenten frei; diese Gruppen ergeben
sich daher durch Multiplication der Punktgruppe T*^ mit den
Translationsgruppen Fo, Fo, Fo'. Dagegen treten für die
mit @<i('r) abgeleiteten Gruppen neue Translationscomponenten
auf, nämlich för XJ' und S/ die Translation (S. 541)
2Xr = tTaj + ty + r,
für %d dagegen die Translation
Tr = i(r:, + ry + r,).
Beachten wir schliesslich, dass die erzeugende Spiegelung ®d
die in den Coordinatenwerthen der Tabelle I auftretenden
Translationen Xx und ty vertauscht und t, unverändert lässt,
so ergeben sich zu den Coordinatenwerthen der Tabelle IV
folgende Translationscomponenten:
%i*' und %i\
2tr,
2Xr,
2tr,
2Xr
2Xr,
2Xr,
2Xr,
2Xr
2tr,
2rr,
2tr,
2Xr
%/:
■'r,
rr",
tr",
x;
tr,
r;\
<\
tr,
<,
r'"
Xr ,
r",
WO r/, Tr\ Xr" die auf S. 294 angegebenen Werthe haben.
Geht die erzeugende Axe u der Gruppen O durch die
Ecke A von j), d. h^ durch den Anfangspunkt des Coordinaten-
Systems, so werden durch sie neue Translationscomponenten
nicht verursacht. Daraus folgt bereits, dass die Fundamental-
systeme der Gruppen D\ D®, D^ keinerlei Translationscom-
ponente enthalten. Diese Gruppen können daher durch Mul-
tiplication der Punktgruppe 0 mit den Translationsgruppen
fc, -T/; Fe gebildet werden. Geht dagegen die Axe u nicht
durch A^ so ist sie durch eine Axe w, welche durch A geht,
und eine Translation gleich der ganzen oder halben Würfel-
diagonale zu ersetzen; dieselbe ist für D^ gleich 2rr, für D*,
D* und D® gleich r^, endlich für D^ gleich 3rr. Femer ist
zu bemerken, dass die ümklappung u die in der Tabelle I
enthaltenen Translationen x» und Xy mit einander vertauscht
- 553 —
und Ta umkehrt. Das letztere hat aber denselben Effect, als
ob r« ungeändert bleibt, folglich erhalten wir folgende Werthe
der Translationscomponenten für die Coordinatentripel der
Gruppen O.
2Zry ^Try ^"^ry ^Ty
Jtry ^^ry ^"^rt ^'^r
'^ry '^ry '^r;
Auch diese Coordinatenwerthe lassen erkennen, dass sich D^
und O^ nur durch den Windungssinn der Schraubenaxen
unterscheiden.
Die zu den Gruppen Da^, D^* und Da^ gehörigen Funda-
mentalsysteme enthalten keinerlei Translationscomponente, und
können daher durch Multiplication der Punktgruppe 0^ mit
Fcy Fcy Fe' erzeugt werden. Für die übrigen Gruppen sind
diejenigen Translationscomponenten, welche den Coordinaten-
werthen von I und II der Tabelle entsprechen, eben abgeleitet
worden; es brauchen daher nur noch diejenigen angegeben zu
werden, welche zu den Coordinaten von III und IV gehören.
Neue Translationscomponenten treten nur auf, wenn das er-
zeugende Symmetriecentrum nicht im Anfangspunkt des Coor-
dinatensystems liegt, d. h. für die Gruppen Da*, Da*; Da*, Da'
— 554 —
und Oa^ Für die ersten drei Gruppen lässt sich die bezfig-
liche Inversion durch Inversion gegen den Anfangspunkt A
und die Translation 2rr ersetzen; fQr Dy^ ist die bezügliche
Translationscomponente rr, für D/,® endlich 3rr. Die Inversion
ändert das Vorzeichen von Xr. r/, r/', t/". Wir erhalten
Tf f'T f
Da*:
D/:
^try ^trj ^try ^^r)
2tr, 2tr, 2tr, 2r,;
2xr, 2Tr, 2tr, 2r,;
0, 0, 0, 0
0, 0, 0, 0
0, 0, 0, 0
/T,., ^Tfj ^try
2rr. 2rr, 2i
«T,
2r„
2r,, 2r,,
2r,, 2i:,,
2r„ 2r„
2r,
'•;
Da«:
•t; «Tj »t;
UT;-; OXry ÖXf
2Xr
2Xr
2Xr
2Xr, 2Xr
2Xr, 2Xr
2Xr, 2Xr
Xry Xr^
•fr-,
öXfj öXfj OXfj öXfl
Da»»: 0,
0,
0,
^Xy
^y)
"VJ
«'J/J
x^:
2Xry 2Xry ^Xry 2Xr
^Xry ^Xry ^Xfp aXf
2Xry 2Xry 2Xry 2Xr
2Xr
2Xr
2Xr
0
0
0
2Xr
2Xry 2Xry 2Xr
Ä Xf j £ Xf y Ä T|
u Xf , ^ Xf . ^Xi
ry
ry
0,
0,
0,
0,
0,
0,
0.
0,
0.
2Xry 2Xry 2Xr
2Xry 2Xry 2Xry 2Xr
2Xry 2Xry 2Xry 2Xr
0,
0,
0,
0,
0,
0,
0,
0,
0,
0
0
0
2Xry 2Xry 2Xry aXf
2Xry 2Xry 2Xry 2Xr
2Xry 2Xry 2try 2Xr
^rj Xf ^ Xr 9 Xi
^r y
^ry
Xr'y
r
///
Die Gruppen Oh, Da^ und D*^ sind diejenigen, welche die Ge-
sammtsymmetrie der durch Pej Fay F/' bestimmten BaumgiUer
characterisiren.
§ 8. Tabelle aller Banmgmppen. Die folgende Tabelle
giebt die Zahl der einer jeden Erystallclasse entsprechenden
Raumgruppen nebst der zugehörigen Translationsgruppe an.
Wir ordnen die Gruppen nach den Krystallsystemen.
— 565 —
Triklines System. F«.
Äj. Holoedrie. 1
C^, Hemiedrie. 1
Monoklines System. F,«, F,,/ .
Ci*. Holoedrie. 4 2
S. Hemiedrie. 2 2
Cj. Hemimorphie. 2 1
Rhombisches System. A, T/, F/', F/
F\ Holoedrie. 16 6 2 4
F. Hemiedrie. 4 2 12
C/. Hemimorphie. 10 7 2 3
Bhomboedrisohes System. Frh, F^.
Ds^. Holoedrie. 2 4
Dj). Enautiomorphe Hemiedrie. 1 6
Gj*. Hemimorphe Hemiedrie. 2 4
Cy. Paramorphe Hemiedrie. 1 1
Cj. Tetari;oedrie. 1 3
Tetragonales System. Fg, F/.
D/. Holoedrie. 16 4
Z)^. Enautiomorphe Hemiedrie. 8 2
(74*. Hemimorphe Hemiedrie. 8 4
(7^*. Paramorphe Hemiedrie. 4 2
C4. Tetartoedrie. 4 2
iS4^ Hemiedrie mit Axe zweiter Art. 8 4
^4. Tetartoedrie mit Axe zweiter Art. 1 1
Hexagonales System. Fa.
DqK Holoedrie. 4
Dg. Enantiomorphe Hemiedrie. 6
Cß^, Hemimorphe Hemiedrie. 4
(7g*. Paramorphe Hemiedrie., 2
Cß. Tetartoedrie. 6
7)3*. Hemiedrie mit dreizähliger Axe. 4
C^\ Tetartoedrie mit dreizähliger Axe. 1
- 556 -
Beguläres System.
n,
r'
r/'.
0*.
Holoedrie.
4
4
2
0.
T*.
Enantiomorphe Hemiedrie.
Hemimorphe Hemiedrie.
Paramorphe Hemiedrie.
Tetartoedrie.
4
2
3
2
2
2
2
1
2
2
2
2
Wir schliessen mit folgendem
Hanptsatz. Es giebt im Garusen 230 krystcUlographisch ver-
wendbare Raumgruppen.
Die Systematik der Tabelle schliesst sich in natürlicher
Weise an die Symmetrieverhältnisse der Baumgitter an. Für
die einzelnen Systeme treten im Allgemeinen diejenigen Trans-
lationsgruppen als characteristisch auf, welche die Symmetrie
der holoedrischen Abtheilung besitzen. Nur die Erystallclassen
mit dreizähliger und sechszah liger Hauptaxe zeigen wiederum
eine Ausnahme. Ihnen kommen zwei Translationsgruppen von
verschiedenem Symmetriecharacter zu, nämlich A und Frh'
Die letztere Gruppe erscheint der Natur der Sache nach aller-
dings nur bei solchen Erystallclassen, welche eine dreizählige
Hauptaxe besitzen, dagegen kann die Gruppe Ja sowohl bei
dreizähliger als bei sechszähliger Hauptaxe auftreten. Eine
Scheidung aller Classen des rhomboedrischen und hexagonalen
Systems in der Weise, dass für jedes System eine Trans-
lationsgruppe bestimmter Symmetrie auftritt, ist daher aus-
geschlossen.
Dieser umstand beweist von neuem die im ersten Ab-
schnitt S. 138 ausgesprochene Thatsache, dass sich die
Systematik aller Erystalle in wechselnder Gestalt aufstellen
lässt. Eeine Eintheilung hat einen absolut zwingenden Cha-
racter; doch zeigt die vorstehende Tabelle, dass sich vom
Standpunkt der Structurtheorie aus diejenige Systematik am
meisten empfiehlt, welche sich practisch an der Hand der
Erfahrung ausgebildet hat;*es ist diejenige, die in Cap. VI, 24
des ersten Abschnittes enthalten ist. Ob man das rhombo-
edrische System, wie a. a. 0. geschehen, als ünterabtheilung
des hexagonalen betrachten will, ist dabei ziemlich unerheblich.
— 557 -
Bei dieser Gelegenheit möge noch auf die mehrfach er-
wähnte Thatsache hingewiesen werden , dass innerhalb des
rhomboedrischen Krystallsystems die Translationsgruppe F«
zwei verschiedene Lagen zu den zweizähligen Axen haben
kann. Angenscheinlich entspricht dieser umstand den zwei
verschiedenen Arten von Flächenausbildungen , die bei den
bezüglichen Erystallformen auftreten und theoretisch als Pris-
men und Pyramiden erster resp. zweiter Stellung unterschieden
werden^). Diese und ähnliche Differenzen in der Lage der
Translationsrichtungen zu den Axenrichtungen hat L. Wulff
benutzt^ um darauf die Aufstellung verschiedener Hemiedrieen
gleicher Symmetrie zu basiren^). Sollte es sich übrigens em-
pfehlen, neben der Eintheilung nach der Symmetrie für jede
Erystallclasse soweit möglich noch weitere ünterabtheilungen
allgemeinerer Art au&ustellen, so würde sich hierzu allerdings
die Sonderung der Baumgruppen nach der iu ihnen ent-
haltenen Translationsgruppe am besten eignen.
1) Aoaloge Verhältnisse treten auch im tetragonalen System anf,
vgl. S. 499 und 601.
2) Ueber die Hemiedrieen nnd Tetartoedrieen der Krystallsysteme,
Zeitschr. f. Krystallogr. Bd. 13, S. 474 ff.
Dreizehntes Gapitel.
Die regelmässigen Holekelbanfen.
§ 1. Die regnläre Banmtheilimg. um die Eigenschaften
der regelmässigen Molekelhaufen möglichst einfach zu über-
blicken, ist es zweckmässig, einen neuen geometrischen Be-
griff einzuführen, nämlich denjenigen der regulären Raum-
theilung. Um die Bedeutung desselben darzulegen, wollen wir
von irgend einem Raumgitter ausgehen. Das Raumgitter zer-
legt den ganzen unendlichen Raum in lauter congruente
Parallelepipeda. Diese Parallelepipeda haben eine ganz eigen-
artige Lage zu einander; jedes von ihnen ist nämlich von der
Gesammtheit aller übrigen auf die gleiche Weise umgeben.
In der That, in welches Parallelepipedon wir auch eintreten,
wir erhalten von ihrer Lage und Anordnung im Raum stets
das gleiche Bild.
Die Raumgitter repräsentiren den einfachsten Fall einer
solchen Zerlegung des gesammten unendlichen Raumes in
lauter gleiche Bereiche, bei welcher jeder Bereich von der
Gesammtheit der übrigen auf gleiche Art umgeben ist Eine
derartige Zerlegung des Raumes heisst eine reguläre Baum'
theilung, Ihr geometrischer Character entspricht genau dem-
jenigen, durch welchen die regelmässigen Punktsysteme und
die regelmässigen Molekelhaufen ausgezeichnet sind; der Zu-
sammenhang dieser geometrischen Gebilde, sowie die Nützlich-
keit der Einführung der regulären Raumtheilung ist hieraus
leicht zu erkennen.
Bei der Erörterung der regelmässigen Punktsysteme und
Molekelhaufen haben wir von vornherein angenommen, dass
die Gleichartigkeit der Anordnung sowohl die Eigenthümlich-
— 559 —
keit congruenter, als auch spiegelbildlich gleicher Gegenstände
zeigen kann. Denselben Standpunkt nehmen wir in Folge
dessen auch in Bezug auf reguläre Raumtheilungen ein. Wir
setzen also voraus^ dass die Bereiche nicht sämmtlich con-
grnent zu sein brauchen, sondern dass ausser den congruenten
auch solche auftreten, die ihnen spiegelbildb'ch gleich sind,
und dass ebenso die verschiedenen Anordnungen aMer Bereiche
um jeden einzelnen sowohl congruente Bilder liefern können^
als auch solche, die sich wie Körper und Spiegelbild ver-
halten, wobei natürlich die Frage, ob derartige Raumtheilungen
der einen und der andern Art überhaupt existiren, zunächst
ofiPen bleiben muss. Der Nachweis ihrer Existenz wird in § 8
geführt werden.
Wir sprechen den Inhalt der vorstehenden Bemerkungen
folgendermassen aus:
Unter einer regulären Raumtheilung verstehen wir eine
solche Zerlegung des Baumes in lauter gleicJie Bereiche, bei
welcher jeder Bereich von der Gesammtheit aUer übrigen auf
gleiche Art umgeben ist
Man pflegt die einzelnen Bereiche auch Fundamental'
bereiche zu nennen, wir bezeichnen sie durch % 9?^, 9^2; .. .
§ 2. Es liegt nahe, die Frage in's Auge zu fassen, ob
resp. wie die reguläre Raumtheilung mit den Raumgruppen
zusammenhängt. In dem Fall des Raumgitters liegt die Ant-
wort auf der Hand. Das Raumgitter geht nämlich durch un-
endlich viele Translationen in sich über, die eine Raumgruppe
bilden. Ist nun 2r eine von ihnen, so muss sie mit dem
Raumgitter a^ch die sämmtlichen Parallelepipeda zur Deckung
bringen, und umgekehrt.
Analog sind die Beziehungen in jedem andern Fall. Es
bedarf nur weniger Ueberlegungen, um zu demjenigen Haupt-
satz zu gelangen, welcher diese Behauptung rechtfertigt. Sind
nämlich 84 und Sk irgend zwei congruente Bereiche der Raum-
theilung, so giebt es sicher eine Bewegung, welche Si auf St
fallen lässt; ebenso giebt es, wenn die Bereiche Si und St
spiegelbildlich gleich sind, eine Operation zweiter Art^ welche
8i in Sjt überfährt. Wenn wir nun die in der Definition
— 560 —
vorausgesetzte Gleichheit der Anordnung um Si und St in
bestimmterer Weise dahin pracisiren, dass die Anordnungen
den Character der Gongruenz besitzen, wenn Si und Sk selbst
congruent sind^ dass sie hingegen , wenn S{ und Sk spiegel-
bildlich gleich sind, ebenfalls in dem Yerhältniss stehen, wie
spiegelbildlich gljBiche Figuren, so leuchtet ein, dass sowohl
die Bewegung, als auch die Operation zweiter Art^ welche Si
mit Sk zur Ooincidenz führt, zugleich eine Deckoperation der
gesammten Bereiche ist; sie führt jeden einzelnen Bereich
wieder in einen die Raumtheilung constituirenden Bereich
über. Ferner sind zwei Deckoperationen der Raumtheilung,
wenn sie hinter einander ausgeführt werden, aus den S. 256
angegebenen Gründen stets wieder einer Deckoperation äqui-
Yalent; die Gesammtheit derselben bildet also eine Raum-
gruppe. Also lassen sich folgende Sätze aufstellen:
Lehrsatz L Alle Deckoperationen einer regulären Baum-
theilung bilden eine räumliche Gruppe von Operationen.
Lehrsatz II. Jede reguläre Eaumtheilung geht durch un-
endlich viele Beckoperationen in sich über, welche eine Baum-
gruppe häden. Es gieht stets Deckoperationen, welche zwei hdidng
gewählte Bereiche zur Coincidenz bringen.
Gehört so zu jeder regulären Raumtheilung eine Raum-
gruppe, so fragt sich, ob auch das umgekehrte der Fall ist.
Wir werden zeigen, dass diese Frage zu bejahen ist und dass
in den Sätzen über Raumtheilung und Raumgruppen nur ver-
schiedene Seiten einer und derselben geometrischen Wahrheit
zu Tage treten. Was daher von dem S;mmetriecharacter der
Raumgruppen gilt, gilt in analoger Form auch* von den zu-
gehörigen Raumtheilungen und ihren Fundamentalbereichen,
und umgekehrt. Da nun die Raumtheilungen der Anschauung
zugänglicher sind, als die Raumgruppen, so empfiehlt es sich,
die Entwickelungen über die Symmetrieverhältnisse der Raum-
gruppen und Molekelhaufen möglichst an die Raumtheilungen
anzuschliessen.
§ 3. Reguläre Baumtheilnng tmd regelmässige Punkt-
systeme. Ehe wir zur theoretischen Erörterung der Eigen-
— 561 —
Schäften der regulären Raumtheilungen übergehen, sollen ihre
Beziehungen zu den regelmässigen Punktsystemen kurz skizzirt
werden. Wir knüpfen zu diesem Zweck wieder an das ein-
fachste Beispiel des Raumgitters an. In diesem Fall tritt die
fragliche Beziehung unmittelbar an's Licht, sie kann aber
durch folgende üeberlegungen noch durchsichtiger gemacht
werden. Wir bezeichnen die congruenten Parallelepipeda, von
einem derselben beginnend, in irgend einer Reihenfolge durch
77, 77i, 77,...,
nehmen in 77 einen beliebigen Punkt P an und fixiren in
jedem Parallelepipedon den homolog gelegenen Punkt. Die
so bestimmten Punkte
bilden ein reguläres Punktsystem, und zwar ein Punktsystem
derselben Art, wie es die Ecken des Raumgitters bilden. Ist
nämlich 0 eine Ecke von 77, so geht augenscheinlich, wenn
man dem Raumgitter die Translation OP ertheilt, in jedem
Parallelepipedon /7,- der zu 0 analoge Eckpunkt 0.- in den
Punkt Pi über. Nehmen wir daher die durch das ursprüng-
liche Raumgitter bestimmte parallelepipedische Raumtheilung
als gegeben an, so können wir ein regelmässiges Punktsystem
von der Natur der Gitter dadurch gewinnen, dass in jedem
Parallelepipedon, resp. in jedem Fundamentalbereich ein homo-
loger Punkt fixirt wird. Der Ausgangspunkt P ist beliebig;
durch ihn sind alle andern Punkte bestimmt.
Analoge Verhältnisse bestehen für jede reguläre Raum-
theilung. Es seien in irgend einer Reihenfolge
die Fundamental bereiche der Raumtheilung; wie in § 1 be-
wiesen, giebt es unter ihren Deckoperationen stets eine solche,
welche den Bereich g? in einen beliebigen Bereich g?,- über-
führt. Nehmen wir nun den Punkt P in dem Bereich g? be-
liebig an und fixiren in g?^, (p^ . , . die homolog gelegenen
Punkte Pj, Pg . . ., so erhalten wir unendlich viele Punkte
P, Pj, Pg . . .,
SohoenfUeSf Krystalletructar. 36
— 562 —
welche ein regaläres Punktsystem bilden. Der Beweis ist un-
mittelbar aus der Definition zu entnehmen. Jede Deckoperation
der Raumtheilung führt nämlich nothwendigerweise mit den
Bereichen auch die homologen Punkte der Bereiche in sich
über, also auch die Punkte F^ F^y F^* * • Fällt femer bei
irgend einer Deckopeoration der Bereich q> mit dem Bereich tpi
zusammen, so fallt der Punkt F in den Punkt P^ und da Fi
ein beliebiger Punkt ist, so genügen die Punkte P, P^ , Pj • • •
der Bedingung der Regelmässigkeit. Also folgt:
Lehrsatz in. Für jede reguläre Baumtheilung bilden die
homologen Funkte der Fundamentalbereiche ein regelmässiges
Punktsystem.
Ersetzen wir den beliebig gewählten Punkt P durch
irgend einen andern Punkt des Fundamentalbereichs, so er
zeugt er ebenfalls ein regelmässiges Punktsystem. Beide
Punktsysteme besitzen dieselben Deckoperationen , nämlich
diejenigen, welche auch der Raumtheilung eigenthümlich sind.
Beide sind daher auch mit derselben Symmetrie behaftet.
Der Yortheil der vorstehenden Auffassung besteht darin,
dass wir aus einer als fest angenommenen Raumtheilung
gleichzeitig unendlich viele reguläre Punktsysteme ableiten
können; und zwar ist jedes von ihnen durch Annahme eines
einzigen Punktes vollständig characterisirt. Bei der parallel-
epipedischen Raumtheilung sind alle Punktsysteme, die sich
mit verschiedenen Ausgangspunkten P, Q, i2 . . . bilden lassen,
augenscheinlich einander gleichartig; bei den andern regulären
Raumtheilungen ist dies jedoch nicht mehr der Fall; sind die
Ausgangspunkte P, Q, Jß . . . verschieden, so sind auch die
ihnen entsprechenden regelmässigen Punktsysteme im All-
gemeinen verschieden, sie gestatten aber sämmtlich die näm-
lichen Deckoperationen. Die regulären Raumtheilungen kom-
men daher der Anschauung dadurch wesentlich zu Hilfe, dass
sie gestatten, viele Punktsysteme desselben Symmetriecharac-
ters auf einmal vorzustellen, und demgemäss erkennen lassen,
wie durch die Lage des Ausgangspunktes die Gesammt-
vertheilung aller Punkte auf das mannigfachste verändert
werden kann«
— 563 -
§ 4. üeber die Construction der regelmässigen Punkt-
systeme leiten wir noch einen zweiten Satz ab^ den wir direct
ans ihrer Definition entnehmen. Er wird uns später wichtige
Dienste leisten^ um die Beziehungen der Baumtheilung zu den
Punktsystemen zu kennzeichnen.
Sind, wie bisher,
1) p, p„ p,...
die Punkte eines regulären Punktsystems, so giebt es stets
eine Deckoperatiou, welche P in den beliebig herausgegriffenen
Punkt Fi überführt; ebenso muss umgekehrt jede zulässige
Deckoperation des Punktsystems den Punkt P mit einem
Punkt Pjc des Systems zur Ooincideuz führen. Die Deckope-
rationen des Punktsystems lassen sich daher so anordnen,
dass sie den Punkt P der Reihe nach mit den in 1) ge-
nannten Punkten zusammenfallen lassen. Diese Operationen
bilden eine Raumgruppe F, wir bezeichnen sie der genannten
Reihenfolge entsprechend durch
1, SRi, SR,...
Dies lässt sich nun auch so aussprechen, dass alle Lagen, in
welche der Punkt P durch die Operationen der Gruppe F
übergeht, das reguläre Punktsystem bilden.
Gehen wir umgekehrt von einer beliebigen Raumgruppe F
aus, deren Operationen
1, 9li, 8fl,...
sind, und leiten wir aus einem beliebig angenommenen Punkt P
mittelst derselben der Reihe nach die Punkte
P, Pj, Pj . . .
ab, so folgt ebenfalls, dass diese Punkte ein reguläres Punkt-
system bilden. Ist nämlich SR,- diejenige Operation, welche den
Punkt P nach P,- führt, so muss auch jeder andere Punkt P'
des Punktsystems in Folge der Operation 9l< mit einem System-
punkt zusammenfallen. Um dies zu beweisen, fassen wir die
Operation W der Gruppe F in's Auge, welche P nach P'
gelangen lässt Nun sei W diejenige Operation von F, für
welche
36 •
— 564 —
ist, und P" der Punkt, in welchen P vermittelst der Ope-
ration SR" gelangt, so ist P" gleichzeitig derjenige Punkt, in
welchen P' durch die Operation SR,- übergeht In der That
zeigt die vorstehende Gleichung, dass der üebergang von P
nach P" so bewerkstelligt werden kann, dass man zunächst
P mittelst der Operation 91' nach P' führt und von hier
nach P", und zwar mittelst der Operation SR,-.
Damit ist gezeigt, dass jeder Punkt JP' bei jeder Deck-
operation wieder in einen Systempunkt übergeht, also folgt:
Lehrsatz IV. Alle Lagen, in welche ein beliebiger Punkt P
in Folge aller Operationen einer Batimgmppe F übergeht, bilden
ein regelmässiges Punktsystem, für welches die Operationen von F
Deckoperationen sind.
§ 5. Mit Hilfe des vorstehenden Satzes ist es leicht,
sich eine Vorstellung von der Structur eines regelmässigen
Punktsystems zu verschaffen. Besitzt das Punktsystem eine
Symmetrieebene, so liegen je zwei Punkte symmetrisch zu ihr;
dies bedarf einer besonderen Erörterung nicht. Ist a eine
n-zählige Axe des Punktsystems und P irgend ein Punkt des-
selben, so sind auch diejenigen Punkte vorhanden, welche aus
a durch Drehung um die n-zählige Axe entstehen. Diese
n Punkte bilden ein regelmässiges n-Eck, dessen Mittelpunkt
auf a liegt; die Gesammtheit aller Punkte ordnet sich daher
in lauter regelmässige n-Ecke, deren Ebenen auf der Axe a
senkrecht stehen und deren Mittelpunkte auf a liegen. Ist b
eine m-zählige Schraubenaxe, deren Translationscomponente t
ist, so sind neben P alle diejenigen Punkte vorhanden, welche
aus P durch die bezügliche Schraubenbewegung um b hervor-
gehen. Sie liegen auf einem Rotationscylinder um b als Axe
und bilden eine Schraubenlinie, so dass, wenn die Axe b
m-zählig ist, immer m Punkte einem Schraubengang von der
Höhe mt angehören. Die Projection dieser m Punkte auf eine
zu b senkrechte Ebene bildet ebenfalls ein reguläres m-Eck,
dessen Mittelpunkt auf b liegt. Die Gesammtheit aller System -
punkte gruppirt sich zu lauter solchen Schraubenlinien, die
sämmtlich auf bestimmten Rotationscylindem um b als Axe
liegen und sämmtlich die Ganghöhe mt besitzen. Je näher
— 565 —
ein Systempunkt der Axe b liegt, um so steiler ist daher die
SchraubeDÜnie, welcher er augehort.
Mit diesen Bemerkungen ist aber die Schilderung der
Structur des Systems keineswegs erschöpft. Vielmehr besteht
seine Eigenart darin, dass alles, was wir für die Axen a und
b abgeleitet haben, für jede Drehungsaxe und jede Schrauben-
axe zutriflft, welche der dem Punktsystem zugehörigen Raum-
gruppe r angehört. Für jede Drehungsaxe ordnen sich daher
die sämmtlichen Systempunkte in reguläre Polygone, und für
jede Schraubenaxe stellen sich analoge Schraubenlinien ein
wie oben, und zwar so, dass für jede Drehungsaxe oder
Schraubenaxe andere Punkte des Systems die Polygone resp.
die Schraubenlinien bilden. Bedenkt man, dass die Zahl der
Axen eines regelmässigen Punktsystems in allen Fällen un-
endlich gross ist, und dass überdies die Punktanorduung um
gleichwerthige Axen die nämliche ist, so erhält man einen
Begriff von dem hohen Grad von Regelmässigkeit, welcher
das Punktsystem auszeichnet.
Endlich fügen wir hierzu noch folgende Bemerkung. Ist
a eine n-zählige Drehungsaxe, welche von einer zweizähligen
Drehungsaxe u geschnitten wird, so ist neben jedem regulären
n-Eck, dessen Mittelpunkt auf a liegt,
auch dasjenige vorhanden, welches aus ^«' ^^•
dem ersteren durch Umklappung um ti
entsteht. Die Projection beider n-Ecke
auf eine zu a senkrechte Ebene zeigt
die nebenstehende Figur. Analog ist
ersichtlich, dass, wenn die m-zählige
Schraubenaxe b von einer zweizähligen
Drehungsaxe u geschnitten wird, auf
jedem Rotationscylinder um b zwei
verschiedene Schraubenlinien verlaufen, nämlich ausser der
oben betrachteten auch diejenige, welche durch Umklappung
um u aus ihr entsteht. Die Projectionen beider Schrauben-
linien auf Ebenen senkrecht zu b bilden wieder zwei gegen
einander gedrehte reguläre m-Ecke, wie sie die Figur 67
kenntlich macht.
- 566 —
§ 6. Beziehungeii zwischen Banmtheilnng und Banm-
gmppen. Die in § 1 aufgedeckten Beziehongen der Raum-
theilong zu den Raumgruppen bedürfen einer eingehenderen
Untersuchung. Wir haben den Nachweis zu erbringen, dass
jeder Raumgruppe Raumtheilungen entsprechen , deren Be-
reiche durch die Operationen der Gruppe in einander über-
gehen. Genauer soll die Aufgabe ^ die zunächst zu erledigen
isty folgendermassen präcisirt werden. Es sei F irgend eine
Raumgruppe, und 2 irgend eine ihrer Operationen, die nicht
die Identität ist, so ist die Existenz einer Raumtheilnng 27
zu erweisen, welche bei allen diesen Operationen fi so in sich
übergeht, dass jeder Bereich von Z mit einem andern Be-
reich zusammenfällt. Die Bedingung verlang^ also, dass, ab-
gesehen Ton der Identität, keine Deckoperation von F existirt^
welche einen Bereich in sich selbst überführt. Von einer
RaumiheUung Z und einer Baumgruppe F, die in dem genann-
ten VerMUniss zu einander stehen, sagen wir, sie gehören ßu
einander-^ wir nennen sie im besonderen eine einfache Raum-
theilnng und bezeichnen ihren Bereich als einfachen Funda-
mentalbereich der Gruppe F.
Im Interesse der Anschaulichkeit wollen wir uns zunächst
ein Beispiel einer solchen Raumtheilnng verschaffen. Wir
gehen dazu von der Gruppe
«**-{«(f'Y)^
aus. Dieselbe enthält zweizählige und vierzählige Axen, die
sämmtlich Schraubenaxen sind. Die vierzähligen Axen a und h
bestimmen (Fig. 62, S. 482) in einer Hauptebene je ein quadra-
tisches Axennetz; die zweizähligen Axen c treffen die Mitten
der bezüglichen Quadrate. Die zugehörigen Bewegungen sind
wo, wie gewöhnlich, 2r^ die den Axen parallele Trans-
lation ist
Man zeichne nun (Fig. 68) dasjenige quadratische Netz
der Hauptebene, für welches AG^ und AC^ die Seitenlängen
- 567 -
sind, und errichte über demjenigen Quadrat, dessen Seiten
ACi und AC^ sind, eine Säule von der Hohe 2r«, so bildet
diese Säule den Fundamentalbereieh 9
einer zur Gruppe 64* gehörenden regu- *'
s
B
0
lären Raumtheilung. Die andern Bereiche
ergeben sich folgendermassen. Ueber jedes
Quadrat der Hauptebene stelle man eine
zu 97 congruente Säule, so dass ihre un-
tere Grundfläche die in der Figur ange-
gebene Entfernung von der Zeichnungs-
ebene hat. Die so entstandene Säulenschicht
wird nun der Translation 2ir« unterworfen; dadurch entsteht
eine zweite Schicht über der ersten, und wird die Translation
2t« in positiver und negativer Richtung wiederholt ausgeführt,
80 wird allmählich der ganze Baum mit congruenten quadra-
tischen Säulen erfüllt, welche eine zur Gruppe ©4* gehörige
reguläre Raumtheilung repräsentiren.
Um das letztere nachzuweisen, haben wir zweierlei zu
erhärten, erstens, dass jede Operation von ^^ die sämmtlichen
Säulen zur Deckung bringt, und zweitens, dass es unter ihnen,
abgesehen von der Identität, keine giebt, die eine Säule in
sich überführt, und dazu Deckoperation der Raumtheilung ist
Dies ist leicht auszuführen. Zunächst ist klar, dass jede der
primitiven Translationen der Gruppe ^^ die sämmtlichen
Säulen in sich überführt. Für die Translation 2r« folgt dies
aus der Oonstruction der Säulen, und für die Translationen
2ri = 2J.(7i und 2t2 = 2J.C2 ist es aus der Figur direct
ersichtlich. Da nun die Raumgruppe ^^ gemäss Cap. X, § 3
durch Multiplication der Gruppe Fj mit der Bewegung Ä ent-
steht, so haben wir die Richtigkeit obiger Behauptung nur
noch für eine einzige Schraubenbewegung nachzuweisen. Für
die vier um den Punkt A liegenden Säulen ist unmittelbar
ersichtlich, dass sie durch die Bewegung % zur Deckung ge-
langen; ferner liegen je vier Säulen um jeden Punkt A gleich-
artig herum, und dasselbe gilt von je vier Säulen um die
Punkte JB. Da nun die Bewegung Ä alle Axen a, 6, c unter
einander zur Deckung bringt, so muss dies auch von den
- 568 —
Säulen gelten. Andrerseits ist aber auch evident^ dass es
keine Operation von S^^ giebt, welche eine Säule in sich
selbst überführt; die quadratischen Säulen bilden daher in
der That eine zur Gruppe @4^ gehörige Baumtheilung.
Wir wollen dies Beispiel nicht verlassen, ohne die zu-
gehörigen Punktsysteme in's Auge zu fassen. Wir nehmen
der Einfachheit halber den Ausgangspunkt P in der Netz-
ebene an. Liegt er in der Nähe von A, so liegen alle Punkte
nahe bei den Axen a, und um jede einzelne Axe a herum
befinden sich die sämmtlichen Punkte, welche aus P durch
die bezügliche Schraubenbewegung % hervorgehen, auf einer
Schraubenlinie; dieselbe liegt auf einem Cylinder, dessen
Badius AP ist. Die Punkte des Punktsystems gruppiren sich
aber auch zu Schraubenlinien um die Axen &; für diese
Schraubenlinien ist der Badius des zugehörigen Cy linders BP]
übrigens haben alle Schraubenlinien denselben Windungssinn.
Endlich ist nun leicht ersichtlich, wie sich mit der Lage des
Ausgangspunktes P die Natur der Schraubenlinien, also auch
die Ansicht des Punktsystems ändert, u. s. w.
§ 7. Um ein zweites, noch anschaulicheres Beispiel zu
geben, gehen wir von einem Bravais'schen Würfelgitter aus.
In jedem dieser Würfel W denken wir uns die vier körper-
lichen Diagonalen; zu ihnen fügen wir die drei Ebenen, welche
den Seitenflächen parallel durch die Mitte des Würfels gehen.
Sie theilen den Würfel W in acht kleinere Würfel w, deren
jeder von einer der vier Würfeldiagonalen durchsetzt wird.
Die so bestimmten Geraden bilden das Axensystem der Baum-
gruppe %\ wie die auf S. 536 befindliche Figur 64 erkennen
lässt. Die primitiven Translationen sind nach Länge und
Bichtung gleich den Kanten des Würfels W] die wiederholte
Ausführung dieser Translationen bringt den Würfel W mit
allen andern Würfeln zur Deckung. Die acht Theilwürfel w
gehen durch Umklappung um die durch das Centrum gehen-
den zweizähligen Axen und durch Spiegelung an den von
ihnen bestimmten Ebenen in einander über. Wir legen nun
in einen dieser Theilwürfel durch die ihn durchsetzende Dia-
gonale irgend drei Ebenen, die sich unter dem Winkel von
— 569 —
120^ schneiden und den Würfel w in drei congruente Stücke
theilen, so wird jedes dieser Stücke der Fuudamentalbereich 9
einer Baumtheilung, die zar Gruppe %h^ gehori Um die
Raumtheilung zu erhalten , haben wir die andern Theilwürfel
auf analoge Weise zu zerlegen. Zu diesem Zweck denken wir
uns den Würfel w durch die genannten Drehungen und Spie-
gelungen mit den andern Theilwürfeln zur Coincidenz gebracht
und fügen in diese Würfel diejenigen drei Ebenen ein, in
welche die in dem Ausgangswürfel u) enthaltenen £benen bei
den genannlen Operationen übergehen. Dasselbe führen wir
für jeden der Hauptwürfel aus. Da der Ausgangs würfel W
in diese Würfel durch die Translationen der Gruppe Xk^ über-
geht, so bringen wir die bezüglichen Diagonalebenen in jedem
Würfel in derjenigen Lage an, welche sich bei Ausführung
der zugehörigen Translation einstellt.
Es ist nun zu beweisen, dass die auf diese Weise con-
struirte Raumtheilung zur Gruppe X^^ gehört. In der That
lässt die eben ausgeführte Construction unmittelbar erkennen,
dass erstens alle Hauptwürfel W durch die Translationen der
Gruppe in einander übergehen , und dass zweitens die Opera-
tionen der Punktgruppe T* die 24 Bereiche, in welche der
Ausgangswürfel W zerrällt, und damit auch die Gesammtheit
aller Würfel, resp. aller Bereiche in einander überführen. Da
nun die Gruppe %h^ das Product aus der Translationsgruppe Fe
und der Punktgruppe T* ist (S. 551), so ist damit die Be-
hauptung erwiesen.
Was endlich die Punktsysteme betrilGFfc, welche dieser
Raumtheilung entsprechen, so erkennen wir in ihnen leicht
diejenigen wieder, welche wir oben im Anschluss an die Theorie
der Brayais' sehen Molekelgitter betrachtet haben (S. 323).
Wir lassen diesen ^Beispielen jetzt die allgemeine Er-
örterung der bezüglichen Verhältnisse folgen.
§ 8. Es sei r eine Raumgruppe, und
1, 3*1, 9?2; Sts . . •
seien in irgend einer Reihenfolge ihre Operationen. Wir stellen
uns die Aufgabe, einen Bereich zu construiren, welcher den
— 570 -
Fundamentalbereich der zu F gehörigen Baumtheilung dar-
zustellen geeignet ist Wird ein beliebiger Punkt P des Baumes
den Operationen von F unterworfen, so bilden, wie oben be-
wiesen, die dadurch entstehenden Punkte
-r, -Tj, F^, -tj • • •
ein regelmässiges Punktsystem, welches zur Gruppe F gehört
und bei allen Operationen von F in sich übergeht. Wir wollen
alle diese Punkte als gleichwerthige Punkte des Raumes be-
zeichnen (S. 391). Wird P durch andere Punkte Q, B , . , er-
setzt, so bilden auch die Punkte
Qf Qu Q,> ÖS...
je ein regelmässiges Punktsystem.
Ist P ein beliebig gewählter Punkt, so haben je zwei
Punkte Fi und Pt einen endlichen Abstand von einander.
Eine Ausnahme kann, da alle Operationen yon F yon end-
licher Grösse sind, nur dann eintreten, wenn P bei gewissen
Operationen yon F seinen Platz nicht ändert, d. h. wenn P
auf einer Drehungsaxe oder einer Symmetrieebene der Gruppe F
liegt. Diesen Fall schliessen wir zunächst ausdrücklich aus,
setzen also den Ausgangspunkt P in allgemeiner Lage voraus.
Ist dies der Fall, so kann offenbar auch kein anderer Punkt Pi
in eine Axe oder Ebene der Symmetrie fallen.
Nun sei P^ derjenige Punkt, welcher P am nächsten liegt,
und es sei
SO hat fQr jeden Punkt Pi der ihm zunächst gelegene Punkt
den Abstand e. Wir denken uns nun um P eine kleine Kugel,
deren Radius kleiner als die Hälfte von e ist, und legen um
Pji, P2, Ps . . . Kugeln mit demselben Radius, so liegen alle
diese Kugeln ausserhalb von einander. Daraus lässt sich
schliessen, dass Iceine dieser Kugeln zwei gleichtoerthige Punkte
enthält. Denn wenn sich in einer von ihnen zwei derartige
Punkte Q und Q^ fänden, so müsste es eine Operation von F
geben, welche Q mit Q^ zur Deckung bringt Da nun die
- 571 -
Operationen von F die Punkte P, Pj, P^ • • • ^^ einander über-
führen, so gehen durch sie auch die Kugeln so in sich über,
dass jede mit einer andern zur Deckung gelangt; eine Ope-
ration der eben genannten Art existirt daher nichi
Die Yorstehenden Schlüsse bleiben bestehen , wenn wir
die Engeln sich ausdehnen lassen, bis sie sich berühren. Für
den Berührungspunkt kann dabei der Ausnahmefall eintreten,
dass er ein Punkt ist, der sich selbst entspricht; dagegen
haben die Kugeln immer noch die Eigenschaft, in ihrem
Innern lauter ungleichwerthige Punkte zu enthalten. Nun
lasse man die um P construirte Kugel sich nach allen Rich-
tungen weiter ausdehnen und setze dieser Erweiterung in
jeder Richtung erst dann eine Grenze, wenn sich bei fort-
gesetzter Ausdehnung gleichwertige innere Punkte einstellen
würden, so ist der so definirte geschlossene Bereich 9 der
Fundamentalbereich der zur Gruppe F gehörigen Raumtheilung.
Dies lässt sich folgendermassen beweisen. Wir unter-
werfen den Bereich 9 den sämmtlichen Operationen
1, SR|, Slg? SR3 . . .
der Gruppe F, so entstehen dadurch die Bereiche
9; 9i; 92; 9^3 • • •;
welche die Punkte Pj, JP^, Pj . - . auf dieselbe Weise umgeben,
wie der Bereich q> den Punkt P; natürlich darf auch hier
nicht ausser Acht gelassen werden, dass, wenn F eine Be-
wegungsgruppe ist, alle Bereiche congruent sind, dass jedoch,
wenn F eine Gruppe zweiter Art ist, congruente Bereiche mit
solchen, die den ersteren spiegelbildlich gleich sind, ab-
wechseln. Die yorstehenden Bereiche gehen bei jeder Ope-
ration von F in einander über, da dies für die Gesammtheit
der Punkte gilt, welche die Bereiche constituiren. Zu jedem
inneren Punkt Q von q> giebt es daher in 9)^ einen und nur
einen gleichwerthigen inneren Punkt Q^ und umgekehrt; keiner
der Bereiche enthält demnach zwei gleichwerthige Punkte,
ebenso wenig kann in Folge, dessen ein Punkt zugleich im
Innern von zwei verschiedenen Bereichen liegen. Andrerseits
muss aber auch jeder Punkt des Raumes dem Innern oder der
— 572 —
Oberfläche eines Bereiches angehören. Zunächst ist ersichtlich,
dass dies für diejenigen Punkte zutrifft, welche den Bereich q>
umgeben. Existirten nämlich in der Nähe des Bereiches q)
Punkte, die weder 9 noch einem Nachbarbereich angehörten,
so würde eine Lücke zwischen 9 und einem Nachbarbereich
vorhanden sein, der Bereich 9 wäre daher nicht richtig be-
stimmt und liesse sich in der oben angegebenen Weise er-
weitern. Daraus folgt bereits, dass der Bereich 9? von seinen
Nachbarbereichen lückenlos umschlossen wird. Das analoge
gilt daher auch für die andern Bereiche. Denn da der Be-
reich (p so mit jedem Bereich (pi zur Coincidenz gebracht
werden kann, dass alle Bereiche zur Deckung gelangen, so
müssen sich alle Bereiche hierin gleichartig verhalten.
Beachten wir nun noch, dass jeder Bereich lauter un-
gleichwerthige Punkte enthält, also bei keiner Operation der
Gruppe r in sich übergeht, so ergiebt sich:
Lehrsatz V. Der Fundamentalbereich einer einfachen Baum-
iheilung, welche zu einer Raumgruppe F gehört, ist so zu con-
struiren, dass sein Inneres und seine Oberfläche von jeder Art
ungleichwerthiger PunJcte mindestens einen enthält, und dass im
Innern keine zwei gleichwerthigen Punkte liegen. Zu jeder
Gruppe F gehören reguläre Raumtheilungen dieser Art.
Den so definirten Bereich bezeichnen wir auch als den
einfachen Fundamentcdbereich der Gruppe F und erhalten:
Lehrsatz VL Wird der einfache Fundamentalbereich einer
Raumgruppe F den sämmtlichen Operationen von F unterworfen,
so bilden die aus ihm Jiervorgehenden Bereiche eine einfache
reguläre Raumtheilung, die zur Gruppe F gehört.
§ 9. Die Form des Fnndamentalbereiohes. Die vor-
stehende Deduction lässt die Form des Bereiches 9 völlig
pj gg unbestimmt. Diese wollen wir nun der
Untersuchung unterwerfen.
Es sei (Fig. 69)*) P' ein Punkt
der Oberfläche von 9. Jeder Theil
der Oberfläche von 9? gehört gleich-
1) Die Figur ist nur schematisch aufzufassen.
/
/
/
\
// \
— 573 —
zeitig einem gewissen Nachbarbereich an; wir nehmen an,
dies sei der Bereich g>^. Nun sei 81 diejenige Operation von F,
welche den Bereich q)^ in q) überführt, während 9 durch sie
in 9/ übergehen mag. Im Allgemeinen werden die Bereiche
€Pi und 9, verschieden sein. Wir bezeichnen den Punkt P\
insofern wir ihn als Punkt von q)^ betrachten, durch Q^, Der-
jenige Punkt, welcher aus ihm durch die Operation 91 her-
vorgeht, liegt auf der gemeinsamen Grenze von 9 und 9/
und ist als solcher durch Q resp. P/ zu bezeichnen. Der
Bereich 9) enthält also auf seiner Oberfläche die zwei gleich-
werthigen Punkte P'iQi) und P/CO); »'so ergiebt sich:
Lehrsatz VII. Die auf der Oberfläche eines Fundamental-
hereichs gelegenen Punkte paaren sich in der Weise, dass zu
jedem von ihnen ein zweiter mit ihm gleichwerthiger existirt.
Es kann im besondern der Fall eintreten, dass der
Punkt P' bei der Operation 91 ungeändert bleibt. In diesem
Fall liegen in P' zwei im Allgemeinen verschiedene Punkte
vereinigt. Dies ist natürlich nur dann möglich, wenn 91 eine
Drehung um eine Axe oder eine Spiegelung an einer Ebene
ist, und wenn überdies der Punkt P' zugleich auf der Ober-
fläche von q) und auf der bezüglichen Symmetrieaxe oder
Symmetrieebene liegt. Diese Punkte sind aber nicht etwa die
Schnittpunkte des Fundamentalbereichs mit der Axe oder
Ebene der Symmetrie, vielmehr gilt hierüber folgender Satz:
Lehrsatz VIII. Keine Drehungsaxe oder Symmetrieebene
dringt in das Innere eines einfachen Fnndamentalbeieichs ein;
vielmehr gehören alle diese Axen und Ebenen den Oberflächen
der Fundamentalhereiche an.
Wenn nämlich eine Drehungsaxe a von F in das Innere
von q) eintritt, so möge e irgend eine zu a senkrechte Ebene
sein, welche das Innere von 9 durchsetzt und die Axe a in
Ä schneidet Ferner sei q der kleinste Abstand eines auf £
liegenden Punktes der Oberfläche des Bereiches q) von a, Ist
nun P ein Punkt auf s, dessen Entfernung von A kleiner ist
als Q, so würden die aus P durch die Drehung Ä hervor-
gehenden Punkte ebenfalls innerhalb des Bereiches 9) liegen;
— 574 —
dies ist jedoch ausgeschlossen ^ da innerhalb tp keine zwei
gleichwerthigen Punkte liegen. Ganz entsprechend wird die
obige Behauptung für die Symmetrieebenen dargethan.
§ 10. Andere Bedingungen als die des letzten Satzes
existiren für die Gestalt des Fundamentalbereiches nicht;
seine Form ist in hohem Grade unbestimmt, und kann auf
das mannigfachste yariirt werden. Dies lässt sich am ein-
fachsten an dem Fundamentalbereich 11 der parallelepipe-
dischen Raumtheilung ersehen. Man denke sich zu diesem
Zweck von 77 ein beliebiges Stück p abgeschnitten und be-
zeichne den Rest von 77 durch 77'^ so das» 11 '^ 11' ^ p ist.
Dasselbe thue man für jedes andere Parallelepipedon, so dass
jedes von ihnen in die analogen Theile 77/ und pi zerfällt, und
zwar ist pi immer derjenige Bestandtheil von 77»-, in welchen
p übergeht, wenn 11 in Ili übergeht. Ist nun 77^ dasjenige
Parallelepipedon, welches an p angrenzt, so bildet auch 77/+ p
einen einfachen Raumtheil, welcher die Rolle des Fundamental-
bereichs zu übernehmen geeignet ist. Wenn nämlich die
ganzen Parallelepipeda in einander übergehen^ so geschieht
dies so, dass alle Körper 77" und pt gesondert zur Deckung
gelangen; und damit ist die Richtigkeit der Behauptung dar-
gethan. Dies kann durch die Anschauung unmittelbar be-
stätigt werden. Denkt man sich in allen 77< die angegebene
Theilung wirklich ausgeführt, so gelingt es ohne grosse Mühe,
je zwei anstossende Bereiche 77^ und p zu einem Gesammt-
bereich zu verschmelzen und diesen als Fundamentalbereich
einer Raumtheilung aufzufassen.
Diese Ueberlegungen lassen sich, wie man leicht sieht,
auf alle andern Raumtheilungen unmittelbar ausdehnen. Denn
für jede von ihnen kann man ebenso alle Bereiche in zwei
ungleichwerthige Theile zerlegen, und da auch in diesem Fall
die bezüglichen Theile gesondert zur Deckung gelangen, so
können zwei derartige, aus yerschiedenen Bereichen genommene
Theile zusammen einen Fundamentalbereich der nämlichen
Raumgruppe repräsentiren. Dabei ist es überdies ohne Belang,
ob diese beiden Theilgebiete getrennt von einander liegen, oder
zusammenhängen. Endlich sieht man auch^ dass, anstatt den
- 575 ~
Bereich (p in zwei Theile zu zerlegen ^ auch eine Zerlegung
in beliebig viele Theile
p? p , p , p ' ' '
gestattet ist; und wenn nun je ein derartiger Theilbereich
aus verschiedenen Bereichen
9^0 Vif 9i • •
beliebig ausgewählt wird, so bildet die Summe
Pi + pU + Pi^' + • • •
stets einen Fuudamentalbereich der zur Gruppe F gehörigen
Eaumtheilung.
Dies möge genügen, um die bezüglichen Verhältnisse zu
beleuchten. Die Willkür bei der Wahl des Fundamentalbereichs
tritt durch die vorstehenden Bemerkungen hinlänglich hervor,
andrerseits aber auch die Zweckmässigkeit, denselben so ein-
fach wie möglich zu wählen, so wie es in den oben behan-
delten Beispielen geschehen ist.
§ 11. Baumtheilnngen allgemeinster Art. Die bisher
betrachteten Raumtheilungen waren so characterisirt, dass
ausser der Identität keine Operation der Gruppe F existirt,
welche einen Fundamental bereich q> in sich selbst überführt.
Den zugehörigen Bereich 97 haben wir als den einfachen
Fundamentalbereich der Gruppe F bezeichnet. Diese Raum-
theilungen sind aber nicht die einzigen, deren Bereiche bei
allen Operationen der Gruppe unter einander zur Coincidenz
gelangen. Nun ist klar, dass nicht ein Theil von 97 geeignet
sein kann als Fundamentalbereich zu dienen, dagegen können
sehr wohl mehrere Bereiche 97 zusammen den Fundamental-
bereich O einer Raumtheilung repräsentiren, für welche alle
Operationen von F Deckoperationen sind. Dies führt uns zu
denjenigen Raumtheilungen, die wir zunächst ausgeschlossen
hatten; sie sind, wie sich zeigen wird, dadurch ausgezeichnet,
dass der Bereich O bei gewissen Operationen von F in sich
selbst übergeht Derartiger Raumtheilungen bedürfen wir für
spätere Entwickelungen , wir müssen ihnen deshalb einige
Aufmerksamkeit zuwenden. Es scheint angemessen, die ein-
- 576 -
schlägigen Verhältnisse zunächst wieder an einigen Beispielen
zu illustrireu.
Wir gehen hierzu zu der oben betrachteten Raumtheilung
zurück^ welche zur Gruppe %h^ gehört; sie liefert in den
Würfeln w unmittelbar eine Raumtheilung der fraglichen Art,
und zwar ist w der Fundamental bereich O, während die
Gruppe r nach wie vor die Gruppe Xa* ist. In der That ist
jede Operation von F eine Deckoperation der aus den Wür-
feln w bestehenden Raumtheilung*, andrerseits ist auch er-
sichtlich, dass der Würfel w die für O characteristische Eigen-
schaft hat, denn er geht bei den Drehungen um die ihn
durchsetzende dreizählige Axe in sich selbst über. Wir können
diese Raumtheilung noch auf eine zweite Weise als Beispiel
verwerthen. Nämlich es hat auch die Gesammtheit der
Würfel W selbst die Eigenschaft, dass jede Operation von F
eine Deckoperation für sie ist, so dass in Folge dieser Ope-
rationen jeder Würfel W entweder in sich selbst oder in
einen andern Würfel W übergeht. Der Würfel W entspricht
wieder einem Bereich ^; aber während im vorigen Beispiet
drei Bereiche (p den Bereich O bildeten, sind es jetzt vier-
undzwanzig solcher Bereiche. Dementsprechend giebt es jetzt
vierundzwanzig Operationen von F, welche den Würfel IT in
sich überführen; sie bilden, wie evident ist, eine Tetraeder-
gruppe T*, deren Axen die durch die Mitte von W gehenden
Mittellinien und Diagonalen sind.
§ 12. Wir wollen nun im Anschluss an diese Beispiele
der Frage näher treten, welches die allgemeinste Form einer
Raumtheilung ist, für welche alle Operationen von F Deck-
operationen sind. Hierüber beweisen wir folgende Sätze.
Lehrsatz IK. Die m Fundamentalbereiche q), 9>i . . . 9>m--i
der Gnippe F constituiren immer und nur dann den Funda-
mentalbereich O einer Aenfälls eur Gruppe F gehörigen Baum-
theilung, wenn es Operationen von F giebt, welche die m Bereiche
in sich überführen.
Wir beweisen zunächst, dass die im Satz enthaltene Be-
dingung eine nothwendige ist. Wir nehmen also an, die
m Bereiche
— 577 -
seien so gewählt^ dass sie zusammen den Bereich O einer zur
Gruppe r gehörigen Raumtheilung bilden. Es sei 9« irgend
einer dieser Bereiche und fi diejenige Operation von F, welche
den Bereich 9 mit 9« zur Deckung bringt Da nach Annahme £
eine Deckoperation der aus den Bereichen 9 bestehenden
Raumtheilung ist, so gehen durch sie die Bereiche O ganz
in einander über; und daraus folgt nun sofort, dass 9 durch
die Operation fi in sich selbst übergeht. Die Gruppe F ent-
hält daher Operationen, die O in sich überführen. Die Ge-
sammtheit derselben bildet eine Crruppe, und zwar tme evident,
eine PtmJUgruppe. Wir bezeichnen sie durch G\ Diese Gruppe
kennzeichnet die Symmetrie des Bereiches O, also folgt noch,
dass der Bereich O stets die Natur eines symmetrischen Po-
lyeders hat
Wir haben nun zu zeigen, dass die Bedingung des Satzes
auch eine hinreichende ist Wir denken uns also, dass es
einen aus m Bereichen
9, 9>i . . . (fm—l
von F bestehenden Bereich O giebt, der bei allen Operationen
einer Gruppe G' in sich übergeht. Die Operationen von G'
seien
1) 1, ß/, S',...SWi
Nun giebt es nach dem Satz XX von Gap. VI eine unend-
liche Reihe von Operationen (Reihe 5) auf S. 385)
2) 1, a»!, SR^ . . .
so dass durch einseitige Multiplication dieser Reihe mit den
Operationen von G' alle Operationen von F hervorgehen.
Jede Operation von F ist daher in einem der Ausdrücke
3) 2Ro ßi'SR,-, S/a»,- . . . ß'^-iSK.
enthalten; gemäss Satz VI entsteht mithin die gesammte aus
den Bereichen q> gebildete Raumtheilung, wenn der Bereich 9
den sämmtlichen Operationen unterworfen wird, welche durch
diese Reihe dargestellt werden. Es sei 9k der Bereich, in
welchen O durch die Operation SR* übergeht. Nun führt
Sohoenflies, KryitoUitrnctnr. 37
— 578 —
jede der Operationen Si/ die m Bereiche von 9 in sich Ober,
also folgt, dass die Operationen
4) SRt, Si'SR*, S,'aR* . . . SV-iSR*
sämmtlich den Bereich ^ in die Lage 0k bringen. Sind femer
5) a»., Si'aw., Sj'aR. . . . s;_ia».
diejenigen Operationen, welche ^ in 0i überführen^ so ist
nun zu zeigen, dass zwei Bereiche Ot und 9« keinen Bereich 9
gemein haben. Wir nehmen an, es gäbe einen derartigen Be-
reich q>e] 6r ist, welche Lage er auch sonst haben mag, da-
durch definirt, dass er aus je einem Bereich von 9 durch Wtt
resp. 3R* hervorgeht. Wir bezeichnen diese Bereiche noch
durch <pk und tp/. Nun führt die Operation Wtr^^ den Be-
reich 9« nach <Z> zurück, also auch den Bereich q>e nach %.
Das Product
bringt daher den Bereich tpk nach 9« und von da nach 9><; es
ist somit eine Operation, welche zwei Bereiche von O in ein-
ander überführt. Jede derartige Operation ist aber eine Ope-
ration der Zeile 1), also muss
aR*a»,-i = s,' und fotk = Si'aR.
sein. 9Rik müsste also einer Operation der Zeile 5) äquivalent
sein, was nur dann der Fall ist, wenn die Bereiche 0t and 4>(
identisch sind.
Hiermit ist bewiesen, dass erstens die Bereiche 9 den
Baum lückenlos erfüllen, und dass zweitens keine zwei von
ihnen einen Raumtheil gemein haben-, sie bilden daher eine
wirkliche Raumtheilung.
Der vorstehend bewiesene Satz IX zeigt, dass nicht jede
Gruppe r Raumtheilungen mit Fundamentalbereichen 9 liefert.
Es enthält nämlich nicht jede Gruppe F eigentliche Punkt-
gruppen G' als Untergruppen. Dies ist augenscheinlich nur
für solche Gruppen F der Fall, in denen Drehungen, Spiege-
lungen oder Inversionen auftreten. Es giebt aber eine ganze
Reihe von Gruppen F, deren Bewegungen — abgesehen von
den Translationen •— sämmtlich Schraubenbewegungen sind,
— 579 —
und deren Operationen zweiter Art sämmtlich aus Gleit-
spiegelungen besteben; für keine derartige Gruppe existiren
Bereiche <P^).
§ 13. Die Fnndamentalbereiche der Ranmtheiltingen
allgexneiiuiter Art. Ist F eine Baumgruppe, welche eine ßaum-
theilung in Bereiche O gestattet^ so hängt es in letzter Linie
nur von unserem persönlichen Ermessen ab, ob wir als Fun-
damentalbereich den Bereich g> oder O wählen. Zunächst
werde daran erinnert, dass jeder Bereich O aus lauter Be-
reichen (p besteht; wenn wir daher in Gedanken jeden Be-
reich O in seine einzelnen Bestandtheile g> zerlegen, so ist
damit der Uebergang von der einen Baumtheilung zur andern
bereits vollzogen. Ebenso leuchtet aber das umgekehrte ein.
Gehen wir von den Bereichen q) aus, so wird es bei hin-
reichender Uebung gelingen müssen, sich durch Zusammen-
fassung Yon je m Bereichen <p zu einem Bereich ^ das-
jenige Bild zu verschaffen, welches der Baumtheilung mit
dem Bereich O entspricht; zu diesem Zweck sind immer die-
jenigen m Bereiche zu vereinigen, welche an solchen Punkten
zusammenstossen , die Mittelpunkte der Sjmmetrieelemente
der Gruppe G' sind.
Für jede Baumgruppe, welche Untergruppen G' besitzt,
sind daher verschiedene Auffassungen * der zugehörigen ein-
fachen Baumtheilung zulässig. Je grösser die Zahl dieser
Untergruppen ist, um "so mannigfacher sind die bezüglichen
Baumtheilungen. Zu jeder Art von Punktgruppen 6r', die in F
enthalten sind, gehört eine bestimmte Anordnung der zu F
gehörigen einfachen Baumtheilung in grössere Bereiche O,
welche aus mehreren Bereichen g? bestehen und die Symmetrie
der Gruppe G' besitzen.
Das einfachste Beispiel von Gruppen F, welche Baum-
theilungen mit Bereichen ^ gestatten, bilden diejenigen Baum-
gruppen, welche sich durch Multiplication einer Punktgruppe
mit einer Translationsgruppe erzeugen lassen. Für sie re-
1) Die meisten dieser Gruppen finden sich unter denjenigen, die
nur eine Schaar paralleler Axen enthalten.
37*
— 580 -
ducirt sich, wie wir in Cap. VI, § 12 gesehen haben, die
Reihe 1) auf die Translationsgruppe A, wahrend der Be-
reich ^ in ein Polyeder von der durch G' bestimmten Sym-
metrie übergeht. Aus ihm entsteht die ganze Baumtheilung
durch Ausführung aller Translationen der Gruppe F«; der
Bereich O ist daher nichts anderes als das primitive Parallel-
epipedon des zur Gruppe F« gehörenden Raumgitters, resp.
der bezüglichen Gittertheilung.
Die einer Untergruppe 6r' entsprechende Raumtheilung
braucht nicht in allen Fällen eine Raumtheilung von der Art
zu sein, wie sie für unsere Zwecke ausschliesslich in Frage
kommt. Wir haben im Eingang dieses Capitels festgesetzt,
dass der Bereich <p in sich zusammenhängend sein soll. Dies
braucht aber für den aus m Bereichen q) gebildeten Complex O
nicht immer der Fall zu sein; nirgends in den Entwickelungen
der vorstehenden Paragraphen ist davon die Rede. Dass es
der Fall sein kann, zeigen die oben behandelten Beispiele; es
giebt aber auch Gruppen G'^ für welche der zugehörige Be-
reich O auf keine Art als geschlossener Bereich construirbar
ist Wir werden diese Verhältnisse an einem Beispiel aus-
führlich klar legen, sprechen aber zuvor das Ergebniss der
vorstehenden Untersuchungen in folgendem Satz aus:
Lehrsatz X. Jeder Punktgruppe G\ welche Untergruppe
einer Baumgruppe F ist, entspricht eine bestimmte Anordnung
der zu F gehörigen einfachen Baumtheilung in grössere Be-
reiche O, Der Bereich ® besitzt äie Symmetrie der Gruppe G\
er braucht aber nicht immer ein einfaches geschlossenes Polyeder
ßu sein,
§ 14. Das Beispiel, welches wif discutiren wollen, ist
die Gruppe S)»,/ des rhomboedrischen Systems, welche durch
Multiplication der Punktgruppe B^^ mit der Translations-
gruppe Frh erzeugbar ist. Die Punktgruppen 6r', welche an
und für sich Untergruppen einer Gruppe ^s^^ sein können,
stimmen mit den Untergruppen der zu ^s,/ isomorphen
Gruppe B^^ überein; in dem vorliegenden Fall sind sie über-
dies wirklich Untergruppen von S)s,/.
— 581 —
Die Gruppe D^^ enthält folgende Untergruppen
A^ A, G,S C,% G,, C,\ C„ 5„ 8, C,.
Die ersten fünf entsprechen den Unterabtheilungen des rhom-
boedrischen Krystallsystems; die Gruppe C^^ enthält irgend
eine der zweizähligen Axen und die zu ihr senkrechte Sym-
metrieebene, S2 liefert die Inversion, C^ gehört zu einer der
zweizähligen Nebenaxen allein, 8 entspricht einer der Sym-
metrieebenen und C^ ist die Identität.
Lassen wir zunächst G' die Gruppe D^'* selbst bedeuten,
so erhalten wir diejenige Zusammenfassung der Bereiche %
welche auf die Gittertheilung hinauskommt. Der Bereich ^
ist ein einfacher geschlossener Bereich; er ist das primitive
Rhomboeder des bezuglichen Raumgitters und zerfällt in zwölf
Bereiche (p, die abwechselnd congruent und spiegelbildlich
gleich sind.
Die Form des Bereiches <p ist nicht vollständig bestimmt,
sie unterliegt nur den in § 9 abgeleiteten Bedingungen. Aus
ihnen folgt, dass erstens die dreizählige Axe a eine gemeinsame
Kante für alle Bereiche ist, dass zweitens jede Symmetrieebene
ng. 70.
ein Stück Oberfläche der einzelnen Bereiche abgiebt und dass
drittens auch jede zweizähligeAxe der Ober fläche eines Bereiches
angehört. Eine Kante braucht diese Axe jedoch nicht dar-
zustellen. Der Einfachheit wegen haben wir (Figur 70)^) die
Bereiche so angenommen, dass jeder von ihnen ganz oberhalb
1) Die Figuren 70 a und 70 & geben die über, resp. unter der Mittel-
ebene des Bhomboeders liegenden Bereiche an.
— 582 —
oder ganz unterhalb der von den Nebenaxen gebildeten Haupt-
ebene liegt Welche Gestalt dem Bereich <p aber auch gegeben
werden mag, so ist klar, dass sich ein geschlossener grosserer
Bereich O für eine Gruppe G' dann nicht einstellt, wenn eine
der Symmetrieebenen 6p ihn durchschneidet, ohne der Gruppe G'
anzugehören. Denn in diesem Fall entsteht durch Spiegelung
gegen 69 stets ein von O verschiedener Bereich 4)^; jeder
dieser Bereiche liegt nun theils diesseits, theils jenseits der
Symmetrieebene, überdies enthält er die in tf« liegende Haupt-
axe a als Kante, er kann daher ein geschlossener Bereich
nicht sein. Dies wird sich in jedem einzelnen Fall leicht be-
stätigen lassen.
Wird G' = Dg gesetzt, so haben wir diejenigen sechs
Bereiche in's Auge zu fassen, die aus einem Bereich q> mit-
telst aller Operationen von D, hervorgehen. Dies sind die
Bereiche
9) 9i> 9>A7 %; 98? 9io*
Dieselben bilden, wie die Figur zeigt, keinen einfach zusammen-
hängenden Bereich O. Die andern sechs Bereiche 9 bilden
den Bereich O^^, welcher aus O durch irgend eine Operation
zweiter Art hervorgeht. Beide Bereiche durchsetzen einander.
Wird G' = Cj* gesetzt, so ist ^ derjenige Bereich, wel-
cher aus q> durch alle Operationen von Gj* hervorgeht, also aus
9, g>2> 9^4; 9>79 99) Vn
besteht. Auch in diesem Fall entsteht ein geschlossener Be-
reich nicht; die beiden Bereiche ^ und O^ durchdringen
einander.
Wird G' «= Cj* gesetzt, so ist der Bereich 0 aus
Vf 9i} Vif Vsy 9i} 96
zusammengesetzt. In diesem Fall ist also O ein geschlossener
einfacher Bereich; die Gruppe Cj* bedingt daher eine eigent-
liche Baumtheilung, deren Fundamentalbereich ^ ist Durch
Umklappung um irgend eine der drei Nebenaxen geht 9 in
a>i über.
Dagegen liefern die Gruppen G' = Q und G' = (7^* eine
eigentliche Baumtheilung nicht, wie wir auch den Funda-
— 583 —
mentalbereich q> annehmen mögen. Der durch die Drehungen
Ton C^ aus q> entstehende Bereich 9 setzt sich nämlich aus
zusammen und bildet daher keinen geschlossenen Körper;
ebensowenig können die den Fundamentalbereich von C^^ con-
stituirenden Bereiche
einen geschlossenen Körper darstellen.
Wird G' =^ C^ gesetzt, so besteht 9 aus den Bereichen
ff und 9^; in diesem Fall ergiebt sich daher ein einfacher
Körper. Dasselbe findet statt, wenn G' die Gruppe S ist,
alsdann sind tp und q>^ die zugehörigen Bereiche. Den Gruppen
C^ und S entspricht daher eine eigentliche Raumtheilung.
Ist G' die Gruppe 8^, so sind q> und fp^ die bezüglichen
Bereiche. Wie aber auch (p angenommen werden mag, so
bilden sie, wie ihre Lage gegen die Symmetrieebenen 6^ be-
weist, niemals einen einfachen Bereich q>,
Ist endlich G' die Identität C!^, so stellt sich, wie wir
oben ausgeführt haben, die Raumtheilung mit den Bereichen
9> selbst ein.
§ 15. Wir schliessen die Betrachtungen über die Baum-
theilungen allgemeinster Art mit einem Satz, welcher erkennen
lehrt, welchen Gruppen G' jedenfalls ein geschlossener Be-
reich O entspricht. Da die Gruppe G' eine Punktgruppe ist,
so gehen die ihr angehörigen Symmetrieelemente der Gruppe F
sämmtlich durch einen und denselben Punkt 0 des Raumes.
Er ist im allgemeinen ein bestimmter Punkt; sollte G' nur
eine einzige Symmetrieaxe oder Symmetrieebene enthalten, so
kann jeder ihrer Punkte dafür eintreten. Bezeichnen wir nun
durch Gm die Punktgruppe höchster Symmetrie, welche von
den durch 0 gehenden Symmetrieelementen der Gruppe F ge-
bildet wird, so ist Gm eine Gruppe, welcher ein geschlossener
Bereich ^ entspricht. In diesem Fall bilden nämlich, wie un-
mittelbar einleuchtet, die sämmtlich en Bereiche 9, welche
durch die Operationen von Gm in einander übergehen, ein
geschlossenes symmetrisches Polyeder, dessen Mittelpunkt 0
- 584 —
ist. Dieses Polyeder ist der Bereich *; er wird von allen
Symmetrieaxen nnd Symmetrieebenen der Gruppe G' durch-
setzt. Die Verhältnisse sind also denen analog, welche in
dem vorstehenden Beispiel die Gruppe D^** selbst characte-
risiren.
Solcher Punkte , die mit 0 gleichwerthig sind, giebt es
in dem System der Axen und Ebenen von F unendlich viele.
Jeder geht aus 0 durch irgend eine Operation der oben mit
1) bezeichneten Reihe hervor, und jeder dieser Punkte ist
Mittelpunkt eines Bereiches O, Wir sprechen das Ergebniss
unserer Betrachtungen folgendermassen aus:
Lehrsatz XI. Ist die Punktgruppe Gm eine solche Unter-
gruppe von F, welche alle durch einen gewissen Punkt 0 gehen-
den Symmetrieelemente von F enthält, so entspricht ihr eine
reguläre Baumtheilung in lauter geschlossene Bereiche von der
Symmetrie Gm-
§ 16. Die regelmässigen Molekelhaufen mit beliebiger
MolekeL Es sei F irgend eine Raumgruppe, und
<p, q>i, g?2 . . .
seien, wie oben, die Bereiche einer zu ihr gehörenden ein-
fachen Raumtheilung. Wird innerhalb jedes Bereiches je ein
homologer Punkt angenommen, so bilden diese Punkte •
-r, Pi, Pj . . .
nach Satz III ein reguläres Punktsystem, welches durch jede
Operation von F in sich übergeht. Wir denken uns jetzt in
dem Fundamentalbereich q> eine ganze Zahl von Punkten
P, Q, 22..., die wir sehr nahe bei einander annehmen, so
entspricht jedem von ihnen ein regelmässiges Punktsystem.
Stellen wir uns vor, dass die innerhalb <p angenommenen
Punkte zu einer Molekel verschmelzen, so gilt das gleiche
von den analogen Punkten der andern Fundamentalbereiche;
es entsteht ein unbegrenzter Molekelhaufen, welcher bei allen
Operationen der Gruppe F in sich übergeht Wie das vor-
stehende zeigt, kann die Ausgangsmolekel (i jede beliebige
Form annehmen, wir setzen sie daher als Molekel allgemeinster
Qualität voraus. Es seien
— 585 —
die Molekeln, welche den Molekelhaufen constituiren. Ist nun
2 eine Bewegung yon F, welche (i mit (ii zusammenfallen
lässt, so sind (i und (ii congruente Molekeln; wenn dagegen
3R eine in F enthaltene Operation zweiter Art ist, und (im
die Molekel, mit welcher (i in Folge von ^ zusammenfällt,
so sind (i und (im augenscheinlich spiegelbildlich gleich. Dies
gilt sowohl von der Form und Zusammensetzung, als auch
von der Qualität der Molekeln. Also folgt:
Lehrsatz XIL Werden in die sämmüichen Fundamental-
bereiche einer zur Gruppe F gehörigen einfachen Baumtheilung
Jwmologe Molekeln in homologer Lage eingefügt, so bilden die-
selben einen regulären Molekelhaufen , welcher bei allen Opera-
tionen von F in sich übergeht.
Aus den Eigenschaften der einfachen Raumtheilung folgt,
dass es keine Operation von F giebt^ welche eine Molekel in
sich überfahrt. Auch die Bestimmung, die wir über die Qua-
lität der Molekel getroffen haben, schliesst derartige Opera-
tionen aus. Wir nennen den Molekelhaufen deshalb einen
einfachen regelmässigen Mölekethaufen,
Enthält die Raumgruppe F ausschliesslich Bewegungen,
so sind alle Molekeln, wie das vorstehende zeigt, einander
congruent. Wenn dagegen in F auch Operationen zweiter Art
auftreten, so besteht der Molekelhaufen aus Molekeln von
zweierlei Typus; die einen sind den andern spiegelbildlich
gleich. Damit ist die auf S. 240 behauptete Nothwendigkeit,
derartige Molekelhaufen in's Auge zu fassen, dargelegt. Wir
werden nach wie vor die sämmüichen Molekeln eines jeden
Molekelhaufens als gleichartige Molekeln bezeichnen. Dies ist
um so mehr erlaubt, als sie sich nur durch den Gegensatz
von rechts und links unterscheiden.
§ 17. Wir beweisen nun, dass auch umgekehrt jeder
einfache regelmässige Molekelhaufen auf die angegebene Art
erzeugt werden kann. Es sei $ irgend ein derartiger Molekel-
haufen, so giebt es der Definition gemäss unzählige Deck-
operationen desselben. Sind 2 und 9R irgend zwei dieser
— 586 -
Operationen, so ist, nach einem mehrfach angewandten Schluss-
. verfahren, auch fiSDl eine Deckoperation. Die Gesammtheit
dieser Deckoperationen bildet daher eine Gruppe von Ope-
rationen. Lässt die Operation S die Molekel (i auf ^i fallen,
so gehört auch die Operation Sr^, welche (ii wieder in die
Anfangslage [i zurückführt, der Gruppe an; also folgt:
Lehrsatz Xni. Die Gesammtheit aller Deckaperatümen eines
einfachen regelmässigen Molekelhaufens $ hildet eine Baum-
gruppe F van Operationen, toelche eu jeder Operation die inverse
enthält
Da die Gruppe F die Operationen 2 und Sr^ zugleich
enthält, so gehört ihr auch die Identität an.
Mit diesem Hilfssatz lässt sich der genannte Beweis
leicht führen. Es seien wieder
die Molekeln des Haufens $. Der Definition gemäss giebt es
Deckoperationen des Haufens, welche die Molekel ft der Reihe
nach mit den andern Molekeln zur Coincidenz bringen; wir
bezeichnen sie durch
jede dieser Operationen gehört daher sicher der Gruppe F an.
Gelangt die Molekel fi in Folge der Operation £»• nach ft,-,
so kann es eine zweite Operation dieser Art in der Gruppe F
nicht geben. Wäre nämlich 2* eine von fi verschiedene Ope-
ration dieser Art, so gehörte dem obigen Satze gemäss auch
Sr* der Gruppe F an, also auch das Product StSr^ Dieses
Product stellt aber eine Deckoperation dar, welche die Mo-
lekel [i unverändert lässt. Eine der Gruppe F angehörige
eigentliche Deckoperation dieser Art existirt nun nicht, also
muss obiges Product der Identität äquivalent sein, d. h. es ist
2, = 2*. Demnach folgt:
Lehrsatz XIV. Jeder einfache regelmässige Molekelhaufen
kann dadurch erzeugt werden, dass eine bdiebige Molekel ii den
sämmtlichen Operationen derjenigen Baumgruppe F unterworfen
wird, welche alle Beckoperationen des Molekelhaufens enthält
Jede Molekel entsteht dadurch genau einmal.
— 587 —
Wir geben dem vorstehenden Satz noch eine etwas andere
Form, welche die Umkehrnng des Satzes XII enthält und aus-
sagt, dass jeder regelmässige Molekelhaufen auf die dort ge-
nannte Art erzeugbar ist. Wir gehen dazu von einer einfachen
regulären Baumtbeilung aus, welche der Gruppe F entspricht.
Der Fundamentalbereich q> derselben läset sich stets so wählen,
dass (i ganz innerhalb desselben liegt. Unterwerfen wir nun
den Bereich <p nebst der in ihm enthaltenen Molekel [i allen
Operationen von F, so entsteht aus <p die Raumtheilung und
aus (i der Molekelhaufen; also folgt:
Lehrsatz XV. Jeder einfache regelmässige MolekeVmufen
kann so erzeugt werden, dass in alle Fundamentalhereiche einer
einfachen Eaumtkeilung gleichartige Molekeln in homologer Lage
eingefügt werden.
§ 18. Der Satz XY ist eine Verallgemeinerung der in
Cap. IV abgeleiteten Sätze, welche das Verhältniss der
Molekelgitter zu den Translationsgruppen betreffen. Er lehrt,
dass sich die für die Molekelgitter nachgewiesene Erzeugungs-
art auch auf die allgemeinen Molekelhaufen erstreckt. Wäh-
rend aber die Translationen, einer Translationsgruppe Ft für
alle Molekeln eines Molekelgitters parallele Lage und Orien-
tiruDg bedingen, ist dies für die Molekeln der allgemeinen
Molekelhaufen nicht mehr der Fall. Es ist aber zu beachten,
dass unter den Operationen einer jeden Raiimgruppe F auch
Translationen enthalten sind; es existiren daher für jede Mo-
lekel fA eines allgemeinen Molekelhaufens alle diejenigen Mo-
lekeln, welche mit ft ein Molekelgitter bestimmen, dessen
Translationsgruppe die in F enthaltene Gruppe Ft ist.
Diese Verhältnisse lassen sich noch etwas genauer er-
örtern, wenn wir auf die Ent Wickelungen des Cap. VI über
die Beziehungen der Raumgruppe F zu der ihr isomorphen
Punktgruppe G zurückgehen. Bezeichnen wir zu diesem Zweck,
wie S. 375 geschehen, die Operationen der Punktgruppe G durch
1, Ä', 2R', SR'...
so steht gemäss Cap. VI, § 9 der Operation S' ein Ausdruck
- 588 -
der Baiimgruppe F zur Seite ; und zwar enthält derselbe alle
diejenigen zu einander und zu &' isomorphen Operationen
1) ß, s,, s,...
der Gruppe F, welche sich ergeben^ wenn eine von ihnen mit
den sämmtlichen Translationen von F« multiplicirt wird. Jede
Operation S; ist daher dem Product aus der Operation 2 und
einer Translation %i äquivalent. Ist nun fii diejenige Molekel,
in welche die Ansgangsmolekel fi durch die Operation S über-
geht, so ist die durch fi,- entstehende Molekel genau diejenige,
welche sich bei Ausführung der Translation %i aus (ii ergiebt.
Diejenigen Molekeln, welche den Operationen der oben ste-
henden Beihe entsprechen, gehen also dadurch aus (ii hervor,
dass fii den sämmtlichen Translationen der in F enthaltenen
Translationsgruppe unterworfen wird; sie bilden das durch
[ii und Ft bestimmte Molekelgitter.
Nun seien
1, s, a», 31...
irgend welche den Operationen von G isomorphe Operationen
von P, und
diejenigen Molekeln, welche sieh aus ft bei Ausführung der
vorstehenden Operationen ergeben. Es ist klar, dass sich keine
zwei dieser Molekeln in paralleler Orientirung befinden. Wird
jetzt aus jeder dieser Molekeln das durch JT« bestimmte Mo-
lekelgitter abgeleitet, so ist die Gesammtheit der so erhaltenen
Molekelgitter mit dem zu F gehörigen regelmässigen Molekel-
haufen identisch. Bezeichnen wir noch die Zahl der Opera-
tionen von G durch p, so folgt:
Lehrsatz XVI. Jeder zu einer Baumgruppe F gehörige
einfaclie regelmässige Molekelhanfen kann in eine endliche Änsfahl
p gleicher Molekelgitter aufgelöst werden. Keine zwei Molekeln,
die verschiedenen Gittern angehören, haben parallele Orientirung.
Die Zahl p giebt die Anzahl der Operationen der zu F iso-
morphen Funktgruppe G an.
Wie wir S. 375 gesehen haben, ist es gleichgiltig, welche
Operation der Beihe 1) wir durch fi bezeichnen. Das ein-
— 589 —
fachste ist es, diejenige zu wählen , die wir auch bei der Be-
stimmung des Fundamentalsjstems gleichwerthiger Punkte
benutzt haben. Wenn wir dies für jede Art isomorpher Ope-
rationen von r ausführen, so haben die zugehörigen Molekeln
eine solche Lage, dass ihre Schwerpunkte mit den gleich-
werthigen Punkten des Fundamentalsystems identisch sind,
und die mit diesen p Molekeln erzeugbaren p Molekelgitter
bilden die sämmtlichen Molekeln des regelmässigen Molekel-
haufens.
Um die Vorstellung von der inneren Structur der regel-
mässigen Molekelhaufen in's Einzelne auszugestalten, brauchen
wir nur die Auseinandersetzungen von § 5 durchzulesen.
Sie lassen sich ohne Weiteres auf die Molekelhaufen über-
tragen ; mit ihnen gewinnen wir daher ein hinreichend an-
schauliches Bild von der Anordnung der Molekeln. Eine Be-
schreibung derselben für die einzelnen Raumgruppen zu geben,
kann daher unterbleiben, und dies um so mehr, als wir in
den früheren Capiteln die Lage aller Axen und Ebenen jeder
Raumgruppe ausführlich angegeben haben. An der Hand der-
selben lässt sich die jeder Raumgruppe entsprechende Structur
ohne Mühe bestimmen. Nur nach einer Richtung wollen wir
die vorstehenden Erörterungen noch weiter ausdehnen. Wir
fassen zu diesem Zweck zwei Raumgruppen in's Auge, die
sich nur durch den Windungssinn der Schraubenaxen unter-
scheiden, beispielsweise die Gruppen S)^* und Sj^ Jede von ihnen
enthält dreizählige Schraubenaxen und zweizählige zu ersteren
senkrechte Neben axen. Nun sei (i eine beliebige Molekel; wir
unterwerfen sie allen Bewegungen der Gruppe Sg^ und er-
halten einen aus lauter congruenten Molekeln bestehenden
Molekelhaufen $. Jetzt sei (i eine Molekel, die der Molekel ii
spiegelbildlich gleich ist. Geben wir ihr die analoge Lage zu
den Axen von S,^, welche (i zu den Axen von Sg^ hatte, so
geht aus f*' ein Molekelhaufen hervor, welcher das Spiegelbild
des Haufens ^ darstellen kann. Die beiden Molekelhaufen ^
und §' stehen daher in demselben Verhältniss zu einander, wie
0wei enantiomorphe Krystalle, sie können daher zur Repräsen-
tation enantiomorpher Erystallsubstanzen benutzt werden.
— 590 —
Schliesslich möge noch die Bemerkung eine Stelle finden,
dass die vorstehenden Eigenschaften der regelmässigen Mo-
lekelhaufen in analoger Weise von den Bereichen der Baum-
theilung gelten. Dies geht einfach daraus hervor, dass die
Molekel ii, wenn wir sie wachsen lassen, bis sie den Bereich
g> ausftUlty direct in den Bereich g) übergeht
§ 19. Die regelmässigen Molekelhatifen mit symme-
trisoher Molekel. Wir lassen jetzt die bisher festgehaltene
Voraussetzung fallen, dass keine der Deckoperationen eines
regulären Molekelhaufens ^ die Molekel (i in sich selbst
überfährt. Wir bezeichnen die Gesammtheit aller Molekeln
wieder durch
Zunächst ist klar, dass die Deckoperationen des Molekel-
haufens auch in diesem Fall die characteristische Gruppen-
eigenschaft besitzen. Es sei wieder F die bezügliche Raum-
gruppe, und
1, s, 2., ...a», aK„...
seien ihre Operationen; jede von ihnen führt den Molekelhaufen
in sich über. Unter diesen Operationen giebt es der Annahme
nach in diesem Fall eine Zahl von Operationen, welche die
Molekel fi in sich überführen; dieselben bilden ebenfalls eine
Gruppe und zwar augenscheinlich eine der 32 Punktgruppen.
Wir bezeichnen sie durch G\ Die Molekel ist demgemäss
symmetrischer Natur; und zwar ist ihre Symmetrie mindestens
diejenige, welche durch die Punktgruppe G' gekennzeichnet
ist. Ihre Symmetrie kann zwar auch höher sein, als die
Gruppe G' angiebt, aber für die Symmetrie des gesammten
Molekelhaufens ^ kommen offenbar nur diejenigen Deck-
operationen der Molekel (i in Frage, welche zugleich Deck-
operationen des Molekelhaufens selbst sind. Diese sind stets
durch Cr' bestimmt; wir nennen die durch G' definirte Sym-
metrie der Molekel /t ihre characteristische Symmetrie. Ihre
eventuellen sonstigen Symmetrieeigenschaften haben keinerlei
Bedeutung; es ist gleichgiltig, ob sie vorhanden sind oder nicht.
Da die Raumgruppe F die Punktgruppe G' als ünt«r-
— 591 —
gruppe enthält^ so gehören auch die Symmetrieaxen und Sym-
metrieebenen von G' den Symmetrieelementen von F an*, sie
gehen überdies durch das Centrum von (i.
Nun giebt es stets eine reguläre Baumtheilung^ deren
Fundamentalbereich aus solchen m einfachen Bereichen
der Gruppe F gebildet ist, welche bei den Operationen der
Gruppe G' in einander übergehen. Es seien
a>, a>i, a>, . . .
die Bereiche dieser Raumtheilung. Wir fügen in jeden Be-
reich je eine gleichartige Molekel (i von der Symmetrie G'
so ein, dass sie bei allen Operationen der Gruppe 6r' in sich
übergeht und dass alle Molekeln homologe Lage innerhalb
der Bereiche haben, so ist der so gebildete Molekelhaufen
mit dem eben betrachteten identisch. Dies ist leicht zu be-
weisen. Erstens ist jede Operation der Gruppe F eine Deck-
operation für die Bereiche der Raumtheilung und damit auch
für die in ihnen befindlichen Molekeln; zweitens ist aber auch
umgekehrt jede Deckoperation des Molekelhaufens aus ana-
logen Gründen eine Deckoperation für die Fundamental-
bereiche der Raumtheilung. Also folgt:
Lehrsatz XYIL Lässt sich für die Haumgruppe F eine
Baumtheüung construiren, deren Bereiche die Symmetrie G' he-
sitzen y und fügt man in jeden Bereich eine Molekel fi, deren
Symmetrie mindestens G' ist, so ein, dass die Äocen von fi mit
den Axen von 9 übereinstimfneny so entsteht ein Molekelhaufen,
dessen Deckoperationen durch die Gruppe F bestimmt werden.
§ 20. Ebenso ist aber auch das umgekehrte richtig. Es
sei nämlich wieder (i die Ausgangsmolekel, F die Gruppe des
Molekelhaufens, und G' wie oben diejenige Untergruppe von F,
deren Operationen (i in sich überführen. Wir fassen zunächst
die sämmtlichen Operationen
1, 2, S„ ... 2R, SR,, ...
von F ins Auge. Jede führt den Molekelhaufen in sich über;
sie lassen daher wieder die Molekel fi resp. mit
— 592 —
zusammenfallen; allerdings giebt es in diesem Fall mehrere
Operationen, welche (i in irgend eine Lage f*, führen. Wir
denken uns nun wieder den obigen Bereich ^^ welcher aus
den m einfachen Bereichen
besteht, die bei den Operationen von G' in einander über-
gehen. Unterwerfen wir ihn den Operationen von F, so gehen
dadurch die Bereiche
hervor; auch hier giebt es mehrere Operationen, welche O in
Oi überführen. Welche dies aber auch sind, so ist evident,
dass jede Operation, die O nach Oi bringt, auch ft nach ^j
bringt, und dass immer die Molekeln und die Bereiche gleich-
zeitig in einander übergehen. Damit ist die obige Behauptung
erwiesen; also folgt:
Lehrsatz XVIIL Jeder aus symmetrischen Molekeln fi auf-
gehaute regelmässige Molekelhaufen kann so erzeugt werden, dass
man in die Bereiche einer Baumiheüung mit symmetrischem
FundamentaJbereich je eine gleichartige Molekel fi in homologer
Lage einfügt
Es ist zweckmässig, das vorstehende Resultat noch in
anderer Form auszusprechen. Hierzu beachten wir die Sätze
allgemeiner Art, welche oben über die aus den Bereichen O
bestehenden Ranmtheilungen abgeleitet worden sind. Wir
haben gesehen, dass die Gruppe F eine solche Zerlegung in
eine Punktgruppe G' und eine unendliche Reihe von Opera-
tionen r' zulässt, dass alle Bereiche 9, ^^y Og . . . aus 4>
durch die Operationen der Reihe JT" hervorgehen. Also folgt:
Lehrsatz XIX. Jeder zur Gruppe F gehörige regelmässige
Molekelhaufen, dessen Molekel 11 hei den Operationen der in F
enthaltenen Gruppe G' in sich übergeht, kann dadurch erzeugt
werden, dass man die Molekel ^ einer gewissen Beihe F' von
Operationen unterunrft. Diese ist so bestimmt, dctös F durch
Multiplication von G' und V entsteht
- 593 -
Bemerkung. Wir sind in § 14 zu der Erkenntniss ge-
langt, dass der Bereich O nicht in allen Fällen einfach
zusammenhängend ist. Eine Raumtheilung^ deren Funda-
mentalbereiche sich gegenseitig durchdringen , würde auf
Molekelhaufen führen , deren Molekeln sich gleichfalls theil-
weise durchdringen. Derartige Gebilde sind selbstverständlich
ohne jede krystallographische Bedeutung und können daher
unberücksichtigt bleiben. Aus diesem Grunde sind die vor-
stehenden Sätze meist so abgefasst worden, dass sie an die
Molekelhaufen und nicht an die Raumtheilung anknüpfen.
§ 21. Beispiele von Molekelhanfen mit symmetrischen
Molekeln. Die Theorieen von Sohnoke und Wulff. Die
einfachsten Beispiele von Molekelhaufen mit symmetrischer
Molekel sind die Bravais 'sehen Molekelgitter. Wir haben
dieselben an den verschiedenen Stellen dieser Schrift so aus-
führlich erörtert; dass wir einer nochmaligen Discussion der-
selben enthoben sind.
Auch die Wulff 'sehe Theorie^) operirt, wie bereits am
Ende von Cap. IV erwähnt worden ist, mit symmetrischen
Molekeln y resp. mit symmetrischen Atomcomplexen, welche
die individuelle Einheit des Krystallaufbaues darstellen. Aus
Gründen, von denen hier abgesehen werden kann, behält
Wulff von allen regelmässigen Molekelhaufen nur diejenigen
bei, in welchen eine „natürliche*' Zusammenfassung der Mo-
lekeln zu symmetrischen Complexen möglich ist.^) Dies heisst
aber, in die hier gebräuchliche Ausdrucks weise übersetzt^
nichts anderes, als dass nur diejenigen Molekelhaufen, resp.
nur diejenigen Raumgruppen F benutzt werden, für welche
1) Vgl. üeber die regelmässigeD Punktsysteme, Zeitschr. f. Ery stall.
Bd. 13, S. 603 £P. Der Wertb dieser Arbeit besteht darin, dass Wulff
zum ersten Mal für jedes der Sohn cke' sehen Punktsysteme (vgl. S. 694)
nachwies, welche besondere Symmetrie ihm zukommt. Dies war von
Sohncke selbst nicht in so detaillirter Weise geschehen. Vgl. auch
die Bemerkungen auf S. 617 ff. Bezüglich der grossen Zahl von Unter-
abtheilungen, welche in dieser Arbeit für jedes Ery stall system postulirt
werden, verweise ich auf S. 667.
2) a. a. 0. S. 607 ff.
Schoen flies, Kryttellstnietar. 88
— 594 —
ein symmetrischer Bereich O existirt^ dessen Symmetrie genau
mit der Symmetrie der zu F isomorphen Punktgruppe G
übereinstimmt Hierauf läuft die von Wulff aufgestellte For-
derung einer natürlichen Zusammenfassung der Molekeln in
letzter Linie hinaus. Alle andern Raumgruppen werden daher
von Wulff als krystallographisch untauglich betrachtet und
deshalb verworfen, im besondern alle diejenigen, welche eigent-
liche Schraubenstructur aufweisen.*) Die Bravais'schen Molekel-
gitter und die WulflF'schen Punktsysteme sind, wenn man
die Bravais'sche Molekel in ihre Atome auflost, identisch;
die Differenz reducirt sich auf einen blossen Unterschied in
der Bezeichnung.
Die Sohncke'sche Theorie benutzt zur Erzeugung der
regelmässigen Molekelhaufen Aur Bewegungsgruppen. Dies
gilt sowohl von derjenigen. Form derselben, in welcher sie
zuerst zur Darstellung gelangte, als auch von der ihr später
gegebenen Erweiterung. Die Folge hiervon ist, dass auch bei
dieser Theorie die Symmetrie der Molekelhaufen nicht in allen
Fällen ausschliesslich in der Structur begründet ist. Dies ist
vielmehr nur für diejenigen der Fall, welche ausschliesslich
mit Axensymmetrie behaftet sind. Um diese Behauptung zu
erhärten, erinnern wir daran, dass ein Molekelhaufen, der mit
beliebiger Ausgangsmolekel (i aus einer Bewegungsgruppe F
abgeleitet wird, gemäss § 16 nur diejenige Axensymmetrie
besitzt, welche der zu F isomorphen Punktgruppe G eigen-
thümlich ist. Um nun Molekelhaufen zu construiren, welche
auch Ebenensymmetrie enthalten, wird der Schwerpunkt der
Molekel ft in eine besondere Lage gebracht, nämlich in die-
jenige Ebene, welche Symmetrieebene werden soll. Soll z. B.
ein Molekelhaufen hergestellt werden, welcher der Holoedrie
des rhomboedrischen Systems entspricht, so hat man von
irgend einer Gruppe 2)3, z. B. von Dg*, auszugehen und den
erzeugenden Constructionspunkt M in die Ebene Ca zu legen,
welche (vgl. Fig. 60, S. 461) gemäss Cap. IX, § 10 eine Sym-
metrieebene des Axensysteras der Gruppe S)^* ist.
1) a. a. O. S. 509 ff.
— 595 -
Der regelmässige Molekelhaafen^ dessen Schwerpunkte das
aus einem beliebigen Punkt M entstehende Punktsystem bilden,
hat nämlich, wie eben erwähnt, im Allgemeinen nur die Axen-
Symmetrie der Gruppe 2)3*. Nun bestimmt die Ebene Ca mit
der Gruppe Sig*, wie wir a. a. 0. gesehen haben, die Gruppe
^s^d\ andrerseits geht der in 6a liegende erzeugende Punkt M
durch Spiegelung gegen öa in sich selbst über-, es entsteht
daher, wenn dieser Punkt M den sämmtlichen Operationen der
Gruppe ^3^d unterworfen wird, dasselbe Punktsystem, das sich
auch bei Ausführung der Bewegungen der Gruppe Dj^ ein-
stellt. Es folgt daher, dass das aus 3)3^ abgeleitete Punkt-
system in diesem Fall wirklich die Symmetrie der Gruppe ^s^/
besitzt.
Nun ist aber der Punkt M nur der Vertreter einer Mo-
lekel n] geht daher der Punkt M bei einer Deck Operation in
sich selbst über, so gilt dies auch von der Molekel, welche
durch ihn dargestellt wird. Demnach folgt, dass die Molekel (i
eine Symmetrieebene besitzt, nämlich die Ebene öa' Wir
können hinzufügen, dass der Molekelhaufen derjenigen Raum-
theilung mit symmetrischem Fundamentalbereich O entspricht,
die wir oben als vorletztes Beispiel auf S. 583 erörtert haben.
In dieser Weise ist immer zu verfahren, wenn die
Sohncke'sche Theorie Molekelhaufen liefern soll, die auch
Symmetrieeigenschaften zweiter Art aufweisen. Eine Gruppe F,
welche derartige Molekelhaufen zu erzeugen im Stande ist,
hat stets die Eigenschaft, dass sich aus ihr durch Multipli-
cation mit einer Symmetrieebene oder einem Symmetrie-
centrum eine Gruppe Fj höherer Symmetrie ableiten lässt.
Wird nun der erzeugende Gonstructionspunkt in das bezQg-
liche Symmetrieelement verlegt, so kommt allerdings dem aus
der Gruppe F abgeleiteten Punktsystem die höhere Symmetrie
der Gruppe F^ zu; gleichzeitig wird aber dadurch der er-
zeugenden Molekel eine Symmetrieeigenschaft aufgeprägt. Es
ist klar^ dass jede Ortsbeschränhung des Constfw^ionspunkies auf
eine Specialisirung der Molekel hinausläuft
Die letztere Thatsache ist lange übersehen worden, und
zwar deswegen, weil man allgemein statt mit den Molekel-
38 •
- 596 -
häufen mit den von ihren Schwerpunkten gebildeten Punkt-
systemen operirte. Der Punkt besitzt aber die Symmetrie
einer homogenen Kugel; wenn man daher bloss mit Punkt-
systemen operirt, so bedeutet dies nicht mehr und nicht
weniger, als dass man den Molekeln stillschweigend die
höchste Symmetrie beilegt, die es giebt. Natürlich können
die fßr Punktsysteme abgeleiteten Resultate auch för be-
liebige Molekeln giltig bleiben; es kann aber auch umgekehrt,
wie in dem vorliegenden Fall, die Einführung der Punkte von
Einfluss auf die Qualität der Molekel sein, welche durch den
Punkt repräsentirt wird.
Als letztes specielles Beispiel behandeln wir die von
Mallard construirte Structur des Quarzes.^) Der Quarz ge-
hört dem rhomboedrischen Krystallsystem an, und zwar der
enantiomorphen Hemiedrie desselben, deren Symmetrie durch
die Gruppe D3 dargestellt wird. Im Hinblick auf die dem
Quarz eigenthümliche Circularpolarisation des Lichts hat man
schon seit längerer Zeit versucht, für die Molekularstrnctur
eine Form zu finden, welche die Rechtsdrehung resp. Links-
drehung unmittelbar verständlich macht. Einen Anhalt hier-
für bietet die Entdeckung von Reusch, dass, wenn man eine
Zahl Glimmerblättchen von möglichst gleicher Dicke so über
einander legt, dass die optischen Axenebenen je zweier auf
einander folgenden Blättchen in demselben Sinn einen Winkel
von 120® bilden, diese Glimmcjrcombination ebenfalls Circular-
polarisation zeigt, und zwar Rechtsdrehung oder Linksdrehung,
je nachdem der Drehungssinn des bezüglichen Winkels der Uhr-
zeigerbewegung oder der umgekehrten Bewegung entspricht*)
Dementsprechend hat Mallard folgende Structur des
Quarzes angegeben. Man denke sich ein gleichseitiges Punkt-
netz (vgl. Fig. 60, S. 461) und stelle in jeden Netzpunkt eine
Molekel, die eine zweizählige Symmetrieaxe besitzt, und zwar
so, dass die Symmetrieaxe in eine Seite oder in eine Höhe
des primitiven gleichseitigen Dreiecks fällt. Femer ertheile
1) Vgl. trait^ de cristallogr. Bd. 2, S. 813.
2} üeber Glimmercorobinationen. Poggend. Annalen, Bd. 138, S. 628.
— 597 —
Pig. 71.
A'
man allen Molekeln des Netzes parallele Orientirung. Schichtet
man nun solche Ebenen so über einander, dass in je zwei
auf einander folgenden Ebenen die Molekeln resp. deren Axen
um 120^ gedreht sind^ so entsteht der von
Mallard für den Quarz construirte Mo-
lekelhaufen. Die Lage der Molekeln resp.
ihrer Axen in zwei folgenden Ebenen ist
durch nebenstehende Figur dargestellt^)
Der so beschriebene Molekelhaufen
kann aus einer der Gruppen 2)..,^ resp. ^^
erzeugt werden. Beispielsweise benutzen wir
hierzu die Gruppe ^3^ Sie enthält lauter
dreizählige parallele Schraubenaxen, welche
resp. durch -4, B, Gy A^, A^ . . . und die entsprechenden Netz-
punkte hindurchgehen. Ausserdem enthält sie zweizählige
Neben axen ; welche in Ebenen gleichen Abstandes auf ein-
ander folgen. Jede Ebene enthält nur Axen einer Richtung;
die durch A und A' gehenden Axen u und u^ zeigt die vor-
stehende Figur. Wird nun die Ausgangsmolekel fi so an-
genommen^ dass sie die Gerade u als Symmetrieaxe besitzt
und den Punkt A enthält, so geht aus ft durch die Bewe-
gungen der Gruppe ^3 oder auch durch diejenigen von 63'
genau der Mallard'sche Molekelhaufen hervor.') In die Axe a
fallen nämlich wegen der zu a gehörigen Schraubenbewegung
lauter um je 120^ gedrehte Molekeln, und dasselbe gilt daher
für die mit a gleichwerthigen Axen a^^ a^ \x. s. w. In die
Axen h und c dagegen fällt, da sie mit a nicht gleichwerthig
sind, keine Molekel. Dies zeigt, dass in der That hier ein mit
symmetrischer Molekel gebildeter Molekelhaufen allgemeiner
Structur vorliegt; die Symmetrie der Molekel ist durch die
Gruppe G^ bestimmt, nebenbei bemerkt, die einzige in ^^
euthaltene Punktgruppe wirklicher Symmetrie.
Wir fügen schliesslich uoch eine Bemerkung darüber an,
1) Die Axe der Molekel ist in der Figur in eine Höhe des Drei-
ecks ABC gelegt worden.
2) Vgl. Sohncke, Ueber Spaltnngsflächen u. b. w. Zeitschrift f.
Kiystall. Bd. 13, S. 234.
— 598 —
zu welchen Structuren man bei der Bravais'schen Gitter-
theorie^ bei der Sohncke'schen Theorie und bei der reinen
Structurtheorie im engeren Sinn überhaupt gelangt
Von der Bravais'schen Theorie haben wir gesehen , dass
ihre Molekelhaufen sich nur mittelst solcher Raumgruppen F
erzeugen lassen^ welche die zu F isomorphe Punktgruppe G
als Untergruppe enthalten. Die Symmetrie der Molekel ist
stets durch die Gruppe G gekennzeichnet. Ihre Anzahl ist
nicht gross-, jeder Krystallclasse entsprechen im Allgemeinen
soviele, als es Translationsgrnppen fQr dieselbe giebt^); im
Ganzen existiren 73 solcher Gruppen.
Molekelhaufen^ welche der Sohncke'schen Theorie ent-
sprechen, lassen sich erstens aus allen Bewegungsgruppen ab-
leiten^ zweitens aber auch aus denjenigen Raumgruppen, die
aus einer Bewegungsgruppe durch Multiplication mit einer
Spiegelung oder Inversion hervorgehen. Die Symmetrie der
Molekel ist durch S resp. S^ gegeben. Dagegen gelangt man
von der ursprünglichen Sohncke'schen Theorie aus nicht zu
denjenigen Molekelhaufen, deren Raumgruppe unter ihren
Operationen zweiter Art eine reine Spiegelung oder eine In-
version nicht enthält Solcher Raumgruppen giebt es 39, so
dass die Sohncke'sche Theorie im Ganzen 191 verschiedene
Gattungen von Molekelhaufen herstellen kann.
Endlich ist zu sagen, dass, wenn die Bravais'schen Mo-
lekeln und die symmetrischen Sohncke'schen Molekeln in
Atomcomplexe aufgelöst werden, aus den Molekelhaufen mit
symmetrischer Molekel diejenigen einfachen Molekelhaufen ent-
stehen, welche den Raumtheilungen mit dem Bereich q) ent-
sprechen. Für diese Molekelhaufen läuft daher bei der Auf-
losung der Molekeln in gleichwerthige Atomcomplexe der
Unterschied der Theorieen auf eine Differenz der Bezeich-
nungsweise hinaus.
Handelt es sich z. B. um einen Molekelhaufen, welcher
sich mit beliebiger Ausgangsmolekel durch die Operationen
1) Unbeschadet deijenigen, bei denen das Gitter fiberflussige Sym-
metrie besitzt, vgl. S. 315.
— 599 -
Kg. 7».
^\
o*y
6,
der Gruppe 64, a^ ergiebig so können wir ihn folgendermassen
construiren. Da die Gruppe 64,*^ das Product der Punkt-
gruppe C^ mit der Translationsgruppe F^ ist, so unterwerfen
wir zunächst die Molekel fi allen Operationen von (7/; da-
durch ergeben sich acht Molekeln 1, 2, 3, 4, resp. 1', 2', 3', 4',
und zwar sind 1, 2, 3^ 4 congruent^ die
übrigen jedoch mit ft spiegelbildlich gleich.
Sie liegen um die Axe a^ wie Figur 72
zeigt, und symmetrisch gegen die Zeich-
nungsebene, so dass die Projectionen von
1, 1\ 2, 2^, 3, 3', 4, 4' auf dieser Ebene
zusammenfallen. Diesen Molekelcomplex
unterwerfen wir nun den sämmtlichen
Translationen von jT,, so entsteht dadurch der zu ^4,^^ ge-
hörige Molekelhaufen; um jeden Punkt des in der Zeichnungs-
ebene entstehenden quadratischen Netzes liegt je ein Complex
von acht Molekeln. Fassen wir nun in diesem Molekelhaufen
jedes Paar 1 1', 2 2', 3 3', 4 4t zu je einer einheitlichen Mo-
lekel fi' zusammen ; so erhalten wir den der Sohncke'schen
Theorie entsprechenden Molekelhaufen, und wenn wir endlich
jeden Molekelcomplex zu einer körperlichen oder ideellen Ein-
heit verbinden, so ergiebt sich die Structur des bezüglichen
Bravais'schen Molekelgitters.
§ 22. Symmetrie der regelmässigen Molekelhaufen.
Wir haben die Symmetrie eines Molekelhaufens durch die
Deckoperationen deßnirt, welche ihn in sich überführen. Bil-
den diese Deckoperationen die Gruppe Fj so ist F diejenige
Gruppe, welche die Symmetrie bestimmt. Nun ist aber jede
Baumgruppe F einer der 32 Punktgruppen G isomorph, und
zwar besteht der Isomorphismus der Gruppen G und F darin,
dass jeder n- zähligen Axe von G eine Schaar paralleler
n- zähliger Axen von F und jeder Symmetrieebene von G
eine Schaar paralleler Ebenen von F entspricht, die entweder
Symmetrieebenen oder Ebenen gleit-ender Symmetrie sind. Die
Symmetrieelemente von F unterscheiden sich also von denen
der Gruppe G nur durch Translationen. Diese kommen aber
für die Symmetrie nicht in Betracht; die Symmetrie eines Mo-
— 600 —
lekelhaufens, dessen sämmtliclie Deckoperationen die Gruppe F
bilden, wird daher durch die Gruppe G gekennzeichnet.
Um ein Beispiel anzuführen, betrachten wir einen Mo-
lekelhaufen, welcher sich mittelst einer zur Tetraedergruppe T
isomorphen Raumgruppe % erzeugen lässt Wir gehen zu
diesem Zweck auf die allgemeinen Anforderungen zurück, die
an einen Molekelhaufen zu stellen sind, damit man ihm die
Symmetrie der Gruppe T beilegen kann. Die Tetraeder-
gruppe T besitzt drei zu einander senkrechte zweizählige und
vier dreizählige Axen; ihre gleich werthigen Geraden
ergeben sich, wenn g' allen den bezüglichen Drehungen unter-
worfen wird. Ein Molekelhaufen, der die Erystallsymmetrie T
besitzt, muss daher die Eigenschaft haben, dass die zu g'y ^/,
92 ' ' ' gN—i parallelen Geraden, welche ihn durchsetzen, phy-
kalisch gleichwerthig sind, d. h. gleiche Lage zur Gesammt-
heit der Molekeln haben. Diese Forderung zerfallt in zwei
Theile. Was die parallelen Geraden betrifft, so haben wir
bereits Cap. I, § 6 (S. 242) gesehen, dass die Forderung nicht
für alle parallelen Geraden erfüllt ist und erfüllt zu sein
braucht; nur diejenigen parallelen Geraden haben gleiche Lage
zur Gesammtheit der Molekeln, welche aus einer durch die
Deckschiebungen des Molekelhaufens hervorgehen. Der zweite
Theil der obigen Forderung beschränkt sich daher darauf,
dass es im Molekelhaufen für eine beliebige Gerade g, die
zu g' parallel ist, irgend eine zu g'i parallele Gerade (/,- giebt,
welche die nämliche Lage zur Gesammtheit der Molekeln
hat, wie g. Geht nun g'i aus / durch die Drehung Sf hervor,
so giebt es in jeder Gruppe % Bewegungen 91, die zu 9t'
isomorph und gleichzeitig Deckoperationen des Molekel-
haufens sind. Da nun isomorphe Bewegungen in der Axen-
richtung und im Winkel übereinstimmen, so giebt es wirklich
eine Gerade gi parallel zu p,', welche die gleiche Lage zu den
Molekeln hat, wie g,
Uebrigens ist zu bemerken, dass es auch für jedes Bra-
vaift'sche Molekelgitter N gleichwerthige Geraden
— 601 —
giehi, die sich iu demselben Punkte schneiden. Jeder Gitter-
punkt hat diese Eigenschaft. Für die andern Molekel häufen
existiren derartige Punkte nicht.
Das vorstehende ist davon unabhängig, ob die Molekeln fi
symmetrisch sind oder nicht. Für die obigen Schlüsse kommen
nämlich immer nur die Deckoperationen der Gruppe F selbst
in Frage, während es ganz ohne Belang ist, worin die Mög-
lichkeit der Deckoperationen begründet ist. Also folgt:
Lehrsatz XX. Die aas gleichartigen Molekeln (i gebildeten
regelnlässigen Molehelhaufen zerfallen rücksichtlich ihrer Symme-
trie in dieselben 32 Glassenf tvie die Krystalle, welches auch die
Qualität der constituirenden Molekeln fi sein mag.
Damit ist der in Cap. I (S. 244) in Aussicht gestellte
Nachweis geliefert; gleichzeitig ist damit von neuem die Noth-
wendigkeit in's Licht gesetzt, mit Molekeln von zweierlei
Typus, congruenten und spiegelbildlich gleichen, zu operiren.
Bezüglich der Art, in welcher die Symmetrie des Molekel-
baufens von der Structur und der Molekelqualität abhängt,
besteht dagegen eine wesentliche Differenz zwischen denjenigen
Molekelhaufen, die mit beliebigen, und denjenigen, die mit
symmetrischen Molekeln aufgebaut sind. Für die letzteren
existiren Deckoperationen, welche die einzelnen Molekeln in
sich überführen. Die Deckoperationen der Gruppe F sind
daher theilweise durch die Symmetrie der Molekel bedingt.
Es ist klar, dass, wenn wir der Molekel (i ihre Symmetrie
nehmen, nicht mehr alle Deckoperationen der Gruppe F zulässig
bleiben. In diesem Fall beruht demnach die Symmetrie des
Molekelhaufens zum Theil auf der Symmetrie der Molekel,
und nur zum Theil auf der Anordnung der Molekeln, d. h^ auf
der Structur.
Ebenso ist das Umgekehrte richtig. Es sei $ ein Mo-
lekelhaufen, welcher aus gleichartigen Molekeln besteht. Wir
nehmen an, dass G^^ die Gesammtsymmetrie der Molekel dar-
stelle, und nennen wie immer F die Gruppe der für den
Molekelhaufen characteristischen Deckoperationen. Nun sind
— 602 —
zwei Fälle möglich. Entweder giebt es unter den Operationen
von r — abgesehen von der Identität — keine; welche die
Molekel fi in sich überführt, oder es giebt solche Operationen.
Findet das erste statt, so ist die vorausgesetzte Symmetrie
der Molekel auf die Symmetrie des Molekelhaufens ohne Ein-
flusS; der Molekelhaufen entspringt aus einer einfachen Baum-
theilung in Bereiche fp, und seine Symmetrie ist ausschliess-
lieh von der Structur abhängig. Trifft dagegen der zweite
der obigen Fälle zU; so ist die Symmetrie des Molekelhaufens
auch von der Molekelsymmetrie abhängig. Ist jetzt^ wie oben,
G' diejenige grosste Untergruppe von F, deren Operationen
die Molekel ft in sich überführen, so ist in dem auf S. 590 an-
gegebenen Sinn G' die für die Molekel characteristische Sym-
metrie; der Molekelhaufen entspringt daher aus einer Raum-
theilung in Bereiche O, welche der Gruppe G' entspricht.
Alle Molekeln gehen aus einer von ihnen durch die in
Satz XIX genannte Reihe I^ von Operationen hervor und diese
Reihe bestimmt die Anordnung der Molekeln und damit die
Structur des Haufens $. Also folgt:
Lehrsatz XXI. Bilden die Deckoperationen eines Molekel'
liaufens die Gruppe JT, so beruht seine Symmetrie ausschliesslidi
auf der Structur^ wenn er mittelst der zu F gehörenden einfachen
BereieJie tp gebildet ist Wenn dagegen der Molekelhaufen mittelst
der Bereiche 9 von der Symmetrie G' entsteht, so beruht seine
Symmetrie theils auf der Structur y tJheüs auf der Symmetrie der
Molekeln, Die cJiaracteristische Molekelsymmetrie ist mit der
Symmetrie G' des Bereiclies O identisdi.
§ 23. Die überhaupt möglichen Strooturtheorien,
welche mit regelmässigen Molekelhaufen operiren. Es sei
K ein Krystall, dessen Symmetrie durch die Gruppe G ge-
kennzeichnet ist. Es fragt sich, auf wie vielerlei Art der-
selbe durch einen Molekelhaufen dargestellt werden kann,
dessen Symmetrie mit derjenigen der Gruppe G überein-
*^ stimmt. Ist F eine zu G isomorphe Raumgruppe, so ist zu-
nächst klar, dass jede derartige Gruppe F benutzt werden
kann, um einen Molekelhaufen von der Symmetrie G zu con-
struiren. Besitzt nun F keinerlei Untergruppe G\ so ist dies
- 603 —
allein so möglich , dass eine beliebige Molekel fi sämmt-
liehen Operationen von F unterworfen wird. Die Form und
Qualität der Ausgangsmolekel bleiben ganz unbestimmt. Wenn
dagegen die Gruppe F Punktgruppen G' als Untergruppen
enthält; so sind im Allgemeinen mehrere Methoden vorhanden,
um einen Molekelhaufen ^ zu erzeugen, dessen Deckopera-
tionen die Gruppe F bilden. Wenn nämlich die Gruppe G
zu einer Raumtheilung mit einfachen geschlossenen Funda-
mentalbereichen 0 gehört; so lässt sich ein zur Gruppe F
gehöriger Molekelhaufen auch mittelst symmetrischer Molekeln
erzeugen; die Symmetrie der Molekel muss in diesem Fall
mindestens diejenige der Gruppe G' sein, im übrigen aber ist
die Molekel nach Form und Qualität beliebig. Jeder Gruppe Cr'
der betrachteten Art entspricht dem Satz XXI zufolge eine
andere Structur des Molekelhaufens. Wir erhalten daher so
viele Möglichkeiten, Molekelhaufen von der Symmetrie G
und der Gruppe F zu bilden, als in F Untergruppen G' der
betrachteten Art existiren. Beachten wir, dass, wie aus dem
genannten Satz folgt, für jeden solchen Molekelhaufen die
Structur durch die Operationen J^, die Molekelqualität durch
die Gruppe G' bestimmt ist, so ergiebt sich:
Lehrsatz XXII. Molekelhaufen ^ deren Symmetrie G, und
deren BaumgruppO' F ist, lassen sieh auf so viele Arten bilden,
als es in F üntergruj^pen G' giebt, denen eine Baumtheilung in
geschlossene Bereiche entspricht. Die Gruppe G' bestimmt die
Moldcelqualität, die Operationen r', aus denen die Gruppe F
durch Multiplication mit G' entsteht, stellen die Structur dar.
Der vorstehende Satz ist von ausserordentlicher Wich-
tigkeit; gegen ihn darf bei der Gonstruction der Molekular-
structur eines Krystalles nicht Verstössen werden.
Jede hypothetische Structur eines Krystalles muss daher
mit ihm in Uebereinstimmung befindlich sein, wenn sie nicht
allein eine einzelne Erscheinung erklären, sondern auch die
Symmetrie des Krystalles zur Anschauung bringen soll. Diese
Thaisache ist bei der Angabe der Molekelanordnungen, welche
einen Krystall darzustellen bestimmt sind, nicht immer beachtet
worden. Dies trifft unter anderm auch diejenigen Molekel-
— 604 —
häufen, durch welche Mallard die mit Circularpolarisation
behafteten Krystalle des tetragonalen resp. regulären Systems
erklären will.^) Diese Molekelhaufen sind mit einem Gitter
des tetragonalen Systems ^ aber mit asymmetrischer Molekel
aufgebaut, ihre Symmetrie kann daher unmöglich durch
eine dem tetragonalen System zugehörige Gruppe characte-
risirt sein.
§ 24, Wir haben oben bei der Discussion der Raum-
theilungen darauf hingewiesen, dass es schliesslich von unserer
Auffassung abhängt, ob wir die Bereiche 97 oder die grosseren
Complexe ^ als die Fundamentalbereiche betrachten. Es ist
möglich für die eben erörterten Molekelhaufen ähnliche üeber-
legungen geometrischer Art anzustellen. Sie sind denen analog,
die wir oben bei der Untersuchung der Bravais'schen Molekel-
gitter angetroffen haben. Wir haben dort angenommen, dass
die in jedem Gitterpunkt vorhandene Molekel aus mehreren
getrennten Eörperelementen besteht, die aus einem beliebigen
durch die Deckoperationen der Molekel hervorgehen. Es liegt
nahe, diesem Gedanken auch für die vorstehenden Molekel-
haufen nachzugehen, und jede symmetrische Molekel (i in
ihre einzelnen Elementarbestandtheile ft', ft" . . . aufzulösen.
Ist G' wieder die Gruppe von ft, resp. von *, so hat dies
so zu geschehen, dass sich aus einem dieser Bestandtheile fi'
alle übrigen durch die Operationen von G' ergeben. In jeden
der Bereiche 97, aus denen der Bereich ^ zusammengesetzt
ist, tritt dabei je einer dieser Bestandtheile; die Gesammtheit
derselben bildet daher denjenigen Molekelhaufen, welcher sich
mittelst der Deckoperationen von F aus dem beliebigen Ele-
mentarth eilchen ft' erzeugen lässt.
Umgekehrt ist aber auch ersichtlich, dass ein mittelst
der vorstehenden Gruppe F aus einer beliebigen Ausgangs-
molekel abgeleiteter Molekelhaufen diejenige Auffassung zu-
lässt, von der wir ursprüglich ausgingen. Wie wir nämlich
je m Bereiche tp einer einfachen, zu F gehörigen Raumtheilung
in Gedanken zu einem Bereich O zusammenfassen können, so
1) Traitä de cristallographie, Bd. 2, S. 320 ff.
— 605 —
lassen sich auch die m Molekeln (i^ welche in diesen Be-
reichen fp liegen^ zusammen als eine höhere körperliche Einheit
betrachten. Wenn wir dieser Vorstellung Raum geben, so
erscheint sofort der Molekelhaufen aus lauter Molekelcomplexen
aufgebaut, von denen jeder die Symmetrie der Gruppe G' besitzt.
Wir erhalten also den Molekelhaufen, von dem wir oben ausgingen.
Wenn wir daher bei den hier betrachteten Molekelhaufen die
symmetrischen Molekeln in der angegebenen Weise in Einzel-
atome auflösen, so ist eine geometrische Differenz zwischen den
MolekeThaufen, die mit leliehiger oder mit symmeUischer Molekel
gebildet sind, überhaupt nicht mehr vorhanden. Die Vorstellung,
die wir uns von ihnen bilden, ist wechselnder Natur, sie hängt
davon ab, worin wir die letzte individuelle Einheit des Kry-
stallaufbaues erblicken wollen. Hierin haben wir vollständige
Freiheit.
Ausdrücklich möge bemerkt werden, dass die Symmetrie
des Molekelhaufens dadurch in keiner Weise beeinSusst
wird. In der That leuchtet ein, dass die Symmetrie eine
geometrische Eigenschaft ist, die unmöglich von der sub-
jectiven Festsetzung darüber abhängig sein kann, worin wir
die letzten individuellen Bestandtheile der Molekelhaufen er-
blicken wollen.
Wenn wir daher mittelst einer Gruppe F Molekelhaufen
construiren wollen, welche einem Krystall von der Gruppe G
entsprechen, so haben wir uns zunächst darüber zu entscheiden,
wie wir den Erystallbaustein annehmen wollen, symmetrisch
oder nicht. Wie wir eben bewiesen haben, ist dies für den
Fall, dass die Gruppe F Untergruppen 6?' besitzt, auf ver-
schiedene Weise möglich; jede Wahl entspricht einer dieser
Untergruppen G\ Ist aber diese Wahl einmal erfolgt, so ist
damit auch die die Krystallsubstanz bildende letzte Körper-
einheit bestimmt; für den mit ihr gebildeten Molekelhaufen
unterliegt daher die Einheit des Krystallaufbaues nicht mehr
dem Wechsel. Den oben erwähnten geometrischen Zerle-
gungen und Zusammenfassungen ist daher ein unmittelbarer
krystallographischer Sinn für einen aus bestimmten Individuen
aufgebauten Molekelhaufen nicht mehr beizulegen. Die Willkür
— 606 —
der Auffassung, die sich in ihnen ausspricht, tritt vielmehr
krystallographisch darin zu Tage, dass bei der Construction
des Molekelhaufens, welcher den Krystall repräsentiren soll,
die Walil der Ausgangsmolekel in gewisser Beziehung unserm
Ermessen anheimgestellt bleibt. Uebrigens wird man im
Interesse der Anschaulichkeit die Molekeln so weit als mög-
lich zu symmetrischen Bausteinen zusammenfassen. Es folgt:
Lehrsatz XXIIL Durch jede Untergruppe G' einer Raum-
gruppe F, die zu einer aus geschlossenen Bereichen <b besteftenden
Raumtheilung führt, wird eine andere Auffassung über den Auf-
hau der Krystallmasse ermöglicht. Sie ist dadurch gekennzeichnet,
dass die Structur immer durch die Operationen f repräsentirt
wird, welche durch Multiplication mit 6?' die Gruppe F erzeugen,
wahrend die Gruppe 6r' den Krystallhausteinen die durch sie
bestimmte Symmetrie aufprägt.
§ 25. An und für sich lässt sich keine der hiermit an-
gedeuteten molekularen Erzeugungsarten des Erystalles abweisen;
man kann daher die Symmetrie eines Molekelhaufens, welcher
einen gegebenen Krystall darzustellen geeignet ist, in mannig-
facher Weise begründen. Historisch liegt allerdings die Sache
so, dass im Wesentlichen nur zwei der bezüglichen Auffas-
sungen zur consequenten Ausgestaltung von Structurtheorien
benutzt worden sind. Für die eine ist die Untergruppe <?'
direct die zu F isomorphe Punkt^uppe, für die andere ist sie
die Identität.
Die erstere Auffassung entspricht der Bravais'schen Gitter-
theorie. Sie setzt voraus, dass die Molekeln ft, welche den
Krystall aufbauen, genau die Symmetrie des Krystalles be-
sitzen. Ist dies nicht der Fall, so verlieren die Molekelhaufen
— wenigstens theilweise — ihre Symmetrieeigenschaften;
die Bravais'sche Theorie erklärt daher die Symmetrie der
Molekelhaufen nur zum Theil aus der Structur. Da sie ver-
langt, dass die Raumgruppe F, welche zur Construction des
Molekelhaufens zu benutzen ist, die zu F isomorphe Punkt-
gruppe als Untergruppe enthält, so beschränkt sie sich auf den
Gebrauch derjenigen Raumgruppen, welche sich durch MuUipli'
— 607 -
cation der Punhtgruppe G mit einer geeigneten Translationsgruppe
bilden lassen. Für jede der 32 Krystallclassen sind derartige
Raumgrappen vorhanden; wie wir in den vorstehenden Ca-
piteln abgeleitet haben, giebt es für jede Krystallclasse im
Allgemeinen so viele, als die Zahl der Translationsgruppen
beträgt, welche für das bezügliche Krystallsystem vorhanden
sind. Eine Ausnahme tritt nur für das rhomboedrische, te-
tragonale und hexagonale System ein; für sie giebt es in
manchen Fällen mehrere Raumgruppen ^ welche durch Multi-
plication der bezüglichen Punktgruppe mit derselben Trans-
lationsgruppe entstehen.^)
Die Auffassung, welche G' als die Identität voraussetzt,
ist diejenige, welche sich, wenn man von den allgemeinsten
Raumgruppen ausgeht, zunächst darbietet. Für sie repräsen-
tiren die Operationen der Reihe I^ die Raumgruppe F selbst;
jede Baumgruppe F kann daher zur Construction solcher Molekel-
häufen benutzt werden. Die Aasgangsmolekel, aus welcher der
Molekelhaufen in Folge der Operationen von F entsteht, ist
beliebig; ihre Form und Zusammensetzung, sowie ihre Wir-
kungsweise unterliegt keinerlei Bedingungen.^) Die Symme-
trie dieser Molekelhaufen beruht somit ausschliesslich auf der
Structur.
1) Vgl. S. 567.
2) Die Molekel kann im Allgemeinen aacb symmetrisch angenommen
werden, ohne dass sich der Symmetriecharacter des Molekelhaufens da-
durch ändert. Es kann jedoch Ausnahmefalle geben. Bisweilen bedingt
nämlich eine mit gewisser Symmetrie behaftete Molekel neue Deck-
operationen des Molekelhaufens. Man vergleiche z. B. die Erörterungen
von § 21. Dies wird bei einem zur Gruppe F gehörigen Molekelhaufen
immer und nur dann der Fall sein, wenn sich aus F eine Gruppe höherer
Symmetrie T^ ableiten lässt, und die Molekel eine solche Lage hat, dass
sie durch die erzeugende Operation in sich übergeht. In diesem Fall hat
der Molekelhaufen die Symmetrie der Gruppe F^; er ist von der Art
derjenigen, welche wir oben betrachtet haben. Soll daher der Molekel-
haufen die Symmetrie F erhalten, so haben wir zu vermeiden, dass ^
die angegebene Eigenschaft besitzt. Eiue eigentliche Beschränkung
liegt jedoch hierin nicht vor. Theoretisch nämlich ist die Thatsache,
dass höhere Eigenschaften, als diejenigen, welche die Theorie noth-
wendig vorschreibt, zu höherer Symmetrie führen, selbstverständlich.
- 608 —
Die einzige wirkliche Besonderheit, welche die Theorie
der Molekel auferlegt, besteht darin, dass sie für alle Erystalle,
welche Sjmmetrieeigenschaften zweiter Art besitzen, zweier
Arten von Molekeln bedarf; die einen sind den andern nach
Form und Qualität spiegelbildlich gleich. Dass hierin eine
Beschränkung nicht zu erblicken ist, dass vielmehr nur eine
natürliche Consequenz der kry stall ographischen Gleichwerthig-
keit der Symmetrieeigenschaften erster und zweiter Art vor-
liegt, haben wir bereits oben ausgeführt. Hier sei auf eine
andere Folgerung hingewiesen. Jeder Molekelhaufen, welcher
einen Krystall darstellen soll, der nur Axensymmetrie besitzt,
ist aus lauter congruenten Molekeln aufgebaut. Die Erystalle
dieser Art haben bekanntlich die Eigenthümlichkeit, in en-
antiomorphen Formen auftreten zu können. Die Molekel-
haufen, welche zwei derartige Krystalle darzustellen geeignet
sind, müssen daher einander spiegelbildlich gleich sein; für
ihren Aufbau sind also gleichfalls spiegelbildlich gleiche Mo-
lekeln zu verwenden, natürlich so, dass jeder einzelne Molekel-
haufen sich aus lauter congruenten Individuen zusammensetzt.
Dass auch der Windungssinn der Schraubenaxen für beide
Molekelhaufen der umgekehrte ist, haben wir oben S. 589
ausgeführt.
Die Gruppen G und die Identität sind die einzigen,
welche in jeder der 32 Punktgruppen G als Untergruppen
auftreten. Dies hat zur Folge, dass jede der beiden eben ge-
schilderten Theorieen die Symmetrie für jeden Krystall auf
die gleiche Weise zu begründen vermag. Dies ist eine Eigen-
schaft, welche sehr zur Empfehlung derselben beiträgt. Sie
erfiillt eine Bedingung formaler Natur, welcher eine einheit-
liche Theorie zu genügen hat, und befriedigt daher diejenigen
Ansprüche, welche wir in erkenntnisstheoretischer Hinsicht
jeder Theorie von vornherein stellen müssen. Für jede andere
und practisch liegt ja gerade der Schwerpunkt der obigen Theorie
darin, dass sie mit symmetrielosen Molekeln operirt. Uebrigens sind
derartige selbstverständliche Beschränkungen der Molekelqualität auch
der Bravais'Bchen Theorie eigen.
— 609 —
Vorstellung, welche wir Mr den Aufbau der Erystallsubstanz
zu Grunde legen können, trifft dies nicht mehr zu; es giebt
keine andere Gruppe ö', welche in allen Punktgruppen G als
Untergruppe enthalten ist. Damit ist eine andere Möglichkeit,
für alle Kystalle eine gleichartige Erklärung der Symmetrie
zu geben, ausgeschlossen. In der That operiren diejenigen
Auffassungen der Molecularstructur, welche ausser den oben
genannten bisher zur Darstellung gelangt sind, bald mit qua-
litätlosen Molekeln, bald aber mit Molekeln, die mit Sym-
metrie begabt sind. ^)
§ 26. Die variablen Grössen der reinen Stmcturtheorie.
Wir haben in Cap. IV, § 7 ausführlich dargestellt, dass för
die Bravais^Hche Gittertheorie einerseits die Form der Molekel,
andrerseits in den meisten Fällen auch das Raumgitter mehrfach
ausgewählt werden kann. Damit sind die variablen Parameter
der Gittertheorie genügend gekennzeichnet. Es fragt sich, welche
Variabilität der Molekelhaufen mit derjenigen Theorie vereinbar
ist, bei welcher die Symmetrie ausschliesslich auf der Structur
beruht und die wir daher als reine Stmcturtheorie , resp. im
Gegensatz zur Gittertheorie auch als Stmcturtheorie im engeren
Sinne bezeichnen können. Hier ist zu bemerken, dass einerseits
für jeden Erystall so viele Gruppen F zur Verfügung stehen,
als der Erystallclasse entsprechen, welcher er angehört, und
dass andrerseits die Molekel in Form und Qualität ganz un-
bestimmt bleibt In der That haben wir ja gesehen, dass die
Molekel weder in ihrer Form noch in ihrer Wirkungsweise
irgend einer wirklichen Beschränkung unterliegt; die Varia-
bilität derselben ist daher die höchste, die überhaupt möglich
ist. Zweitens möge darauf hingewiesen werden, dass die Lage
der Ausgangsmolekel fi zum Axensystem der Gruppe F, resp.
was dasselbe ist, ihre Lage im Fundamentalbereich beliebig
angenommen werden kann; je nach dem Platz, welchen fi im
Fundamentalbereich einnimmt, ergeben sich Molekelhaufen
von anderem Aussehen, und es wäre nicht undenkbar^ dass
die bezügliche Lagendifferenz gewisse physikalische Eigen-
1) Vgl S. 593 und 617 ff.
Sohoenfliei, Krjstalliitniottix 89
— 610 -
Schäften des Erystalls^ wie z. B. die Ausbildung der Flächen
beeinflusst. ^)
Endlich treffen aber hier auch diejenigen Bemerkungen
zu, welche oben bei Gelegenheit der Gittertheorie Platz ge-
funden haben; wie dort lässt sich, wenn nöthig^ die Trans-
lationsgruppe so specialisiren, dass ausser der Symmetrie ge-
wisse geometrische Besonderheiten der Erystallgestalten eine
Erklärung finden. Es ist nicht nothig, die dort angestellten
Ueberlegungen hier zu wiederholen. Um die Gleichartigkeit
dieser Verhältnisse für beide Theorieen in's Licht zu setzen,
genügt es^ auf die Erörterungen von S. 315 hinzuweisen; sie
zeigen, dass für die geometrischen Eigenthümlichkeiten, die
in dem bevorzugten Auftreten gewisser Erystallflächen, in der
Ausbildung der Grenzformen u. s. w. zu Tage treten, beide
Theorieen übereinstimmende Erklärungen liefern.
§ 27. Unmöglichkeit anderer Stmctnrtheorieen, welche
mit regelmässigen Molekelhaufen operiren. Diejenigen Structur-
theorieen, welche mit lauter gleichartigen Molekeln operiren,
sei es dass sie congruent oder auch spiegelbildlich gleich sind,
haben wir im vorstehenden eingehend dargestellt. Es er-
übrigt^ den Versuch zu machen, ob wir dadurch zu neuen
Theorieen gelangen, dass wir Molekelhaufen zu Grunde legen,
die sich aus mehreren verschiedenen Molekelarten aufbauen.
Ein solcher Versuch schlägt fehl.
Wir definiren, wie nothwendig, den Symmetriecharacter
eines Molekelhaufens wiederum durch die Deckoperationen,
die ihn in sich überführen, resp. durch die von ihnen gebildete
Gruppe r. Merken wir zunächst an, dass wir im Besitz aller
dieser Gruppen sind; jede von ihnen findet sich unter denjenigen,
die wir abgeleitet haben. Die Deckoperationen des Molekel-
1) Die drei Tetartoedrien , welche Wulff innerhalb des regulären
Systems aufgestellt hat, unterscheiden sich nur nach der Lage des Con-
struetionspunktes im Fundamentalbereich. Vgl. Üeber die Existenz ver-
schiedener Tetaxtoedrien im regulären System, Zeitschr. für Kiystall.
Bd. 13, S. 276. Ueber das Verhältniss derartiger Begriffsbestimmongen
zu den gewöhnlichen Principien der Systematik tgl. S. 319 nnd S. 657
dieser Schrift.
— 611 —
haufeDS sind so zu verstehen; dass jede Molekel nur in gleich-
artige Molekeln^ d. h. eongruente resp. spiegelbildlich gleiche
übergeht. Es seien
a, ß, r . . .
die verschiedenen Molekeln, oder genauer gesprochen solche,
die nicht mit einander zur Deckung gelangen. Wir fassen
wieder die zur Gruppe F gehörige Raumtheilung, resp. ihren
Fundamentalbereich 97 ins Auge. Derselbe ist dadurch de-
finirt, dass er von allen verschieden werthigen Punkten des
Raumes in seinem Innern je einen enthält; es muss daher
•auch von jeder Molekelart je eine in ihm liegen, wir können
diese Molekeln geradezu durch
a, ß, y . , .
bezeichnen. Daraus folgt, auf Grund der Untersuchungen
von § 17 ff., dass der ganze Molekelhaufen auf die Art erzeugt
werden kann, dass diese Molekeln den sämmtlichen Deck-
operationen der Gruppe F unterworfen werden.
Ist Je der Complex, welcher von den Molekeln a, /3, y...
gebildet wird, so setzt sich der gesammte Molekelhaufen aus
lauter solchen gleichartigen Complexen Je zusammen. Nun
haben wir oben gesehen, dass für die allgemeinen regel-
mässigen Molekelhaufen, die sich aus der Molekel (i durch
die Operationen von F ergeben, die Molekelqualität gänzlich
unbestimmt bleibt; es hindert also nichts, anzunehmen, dass ft
aus einzelnen Bestandtheilen verschiedener Art besteht. Diese
Annahme dürfte sich in, den allermeisten Fällen geradezu
als eine Noth wendigkeit herausstellen. Mit andern Worten,
wir dürfen festsetzen, dass wir unter der Molekel fi die Ge-
sammtheit aller Körperelemente verstehen wollen, welche sich
innerhalb des Fundamentalbereichs befinden. Von diesem Ge-
sichtspunkt aus bedeutet es aber nur öine Differenz im Aus-
druck, ob wir annehmen, der Molekelhaufen sei aus einem
einzigen oder aus mehreren verschiedenen Bausteinen auf-
gebaut ; durch Einführung mehrerer Gonstructionselemente
verschiedener Art können daher Molekelhaufen von neuer,
sonst nicht vorhandener Structur nicht auftreten. Damit ist
89*
— 612 —
die oben ausgesprocliene Behauptung in ihrem ganzen um-
fange erwiesen.^)
§ 28. Vergleich der Gittertheorie Tind der reinen
Struotiirtheorie. Handelt es sich darum zu prQfen, welcher
Theorie der Vorzug zu ertheilen ist, so können rerschiedene
Gesichtspunkte in Frage kommen. Was zunächst die Grund-
gedanken betrifiFfc, so läuft der Kunstgriff, den Brayais be-
nutzte, darauf hinaus, den Molekeln dieselbe Symmetrie bei-
zulegen, welche der Erystall besitzt. Er stattet die kleinsten
Theilchen genau mit denjenigen Eigenschaften aus, deren
Vorkommen erklärt werden soll; ein Verfahren, das häufig,
angewendet zu werden pflegt, um die physikalischen Erschei-
nungen unserm Verständniss näher zu bringen und oftmals
den ersten Versuch in dieser Richtung darstellt Dem gegen-
über bedeutet der Wiener-Sohncke'sche Grundgedanke, in-
dem er zur Erklärung der Symmetrie die Structur allein in's
Auge fasst, und die Forderung stellt, hierfür ganz auf die
Qualität der Molekel zu verzichten, einen bedeutenden er-
kenntnisstheoretischen Fortschritt. Die an diesen Gedanken an-
schliessende Auffassung ist daher durch eine grössere Vertiefung
des Problems und ein geringeres Maass von Vorassetzungen
1) Solche Systeme sind von Barlow znm Zweck der Erklärung
der Erystalkymmetrie angegeben worden; vgl. Probable nature of the
internal symmetry of crystala, Natnre Bd. 29, S. 106 und 205, sowie
A theory of the connection between the crystal form and the atom
composition of chemical Compounds, Chem. News, Bd. 63, S. 3 und 16.
Eine Yerallgemeinerong dieser Strueturen bildet die Sohncke'Bche Er-
weiterung seiner Theorie, Zeitschr. f. Erystall., Bd. 14, S. 426 ff. Die-
selbe lautet: „Ein Erystall (unendlich ausgedehnt gedacht) besteht ans
einer endlichen Anzahl in einander gestellter regelmässiger Punkt-
systeme, welche sämmtlich gleich grosse und gleich gerichtete Deck-
schiebungen besitzen.** Ueber die Tragweite dieser Formulirung vgl.
ausser dem obigen Text 'noch § 31 dieses Gapitels. Der Mangel der-
selben beruht darin, dass nicht die geometrisch concipirten Punkt-
systeme das eigentliche Substrat der krystallographischen Untersuchungen
bilden, sndern die wirklichen Molekelhaufen, und zwar macht sich dieser
Mangel besonders dann geltend, wenn man, wie vielfach geschehen, die
krystallographische Beziehung der Punktsysteme zu den Molekeln mehr
oder weniger aus den Augen verliert.
— 613 -V
ausgezeichnet. Sie besitzt überdies noch einen weiteren Vorzug
vor der Gittertheorie, der darin besteht, dass sie zu sämmt-
lichen regelmässigen Structuren und Molekelhaufen führt,
während die Gittertheorie, wie wir auf S. 598 erörtert haben,
nur die einfachsten Arten zu Rathe zieht. Auch dürfen wir
für sie das von Sohncke ausgesprochene Argument anführen,
dass es willkürlich ist, bei allen Erystallen ohne Ausnahme
die Structur als raumgitterartig Torauszusetzen, und dies um
so mehr, als andere regelmässige Structuren in der Natur
wirklich vertreten sind. „Warum sollte z. B. nicht diejenige
Structur möglich und sogar wahrscheinlich sein, bei der die
Molekelcentra ein Netz von regelmässigen Sechsecken bilden,
wie die Bienenzellen; und doch ist eine solche Anordnung
bei Annahme der Raumgitterstructur ausgeschlossen/'
Diesen Thatsachen gegenüber, welche zu Gunsten der
reinen Structurtheorie zu sprechen scheinen, wollen wir aber
nicht verfehlen, darauf hinzuweisen, dass die Bravais^sche
Gittertheorie ihrerseits den Vorzug theoretischer Einfachheit
und Anschaulichkeit besitzt. Vielleicht wird sich im Allge-
meinen der Krystallograph zur letzteren, der Mathematiker
zur ersteren hingezogen fühlen. Das letzte Wort kann aller-
dings nur an der Hand krystallographischer Erfahrungen ge-
sprochen werden. Es genügt nämlich nicht, wenn der Mo-
lekelhaufen, welchef^ den Erjstall darzustellen bestimmt ist,
die Symmetrie des Erystalles wiederspiegelt; es müssen sich
vielmehr auch die sämmtlichen physikalischen resp. cheipischen
Eigenschaften aus seiner Eigenart erklären lassen. Dies wird
einerseits von der Structur des Haufens, andrerseits von der
besonderen Natur der Molekel abhängen; Structur und Mo-
lekelqualität müssen daher, soll die Theorie wirklich brauchbar
sein, zweckentsprechend angenommen werden können. Eine
Theorie wird demnach nur dann eigentlichen krystallographi-
sehen Werth beanspruchen dürfen, wenn es im Rahmen der-
selben in allen Fällen möglich ist, die Structur so aus-
zuwählen, und Form« und Qualität der Molekeln so zu
special isiren, wie es durch die Natur der physikalischen resp.
chemischen Erscheinungen unbedingt gefordert wird.
- ei4 -
§ 29. Dass den Molekeln, welche die Bildner der Krystall-
substanz sind, in jedem Fall bestimmte Qualitäten zukommen,
und dass in ihnen die eigentliche Ursache für das Zusammen-
treten zu dieser oder jener Strueturform zu erblicken ist, ist
evident. Die mathematischen Erörterungen der Structurtheorie
haben bisher davon abgesehen, das hierin eingeschlossene
mechanische Problem zu lösen und auf Grund der Ausgangs-
hypothese die Entstehung der Erystallmasse physikalisch zu
erklären. Sind die hiermit aufgeworfenen Fragen augenschein-
lich auch diejenigen, deren Untersuchung der Theorie erst
einen physikalischen Werth zu sichern im Stande ist, so ist
doch einleuchtend, dass der Natur der Sache nach zuerst
genau festgestellt werden muss, welche speciellen Annahmen
über die Molekelqualität jede einzelne Theorie implicite ent-
hält, ehe man versuchen mag, das weitere Ziel, nämlich die
mechanische Begründung der Structur zu erreichen. Dies ist
einer der Gesichtspunkte, von welchen aus die Darstellung
des vorliegenden Werkes Anordnung und Gestalt erhalten'
hat. Die Absicht war, die vorstehend präcisirte mathema-
tische Seite der Theorie abschliessend zu bearbeiten. Zu
diesem Zweck haben die einschlägigen Verhältnisse diejenige
eingehende Prüfung erfahren, welche noth wendig schien, um
alle hiermit zusammenhängenden Fragen unzweideutig zu
beantworten. Allerdings bedurfte es hierfür ziemlich umfang-
reicher mathematischer Voruntersuchungen, im besondem der-
jenigen, welche den Isomorphismus der Punkigruppen und
Raumgruppen betreffen; sie sind es eigentlich, welche die ge-
wünschte Antwort auf alle den Symmetriecharacter der Mo-
lekelhaufen betreffenden Fragen ermöglichen. Es genügt nicht,
sich durch Gonstruction gewisser Punktsysteme oder Molekel-
haufen ein geometrisches Abbild der molekularen Beschaffenheit der
Kry stalle zu verschaffen; erst eine zwingende Darstellung der
Symmetrieverhältnisse in exacter mathematischer Form kann der
Theorie denjenigen Abschluss geben, welcher erforderlich ist, um
über ihre Zulänglichkeit resp. ihren Werth endgiltigzu uriheilen.
Von physikalischen Fragen sind eingehender besonders die-
jenigen an der Hand der Structurtheorie behandelt worden, welche
- 615 -
sich auf die Lage der Spaltungsebenen und der Krjstallflächen
beziehen. Für sie wird das bereits von Bravais ausgesprochene
Princip zu Grunde gelegt, dass jede Ebene, welche unendlich viele
Punkte des bezüglichen Punktsystems enthält, die Eichtung einer
möglichen Erystallfl&che , resp. Spaltungsebene darstellen kann
(vgl. Etudes cristallographiques, S. 167). Ueber die besonderen
Bedingungen, unter denen sich diese Ebenen am leichtesten aus-
bilden, sind von Bravais und Sohncke verschiedene Annahmen
gemacht worden; vgl. Sohncke, Ueber Spaltungsflachen und natür-
liche Krjstallflächen (Zeitschr. f. Kryst. Bd. 13, S. 214). Vgl. über
diese Fragen auch Mallard, trait6 de cristallographie, Bd. I,
S. 302 ff., sowie die folgenden Abhandlungen: Haag, Die regu-
lären Krystallkörper (Programm des Gynmasiums zu Bottweil, 1887)
und Anordnung der Massenpunkte in den Flächen regulärer Kry-
stalle (Zeitschr. f. Krystall., Bd. 15, 8. 585), endlich L.Wulff, Bei-
träge zur Krystallstructurtheorie (Zeitschr. f. Krystall., Bd. 15, S. 366).
Man hat auch bereits angefangen, für gewisse Substanzen die-
jenigen Punktsysteme resp. Molekelhaufen anzugeben, deren Structnr
sich zur Erklärung ihres physikalischen Verhaltens am meisten
eignet. Das Verdienst, hierin vorangegangen zu sein, gebührt
Sohncke; in der eben genannten Abhandlnng (S. 230) wird dem
Quarz die Structur desjeuigens Molekelhaufens zugewiesen, welcher
der Gruppe ^^^ entspricht. Wegen der Circularpolarisation des
Quarzes liegt es nämlich nahe, sich vorzustellen, dass er Schrauben-
structur aufweist; Banmgruppen mit Schraubenstructur von der für
den Quarz characteristischen Symmetrie der Gruppe D^ giebt es
aber nur je zwei verschiedene Typen, nämlich 3)3* und 2)3* einer-
seits, und 3)s^ und 2)3^ andrerseits; von ihnen haben beide Ginippen
desselben Typus verschiedenen Windungssinn, was dem entspricht,
dass sie rechtsdrehende und linksdrehende Quarze darstellen würden.
Nun sind nach Sohncke die Gruppen 2)3' und 3)3* zu verwerfen,
also bleiben nur die andern als zulässige Gruppen übrig. Dass nur
die hier genannten Gruppen für den Quarz in Frage kommen
können, war schon in der Theorie der Erystallstructur S. 244 er-
wähnt worden.
In neuester Zeit hat sich auch Fedorow mit der Zuweisung
von gewissen Baumgruppen an bestimmte Erystalle beschäftigt,
und zwar in erster Linie zu dem Zweck, die viel erörterten ano-
malen optischen Erscheinungen zu erklären. (Vgl. hierüber einen
in den Verhandlungen der Petersburger mineralogischen Gesellsch.
December 1890 in russischer Sprache erschienenen Aufsatz.) Da-
nach werden dem Lcucit, Boracit, Ferowskit bei hoher Temperatur
die Raumgnippen Da*, Zdi %h des regulären Systems zugetheilt,
während sie bei gewöhnlicher Temperatur durch die Gruppen %^i^
— 616 —
und SSd* des tetragonalen Systems, resp. durch die Gruppe SS** des
rhombischen Systems darzustellen sind.
Schliesslich möge für die krystallographische Erörterung der
molekularen Structurtheorieen noch auf die Groth'sche Rede über
die Molekularbeschaffenheit der Erystalle hingewiesen werden
(München, 1888).
§ 30. Die vorstehenden Erörterungen legen es nahe,
zum Schluss ßine kurze Skizze der beiden Theorieen folgen
zu lassen^ die im besondern auch die Beschaffenheit der con-
stituirenden Molekeln in's Auge fassi Bemerken wir zunächst,
dass für die Molekel in letzter Linie nur ihre physikalische
Wirkungsweise, resp. das sie regelnde Gesetz in Frage kommt,
so dass, wenn von der Symmetrie der Molekeln die Rede ist,
darunter die symmetrische Art ihres physikalischen Verhaltens
zu verstehen ist, so erhalten wir folgende Darstellungen:
I. Die Gittertheorie. Sie setzt voraus, dass für jeden
Erystall die Molekeln raumgitterartig angeordnet sind. Alle
Molekeln, aus denen der Erystall sich aufbaut, sind einander
congruent. Jede Molekel ist mit Symmetrie begabt, im übrigen
aber beliebig; und zwar entspricht ihre Symmetrie genau der
Symmetrie des Erystalls. Die Symmetrie des Molekelhaufens
beruht nur zum Theil auf der Structur, zum andern Theil
auf der Symmetrie der Molekel. Dies gilt für jede mögliche
Erystallclasse.
IL Die Structurtheorie: Sie bedarf keinerlei An-
nahmen über die Qualität der Molekeln, die physikalische
Wirkungsweise derselben unterliegt keinerlei wesentlicher Be-
schränkung.^) Dagegen nimmt sie an, dass die Molekeln in
zwei verschiedene Arten zerfallen, so dass die der einen Art
denen der andern Art spiegelbildlich gleich sind. Aus 'ihnen
sind die Erystalle zu gleichen Theilen aufgebaat, mit Aus-
nahme derjenigen, welche nur Symmetrieaxen besitzen, die
also in enantiomorphen Gestalten auftreten können. Diese
bestehen aus lauter unter sich congruenten Molekeln. Von
zwei enantiomorphen Ery stallen wird der eine allein von Mo-
lekeln der einen Art, der andere von Molekeln der andern
1) Vgl. die Anmerkung zu S. 607.
— 617 —
Art gebildet Die Symmetrie des Molekelhaufens beruht für
alle Krystallclassen allein auf der Structur.^)
Uebrigens ist zu bemerken , dass die Gittertheorie zum
Aufbau zweier euantiomorphen Krystalle in derselben Weise
Molekeln von zweierlei Typus verwenden muss, wie die eigent-
liche Structurtheorie.
Wir können uns daher, was die oben (S. 612) aufgestellte
Forderung anlangt, schliesslich folg^ndermassen aussprechen.
Da bei der eigentlichen Structurtheorie die Symmetrie ihre
Erklärung einzig und allein in der Structur findet, während
im Gegensatz hierzu für jede specielle physikalische oder
chemische Eigenschaft des Krystalles die Qualität der Molekel
vollständig zur Disposition steht, so ist die bezügliche For-
derung für diese Theorie augenscheinlich stets erfüllt Für
die Gittertheorie braucht dies jedoch an und für sich nicht
immer der Fall zu sein. Ob allerdings bereits physikalische
Thatsachen vorliegen, welche sich nicht mehr auf Grund der
Bravais 'sehen Hypothese erklären lassen . und daher mit
Nothwendigkeit zwingen, die reine Structurtheorie zu accep-
tiren, darüber dürfte zur Zeit ein abschliessendes Urtheil noch
nicht möglich sein.
§ 31. Sohncke's erweiterte Theorie. Wir haben be-
reits in § 21 gesehen, dass bei der ursprünglichen Sohn ck er-
sehen Theorie die Symmetrie nicht für alle Krystalle aus-
schliesslich auf der Structur beruht, dass vielmehr zur
Erzeugung der Molekelhaufen, welche auch Symmetrieeigen-
schaften zweiter Art besitzen, symmetrische Molekeln benutzt
werden. Die Symmetrie der Molekel besteht entweder in der
Existenz einer Symmetrieebene, oder eines Symmetriecentrums;
der erzeugende Constructionspunkt M wird nämlich immer in
diejenige Symmetrieebene, resp. in dasjenige Symmetriecentrum
gelegt, durch welches aus der Bewegungsgruppe F in der in
1) Die von Baumhaner ausgesprochene Ansicht, dass jeder holo-
edrische Erystall als eine Art von Zwilling zn betrachten sei, stimmt
im Princip mit den Anschanangen der reinen Structartheorie überein.
Vgl. ZeitBchr. f. Kryst., Bd. 17.
— 618 —
den früheren Capiteln angegebenen Weise die Gruppe höherer
Symmetrie F^ erzeugt wird.
Gegen diese Methode ist von L. Wulff der Einwand er-
hoben worden, dass sie uns im Fall der paramorphen Hemi-
edrie des rhomboedrischen Systems (resp. der rhomboedrischen
Tetartoedrie des hexagonalen Systems) im Stiche lässt. Dies
ist jedoch nur scheinbar ein berechtigter Einwand.^) Diese
Hemiedrie entspricht nämlich der Gruppe Q', welche durch
Multiplicatiou der Gruppe C^ mit der luversion 3 entsteht.
Die ihr isomorphen Baum'gruppeu sind die Gruppen (Ss,»^
und ©3, ,-^5 jede derselben ergiebt sich durch Multiplicatiou
einer Gruppe ©3 mit einem Symmetriecentrum , die eine aus
63^, die andere aus (£3^ Um die Begriffe zu fixiren, fassen
wir die Gruppe ©3^ in's Auge. Das Symmetriecentrum kann
(vgl. Fig. 60 auf S. 461), wie Cap. IX, § 5 nachgewiesen, in
die dreizählige Axe a gelegt werden; wir haben aber a. a. 0.
gezeigt, dass auch zwischen zwei Axen b und c je ein Sym-
metriecentrum fallt. Legt man daher den erzeugenden Con-
structionspunkt M in die Mitte zwischen B und C und unter-
wirft den Punkt M den Operationen der Gruppe ^\ so ergiebt
sich ein Punktsystem, für welches nicht allein die Operationen
der Gruppe 63^, sondern vielmehr diejenigen der Gruppe ©3.,-^
die zugehörigen Deckoperationen sind. Keiner der Punkte des
Systems fallt in eine Drehungsaxe, die durch den Punkt M
repräsentirte Molekel (i unterliegt daher nur der Bedingung,
centrische Symmetrie anzunehmen, entsprechend den andern
S oh ncke' sehen Punktsystemen mit Symmetrieeigenschaften
zweiter Art.
In Folge des Wulffschen Einwandes hat Sohncke
seine Theorie in der Richtung erweitert, statt eines erzeugen-
den Constructionspunktes n verschiedene krystallographisch
nicht gleichwerthige Ausgangspunkte anzunehmen. Wenn wir
die Erweiterung dahin präcisiren, 0wei Constructionspunkte,
resp. zwei geeignete Ausgangsmolekeln in geeigneter Lage
anzunehmen, so lässt sich zeigen, dass man mit der so er-
1) Vgl. S. 621.
— 619 —
weiterten Theorie wirklich zu allen überhaupt möglichen
Strueturen gelangen muss. Es ist leicht, die Richtigkeit dieser
Behauptung zu bestätigen. Beachten wir, dass die Raum-
gruppen, mit welchen die Sohncke'sche Theorie operirt, nur
die Bewegungsgruppen sind, und fassen zunächst die oben be-
trachteten Molekelhaufen in's Auge, die aus einer Bewegungs-
gruppe F mittelst des in besonderer Lage befindlichen Punktes Jf
abgeleitet sind. Werden statt des Punktes M zwei verschiedene
Punkt« M' und M" benutzt, die symmetrisch zu demjenigen
Symmetrieelement liegen^ mit welchem M zusammenfallt, so
zerfallt dadurch die durch M yertretene symmetrische Molekel n
in zwei Molekeln (i und (i", die einander spiegelbildlich gleich
sind; der zugehörige Molekelhaufen kann daher auch aus einer
der beiden Molekeln durch alle Operationen derjenigen Gruppe
Fl erzeugt werden, welche aus der Bewegungsgruppe F durch
Multiplication mit dem bezQglichen Symmetrieelement hervor-
geht. Beispielsweise sind in dem oben betrachteten Fall der
Gruppe @s^ die beiden Molekeln ^i und ii' so zu legen, dass
ihre Verbindungslinie durch die Mitte von BC geht und in
diesem Punkt halbirt wird; alsdann entsteht der bezügliche
Molekelhaufen sowohl aus der einen Molekel fi mittelst der
Operationen von 63,1^, als auch aus [i und ft" mittelst der
Operationen von 6g\ Jeder Punkt, in welchen der Mittel-
punkt M des Molekelpaares fi' und 11" gelangt, ist ein
Symmetriecentrum des gesammten Molekelhaufens.
Aehnliche Verhältnisse greifen bei denjenigen Molekel-
haufen Platz, für welche die erzeugende Gruppe keine ein-
fache Operation zweiter Art enthält, d. h. weder eine Spiege-
lung, noch eine Inversion. Es ist das zweckmässigste, die
bezügliche Betrachtung an ein Beispiel anzuknüpfen. Liegt
z. B. die Gruppe S«,/ vor, welche aus ©3* durch Multiplication
mit der Operation ©«(t) entsteht, und ist fi die Constructions-
molekel und ^i' diejenige, welche aus (i durch die Operation
@«(t) entsteht, so ergeben sich alle mit [i congruenten Mo-
lekeln, wenn (i den Bewegungen von (£3^ unterworfen wird,
und auf dieselbe Weise entstehen die mit /i" congruenten
Molekeln. Der von den Molekeln f*' und fi' gebildete Molekel-
— 620 —
häufen kann daher -wiederum auf zwei verschiedene Arten
erzeugt werden, entweder aus der Molekel [i mittelst der
Gruppe 63,/; oder aber aus den beiden Molekeln ft' und ft"
mit Hilfe der Gruppe ©3^ Welche Erzeugung resp. welche
Auffassung des Molekelhaufeus aber auch zu Grunde gelegt
wird; so kann doch, wie nochmals ausdrücklich bemerkt wer-
den möge, die Symmetrie desselben dadurch nicht modificirt
werden.
Den Yorstehenden Betrachtuugen ist Sohncke bei der
Construction des Molekelhaufeus für die oben genannte Kry-
stallclasse ebenfalls gefolgt. Doch hat er nicht erkannt, dass
es ausreicht, die erweiterte Theorie auf diejenigen Fälle zu
beschränken, die wir im vorstehenden besprochen haben, und
dass es sich in allen diesen Fällen darum handelt, zwei
spiegelbildlich gleiche Molekeln in geeigneter Lage zur Con-
struction zu verwenden.^) Es ist dies darin begründet, dass
die oben (S. 599) als nothwendig erkannte Untersuchung des
Symmetriecharacters der bezüglichen Molekelhaufen von ihm
nicht für alle Fälle principiell erledigt wurde. Andrerseits
hat aber auch eine irrthümliche Auffassung der Bedeutung
des n-Punktners für die Symmetrie des Molekelhaufens hierzu
beigetragen.
Die Verwendung der n- Punktner hat nämlich in den
meisten Fällen gar nicht den Zweck, die Symmetrie des Mo-
lekelhaufens positiv zu beeinflussen, sie dient vielmehr dazu,
Molekeln anzudeuten, die gewisse Eigenschaften nicht besitzen.^)
Dies findet z. B. bei solchen Punktsystemen statt, welche nur
Drehungsaxen einer einzigen Richtung besitzen, deren Gruppen F
also durch Multiplication einer Gruppe Gn mit einer geeigneten
Translationsgruppe entstehen. Eine solche Gruppe ist z. B.
die Gruppe (^4^, welche nur vierzählige und zweizählige Dre-
hungsaxen enthält. Für die aus ihr abgeleiteten Punktsysteme
1) Welche Lagen hierfür nothwendig und hinreichend sind, wird
eben darch die Aufstellung aller überhaupt möglichen Banmgrappen
angegeben. Vgl. noch S. 625.
2) Vgl. Erweiterung der Theorie der Erystallstmctur. Zeitschr. f.
Krystall., Bd. U, S. 435 ff.
- 621 -
giebt es Symmetrieebenen senkrecht zur Axenrichtung, was
daraus ersichtlich ist, dass sowohl die Gruppe Cj^y wie auch
die Translationsgruppe und der Punkt durch Spiegelung an
diesen Ebenen in sich übergeht^) Jede Netzebene ist eine
solche Symmetrieebene, aber natürlich nur so lange, als wir
mit wirklichen Punkten operiren; der Moleicelhaufeny der mit
beliebigen Molekeln gebildet ist, besitzt diese Symmetrieebenen
im Allgemeinen nicht, um nun ein Punktsystem zu erhalten,
welches ebenfalls von der genannten Symmetrie frei wird,
verwendet Sohncke einen Zweipunktner als !Eilement des Auf-
baues*), und zwar einen solchen, der nicht symmetrisch zu
einer Hauptebene liegt. Es ist aber evident, dass der Zwei-
punktner der Molekel, die er vertritt, keine positive Qualität
auferlegt; er soll vielmehr nur ausdrücken, dass ihr eine ge-
wisse Qualität nicht zukommen darf. Die hierdurch skizzirte
Benutzung von n-Punktnern ist daher, sobald man festhält,
dass der Punkt eine beliebige Molekel andeuten soll, über-
flüssig; sie konnte nur deshalb als nothwendig erscheinen,
weil man nicht beachtete, dass, wenn die den Punktsystemen
zugehörige Symmetrie stillschweigend auch den Molekelhaufen
beigelegt wird, die Molekel dadurch aufhört, ein von Sym-
metrieeigenschaften freier Körper zu sein.
Hiernach wird es nun deutlich, wie der Wulff sehe Ein-
wand entstanden ist. Es ist nämlich klar, dass das Ptmht-
System, welches aus der oben angenommenen Molekel M durch
die Gruppe 63^ hervorgeht, in der Netzebene, welche M ent-
hält, eine Symmetrieebene besitzt, so dass die Symmetrie des
Punktsystems nicht durch die Gruppe ^s,i\ sondern, wie leicht
ersichtlich, durch die Gruppe Ee,*^ dargestellt wird. Für den-
1) Hierauf, sowie auf die Schwierigkeit, die daraus beim Operiren
mit Punktsystemen erwächst, hat Sohncke bereits in der Theorie der
Erystallstructnr mehrfach hingewiesen; vgl. z. B. das Capitel über hemi-
morphe Krystalle, S. 199 £f.
2) Vgl. a. a. 0. 8. 435 £F. Es ist klar, dass die mit Zweipunktnem
gebildeten Punktsysteme als geometrische Gebilde wirklich die Sym-
metrie besitzen, die den bezüglichen hemimorphen Erystallclassen ent-
spricht.
- 622 —
jenigen aus 6^3^ entstehenden Molekelhaufen dagegen^ dessen
Ausgangsmolekel fi nur Punktsymmetrie besitzt, ist dies nicht
der Fall*, bei beliebiger Lage von /x können ihm die Deck-
operationen der Gruppe Ee,*^ nicht zukommen.
Der erste Versuch, eine consequente Theorie auszugestalten,
welche die Symmetrie der Structur ausschliesslich durch die Structur
begründet, ist in der vielfach genannten Schrift von Sohncke,
Theorie der Krystallstructar, 1879, enthalten. Auf die zur Con-
struction derselben benutzten regelmässigen Punktsysteme hatte
schon vorher Chr. Wiener in dem Werke: Grundzüge der Welt-
ordnung, 1868, Bd. 1, S. 82 ff. hingewiesen. Die Nothwendigkeit,
die Sohncke'sche Theorie so auszubilden, wie es durch die reine
Structurtheorie im engeren Sinn geschieht, wurde wohl zuerst von
C. E. Pedorow betont. Dem Verfasser dieser Schrift gegenüber
wurde der bezügliche Gedanke gesprächsweise von F. Klein erörtert.
Eine dem entsprechende Darstellung der einschlägigen Fragen ist
in den Göttinger Nachrichten enthalten, vgl. Beitrag zur Theorie
der Krystallstructur, 1888, S. 483, sowie Ueber das gegenseitige
Verhältniss der Theorieen über die Structur der Krystalle, 1890.
Vgl. ferner eine Arbeit von Blasius, Ueber die Beziehungen
zwischen den Theorieen der Krystallstructur, Ber. d. phys. math.
Classe der Münch. Ak., 1889, Bd. 19, S. 47, die jedoch nicht frei
von Mängeln ist.
Für die mathematischen Untersuchungen vgl. man C. Jordan,
Sur les groupes de mouvements, Ann. di mat., Serie 2^ Bd. 2
(1869), sowie die in Bd. 28, 29, 34 der math. Ann. , erschienenen
Arbeiten des Verfassers. In der letzteren fehlen, wie Fedorow
bemerkt hat, die Gruppen S/, S/ und I/, während die Gruppe SS/
doppelt gezählt ist.
Eine Schrift von Fedofow, welche eine vollständige Ab-
leitung aller Eaumgruppen und ihre Beziehung zur Krystallsym-
metrie enthält, ist 1890 unter dem Titel: „Symmetrie der regel-
mässigen Systeme von Figuren" in russischer Sprache erschienen.
§ 32. Die Mallard*8chen Strueturformen. Zum Schluss
gehen wir auf diejenigen Anschauungen etwas näher ein^
welche Mallard zur Erklärung der optischen Anomalieen
und des bei vielen krystallisirenden Substanzen auftretenden
Dimorphismus resp. Polymorphismus aufgestellt hat.^) Wir
1) £xplication des pb^aomenea optiqnes anomaux. Annales des
Mines, Bd. 10, S. 60 ff. (1876), sowie: Sur les propri^täs optiquee des
mölanges cristallins de substances isomorphes. Ebd. Bd. 19, S.256 ff. 1881.
— 623 -
behandeln sie nur ans dem Grande erst an dieser Stelle, weil
die Mallard'sche Hypothese die Forderung der regelmässigen An-
ordnung fallen lässt; manche der Mallard^schen Structuren
stimmen allerdings doch wiederum mit regelmässigen Molekel-
haufen allgemeinster Art überein.
Die Mallard'schen Vorstellungen knüpfen an die Bra-
vais'sche Theorie an. Von denjenigen Krystallen, denen man
eine Grenzform zuschreibt, nimmt man bekanntlich an (S.317),
dass fQr ihren Aufbau ein Gitter höherer Symmetrie mit einer
Molekel niederer Symmetrie zur Verwendung gelangt. Diese
Grenzformen sind es, welche den Ausgangspunkt der Mallard'-
schen Untersuchungen ausmachen.
um die BegriflFe zu fixiren, denken wir uns einen „pseudo-
regulären" Krystall, d. h. einen solchen, dessen geometrischer
Character auf das reguläre System hinweist, während seine
physikalische Symmetrie seine Zuweisung zu einem niederen
System, beispielsweise zum triklinen verlangt, allerdings mit
der Massgabe, dass auch das physikalische Verhalten nur
wenig von dem Character des regulären Systems abweicht.
Zum Aufbau dieses Erystalles benutzt Mallard^) ein Gitter
des regulären Systems und eine Molekel, die zwar unsymme-
trisch ist, aber in ihrer Qualität doch einem regulären Poly-
eder sehr nahe kommt, und die wir uns zweckmässig als ein
deformirtes reguläres Polyeder (Würfel, Octaeder u. s. w.) vor-
stellen können. Diese Molekel wird bei der Drehung um die
Symmetrieaxen des Gitters nicht mehr mit sich zur Deckung
gelangen; doch lässt sich behaupten, dass sich ihre so erhal-
tenen Lagen nur wenig von einander unterscheiden, und das-
selbe ist der Fall, wenn eine Spiegelung gegen eine Sym-
metrieebene des Gitters eintritt. Wir erhalten auf diese Weise
im Ganzen 48 verschieden orieniirte Molekeln*), und alle diese
Molekeln können, wie Mallard annimmt, in einem und dem-
selben Molekelhaufen als Krystallbausteine auftreten. Das
1) a. a. 0. Bd. 10, S. 162 ff.
2) Mallard operirt allerdings nur mit denjenigen 12 verschieden
orientirtcu Molekeln, welche sich durch die Drehungen der Tetraeder-
gruppe ergeben.
- 624 —
Gesetz ihrer Yertheilung kann die mannigfachsten Formen
annehmen. Es kann einesseits vorkommen, dass überein-
stimmend mit der Anschauung der Bravais'schen Theorie jede
dieser 48 Molekeln einen besonderen Erystall bildet; es kann
aber auch vorkommen, dass ein einheitlicher Erystall ein
mehr oder weniger inniges Gemisch obiger 48 verschiedenen
Erystalle darstellt und dadurch entsteht, dass sich die letz-
teren mehr oder weniger regelmässig in kleineren oder grosse-
ren Bestandtheilen neben einander lagern.^)
Es versteht sich von selbst, dass hier von einem regel-
mässigen Aufbau der Erystallmasse nicht mehr die Bede sein
kann. Andrerseits ist aber klar, dass die so construirte Ery-
Stallsubstanz dasjenige dem regulären System nahekommende
physikalische Verhalten zeigen wird, welches dem bezüglichen
Erystall eigen ist; denn dies trifft augenscheinlich für jede
der kleinen Partikeln zu, aus denen sich der Erystall zu-
sammensetzt
Für die Art, in welcher die 48 Individuen einander durch-
dringen, lässt Mallard die verschiedensten Möglichkeiten und
graduellen Unterschiede zu. Da erhebt sich sofort die theo-
retische Frage, in welchen Fällen sich regelmässige Gruppi-
rungen einstellen, resp. wann ein regelmässiger Molekelhaufen
allgemeiner Strudur entstehen kann. Diese Frage hat um so
mehr Interesse, als Mallard selbst derartige Molekelhaufen
zur Erklärung gewisser optischer Erscheinungen benutzt hat,
und dies auch für den Fall, dass die Molekel von beliebiger
Qualität vorausgesetzt wird. Es ergiebt sich zunächst, dass
alle Bausteine von derselben Orientirung für sich ein Gitter
bilden müssen; andrerseits folgt aber auch aus Satz XVI un-
mittelbar, dass der bezügliche Molekelhaufen unter dieser
Bedingung stets den Character der Begelmässigkeit besitzt.
Nun können noch zwei verschiedene Fälle eintreten. Im all-
gemeinen, d. h. bei beliebiger Lage der Gitter zu einander.
1) . . . les doaze cristaux B'emboltant ensuite Tim dans Taatre,
plus ou moins r^guliärement de maniäre ä figurer ext^rienrement an
cristal nnique (S. 163).
- 625 -
wird der Molekelhaufen unter diejenigen fallen ^ die wir oben
betrachtet haben; alsdann liegen in jedem primitiven Parallel-
epipedon des bezüglichen Raumgitters die gleichen 48 Molekeln
und stellen geradezu die Gesammtmolekel eines Molekelgitters
vor.^) Zweitens aber können, wie Satz XVI zeigt^ die 48 Mo-
lekeln gerade eine solche Lage haben, dass sie wirklich einen
regelmassigen Molekelhaufen allgemeiner Art bilden. Dies
wird natürlich nur unter ganz besonderen Bedingungen ein-
treten. Es ist aber yon Interesse, dass Mallard auch mit
derartigen Gitterdurchdringungen operirt, bei welchen diese
Bedingung erfüllt ist. Sie werden zur Erklärung der Circular-
Polarisation eingeführt. Im einzelnen wird der bezügliche
Molekelhaufen so construirt, dass man p identische Gitter,
welche eine Hauptaxe (j9-zählig) gemein haben, so in einander
stellt, dass die zur Axe senkrechten Netzebenen gleichen Ab-
stand Yon einander haben und zwei analoge durch die Haupt-
axe gehende Ebenen einen Winkel von 2jt:p einschliessen.^)
Es leuchtet aber sofort ein, dass der so erhaltene Molekel-
haufen aus einem Baustein (i durch eine der Gruppen @^ con-
struirt werden kann, welche eine jp- zählige Schraubenaxe be-
sitzt.^) Die Mallard'schen Conceptionen führen daher in diesem
besonderen Fall zu derjenigen Structurauffassung, welche sich
auf regelmässige Molekelhaufen allgemeinster Art gründet.
Ob man vorzieht, diesen Molekelhaufen als aus jp in ein-
ander gestellten Gittern zu betrachten, ist natürlich un-
wesentlich. Es ist aber zu bemerken, dass, wenn man von
p beliebig in einander gestellten Gittern ausgeht, der Molekel-
complex im allgemeinen keine Symmetrie besitzen wird; um
diejenige Lage der Gitter gegen einander zu ermitteln^ welche
einzig und allein ein symmetrisches Verhalten verbürgt, bedarf es
1) Diese Auffasaang stimmt mit der Mallard'schen überein; vgl.
die Art, wie die krystallinische Strnctur eines homogenen Gemenges
verscbiedener isomorpher EOrper dargestellt wird, Bd. 19, S. 276. Man
vgl. auch die Stracturangaben über Boracit und andere Körper, Bd. 10,
S. 99 ß,
2) a. a. 0. Bd. 10, S. 181, und Bd. 19, S. 273.
3) Vgl. auch S. 596 ff. dieser Schrift.
Schoenfliei, Kryitallttractur. 40
- 626 —
gerade der allgemeinen Theorie resp. der regelmässigen McHekd-
häufen allgemeiner Art, In der That ist auch die Art, wie
Mallard seinen aas unsymmetrischen Molekeln gebildeten
Structuren Symmetrieeigenschaften beilegt, mit derjenigen,
welche die allgemeine Theorie fordert, identisch, so dass die
Di£ferenz auch hier nur in der Bezeichnung hervortritt.^) Der
Kunstgriff, mittelst dessen, wie Mallard es ausdrückt, die
Natur die Aufgabe 15st, einen Molekelhaufen aufzubauen,
dessen Symmetrie höher ist, als die der Bausteine, aus denen
er sich zusammensetzt, ist damit aufgedeckt.^
1) Vgl. besonders a. a. 0. Bd. 19, S. 280. 8i mes id^es snr le di-
morphisme sont exactes, la mol^cule de la prämiere forme (symätrique)
peut ^tre regard^e comme formte par le groupement, autoor de certains
axes de symätrie, de mol^cules identiques ä Celles de la seconde forme
(dissym^trique) ; sowie das auf S. 281 behandelte Beispiel des Feldspaths.
2) a. a. 0. Bd. 10, S. 161. . . . Tartifice au moyen daquel la natare
r^sont le probläme de oonstruire . . . un ^difice plus sym^triqne que les
mat^riaux qui le compoaent.
Vierzehntes Capitel.
Das Gesetz der rationalen Indiees.
§ 1. Fonnnlirnng der Aufgabe. Der för die Krystallo-
graphie grundlegeDde Satis von den rationalen Indiees zerföllt
inhaltlicli in zwei ihrer Natur nach verschiedene Gesetze.
Der eine Bestandtheil kommt darauf hinaus, dass als Sym-
metrieaxeu eines Erystalles nur zwei-, drei-, vier- und sechs-
zählige Axen auftreten, er bezieht sich demgemäss auf die durch
das Symmetriegesetz verbundenen Flächen eines Erystalles;
der andere zeigt den Zusammenhang, welcher beliebige gleich-
sam unabhängige Erystallflächen mit einander verbindet. Der
erste Satz muss sich daher als eine unmittelbare Folgerung
der Structurhypothese erkennen lassen^), während die Ab-
leitung des zweiten noch eine Angabe darüber erforderlich
macht, welche im Molekelhaufen verlaufenden Ebenenrich-
tungen wir als mögliche Erystallflächen annehmen wollen.
Wir beschäftigen uns zunächst mit dem ersten Theil, d. h.
mit der Darlegung des Symmetriegesetzes.
Es handelt sich also zunächst darum, den Beweis zu er-
bringen, dass die molekulare Structurhypothese nur solche
Molekelhaufen zulässt, deren Axen die genannte Eigenschaft
haben. Bemerken wir zuvor, dass wenn sich dieser Beweis
ohne weitere empirische Annahmen fuhren lässt, die an unsere
Hypothese anschliessende Auffassung damit den Werfh einer
wissenschaftlichen Theorie erlangt.
Wir legen dem Beweis folgende Erwägungen zu Grunde.
Die Molekelhaufen von unbegrenzter Ausdehnung, die fcir die
1) Vgl. auch die bezüglichen Ansffihrnngen auf S. 284, 360, 393.
40*
— 628 -
Erystallstructur Bedeutung haben, sind dadurch characterisirt,
dass je zwei Molekeln einen angebbaren endlichen Abstand
haben. Dieser Abstand ist zwar sehr klein, wir brauchen
aber nur die Einheit des Längenmasses den molekularen Ver-
hältnissen entsprechend zu wählen, so erscheinen die bezüg-
lichen Entfemungsgrössen in gewöhnlicher endlicher Form.
Jede Bewegung, welche einen derartigen Molekelhaufen in sich
überfährt, muss daher ebenfalls von endlicher Grosse sein.
Nun entsteht (S. 586) jeder Molekelhaufen dadurch, dass eine
Molekel (i allen Operationen einer gewissen Raumgruppe F
unterworfen wird. Können wir daher von einer Raumgruppe F
nachweisen, dass sich unter ihren Bewegungen solche angeben
lassen, deren Drehungswinkel und deren Gleitungscomponente
kleiner gemacht werden können, als jede noch so kleine
Grösse, so kann eine solche Gruppe F nicht Molekelhaufen
liefern, welche die Substanz eines Krystalles repräsentiren.
Wir wollen die genannten Bewegungen kurz unendlich kleine
Bewegungen nennen.
Jede Raumgruppe F von Bewegungen, — augenscheinlich
reicht es aus, wenn wir uns auf sie beschränken — ist nach
Gap. VI, Hauptsatz II einer Punktgruppe isomorph. Dieser Satz
ist a. a. 0. zwar nur für die krystallographisch verwendbaren
Gruppen bewiesen worden, es ist aber klar, dass er ganz all-
gemeine Geltung hat. Nun sind alle krystallographisch ver-
wendbaren Punktgrnppen dadurch ausgezeichnet, dass ihre
Drehungswinkel in einem rationalen Verhältnis zu 2% stehen.
Dies wird daher das erste sein müssen, was von denjenigen
Raumgruppen nachzuweisen ist, aus denen sich regelmässige
Molekelhaufen der von uns betrachteten Art ableiten lassen.
Mit andern Worten, wir wollen untersuchen, ob einer Raum-
gruppe, welche mindestens eine Bewegung von irrationalem
Winkel enthält, nothwendig auch unendlich kleine Bewegungen
angehören.
Zu diesem Zweck schicken wir zunächst einige Hilfssätze
voraus.
§ 2. Beweis einiger Hilfssätze. 1. Es seien (ygl. Fig. 4,
S. 23) a und h zwei Axen, die sich im Punkte 0 schneiden,
— 629 -
und deren positive Richtungen den Winkel % — q> mit ein-
ander bilden, um sie sollen nach einander Rotationen von
der Grosse £ ausgeführt werden. Dieselben sind; wie S. 24
bewiesen wurde^ einer einzigen Rotation von der Grösse £,
um eine Axe c äquiyalent, die mit a und h ein gleichschenk-
liges Dreikant bestimmt^ so dass
und
ist Beschreiben wir um 0 mit dem Radius 1 eine Eugel,
so bilden die Punkte A, B^ C, in denen sie von a, b, c ge-
troffen wird, ein sphärisches Dreieck. In demselben fallen wir
von C das Lot CD auf AB^ so ergiebt sich aus dem recht-
winkligen Dreieck ACD die Relation
cos ^(ar — ^6i) = cos ^(ä — 9?) sin ^s.
Wir nehmen nun aU; dass 9 und 8, also auch £| kleine Werthe
haben^ und wollen in der vorstehenden Gleichung die trigono-
metrischen Grössen in Potenzreihen entwickeln. Es ist
cos i(Ä— ^)=.sin ^
= i-(5-)' + (5)^..
cos i (JT — g)) = sin y
2 ^2'
«'"-=:-(i)' + (:)'
folglich geht die obige Gleichung in
^I (1 + * (^lO) = ^y (1 + *1 (<P^)) (1 + *2 (^"))
Über, wo ^(«i'), 5ßi(9^), ^«C«^) die bezüglichen nach ganzen
Potenzen fortschreitenden Potenzreihen bedeuten. Wir ziehen
hieraus die Consequenz, dass bis auf Glieder höherer Ordnung
81 und eg) einander gleich sind, so dass in der Gleichung
1) ^1 = £9 + . . .
nur Grössen höherer Ordnung weggelassen sind.
— 630 —
' 2. Es sei a die Axe einer Schraubenbewegung, deren
Drehungswinkel £, und deren Gleitungscomponente x ist. Die
Lagen einer beliebigen Geraden yor und nach AusftLhrung
der Schraubenbewegung seien a^ und a^\ ferner sei tp der
Winkel, den a^, also auch a^y mit a bildet. Denken wir uns
nun durch irgend einen Punkt 0 des Raumes die Geraden a
parallel zu a und a/ parallel zu a^ construirt, und nennen a^
diejenige Gerade, in welche a^ in Folge der Drehung %{b) um
die Axe a gelaugt, so ist a^ parallel zu a^j daher bilden a^
und ^2 denselben Winkel mit einander, wie a^ und a^ , Be-
zeichnen wir diesen Winkel durch cd, und beachten, dass der
Winkel, welchen a^ resp. a^ mit a' bilden, tp ist, so folgt
aus dem von a\ a/, a^ bestimmten sphärischen Dreieck ')
die Gleichung
2) sin ^ CD = sin 4f£ • sin y.
Anstatt die Schraubewegung auszuführen, können wir
erst die Rotation um a und dann die Translation r eintreten
lassen. Durch die erstere gelange (Fig. 73) die Gerade a^
nach a^\ durch die letztere a/'
nach a^. Nun sei A^ ein be-
liebiger Punkt von a^. Durch
ihn legen wir eine Ebene ij
senkrecht zu a, welche a, a/', a^
in JS, -4/, A^ schneiden möge,
so ist -4/ derjenige Punkt, in
welchen A^ durch Drehung um
a übergeht. Ziehen wir nun
durch A^' eine Gerade, welche
nach Länge und Richtung gleich
X ist, so trifft dieselbe augen-
scheinlich die Gerade a^ in
demjenigen Punkt A^^ welcher durch die Schraubenbewegung
aus A^ entsteht. Diese Gerade bildet daher mit a^ den
Winkel tp.
Big. 73.
1) Vgl. Fig. 15 (S. 68), wenn die Geraden c^ a^ h dieser Figur
durch a\ a^\ a^' ersetzt werden.
— 631 —
Bezeichnen wir nun BA^ durch ä und A^A^ durch d^,
so ergiebt sich
*i < A^Ai + Aj^A^\
Es ist aber
A^Ai = 2d sin ,,
also folgt:
3) #1 < 2d sin -^ + Ttg©.
§ 3. Auftreten unendlich kleiner Bewegungen. Nun-
mehr wenden wir uns der oben angedeuteten Untersuchung zu.
Wir nehmen zu diesem Zweck an, dass in einer Bewe-
gungsgruppe r irgend zwei Bewegungen
2l(a, ta) und 83 (ft U)
enthalten sind, von denen mindestens eine, nämlich Sl, einen
irrationalen Drehungswinkel besitzt. Der Gruppp F gehört,
wie in Gap. VI, § 1 bewiesen, auch die Bewegung ^^ an,
welche aus Sl durch Transformation mit f8 entsteht, deren
Axe also diejenige Gerade a^ ist, welche aus a bei der um b
stattfindenden Bewegung hervorgeht.
Die Axe a^ wird im Allgemeinen von der Axe a ver-
schieden sein, den einen einzigen Fall ausgenommen, dass a
und b sich rechtwinklig schneiden, und S3 eine Umklappung
85 (jr) ist. In diesem Fall ergeugen % und 95 eine aus lauter
endlichen Bewegungen besiehende Gruppe. Aus dem Satz XV
von Gap. VI folgt nämlich, dass % und 85 unendlich viele
zweizählige Drehungsaxen bj\^b^,.. bedingen, die sämmtlich
31 schneiden. Der Winkel je zweier aufeinander folgenden
ist die Hälfte von a, während sie um die Hälfte von ta von
einander entfernt sind. Aus demselben Satz folgt auch, dass
die Gesammtheit der vorstehenden Bewegungen den Gruppen-
character hat, womit die Behauptung erwiesen ist.
Die Axenvertheilung dieser Gruppe stimmt überein mit
derjenigen, welche wir (S. 376) für eine Hauptaxe einer Gruppe .
2)„ und alle sie schneidenden zweizähligen Nebenaxen kennen
gelernt haben. Der Molekelcomplex, welcher sich mittelst
dieser Gruppe aus einer Molekel fi erzeugen lässt, bildet
- 632 —
daher^ wie S. 564 ausgeführt worden ; zwei auf demselben
Rotationscylinder verlaufende Schraubenlinien. Nun müssen
aber die krystallographisch verwendbaren Molekelhaufen nach
allen Dimensionen unbegrenzt ausgedehnt sein; in Folge
dessen kommt die bezügliche Gruppe für die Structurtheorie
nicht in Frage.
Wenn dagegen S3 keine blosse Umklappung ist, so fallt
die Axe a^ nicht mit a zusammen. Wenn wir nun die Be-
wegung % um a hinreichend oft wiederholen, so können wir,
da das Verhältniss a:2?r irrational ist, stets bewirken, dass
der Drehungswinkel der resultirenden Bewegung beliebig klein
wird. Dabei wird sich allerdings die Translation in dem-
selben Sinne vergrossern, aber wir können aus solchen Be-
wegungen andere ableiten, bei denen auch die Translation
beliebig klein wird.
Wir wollen annehmen, die endliche Zahl n sei so be-
schaffen, dass sich na von einem Vielfachen von 2ic beliebig
wenig unterscheidet; wir setzen
na «= 2mÄ -}- £,
so ist e eine bestimmte endliche, aber kleine Grösse. Führen
wir nun die Bewegung % nmal aus, so wird der Drehungs-
winkel der resultirenden Bewegung gleich b, während die zu-
gehörige Translation nta=^t jedenfalls einen endlichen Werth
hat. Wir bezeichnen diese Bewegung durch
Sl'(*,r).
In derselben Weise leiten wir aus 9| die Bewegung
um die Axe a^ ab.
Jetzt werde 8/ mit %' transformirt. Ist a, diejenige
Axe, in welche a^ durch die Bewegung um a übergeht, so
erhalten wir dadurch eine Bewegung
um die Axe a^. Durch einen beliebigen Punkt Ä^ von a^
legen wir nun, wie oben, die Ebene 17 senkrecht zu a; sie
schneide a in JS und o,, in Af^'. Wir bezeichnen nun den
- 633 -
Winkel (a^aj) durch g)^ und den Winkel {aai)'^(aa^) durch gj,
und wenden im übrigen dieselben Bezeichnungen an, wie oben
S. 630; so folgt aus den Gleichungen 2) und 3)
sin ^9)| a» sin i^£ sin (p
d^ < 2d sin - + rig(p.
Nun ist aber
sin ^€ < ^e,
wenn wie gewöhnlich £ in Theilen von 2« gemessen wird,
also folgt schliesslich
A\ sin ^9>, < -J^f sin q>
Si < bS + tig<p.
Wir transformiren jetzt Ä, mit 8/ und erhalten so eine
Bewegung ^ um die Axe a^. Ist q>^ der von a^ und a^ ge-
bildete Winkel, so folgt, wie eben, .
sin ^9>2 < ^£ sin tp^.
Nun legen wir durch A^ eine Ebene tj^ senkrecht zu a^,
nennen ihre Schnittpunkte mit a^ und a, resp. B^ und A^\
und bezeichnen A^'A^' durch S^, Da die Strecke B^A^' auf
a^ senkrecht steht, so ist sie sicher kleiner als d^, also ist
gemäss 3) um so mehr
*2 < «*i + ^ tg 9>i-
In demselben Weise fahren wir fori Für je zwei Be-
wegungen Sa und Sjb + i, zu denen wir auf diese Weise ge-
langen, bestehen die Relationen
sin ^g)k < ^e sin y*_i
dt < €dk-i + ttg(pi^i,
wo 9>jb — 1; (fk, ^i — 1; ^k analoge Bedeutung haben, wie bisher.
Diese Relationen zeigen, dass wir q)t und dk beliebig klein
machen können.
§ 4. Um hiervon eine präcise Vorstellung zu gewinnen,
wollen wir das Mass der Kleinheit dieser Grössen genauer
bestimmen, und zwar so, dass wir sie sämmtlich mit s oder
mit Potenzen von s vergleichen.
- 634 -
Aus der Definition von £ folgt, dass n, also auch t eine
Grosse ist, die von derselben Ordnung ist, wie s'^K Die
Grosse <p ist eine endliche Grosse; daher ist ip^ von der
Ordnung e, <p^ bereits von der Ordnung e', also allgemein q)k
von der Ordnung e*.
Die Ausgangsgrösse d ist wiederum endlich, dagegen
wird *i eine Grösse von der Ordnung b-K^) Für d^ folgt
aber bereits wieder, dass dg von der Ordnung a^ ist, dg ist
demgemäss von der Ordnung e, mithin ist allgemein djt von
der Ordnung «* — *.
Wir gelangen daher, indem wir die Bewegungen in der
angegebenen Weise transformiren, zu einer unbegrenzten Reihe
von Axen, deren Drehungswinkel und Translationscomponente
e resp. r ist, die sich überdies in ihrer Richtung und Ent-
fernung immer mehr annähern. Es liegt daher nahe zu
schliessen, dass sie auch sämmtlich in einem endlichen Ab-
stand von der Geraden a selbst bleiben. Dieser Schluss ist
jedoch ohne Weiteres nicht gestattet, vielmehr ist erst zu
beweisen, dass die Strecke BÄ'k 4. 1 bei unbegrenzt wachsendem
Je immer endlich bleibt. Nun ist
BA]t + i < BA, + A,Ä,' + A,'A,' + ... + ^Ui+i,
das heisst
JS^i + i < d + d^ + d, + . . . + d, + i.
Nun nähert sich aber, wie die obigen Betrachtungen zeigen,
der Quotient zweier aufeinander folgenden Grössen d^ und
d^-f 1 dem Werthe «, folglich ist die rechts stehende Reihe,
in's Unendliche fortgesetzt, convergent, und zwar convergirt
sie überdies sehr stark. Der Punkt Ak-\-i bleibt daher für
jedes beliebige h in endlichem Abstand von B, re^. von der Axe a.
§ 5. Auf Grund dieses Resultates lässt sich nunmehr
die Existenz einer unendlich kleinen Bewegung in der Gruppe
r leicht nachweisen. Eine solche Bewegung wird durch das
Product
1) Hier wird vorauegesetzt, dass tp kein rechter Winkel ist. Sollte
dies der Fall sein, so würde man statt der Reihe der Geraden a^a^ «Og . . .
die Reihe a^^ ck^ . . , betrachten.
- 635 -
dargestellt Um dies zu zeigen^ resp. um die Bewegung 91 zu
bestimmen; verlegen wir die Axe at parallel mit sich selbst
an den Punkt -4i+i, d. h. wir ersetzen gemäss Cap. V, § 3
die Bewegung ^^ durch die analoge Bewegung um die durch
-4*4-1 gehende Axe ai und durch eine Translation tr^, deren
Werth gemäss S. 331
Ti = 2*jfe.sin Y
ist Bezeichnen wir nun den Drehungswinkel von 81 durch q,
so folgt aus Gl/1), dass
Q = eq>k + ...
ist. Es ist daher nur noch die Translationscomponente t^ der
Bewegung 91 zu bestimmen. Sie setzt sich aus
T, — t und Ti
zusammen. Nun sind die Richtungen t und — t zn ak und
ak-\.i parallel, sie bilden daher mit einander den Winkel g)k
und es ergiebt sich als Resultante von t und — t die Trans-
lation
Tj «= 2t sm —
= tffk + . . .
Die resultirende Translation t ist daher die geometrische
Summe von r^ und r^; d. h. es ist
t = edk + t(pk + ...
Diese haben wir nun parallel und senkrecht zur Axe r der
Bewegung 91 in die Componenten (q und tn zu zerlegen; jede
dieser Componenten ist höchstens gleich t Die Componente f^
bestimmt die Gleitungscomponente der Bewegung 91, die Com-
ponente tn dagegen bestimmt den Abstand ihrer Axe r vom
Punkt Äk-^i. Bezeichnen wir den Abstand durch dr, so folgt
tn = 2dr sin Y == *r . f^ik + . . .,
so dass der Maximalwerth von Sr durch
«9* + . • .
— 636 —
dargestellt wird. Nun haben wir aber oben gesehen, dass **
eine kleine Grosse der Ordnung ä — 2, npk eine kleine Grosse
von der Ordnung ä— 1 und £<pk eine kleine Grösse von der
Ordnung ife + 1 ist, folglich ist der vorstehende Quotient eine
Grösse von der Ordnung f-^. Er hat daher einen von k un-
abhängigen Werth. Die Axe r bleibt demgemäss fiir jedes k
in einem angebbaren Abstand vom Punkt Ak. Hiermit ist der
Satz bewiesen, also folgt:
Lehrsatz I. Sind 91 und 93 0wei Bewegungen ^ von denen
die eine^ 21, einen irrationalen Drehungsunnkel hesitdj so giAt
es in der durch % und S5 bestimmten Gruppe stets unend-
lich Meine Bewegungen y den einen Fall ausgenommen, dass S3
eine Umklappung ist, deren Axe h die Axe von a senkrecht
schneidet,
§ 6. Nachweis der Gruppen endlicher Translationen.
Aus dem vorstehenden Satz folgt, dass eine Raumgruppe F
nur dann krjstallographisch brauchbare Molekelhaufen liefern
kann, wenn alle ihre Drehungswinkel rational sind. Die ihr
isomorphe Punktgruppe ist daher eine derjenigen, die wir in
Cap. IV des ersten Abschnittes abgeleitet haben. Die Zahl
der Drehungsaxen und Drehungswinkel einer solchen Gruppe G
ist stets endlich; es ist daher auch die Zahl der Richtungen,
nach denen die Axen der zu G isomorphen Raumgruppe F
verlaufen, eine endliche. Andrerseits existiren, da in der
Nähe jeder Molekel fi analoge Axen liegen, unendlich viele
Axen; es treten daher parallele Axenrichtungen mit gleichem
Drehungswinkel auf. Nun giebt es in jeder Raumgruppe, die
einem unserer Molekelhaufen zugehört, neben der Deck-
bewegung % auch die entgegengesetzte Bewegung; gemäss
Cap. V, § 3 bedingen demgemäss die parallelen Axen eine
Translation von endlicher Grösse. Hieraus lässt sich nun
schliessen, dass jede Raumgruppe von krystallographischer
Bedeutung eine endliche Translationsgruppe enthält; also folgt:
Lehrsatz ü. Jeder regelmässige Molekelhaufen geht durch
Translationen in sich über, die eine endliche Gruppe von Trans-
lationen bilden.
— 637 -
Die Translationsgruppen haben wir in Gap. III in drei
Gattungen getheilt; in lineare, ebene und räumliche Trans-
lationsgruppen. Ist nun Q irgend eine Punld^ruppe und F
eine ihr isomorphe Raumgruppe, welche eine räumliche Trans-
lationsgruppe Ft besitzt; so ergeben sich die zu O isomorphen
Baumgruppen mit ebener oder linearer Translationsgruppe^
wenn von den Translationen eines primitiven Tripels von Ft
eine oder zwei gleich Null gesetzt werden. Alle diese Gruppen
sind daher in den in Gap. YII bis XII aufgestellten Raum-
gruppen implicite enthalten. Von den Gruppen mit linearer
resp. ebener Translationsgruppe ist aber augenscheinlich das-
selbe zu sagen ; wie von der auf S. 631 betrachteten Gruppe,
sie liefern keine Molekelbaufen, die sich nach aUen Richtungen
in's Unbegrenzte erstrecken. Ihnen kommt daher eine kry-
stallographische Bedeutung nicht zu. Molekelhaufen von kry-
stallographischer Verwendbarkeit können demnach einzig und
allein aus den 230 in dieser Schrift aufgestellten Raumgruppen
gewonnen werden; d. h.
Lehrsatz HL Es giebt Iceine andern unbegrenzten regel-
mässigen Molekelhaufen von hrystallographischer Bedeutung, als
diejenigen, deren Gruppe F einer der 32 IcrysUMographischen
Punlctgruppen isomorph ist.
Hierdurch ist der in Gap. VI; § 1 zu Grunde gelegte Satz
bewiesen. Das Symmetriegesetz ist damit als eine nothwen-
dige Folgerung der Ausgangshypothese erkannt, und die Kette
unserer Entwickelungen, soweit sie bestimmt sind, den Sym-
metriecharacter der Erystalle unmittelbar aus der Structur-
hypothese abzuleiten^ ist mithin geschlossen.
§ 7. Das Gesetz der rationalen Indioes. Es erübrigt
nochy einige weitere Bemerkungen zu machen, welche das
Gesetz der rationalen Indices in seiner allgemeinsten Form
betreffen. Dasselbe lässt sieb bekanntlich folgendermassen aus-
sprechen:
Wählt man aus dem Fläehencomplex eines KrystaUes irgend
drei Flächen m Coordinatenehenen und sind e und s^ irgend ewei
andere dieser Flächen, welche auf den Coordinatenaxen die von
— 638 —
Null verschiedenen Abschnitte a, b, c^ aj, b^, c^ bestimmen, so
sind die Verhältnisse aia^, bib^, c: c^ stets rationale Zahlen.^)
Um dieses Gesetz aus der Theorie abzuleiten, bedarf es,
wie wir in § 1 erwähnten, noch einer Hypothese darüber,
welche innerhalb der regulären Molekelhaufen verlaufenden
Ebenen die Richtung von Grenzflächen haben sollen. Hierüber
ist, wie bereits S. 615 erwähnt wurde, eine Hypothese zuerst
von Bravais ausgesprochen worden. Seine Annahme, welche
augenscheinlich die am nächsten liegende ist^ lautet, dass jede
Netzebene des dem Molekelhaufen mgehörigen Raumgitters die
Richtung einer möglichen Krystallfläche ddrstellen kann. Es ist
evident, dass das Gesetz der rationalen Indices aus dieser
Hypothese unmittelbar als Folgerung hervorgeht. Denken wir
uns nämlich die drei Translationen eines primitiven Tripels
als Coordinatenaxen angenommen, so fallen die Coordinaten
aller Netzpunkte ganzzahlig aus, also auch die Coefficienten
der Gleichungen aller Ebenen, welche durch irgend drei dieser
Punkte gehen. Das fragliche Gesetz ist daher in seinem vollen
Umfang bewiesen; es erscheint, wie wir S. 247 behaupteten, in
der That als die an der Spitze der Theorie stehende Folgerung
von principieller Bedeutung.
1) In Wirklichkeit liegt die Sache übrigens so, dass diese Ver-
hältnisse einfache, in kleinen Zahlen angebbare Werthe haben.
Berichtigungen.
S. 16, Z. 3 V. u. lies „Buches" statt „Ahschnittes'^
S. 24, Z. 4 V. u. Ues „« — -Jy" statt „i(« — y)".
S. 43, Z. 3 V. u. lies „gerenstellig" statt „gegenstellig**.
S. 46^ Z. 1 y. n. lies ^^ßaches** statt „Abschnittes**.
S. 149, Z. 23 ist einzuschalten: üebrigens treten die Analogiebeziehungen
wieder schärfer heryor, wenn man die rhomboedrische Abtheiinng
als besonderes Erystallsjstem aufTasst; 7g1. die Tabelle auf S. 665.
S. 179, Z. 7 y. u. lies „kreuzen sich aber im Allgemeinen nicht** statt
„und kreuzen sich**.
S. 220, Z. 19 ff. ist_der Index 4 durch 6 zu ersetzen.
S. 224, Z. 1 lies „«y«** statt „a;t/^".
S. 313, Z. 16 ist yor „d. h." einzuschalten: „der an einer einfachen Ery-
stallform auftretenden Flächen*\
S. 408, Z. 6 y. u. lies „IX** statt „XI**.
S. 441, Z. 20 lies „hemiedrischen** statt „hemimorphen*^
S. 442, Z. 5 y. u. lies „hemiedrischen** statt „hemimorphen**.
S. 501, Z. 8 ist der Bruch \ zu tilgen.
V
THI8 BOOK 18 DUE OK THE ImABT DATE
8TAMPED BELOW
AN INITIAL FINE OF 26 CENTS
WILL. BE ASSeSSBD POR PAILURB TD RCTURN
THI8 BOOK ON THE DATE DUE. THE PENALTY
WILL INCREA8E TO 80 CENTS ON THE POURTH
DAY AND TO ff.OO ON THE 8EVENTH DAY
OVERDUE.
SEP 11 1036
ISJtn'gQCP;
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^HTEB-UBRA^^
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